Magazin Münchener Biennale 2014

Page 1

7.- 23.Mai 2014

www.muenchenerbiennale.de


Inhalt Gr uS Sw ort Vo rw ort Vi vi er Va stat io n

14. münchener biennale Internationales Festival für neues Musiktheater

7. - 23. Mai 2014 künstlerische leitung Peter Ruzicka

veranstalter

In Zusammenarbeit mit Spielmotor München e. V. – eine Initiative der Stadt München und der BMW Group

Ut op ie n Di e Be fr is te te n Da s ge op fe rt e Le be n Ko pe rn ik us In ne n So m m erta g de :c on du ct ed

ik er M ün ch ne r Ph il ha rm on et te He nz e – St re ic hq ua rt

ch es te r M ün ch en er Ka m m er or ch es te r M ün ch ne r Ru nd fu nk or Sy m po si um

Po di um sd isk uss io n sc hu le M ün ch ne r Vo lks ho ch ckbl ic k Do ku m en tati on un d Rü Sp ie lp la n Sp ie lo rt e Ka rt en Fe st ivalte am Da nk e Im pr ess um

S. 4 S. 5 S. 6 S. 12 S. 18 S. 24 S. 30 S. 36 S. 40 S. 44 S. 48 S. 50 S. 52 S. 53 S. 54 S. 56 S. 58 S. 59 S. 61 S. 66 S. 67 S. 68 S. 69 S. 70 S. 71

www.muenchenerbiennale.de

3


GruSS wort Mit der 14. Münchener Biennale rundet sich eine Ära. 1986 ergriff Hans Werner Henze gemeinsam mit der Stadt München die Initiative, ein Festival für neues Musiktheater zu gründen und damit jungen Künstlern, vor allem Komponistinnen und Komponisten sowie Librettistinnen und Librettisten, ein Forum der Erprobung und Erfahrungsgewinnung zu schaffen. 1988 fand das erste Festival statt, und bis heute ist die Münchener Biennale in ihrem Konzept weltweit einzigartig.

auch über seine Amtszeit hinaus verbunden, denn die Biennale war unter seiner Leitung ein wesentlicher Beitrag für das künstlerische Profil und das internationale Ansehen der Kulturstadt München.

1996 gab Henze die künstlerische Verantwortung an Peter Ruzicka weiter. Die 5. Biennale planten und leiteten sie gemeinsam – ein Zeichen der Kontinuität. Ab der 6. Biennale Es ist und bleibt uns ein wichtiges Anliegen, die lag die künstlerische Verantwortung und Initiative ganz Internationalität des Festivals durch die Vernetzung mit der bei Peter Ruzicka. In beinahe zwei Jahrzehnten hat er die vitalen Neue-Musik-Szene Münchens zu ergänzen. Deshalb Biennale als ein Laboratorium neuer Ideen und künstlewerden wir die 2012 begonnene Reihe Biennale Special auch in rischer Entwicklungen mit internationaler Ausstrahlung diesem Jahr weiterführen. Mir als Kulturreferent ist es wichtig, fest etabliert. Komponistinnen und Komponisten, die hier ein möglichst vielfältiges Netz der Verbindungen herzustellen. Sie ihre ersten Musiktheaterwerke einem Publikum vorstelllassen das Festival noch intensiver in die Stadt hineinwirken und ten, kamen aus allen Teilen der Welt, vom Fernen über verstärken damit die Impulse, die nach innen und nach außen von den Nahen Osten und Europa bis zum amerikanischen der Münchener Biennale ausgehen. Kontinent. International war und ist die Resonanz, die das Festival findet. Für seinen nachhaltigen Erfolg sprechen Ich möchte mich an dieser Stelle bei all denen bedanken, die zahlreiche Neu-Inszenierungen von Werken, die in der Münchener Biennale ihr einzigartiges Gepräge verleihen: bei München im Rahmen des Festivals ihre Premiere der künstlerischen Leitung und ihrem Team, bei denen, die Musik, erlebten. Libretti, Inszenierung, Einstudierung und Aufführung tragen, bei allen Kooperationspartnern, die durch ihre Unterstützung und durch die anreDurch Themenschwerpunkte verlieh Peter Ruzicka gende Zusammenarbeit helfen, die internationale Strahlkraft des Festivals jedem Festival seinen eigenen gedanklichen Fokus, zu stärken und das Forum für junge Komponierende zu verbreitern. Allen zugleich aber ließ er allen beteiligten Künstlern Gestaltern, Besuchern und Freunden der Münchener Biennale wünsche ich ihre kreative Freiheit und stand ihnen mit Rat ein Festival, das ihnen in nachdrücklicher Erinnerung bleibt. und Tat zur Seite. Stets hatte er im Blick, dass das Neue der Vermittlung bedarf. Dafür sorgten einerseits die großen Münchner Orchester, die – ebenso wie die Gastorchester 2008 und 2010 – einen produktiven Dialog zwischen konzertanter und theatralisch gebundener Musik herDr. Hans-Georg Küppers stellten. Komponistengespräche, Symposien, Kulturreferent der Landeshauptstadt München Podiumsdiskussionen und Workshops sorgten für inhaltliche Vertiefungen. Peter Ruzicka schließt mit der 14. Biennale die Ära seiner künstlerischen Leitung des Festivals ab. Die Landeshauptstadt München weiß sich ihm in großer Dankbarkeit für die geleistete Arbeit

4

V o rw o rt AuSSer Kontrolle Das Motto der 14. Münchener Biennale spricht ein Wunsch- und ein Schreckbild zugleich an. Als wir es in Kenntnis der Projekte unseres Festivals formulierten, ahnten wir nicht, welche bedrängende Aktualität es bekommen würde. „Außer Kontrolle“ – in diesen zwei Worten verbergen sich die schärfsten Gegensätze: Befreiung oder Katastrophe, Erlösung oder Horror, Aufbruch oder Vernichtung.

in Residence“. Ich freue mich, die Zeit meiner künstlerischen Leitung außerdem mit besonderen Rückblicken abrunden zu können. Detlev Glanerts Oper Leyla und Medjnun eröffnete 1988 die 1. Münchener Biennale, mit Die Befristeten beschreitet er bei dieser Biennale neue Wege. Dieter Schnebel steht mit seinem Œuvre auch für die immer wieder neue Reflexion der musiktheatralischen Elementaria: Raum, Klang, Bewegung, Stimme. In diese Biennale bringt er ein Thema ein, das ihm zeitlebens am Herzen lag.

Ein besonderes Anliegen war es mir, in der letzten von mir verantworteten Biennale Hans Werner Henze, den Gründer des Festivals, Einer unter den Komponisten des 20. Jahrzu ehren. Wir widmen ihm, seinem Schaffen und Wirken zwei hunderts versuchte die riskante Polarität zu Konzerte. Die Münchner Philharmoniker, deren Sonderkonzert leben und zu gestalten: Claude Vivier, der im zu den festen Traditionen der Biennale gehört, nehmen in ihr März 1983 in Paris, 34 Jahre jung, ermordet Henze-Programm Auszüge aus seiner letzten Oper auf. Fünf wurde. Um Vivier dreht sich Marko Nikodijevics ´ renommierte Streichquartette stellen Henzes Beiträge zu dieMusiktheater, mit der wir die Biennale in diesem ser klassischen Gattung in der Akademie der Schönen Künste Jahr eröffnen. Kopernikus, Viviers einzige Oper, vor. Konzerte des Münchener Kammerorchesters und des wird als Biennale Extra erstmals in München aufMünchner Rundfunkorchesters ergänzen den Dialog, den wir geführt. Mit Zipangu und Wo bist du Licht! sind auch bei dieser Biennale zwischen Musiktheater und konzwei wichtige Werke Viviers in die Konzerte zur zertanter Musik organisieren. In der Reihe Biennale Special Biennale integriert. stellen Münchner Künstler und Gruppen Konzepte neuen Musiktheaters vor. Zu Reflexion und Diskurs regen ein Fünf Auftragswerke können wir bei der 14. Biennale Symposium, eine Podiumsdiskussion und Veranstaltungen uraufführen. Samy Moussa geht in Vastation der der Volkshochschule an. Dynamik nach, die ausbricht, wenn Machtfunktion und Persönlichkeit in einen unbeherrschbaren Konflikt Für die Ermöglichung dieses Programms danken wir an steuern. Dieter Schnebel visiert in seinem Klang- und erster Stelle der Landeshauptstadt München, aber auch Bewegungstheater Fluchtpunkte humaner Hoffnung allen Kooperationspartnern und Unterstützern dieser an. Aus Elias Canettis Drama um die angemaßte Biennale. Persönlich möchte ich dem Team der Biennale Verfügungsgewalt über die menschliche Lebenszeit entfür das große und beständige Engagement in der achtwickelt Detlev Glanert mit Nico and the Navigators eine zehnjährigen gemeinsamen Arbeit meinen herzlichen neue Form experimentellen Musiktheaters. Hèctor Parras Dank sagen. Umkehrung des Orpheusmythos beleuchtet die virtuelle Situation einer freien Passage zwischen Leben und Tod. Wir betrachteten unsere Festivals stets als Versuchsanordnungen in der Geschichte der Moderne, auf die wir Peter Ruzicka mit Motti und Programmen immer wieder Bezug nahmen, 2012 verwiesen wir mit dem Motto Der ferne Klang auf das Hauptwerk Franz Schrekers. In diesem Jahr wählten wir Claude Vivier als virtuell-historischen „Composer

5


VIVIER

Ein Nachtprotokoll Kammeroper in sechs Szenen

Uraufführung Mi 7. Mai, 20 Uhr

Weitere Vorstellungen Fr 9. Mai und Sa 10. Mai, 20 Uhr Muffathalle

Komposition: Marko Nikodijevic´ Libretto: Gunther Geltinger Musikalische Leitung: Sebastian Beckedorf Inszenierung: Lotte de Beer Bühne und Kostüme: Clement & Sanôu Choreinstudierung (München): Martin Zöbeley Choreinstudierung (Braunschweig): Georg Menskes/Johanna Motter Dramaturgie: Sarah Grahneis

Karten € 20,– Ermässigt € 10,–

Weitere Aufführungen

Vivier Tim Severloh, Countertenor Harry, Liebhaber 1, Heiliger Sebastian, Rustichello, Sängerstimme im Wiegenlied Musa Nkuna, Tenor Typ 1, Stricher 1, Liebhaber 2, Priester 1, Marco Polo, Sängerstimme im Wiegenlied Malte Roesner, Bariton Typ 2, Tschaikowsky, Priester 2, Herrscher, Sängerstimme im Wiegenlied, Zeremonienmeister (Stricher 2) Rossen Krastev, Bass

15./22./31. Mai, 1./4. Juni, jeweils 19.30 Uhr Staatstheater Braunschweig/ Kleines Haus

Vokal-Solisten des Kammerchor München/ Chor des Staatstheaters Braunschweig Orchester des Staatstheaters Braunschweig Studienleitung: Burkhard Bauche Musikalische Assistenz: Kyung-Sook Choi, Christopher Hein, Akiko Nozue, Ann-Katrin Stöcker Regieassistenz und Abendspielleitung: Christina Sievert Ausstattungsassistenz: Christiane Kleiber Inspizienz: Juliana Albrecht Soufflage: Frauke Schirm Spieldauer: ca. 80 Minuten Aufführung in deutscher Sprache mit Übertiteln Aufführungsrechte: Musikverlag Hans Sikorski Gmbh & Co. KG Kompositions- und Librettoauftrag der Landeshauptstadt München zur Münchener Biennale und des Staatstheaters Braunschweig

Komponistengespräch Marko NikodijeviĆ Mi 7. Mai, 18.45 Uhr Gasteig/ Raum 0.131 Moderation Peter Ruzicka 6

Koproduktion der Münchener Biennale mit dem Staatstheater Braunschweig

Die Veranstaltung wird vom Bayrischen Rundfunk/ BR-Klassik aufgezeichnet.

Vivier Bühnendesign

Claude Vivier

Vivier Die Oper Vivier eröffnet die 14. Münchener Biennale. Ihr Temperament für einen religiösen Beruf“ (Bob Gilmore). Namensgeber, der franko-kanadische Komponist Claude Vivier (1948–1983), Was ihm blieb, war die Faszination Musik, die er Tag lebte und erlitt das Motto dieses Festivals in drastischer Widersprüchlichkeit: für Tag in der Kirche des Internats erlebte, „in einem in seinen explosiv-kreativen wie in seinen exzessiv-mörderischen offenbarungsartigen Augenblick beim Singen in einer Dimensionen. Als Künstler drängte es ihn, alle einengenden Vorgaben in sich Mitternachtsmesse entdeckte er sie für sich“ (B. Gilmore). und um sich abzustreifen, den Comment einer Tradition ebenso wie denAm Conservatoire de musique in Montréal nahm er 1967 jenigen einer Avantgarde. Solche kategorialen Zuweisungen interessierten ein Klavier- und Kompositionsstudium auf, das er ab 1971 ihn nicht. Der Unbedingtheit seines Schaffens entsprach die Unbedingtheit bei Gottfried Michael König in Utrecht und bei Karlheinz seiner Existenz, mit beiden wollte er die Fülle des Lebens nach allen Seiten Stockhausen in Köln fortsetzte. 1976 begab er sich auf und ohne hemmende Rücksichten ermessen. „Die Musik von Claude eine längere Asienreise mit Aufenthalten in Japan, auf Bali Vivier“, schreibt Jaco Mijnher, „ist eine Reflexion seines eigenen Lebens. und in Thailand, die sein Denken, auch die Thematik und Die Themen seiner Kompositionen waren sowohl direkt als auch indirekt Ästhetik seines Komponierens nachhaltig beeinflussten und inspiriert von seiner unbekannten Herkunft, der Suche nach seiner Mutter, veränderten. Ab 1982 lebte Vivier in Paris, ein Stipendium des seiner religiösen Berufung, seiner Homosexualität.“ Am 2. März 1983 Canadian Council ermöglichte ihm den Aufenthalt, den er für traf sich Astrid Holzamer, Kulturattachée der kanadischen Botschaft, mit die Komposition einer Oper über Pjotr Iljitsch Tschaikowsky Vivier anlässlich eines Konzerts, in dem einige seiner Werke aufgeführt nutzen wollte. wurden. Damals erzählte er ihr, dass ihn kurz zuvor „ein Irregeleiteter tätDie Faszination Vivier Die Faszination für den lich angegriffen hatte. Er versprach mir hoch und heilig, sich nie wieder in Komponisten Claude Vivier reicht bei Marko Nikodijevic´ weit eine solche Situation zu bringen. Am 7. März 1983 wurde er ermordet“ – zurück. Er nennt den Franko-Kanadier ein „Alter Ego“ – neben von einem Stricher, den er mit sich in die Wohnung genommen hatte; Carlo Gesualdo, dem Renaissance-Künstler. Es ist nicht nur unzählige Male muss dieser mit einem Messer auf ihn eingestochen das spektakuläre Verhältnis der beiden Zeit-Ungleichen zum haben. Als man nach fünf Tagen die Leiche des Komponisten fand, lag auf seinem Arbeitstisch das unvollendete Manuskript einer Kantate mit Tod, als Ermordeter der eine, als Mörder der andere; es ist ihre dem Titel Glaubst du an die Unsterblichkeit der Seele?. Den Text dazu Musik, die Nikodijevic´ in Bann schlägt, der Extremismus ihrer hatte er, wie schon für seine Oper Kopernikus, selbst verfasst. In der Ästhetik: leuchtend schön und gnadenlos hart, von transzenKantate erzählt ein Mann namens Claude von einem Jugendlichen, den denter Ruhe und von unentrinnbarer Getriebenheit, unregleer in der Metro sieht und von dem er sich unwiderstehlich angezogen mentiert und akribisch durchgeformt. Nikodijevic´ komponierte fühlt; nach kurzem Wortwechsel zieht der junge Mann ein Messer und ein Gedenkstück für Vivier: chambres des ténèbres / tombeau stößt es tief in Claudes Herz. Hier bricht das Manuskript ab. de claude vivier; es beschäftigte ihn ungewöhnlich lange, ehe es die endgültige Gestalt erhielt. Erfahrungen und Momente aus Viviers Vita Viviers Tod, damit auch sein Leben und seine dieser Komposition gingen auch in die Oper ein. Im Künstlerhof Werke, umgibt etwas Mysteriöses. Die Fakten seiner Vita lösen es Schreyahn lernte Nikodijevic´ im Sommer 2010 den Schriftsteller nicht auf, sondern verstärken es eher noch. Seine leiblichen Eltern Gunther Geltinger kennen. Er arbeitete dort an seinem zweiten kannte er nicht, die Suche nach seiner Mutter beschäftigte ihn zeitRoman, Moor, Nikodijevic´ an einem Orchesterstück. Sie sprachen lebens. Den Zweijährigen adoptierten die Viviers, eine arme Familie über ihre Arbeit, lasen und hörten die Werke des anderen, die in einem Arbeiterviertel der kanadischen Großstadt Montréal. Als Rede kam auch auf Vivier. Der Auftrag der Münchener Biennale Dreizehnjähriger wurde Claude in ein Internat der Maristenbrüder begründete dann ihre Zusammenarbeit. Für Geltinger, Autor von aufgenommen, die Kindern aus einfachen Verhältnissen einen Romanen und Drehbüchern, ist es das erste Libretto, für Nikodijevic´ gute Schulbildung ermöglichen und sie auf die Priesterlaufbahn die erste Komposition für das Musiktheater. Ein Stipendium vorbereiten wollten, auch den begabten Claude Vivier. Er war und Geltingers im Schriftstellerhaus in Stuttgart, wo Nikodijevic´ lebt, blieb ein glaubender Mensch bis an sein Ende. Aber seine Art der ermöglichte den Künstlern in der wichtigen Entwurfsphase eine Religiosität passte nicht ins Ordensgewand; dem 18-Jährigen riet intensive Diskussion, an deren Ende die sechsteilige Konzeption die zuständige Schulleitung dringend, das Priesterseminar nach des Musiktheaters und damit der große dramaturgische Bogen des zwei Jahren Ausbildung zu verlassen, „seine Lehrer waren der Werkes feststand. Er blieb über alle Veränderungen an Details des Meinung, er verfüge über ein zu empfindliches und leicht reizbares Librettos erhalten. 7


VIVIER

Die Oper Vivier

An Claude Vivier fasziniert aber beschwört das Urerlebnis, das sich dem bewussten Gedächtnis des unter anderem das Ineinander von Kunst und Leben, Komponisten entzog: die Zeit im Waisenhaus vor der Adoption durch die das mit vergleichbarer Absolutheit bei keinem anderen Pflegeeltern (5. Bild). Komponisten zu finden ist. Ein Musiktheater, das ihn Allen diesen Situationen entsprechen Werke oder musikalische Topoi zum Thema macht, wird bei dieser Spannung ansetzen. Viviers. Das zweite Bild, das in zwei Bühnenräumen simultan auf Marko Nikodijevics ´ und Gunther Geltingers Oper geht von Vivier und Tschaikowsky blicken lässt, geht auf das ungeschriebene den Werken aus, in denen sich Vivier mitteilte, sie ist weder Opernprojekt ein – als Dialog über die geschichtliche Distanz hinweg, biographisch noch dokumentarisch konzipiert. Den Rahmen Liebe und Tod sind sein Thema. Die dritte Szene berührt mit dem religiöbildet die Metrofahrt in der Nacht, in welcher der Komponist sen Ton in Viviers Musik auch jenes Aufleuchten fremder Schönheit, das dem jungen Stricher begegnet. Damit beginnt die Oper, in seinen Partituren die Phasen klanglicher Gewalt unversehens beiseite mit einer Erinnerung daran endet sie wie in einer Virtualität schieben kann, sie berührt letztlich eine Grundlage seines ästhetizweiten Grades. Von dieser Schlüsselszene aus blendet das schen Denkens: „Ich möchte, dass Kunst eine heilige Handlung ist, Musiktheater nach vorn und zurück: nach vorn zum Plan einer eine Freisetzung von Kräften, der Austausch mit diesen Kräften. Ein Tschaikowsky-Oper, die Vivier während seines Paris-Aufenthaltes Musiker sollte auch nicht Musik gestalten, sondern eher Momente komponieren wollte (2. Bild), voraus auch zum bestialischen Mord der Offenbarung, Momente, in denen die Kräfte der Natur beschwoüber einer Partitur, deren Text genau von dieser Art des Todes ren werden, Kräfte, die existierten, existieren und immer existieren handelt (6. Bild). Die Rückblenden gelten dem Priesterseminar, werden, Kräfte, die die Wahrheit sind.“ Dem vierten Bild entspricht in dem sich das Offenbarungserlebnis Musik mit dem Anblick des eine ganze Gruppe von Werken, inspiriert durch jene Reise in die schönen Männerkörpers, einer Figur des Heiligen Sebastian, verbindet; ferne Fremde, die nach Aussage des Komponisten „vor allem eine Kunst, Spiritualität und Homoerotik spielen hier ineinander wie eine Reise der Selbstentdeckung war“. Das Wiegenlied in Szene fünf unauflösliche Lebensgemeinschaft (3. Bild). Im Zentrum (4. Bild) steht nimmt auf die erste spektrale Komposition Viviers, Lonely Child, die Erinnerung an die Fernost-Reise in das Land, das heute Japan heißt, die abschließende Szene auf Fantasiefiguren aus Viviers einziger zu Marco Polos Zeit Zipangu genannt wurde. Die weiteste Rückblende vollendeter Oper – Kopernikus – Bezug.

Vivier Kostümdesign

HT: Herr Nikodijevic, ´ im Libretto von Gunther Geltinger finden sich Hinweise auf und kurze Passagen aus Werken von Claude Vivier. Haben Sie auch auf Musik von ihm zurückgegriffen? Marko Nikodijevic: ´ Nein. Claude Vivier gehörte zwar seit langem zu den Komponisten, zu denen ich eine besondere Nähe empfand, die auf mich wie Gefährten wirkten, wie ein Alter Ego. Seine Musik ist mir gut im Gedächtnis. Aber für unsere Oper musste ich seiner Musik meine eigene entgegensetzen. Ich steuere zwar an einzelnen Stellen musikalische Erinnerungsbilder an, etwa einen Walzer aus Tschaikowskys Dornröschen in der zweiten Szene, an anderer Stelle einen Tango, in der fünften Szene ein Wiegenlied – Gunther Geltingers Text legt dies nahe. Ein gregorianischer Choral kommt vor, auch ein Lied aus der Zeit Marco Polos im vierten Bild. Sie entsprechen dem

8

inneren Weg der Szene und bilden in meiner Musik keine Fremdkörper. Sie werden vielmehr angesteuert und wieder verlassen. Augenblicke sind dies, nicht das Wesentliche der Partitur. HT: Mit chambres des ténèbres schrieben Sie ein Gedenkstück für Claude Vivier. Ist dies eine Vorstufe zu Ihrer Oper?

