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Aufruhr in Rostock - Die Domfehde (III) S

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Carl Brockelmann S

Carl Brockelmann S

Die Rostocker Domfehde 1487-1491 (Teil 3)

Dieser Text ist die zweite Fortsetzung einer mehrteiligen Nacherzählung in heutiger Sprache aus „Des Alt- und Neuen Mecklenburgs achtes Buch von Mecklenburgs Vereinigung durch Zusammenfügung seiner Länder...“ von David Frank, Güstrow und Leipzig 1754 sowie einigen Ergänzungen aus wikipedia und rosdok.uni-rostock.de

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Der Kriegszug der Herzöge Zufällig begab es sich 1487, dass zwei Schwager des Mecklenburgischen Herzogs Magnus durch das Land reisten. Es vermählte sich nämlich Herzog Heinrich von Braunschweig mit der Tochter des Pommernherzogs Bogislav X. Beide trafen sich auf halber Strecke in Schwerin bei ihrem Verwandten. Hier konnte nun der Mecklenburger seinen beiden Standesbrüdern sein Leid bezüglich der widerspenstigen Stadt Rostock klagen und man verabredete einen gemeinsamen Straffeldzug. Der Pommernherzog stellte 300 Reiter und 3000 Fußsoldaten, welche er schon bald hinter dem Kessiner Berg lagerte. Bei Gragetopshop und in Warnemünde nahmen die Braunschweiger Aufstellung, während der Mecklenburgische Herzog Magnus bald hier, bald da zu finden war. Obwohl heimlich Verabredungen mit einzelnen Rostocker Ratsmitgliedern getroffen waren, das Tor offen zu halten, gelang den Pommern nicht der geplante Überra-

schungsangriff auf das Mühlentor beim Bagehl. Ganz zufällig hatte ein Müller vom Mühlendamm die pommerschen Truppen bei Kessin entdeckt und konnte die Rostocker warnen. Er selbst hatte das Tor offen und unbewacht vorgefunden und es im letzten Moment geschlossen. Voller Bestürzung läutete man die Glocken und rief zu den Waffen. Als die Pommern sahen, dass ihr geplanter Überraschungsangriff scheitern musste, zogen sie zum nahen Petritor. Zuvor überwanden sie die Warnow mit einer Behelfsbrücke. Anstatt aber die noch kaum verteidigten Befestigungen im Sturm zu nehmen, zerstörten und plünderten sie lieber die Bereiche unterhalb der Stadtmauer und naheliegende Dörfer. Als die Rostocker Verteidiger bemerkten, dass sich ihre Gegner in der Ziegelei am Mühlendamm verschanzen wollten, drehten sie den Spieß einfach um und vertrieben in mehreren Gegenangriffen ihre Feinde von den Toren der Stadt. Auch die Braunschweiger Truppen wurden bei Kassebohm und Warnemünde geschlagen. Zuletzt nahmen die Pommern noch einmal den Warnemünder Leuchtturm und versuchten mit seinen Steinen die Warnowmündung unschiffbar zu machen. Das gelang ihnen nicht. Stattdessen kreuzten Rostocker Schiffe vor dem pommerschen Mönchgut und Vitte auf und machten reiche Beute. So hatte sich Pommernherzog Bogislav diesen Feldzug nicht vorgestellt. Schnell kehrte er in sein Land zurück und auch der Braunschweiger und der Mecklenburgische Landesherr zogen sich zurück. Doch damit war es nicht genug. Um weitere herzogliche Angriffe zu verhindern und Hab und Gut ihres eigenen Landesherren zu schädigen, zogen die Rostocker sogleich mit 2500 Mann gegen ihren Herzog Magnus aus. Nach einigen Plünderungen - jeder plünderte den Besitz des Anderen so gut er konnte - trafen sich beide Parteien beim Dorf Pankelow im Amt Ribnitz. Hier wollten die Rostocker gerade herzoglichen Besitz in Brand stecken, als ihnen beide Herzöge höchst persönlich mit ihren Truppen entgegentraten. Auch dieses Mal siegten die Rostocker, denn ihren Fußsoldaten gelang es, die herzogliche Reiterei zu Fall zu bringen. Beide Landesherren gerieten dabei in ihre Hände. Herzog Magnus erlitt zuvor einen Beinschuss, wurde aber von einigen treuen Adligen unter Einsatz ihres Lebens vor Schlimmeren bewahrt. Nur die goldenen Sporen, Geldbeutel und Schild musste er als Siegestrophäen hergeben. Auch Herzog Balthasar geriet in Gefahr. Errettet wurde er von einem älteren und fürstentreuen Rostocker, der einem jungen Soldaten in den Arm fiel mit den Worten: „Meinst du denn, dass Fürsten auf Bäumen wachsen?“

