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MENSCHEN
from ThunMagazin 07/12
by WEBER VERLAG
«Wir helfen Menschen, denen es weniger gut geht»
Beatrice Rüfenacht ist dank einer Begegnung mit den Edelweiss Riders in der Thuner Innenstadt fast über Nacht zur Bikerin geworden. Heute ist sie Mitglied dieses Vereins, der sich für Menschen einsetzt, die weniger auf der Sonnenseite des Lebens stehen.
Beatrice Rüfenacht geniesst die Herbstsonne auf der Terrasse am Brändlisberg. Seit ihrer Au-pair-Zeit in Vancouver ist sie vom Country and Western Style fasziniert.

Beatrice Rüfenacht, die Aussicht von Ihrer Terrasse auf die Stadt Thun ist aber gewaltig! Zieht es Sie da noch ins Ausland in die Ferien? Wir geniessen die erhöhte Wohnlage am Brändlisberg sehr. Sie haben Recht, wir fahren weniger weg und geniessen freie Tage vermehrt hier und fühlen uns sehr wohl. Thun liegt uns zu Füssen…
Ihre Wohnungseinrichtung verrät auf den ersten Blick einiges. Sind Sie eine Western-Lady? Wegen der Jukebox und der Western-Stiefel? Vielleicht liegt es daran, dass ich nach der KV-Lehre als Au-pair eineinhalb Jahre in Vancouver, Kanada, lebte. Die Lebensart, die Musik und auch die Menschen dort haben mich schon damals fasziniert, inspiriert und geprägt –und das hat sich in der jüngsten Vergangenheit wieder verstärkt.
Wie macht sich dies heute bemerkbar? Zum Beispiel, indem ich sehr gerne Country-Musik höre. Oder dass ich mit Kollegen einmal in der Woche dem Line Dance im Rodeo Saloon Gwatt fröne. Eine super Sache, welche es möglich macht, auch mal mit wildfremden Menschen an irgend einem Anlass irgendwo auf der Welt Tanz-Begeisterung zu teilen, wie zum Beispiel diesen Sommer im Westen Amerikas, wo wir mit unseren Motorradfreunden – unter anderem auf der Route 66 – unterwegs waren.
Seit wann fahren Sie Motorrad? Das ist eine unglaubliche Geschichte. Im Dezember 2005 waren wir in der Stadt Thun im Ausgang, als «Samichläuse» auf grossen Motorrädern durch die Innenstadt fuhren. Plötzlich meinte mein Partner, das wäre doch etwas, so einen grossen Töff zu fahren. Bei der anschliessenden geselligen Runde in einem Thuner Res taurant kamen bereits erste Angebote und nach Neujahr war ich schon Besitzerin einer Maschine.
… und die fahren Sie immer noch? Nein, vor zwei Jahren leistete ich mir eine Harley Davidson Fat Boy mit Supplements, die – wie es sich gehört –jährlich vervollkommnet werden. Ein Bijou für jeden Motorradfan und ein Supergefühl, damit unterwegs zu sein.
Sie fahren viel im Gruppenverband mit den Edelweiss Riders & Friends. Was steht hinter diesem Namen? Die Edelweiss Riders taten sich 1997 als lockere Gruppe von Motorradfahrern zusammen. Am 28. Mai 2010 wurde ein Verein gegründet, dem heute um die 140 Mitglieder angehören. Menschen aus jeder sozialen Schicht und jedem Alter. Der Zusatz «and Friends» bedeutet, dass wir nicht ein Harley-Club sind. Motorräder anderer Marken sind auch herzlich willkommen. Selbstverständlich gehört zum Verein auch Frauenpower, alleine aus der Region Thun sind 20 Frauen dabei.
Was für eine Philosophie steht hinter den Edelweiss Riders? Wir teilen den Spass am Motorradfahren und pflegen damit Freundschaften in der Gruppe. Unser Motto lautet Solidarität. Wir wissen, dass es uns gut geht – deshalb helfen wir mit den organi-
sierten Benefizveranstaltungen Menschen, die weniger auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Dies beweisen wir seit 15 Jahren jeweils am ersten Donnerstag im Mai beim Pre Ride Happening auf dem Mühleplatz. Dank dem unentgeltlichen Einsatz vieler Vereinsmitglieder, dem Verkauf von Solidaritätsklebern, verschiedenen Spenden und der Möglichkeit, dank dem Goodwill der Wirte vor Ort zwei Bars betreiben zu dürfen, können wir der Schweizerischen Gesellschaft für Muskelkranke jedes Jahr einen namhaften Betragzukommen lassen. Die Gesellschaft wiederum finanziert damit Ferienlager, davon jeweils auch im Gwatt. Daneben engagieren wir uns in verschiedensten karitativen Projekten, wie zum Beispiel der Ausfahrt mit Bewohnerinnen und Bewohnern der Stiftung Uetendorfberg, der Wohn- und Arbeitsgemeinschaft für Hör-, Sprach- und Mehrfachbehinderte.
Einer dieser Veranstaltungen verdanken Sie das Interesse am Biken? Genau, das war der eingangs erwähnte Santa-Claus-Ride. Nach der Fahrt durch Thun sammeln wir Geld für die Aktion «Märchenerzählen im Kinderspital» der Pro Juventute. Der Anlass findet immer am ersten Sonntagsverkauf im Dezember statt. Für mich sind die zwei Runden durch Thun, an dicht gedrängten Zuschauerreihen am Strassenrand vorbei, sehr ergreifend. Die leuchtenden Augen der Kinder und die freudigen Gesichter der Erwachsenen zeigen, dass der karitative Anlass zugleich ein Magnet für die Thuner Innenstadt ist.
Hat der Verein ein fixes Tätigkeitsprogramm? Neben den erwähnten Solidaritätsveranstaltungen steht jeweils auch eine grandiose zwei- bis dreitägige Jahresausfahrt auf dem Programm. Die gemeinsamen Ausfahrten sind immer sehr gut organisiert und werden von eigenen, speziell für die Sicherheit Verantwortlichen begleitet. Wenn wir unterwegs einkehren, gönnen wir uns gerne mal ein feines Essen. Ohne das sonst dazu gehörende Glas Wein – auf dem Bike gilt für uns die Nulltoleranz. Zu den regelmässigen Anlässen gehört jeden ers ten Dienstag im Monat ein Stamm. Neben technischem «Motorengespräch» finden wir hier Zeit auch für soziale, freundschaftliche Unterhaltungen.