MN: Allenfalls im Sinne meiner generellen Entwicklung. An musikalischem Material kommt aus dem Instrumentalwerk nur ganz kurz etwas im ersten Bild vor. Ansonsten hat die Musik der Oper nichts mit dem Ensemblestück zu tun. Es handelt sich bei beiden Werken um unterschiedliche Genres,

die auch kompositorisch anders behandelt werden müssen. Die Musik zur Oper ist schärfer pointiert, rauer. Ich scheue auch nicht vor extrem schnellen und kraftvollen Passagen zurück. Das Thema „Vivier“ verlangt scharfe Kontraste. HT: Herr Geltinger, als Sie Marko Nikodijevic´ erstmals begegneten, arbeiteten Sie an Ihrem Roman Moor. Darin spielt das Verhältnis von Eros, Gewalt und persönlicher Befreiung eine wichtige Rolle. Kam das Thema „Vivier“ für Sie zur rechten Zeit?

nen eigenen Motivationen gesucht – und sie gefunden. Ein Thema kommt nie zur rechten Zeit, alle Themen sind immer gleichzeitig da. Wenn man aber seine eigene innere Linie verfolgt, hat man manchmal das Glück, auf etwas zu stoßen, das dazu beitragen kann, die eigene Zeit sinnvoll zu formen. HT: Die Sprache Ihres Librettos unterscheidet sich von derjenigen Ihres Romans vollkommen.

GG: Das hoffe ich! Die Sprache des Librettos ist keine erzählende Gunther Geltinger: Zweifelsohne sind das Topoi, an denen Prosa. Der Roman ist für mich, anders als das Libretto, ein in sich ich mich auch in meinen Romanen abarbeite. Wenn ein abgeschlossenes und in sich selbst klingendes Sprachgebilde. Syntax, Thema von außen an mich herangetragen wird, durchforRhythmus und Wortwahl bestimmen den Ton, der sich im besten Fall auf sche ich es nach den Anhaltspunkten, wo mein Schreiben den Leser auch als Klangerlebnis überträgt. Im Libretto zu Vivier habe ich einhaken könnte. Nur wenn sich Verbindungen auftun, versucht, eine sprachliche Struktur zu schaffen, die für die Musik einen kann ich es mir zu eigen machen. In Viviers Leben und möglichst offenen Raum bietet. Gleichzeitig habe ich mich für eine strenge Werk – oder gerade in der Untrennbarkeit von beidem Form entschieden – Vers und Reim. Auch Vivier benutzte in seinen Libretti – fand ich schnell Material, das mich schriftstellerisch lyrische Vorlagen, zum Beispiel Hölderlins Gedicht Der blinde Sänger in Wo reizte. Gleichzeitig empfand ich die Konzentration auf bist du, Licht! In der Reglementierung liegt die explosive, entgrenzende diese Aspekte die für mich notwendige und ehrlichste Kraft gebunden, die Viviers Leben und Werk prägt. Die Musik, der Vivier Form, mich dem Leben eines Künstlers zu nähern, deszuerst begegnete, war die liturgische Musik, die strengen Gesetzen folgt. sen Komplexität man weder in einer Oper noch in einer Eine biographische Annäherung an Vivier wäre ohne eine starke Bezugnahme anderen Kunstform zur Gänze abbilden und reflektieren auf Form und Verformbarkeit nicht denkbar gewesen. Gerade in der finalen kann. Ich habe nach Überschneidungspunkten mit meiSzene, die mit Viviers Tod endet, beinhaltet der Vers den Exzess nicht nur, er fordert ihn vor allem auch musikalisch heraus.

Summary inated by Claude Vivier (1948– Marko Nikodijevi´c has been fasc calls the French-Canadian, He . now 1983) for a long time terious manner, an "alter ego" who died in a brutal and mys Renaissance artist. It is not the o, – alongside Carlo Gesuald to death of the two persons only the spectacular relationship dered, the other a murderer mur one from different times – the ´ the extremism of Nikodijevic, – it is their music that enchants cilessly hard, of mer and tiful beau y their aesthetic: brilliantl ble obsessive capa ines and an a transcendental sereneness thoroughly and usly iculo met and restlessness, unregulated work for ive orat mem d a com formed. Nikodijevic´ compose vivier; it de clau de beau tom / bres Vivier: chambres des ténè ived its rece it re befo long time occupied him for an unusually final form. dijevic´ became acquainted with At Künstlerhof Schreyahn Niko the summer of 2010. He was the writer Gunther Geltinger in l, Moor, and Nikodijevic´ was nove nd working there on his seco They discussed their work, read working on an orchestral piece. ks, and they also started talking wor r's and listened to each othe from the Munich Biennale was about Vivier. The commission tion. For Geltinger, author of bora colla then the reason for their libretto; for Nikodijevic´ the first novels and scripts, it is his first Geltinger's grant to study and tre. thea composition for music c´ in Stuttgart, where Nikodijevi stay at the Schriftstellerhaus discussion sive inten an on y carr to ts lives, enabled the artis e, and at the end of this design during the decisive design phas music theater piece had been the of phase the six-part concept completed.

en with Vivier, and not just Art and life are tightly interwov h, but rather already with deat starting in the ghastly night of his not a priest, and to set and r pose com a me the decision to beco ld. Marko Nikodijevic´ wor the nd off searching on a journey arou d the opera's music and libretto and Gunther Geltinger conceive t. Based on the works Vivier poin using this tension as a starting a is not constructed either used to communicate, the oper The setting is the journey tary. biographically or as a documen poser encounters the com the n whe t nigh at on the Metro bing him numerous stab by him young prostitute who will kill s flashes forwards and backward times with a knife. The opera plan the to ards Forw ay. subw from the scene in the Parisian ikovsky opera, forwards to the Vivier was considering for a Tcha over a score entitled Glaubst love/death scene, to the murder e? (Do you believe in the Seel der eit lichk terb du an die Uns s to the youth's search ward immortality of the soul?). Back , know where he comes from for his identity, who doesn't me beco to ded deci r Vivie re backwards to the seminary whe the dream and the journey to a composer. At the center are of Marco Polo to "Zipangu." s faraway places, in the footstep , tight, rigidly formed language In his libretti Vivier prefers a to it ires requ ic room but also which not only allows the mus Gunther Geltinger followed this be an encompassing medium. r language selectively onto Vivie principle. He superimposes his , hand r othe the on ´ c, i dijev Niko (and onto older authors). Marko with ation ront music. The conf does not fall back on Vivier's tonal language, intense like the "alter ego" demands its own by equally strong tensions. ed mov and uage Vivier's tonal lang differentiation to pressing fine The score's scale ranges from contrasts go far beyond itive defin e's scor the vehemence, and the tombeau de claude vivier.

9


die künstler (Serbien) Marko NikodijeviĆ´ (Komposition) wurde 1980 in Subotica ition bei Kompos Belgrad in er studierte 2003 bis 1995 geboren. Von bei Zoran Eric´ und Srdjan Hofman. 2003 bis 2005 setzte er seine Studien den er belegte 2011 lebt. seitdem er wo fort, Stuttgart in Marco Stroppa onalen Meisterkurs beim Ensemble Modern. Nach mehreren internati und am Amsterd Week Music us Gaudeam der bei a. u.  Auszeichnungen eis beim UNESCO Rostrum of Composers erhielt er 2013 den Förderpr lineanicht und Physik in Kurse ftung. Musiksti Siemens der Ernst von rer Mathematik, die er während seines Studiums in Belgrad besuchte, beeinflussten auch sein Komponieren. Algorithmen, Gunther Geltinger (Libretto) Fraktale und die Anwendung wurde 1974 in Erlenbach am Main geboren der Chaostheorie dienen ihm und lebt heute in Köln. Nach dem Abitur Zeit wandte er sich überjüngster in n, als kreative Methode studierte er Drehbuch und Dramaturgie an dies dem DJing und der Techno-Ästhetik zu. Werke von der Universität für Musik und Darstellende Nikodijevic´ wurden von renommierten Spezialensembles und Kunst in Wien und als Postgraduierter an Orchestern bei maßgeblichen internationalen Festivals in der Kunsthochschule für Medien in Köln. Europa und Amerika aufgeführt. 2011 nahm er auf Einladung Alain Claude Sulzers am Ingeborg-Bachmann-Preis teil, im selben Jahr war er Heinrich-HeineStipendiat in Lüneburg und Inselschreiber auf Sylt. 2013 erhielt er den Förderpreis des Landes Nordrhein-Westfalen für junge Künstlerinnen und Künstler. Sein Debüt-Roman Mensch Engel erschien 2008 und wurde in mehrere Sprachen übersetzt, seinen zweiten Roman Moor veröffen tlichte er 2013 im Suhrkamp-Verlag.

Sebastian Beckedorf (Musikalische Leitung) studierte Dirigieren und Klavier in Rostock. 2004 kam er als Solorepetitor mit Dirigierverpflichtung an das Stadttheater Hildesheim, 2005 in gleicher Position an das Staatstheater Braunschweig. 2007 wurde er Assistent von Alexander Joel, 2008 bis 2010 war er als 2. Kapellmeister verpflichtet, seit 2010 ist er 1. Kapellmeister. Er dirigierte u. a. Schwanensee, La Cenerentola, Fedra, La Bohème, Manon Lescaut, Simon Boccanegra, Madama Butterfly, Eugen Onegin, Carmen und Fidelio, er leitete Cardillac, Orlando Paladino, Wiener Blut, Mozarts Zaïde, Lucia di Lammermoor, A Midsummer Night’s Dream, Così fan tutte, den Doppelabend Le rossignol/L’Enfant et les sortilèges, außerdem Uraufführungen von Klaus Langs der einfluss des menschen auf den mond (für die Interpretation wurde er im Jahrbuch der Opernwelt in der Kategorie „Dirigent des Jahres“ genannt) und Alex Nowitz’ Traumnovelle. In dieser Spielzeit zeichnet er u. a. für Argentos The Voyage of Edgar Allan Poe und Hubays Anna Karenina verantwortlich.

) Lotte de Beer (Inszenierung le schu Hoch der an e studierte Regi der Künste Amsterdam. Als Meisterschülerin assistierte sie , Peter Konwitschny in Lissabon e sein Auf o. Toki Graz und Einladung inszenierte sie an der Oper Leipzig 2011 Die arabische Prinzessin, 2012 Das schlaue a. Füchslein. Sie inszenierte u.  Robin de Raaffs Waiting for Miss ra, La Bohème am Theater an Monroe für die Nederlandse Ope n Onegin in Bielefeld. Het Euge und der Wien (Kammeroper) flichtete sie als Künstlerische Muziektheater Amsterdam verp n Bestehen, für das sie mit hrige 25-jä Leiterin des Festivals zum National Ballet 25 verschiedene der Dutch National Opera und dem Mit dem Ausstattungsteam hte. brac e Produktionen auf die Bühn Nieuw Nederlands Oper afront, Clement & Sanôu gründete sie die die Oper gewinnt. für ikum die vor allem jüngeres Publ

10

Clement & Sanôu (Bühne & Kostüme) mit richtigen Namen Eddy van der Laan und Pepijn Rozing, arbeiten seit 2004 als Ausstattungsduo für Bühnen-, Kostümund Lichtdes ign. Ihr Bestreb en, alle visuell-theatralen Elemente zusammenzufassen, entsprang der Überzeugung, dass nur so harmonisch-stilistische Einheitlichkeit erreicht werden kann. Zu ihren jüngsten Arbeiten zählen Produktionen an verschiedenen Opernhäusern und Festivals in den Niederlanden, u. a. Schönbergs Pierrot lunaire, Marschners Vampyr, Offenbachs Robinson Crusoe und Mozarts Entführung. Mit dem Regisseur Pierre Audi erarbeiteten sie Monteverdis L’Orfeo am Opera Studio Nederland, mit Lotte de Beer Robin de Raaffs Waiting for Miss Monroe für De Nederlandse Opera und Puccinis La Bohème für das Theater an der Wien (Kammeroper).

Tim Severloh (Countertenor) studierte bei Harald Stamm, Ingrid Figur und Axel Bauni in Berlin. Seinem Debüt bei der Münchener Biennale (André Werner, Marlowe: Der Jude von Malta) folgten zahlreiche Erst- und Uraufführungen: Radames (Titelpartie) von Peter Eötovös, Chief Joseph von Hans Zender (Staatsoper Berlin), Bernhard Langs Der Alte vom Berg (Schwetzinger Festspiele, Theater Basel), Haydn bricht auf (Theater an der Wien) und Montezuma (Mannheim), Aribert Reimanns Medea (Oper Frankfurt), Gogol von Lera Auerbach (Theater an der Wien). 2012/2013 verpflichtete ihn das Theater an der Wien für die Erstproduktion von Hans-Jürgen von Boses Oper Verkehr mit Gespenstern. 2014 übernimmt er bei den Schwetzinger Festspielen die Hauptrolle in Bernhard Langs Oper Der Reigen (UA), die als Film aufgezeichnet wird.

Malte Roesner (Bariton) wurde in New York geboren, studierte in Hamburg und Hannover und vertiefte seine Ausbildung bei Bruno Pola, Carlos Alvarez, Rainer Trost und Irwin Gage. Der Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes und des Richard-Wagner-Verbandes ist seit 2006 am Staatstheater Braunschweig engagiert und war u. a. als Schaunard (La Bohème), Enrico (Lucia di Lammermoor), Sharpless (Madama Butterfly), Heerrufer (Lohengrin), Dr. Falke (Fledermaus), Ford (Falstaff), Papageno (Zauberflöte) und Graf (Figaro) zu erleben. Gastengagements führten ihn u. a. an die Staatstheater Hannover und Stuttgart. In der letzten Saison spielte er u. a. Joe Gillis in Sunset Boulevard, Fridolin in Traumnovelle und Guglielmo in Così fan tutte. In dieser Spielzeit debütiert er als Belcore (L’elisir d’amore).

ierRossen Krastev (Bass) stud ng Gesa dem sich er ehe , te Tuba widmete. Von 2001 bis 2005 studierte der junge bulgarische Bass an der Musikhochschule Sofia und trat auf mehreren Europatourneen a. als Sparafucile (Rigoletto), u.  Dulcamara (L’elisir d’amore), Don Basilio, Leporello und Sarastro auf. 2006 bis 2008 war er als Solist an der Oper Plovdiv engagiert, im November 2008 wechdio der Berliner Staatsoper. rnstu Ope ins e selte er für zwei Jahr a. nach Dessau und an die Gastengagements führten in u.  lzeit 2012/2013 gehört er Spie der Seit n. Komische Oper Berli nschweig und war hier Brau zum Ensemble des Staatstheaters tutte), Titurel (Parsifal) fan ì (Cos so Alfon u. a. als Sarastro, Don hören. zu Saul und in der Titelpartie von Händels

Musa Nkuna (Tenor) wurde in Südafrika geboren, studierte Gesang an der Universitiy of South Africa, legte 1998 seinen Bachelor of Music an der University of DurbanWestville und 1999 den Master of Music im Fach Komposition an der Rhodes-University ab. Sein Gesangsstudium vervollkommnete er durch das Konzertdiplom am Conservatoire de Lausanne. Dort sang er bereits während seiner Ausbildung erste Partien und machte sich auch als Konzertsänger einen Namen. Nach Festengagements in Pforzheim (2002-04), Köln (2004-2009) und Schwerin (2011/12) gehört er seit der Saison 2012/13 zum Ensemble des Staatstheaters Kassel. Dort sang er zuletzt Edwin (Die Csárdásf ürstin), Ferrando (Così fan tutte) und Tamino (Die Zauberflöte), Rodolfo (La Bohème), Jonathan (Saul) und Herzog von Mantua (Rigoletto).

Das Staatsorchester Braunschweig ging aus der 1587 gegründeten Herzoglichen Hof­ kapelle hervor. Die Entwicklung zu einem modernen Opern- und Sinfonieorchester verbindet sich mit Namen wie Michael Louis Spohr, Felix MenGraun, Heinrich Karl Schütz, Heinrich s, Praetoriu der delssohn, Hector Berlioz, Franz Liszt oder Richard Strauss. Neben r eine Orcheste das hat en fführung eater-Au Musikth bei ng Mitwirku Besuwichtige Aufgabe im Konzertbereich. Mit jährlich rund 40.000 in hweig Braunsc chesters Staatsor des eihen Konzertr die sind chern n Niedersachsen ohne Konkurrenz. Zunehmende Bedeutung gewinne Kammer und Sonderchen. Jugendli und Kindern mit und für en Aktivität Konkonzerte mit Musikern des Staatsorchesters komplettieren das Stefan zertangebot. Seit 2007 ist Alexander Joel als Nachfolger von BraunSoltesz und Jonas Alber Generalmusikdirektor am Staatstheater . schweig

11


Vastation Uraufführung

(wüstung)

Oper in drei Akten

Do 8. Mai, 20 Uhr Komposition: Samy Moussa Libretto: Toby Litt / Deutsche Übersetzung von Peter P. Pachl

Weitere Vorstellung

Musikalische Leitung: Samy Moussa Inszenierung: Christine Mielitz Bühne: Dorit Lievenbrück Kostüme: Isabel Glathar Choreinstudierung: Alistair Lilley Dramaturgie: Jens Neundorff von Enzberg, Eva Maskus

Fr 9. Mai, 20 Uhr Gasteig Carl-Orff-Saal

Anna Vera Egorova, Alt Lola Anna Pisareva, Sopran Harry/ Colonel Jongmin Yoon, Bass Dimitri Seymour Karimov, Bariton Campaign Manager Cameron Becker, Tenor

Karten € 25,– / € 20,– Ermässigt € 10,–

Opernchor des Theaters Regensburg Philharmonisches Orchester Regensburg

Weitere Aufführungen

Regieassistenz und Abendspielleitung: Eva-Maria Eiberger Inspizienz: Mirko Lodderstedt Soufflage: Bettina Hentschel Bühnenmeister: Paul Eichhorn Beleuchtungsmeister: Wanja Ostrower

17./ 20./ 30. Mai, jeweils 19.30 Uhr 1. Juni, 15 Uhr 17./ 22. Juni, 14./ 18. Juli, jeweils 19.30 Uhr Theater Regensburg/ Theater am Bismarckplatz

Spieldauer: 90 Minuten In englischer Sprache mit deutschen Übertiteln Aufführungsrechte: Editions Durand, Paris Kompositionsauftrag der Carl-Orff-Stiftung

Librettoauftrag der Landeshauptstadt München zur Münchener Biennale und des Theaters Regensburg Koproduktion der Münchener Biennale mit dem Theater Regensburg

Komponistengespräch Samy Moussa Do 8. Mai, 18.45 Uhr Gasteig/ Raum 0.131

12

Vastation Wahlkampf. Endphase. Es steht schlecht für die amtiemusikdramatische Dynamik anzupassen. Die Gestaltung des Librettos rende Präsidentin. Was hilft? Eine Krise, ein handfesund die Arbeit an der Partitur griffen eng ineinander, auch wenn sich ter außenpolitischer Konflikt. Angst schüren und eine die beiden Autoren oft über große geographische Entfernungen verstarke Hand beweisen – das funktioniert todsicher. Für ständigen mussten. In ihrer ersten Kooperation entstand so eine Oper Extremsituationen halten Spezialisten eine Wunderwaffe in drei Akten mit einer Ouvertüre und einem ausgedehnten orchestrabereit, sie hört auf den Kosenamen „The Song“ (richtig len Zwischenspiel im zweiten Akt. heißt sie: „Vastation“), das Feinste in Sachen effizienter und „humaner“ Kriegführung: Die „Klangbombe“ lässt Der letzte Akt beginnt ruhig und leise, wie eine Trauermusik. Die Gebäude stehen, tötet auch keine Menschen, sie macht Personen auf der Bühne geben sich betroffen über das Ableben des die Leute nur verrückt. Ein Gemeinwesen, das außer Präsidentinnengatten, die Präsidentin aber beklagt vor allem den Tod Kontrolle gerät, verzehrt sich schließlich selbst. ihres Geliebten, des Militärchefs. Wie verwischte Schatten hört man Soweit das Ambiente. Man erfährt in Vastation davon. Anspielungen an einen traditionsreichen Typus Musik, der in der Aber es kommt nicht auf die Bühne. Hier agiert erwählÄra des Barock und der Klassik sehr eindrückliche Kompositionen tes Personal: die Präsidentin, ihr Gatte, ihre Tochter, ihr hervorbrachte – überhaupt setzt Samy Moussa solche Durchsichten Wahlkampfmanager, der Militärchef (ihr Geliebter) und in die Geschichte und ihre Klangsprache in der ganzen Oper draspäter noch ein Colonel. Protokoll und Intrige, Sucht und maturgisch gezielt ein. Trotz der Trauertöne bewegt sich das Stück Status, Fassade und Zynismus, Funktion und Charakter, zügig und zielstrebig auf den Schluss zu. Musikalisch erreicht Neigung und Notwendigkeit – das alles prallt aufeinander dies Samy Moussa durch das Gegen- und Ineinander dreier und brodelt wie in einem Kessel, dessen Deckel „Macht“ Temposchichten: Gegen die Trauermusik tritt die Musik rund um heißt. An der erfreut man sich, je nach Lage der Dinge und Intrigen, Ränke und Machtspiele an; Wechsel und Verhältnis der allgemeinem Kontrollzustand, gemeinsam oder exklusiv. konträren Kräfte werden durch das übergeordnete dramatische Unberechenbares Sprengstoffpaket in diesem Geflecht Tempo bestimmt. Klangbilder, musikalische Gesten, Figuren und der Personen und Interessen: Lola, die Tochter, die sich Typen sind großenteils im ersten Akt schon vorgeformt (nur zwischen Wohlerzogenheit, familiärer Loyalität und jugenddie Trauermusik ist in ihrer Art ganz neu). Wiederholungen und lichem Vergnügen am Risiko bewegt. Am Ende siegt, wer an Querbeziehungen zwischen unterschiedlichen Szenen dienen den wirklichen Hebeln der Macht sitzt, von dort die Fäden Samy Moussa nicht dazu, Vergangenes durch die Erinnerung in zieht und nicht zu früh aus der Deckung kommt. die Gegenwart zu holen und diese davon beherrschen zu lassen, Idee, Libretto und Partitur von Vastation durchliefen mehsondern als Zeichen dafür, dass die Geschichte weitergeht und rere Stadien, ehe die Oper ihre jetzige Gestalt erhielt. Im dass sich die Dinge bewegen. Musikalische Wiederkehr wird Laufe dieses Prozesses schärften Samy Moussa und Toby nach der Wirkungsform der Rotationskraft zum Mittel innerer Litt die Diktion und den Ausgang des Stückes. Der britische Beschleunigung. Das Verfahren hat nichts mit Leitmotiven zu Schriftsteller ist ein Meister der kurzen, prägnanten Sätze, tun, obwohl jede Person in diesem Drama ihre spezifische wie man sie für eine Oper braucht. Er weiß die Spannung Diktion erhält, sondern mit musikalischen Ansätzen, die in zwischen dem, was gesagt wird, und dem, was unausgesprounterschiedlichen Stadien der Handlung neue Entwicklungen chen bleibt, aufzubauen und auszunützen; vor allem aber war anstoßen. Das Wiederaufgreifen musikalischer Verläufe lädt er bereit und in der Lage, seinen Text, wo immer nötig, an die Energie in den Gang des Dramas.