Ein scheinbar unlösbarer Konflikt

Die Hansestädte des Wendischen Quartiers hofften nun, dass die Mecklenburger Herzöge nun erst mal genug vom Kriege hätten. Es gelang ihnen über einen Syndicus, für den 22. September zu neuen Verhandlungen in Wismar zu laden. Diese endeten ergebnislos, wie auch die folgenden Vermittlungsversuche durch Markgraf Johann von Brandenburg und den Dänischen König Johann. Zumindest war aber ein Waffenstillstand erreicht worden.

Besonders zu leiden unter diesen Zuständen hatte die Rostocker Universität, welche ja den eigentlichen Anlass zu den Streitigkeiten gegeben hatte. Sie hatte ihren Sitz weisungsgemäß nach Wismar und darauf weiter nach Lübeck verlegt, wo das universitäre Leben aber nicht zu neuer Blüte erwachte: Nur vier neue Studenten fanden sich zum neuen Semester in der Fremde. 15 Monate soll das Exil der Rostocker Universität gedauert haben. Dann erbarmte sich der Papst und gestattete eine Rückkehr nach Rostock. 40 neue Studenten ließen sich im sich im Frühjahr 1488 bereits wieder immatrikulieren, im nächsten Halbjahr sollen es allerdings nur wieder vier gewesen sein.

In Rostock war man nach wie vor uneins und aufmüpfig gegenüber den Herzögen und dem Kaiser. So weigerte man sich im Jahre 1489, die „Königs-Bede“, eine für den Kaiser bestimmte Steuer, den Herzögen zu zahlen. Das Misstrauen der Aufrührer wurde geschürt durch den Fund von Papieren in einem Nachlass, welche bewiesen, wie intensiv sich die Stadtoberen mit den Fürsten in der Sache des Domstifts eingelassen hatten.

Anfang 1489 hatten die Herzöge einen Vergleich in der Stadt Ribnitz angesetzt, zu dem der Rostocker Rat etliche Vertreter sandte. Da nun aber die heimgekehrten Gesandten der Stadt nicht umgehend den Bürgern Bericht erstatteten, wuchs das Misstrauen erneut. Unter Führung des Aufrührers Hans Runge versammelte sich daraufhin am 13. Februar eine Menschenmenge auf dem Neuen Markt und verlangte einen Beweis, dass die Stadt-Privilegien unangetastet seien. Das gelang zunächst nicht, weil zuständige Beamte nicht anwesend waren. Stattdessen wurden weitere Anschuldigungen erhoben und Zeugen gehört, die einen Verrat an den Interessen der Stadt beweisen sollten. Schließlich kam es zur Wahl von 60 Männern, Kaufleuten und Handwerkern, welche die Arbeit des Rates überwachen sollten. Schon am nächsten Tag versammelten sich erneut Rostocker Bürger in großer Zahl und verlangten die Verlesung der städtischen Privilegien, außerdem mussten Bücher und Schlüssel der Stadt vom Rat an die Aufrührer abgeliefert werden. Neun Ratsherren wurden in die Verhör-Kammern geführt um Rechenschaft abzulegen über ihr Entgegenkommen gegenüber den Landesherren in der Angelegenheit des Domstiftes. Von hundert Bürgern wurden die Inhaftierten eine lange Zeit bewacht. An diesem Tag hatte sich ein engerer Kreis um Hans Runge zur Erreichung ihrer Ziele regelrecht miteinander auf Leben und Tod verschworen. Dieses sollten nicht leere Worte bleiben wie wir noch sehen werden.

