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Gartenbau
from Natürlich März 2022
by WEBER VERLAG
Die «Königin der Blumen»
Jetzt geht die Gartensaison wieder los! Welche Pflegearbeiten anstehen, zeigt der Gartenbauspezialist am Beispiel der Rose auf, der «Königin der Blumen».
Text: Walter Bühler

Obschon sich die Natur erst aus der Winterstarre befreit, lohnt sich ein Ausblick auf den kommenden Frühling und die anstehenden Pflegearbeiten im Garten. Dabei darf natürlich der Genuss nicht vergessen gehen: Es ist ein wunderschönes Schauspiel, wenn die Natur langsam zu erwachen beginnt. Schon die ersten warmen Februartage bescherten uns Winterlinge und Krokusse – erste Lichtblicke nach dem Winter, die Lust auf mehr machen. Und tatsächlich, schon bald nach den Krokussen und Winterlingen blühen auch Gänse- und Hungerblümchen, Nieswurz, Vogelmiere und Huflattich. Andere Pflanzen sind noch im Winterschlaf – oder wie es bei der Rose treffender wäre: im Dornröschenschlaf. Am Beispiel der Rose möchte ich in dieser Ausgabe aufzeigen, wie die Pflegearbeiten im Frühjahr aussehen.
Nichts für Anfänger? Von wegen!
Keine andere Pflanze polarisiert wohl mehr als die Rose. Meist wird Sie als Diva verschrien, geniesst royales Ansehen und als Gartenanfänger*in sollte man ganz und gar die Finger von ihr lassen, heisst es. Wieso? Weil bei ihr peinlichst auf Pflanzenschutz und Pflegemassnahmen gesetzt werden müsse. Dass dem nicht so ist, möchte ich gerne Aufzeigen. Kehren wir also die Vorurteile mal beiseite und betrachten das Gewächs genauer.
Die Rosen (Rosa), wie wir Sie in der Natur vorfinden, sind bis in hohe Lagen anzutreffen. Die meisten bewohnen sonnige Wald- und Heckensäume; eine Ausnahme bildet die Alpenhangrose (Rosa pendulina): Sie gedeiht auch an schattigeren Standorten im Wald oder auf felsigem Untergrund. Rosen haben Stacheln (genau, es sind keine Dornen!) entwickelt, um sich gegen Wildverbiss zu schützen. Das nützt aber nicht immer. Deshalb verfügen Rosen über starke Wuchskraft, um Verbiss- und andere Schäden zu kompensieren.
Das tönt nach einer sehr anpassungsfähigen und robusten Pflanze. Und so spricht nichts dagegen, ihr eine Daseinsberechtigung im Garten zu gewähren. Jedoch muss der Richtigkeit halber gesagt sein, dass gerade die beliebten Beet- und Edelrosen durch züchterische Auslesen einiges an Wildheit und Robustheit eingebüsst haben. Sie sind deshalb anfälliger für Störungen, Krankheiten und Schädlinge. Aber auch bei Kulturrosen gibt es eine grosse Auswahl an Arten, die auch ohne oder mit nur geringen biologischen Pflanzenschutzmassnahmen prächtig gedeihen. Und so können sich durchaus auch Anfänger*innen an Rosen im eigenen Garten erfreuen – wenn sie denn einige grundlegende Dinge berücksichtigen.

Frühjahrskur für die Rose
Sicherlich spielt die Art und Weise, wie und wo man Rosen im Garten platziert eine grosse Rolle: Stehen sie in einer grossen Rabatte unter ihresgleichen, ist das eine Monokultur, was die Rosen anfälliger macht; Krankheiten und Schädlinge können sich so schneller ausbreiten, als wenn die Rosen in einer Mischbepflanzung stehen. Bei einer solchen wiederum ist zu beachten, dass Rosen keine allzu starke Konkurrenz von anderen Pflanzen mögen; so werden sie z. B. überhaupt nicht gerne von Bodendeckern überwuchert. In kleineren Gruppen – oder eine Strauchrose als Solitär – kann man aber prima in eine Bepflanzung mit anderen Blumen, Kräutern oder auch Gemüse integrieren. Da das nun geklärt wäre, befassen wir uns also mit der Rosenpflege im Frühling.