Moderation Peter Ruzicka

13


Vastation

Dialog zwischen Werk und Publikum abspielen. Beim Hören und Sehen eines Musiktheaters entstehen Fragen und Vermutungen, man ergänzt Ungesagtes, daraus bilden sich dann Erwartungen. Gerade im Unaufgelösten und Unerklärten sammelt sich dramatische Spannung an. Die konkreten Entscheidungen fallen im Laufe der Komposition, oft auch erst bei ihrer Überprüfung. Ich bin Toby sehr dankbar, dass er für diesen Prozess großes Verständnis und viel Geduld aufbrachte und immer und immer wieder bereit war, zu ändern, zu präzisieren, zu kürzen oder ganz neu zu formulieren.

HT: Samy Moussa, Toby Litt, das Drama von Vastation ist dort angesiedelt, wo um die und mit der Macht gespielt wird. Ist Vastation eine politische Oper? Samy Moussa: Die Frage musste kommen. Vastation ist eine Oper. Ihre Handlung ist, wie in jeder Oper, fiktional und frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen wären hier tatsächlich rein zufällig und das meine ich nicht als ironische Anspielung. Sie interessieren mich nicht. Toby Litt und ich haben Vastation nicht als politisches Lehrstück geschrieben, sondern als Musiktheater für Leute von heute. Toby Litt: Die Idee zu Vastation kam von Samy Moussa. Er wollte ein Stück über eine starke Frau schreiben, vielleicht eine Politikerin, die von einer Altistin mit einer kraftvollen Stimme dargestellt werden sollte. Er wollte auch einige Sciencefiction-Elemente einbauen. Kurz, er hatte so etwas wie einen fiktiven politischen Thriller im Sinn. Wir haben unsere Protagonistin dann Anna genannt. Sie ist Präsidentin in einem kleinen Land ohne Namen, das es folgerichtig auch auf der Landkarte nicht gibt. SM: Vastation ist komplett erfunden, aber das Material und die Ideen dafür fliegen uns natürlich nicht aus dem luftleeren Raum zu. Gewiss kann man für eine fiktive Handlung mythische Stoffe variieren und das Ganze in einen antiken Götterhimmel katapultieren. Für mich ist ein imaginäres Präsidentenpalais ein ebenso geeigneter und ein ebenso real-irrealer Ort: Hier wie dort wird über Menschenschicksale entschieden. Mir lag in diesem Fall das Präsidentenpalais näher, weil ich heute lebe, und weil sich die

14

Direktheit der Musik, wie ich sie mir für diese Oper vorstellte, mit der Verflüchtigung eines Stoffs in mythische Sphären nicht verträgt. Mit Realismus aber hat Vastation nichts zu tun. Natürlich spielen Trends, Beobachtungen, Ereignisse, die wir erleben und registrieren, für unsere Fiktion eine Rolle. Manches davon führen wir zu absurder Konsequenz, überzeichnen es ins Groteske, wir erproben, was eine Idee musiktheatralisch hergibt, wie weit sie trägt und wie wir sie am spannungsvollsten verwirklichen können. Im Musiktheater gewinnen auch Subtexte eine wichtige Bedeutung. TL: Lass es uns so sagen: Unsere Oper – Vastation – versucht das zu machen, was ich an Shakespeare, an den Paten-Filmen und an vielen, vielen Opern immer wieder bewundert habe: Sie bewegen sich von riesigen öffentlichen zu sehr privaten Szenen. Für mich bedeutete das Schreiben eines Librettos für eine ganze Oper eine Übung in Sachen Direktheit. Die Ambiguität muss in der Musik liegen. Jede Textzeile muss passen, sie muss singbar und dramatisch wirkungsvoll sein. SM: Ich weiß, ich habe Toby in dieser Hinsicht viel zugemutet. Der dritte Akt führte zunächst in eine ganz andere Richtung. Ich merkte, dass dies musikalisch nicht aufgehen konnte, und wir dachten dann beide über ein anderes Konzept nach und Toby schrieb ihn daraufhin komplett neu. Eine andere Diskussion betraf immer wieder die Frage: Was wird im Text gesagt, und was nicht, was drückt die Musik aus, und was sollte gar nicht ausgesprochen oder ausgeführt werden, weder in Worten noch in Tönen. Oper soll sich ja auch als ein

TL: Ja, bei mir haben sich inzwischen zahllose Skizzen und Entwürfe für die drei Akte und die sechs Szenen der Oper angesammelt. Ganz ungewöhnlich war für mich jedoch die Art unserer Zusammenarbeit. Sie verlief überwiegend über Skype, denn Samy ist meilenweit weg von London, wo ich lebe. Das bedeutet vor allen Dingen: Er und ich, wir trafen uns im Werk selbst. Zu meiner Überraschung funktionierte diese Zusammenarbeit ausgezeichnet. Es ist erstaunlich, was für einen Gedankenaustausch man führen kann, wenn man über Bildschirme miteinander spricht – wenn man einmal mit der geringen Zeitverschiebung umgehen lernte, die ein wenig so wirkt, als würde man sich mit einem Astronauten im näheren Weltraum unterhalten. In mancher Hinsicht lässt man sich leichter anregen, wenn man sich nicht an einem Tisch im Kaffee gegenüber sitzt, und wenn es keine anderen Leute gibt, die an Nachbartischen sitzen und die Ohren spitzen. HT: Samy Moussa, hat Vastation ihr Komponieren verändert? SM: Ich habe in der Oper Dinge erprobt, die ich zuvor nie angewendet habe. Es fiel mir bisher erstaunlich leicht, gewaltige Orchesterkräfte zu entfesseln, wenn ich das wollte, auch in recht komplexen Texturen. In Vastation ist das anders. Die kompositorischen Texturen habe ich vereinfacht, meine musikalische Sprache in gewisser Weise geschärft und stärker pointiert. Das entspricht dem Genre Oper. Selbstverständlich verzichte ich nicht auf orchestrale Kraft und hohe klangliche Energielevels. Aber sie treten oft nicht unmittelbar auf, sondern wie gebundene Energie, die entweder entfaltet wird oder explodiert. Manchmal kann sie eben auch nicht ausbrechen, dann wirkt sie im Untergrund. Generell habe ich für diese Oper eine musikalische Polarität geschaffen, die kompositionstechnisch mit dem Verschmelzungsgrad von Tönen innerhalb von Klängen und Klangfeldern zusammenhängt. Sie sorgt für Grundspannung und für Zusammenhalt, von dem aus ich je nach Szene oder Person im Drama differenzieren kann. Vastation hat mir wichtige kompositorische Erfahrungen gebracht – und die Freude an einer sehr anregenden, kreativen Kooperation.

Summary Samy Moussa consciously places his music theater in the field of tension between politics and science fiction, and pointedly illustrates it not just as a painting of a catastrophe. It moves hard along the lines of reality, but not as a documentary; fantastic and not in a no-man's land of escapist nonsense. Vastation begins in the final phase of an election campaign. The incumbent president needs a crisis to be reelected, so she can play the role of a rescuer. Her advisors create the necessary conflicts and carry them out with every means under huge losses, also personal, human, and emotional losses. The military strike, which they stage under a pretense, succeeds, the president could retain her political power, her re-election would be assured – but the destruction is not only in "enemy territory". What will happen? “The opera tries to do that thing I’ve always admired in Shakespeare’s plays and The Godfather films as well as in many, many operas – of moving from hugely public scenes to very private scenes”, says Toby Litt, the lyricist of Vastation. In Toby Litt, a British author of short stories and song lyrics, Samy Moussa discovered a lyricist who was attracted to the appeal of the project and the special demands of music theater: the tight, accurate language that it demands, the nimble surfing between reality and probability that makes it interesting – and the willingness to become involved with the composer in a "work in progress." Samy Moussa and Toby Litt share the opinion that for the most part the dramatic course of events and the theatrical intensity decide the choice of the artistic means, and not some (music) linguistic regulations or rules. Samy Moussa's previous compositions have been marked by a structural clarity and a powerful access to the sound material. The clarity of his style also remains an essential concern in the large format of opera. In Vastation he frequently keeps, however, the power of his tonal language in the background; it acts like an electrical field that accumulates energy without discharging it right away. Samy Moussa, composer and conductor, sees his score not as a prescription other persons have to fulfill, but rather as an invitation to the musicians to lend the written notes in the score a tension and gripping vitality through their commitment.

15


die künstler Komponist und Dirigent. Samy Moussa (Komposition und musikalische Leitung) ist tadt (Komposition bei Heimats seiner in t zunächs er studierte , geboren l 1984 in Montréa ), in Finnland (bei Bellomia Paolo bei n José Evangelista), danach in Tschechien (Dirigiere Pascal Dusapin. und r Pintsche Matthias bei n Münche in 2007 ab ), Magnus Lindberg Eötvös und Peter Boulez, Pierre von se Darüber hinaus besuchte er Dirigiermeisterkur frère uraufL’autre r Kurzope seine 2010 wurde Biennale ner Münche der Bei Klaus Arp. nique Sympho e Orchestr vom a. u.  Moussa geführt. Kompositionsaufträge erhielt Samy Festival 2015. Lucerne das für Boulez Pierre von und Nagano Kent unter l de Montréa hen Rundfunks, dem Seine Musik wurde z.B. vom Symphonieorchester des Bayerisc 2013 wurde er mit gespielt. a Orchestr ny Sympho er Vancouv dem und DSO Berlin Seit 2010 leitet ichnet. ausgeze ftung dem Förderpreis der Ernst von Siemens Musiksti mit dem Moussa arbeitete zdirigent Assisten Als n. Münche le Ensemb er das INDEX er leitete ent Gastdirig Als t. Frankfur in hr-Sinfonieorchester und dem Ensemble Modern und arbeitete r, orcheste Sinfonie MDR das Halle, pelle Staatska die Wien, u. a. das RSO Samy Moussa lebt in Paris und Berlin. mit Solisten wie Albrecht Mayer oder Ragna Schirmer zusammen.

Toby Litt (Libretto) wurde 1968 in Bedfordshire, England, geboren. Er studierte Anglistik in Oxford und kreatives Schreiben an der Universität von East Anglia. Von 1990 bis 1993 lebte er in Prag, 1997 erschien sein erster Roman Beatniks, dem 2000 mit Corpsing der zweite und inzwischen drei weitere Romane folgten. Er ist dafür bekannt, dass er seine Buchtitel nach dem Alphabet aufeinander folgen lässt. Neben Romanen veröffentliche er Kurzgeschichten und schrieb Drehbücher. Mit einem Jerwood Opera Writing Fellowship beteiligte er sich an einem Workshop in Aldeburgh, bei dem Kurzopern erarbeitet und diskutiert wurden. 2003 wurde Litt vom Granta-Magazin als einer der 20 besten britischen Nachwuchsschriftsteller nominiert. Toby Litt lebt und lehrt in London, er ist Mitglied der internationalen Schriftstellervereinigung P.E.N. in England.

Christine Mielitz (Inszenie rung) Die gebürtige Chemnitzerin studierte 1968 bis 1972 Opernregie an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ in Berlin. 1973 bis 1985 war sie an der Dresdener Staatsoper erst Assistentin, dann Chefassistentin, Regisseu rin und ab 1982 Oberspielleiterin. 1985 wurde sie Oberspielleiterin der Semperoper Dresden. 1989 wurde sie an die Komische Ope r Berlin berufen, wo sie 1992 die Oberspielleitung übernahm. 1998 bis 2002 war Christine Mielitz Intendantin in Meiningen, wo sie 2001 ihre vielbeachtete Inszenierung von Wagners Ring des Nibelungen herausbrachte. Von 2002 bis 2007 war sie Operndirektorin und von der Saison 2007/2008 bis Ende 2010 Intendantin der Oper des Theaters Dortmund. Als Gast regisseurin arbeitete Christine Mielitz für große internationale Theater und Festivals, in Salzburg und Edinburgh, Wien , Hamburg und Zürich, in Toronto, Tokio, Nagoya und Sydney. 2008 eröffnete Christine Mielitz die erste eigenständige Kinderoper Deutschlands. Sie ist Mitglied im Kuratorium der Deutschen Bank Stiftung „Akademie Musiktheater heute“.

Dorit Lievenbrück (Bühne) studierte an der HdK (heute UdK) Berlin, seit 1996 ist sie als Ausstatterin tätig. 1997 bis 2000 war sie fest in Braunschweig engagiert. Als freie BühnenIsabel Glathar (Kostüme) und Kostümbildnerin arbeiDie Schweizer Künstlerin studiertet sie seitdem u.  a. te Bühnenbild und Kostümdesign in an den Theatern in NürnHamburg und Stuttgart. Sie arbeitete für berg, Salzburg, InnsOpernhäuser und Theater in Kiel, Bremen, bruck, Ingolstadt, KreMannheim, Kassel, Köln und seit 1992 vor feld/Mönchengladbach, Karlsruhe, am Opernhaus Kiel allem in Berlin an der Deutschen Oper mit und weiterhin am Staatstheater Braunschweig. Gottfried Pilz, Götz Friedrich und Günter Erfahrungen mit unbekannteren Stoffen sammelte Krämer. Internationale Engagements führsie u. a. in den Arbeiten zu Gomez’ Salvator Rosa, ten sie an die Wiener Staatsoper, an Verdis Lombardi, Trojahns Fräulein Julie, Boesdie Opernhäuser von Zürich, Bukarest, mans Wintermärchen und Eugen d’Alberts TiefTel Aviv, New York (Metropolitan Opera), land. Seit 2012/13 ist sie Ausstattungsleiterin Vilnius, Venedig (La Fenice) und Göteborg. am Theater Regensburg, wo sie in den Mit Christine Mielitz arbeitete sie an der Sparten Oper, Schauspiel und Tanztheater Komischen Oper Berlin für die Inszenierung von Rienzi zusammen. Seit einigen Jahren Bühnen- und Kostümbilder entwirft. legt sie ihren Schwerpunkt auf die bildende Kunst, insbesondere auf Malerei und Installation. Sie nahm an mehreren Ausstellungen in Deutschland teil.

16

Vera Egorova (Alt) wurde 1975 in Moskau geboren. Nach ihrem Gesangs- und Bühnenstudium erhielt sie 1999 ihr erstes Engagement an der Moskauer Helikon-Oper. 1999 gewann sie den Wettbewerb Bella Voce, 2006 den Elena Obratzov a-Wettbewerb in Russland. Im selben Jahr gastierte sie beim Opernfestival Belem (Brasilien), debütierte am Mariinsky-Theater in St. Petersburg, danach baute sie ihre internationale Karriere mit Engagements in den skandinavischen Ländern aus. Seit der Spielzeit 2012/13 gehört sie dem Ensemble des Theaters Regensburg an. Dort sang sie unter anderem die Amneris (Aida), Barbara (Katja Kabanova), Baba the Turk (The Rake’s Progress) und Farzan (Die Feen).

Anna Pisareva (Sopran) gehört seit der Spielzeit 2012/13 dem Ensemble des Theaters Regensburg an. Sie studierte an der Musikakademie ihrer Hei­ matstadt Minsk, wo sie auch ihr erstes Engagement erhielt. 2009 sang sie an der Münchener Kammeroper. 2010 wurde sie für Honeggers König David, Brahms’ Requiem und für Liederabende an die Tonhalle Zürich verpflichtet. Sie gewann den Arte-Wettbewerb „Wer wird Carmen?“ und war Finalistin des Viotti-Wettbewerbs. In Regensburg sang sie u. a. den Amor in Orpheus und Euridyke, die Zeremonienfee in The Fairy Queen, Mimi und Musetta in La Bohème, Komtesse Stasi in Die Csárdásfürstin und die Maria in der West Side Story.

Seymour Karimov (Bariton) ie studierte an der Musikakadem r(Ase Baku dt atsta seiner Heim beidschan) und wurde danach an in Opernhäuser und zu Festivals Aserbeidschan, Georgien, Russ land Eng und land, Türkei verpflichtet. Ab Oktober 2002 setzte er seine Ausbildung an der Musikhochschule Freiburg fort. 2004 sang er den Usciere in Verdis Rigoletto am Festas Hengelbrock. 2005 debüspielhaus Baden-Baden unter Thom ) in Hamburg. Seit 2006 tutte fan tierte er als Guglielmo (Così ters Regensburg an. Thea des mble Ense dem ov gehört Karim n von Haydn und artie on-P Barit Sein Repertoire umfasst die art. enw Geg der ik Mus Mozart bis zur

Jongmin Yoon (Bass) studierte 2002-08 Gesang an der Unversität seiner Heimatstadt Seoul, anschließend in Mannheim bei Rudolf Piernay, seit 2010 auch in der dortigen Opernklasse. Meisterkurse belegte er u. a. bei Rudolf Piernay, an der Sommerakademie des Salzburger Mozarteums (2007/09), an der Internationalen Bachakademie Stuttgart (2010), bei Axel Bauni, Jan Philip Schulze, Ulrich Eisenlohr und Anne Le Bozec. Seit 2011 wird Jongmin Yoon von der Richard-Wagner-Stiftung gefördert. Seit der Spielzeit 2012/13 ist er festes Ensemblemitglied am Theater Regensburg. Sein Lied-, Konzert- und Opernrepertoire umfasst alle Epochen vom Barock bis zur Gegenwartsmusik.

Cameron Becker (Tenor) stammt aus Kansas City. 2009 schloss er sein Studium am Salzburger Mozarteum ab, das er durch Meisterkurse u. a. bei Barbara Bonney und Angelika Kirchschlager ergänzte. Seit 2009 ist er am Theater Regensburg engagiert. Vor seinem Studium in Salzburg absolvierte er ein Bachelorstudium an der Arizona State University summa cum laude. Als Konzertsänger trat te er in geistlichen und weltlichen Werken auf und gestalte in Liederabende. In Regensburg sang er die Rollen seines Fachs Wagner und Verdi über Mozart von Opern, Operetten und Musicals zu bis Strawinsky, von Johann Strauß und Emmerich Kalmán bis Bernstein und Frederick Loewe.

Philharmonisches Orchester Regensburg Das Philharmonische Orchester Regensburg wurde 1804 als Theaterorchester für das frisch erbaute Neue Theater- und Gesellschaftshaus (das heutige Theater am Bismarckplatz) gegründet. Seit 1904 veranstaltet es zusätzlich zu den Opernvorstellungen auch eigene Konzerte. Seit 1981 trägt das Orchester seinen heutigen Namen. Generalmusikdirektor des Theaters Regensburg und damit Chefdirigent des Philharmonischen Orchesters ist seit der Spielzeit 2009/10 der japanische Dirigent Tetsuro Ban. Neben den Opernvorstellungen und den Orchesterkonzerten engagieren sich die Mitglieder des Philharmonischen Orchesters auch für Kammerkonzerte und seit 2004 auch verstärkt für ein vielfältiges Musik- und Bildungsangebot an Kinder und Jugendliche.

17


Utopien

Musikalisches Kammertheater für sechs Stimmen und Instrumentalensemble

Uraufführung SA 17. Mai, 20 Uhr

Komposition: Dieter Schnebel Libretto: Dieter Schnebel, Roland Quitt

Weitere Vorstellungen So 18. Mai und Mo 19. Mai, 20 Uhr Muffathalle Karten € 20,– Ermässigt € 10,–

Regie: Matthias Rebstock Bühne und Kostüme: Sabine Hilscher Dramaturgie: Roland Quitt Mitwirkende: Neue Vocalsolisten Stuttgart Sarah Maria Sun, Sopran Susanne Leitz-Lorey, Sopran Truike van der Poel, Mezzosopran Martin Nagy, Tenor Guillermo Anzorena, Bariton Andreas Fischer, Bass

Weitere Aufführungen

Theo Nabicht, Bassklarinette Yumi Onda, Violine Zoé Cartier, Violoncello Kai Wangler, Akkordeon Matthias Engler, Schlagzeug

29./31. Mai, 1. Juni, jeweils 20 Uhr Konzerthaus Berlin/ Werner-Otto-Saal

Regieassistenz: Karoline Kähler Kostümassistenz: Lisa Fütterer Spieldauer: ca. 90 Minuten

4. Juni, 20 Uhr Theaterhaus Stuttgart

Aufführungsrechte: Schott Music GmbH & Co. KG Kompositionsauftrag des Konzerthaus Berlin, finanziert durch die Ernst von Siemens Musikstiftung

Mehr als sechzig Jahre Musikgeschichte hat Dieter Schnebel mitgestaltet – als Komponist, Pädagoge und Theoretiker. Durch die Vielgestaltigkeit und die historischen Wandlungen seines Œuvres ziehen sich einige Leitlinien, die sich früh herausbildeten und weiterwirkten: das Denken in Projekten, das Vertrauen in die Möglichkeiten und die ungenutzten Potenziale der menschlichen Stimme, die Konzeption von Musik als Ereignis und Bewegung im Raum und die – kritischen wie empathischen – Rückbezüge in die Geschichte. Seine frühen Projekte entwarf er so, dass sie einer realisierenden Ausarbeitung bedurften und nicht einfach von Noten abgespielt werden konnten, der Anteil der Interpreten am schöpferischen Prozess setzte nicht erst in den Proben vor der Aufführung ein; die Partitur liefert nicht ein vollendetes System von Anweisungen, die zu erfüllen sind, sondern eine Aufgabe, die auf ganz unterschiedliche Weise gelöst werden kann. – „Maulwerker“ nannte er die Projektgruppe, die er an der Berliner Universität der Künste als Experimentalstudio für natürliche Klangressourcen gründete; Stimme und Körper waren für sie die wichtigsten Instrumente. Auch darüber hinaus konzipierte er Werke oft im Hinblick auf die Uraufführungs-Interpreten. Die Verteilung und Bewegung der Musiker im Konzertsaal verlangte er nicht nur in eigenen, sondern auch in der Bearbeitung anderer, zum Beispiel Bach’scher Werke. Raum, Stimme, Bewegung, Interaktion – das sind Urelemente des Musiktheaters. Von ihnen geht Schnebels Werk für die 14. Münchener Biennale aus. Er nannte es Utopien. HT: Herr Schnebel, warum dieser Titel, warum Utopien?