Die 14 verbliebenen Ratsherren wurden genötigt zu schwören, dass sie gegenüber Herzog Magnus keinerlei verbindliche Zusage bezüglich des Domstifts gemacht hätten, woraufhin Runge ihnen die Schlüssel der Stadt zurückgab. Bald darauf hatten die Rostocker Bürger allerdings Angst vor ihrem eigenen Mut. Sie wollten nicht wider die göttliche Ordnung über ihre eigene Obrigkeit, die neun inhaftierten Ratsherren, richten und wandten sich mit der Bitte um Rat ausgerechnet an ihren Landesherren, welcher eine Delegation der 60er-Bürgervertretung nach Bützow einlud. Es wurde dort nichts Bedeutendes ausgehandelt und schon gar kein Streit beigelegt. Auf Bitte des Herzogs wurden die Inhaftierten entlassen und lediglich zu Hausarrest verurteilt.

Die Situation war völlig verfahren: Von den Hansestädten vermittelte Verhandlungen scheiterten schon daran, dass der Herzog die Rostocker Abgesandten nicht anerkannte. So gaben die Rostocker Bürger nach, schafften den 60er Rat ab und setzten den alten Rat wieder in seine Rechte ein. Dieser versprach den Bürgern, jede Strafe für die begangenen Vergehen abzuwenden und dass alles wieder gut werden würde. Nach längerem Stillstand und vergeblichen Verhandlungen wurden 1489 schließlich der König Johann von Dänemark und Markgraf von Brandenburg zu Schiedsrichtern

Das Mühlentor um 1650 (Zeichnung: A.F. Lorenz)

Landsknecht von 1495 auf einer Zeichnung von Albrecht Dürer (Quelle: wikipedia)

erklärt. In Wismar wurden nun aber bei hochkarätigen Verhandlungen Nägel mit Köpfen gemacht, während viele Rostocker Bürger den ewigen Zank und Not wirklich satt hatten. Vertreter Rostocks wurden drei mal vorgeladen, erschienen aber nicht zu Wismar, wo die Urteilsfindung zu einer Art Festival des Norddeutschen Hochadels wurde.

Den Rostockern wurden sämtliche Vergehen aufgerechnet und neben einer Entschuldigung und Unterwerfung war ein Schadensersatz von 30 000 Rheinischen Gulden zu zahlen. In Rostock sorgte dieser Schiedsspruch für Tumult, es gelang aber dem Rat, viele Aufrührer zu verhaften. Nicht aber ihren Anführer Hans Runge, welcher es wieder schaffte, die Oberhand zu gewinnen. Teile des Rates flohen aus der Stadt und neue Ratsherren und Bürgermeister wurden von Runges Gnaden eingesetzt. Es herrschten verworrene Verhältnisse in denen es nicht mal gelang, Stellung zu dem Wismarer Schiedsspruch zu nehmen.

Hans Runge gewann zeitweise stark an Einfluss und unterdrückte brutal jeden Widerspruch. Er soll sogar eine siebzigköpfige Todesliste aufgestellt haben. Etliche Bürger mussten deswegen aus der Stadt fliehen.

Vor den Toren Rostocks, beim Kloster Marienehe, kam es anlässlich vergeblicher Verhandlungen mit päpstlichen Juristen zu einer Begegnung und einem Wortwechsel zwischen Hans Runge und Herzog Magnus. Dieser ermahnte Runge, an sein Seelenheil zu denken und zur Beilegung des Konfliktes beizutragen. Hans Runge aber, zunehmend in die Enge getrieben, blieb Rostocker Gewaltherrscher. Nach erneuter Wiedereinsetzung des alten Rates unter gleichzeitiger Einbeziehung der neuen Ratsherren und durch Vermittlung der Wendischen Hansestädte sollten neue Verhandlungen in Schwerin und Güstrow einen Durchbruch erzielen. Auch sie blieben ergebnislos.

Die Not des kalten Winters 1491 brachte Zuspitzung und Entscheidung des innerstädtischen Konflikts. Rostock, durch herzogliches Verbot vom Handel nahezu ausgeschlossen, hatte unter Brennstoff-Knappheit zu leiden. Und so machten sich Bürger auf den Weg, um bei Marienehe, Toitenwinkel und in der Ribnitzer Heide Holz zu beschaffen. Dabei gerieten sie in gewalttätige Auseinandersetzungen, bei denen sie zum Teil siegreich waren, aber auch, wie bei Ribnitz, gefangen genommen wurden. Hans Runge wollte daraufhin einen Ausfall wagen und sengend und brennend Rache nehmen, konnte aber vom besonnen Bürgermeister Boldewahn davon abgehalten werden.

