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Wie Hotelbetriebe die Unsicherheit
Hotelexperte Dr. Christoph Nussbaumer über Strategie in der Krise
Wie Hotelbetriebe die Unsicherheit meistern
Wir leben derzeit in einer Welt der Unsicherheit und des Risikos. Trotzdem
reagieren wir auf Risiken häufig irrational und können gefühlte Gefahren
nicht von jenen unterscheiden, die uns wirklich gefährlich werden können, schreibt der Finanz- und Strategieexperte Dr. Christoph Nussbaumer.
Irreführende Informationen von Medien und Fachleuten, sowie zum Teil unverständliche Entscheidungen von der Politik verstärken das Gefühl der Hilflosigkeit. Mit Risiken konnte die Hotellerie zwar immer schon umgehen, dennoch unterscheidet sich die heutige Situation grundlegend von früheren. Waren Risiken bisher eher potenzielle, externe Ereignisse, die mehr oder weniger auf das Leben und das Geschäft einwirkten, greifen die Auswirkungen der Corona-Pandemie überraschend, unmittelbar und direkt bis unter die Haut. Die Risiken erobern sozusagen den Nahbereich, plötzlich, direkt und mit zum Teil brutalen Auswirkungen.
Mit der Ungewissheit werden wir zu leben haben. Doch welche Werkzeuge stehen dem Hotel-Management zur Verfügung, die Krise zu meistern? Kann uns das Management-Instrument der Strategie weiterhelfen?
Was ist eine Strategie?
Generell kann strategisches Denken als Antithese zum kurzfristig operativen Denken gesehen werden. Historisch stammt der Begriff der Strategie aus der Lehre der Kriegsführung, die zahlreiche Grundsätze entwickelte. Eine treffende Definition des Begriffs Strategie stammt von Helmuth von Moltke, dem grossen preussischen Militärstrategen des neunzehnten Jahrhunderts: «Die Strategie ist die Fortbildung des ursprünglich leitenden Gedankens entsprechend den stets sich ändernden Verhältnissen, ist die Kunst des Handelns unter dem Druck der schwierigsten Bedingungen.»
Die Verfolgung des ursprünglich leitenden Gedankens ist allerdings von Veränderungen beeinflusst, die stets auftreten können, wie wir nun hautnah erleben. Gute Strategien basieren daher nicht nur auf Stärken und Schwächen, sondern auch auf Chancen und Risiken, auf möglichen externen Einflüssen.
Jedes Unternehmen braucht eine Strategie!
Mit der Verfolgung einer Strategie ist also nicht einfach eine geradlinige Anpeilung eines Zielpunktes gemeint, sondern die Verfolgung eines Gedankens, einer Idee. Diese ursprüngliche Idee kann ein Wunsch sein, ein einfaches Ziel, oder ein gut formuliertes Leitbild. Mit der Unternehmensstrategie sollen die zentralen Ziele des Unternehmens erreicht werden. Eine PreisStrategie unterstützt die Umsetzung der Unternehmensstrategie, ebenso eine Marken-, Marketing- oder Personal-Strategie. Egal, wie chaotisch eine Situation ist, jedes Unternehmen braucht eine mittel- und langfristige Perspektive und gute Strategien, um die anvisierten Ziele zu erreichen. Das Fortbilden bedeutet ein ständiges Arbeiten, ein immerwährendes Streben, den Zielzustand zu erreichen.
Eine Strategie ist etwas Lebendiges
Eine Strategie ist also kein einmal festgelegter und dann einbetonierter Plan, der stur die nächsten Jahre verfolgt wird, komme was wolle, sondern etwas höchst Flexibles, etwas Lebendiges, etwas, das die Realität so berücksichtigt, wie sie ist. Wenn Hindernisse auftauchen, werden sie weggeräumt, mit allen Mitteln der Logik, List und Kreativität. Das ist gemeint mit der Kunst des Handelns unter dem Druck der schwierigsten Bedingungen. Manchmal sind die Rahmenbedingungen plötzlich besser, und neue Chancen kommen sogar hinzu, auch in einer Krise, wie der Rekordsommer 2020 in der Ferienhotellerie bewiesen hat.

Strategie ist mehr als Wissenschaft
Die Strategie wird auch als System von Aushilfen bezeichnet. Sie ist mehr als eine Wissenschaft, sie ist die Übertragung des Wissens auf das praktische Leben. Strategien bauen auf Prämissen auf, auf Voraussetzungen oder Annahmen über den Markt, die Kunden und Wettbewerber, über Rahmenbedingungen und das Umfeld, wie es ist und wie es sich entwickeln könnte, über Stärken und Schwächen, die Möglichkeiten des Unternehmens und eben über die Chancen und Risiken. Ändern sich die Prämissen, sollte auch die Strategie angepasst werden. Genau das meinte Moltke mit dem Beisatz «entsprechend den stets sich ändernden Verhältnissen».
Dank Strategien neue Chancen …
Und exakt hier scheiden sich die guten und die weniger guten Strategen. Während die einen wie gelähmt vor der Schlage der Unsicherheit verharren oder hektisch werden, nutzen andere die Zeit, um am Unternehmen zu arbeiten. Sie formulieren ihre langfristigen Ziele, entdecken neue Chancen und bewerten die Risiken neu. Sie richten sich strategisch neu aus und sind dann gerüstet, wenn die Corona-Epidemie verschwunden ist. Und sie wird verschwinden, genauso wie die Spanische Grippe und alle anderen tatsächlichen oder herbeigefürchteten Epidemien. Damit ist der letzte Beisatz über Strategie von Moltke gemeint, «die Kunst des Handelns unter dem Druck der schwierigsten Bedingungen». Diesem Druck standzuhalten, Verantwortung zu übernehmen und zu tragen für die Erfüllung der selbst gestellten Aufgaben, kann auch als Sinn
Der Autor
des Lebens bezeichnet werden. Nach Viktor Frankl verlangen die Spielregeln des Lebens nicht, dass wir um jeden Preis siegen, wohl aber, dass wir den Kampf niemals aufgeben.
Vor der Gründung der gleichnamigen Unternehmensberatung im Jahr 2000 leitete Dr. Christoph Nussbaumer als Mitglied der Konzernleitung der Winkhaus Unternehmensgruppe in Telgte (Deutschland) den Bereich Business Development und als Geschäftsführer die Reorganisation eines weltweit tätigen Unternehmensbereiches mit Produktionsstätten in Asien. Zuvor arbeitete Nussbaumer fünf Jahre als Senior Consultant bei der Beratungsgesellschaft der IKB Deutsche Industriebank AG, Düsseldorf. Insgesamt hat Dr. Nussbaumer zehn Jahre Industrie- und 25 Jahre Beratungserfahrung, 17 Jahre davon als geschäftsführender Gesellschafter. Nussbaumer ist Vortragsredner und Dozent für Strategisches Hotel-Management bei der ÖHV-Unternehmer-Akademie.
cn@hotel-strategie.com | hotel-strategie.com
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