Koproduktion der Münchener Biennale mit dem Konzerthaus Berlin und Musik der Jahrhunderte Stuttgart Gefördert aus Mitteln des Hauptstadtkulturfonds

Komponistengespräch Dieter Schnebel Sa 17. Mai, 18.45 Uhr Gasteig / Raum 0.131

Utopien

Dieter Schnebel: Am Anfang war nicht das Wort, das den Titel bildet, auch nicht das Libretto, dem die Musik folgt, sondern der lang bewegte Plan, ein Stück für die Stuttgarter Vocalsolisten zu schreiben, und zwar nicht ein rein konzertantes, sondern eines, in dem Raum und Bewegung eine wichtige Funktion erhalten und sich mit der Stimmkunst der Sängerinnen und Sänger zum Theater aus der Musik zusammentun. Mit den Vocalsolisten kooperiert ein Ensemble von Instrumenten. Meine Vorstellung war: Für die Sängerinnen und Sänger sollte es Soli, Duette, Terzette, Quartette und Gesamtensembles geben, zwischen diesen Stücken Gänge, in denen sie sich – nicht unbedingt geradewegs – von einem Ort zum andern oder um einen Ort herum bewegen.

Moderation Peter Ruzicka 18

19


utopien

In diesem Stück geht es nicht um bestimmte Utopien oder gar um alle – das wäre wiederum utopisch. Vielmehr geht es um Utopie ihrem Wesen nach, und dies als Musiktheater mit beweglichen Stimmen, Klangkörpern. Also Utopie als musikalische Abstraktion, die freilich immer wieder, gar überraschend, konkret wird. Realisiert in Gängen verschiedenster Art, auch beschädigten, kranken. Unterwegs sein, Reise, Expedition. In der Zusammenarbeit mit dem Dramaturgen Roland Quitt ergab sich als Gliederungsprinzip die paulinische Trias Glaube, Hoffnung, Liebe – nebst den negativen Widerparts Unglaube/Zweifel, Hoffnungslosigkeit/ Resignation; die Liebe aber ist per se dialektisch. Demnach fünf Gänge-Teile und wie sich im Laufe der Komposition ergab, vier Zwischenstücke.

und angestrebt, aber nicht betreten wird. Zweitens: In der Einleitung wird die Schlusspassage aus Ernst Blochs Prinzip Hoffnung vertont, die davon spricht, dass die Menschwerdung des Menschen nicht abgeschlossen sei, sondern erst an ihrem Anfang stehe. Der faktische Mensch ist also gleichzeitig Mensch und Un-Mensch, er ist sich selbst ein Anderes. Diese Spannung wurde für uns zum Ausgangspunkt für die Suche nach einer spezifischen Körperlichkeit der Darsteller auf der Bühne.

HT: Herr Quitt, bei der Auswahl der Texte für die Zwischen­ stücke folgten Sie dem paulinischen Dreischritt von Glaube, Hoffnung und Liebe.

HT: Herr Schnebel, Sie sind Komponist, an der Universität der Künste hatten Sie eine eigens für Sie eingerichtete Professur für experimentelle Musik. Damit verband sich nicht ein elektronisches Studio, sondern ein Konzept, das von Körper und Stimme ausging, sozusagen vom unmittelbaren Menscheinsatz in Musik und Theater. Sie sind aber auch Theologe. Ihr Studium und ihre kurze Berufspraxis als Pfarrer fielen in die Zeit, in der um viele Formen einer kritischen Theologie gerungen und gestritten wurde. Der Zweifel schien dabei oft eher die treibende Kraft als der feste Glaube, Ernst Bloch und seine Theorie vom Atheismus im Christentum wirkten in diesen Diskussionen als eine Philosophie, mit deren Hilfe man Licht ins Dunkel um Gott zu bringen versuchte. Für Sie verstand es sich von selbst, dass Sie die vielfältigen Erfahrungs- und Erkenntnisbereiche nicht voneinander absonderten, sondern zueinander brachten. Mit der Theologie und der Musik wählten Sie für sich zwei Ausdrucks- und Ausspracheformen, die sich nicht auf das Faktische beschränken, sondern ihre Wirkung aus dem ziehen, was darüber hinaus weist. Das utopische Moment verbindet beide. Es ist gewiss kein Zufall, dass Ihr Lieblingsphilosoph Ernst Bloch seine Gedanken besonders häufig durch Rekurse auf Musik und Theologie erläuterte. Geist der Utopie nannte er seinen ersten kühnen Band, in dem viel von Musik die Rede ist. Hat Bloch bei Ihrem neuen Werk Pate gestanden? DS: Nicht Pate gestanden. Ich glaube, ich kann sagen, dass sein Denken ein Stück weit auch das meinige wurde, ich habe es mir ganz rechtmäßig – nämlich durch Lernen, Debatte und Erproben – angeeignet. Bloch gab am Ende seines Hauptwerks Das Prinzip Hoffnung eine prägnante Zusammenfassung dessen, was Utopie ist: „…so entsteht in der Welt etwas, das allen in die Kindheit scheint und worin noch niemand war: Heimat.“ Dieses Zitat kommt übrigens ganz am Anfang, in der Einleitung meines Werkes auch ausdrücklich vor. Utopie heißt wörtlich: Nicht-Ort, und es ließe sich ergänzen: Un-Zeit. Ein Jenseits von Raum und Zeit, ein metaphysisches Ideal. Zu allen Zeiten haben Menschen nach einem solchen gesucht: nach einem besseren, rettenden, vollendeten, neuen. Oder einfach: nach einem, dem ganz anderen. Im alten Ägypten, China, Indien; die Propheten Israels, Zarathustra, die griechischen Philosophen; der Messias Jesus; die Theologen des Mittelalters – auch die maurischen, die Denker der Renaissance – hier Thomas Morus mit seinem namensgebenden Werk Utopia; die Aufklärung, Romantik, Hegel, Marx, Nietzsche usf. bis zu Bloch, den Existenzialisten...

20

Roland Quitt: Ein Dreischritt, ja, aber dennoch vier solcher Zwischenstücke. Denn das Thema Hoffnung blieb zweifach zu bearbeiten. Am Ende steht dabei die Frage: Welche Hoffnung und welche Utopie bleibt, wenn anscheinend alle Hoffnung und alle Utopie zu Grabe getragen sind? Sie können dies vor dem Hintergrund des Verhältnisses unserer Zeit zu den Tagen von 68 verstehen, gleichzeitig aber auch als die Schilderung eines eher allgemeintypischen biographischen Wegs, der von der Jugend ins Alter führt, dabei die besondere Lebenserfahrung eines 68ers berührt, über solche aber hinausgreift. Um falschen Erwartungen zuvorzukommen, sollte man bemerken: Obwohl das Stück Utopien heißt, ist es mehr lebensanschaulicher Art, als dass es den Anspruch verfolgte, politische Zusammenhänge zu klären, Stoßrichtungen neuer Wege zu einer gerechten Welt aufzuzeigen – diese politische Arbeit, die zweifellos wichtig wäre, kann nicht der Gegenstand eines Stückes sein, das mit den weitgehend abstrakten Mitteln Schnebelschen Theaters arbeitet, eines Theaters, in dem sprachsemantischer Inhalt rudimentär bleibt und die Verwendung von Text immer auch auf die Ebene der Auflösung von Textsinn ins Klangliche zielt. HT: Herr Rebstock, wie wird die Dialektik von Gängen und Zwischenstücken zum real gespielten Bühnenwerk? Matthias Rebstock: Für die Inszenierung waren zwei Gedanken grundlegend. Erstens: der hier schon von Schnebel angesprochene Gedanke von „Utopia“ als „Nicht-Ort“. Es wird in der Mitte der Bühne, bald mehr, bald weniger deutlich abgegrenzt, einen Ort geben, der umgangen, aber nicht begangen wird, der umkreist

Das Zusammenspiel von Musik, Bewegung, Raum und Körperlichkeit komponiert Dieter Schnebel in den Utopien teilweise mit Verfahren, die vergleichbar sind mit denen seiner abstrakten Stücken wie den Maulwerken, den Schau-Stücken oder der Zeichensprache. Aber in den Utopien kommt nun etwas Entscheidendes hinzu: Diese abstrakten Verfahren werden jetzt mit Inhalt aufgeladen, so dass sich eine neue Sprache im Musiktheater von Dieter Schnebel ergibt, die auch eine ganz andere Herangehensweise an die szenische Umsetzung erfordert. HT: Herr Schnebel, wir haben über das – wie Sie es früher einmal nannten – „Drum und Dran“ der Musik geredet, aber noch wenig über sie selbst. Die Musik von Utopien ist, was die Vokalisten anbelangt, Fortführung meiner Vokalmusik von den experimentellen Frühwerken (Dt 31,6) über die Maulwerke und später auch die Einbeziehung traditionellen Gesangs (Missa). Und sie ist primär lautierend: Vokal-Klangkunst in räumlicher Bewegung. Gesprochene Worte, hervorstechend, deuten Inhalt an. Stilistisch reicht die Musik von archaischen (gregorianischen) über romantischen bis zu avantgardistisch-experimentellen Klängen. Gemäß dem Titel Utopien (Nicht-Ort) spielen nicht verortbare Klänge, z.B. TristanAkkord, auch Äquivalente bei Schubert, eine große Rolle. Und so ist die Musik in gewisser Weise selbst utopisch: der Versuch, immer wieder in ein klangliches Jenseits vorzudringen, das freilich nicht erreicht werden kann. Und immer wieder aber auch der Versuch, Momente reiner Schönheit einzufangen.

Summary Space, voice, movement, interaction – these are the primal elements of music theater. Schnebel's work for the 14th Munich Biennale emanates from these primal elements. He also had his eye on the first performers of this piece during the project's development: the Stuttgarter Vocalsolisten. For a long time now, Dieter Schnebel has been planning a piece for them where the voice artists move about within a space. He considered Processions as a title, but rejected it as he felt it was too tightly connotative. The term "utopia" was deliberated during the discussions on the concept; it appealed to the "Blochian" in Schnebel, it reminded him of the ending in Prinzip Hoffnung (The Principle of Hope): " … thus something is created in the world that appears to everyone in their childhood and where no one has been yet: homeland" – a translation and interpretation of the word u-topia (ou topos), no place.

21


die künstler (Baden) geboren. Er studierte in Freiburg und Dieter Schnebel (Komposition, Libretto) wurde 1930 in Lahr und Lehrer arbeitete er in Kaiserslautern, Pfarrer Als hie. Tübingen Musik, Musikwissenschaft, Theologie und Philosop Künste Berlin eigens für ihn einen Lehrder ät) Universit (heute: ule Hochsch die richtete Frankfurt und München. 1976 Emeritierung 1995 innehatte. Mit seiner zu bis er den stuhl für experimentelle Musik und Musikwissenschaft ein, Musiker zum unkonventionellen dem in zept, Werkkon offenes sein dort er chte verwirkli der Gruppe Die Maulwerker In mehrjährigen Kompositiwerden. dert aufgefor Einsatz ihrer Instrumente und Stimmen und zu Aktionen im Raum e, Museumsstücke, ten-Laut Laut-Ges sik, Schulmu prache, Körper-S ke, Maulwer Zyklen onsprozessen entstanden die Schau-Stücke und Bachmann-Gedichte. In den Roland Quitt (Libretto und Dramaturgie) ist Re-Visio nen Zyklen freischaffender Dramaturg im Bereich zeitgenös(1972-92) und Traditisischen Musiktheaters. Er studierte Musikwissenon (1975-95), ferner in schaft, Germanistik und Philosophie an der FU Berlin den auf die griechische und arbeitete danach an verschiedenen Bühnen im Mythologie verweiBereich von Oper und Schauspiel. Am Theater Bielesenden Kammermusikwerken der Reihe Psycho-Logia feld gründete er die Reihe visible music und konentfaltete Schnebel neuartige Konzeptionen der Beziezeptionierte mehr als 20 Uraufführungen im Bereich hung traditioneller und neuer, auch experimenteller neuen Musiktheaters jenseits der Opernform. Am Musik. Zu seinen Schlüsselwerken zählen die Oper Nationaltheater Mannheim führte er diese Arbeit fort. Majakowskis Tod (1989/97), das großangelegte VokalEr ist langjähriges Vorstandsmitglied im Musiktheaterkommitee des Internationalen werk Ekstasis (1996/97/2001) und die monumentale Theaterinstituts (ITI). Gemeinsam mit Laura Berman initiierte er seit 2008 im Rahmen Sinfonie X (1987/92/2004). Schnebel ist seit 1991 Mitdes ITI den ersten weltweiten Wettbewerb für Neues Musiktheater „Music Theater glied der Akademie der Künste Berlin und seit 1996 der NOW“. An der Münchener Biennale 2010 war er im Rahmen des Amazona s-Projekts Bayerischen Akademie der Schönen Künste. als Dramaturg und Librettist an den Stücken Tilt von Klaus Schedl und A Queda do Céu von Tato Taborda beteiligt. Seit 2012 arbeitet er u. a. für den Fonds ExperimenMatthias Rebstock telles Musiktheater und für die KunstFestSpiele Herrenhausen. (Regie) arbeitet als Regisseur im Bereich des Neuen Musiktheaters. Schwerpunkte legt er auf Stückentwicklungen im Grenzbereich zwischen Musik und Theater und Uraufführungen von Musiktheater und Opern. Seine Arbeiten sind auf nationalen und internationalen Festivals und Bühnen zu sehen, darunter Donaueschinger Musiktage, Maerzmusik Berlin, musicadhoy Madrid, New Music Festival Stockholm, Staatsoper Stuttgart, Nationaltheater Mannheim, Konzert Theater Bern, Konzerthaus Berlin, Neuköllner Oper. Regiearbeiten u. a.: Neither von Feldman/Samuel Beckett, Bern 2013, Fernweh. Aus dem Leben eines Stubenhockers (mit Hermann Bohlen und Michael Emanuel Bauer, Berlin 2012), Die Geisterinsel von Ming Tsao, (Uraufführung Stuttgart 2011), Lezioni di Tenebra von Lucia Ronchetti (Uraufführung Berlin, Hannover, Salzburg und Rom 2011-13), Niebla, Musiktheater in Ko-Autorschaft mit Elena Mendoza (Dresden, Berlin, Madrid 2007/8). Seit 2006 ist er Professor für Szenische Musik an der Universität Hildesheim.

Sarah Maria Sun (Sopran) studierte in Köln und Stuttgart, bei Sybille Knappe und und ne (Büh r che Sabine Hils Darinka Segota. Mit einem Schwerpunkt auf Kostüme) studierte bildende der Musik des 20. und 21. Jahrhunderts ist Dievon erin chül sters Kunst (Mei sie regelmäßig zu Gast bei Orchestern wie an ild ter Hacker) und Kostümb den Berliner Philharmonikern, dem Leipziger als itet arbe Sie n. Berli der UdK Gewandhausorchester, dem Ascolta Ensemrin Bühnen- und Kostümbildne ble, Ensemble Modern, musikFabrik Köln, Les es Neu el, uspi Scha für Oper, Percussions de Strasbourg, Ensemble RecherktMusiktheater und für Obje che, Sinfonietta Leipzig, Ensemble 2e2m und enie rinsz eate enth und Pupp Streichquartetten wie Arditti, Aron, Diotima und Minguet. Neben Liedern, Oper nrungen u. a. in Berlin, Man und Oratorium umfasst ihr Repertoire hunderte Stücke zeitgenössischer Musik, den, Dres , tgart heim, Stut mit denen sie u. a. an den Opernhäusern Berlin, Düsseldorf, Leipzig, Mainz, n Festivals (u. a. MaerzKöln, Bern sowie auf verschiedene Mannheim und Stuttgart gastierte. Seit 2006 ist sie die 1. Sopranistin der Neuen Gren der an it Die Arbe Musik, eclat-Festival, musicadhoy). Vocalsolisten. n, Bühne und Kostüm ze von Bildender Kunst, Installatio Orte er nder ng beso sowie die Bespielung und Inszenieru it. 2001-2011 war sie bilden Schwerpunkte ihrer Arbe Susanne Leitz-Lorey (lyrischer Sopran) studierte tattung) des Musikfestes Mitglied (Darstellerin/Auss an der Musikhochschule Stuttgart. Nach Abschluss des Mit StadtmachtSatt theaterensembles leitundlause. Gesangsstudiums 1988 besuchte sie die Opernschule und che tleris küns en und entwickelt sie Esseninszenierung legte 1991 die Bühnenreife ab. Kurse bei Eugen Rabine, 2004 verschiedene Konzepte zu Lebensmitteln. Seit Judith Beckmann, Barbara Schlick und Ingrid Figur vervollund e Bühn üm, Lehr- und Werkaufträge für Kost ständigten ihre Studien. In Zusammenarbeit mit Helmuth für bildende Kunst Performance an der Hochschule Rilling, Ingo Metzmacher, Hans Zender, Manfred Schreier ät ersit Univ der Braunschweig, der UdK Berlin und und anderen ist sie als Konzertsängerin vielfältig tätig. Ihr Hildesheim. Repertoire umfasst sämtliche großen Oratorienpartien. Ihre Liebe gilt darüber hinaus dem Liedgesang. Seit 1991 ist sie Mitglied der Neuen Vocalsolisten Stuttgart.

22

Truike van der Poel (Mezzosopran) studierte Altphilologie in Leiden, Gesang in Den Haag und Chorleitung in Rotterdam, lehrte Chorleitung an der Musikhochschule Hannover widmet sich seit 2001 ausschließlich dem Gesang. Neben dem barocken und klassischen Oratorienfach profilierte sie sich besonders mit Neuer Musik und gastierte u. a. beim Warschauer Herbst, beim Davos Festival, bei der musica viva und am IRCAM. Als Solistin sang sie Uraufführungen von Salvatore Sciarrino, Carola Bauckholt, René Leibowitz, Dora Cojocaru, Thomas Stiegler, Erik Oña, Caspar Johannes Walter, gastierte mit dem Ensemble L'Itinéraire und dem Ensemble Resonanz. Sie ist Mitglied des Kölner Thürmchen Ensemble und seit 2007 der Neuen Vocalsolisten.

iGuillermo Anzorena (Bar en ntini Arge , doza Men ton), in geboren, studierte Gesang an der Universität National von Cuyo. Stipendien ermöglichten ihm, sich in Argentinien intensiv mit dem deutschen Lied zu beschäftigen. , Seit 1994 lebt er in Karlsruhe absolvierte dort an der Musikhochschule für Musik ein Aufbaustudium und eine Ausbildung an der Opernschule. Seine Engageihn u. a. zum Konstanzer Opernen ments als Opernsänger führt tgart. Seit März 2000 ist er sommer und zur Jungen Oper Stut tgart. Seit Oktober 2000 Stut ten Mitglied der Neuen Vocalsolis Hochschule für Kirchenmusik ist er Dozent für Gesang an der in Tübingen.

Yumi Onda (Violine) 1982 in Freiburg (Breisgau) geboren, studierte sie in Freiburg, Köln und Berlin u. a. bei Antje Weithaas. Wichtige Impulse erhielt sie durch Meisterkurse bei Gerhard Schulz, Benjamin Schmid, Igor Ozim und an der Internatio­nalen Musikakademie in Lenk. Sie war Stipendiatin des Landesmusikrats Baden-Württemberg und der Yehudi Menuhin Stiftung Live Music Now. Sie ist Mitglied im Ensemble Spira Mirabilis, regelmäßig Gast beim DSO Berlin, dem Münchener Kammerorchester und der Kammerakademie Potsdam. Ihr Interesse an interdisziplinären Projekten verwirklicht sie im Solistenensemble Kaleidoskop und dem EnsembleKONTRASTE.

Martin Nagy (Tenor) erhielt nach dem Studium der Schulmusik an der Stuttgarter Musikhochschule mit den Hauptfächern Violine und Gesang, der Liedklasse und des Opernfachs zunächst ein Engagement an der Oper AnnabergBuchholz. Seit 1993 ist er freischaffender Konzert- und Opernsänger. Zahlreiche Rundfunk- und CD-Produktionen dokumentieren seinen Weg als Solist. Ein Schwerpunkt und zugleich belebender Kontrapunkt zu seiner Tätigkeit als Oratoriensänger ist heute die Arbeit mit den Neuen Vocalsolisten. Andreas Fischer (Bass) studierte Schulmusik und Gesang in Stuttgart und Wien. Als Sänger, Ensembleleiter und als der Bass der Neuen Vocalsolisten Stuttgart wirkte er bei ungezählten Uraufführungen, CD- und Rundfunkproduktionen mit. Bei der Münien in Brian Ferneyhoughs Basspart die 2004 er sang Biennale chener Nahrung, Wohnung. Arbeit, Poppes Shadowtime und 2008 in Enno Sciarrinos Perseo e Salvatore in 2000 a. u.  er übernahm len Hauptrol in Zaïde/Adama 2006 Bacon, Andromeda, 2001 in Manuel Hidalgos nierung von Neuinsze er Stuttgart der in 2010 und in Czernow Chaya von deren Oper Pnima.