Die Bereitstellung der Rosenrabatte: Je nach Lage kann Mitte bis Ende März damit begonnen werden, das Rosenbeet herzurichten. Das Weisstannenreisig (Bild 1 auf Seite 52), das wir als Schattierung vor der Winntersonne über die Rosen gelegt haben, können wir nun entfernen. Ja, Sie haben richtig gelesen: Der Reisig dient nicht dazu, dass es die Rosen behaglich warm haben, sondern dass die Triebe respektive die Rinde geschützt wird. Denn wenn die Triebe bei Frosteinwirkung gefrieren und die Sonne am nächsten Tag scheint, erwärmt sich die Pflanze schneller als gut ist; dabei kann es zum Aufplatzen der Rinde kommen. Die Abdeckung aus diesem Grund macht vor allem bei Strauch- und Kletterrosen Sinn. Beetrosen werden eher aus ästhetischen Gründen abgedeckt. Sind die Rosen abgedeckt, entferne ich das alte Laub. Damit leiste ich vorbeugend ein bisschen Pflanzenschutz, da ich Pilze, die auf dem Laub überwintert haben, gleich mitentferne. Sollte sich schon Beikräuter angesiedelt haben, werden auch diese entfernt. Die einzelnen Rosenstöcke habe ich im Herbst mit Kompost angehäuft (Bild 2). So habe ich die Veredelung geschützt und gleichzeitig haben Bodenlebewesen bei steigenden Temperaturen ausreichend Nahrung. Da die Bo-

Bild 1: Das Weisstannenreisig wird entfernt.
Bild 3: Die stärksten und vitalsten Triebe werden selektionieren.
Bild 5: Je stärker der Schnitt desto stärker der Austrieb. Bild 2: Kompostgaben im Herbst und Frühjahr.
Bild 4: Auf drei bis fünf Augen zurückschneiden.
Bild 6: Eine Rosengabel schont Rosen und Regenwürmer.







denlebewesen die Nährstoffe aus dem Kompost aufschliessen und mineralisieren, beschert das wiederum der Rose eine leichte Startdüngung. Vor dem Frühjahrsschnitt kann man noch etwas frischen Kompost ins Beet einarbeiten.
Der Rosenschnitt: Die Beet-, Edel- und Bodendeckerrosen blühen mehrmals im Jahr. Deshalb wende ich bei ihnen einen sogenannten Rückschnitt an. Dazu selektioniere ich zuerst die fünf stärksten und vitalsten Triebe (Bild 3). Diese sollten sich möglichst nicht kreuzen, also gut verteilt auf dem Rosenstock sein. Habe ich meine Favoriten ausgewählt, entferne ich zuerst alle dürren, abgebrochenen oder kranken Triebe. Nachher werden diejenigen entfernt, die nicht zu meinen Top 5 gehören. Dann schneide ich die fünf ausgewählten Triebe auf drei bis fünf Augen (Bild 4) zurück. Die grossen, stärkeren Triebe eher auf fünf die kleineren auf drei Augen. Dies regt den Austrieb weniger oder mehr an, denn je stärker der Schnitt desto stärker der Austrieb (Bild 5).
Die Bodenbearbeitung: Nach dem Schnitt kann man, falls nötig, etwas Erde ergänzen. Danach kann man die Rosenrabatte lockern. Ich verwende dafür eine Rosengabel (Bild 6), sie ist schonender für die Regenwürmer als der Spaten. Zudem hilft mir ihre schlanke Form, dass ich nicht jeden zweiten Rosentrieb abbreche. Nun kann ich einen geeigneten Dünger ausbringen; hier ist die Palette gross, hauptsächlich unterscheidet man zwischen mineralischen und organischen Mehrnährstoffdüngern. Dank der Kompostgabe über den Winter kann ich mich bei der Dosierung eher an der unteren Limite orientieren, da ja schon gewisse Nährstoffe vorhanden sind. Im Anschluss kann man den Dünger noch flach mit dem Kräuel einarbeiten. Dann bleibt nur noch das Warten bis die Rosen anfangen, ihre Blätter zu entwickeln.