Eskalation und Ende

Unterdessen geriet der noch schwebende Konflikt über die Wiederherstellung des alten Rates der Stadt wieder in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Noch herrschten ziemlich ungeklärte Machtverhältnisse. Neben alten und neuen Ratsmitgliedern und dem Gremium der Sechziger hatte auch Hans Runges Stimme Gewicht. Er wollte den in Lübeck beschlossenen Vergleich über die vollständige Wiedereinsetzung des alten Rates an die Vermittler - die Städte des Wendischen Quartiers der Hanse - zurücksenden. Daraufhin wurde ihm vorgehalten, dass er ja selbst dem Vermittlungsvorschlag zugestimmt hatte. Runge soll daraufhin insgeheim beschlossen haben, einen erneuten Aufstand zu wagen und alle Mächtigen der Stadt aus dem Weg zu räumen und deren Besitz zu rauben. Danach wollte er selbst einen neuen Rat einsetzen, der ganz nach seiner Pfeife tanzen sollte.

Nach Wiedereinsetzung des alten Rates unter Bürgermeister Boldewan, der einigen Rückhalt unter den Rostockern hatte, erfuhr man gerüchteweise über den geplanten Aufstand, entschloss sich aber nichts zu unternehmen und gewappnet zu sein (Boldewan selbst war 1489 im Zuge des Aufruhrs als Gegner des Domstifts Bürgermeister geworden, konnte aber auch nach Beilegung des Konflikts im Amt bleiben).

Am letzten Osterfeiertag des Jahres 1491 wollte Hans Runge das Signal zum Aufstand geben. Er hoffte, dass nach vier Tagen österlichen Müßiggangs genug Mitstreiter zu finden wären, um die ganze Macht in Rostock an sich zu reißen. Hatte so ein Aufruhr nicht schon mal funktioniert, an einem arbeitsfreien Sonntag, aus Anlass der Domstift-Weihe? Das Signal war die Besetzung des Steintors, welches ein stark befestigter Rückhalt für die Aufrührer sein sollte. Damals soll es in seiner Bauweise dem Kröpeliner Tor geähnelt haben, bevor es im 16. Jahrhundert nach einem neuen Konflikt mit dem Herzog abgetragen wurde. Zwar gelang es, das Tor einzunehmen, aber schnell wurde vielen der Rädelsführer bewusst, dass ihr Plan verraten und die Unterstützung durch die Rostocker gering war. So verdrückten sich viele unauffällig vom Ort des Geschehens und es gab auch bereits geständige Mitstreiter Runges. Neun Aufrührer wurden verhaftet, in die Verhör-Kammer geführt, in die sie selbst zuvor neun Ratsherren gebracht hatten, und die Gemeinde erklärte die Beurlaubung des Rates der 60er. Sie bekannte sich voll und ganz zum alten Rat der Stadt. Vier der Verschwörer - Hans Runge, Berend Wartenberg, Tiedke Radust und Jochim Warneke - wurden zum Gefangenenturm auf dem Rammelsberg gebracht (etwa anstelle des späteren Lagebuschturms), die anderen fünf mussten Bürgen stellen und konnten nach Hause gehen. Am nächsten Morgen in aller Frühe wurden Runge und Wartenberg im Gefangenenturm enthauptet und danach ihren Frauen zur Beerdigung übergeben. Die beiden anderen Gefangenen wurden Bürgen übergeben. Gleichzeitig wurden aber zwei weitere Verschwörer - Curt Berend und Niclas Wickhahne - verhaftet und hingerichtet. Im Hause Wartenbergs fand sich eine Liste von Verschwörern, welche allesamt der Stadt verwiesen wurden.