BEATRICE RÜFENACHT
Bildungs-/Kommunikations-Fachfrau und Western Lady
Aufgewachsen und heimatberechtigt ist Beatrice Rüfenacht in Rüfenacht bei Worb. Nach dem Umzug nach Uttigen besuchte sie die Sekundarschule in Uetendorf und absolvierte die KVLehre in Bern. Anschliessend war die heute 51-Jährige Schulleiterin am Coop Freizeitcenter in Bern, später Leiterin der Internen Kommunikation Coop Region Bern und Leiterin der Fachstelle Besucher- und Schulinformation bei der BKW. Zurzeit bildet sie sich weiter. Beatrice Rüfenacht bewohnt mit ihrem Lebenspartner ein Terrassenhaus am Brändlisberg. Ihre Hobbys sind Motorradfahren, Line Dance, Reisen und Lesen.

Edelweiss-Frauenpower (v.l.) Beatrice Rüfenacht, Silvia Steffen, Doris Wittwer, Christin Segessenmann und Sibylle Stucker.
Das Motorrad bestimmt zu weiten Teilen Ihre Freizeit… Welche Destination werden Sie als nächste unter die Räder nehmen? Ja, wir unternehmen grössere und kleinere Aus- und Ferienfahrten, vor allem mit den Motorrädern zusammen mit Freunden der Edelweiss Riders. Obschon ich bereits einmal Südafrika bereiste, möchte ich dies irgendwann nochmals mit dem Motorrad tun.
Haben Sie Pläne für die nächste Zukunft? Jetzt sind die Nummernschilder abgegeben, am Chlouse Ride löse ich sie für einen Tag ein. Nun hat die berufliche Zukunft Vorrang. Im Moment bilde ich mich weiter. Ich habe das Ziel, meine Berufs- und Lebenserfahrung künftig vermehrt in einer unterstützenden und beratenden Tätigkeit einzusetzen. Die entsprechende Stelle bin ich zurzeit am Suchen.
Homepage www.edelweiss-riders.ch