Pflanzenschutz: Wie bei allen Kulturen fängt der Pflanzenschutz schon bei der Wahl des Standortes an. Das wurde oben schon kurz angetönt. Weiter muss man wissen, dass Rosen tiefgründigen, eher lehmigen und mässig feuchten Boden bevorzugen. Die Rosen dürfen sonnig, ganz leicht halbschattig und mit guter Luftzirkulation stehen. An Fassaden oder Mauern wo sich die Hitze staut, haben sie keine Freude. Auch bei der Sortenwahl habe ich einige Präventivmassnahmen zur Hand, denn es gibt eine grosse Anzahl an robusten Züchtungen. Generell kann gesagt werden, dass Bodendeckerrosen robuster sind als Beetrosen und diese robuster als Edelrosen. Sicherlich ist bei Rosen, insbesondere wenn sie in einer Monobepflanzung stehen, eine regelmässige Kontrolle auf Schadorganismen wichtig. Habe ich im alten Jahr bereits mit Pilzkrankheiten und Blattläusen meine Mühe und sind die Rosen dadurch schwach im Austrieb, kann ich beim Erscheinen der ersten kleinen Blätter mit biologischen Mitteln intervenieren. Dabei kann ein Pflanzenöl (z. B. Rapsöl) gegen überwinternde Schädlinge appliziert werden. Unter dem Ölfilm sterben die Schädlinge und deren Eier ab. Gegen Pilzkrankheiten lassen sich die Blätter mit Tonerdepräparaten schützen. Während der Vegetationszeit kann vor Schlechtwetterperioden die Behandlung mit Tonerde oder Fenchelöl wiederholt werden. Wichtig dabei ist, dass die Behandlungen vorbeugend durchgeführt werden. Man muss also den Wetterbericht im Blick behalten.
Von Produkten wie Netzschwefel und Kupferpräparaten würde ich im Hausgarten abraten. Obschon beide auf biologischer Basis sind, kommt es bei unsachgemässen oder regelmässigen Anwendungen zur Anreicherung im Boden. Das gilt vor allem für das Kupfer. Blattläuse, die im Verlauf des Jahres auftauchen, können Sie gewähren lassen. Spätestens nach drei bis vier Wochen erledigen die Arbeit die Marienkäferlarven (Bild 7). Für detaillierte biologische Rosenpflegepläne gibt es bei der Firma Andermatt Biocontroll entsprechende Downloads und Produkte (www.biocontrol.ch).
Was tun bei einer Wachstumsdepression?
Zum Schluss noch ein Input zum Thema «Rosenmüdigkeit». Von der Rosenmüdigkeit redet man, wenn durch die jahrelange Monokultur die Rosengewächse in einer Wachstumsdepression sind. Das wird vor allem dann zum Problem, wenn ich eine alte Bepflanzung auffrischen will und am selben Standort neue Rosen pflanze. Das Resultat ist meist ernüchternd: Die neuen Rosen gedeihen nicht richtig oder neigen gar zu Kümmerwuchs. Obschon sie doch so kräftig waren, als sie gekauft wurden. Betroffen davon sind auch andere Mitglieder aus der Familie der Rosengewächse (Rosaceae), zum Beispiel Äpfel (siehe «natürlich» 01/02-22). Die Gründe sind nicht ganz geklärt. Vielleicht liegt es daran, dass der Boden einseitig ausgelaugt ist oder gewisse Bakterien und Bodenpilze in unausgeglichenen Verhältnissen vorhanden sind. Abhilfe schaffen kann da nur ein Bodenaustausch auf bis zu 70 Zentimeter Tiefe (wenn denn die Rosen am gleichen Standort gedeihen sollen). Ob sich diese riesige Materialschlacht aus ökologischer und ökonomischer Sicht lohnt, sei dahingestellt. Die bessere Lösung ist sicherlich, wie auch im Gemüsegarten, ein Fruchtwechsel: Suchen Sie sich einen neuen Standort im Garten, wo sie in Zukunft ihre Rosen in vollen Zügen geniessen können.
Jetzt sind wir schon weit voraus mit unseren Gedanken. Aber wie zu Beginn gesagt, lohnt sich so ein Ausblick ins neue Gartenjahr. Im Moment einfach noch mit einer warmen Tasse Tee am Kaminfeuer. •
Walter Bühler ist gelernter Landschaftsgärtner und Landwirt. Er arbeitet als Berufsbildner an der Gartenbauschule Oeschberg in Koppigen (BE). In seiner Freizeit interessiert er sich für Pflanzen, Permakultur und produziert unter dem Namen «Pommebastisch» leidenschaftlich gerne Cidre aus dem eigenen Obstgarten.