Theo Nabicht (Saxophon, Bassklarinette, Kontrabassklarinette) wurde 1963 geboren. 1983 bis 1987 studierte er an der Musikhochschule "Hanns Eisler" Berlin. 1995 bis 1997 spezialisierte er sich und studierte Bassklarinette (Meisterklasse) am Conservatoire de Strasbourg bei Armand Angster. Seit 1985 arbeitete er genreübergreifend, erst hauptsächlich als Jazzmusiker, später beschäftigte er sich vorwiegend mit der Aufführung zeitgenössischer und improvisierter Musik. Er ist langjähriges Mitglied des Kammerensemble Neue Musik Berlin. In den letzten Jahren steht die Kontrabassklarinette im Zentrum seines Schaffens. In verschiedensten Duo Formationen (z.B. Fosil - mit Alexandre Babel) aber auch solistisch sucht er das Klangspektrum des Instrumentes zu erweitern.

Zoé Cartier (Violoncello) 1978 in in Straßburg geboren, studierte n, Valence, Lyon, Paris und Berli besuchte die Meisterklasse von David Geringas. Sie ist Preisträge ttli-We briel o-Ga enic Dom des rin bewerbs Berlin und des Concours . Internationale de l’UFAM Paris a. in Sie trat bei Festivals u.  Saintes, Orford, Stavanger und Santander auf. Ab Januar 2005 war sie Stipendiatin der Stiftung Menuhin und Solocellistin im di Yehu Lord Live Music Now von , seit September 2006 ist European Union Chamber Orchestra deburg. Mag us terha Thea sie Solocellistin am

Matthias Engler (Schlagzeug) studierte klassisches Schlagwerk in Amsterdam. 2005 und 2006 war er Stipendiat der Internationalen Ensemble Modern Akademie. 2004 gründete er mit der Harfenistin Gunnhildur Einarsdóttir das Ensemble Adapter in Berlin, für das er seitdem als Schlagzeuger und Projektmanager arbeitet. Er gastiert bei Ensembles für Neue Musik in ganz Deutschland und trat bei Festivals für Neue Musik wie den Darmstädter Ferienkursen, Ultraschall, MaerzMusik, Donaueschinger Musiktage und World Biographien der Neue Vocalsolisten Stuttgart (Sarah Maria New Music Days auf. Seit 2010 ist Engler Gastdozent an der Hochsch ule Sun, Truike van der Poel, Susanne Leitz-Lorey, Martin Nagy und für bildende Künste Braunschweig und Mitglied des Brandt Brauer Frick Andreas Fischer) und Kai Wangler (Akkordeon) siehe Seite 46. Ensembles in Berlin.

23


Die Befristeten Uraufführung

Musiktheater nach Elias Canetti

Mo 19. Mai, 20 Uhr

Komposition: Detlev Glanert Konzept, Regie, Kostüme: Nicola Hümpel Bühne: Oliver Proske Licht: Markus Schadel Dramaturgie: Veronika Maurer

Weitere Vorstellungen

Mitwirkende Philipp Caspari | Yui Kawaguchi | Valerie Pachner | Tom Radisch | Wolfram Rupperti | Götz Schulte | Marie Seiser | Michaela Steiger | Paul Wolff-Plottegg

Do 22. Mai und Fr 23. Mai, 20 Uhr Cuvilliés-Theater

Musikalische Leitung: Heinz Friedl Korrepetition: So-Jin Kim, Julio Miron Ensemble piano possibile Jinny Lee, Klarinette/Bassklarinette | David Jäger, Saxophone | Tobias Weber, Gitarre | Evi Keglmaier, Viola | Philipp von Morgen, Violoncello | Chris Lachotta, Kontrabass | Thomas Hastreiter, Schlagzeug | Julia Schölzel, Piano/Keyboard

(Weitere Vorstellung außerhalb der Münchener Biennale am 27. Mai, 20 Uhr) Karten € 10,-/ € 14,-/ € 18,-/ € 24,-/ € 28,-/ € 32,-/ € 36,ErmäSSigt € 8,Kartenverkauf nur über die Bayerischen Staatstheater und angeschlossene Vorverkaufsstellen jeweils einen Monat im Voraus

Regieassistenz: David Heckelmann, Christoph Hetzenecker Bühnenbildassistenz: Bärbel Kober Kostümassistenz: Katja Kirn, Katharina Meyer Ton: Alexander Zahel Inspizienz: Johanna Scriba Soufflage: Angelika Ehrlich Spieldauer: ca. 90 Minuten Aufführungsrechte: Boosey & Hawkes Bote & Bock GmbH, Berlin Kompositionsauftrag der Münchener Biennale und des Residenztheaters München

Eine Produktion des Residenztheaters München in Koproduktion mit der Münchener Biennale in Kooperation mit Nico and the Navigators.

Einführungsgespräch mit Detlev Glanert Mo 19. Mai, 18.45 Uhr Cuvilliés-Theater/ Blaues Foyer Moderation Peter Ruzicka

24

Die Befristeten Am Anfang war ein Dirigent, ein Herr über Klang und Zeit. Hermann Scherchen hielt im Sommer 1933, kurz nach den Bücherverbrennungen in Deutschland, eine Arbeitstagung für Neue Musik in Straßburg ab, direkt an der Grenze zum NS-Staat. Eingeladen war als Mittler zur Literatur auch Elias Canetti. Der erinnerte sich an den Abschlussabend in einem guten Restaurant der Stadt. „Er [Scherchen] schrieb sich noch eine andere Meisterschaft zu, von der keiner der Anwesenden etwas geahnt hatte. Er brauche nur die Hand eines Menschen zu sehen, um sein Schicksal zu kennen. Er werde nun jedem in der Hand lesen. Aber man solle sich nicht drängen, jeder käme dran, am besten stelle man sich in einer Reihe auf. Das geschah auch. Er konzentrierte sich gab der Dirigent 84 Jahre (keiner sonst erhielt so viel), der damals 28-jähriauf jeden Einzelnen und beschränkte sich ge Schriftsteller würde, so Scherchen, die Dreißig nicht erreichen. darauf, zu bestimmen, wie lange man leben würde. Er sprach nicht lauter als sonst, nur Zwanzig Jahre – über Nationalsozialismus, Weltkrieg, Exil und Schoa hindie nächsten hörten, was er sagte. Unter weg – ruhte die Begebenheit in Canettis Gedächtnis. 1953 entwickelte er den Abgefertigten sah man zufriedene, daraus ein Drama; das Gesellschaftsspiel des Dirigenten erhob er darin zum man sah auch betroffene Gesichter. Es Funktionsprinzip eines fiktiven Gemeinwesens. Die Befristeten tragen das wurde nicht darüber diskutiert und nieLebensalter, das sie erreichen, als Namen. Alle wissen, wie alt jemand wird, mand fragte seinen Nachbarn: ‚Was hat aber niemand weiß, wie alt die anderen sind. Nur sie selbst kennen ihren er gesagt?’ Doch es war auffallend, wie Geburtstag, den sie in einer kleinen Kapsel verschlossen bei sich führen – die Stimmung sich änderte. Es wurnur jede(r) selbst und der „Kapselan“, der das Schlüsselchen zu den kleinen den keine Späße mehr gemacht. Die Amuletten besitzt. Jede(r) lebt mit der bemessenen Frist, niemand spricht darüGlücklichen, die eine lange Lebenszeit ber. Selbst die gesellschaftlichen Beziehungen regeln sich über die zugewiesene erwartete, behielten ihr Glück für sich. Zeit: Die einen bevorzugen Partner, die sie binnen kurzem wieder loswerden, Aber auch die anderen, die kurz gehalandere fühlen sich bei Leuten mit hoher Lebenserwartung besser aufgehoben. ten worden waren, verfielen nicht in Diejenigen, die ihre Kindheit nicht überleben, genießen Narrenfreiheit, ob sie sich Auflehnung oder Klage.“ Sich selbst nun wild oder abweisend und verschlossen gebärden.

25


Die Befristeten HT: Nicola Hümpel lässt in ihren Produktionen herkömmliche Ordnungssysteme und Spartenteilungen beiseite. Ihre Produktionen sind choreographisch durchgearbeitet, expressiv in ihrer Bildlichkeit und Bewegung. Tänzer agieren nicht nur als Tänzer, Schauspieler nicht nur als Schauspieler, Sänger nicht nur als Sänger und Musiker nicht nur als Musiker. Von allen Beteiligten wird der Einsatz des ganzen Menschen gefordert – mit der Besonderheit, aber auch mit dem weiten Spektrum ihrer Fähigkeiten. Das Werk, das schließlich auf die Bühne kommt, entsteht durch intensive Proben, es ist nicht vorher da und wird nur noch realisiert, selbst dann nicht, wenn die Navigators auf komponierte, historische Musik zurückgreifen wie in Mahlermania oder mit Rossinis Petite messe solennelle. Was bringt ein Komponist in einen solchen Prozess ein, und wie tut er dies?

HT: Frau Hümpel, alles in Ordnung in der schönen neuen Welt der Befristeten?

Kapselan, schwört in einem Schauprozess ab, entdeckt dann aber, dass die Kapseln leer sind, macht dies bekannt und lässt so das Gemeinwesen der Befristeten außer Kontrolle geraten. Was wird aus ihm in Ihrem Konzept?

Nicola Hümpel: Vordergründig ja. Canetti führt uns eine Welt vor, in der die Ungewissheiten besiegt sind. Wenn wir NH: Fünfzig ist ein ruheloser, kritischer Geist, der die Ungereimtheiten, von vornherein wissen, wie lange wir leben werden, entfällt auf die er stößt, wirklich an sich herankommen lässt, der es überhaupt die ständige Sorge. Wir können die Jahre, die vor uns liegen, wagt, Fragen zu stellen, die an den Grundfesten des gesellschaftlichen sinnvoll planen. Und vor allem: Wir müssen über den Tod von Systems rühren, und der sich seinen neuen Einsichten stellt, obwohl er uns nahen Menschen nicht mehr verzweifeln, denn wir haben sich damit in ein soziales Abseits begibt. immer schon gewusst, wann sie sterben werden. Gemeinsam mit diesem Fünfzig bewegen wir uns durch das Stück – auf Dieses System hat natürlich eine Kehrseite. Die Beziehungen der Ebene des Textes ebenso wie derzeit auf den Proben. Wir stellen zwischen den Menschen sind durchweg ökonomisiert und hieuns den auftretenden Fragen ebenso offen, wie es Fünfzig tut. Wenn rarchisiert. Und es gibt weder verrückte Selbstentwürfe noch wir jetzt schon absehen könnten, wohin uns dieser Prozess führen Hoffnung – so unsinnig beides manchmal sein mag, genau das wird, wären die Proben ebenso überflüssig wie die Aufführungen. macht doch unser Dasein aus. HT: Herr Glanert, wie kamen Sie zu den Befristeten? HT: Was reizte sie an Elias Canettis Fiktion aus den Fünfzigerjahren? Detlev Glanert: Weil ich ein gemeinsames Projekt mit Nico and the Navigators verwirklichen wollte. Auf der Suche nach einem passenNH: Wir sehen uns heute als Gesellschaft einem Ensemble von den Stoff schlug Nicola Hümpel Canettis Drama Die Befristeten Machttechniken gegenüber, das „Biomacht“ genannt wurde. vor. Ich sprang sofort auf diese Idee an, weil sich die Struktur des Dabei geht es um die Verwaltung und Kontrolle der Körper Stückes besonders gut für unser Vorhaben eignet. Canetti interzugunsten einer ökonomischen Dienstbarmachung. essierte sich vor allem für die Situation, die entsteht, wenn das Bundesbürger können schon heute für 99 Dollar ein Taschentuch Wissensmonopol einer Gesellschaft (fiktiv) in einer Person konzentmit Speichel in die USA schicken, um eine Aufstellung ihrer riert ist. Den Aspekt der theatralen Umsetzung behandelte er dagemöglichen Erbkrankheiten und Krankheitsrisiken zurückgegen trotz des dialogischen Textes mit erstaunlicher Nonchalance. schickt zu bekommen, aufgeschlüsselt in 250 Angaben. Die Hier liegen Potenziale. Bei ihnen konnten wir ansetzen. Genforschungsfirma 23andMe ist in Silicon Valley beheimatet und wurde von der Biotechnologin Anne Wojcicki, der Frau des HT: Das Konzept, dem Sie mit Nico and the Navigators folgen, Google-Mitgründers Sergey Brin, gegründet. Was bedeutet diese weicht deutlich von Ihrer bisherigen Arbeit für das Musiktheater Entwicklung für unsere Gesellschaft? Müssen wir z.B. irgendwann ab. unsere Gene testen lassen, bevor wir eine Versicherung abschließen können? DG: Es weicht vollkommen davon ab. Der Grund liegt von meiDiese wissenschaftlichen Entwicklungen und ihre Anwendung werner Seite in einer Eigenart meines Schaffens. Ich muss mich fen ethische, politische und philosophische Fragen auf, die genau an in bestimmten Zeitabständen immer wieder in Frage stellen, jene anschließen, die Canettis Stück schon in den Fünfzigerjahren das Experiment suchen, Neuland betreten, in dem ich mich stellt. nicht auskenne und mir durchaus auch verloren gehen kann, mich auf etwas einlassen, das ich bis dato noch nie gemacht HT: Es gibt in Canettis Drama einen Menschen, Fünfzig, in der habe und dabei erforschen, wie mein Ich darauf reagiert. Die Alterspyramide also unteres Mittelmaß. Er schert sich erst nicht um Befristeten sind für mich ein solches Projekt, ein Research von die Zuweisung an Lebenszeit, dann stellt er kritische Fragen an den den Grundlagen des Musiktheaters aus.

26

DG: Zunächst mit 25 Minuten Musik, die er zu den ersten Proben mitbringt. Sie dienten Nicola Hümpel als Sprungbrett, von dem sie in die Proben startete. Nichts an dieser Musik bleibt, wie es zu Anfang war. Nach jeder Probe arbeite ich Vorhandenes um, baue bestimmte Ideen aus, passe Dynamik und Dichte an die Szene an, entwickle Neues. Es darf keine Konkurrenz zwischen Musik und Text entstehen, beide müssen aufeinander reagieren und auf die unterschiedlichsten Arten ineinandergreifen. Die Musiker bleiben in Nicola Hümpels Konzept nicht abseits der Szene, sie sind Beteiligte. Mit einem Ohr müssen sie auf den Text hören und auf Nuancen der Sprache und der szenischen Bewegungen reagieren, mit einem Auge müssen sie auf den Dirigenten achten; der muss in Bruchteilen von Sekunden die Bühnensituation erfassen und den Musikern suggerieren, wie sie sich dazu verhalten. Er ist nicht Herr der Dinge, sondern Mittler. HT: Die Komposition ist also gewissermaßen Teil der Proben und des Probenfortschritts? DG: Auch die Musik erhält ihre konkrete Gestalt im Laufe der Proben. Was ich vorher einbringe, ist Material. Sie wird auch Passagen enthalten, in denen die Musiker improvisieren. Dennoch wird es eine Partitur geben. Wir berühren letztlich auch die Frage nach der Verschriftlichung von Musik. Was kann, was sollte sie leisten – und was eben nicht? Ganz abgesehen davon, dass wir inzwischen noch andere Möglichkeiten haben, komponierte Musik zu speichern, als die tradierte Kurzschrift der Noten. HT: Mit der Schriftgestalt der Musik verbinden sich die Möglichkeit und der Wunsch, dass ein Werk wieder und wieder aufgeführt werden kann. Wie verhält es sich in dieser Hinsicht mit den Befristeten? Wird das Projekt ein work in progress bleiben und als solches weitergeführt werden, oder ist mit der „Münchener Fassung“ die verbindliche Werkgestalt und damit auch die verbindliche Partitur erarbeitet? DG: Ich kann mir nicht vorstellen, dass unser Projekt auf den herkömmlichen Wegen von anderen Ensembles reproduzierbar ist. Eine neue Inszenierung müsste auf die gleiche Weise erarbeitet werden, wie wir es tun, und das würde zwingend zu einem anderen Stück führen. Erst einmal ist das Leben der Befristeten tatsächlich befristet.

Summary With his commissioned work for the 14th Munich Biennale, Glanert is forging a new path; this has to do simultaneously with the creation and the form of the performance. In addition, for him this means a wish comes true: the collaboration with the experimental theater group Nico and the Navigators, which recently has concentrated for the most part on creations of a scenic counterpart to music works that originally were not conceived for the opera stage (Mahlermania; Rossini, Messe solennelle). Glanert and Nico and the Navigators selected Elias Canetti's play The Numbered from the year 1953 as a common foundation. In the fictional world of this drama, every person has his or her life expectancy as their name, a number between 1 and 122 – no one will grow older than this. Thus every person knows how much time he or she has, and everyone else also knows, but only the individual person knows his or her date of birth, and therefore the day they will die and how much time they have left in their lives. The secret of this date is locked in a small capsule everyone carries with them. Only the "Kapselan," the Incapsulator, can open it with a special tiny key. In view of the fact that this can't be changed or avoided, everyone lives with-out fear. Things change when a skeptic discovers there isn't anything in the small capsule at all. There is an uprising, a revolution. But what advantages are there for the people when suddenly everything spins out of control, or to put it another way, when everything is liberated? The staging and the score for The Numbered develop in several stages from the interaction between language and music. The primary levels are the 21 scenes from Canetti's theater piece, which revolves around the general theme of his philosophy, the relationship between mass and power. At first Glanert writes one minute of music for each scene. During the initial rehearsal phase, when all the participants – the members of Residenztheater, the ensemble piano possible, Nico and the Navigators, and Detlev Glanert – get together, text and music are reacted to. During this phase, the music is composed further and differentiated. Music and language go through all of the forms of interaction, from pure spoken passages to melodrama to autonomous areas of music; only the one traditional aspect of music theater is missing: vocals with texts. The music itself gains, however, a stronger interactive directness. It consists in part of precisely written sections, but also of purely improvised passages and numerous intermediations between these poles. The binding character of the work and the pathos of the moment enter into a new relationship in this interactive opera.

27


die künstler Detlev Glanert (Komposition) wurde 1960 in Hamburg geboren. Er studierte in seiner Heimatstadt, in Berlin und Köln bei Diether de la Motte, Günter Friedrichs, Frank Michael Beyer und Hans Werner Henze. Mit seiner Oper Leyla und Medjnun wurde 1988 die erste Münchener Biennale eröffnet; bis heute folgten weitere zehn Werke für das Musiktheater. Der Spiegel des großen Kaisers wurde 1993 mit dem Rolf-Liebermann-Opernpreis, Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung 2001 mit dem Bayerischen Theaterpreis ausgezeichnet. Glanert, der darüber hinaus zahlreiche Preise und Stipendien erhielt, arbeitete von 1989 bis 1993 u. a. als Leiter der Musikschule beim Cantiere Internazionale D’Arte in Montepulciano, dessen künstlerische Leitung er 2009 bis 2011 übernahm. Er war Composer in Residence in Mannheim (2003), in Sapporo (2005) und beim WDR Sinfonieorchester Köln (2008/09). Seit 2011 ist Detlev Glanert für zehn Jahre Hauskomponist des Koninklijk Concertgebouw Orkest Amsterdam. Seit 2002 gehört er der Freien Akademie der Künste Hamburg an. Detlev Glanert lebt seit 1987 in Berlin.

Nico and the Navigators Oliver Proske am Bauhaus 1998 von Nicola Hümpel und Nicola Hümpel (Konzept, Regie, Nico and the Navigators ln icke Dessau gegründet, entw iensælen den Zyklus Kostüme) In Lübeck geboren, studierte Soph ner Berli den in 2005 1999 bis Nicola Hümpel bei Peter Raake an der ihrer bildstarken Sprache in Menschenbilder, der sich mit Hochschule für bildende Künste in Hamburg, durchsetzt. Das freie Berliner der globalen Theaterlandschaft wo sie 1995 ihr Diplom ablegte. 1998 grünTheatertreffen und für den zum Ensemble wird dreifach erlebt die Kompanie dete sie ihr freies Ensemble Nico and the 2009 Ab t. inier nom Preis LuftFriedrichNavigators. Von Presse und Publikum europat bist ihren Durchbruch auch mit ihrer Produktion Wo Du nich . Es folgen Projekte um weit gefeiert, entwickelt es sich in wenigen zene aters ikthe Mus nale natio in die inter Händel, Johann Sebastian Jahren zu einer höchst erfolgreichen interdie Komponisten Georg Friedrich bis 2013 entstehen im nationalen Kompanie. Seit dem Bestehen 2011 ini. Ross o cchin Gioa Bach und parallel kleinere inszenierte des Ensembles ist Nicola Hümpel in allen Produktionen für Konzept und Rahmen der Reihe KlangZuGang Regie verantwortlich. Bereits 2003 schreibt die Kritikerin Renate Klett i“ der Deutschen Oper mit der Konzerte. 2012 wird die „Tischlere net. 2013 wird der gesamte in der Zeit: „Nicola Hümpel denunziert ihre Figuren nicht, sie stellt sie eröff ania Uraufführung von Mahlerm n-TV-Dokumentation auf inute bloß, aber sie liebt sie dabei, ihr Spott ist zärtlich, nicht zynisch, dennoch 90-M r eine in ss roze ngsp Entstehu bleiben die Schlachtmesser scharf...“ 2006 gelingt der Regisseurin Navigators sind bei Festivals, Arte ausgestrahlt. Nico and the weit vertreten – mit über auch der Durchbruch in die internationale Musiktheaterwelt. Hümpel welt n user rnhä Ope und tern an Thea unterrichtet ihre Methode an Akademien im In- und Ausland, u. a. an Musiki Moskau, an der Pariser 200 Gastspielen u. a. im Dom hen, dem Grand Théâtre de der Otto-Falckenberg-Schule und der Bayerischen Theatherakademie woc Fest er Wien den , ique Com Opéra August Everdingin München. Gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten r Festspielen. Von 2007 bis 2013 Luxembourg oder den Bregenze Förderung durch das Land Oliver Proske erhielt sie 2011 den George-Tabori-Preis für ihre künstlen nelle tutio insti r eine mit sie werden lten sie einen eigenen Berliner rische Leistung mit Nico and the Navigators. Berlin unterstützt, seit 2014 erha mble mit dem George-TaboriHaushaltstitel. 2011 wird das Ense Preis ausgezeichnet. Oliver Proske (Bühne) wurde 1971 in Johannesburg, Südafrika geboren. Er studierte Industriedesign an der HfbK Hamburg und an der HdK Berlin. Heinz Friedl Als Gründungsmitglied von Nico and (Musikalische Leitung) studierte Klarinette in Hannover und the Navigators ist er für die Bühnenlebt seit 1993 als freischaffender bilder aller 16 Produktionen verantMusiker, Dirigent und Pädagoge in wortlich. Zudem ist er Geschäftsführer München. Seinen künstlerischen und Technischer Leiter der Kompanie Schwerpunkt legt er auf zeitgebei über 200 Gastspielen in 13 Ländern. 2008 konzipierte er die nössische Musik, besonders Ausstellung Dinge der Welt in den Franckeschen Stiftungen zu Halle. auf das Musiktheater. Mit Klaus Es folgten Bühnenbilder zu der Opern-Doppel­inszenierung Der ProtSchedl und Philipp Kolb leitet er agonist – Bajazzo im Rahmen des Kurt Weill Fests Dessau 2011, und das Ensemble piano possibile. für die Produktion Konzert für eine taube Seele am Puppentheater Mit Christian Mattick initiierte und leitet er das Schulmusikprojekt Musik zum Anfassen, mit Halle 2012. Ebenfalls in Halle war 2012 seine Raumkonzeption für die Rochus Aust realisiert er seit mehr als 20 Jahren grenzüberSonderausstellung Cicadas am Naturkundlichen Museum zu sehen. schreitende Projekte und Performances. Parallel dazu ist Oliver Proske als Industriedesig­ner tätig, hält Vorträge und gibt Workshops.