Rostocks Unterwerfung

In Niendorf bei Schwaan traf man sich nun, um den Streit endgültig beizulegen und erneute Verhandlungen vorzubereiten. Es kamen der Rostocker Bürgermeister Boldewan mit einigen Ratsverwandten, der Herzog Magnus und Abgesandte des Wendischen Quartiers der Hanse. Letzteren gelang es, dem Herzog vor Augen zu führen, dass er seine eigene Stadt nicht allzu hart bestrafen könne, da sie ja „...das Mark seiner Länder“ sei. In Wismar versammelten sich wie zwei Jahre zuvor alle Größen Mecklenburgs, die Gesandten der Wendischen Städte als Vermittler und etliche hohe Herren der Nachbarländer. Dieses Mal wurde es kein vergnügliches Festival des Hochadels wie zwei Jahre zuvor an gleicher Stelle. Es gelang innerhalb einer Woche, die Rostocker Strafzahlung von 30 000 auf 21 000 Rheinische Gulden herunter zu handeln. Noch andere Kosten mussten beglichen werde, wie die Unkosten einer Rom-Reise des Schweriner Bischofs und eine hohe Strafzahlung für den erschlagenen Domprobst Thomas Rode. Beide fielen aber deutlich glimpflicher aus als zwei Jahre zuvor in Wismar beschlossen. Im Andenken an Thomas Rode wurde am Ort des Mordes an der Langen Straße Ecke Badstüber Straße ein Gedenkstein errichtet, welcher heute im Innenhof des Klosters zum Heiligen Kreuz steht. Als das geschehen war, nahm der Bischof den Kirchenbann von der Stadt.

Da war der Jubel groß in Rostock - die Glocken wurden geläutet, Kanonen abgefeuert und diverse Lustbarkeiten veranstaltet. Sämtliche Kanonen konnten von den Wällen und vom Markt wieder ins Zeughaus gebracht werden und die Seele der Stadt begann aufzuleben. Alle Kirchen öffneten wieder für den Gottesdienst. Auch Handel und Wandel florierten wie zuvor, nicht zuletzt weil auch die Warnemünder Warnow-Zufahrt wieder völlig in Stand gesetzt werden konnte. Fußfall, Abbitte und Erbhuldigung wurden seitens der Stadt und ihrer Vertreter gegenüber den Herzögen geleistet, welche fünf Jahre nach Beginn des Aufruhrs die Stadt besuchten.

Die Lage der Universität verbesserte sich schnell, sodass im Mai 1492 schon 96 Studenten aufgenommen werden konnten. Im ersten Halbjahr waren es 151. Wegen einer eigenmächtig erhobenen Steuer auf Bier zur Finanzierung der alljährlich fälligen Rate der Strafe kam man sich allerdings mit den Herzögen noch mal ordentlich ins Gehege. Schon war erneut die Warnowmündung durch den Herzog Magnus blockiert, und nur dank der Vermittlung des Hanse-Bundes konnte eine neue Eskalation verhindert werden.

Am Ende musste Rostock der Einrichtung des Domstiftes zustimmen und hatte im Kampf um die völlige Eigenständigkeit einen Dämpfer erhalten. Dieser Kampf ging aber weiter und erlebte im kommenden Jahrhundert einen neuen Höhepunkt. Die Domfehde war auch Wegbereiter für die Ideen der unmittelbar bevorstehenden Reformation in Rostock und seinem Umland. In innerstädtischen Machtkämpfen standen sich auch in Zukunft immer wieder Ratsoligarchie und Handwerkerschaft in Gestalt von Bürgerausschüssen („60er“ oder „Hundertmänner“) gegenüber.

Die Ereignisse und besonders die Person des Hans Runge wurden zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedlich bewertet. In dem vorliegenden Text aus dem Jahre 1754 sympathisiert der Autor nicht gerade mit dem Aufstand gegen die „gottgewollte Ordnung“, versucht aber, die Bemühungen um die Selbstbehauptung der Stadt Rostock und die verschiedenen Interessen innerhalb der Stadtgesellschaft einigermaßen nüchtern zu beschreiben. Die Geschichtsschreibung der DDR-Zeit sah Hans Runge durchweg positiv als einen Wegbereiter der frühbürgerlichen Revolution und Kämpfer für die Rechte der unterprivilegierten werktätigen Massen. Im Jahre 1947 wurde sogar eine Straße im historischen Stadtzentrum, die Blücherstraße, nach ihm benannt. Da die Person des Marschall Blücher aber als Symbol der Befreiungskriege und der deutsch-russischen Freundschaft hoch in Ehren stand, wollte man ihn nicht missen. So erhielt die Alexandrinenstraße in der Steintorvorstadt den Namen Blücherstraße. Mit Mecklenburgischen Prinzessinnen, wie Alexandrine, hatte man zu der Zeit nicht viel im Sinn.

Das Kloster Marienehe auf der Schorler-Rolle

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