Ensemble piano possibile Getrieben von dem Forschungswillen, künstlerische wie gesellschaftliche Prozesse zu durchdringen, gründete sich Münchens Ensemble für neue Musik 1993. Ziel war es, zeitgenössische Musik auf höchstem Niveau zu erproben und zu vermitteln. Gleichzeitig sollte das Ensemble eine Plattform für Studien der Komponisten 
sein. Wichtig sind dem Ensemble der Sound, der unverwechselbare Klang und die Verinnerlichung der Musik. Piano possibile orientiert sich an der Arbeitsweise einer Rockband und nutzt gleichzeitig die Qualitäten des klassischen Ensemblespiels. In den gut zwanzig Jahren seines Bestehens hat piano possibile über 240 Konzerte gespielt, 43 Kompositionsaufträge vergeben, ca. 115 Uraufführungen und 45 deutsche Erstaufführungen erarbeitet, darunter auch zahlreiche Produktionen im Rahmen der Münchener Biennale.

28

Altötting, ri wurde in Philipp Caspa ng zum ildu sb Au er ein Nach Bayern geboren. schule ch sfa ruf Be chte er die Kirchenmaler besu Gesang. ch tfa up Ha t mi ing für Musik in Altött ium am sein Gesangsstud 2006 schloss er elor of Arts ch Ba m de t mi Mozarteum Salzburg wechselte Tenor ausgebildet, ab. Zunächst als m bildete rde ße Au or. ten unter er später zum Co um sein r, ite we z ssischen Tan er sich im zeitgenö irklichen. rw ve zu e mm Sti d gung un rbindung von Bewe d entwickelt eigeInteresse an der Ve und Schauspieler un r nze Tä er, ng Sä ier fre lebt er in Berlin. als 05 et 20 eit it arb Se . Er und Improvisationen s ce an rm rfo Die Befristeten Pe in , ne Stücke Philipp Caspari solennelle arbeitet sse Me n. tite me Pe am ch zus Na ators t Nico and the Navig zum zweiten Mal mi Valerie Pachner wurde 1987 in Wels (Österreich) geboren, sie erhielt ihre Schauspielausbildung am Max-Reinhardt-Seminar in Wien, welche sie 2013 abschloss. Während des Studiums las sie bei den Werkstatttagen am Burgtheater, spielte in räuber. schuldengenital am Residenztheater, in diversen Kurzfilmen und in Thomas Woschitz' Kinofilm BLIND. Seit der Spielzeit 2013/2014 ist sie Ensemblemitglied am Residenztheater.

Wolfram Rupperti wurde 1967 in Kitzingen geboren. Mit 17 Jahren holte ihn Veit Relin für zwei Produktionen an das Torturmtheater in Sommerhausen. Nach dem Schulabschluss besuchte er die Otto-Falckenberg-Schule in München. Engagements führten ihn an das Bayerische Staatsschauspiel, das Stadttheater Bremerhaven, an das Schauspielhaus Wien, Volkstheater Wien und an das Düsseldorfer Schauspielhaus. Er arbeitete u.  a. mit Robert Lepage, Luk Perceval, Amélie Niermeyer, Stephan Rottkamp, Tina Lanik, Paulus Manker, Anselm Weber, Christian Stückl und Leander Haußmann. Seit 2011 ist er am Residenztheater engagiert.

Götz Schulte wurde 1958 in Halle an der Saale geboren und absolvierte seine Schauspielausbildung an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ in Berlin. Es folgten Engagements am Staatstheater Schwerin, Berliner Ensemble, Düsseldorfer Schauspielhaus und schließlich am Residenztheater München, wo er seit der Spielzeit 2011/12 Ensemblemitglied ist. Er arbeitete mit Regisseuren wie Peter Zadek, Jürgen Gosch, Einar Schleef, George Tabori, Andreas Kriegenburg, Amélie Niermeyer, Sebastian Baumgarten und Karin Henkel. Film und Fernseharbeiten führten ihn unter anderem mit Regisseuren wie Caroline Link und Andreas Dresen zusammen.

Yui Kawaguchi wurde in Japan geboren. Sie studierte Tanz, Theater und Gesang in Tokio. Als Tänzerin tritt sie in Japan, den USA und Europa auf. Seit 2005 tanzt sie in Berlin bei Ismael Ivo, Helena Waldmann, Tomi Paasonen, Michaela Lucenti, Nir de Volff, den Flying Steps, Darren Johnston und Nico and the Navigators. Parallel dazu erarbeitet sie eigene Stücke, mit denen sie zu internationalen Festivals eingeladen wird. 2006 erhielt sie den Jurypreis bei der „Yokohama solo×duo<competition+>“, 2008 wurde ihr Solo REM – the Black Cat im Neuen National Theater Japan aufgeführt. Ihr Solo andropolaroid erhielt den Kölnischen Tanztheaterpreis 2010. Sie gehört zur Originalbesetzung des mit dem EchoKlassik-Sonderpreis 2010 ausgezeichneten Projekts Red Bull Flying Bach, mit dem sie auf Welttournee geht. 2013 brachte sie die neueste Version ihrer Duoserie mit der Jazz-Pianistin Aki Takase Cadenza – Die Stadt im Klavier V zur Uraufführung. Die Zeitschrift tanz nennt sie eine „der besten Tänzerinnen der Hauptstadt“. Die Befristeten ist die fünfte Produktion mit Nico and the Navigators.

Tom Radisch wurde 1982 in Großröhrsdorf geboren, studierte 2007 bis 2010 an der Berliner Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“. Während des Studiums war er am Deutschen Theater Berlin in Hamlet (Regie: Andreas Kriegenburg), an der Schaubühne in Berlin Alexanderplatz (Regie: Volker Lösch) und am batStudiotheater in Der kleine Bruder (Regie: Leander Haußmann und Sven Regener) zu sehen, wofür er beim Theatertreffen der Schauspielschulen 2010 in Leipzig den Ensemblepreis erhielt. Außerdem spielte er in Kino- und Fernsehproduktionen u. a. Soko München, Der Alte, Die Doppelgängerin und Exit Marrakesh (Regie: Caroline Link).

Michaela Steiger absolvierte Schauspiela ihre usbildung in New bei Susan York Batson, A ct ors Studio Herbert Ber und ghof. Ihr er stes Engag erhielt sie ement am Theate r Basel unte Intendanz r der von Frank Baumbauer u. a. mit Jo wo sie ssi Wieler, Fr ank Castorf Barbara Fr und ey zusam menarbeite Schauspielh folgten Eng te. Es aus und an agements am Düsse der Schaubü am Schau ldorfer spielhaus hne Berlin Hamburg, , Gastengag den Münch dem Züric ements ner Kamm he r er S ch sp Kriegenbur auspielhaus ielen. Sie g, Thomas arbeitete do und Ostermeier rt u. a. mit Seit der Spi , Stephan K Andreas elzeit 2011 immig und /12 ist sie E Stefan Puc nsemblemitg her. lied am Res idenztheater .

Paul Wolff-P lottegg wur de 1950 in Graz geboren, stud ierte u.  a. am Max-R Marie Seiser Seminar in Wien einhardtwurde 1986 in und am Lee Stra Halle an der Saale ge sberg Institute New York. Na boren und studie ch seiner Rü rte von 2007 bis 20 ckkehr arbeite er mit Kurt Hü 11 Schauspiel an te bner an der Fr der Hochschule für eien Volksbühn Be rlin, danach w Musik und Thea e ar er am Fran ter in Hamburg. Sie sp kfurter Theate am Turm fest ielte u. a. in Hamb r en ga gie urg rt. Ab 1988 ar im Schauspielha er verstärkt m us in Baal von Sa beitete it Hans Kresnik muel Weiss und in Pe zusammen – in Heiner Müllers nthesilea von Ro Ge rm an ge r ia Tod in Berlin Vontobel sowie au Mars, Rosa Lu f Kampnagel in Le am Nationalth Can I ask you so xemburg und eater Mannheim mething persona a– Gustaf Gründg Berlin. Darübe l? von Ute Rauw , in Dreileben – ein Pr ens u. a. in Ba r hinaus arbeite ald und in ojekt übers Sterb sel, Stuttgart un te er Fr en an m it Regisseuren k Castorf. Mit M von Gernot Grün d Für das Fernseh ewald. wie Jossi Wiel artin Kušej verb en spielte sie in in Inszenierunge er und den ARD-Serien indet ihn eine lan Kleist und Paulas Familie Dr. n am Hamburg gjährige Zusam Sommer. Seit de er Thalia Thea menarbeit Burgtheater W r Spielzeit 2011/12 Ensemblemitglie ter und Schaus ien, wo er von ist sie d am Münchner pielhaus und am 2001 bis 2009 2011/12 ist er Residenztheater. fe st engagiert war. Ensemblemitg Seit der Spielze lied am Residen it ztheater.

29


Das geopferte Leben Uraufführung Di 20. Mai, 20 Uhr

Weitere Vorstellungen Do 22. Mai und Fr 23. Mai, 20 Uhr Gasteig/ Carl-Orff-Saal Karten € 25,– / € 20,– Ermässigt € 10,–

Weitere Aufführungen 27./ 31. Mai, 1. Juni jeweils 19.30 Uhr Theater Freiburg/ Theaterhalle

Kammeroper für vier Sänger und zwei Instrumentalensembles Komposition: Hèctor Parra Libretto: Marie NDiaye Deutsche Übersetzung von Claudia Kalscheuer Musikalische Leitung: Peter Tilling Inszenierung: Vera Nemirova Ausstattung: Stefan Heyne Licht: Peter Mentzel Dramaturgie: Heiko Voss

Der Mann Alejandro Lárraga Schleske, lyrischer Bariton Sein Tod Lini Gong, Koloratursopran Die Frau Sally Wilson, lyrischer Mezzosopran Die Mutter Sigrun Schell, dramatischer Sopran ensemble recherche Martin Fahlenbock, Flöte | Shizuyo Oka, Klarinette | Jaime González, Oboe | Christian Dierstein, Schlagwerk | Melise Mellinger, Violine | Barbara Maurer, Viola | Åsa Åkerberg, Violoncello Freiburger Barockorchester Beatrix Hülsemann, Violine | Kathrin Tröger, Violine | Werner Saller, Viola | Heidi Gröger, Viola da Gamba | Dane Roberts, Violone | Andreas Arend, Theorbe | Masako Art, Harfe Musikalische assistenz: Johannes Knapp KoRREpetition: Alison Luz Regieassistenz und Abendspielleitung: Johann Michael Diel Ausstattungsassistenz: María José Gómez Inspizienz: Brigitte Schäfer Spieldauer: 90 Minuten In deutscher Sprache mit Übertiteln

Komponistengespräch Hèctor Parra Di 20. Mai, 18.45 Uhr Gasteig/ Raum 0.131 Moderation Peter Ruzicka

30

Aufführungsrechte: Editions Durand, Paris Kompositions- und Librettoauftrag der Landeshauptstadt München zur Münchener Biennale und des Theaters Freiburg Koproduktion der Münchener Biennale mit dem Theater Freiburg

Das geopferte Leben

spielt in dem Grenzbereich, der in Dichtung und Musik oft betreten wurde: zwischen Leben und Tod. Aber was ist der Tod? Die Grenze oder das, was nach ihr kommt? In Hèctor Parras und Marie NDiayes Oper tritt er als Person auf, mythologisch Das geopferte Leben kehrt den Orpheus-Mythos um, einen gesprochen als Schutzengel mit neuem Aufgabengebiet oder Klassiker unter den Opernstoffen; er begleitete die Geschichte als dessen Nachfolger im Kümmern um den Menschen. des Musiktheaters durch all ihre Epochen, besonders in der Ein Mann – er muss mittleren Alters gewesen sein – kommt von den Toten zurück zu seiner Frau und seiner Mutter. Sein Tod ist Barockzeit wurde er häufig komponiert. Durch die Kunst selbst bei ihm, und er verspricht: Wenn die Liebe einer der Frauen kommt damit eine historische Dimension in das Projekt; sie stark genug sei, werde er sich zurückziehen und den Mann im liegt vor allem in der Musik, und sie trifft bei Hèctor Parra ins Leben lassen. Die Frau erklärt, wie sehr ihr der Verstorbene Zentrum seiner künstlerischen Interessen. Denn der Komponist, fehle, sie spricht vom mühevollen Kampf um Gemeinsamkeit , der am IRCAM in Paris Möglichkeiten neuer Musik erforscht von ihrem Verlangen, die Verschiedenheit der Partner zu einer und realisiert, begeistert sich auch für die Barockoper. In Lebensgemeinschaft zu verschmelzen. Der Tod spürt in ihrer seinem Biennale-Projekt bringt er die beiden Pole äußerlich Rede „keine Liebe, die stärker ist als mein Wille“. Die Mutter will dagegen nicht viele Worte machen: „Ich weiß nicht, was dadurch zur Reaktion, dass er in seiner Partitur ein Ensemble das ist – eine Liebe, die gesagt werden muss.“ Für sie sei der neuer Musik und ein Barockorchester aus Saiteninstrumenten Sohn bei jedem Übergang von einer Lebensphase zu nächs(Streicher, Barockharfe und Laute) verlangt. Sie spielen in ten – vom Baby zum Kind, vom Kind zum Jugendlichen, vom den jeweils typischen Stimmungen, die um einen halben Ton Jugendlichen zum Erwachsenen – gestorben. „Das Kind, das du warst, fehlt mir, ohne den Erwachsenen, der du geworden bist, kann ich leben.“ Sie bietet ihren Tod an, damit ihr Sohn leben könne. Von der Liebe könne sie nicht reden, aber sie kenne den Wert des Opfers. Sie bringe es – nicht, weil sie ihren Sohn liebe, sondern weil sie ihn nicht genug geliebt habe. Der Gedanke des Opfers, besser gesagt: der Verquickung von Liebe, Opfer und der Chance eines – wie weit auch immer – befreiten Lebens durchzieht das Œuvre der französischen Dichterin Marie NDiaye, die seit 2007 mit ihrer Familie in Berlin lebt. Ob sie wirkliche Begebenheiten, erfundene Geschichten oder Märchen und Gleichnisse erzählt: immer leuchtet sie mitten in die Seelen- und Gesellschaftsverfassung heutiger Menschen und öffnet dabei auch die Geschichte, aus der sie kommen. Oft wird diese gar nicht ausdrücklich benannt, aber man merkt, wie sie in den Menschen wirkt und ihrem Wunsch und Willen Rahmen und Richtung steckt, häufig mit schwerer Härte. Nichts in NDiayes Situationsbeschreibungen und Dialogen bleibt eindimensional; in dem, was gesagt wird, ahnt man die Adern und Nerven, die von woanders kommen und an diesem bestimmten Punkt, in diesem besonderen Moment zusammentreffen; es sind diese Netzgewebe, die man in ihrer Dichtung erfährt, ohne dass sie benannt werden. gegeneinander versetzt sind. Selbstverständlich trägt das Freiburger Barockorchester nicht historische, das ensemble NDiayes Art des sprachlichen Komponierens führt auf die recherche dagegen nur neue Musik vor. Sie stehen jedoch Musik hin, darin liegt ein Grund für die Faszination, die ihre Bücher auf Hèctor Parra ausübten. Das geopferte Leben ist für unterschiedliche Klangideale, die sich in viele Richtungen innerhalb von zwei Jahren das dritte Projekt des spanischen transformieren lassen. Barockmusik ist dennoch präsent. Komponisten, der seit 2011 mit seiner Familie in Paris lebt, Passagen aus Opern von Monteverdi bis Händel scheinen nach Texten, die sie schrieb. Die Lektüre ihres Romans Drei in der mittleren Hälfte der sechs Szenen wie Schatten mehr starke Frauen inspirierte ihn zu Moins qu’un souffle, à peine oder minder deutlich durch, vor allem im Instrumentalsatz, un mouvement de l’air, einem Ensemblestück, in dem die Flöte die zentrale Rolle spielt. Im Auftrag des IRCAM entstand aber auch in den Singstimmen: als musikalisch-rhetoriTe craindre à ton absence, ein achtzigminütiges Monodram sche Figuren, in melodischen Wendungen, vor allem aber für eine Solistin (Schauspielerin), Ensemble und Elektronik; in teilweise expansiven, überbordenden, hoch virtuosen es wurde Anfang März im Théâtre des Bouffes du Nord in Koloraturen. In ihnen wird der Text zum Impuls und zum Paris uraufgeführt. Für die 14. Münchener Biennale kompoLaut; sie tragen, gerade in ihrer Leidenschaftlichkeit, hinüber nierte Parra nun die Oper Das geopferte Leben nach einem Libretto von NDiaye. Für den Komponisten repräsentieren in die instrumentale Sphäre. Parra komponierte seine Oper die drei Werke Stationen der Annäherung an die Dichtung vom Gesang, von den Singstimmen her. Sie bilden den Kern der Autorin – vom wortlosen Nach-Denken in Moins qu’un der Musik, ähnlich wie der geschriebene Text in NDiayes souffle über die szenische Interaktion von gesprochener Libretto. Die Orchesterpartien dagegen gleichen dem, was Sprache und instrumentaler Musik im Monodram bis zur nicht in Worten gesagt ist und gleichwohl zur Dichtung Verschmelzung beider Künste im Opernprojekt. Für die Dichterin bedeutet das Musiktheater ebenfalls Neuland: gehört. Der Dialog konträrer inhaltlicher Sphären – irdisch „Ich schrieb Romane, Theaterstücke, Kinderbücher und und unirdisch, Leben und Tod, Liebe und Kälte – findet ein Filmskript, aber noch nie ein Opernlibretto. Ich erprobe musikalische Entsprechungen auf verschiedenen Ebenen: damit nicht nur neue Erfahrungen, sondern ich stelle mein barock – modern, präsent – imaginär, vokal – instrumental. Schreiben um und öffne es für eine Form, die nicht gehört und verstanden werden kann ohne Musik.“

31


Das geopferte Leben Summary In short intervals, Hèctor Parra, the Spanish composer who lives in Paris, wrote in recent years three works based on literary works by Marie NDiaye, the French author who lives in Berlin. Reading her novel Three Strong Women inspired him to write Moins qu'un souffle, à peine un mouvement de l'air, an ensemble piece in which the flute plays a central role. Commissioned by IRCAM, Te craindre à ton absence a one-hour monodrama for a female soloist (actress), ensemble, and electronics had its world premiere in March 2014 at Théâtre des Bouffes du Nord in Paris. Parra composed for the 14th Munich Biennale the opera The Sacrificed Life based on a libretto by NDiaye. For the composer, the three works represent stations in approaching the literary works of the author – from the wordless reflections in Moins qu'un souffle to the scenic interaction of spoken language and instrumental music in the monodrama, to the fusion of both art forms in an opera project. For the author, music theater is also a new frontier: "I have written novels, theater pieces, children's books, and a screenplay, but I had never written an opera libretto before. I am not only testing new experiences by doing this, but I am adapted my writing and opening it up for a new form, which cannot be heard and understood without music." HT: Herr Parra, Das geopferte Leben wird auf deutsch gesungen, obwohl Marie NDiaye das Libretto französisch schrieb. Warum?

HT: Sie verwenden Zitate aus Barockopern. Wie integrieren Sie diese Fremdkörper in ihre Partitur?

Hèctor Parra: Ich komponiere gerne Musik zu deutschsprachigen Texten, Paul Celans Lyrik hat mich zum Beispiel lange beschäftigt. Das liegt einerseits an der poetischen Intensität, die das Deutsche in vielfältiger Weise ermöglicht, andererseits am Sprachklang. Für die Stimme, für den Gesang finde ich diese Sprache wundervoll. Offene Vokale herrschen in ihr vor. Bei ihren Konsonanten verfügt sie über viele Nuancen von den Klingern bis zu den harten Explosivlauten, dadurch bietet sie für eine differenzierte Artikulation des Singens eine hervorragende Voraussetzung. Für das, was ich in meiner Oper musikalisch vorhatte, schien mir die deutsche Sprache am besten geeignet. Die Entscheidung habe ich übrigens gemeinsam mit Marie NDiaye getroffen.

Hèctor Parra: Es sind keine Fremdkörper, weder inhaltlich noch musikalisch. Ich setzte sie immer in Zusammenhang mit dem Libretto, seiner Aussage und seinem Affekt ein. Sie sind Verwandte meiner eigenen Intention aus einer vergangenen Zeit und tauchen gleichsam aus ihr auf wie der Mann aus dem Reich der Toten. Ich montiere sie nicht ein wie Readymades. Sie drücken sich vielmehr in meiner Musik ab, ziehen das Geschehen auf sich und scheinen daraus hervor. Der typische Klang des Barockorchesters, der Geist jener Zeit sozusagen, mit Barockharfe, Laute, Viola da Gamba, Violone, Barockviolinen und -violen ist von Anfang an und durchgängig da. Sie finden im heutigen Musikleben oft Programme, in denen Alte und Neue Musik aufeinandertreffen. Ich bin Komponist, mich reizt es, diese Begegnung in meinem Werk zu realisieren.

HT: Was macht die Barockoper für Sie so faszinierend? Hèctor Parra: Die Geschichte reicht weit zurück. Im Orfeó Català Young Choir des Palau de la Música in Barcelona sangen wir Madrigale von Claudio Monteverdi, ich war damals 17 oder 18 Jahre alt. Ich wollte auch Monteverdis Opern kennenlernen; als ich sie hörte, war ich völlig überwältigt, und besorgte mir weitere Barockopern. Die Magie der ersten Begegnung hat sich bei mir bis heute nicht verloren. Mich faszinieren die Leidenschaftlichkeit des Gesanges und seine vielen Ausdrucksformen, auch Stilisierungen. Etliches davon geriet später in Vergessenheit. Der dramatische Gesang erstreckt sich im Barock von expressiven Formen, in denen die Musik die Sprache unterstützt und intensiviert, bis zu solchen, in denen sich alles nur noch in der Musik abspielt. Diese Möglichkeiten verlangen für mich regelrecht nach einer Aktualisierung, in meiner Oper habe ich sie versucht. In ihr spielt die Geschichte ohnehin mit – durch den Bezug zum Orpheusmythos.

32

Münchener KaMMerorchester alexander lIeBreIch — 2014/15 IsaBelle Faust, steven IsserlIs, olga PasIchnyK, chrIstIane Iven, ollI Mustonen, thoMas ZehetMaIr, ruth KIllIus, rIas KaMMerchor, Jos van IMMerseel, lydIa teuscher, MartIn stadtFeld, araBella steInBacher, cleMens schuldt, roByn schulKowsKy, chor des BayerIschen rundFunKs www.m-k-o.eu

KINDHEIT

The Sacrificed Life inverses the Orpheus myth. A man returns from the dead to his wife and his mother, who have mourned and arranged their lives to a life without him. His death is with him. When one of the women's love for him is strong and powerful enough, Death will withdraw and let the man live. The wife elaborately declares her love for him, the troublesome struggle for a common ground, her desire to merge the partners' dissimilarities into a partnership. The mother does not want to say too much: "I don't know what this is – a love that must be spoken." To her, with each transition from one phase in life to the next – from baby to child, from child to youth, from youth to adult – the son has died. In the end, she offers to die so her son can live. Orpheus is an old subject for the opera, the Baroque era in particular produced numerous libretti and compositions. For Hèctor Parra the libretto offered the opportunity to merge two passions: the enthusiasm for baroque opera and the joy of discovery. Parra's music will be performed by an ensemble with modern instruments and a baroque ensemble; both ensembles in their respective tunings, which differentiate from one another by a semitone. The dialogue of contrasting spheres – earthly and nonearthly, life and death, love and frigidness – has musical equivalents on different levels: baroque – modern, present – imaginary, vocal – instrumental. It is conceived from the vocals; moments, shadows of the Baroque music theater shine through the modern sound texture.

33


die künstler Hèctor Parra (Komposition), 1976 in Barcelona geboren, studierte am Konservatorium seiner Heimatstadt, bei David Padrós, Brian Ferneyhough, Jonathan Harvey und Michael Jarrell, an der Universität und am IRCAM in Paris. Nach anderen renommierten Auszeichnungen erhielt er 2011 den Förderpreis der Ernst von Siemens Musikstiftung. Seine Werke werden auf internationalen Festivals und an bedeutenden Konzerthäusern aufgeführt. Zwei Porträt-CDs (KAIROS und collegno) und eine Gesamtaufnahme seiner Kammeroper Hypermusic Prologue nach einem Libretto der Physikerin Lisa Randall dokumentieren das Spektrum seiner Arbeit. Er erhielt Kompositionsaufträge u. a. vom Musée du Louvre, IRCAM, Ensemble Intercontemporain, Klang­ forum Wien, Akademie der Künste Berlin, WDR, Musica Strasbourg, Théâtre des Bouffes du Nord, Cité de la Musique Paris, Huddersfield Festival (wo er 2013 Composer in Residence war). Seit 2002 ist er Composer in Residence am IRCAM-Centre Pompidou in Paris, seit September 2013 lehrt er dort als Professor für Komposition. Marie NDiaye (Libretto) wurde 1967 als Tochter einer Französin und eines Senegalesen geboren. Sie war ein Jahr alt, als der Vater Frau und Kinder verließ. Bereits als Schülerin nahm sie sich vor, Schriftstellerin zu werden. Ihr Debütroman erschien 1985: Quant au riche avenir (Was die reiche Zukunft betrifft). Später schrieb sie auch Bühnenstücke, von ihr stammt das Drehbuch für den von Claire Denis mit Isabelle Huppert in der Hauptrolle inszenierten Kinofilm White Material (2009). Zuletzt erschienen in deutscher Übersetzung von Claudia Kalscheuer bei Suhrkamp: Alle meine Freunde (2006), Mein Herz in der Enge (2008), Drei starke Frauen (2010) und Ein Tag zu lang (2012). Seit 2007 lebt Marie NDiaye mit ihrem Ehemann und ihren drei Kindern in Berlin. Vera Nemirova (Regie), in Sofia als Tochter einer Sopranistin und eines Opernregisseurs geboren, lebt seit 1982 in Deutschland. Sie studierte Musiktheater-Regie in Berlin, assistierte bei Ruth Berghaus und wurde Meisterschülerin von Peter Konwitschny. Sie inszenierte für die Salzburger Festspiele (Lulu), die Staatsopern Berlin (Traettas Antigona) und Wien (Pique Dame, Macbeth), die Opern Frankfurt (Ring-Tetralogie), Bonn (Tristan, Liebestrank, Gounods Faust) und Bukarest (Otello), die Theater in Basel (Lohengrin) und Mainz (La Bohème, Idomeneo, La Traviata) und die Nationaloper Sofia. Ihre Auseinandersetzung mit Neuer Musik begann direkt nach dem Studium. 1998 inszenierte sie Christoph Herzogs Kammeropern Das Kind am Fenster/Unser Kaiser an der Kleinen Szene der Semperoper, 2001 Olga Neuwirths Oper Bählamms Fest in Hamburg (2001), Peter Ruzickas Oper Celan 2009 in Bremen, 2010 in Bukarest. Vera Nemirova ist Lehrbeauftragte an der Wiener Universität und Gastprofessorin an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ Berlin.

34

Peter Tilling (Musikalische Leitung) ist nach Kapellmeisterpositionen in Karlsruhe und St. Gallen seit dieser Spielzeit 1. Kapellmeister und stellvertretender GMD am Staatstheater Nürnberg. Prägend war für ihn die Zusammenarbeit als Assistent mit Nikolaus Harnoncourt, Thomas Hengelbrock, Franz Welser-Möst, Ingo Metzmacher, Thomas Adès und Sylvain Cambreling, u. a. bei den Salzburger und Bayreuther Festspielen. Er leitete Ur- und Erstaufführungen von Wolfgang Rihm und Jens Joneleit sowie die Erstaufführung von Kreneks 2. Symphonischer Musik op. 23. Er ist Gründer und Dirigent des ensemble risonanze erranti, einem Ensemble für zeitgenössische Musik. Tilling studierte Dirigieren bei Peter Eötvös, Violoncello bei Martin Ostertag und Klavier bei Paul Dan. Aufsehen erregte sein Dirigat des Tannhäuser bei den Bayreuther Festspielen 2011 als Einspringer für Thomas Hengelbrock. Bei der Gesamtaufführung von Stockhausens Samstag aus Licht dirigierte er bei der musica viva München den Samstags-Gruß. Stefan Heyne (Bühne und Kostüme) 1965 in Bran den burg /Hav el geboren, lebt und arbeitet als Fotokünstler und Bühnenbildner in Berlin. Er studierte an der Kun stho chsc hule Berl in Szen ogra fie, zule tzt als Meisterschüler von Volker Pfüller. Seit Jahren zählt er zu den Protagonisten einer neuen abstrakten Fotografie. Seine meist großformatigen Arbeiten werden in zahlreichen Galerieausstellungen und institutionelle n Einzelausstellungen deutschlandweit gezeigt. Im Theater arbe itete er mit Regisseuren wie Dimiter Gottscheff, Tatjana Gürbaca, Martin Kušej, Vera Nemirova, Frank Hilbrich, Andreas Kriegenbu rg, Hermann Schein u. a. zusammen. Unter den Produktionen sind zahlreiche Ur- und Erstaufführungen. Von ihm erschienen bisher Stefan Heyne und The Noise (2008), 2012 Speak to Me. Lehraufträge an verschiedenen Universitäten und Akademien.

Alejandro Lárraga Schleske (Bariton) erhielt seine Gesangsausbildung an der Hochschule der Künste und am Bel-Canto-Institut seiner Heimatstadt Veracruz in Mexiko. Bereits während seiner Studienzeit trat er mit einem breiten Repertoire in mehreren Städten Mexikos auf. 2008 bis 2010 war er Mitglied des Internationalen Opernstudios Zürich und übernahm exponierte Rollen am dortigen Opernhaus. Er ist Preisträger des Gesangswettbewerbs Carlo Morelli (Mexiko) und der Kammeroper Schloss Rheinsberg, wo er 2010 die Titelpartie in Mozarts Don Giovanni sang. Seit der Spielzeit 2010/11 ist er als Ensemblemitglied am Theater Freiburg in den großen Rollen seines Fachs präsent.

Lini Gong (Sopran) wurde in Zhuzhou in der chinesischen Provinz Hunan geboren. Nach Studien in Shanghai und Hamburg wurde sie 2006 Stipendiatin der TheaterFreunde und festes Ensemblemitglied am Theater Freiburg. Dort übernahm sie die Rollen ihres Fachs in Opern von Gluck und Mozart (u. a. Königin der Nacht und Blonde in Die Entführung aus dem Serail ) über Rossini, Weber, Verdi, Wagner, Smetana bis zu Richard Strauss (u. a. Zerbinetta in Ariadne auf Naxos), Humperdinck und Puccini, außerdem Partien aus dem Musiktheater der Nachkriegsmoderne etwa in Ligetis Grand Macabre, Pendereckis Teufel von Loudon und Kagels Aus Deutschland.

Sally Wilson (Mezzosopran) war von der Saison 2009/10 bis 2013 Ensemblemitglied am Theater Freiburg, wo sie ihre Rollendebüts u. a. als Komponist (Ariadne auf Naxos), Hänsel (Hänsel und Gretel) Armida (Rinaldo), L'Enfant (L'Enfant et les sortilèges) und Maddalena (Rigoletto) gab. Die australische Künstlerin legt in ihrem Repertoire neben den bekannten Rollen ihres Fachs besondere Schwerpunkte auf musikdramatische Werke des Barock, der jüngeren Vergangenheit und der Gegenwart. Sie wirkte an der Uraufführung u. a. von Nicholas Vines The Hives und Bruce Trinkleys Eve’s Odd mit. In Vivaldis Griselda sang sie den Ottone bei der amerikanischen Premiere. Sally Wilson wird regelmäßig für Opern, Konzerte und Festivals in Europa, Asien, den USA und Australien engagiert.

hester kann auf eine über zwan Das Freiburger Barockorc itet kontinuierlich arbe Es . cken ckbli zurü ichte zigjährige Erfolgsgesch as bs, Andreas Staier und Thom mit Künstlern wie René Jaco Label harmonia hen ösisc franz dem ist und n Quasthoff zusamme on verbunden. Der Erfolg dieser mundi France in enger Kooperati rt sich in zahlreichen CD-Proäuße n hafte ersc musikalischen Partn prominenter Auszeichnungen wie duktionen und der Verleihung und dem Grammophone Award 2011 is ikpre dem ECHO Klassik Mus Konzertmeister Gottfried von der 2011. Unter der Leitung seiner unter der Stabführung ausgewählie sow s ejan Goltz und Petra Müll FBO mit rund einhundert Auftritter Dirigenten präsentiert sich das Besetzungen vom Kammer- bis hen iedlic rsch ten pro Jahr in unte Konzertreihen im Freiburger Konzum Opernorchester mit eigenen der Berliner Philharmonie und lle, erha Lied er zerthaus, der Stuttgart mit Tourneen weltweit.

Sigrun Schell (Sopran) wurde in Ulm geboren. Sie studierte Gesang und Flöte an der Musikhochschule und von der Opernschule Stuttgart. Nach Engagements in Hof, Trier und Mannheim wurde sie 1998 Ensemblemitglied am Theater Freiburg. Mit der Spielzeit 2006/07 wechselte sie vom Mezzo- ins Sopranfach. Für ihre Darstellung der Rezia in Webers Oberon und der Titelrolle in Strauss’ Salome wurde sie von der Opernwelt 2010 als Sängerin des Jahres nominiert. 2011/12 gab sie ihre Debüts als Brünnhilde im Ring des Nibelungen und als Ortrud in Lohengrin, 2012/13 sang sie u. a. die Kundry in Parsifal. In der laufenden Spielzeit übernahm sie u. a. die Anastasia in Kálmáns Csárdásfürstin.

ensemble recherche Mit rund 600 Uraufführungen seit der Gründung 1985 hat das ensemble recherche die Entwicklung der zeitgenössischen Kammer- und Ensemblemusik entscheidend mitgestaltet. Das neunköpfige Solistenensemble verwirklicht seine dramaturgische Linie mit Konzerten, Musiktheater, Kursen für Komponisten und Instru-mentalisten, Produktionen zum Hören und Sehen, mit Kinder- und Jugendklangprojekten, der „Klangpost” und – gemeinsam mit dem Freiburger Barockorchester – der Ensemble-Akademie Freiburg. Im Repertoire sind Klassiker des ausgehenden 19. Jahrhunderts, Impressionisten, Expressionisten, Komponisten der Zweiten Wiener und der Darmstädter Schule, Spektralisten und experimentierfreudige Avantgardisten der Gegenwart. Rund 50 CDs hat das ensemble recherche veröffentlicht, sie wurden mehrfach ausgezeichnet.

35


biennale extra

Kopernikus

Kopernikus

opéra-rituel de mort Oper in zwei Akten (1979) Komposition und Libretto: Claude Vivier (1948 - 1983) Musikalische Leitung: Konstantia Gourzi Inszenierung: Waltraud Lehner Bühne: Ulrich Frommhold Kostüme: Katherina Kopp Licht: Johannes Horras Dramaturgie: Farina Grieb, Esteban Muñoz Mitwirkende: Danae Kontora, soprano colorature Andromahi Raptis, soprano Luise Höcker, mezzo-soprano Florence Losseau, alto Jens Müller, baryton Martin (als Gast) Manuel Adt, baryton Alexander Kiechle, basse

Münchner Erstaufführung So 11. Mai, 20 Uhr Reaktorhalle

ensemble oktopus für musik der moderne Spieldauer: 70 Minuten In französischer Sprache mit deutschen Übertiteln Aufführungsrechte: Boosey & Hawkes Bote & Bock GmbH, Berlin Produktion der Hochschule für Musik und Theater München in Zusammenarbeit mit der Bayerischen Theaterakademie August Everding und der Münchener Biennale

Weitere Vorstellungen Mo 12. Mai und Mi 14. Mai, 20 Uhr Werkeinführung jeweils 19.15 Uhr

Karten € 19,ErmäSSigt € 8,-

Einführungsgespräch So 11. Mai, 18.45 Uhr Reaktorhalle Foyer Moderation Siegfried Mauser

36

Claude Vivier vollendete eine Oper, weitere Vorhaben für das Musiktheater führte er nur teilweise aus, oder sie blieben im Zustand erster Überlegungen, als er wenige Wochen vor seinem 35. Geburtstag von einem Kriminellen ermordet wurde. Er schrieb sein Bühnenwerk, Text und Partitur, 1979, er begann damit gut zwei Jahre nach einer längeren Asienreise, die sein Weltbild und seine künstlerischen Vorstellungen einschneidend veränderte. Sein Leben vollzog sich räumlich und geistig in Stadien fortschreitender Horizonterweiterung: vom Waisenhaus zur Pflegefamilie, aus dem Arbeiterbezirk ins maristische Internat und Priesterseminar, von dort zum Musikstudium erst in Montréal, dann in Europa, nach der Rückkehr vom Alten Kontinent schließlich zur Reise durch Japan, Thailand und Bali. Mit jedem dieser Stadien öffnete er sich einen neuen Raum der Erfahrung – und neue Dunkelbezirke, die seine Fantasie anzogen. Sie wurde beflügelt durch virtuelle Wesen aus Sagen, Mythen und Erzählungen, durch Rituale und spirituelle Erlebnisse. Die empirisch-örtlichen Möglichkeiten solcher Horizonterweiterung bleiben begrenzt, die geistigen und spirituellen dagegen nicht. Sie können durch die Kunst in die Wirklichkeit geholt werden. Die Oper schien Vivier dafür ein geeignetes Medium, denn „seit ihren Anfängen hat sie die Archetypen der Geschichte, der tiefen Sehnsüchte der Menschen dargestellt. […] Als Ausdruck der Seele und der menschlichen Geschichte kann die Oper nicht sterben. Immer wird das menschliche Wesen es brauchen, dass seine Fantasien, seine Träume, seine Furcht und seine Hoffnungen dargestellt werden.“ (Vivier) Kopernikus – so nannte er sein Musiktheater – ist deshalb keine biographische Oper. Die historische Gestalt steht zeichenhaft für die Veränderung des Weltbilds als Voraussetzung für „einen großen Wandel“, durch den „die Menschheit ihren Platz wiederfinden“ und „aufhören wird, sich für den Nabel der Welt zu halten. Sie wird das Unendliche spüren, das sie umgibt. Die Kunst wird nicht mehr das süße Allheilmittel sein, das man auf einen verletzten Körper gibt, sie wird der Leib selbst sein…“ (Vivier). Die Erneuerung der Menschheit aus dem Geist der Kunst, oder, in anderen Worten ausgedrückt, Visionen als Leitbilder des Lebens – das war um 1980 keine neue Utopie. Aber keiner verfolgte sie mit ähnlich bedingungslosem Ich-Einsatz wie Claude Vivier. Die zentrale Figur des zweiteiligen Musiktheaters ist Agni, benannt nach einer Hindu-Gottheit, die in unsichtbar-himmlischer und sichtbar-irdischer Gestalt existiert; um sie kreisen bei Vivier „mythische Wesen aus der Geschichte (dargestellt von weiteren sechs Sängern): Lewis Carroll, Merlin, eine Zauberin, die Königin der Nacht, ein blinder Seher, ein alter Mönch, Tristan und Isolde, Mozart, der Wassermann, Kopernikus und seine Mutter. Die Personen sind vielleicht die Träume Agnis, die sie in ihrer Initiation und schließlich in ihrer Entmaterialisierung begleiten. Es geht nicht darum“, so Vivier weiter, „geschichtliche Ereignisse exakt wiederzugeben, sondern um eine Szenenfolge, die Agni sich hin zur vollkommenen Läuterung entwickeln und sie die Existenzform des reinen Geistes annehmen lässt. Es sind die genannten Personen ebenso wie die Träume, die diesen Prozess in die Wege leiten.“ Es geht in diesem Werk also auch um Dinge die „höher sind als alle Vernunft“ und damit das sprachlich Fassbare übersteigen. Als Sinnbild Agnis, die für die Vermittlung von Diesseitigkeit und Transzendenz steht, verwendet Vivier phasenweise eine Fantasiesprache, die er selbst entwickelte, eine Art Zungenreden; sie steht zugleich auch zwischen der Sprache und der Musik. Ihr ritueller Charakter entspricht dem, was Vivier, gelernter Priester und Komponist, so formulierte: „Der Musiker soll nichts als die Musik organisieren, aber er soll sie organisieren als Séancen der Offenbarung, als Séancen der Verzauberung der Naturkräfte, der Kräfte, die existiert haben, existieren und existieren werden, der Kräfte, die die Wahrheit sind. Jede wahrhafte Revolution zielt nur darauf ab, eine Zivilisation zu heilen, die sich vom Weg dieser Kräfte entfernt hat.“ Summary The main character of this opera is Agni; mystical beings borrowed from stories (represented by the other six singers) gravitate around her: Lewis Carroll, Merlin, a witch, the Queen of the Night, a blind prophet, an old monk, Tristan and Isolde, Mozart, the Master of the Waters, Copernicus and his mother. These characters could be Agni’s dreams that follow her during her initiation and finally into her dematerialization. Claude Vivier

37


die künstler Claude Vivier (Komposition) wurde 1948 in Montréal (Kanada) , geboren. Mit zwei Jahren wurde er von der Familie Vivier adoptiert in er wurde riger Zwölfjäh Als nt. unbekan ihm blieben seine Eltern e ein Internat der Maristenbrüder aufgenommen, dort entdeckt er „in einem offenbarungsartigen Augenblick beim Singen der Mitternachtsmesse die Musik für sich“ (Bob Gilmore). Dem Waltraud Lehner 18-Jährigen wurde nahegelegt, das Priesterseminar zu verlassen, (Regie) studierte Neuere reizzu en Geistlich eines Beruf den weil sein Temperament für Deutsche Literatur-, Sprachition (Kompos l bar sei. Er studierte Musik zunächst in Montréa und Musikwissenschaft in bei Gilles Tremblay), ab 1971 in Utrecht bei Gottfried Michael ihrer Heimatstadt Berlin und Karlheinz und Humpert Ulrich Hans bei Köln in König und in London. Nach drei Jahren Stockhausen. 1974 kehrte er nach Montréal zurück und fand als Spielleiterin am Theater mit seinen Werken zunehmend Resonanz. Im Herbst Heidelberg stellte sie 1999 1976 trat er eine längere Asienreise mit Stationen in und 2000 mit Madama Japan, Bali und Thailand an. 1979/80 lernte er bei einem Europaaufenthalt die „Musique spectrale“ kennen. Im Butterfly und Un ballo in Paris. nach Council maschera erste eigene Inszenierungen vor, denen in den Sommer 1982 ging er mit einem Kompositionsauftrag des Canadian g erstochen. Dort wurde er am 7. März 1983 von einem Stricher in seiner Wohnun folgenden Jahren über dreißig Regiearbeiten an Theatern in Heidelberg, Koblenz, Lübeck, Trier, Berlin und den Staatsopern Hannover und Stuttgart folgten. 2001 erhielt sie den Europäischen Opernregiepreis für ein Regiekonzept zu Fidelio, 2006 wurde ihre Uraufführung von Juliane Kleins g) westzeitstory von Music Theatre Now ausgezeichnet, Konstantia Gourzi (Musikalische Leitun tstadt Athen studierte am Konservatorium ihrer Heima mehrfach war sie für die Inszenierung des Jahres in der engagierte und an der Universität der Künste Berlin. Die Opernwelt nominiert. 2005 bis 2011 war sie Regisseurin und sorin Profes Mentorin zeitgenössischer Musik lehrt als Produktionsleiterin der Staatsopern Hannover und Stuttgart, hen. Münc er Theat und Musik für chule an der Hochs 2009 bis 2011 hatte sie die szenische Leitung des Opernstudios und 2007 Dort rief sie 2002 das ensemble oktopus der Staatsoper Stuttgart, von 2007 bis 2011 einen Lehrauftrag ins das Netzwerk und Ensemble opus21musikplus te veran der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Leben, das zahlreiche interdisziplinäre Projek h teppic nder fliege Stuttgart inne, zum Wintersemester 2013 übernahm sie die etwa 2013 t Herbs wirklichte, im der Professur für Szenische Leitung im Bachelorstudiengang Gesang 2013 – Odyssee, drei Kurzopern aus Israel, an der Hochschule für Musik und Theater München. Türkei und Griechenland. 1999 bis 2007 leitete sie das ensemble echo an der Hochschule 1997 realisierte sie mit für Musik „Hanns Eisler“ in Berlin, 1991 bis Zeitzonen. Als Dirigentin t Projek le ationa intern das berlin a attacc Gourzi bei wichtigen internationaler Orchester gastiert Konstantia en – darunter Filmosition Komp Ihre . Festivals Europas und Israels ika, Japan sowie Israel Danae Kontora (Koloratursopran) und Theatermusik – werden in Europa, Amer und Fernsehanstalten Radio igen Die 1988 in Athen geborene Koloratursopranistin jeweil den von und führt aufge schloss 2010 ihr Studium in Gesang, Klavier dokumentiert. und Musiktheorie in ihrer Heimatstadt Athen ab. Sie nahm an Meisterklassen von Luciana Serra, Kurt Widmer und Angela Nick teil. Sie ist Deutschland-Stipendiatin der Hochschule Ulrich Frommhold (Bühne) für Musik und Theater München. Nach ihrem wurde 1961 in Hamburg geboren. Er studierHochschul-Diplomabschluss bei Fenna Kügelte 1987 bis 1991 an der Akademie der bildenSefried wurde sie 2013 an der Bayerischen den Künste Wien bei Erich Wonder. Seit Theaterakademie August Everding aufge1993 ist er als freischaffender Bühnen-/ nommen. Zu sehen war sie u.  a. 2012 als Isabelle in Strasnoys Le Bal am Kostümbildner tätig, u. a. mit den RegisPrinzregententheater, 2013 als Despina in Mozarts Cosí fan tutte in Bad Reichenhall. seuren Erik Gedeon, Clemens Bechtel, Im November 2013 trat sie als Solistin in der Reihe Mittwochs um halb acht des Michael Kessler am Nationaltheater Münchner Rundfunkorchesters auf. Mannheim, Schauspiel Hannover, Theater Bremen, Schauspiel Köln, Staatsschauspiel Dresden, Theater der Welt/Stuttgart, Thalia Theater/Hamburg, Hamburger Schauspielhaus (erste Zusammenarbeit mit Katherina Kopp), Malmö Stadsteater/Schweden und Deutsches Theater in 13 geboren. 20 opran) i Raptis (S Göttingen. Von ihm stammen die Szenenbildner wurde 1991 o. h nt a in ro m st o To ni r t ra d itä An e Sop r Univers für die Filme Schautag und Rammbock (beide ch-kanadisch an der esang an de G ng in sa r lo ge Die griechis rt he ac gang Konze mit dem Max-Ophüls-Preis ausgezeichnet) des sie ihren B Schmidt. In asterstudien absolvierte bei Andreas t sie den M en ch Regisseurs Marvin Kren. ch su ün be Mabel M Seitdem Theater eo und die r Musik und ts Ideomen fü ar Preis e oz ul 2. M ch n in hs a de Hoc hielt sie reits den Ili er be 11 e si am 20 rs ng e. Penzanc Meisterku Kanada sa hm sie am e Pirates of in na Th ta s 12 et an 20 us liv M n. ul io e in S Competit ngt sie di si ic us er M m n om ia S der Canad teil. Diesen ert-Institut r Fabrik. Franz-Schub der Pasinge an e èm oh B La Puccinis

38

Luise Höcker (Mezzosopran) begann ihr Gesangsstudium 2010 an der Hochschule für Musik und Theater in München bei Marilyn Schmiege. Seit Februar 2014 setzt sie ihre Studien bei Christiane Iven fort. Sie wirkte in Produktionen der Bayerischen Theaterakademie August Everding mit. Regelmäßig tritt sie als Lied- und Oratoriensängerin auf, u. a. im Herkulessaal in München. Intensiv widmet sie sich Neuer Musik, sie war an der Uraufführung zahlreicher Werke beteiligt. Wichtige musikalische Impulse erhielt sie u. a. von Ingeborg Danz, Helmut Deutsch, Siegfried Mauser, Rudi Spring und Donald Sulzen.

Florence Losseau (Alt), 1990 in München geboren, sang seit ihrem 9. Lebensjahr im Kinderchor des Gärtnerplatz-Theaters. Sie studiert seit 2009 Gesang bei Frieder Lang an der Hochschule für Musik und Theater München. 2011 debütierte sie als Annina in Verdis La Traviata mit dem Lyrischen Opernensemble Dachau. 2012 folgten Bühnenauftritte u.a als Abuela in de Fallas La Vida Breve im Prinzregententheater und als Hänsel. 2013 sang sie in Salieris Falstaff die Mrs. Slender in einer Produktion der Kammeroper München und die Titelpartie in Purcells Dido and Aeneas. Als Annius in Mozarts La Clemenza di Tito war sie im März 2014 in der Bad Reichenhaller Philharmonie zu sehen.

Jens Müller (Bariton) erhielt seine Gesangsausbildung bei Nikolaus Hillebrand und Harry Dworchak. Er nahm an Meisterklassen von Edith Mathis, Kerstin Meyer, Josef Metternich und Hanno Blaschke teil. Bei Engagements an Opern- und Konzerthäusern in Deutschland, Österreich, Italien, Kroatien, Polen, Irland, auf den Philippinen und der Schweiz trat er u.  a. als Figaro, Don Pasquale, Dandini, Rigoletto, Germont, Escamillo, Kaspar, Kurwenal, Wozzeck, Danilo und Eisenstein auf. In einer Aufzeichnung des Bayerischen Fernsehens war er als Almaviva in Mozarts Figaro zu sehen. Auf einer Gesamteinspielung der Zauberflöte an der Bayerischen Kammeroper sang er die Partie des Papageno. Jens Müller ist Stipendiat der Richard-W agnerStipendienstiftung Bayreuth.

Manuel Adt (Bariton) wurde in eine Musikerfamilie geb oren . Als Sec hsjä hrig er erhi elt er erst en Violo ncel lo-, später auch Klavierunterricht. Er ist mehrfacher Preisträger des . Wettbewerbs Jugend musiziert er te wirk e Jahr rere meh Übe r bei den Kinderkonzerten der Mün r unte er onik harm Phil chener r Heinrich Klug mit. Nach dem Abitu als e wurd und en Sing das für entdeckte er seine Leidenschaft emie als Gesangsschüler von Mitglied der Bayerischen Singakad studiert der Bariton in der Klasse Hartmut Elbert gefördert. Seit 2012 schule für Musik und Theater Hoch der an von Andreas Schmidt zu im Konzertfach gleichermaßen München. Er ist im Opern- wie Hause.

Alexander Kiechle (Bass) wurde 1993 in Günzburg geboren. Seit Oktober 2012 studiert er bei Andreas Schmidt im Studiengang Gesang an der Hochschule für Musik und Theater München. Seit 2011 ist er Mitglied der Bayerischen Chorakademie und der Bayerischen Singakademie, seit 2013 zudem des Zusatzchors des Bayerischen Rundfunks. Er erhielt 2011 den ersten Preis des Bundeswettbewerbs Jugend musiziert und ist seit 2012 Stipendiat des Richard-Wagner-Verbands. Zu sehen war er unter anderem 2011 in den Partien Caronte und Plutone in Monteverdis Orfeo bei dem Festival Deodat de Severac in Saint Felix-Lauragais (Südfrankreich).

r München und Theate e für Musik opus ul t re Vision k ch ih o hs ar le oc w b H ensem gründete, 03 an der 20 ne i rz er ou od eich mit G m gl r tia ensgeber r musik de am Als Konstan N fü s en pu nem ch to ble ok wegen. Sei dem natürli das ensem en Musik be sollte sich der eu e N ie bl r w de em en in ns ichtigkeit pus an Ort to Le klar: Das E d ok e un rt t die ie ei i st rz ändlichk hend ga antia Gou Selbstverst uch entsprec t für Konst pr re ha re ns A eh ng M tu en är eu ochschule. Große Bed interdisziplin n an ngen der H Moderne. de lu r ei ur de w bt A k ge d he rä Pinakot sitionsauft Kollegen un m arbeit mit auf, Kompo en. Mit de Zusammen Ensemble sen vergeb m as de kl it ns m dener tio ie si en ch po at rs tr om ve n K Kollege en der tudierende r und Student ation, die S mals mit de Professoren d Improvis un Solaris erst n ik io us kt M du e ro P eu N r e de ih it 2013 m Konzertre emble hat tstand die gt. Das Ens hschule en re oc H an r n de re t. t ie irk iz men gew Jazz Institu amem Mus rding zusam zu gemeins August Eve ie Abteilungen m de ka Theatera Bayerischen

39


biennale special

Innen

Innen

eine musikalisch-szenische Installation im Wandel(n) für Sänger_innen und (Innen)Räume

Idee / Komposition: Manuela Kerer Regie: Antje Schupp Raum: Martina Mahlknecht / Lukas Mahlknecht Video: Martin Prinoth Ärztliche Beratung: Dr. Regina Unterpertinger Sänger_innen Kerstin Bernhard, Anna-Maria Bogner, Denise Felsecker, Nina Laubenthal, Kathrin Walder – Phase 1 und 3 János Alagi, Brent Damkier, Philipp Gaiser, Roger Krebs, Andreas Stauber – Phase 2 und 3

Ein Projekt von Manuela Kerer und Karl Wallowsky, Schwere Reiter MUSIK in Kooperation mit der Münchener Biennale. Gefördert durch das Kulturreferat der Landeshauptstadt München, den Fonds Darstellende Künste, die Kulturstiftung der Stadtsparkasse München und den Bezirk Oberbayern.

Phase 1 Donnerstag 8. und Freitag 9. MAI, 19.30 UHR

Phase 2 Dienstag 20. und Donnerstag 22. MAI, 19.30 UHR

Phase 3 Freitag 23. MAI, 19.30 UHR Gasteig /  carl-orff-saal Foyer Eintritt frei

40

In Opern stellen Sängerinnen und Sänger Figuren dar und erfüllen sie der Regie entsprechend mit Emotion. Aber was geschieht dabei mit den Darstellenden selbst, mit ihrer eigenen Person? Wissenschaftler haben sich mit der Frage beschäftigt und mit Erstaunen bis Erschrecken festgestellt, wie viele Künstler, die sich regelmäßig auf der Bühne exponieren, zu Medikamenten wie Beta-Blockern und Ähnlichem greifen – nicht, um ihre Leistung über das natürliche Maß hinaus zu steigern, sondern um Leistungshemmungen zu bremsen. Lampenfieber nennt man das Phänomen, das nicht außer Kontrolle geraten und wohldosiert angeblich beflügelnd wirken soll. Aber was heißt hier: wohl dosiert? Wo endet der Stimulus der besonderen Situation und wo beginnt die Bühnenangst, die mit Herzklopfen, Herzrasen, hohem Blutdruck und Summary weiteren körperlichen Symptomen einhergeht? Es gibt Sprachen, die begrifflich nicht In operas, singers portray characters and fill them zwischen Künstlern und Artisten unterscheiden. Sie haben recht: Kunst gleicht einem with emotions in accordance with the director's Drahtseilakt. Wer komponierte Musik interpretiert, wer eine Opernrolle darstellt, muss instructions. But what happens during this neben der Partitur auch die Bühnensituation verinnerlichen, um in ihr „das Richtige“ zu process with the actors themselves, with them tun und sich keinen Fehltritt zu leisten. Innen kehrt diese kommunikative Vorgabe um. as individuals? Whoever interprets composed Was in den Akteur(inn)en geschieht, kommt auf die Bühne. music, whoever portrays an operatic role, has to Zentrum der Installation im Foyer des Gasteig ist eine pneumatische Skulptur. Sie wird internalize along with the score also the stage am Anfang aufgeblasen, wachsender Innendruck erhebt sie zur dominierenden Gestalt. situation in order to do what is "correct" in Unterschiedliche Bereiche und Aspekte des körperlichen Innenlebens mögen damit assozithat situation and not commit an error. Innen iert werden. Ihre Außenhaut wird zur Projektionsfläche für Video-Sequenzen, die Ein- und inverts this communicative requirement. Ausblicke auf das Singen und die Sängerkörper geben. Der akustische Teil der Installation What happens within the actors is brought ist aus Körperklängen komponiert, zum Beispiel aus Herztönen, die in verschiedenen Phasen to the theater's performance area. Song, rund um einen Auftritt aufgenommen wurden: längere Zeit vor einer Vorstellung, während electronics, a pivotal sculpture, and der konkreten Vorbereitung, unmittelbar vor und beim Auftritt, schließlich während der projections are composed of material Bühnenaktion selbst. Das Aufgenommene dient als Referenz für die Komposition der gesungeextracted from the exploration of the nen Phrasen und der musikalischen Gesten und als Material für die (elektronische) Erzeugung physical processes during the singing der Klänge, die über Lautsprecher eingespielt werden. Wie und wann sie jeweils erscheinen, and the performance. wird durch Interaktion mit den Sängerinnen oder Sängern auf der theatralischen Spielfläche entschieden. Sie werden zum Teil mit der Partitur ihrer eigenen Körperklänge konfrontiert, führen mit ihnen einen musikalischen Dialog, singen ein Duett, allerdings nicht mit den elektronisch transformierten Klängen aus der Situation, in der sie sich befinden, sondern mit gespeicherten, verarbeiteten – gleichsam mit ihrer Historie, die immer wieder Gegenwart wird. So etwas wie Handlungschronologie ist allerdings bewusst vermieden. Innen zeichnet nicht den Verlauf eines Auftritts als akustisch-szenische Introspektion nach, sondern macht die Vorgänge in den Künstlern zum Thema, das im Environment einer Installation aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet und durchgespielt wird. Sängerinnen und Sänger sind daher doppelt und zugleich kontrovers vorhanden: in der interaktiv aktualisierten Komposition und in ihrer aktuellen Bühnenpräsenz. Aus dieser kommunikativen Verschränkung entstehen Impulse und Aktionen der jeweiligen Aufführung. Um das Phänomen Lampenfieber in der Vielfalt seiner körperlichen Wirkungen genauer bestimmen zu können, entwickelte Manuela Kerer einen detaillierten Fragebogen, den sie an zahlreiche Sängerinnen und Sänger schickte. Die Antworten wertete sie anonymisiert aus. So gewann sie Material, aus dem sie die theatralen Konstellationen und das sprachliche Textgeflecht der Gesangslinien entwarf. Innen will keine definitive, finale Gestalt. Die Aufführungen wandeln sich im Laufe des Projekts einerseits dadurch, dass an jeweils zwei der fünf Abenden nur Sängerinnen oder nur Sänger, am letzten dagegen alle zehn beteiligt sind; andererseits dadurch, dass die drahtlose Kommunikation zwischen Spielterrain und Schallreglern durch Körper aller Art für Momente unvorhersehbar unterbrochen werden kann. Die Situation im Foyer des Gasteig ist Teil des Innen-Konzepts. Der Aktionsraum der Sänger(innen) wird weder erhöht noch durch Markierungen von der Umgebung abgeteilt, die Übergänge bleiben offen. Der Ablauf des Stückes berücksichtigt, dass Passanten vorbeikommen, verweilen und, wenn sie mögen, „einsteigen“ können, auch wenn die Performance schon begonnen hat. Die Installation ereignet sich in Phasen einer Momentform, von der jede(r) den Gesamteindruck behält, der sich aus der Konstellation des selbst Miterlebten ergibt.

41


die künstler Manuela Kerer (Idee, Komposition) 1980 in Südtirol geboren, schloss Studien der Komposition und IGP Violine, der Rechtswissenschaften und der Psychologie an der Universität Innsbruck ab, weiterführende Kompositionsstudien bei Alessandro Solbiati, Mailand. 2007 erhielt sie das Höchstbegabtenstipendium des Rotary Club Innsbruck, 2008 und 2011 das Österreichische Staatsstipendium für Komposition, 2009 den Walther von der Vogelweide-Preis, 2011 den SKE Publicity Preis und wurde vom Ausschuss der Europaregionen als young creative talent ausgewählt. Sie komponierte u. a. für Julius Berger, das Solistenensemble Kaleidoskop, die reihe, die Bayerische Kammerphilharmonie und ascolta. CD-Einspielungen und Porträt-CD im Rahmen der ORF Edition Zeitton. Sie schrieb einen Nucleus für die Münchener Biennale 2012. Ihr jüngstes Musiktheaterin Hamburg, im stück Dem Weggehen zugewandt wurde 2013 auf Kampnagel rt. aufgefüh Dresden Hellerau in und Berlin Radialsystem

Martina Mahlknecht (Raum) 1984 in Brixen, Italien, geboren, studierte bei Herbert Kapplmüller am Mozarteum Salzburg und an der Hochschule für bildende Künste Hamburg bei Raimund Bauer, Diplom 2013. Bühnenräume für die Ruhrtriennale Bochum, Landestheater Salzburg, Centrale Lichtspiele Salzburg, Kampnagel Hamburg, Theater Luzern, Gessnerallee Zürich. YOVO! YOVO! und nahm ektiv lerkoll Künst das 2012 gründete sie frika, teil, an der Sharjah an der Biennale Regard Benin 2012, Westa und der Marrakech te, Emira che Arabis te Biennial 2013, Verein urg. Biennale 2014. Sie lebt und arbeitet in Hamb

Martin Prinoth (Video) 1983 geboren in Bozen, Italien. Nach dem Bachelorabschluss der Kommunikationswissenschaften an der Universität Salzburg 2007, Diplom an der Hochschule für bildende Künste Hamburg 2013. Sein Fokus ist auf dem experimentellen und dokumentarischen Kino. 2012 gründete er das vierköpfige Künstlerkollektiv YOVO! YOVO! und nahm an der Biennale Regard Benin 2012, Westafrika, teil, der Sharjah Biennial 2013, Vereinte Arabische Emirate, und der Marrakech Biennale 2014. Er lebt und arbeitet in Hamburg und Bozen.

42

Antje Schupp (Regie), 1983 geboren, studierte Theater- und Musiktheater­regie an der Bayerischen Theaterakademie München und arbeitet am Staats- und Stadt­ theater ebenso wie in der Freien Szene. Sie inszenierte u. a. am Theater Basel Expats von Gesine Schmidt und Der große Marsch von Wolfram Lotz, der zum Heidelberger Stückemarkt 2012 eingeladen wurde, Zoo der Zeitgenossen am Schauspielhaus Zürich und am Theater Ulm Der gute Mensch von Sezuan. Die internationale Produktion LOVE. STATE.KOSOVO spielte u. a. bei SPIELART München, der Kaserne Basel und dem Theaterspektakel Zürich.

Lukas Mahlknecht (Raum) 1983 in Brixen, Italien, geboren, schloss 2010 das Diplomstudium der Architektur an der TU Wien ab, Schwerpunkt experimentelle Architektur als Impulsgeber für kulturgesellschaftliches Bewusstsein. Sein Interesse gilt den vielfältigen Facetten der perzeptiven Erfahrung im Raum, sowie dem damit verbundenen virtuellen Potenzial. Als Architekt war er tätig in Amsterdam, Wien, aktuell lebt und arbeitet er in München.

Regina Unterpertinger (Ärztliche Beratung) hat an der Medizinischen Universität Innsbruck Humanmedizin studiert. Nach der Facharztausbildung im Bereich Anästhesie arbeitet sie derzeit an der Universitätsklinik Innsbruck. Sie engagiert sich daneben stark im Bereich Notfallmedizin, ist aber auch kulturell sehr interessiert. So hat sie als Kind u. a. zum Klavier gefunden und gibt jeder Art von Musik zumindest die Chance, ihr zu gefallen.

Kerstin Bernhard (Sopran) geboren in Linz/Donau, studierte am Tiroler Landeskonservatorium bei Barbara Daniels, Meisterkurse u. a. bei Brigitte Fassbaender, Mirella Freni und Deborah Polaski. Sie war Stipendiatin des Richard-Wagner-Verbandes, Preisträgerin des Operngesangswettbewerb Grandi Voci 2011 und sammelte Bühnenerfahrung u. a. im Opernstudio TLK, Tiroler Landestheater. Zuletzt sang sie die Agathe in Der Freischütz an der Opernbühne Württembergisches Allgäu. Ihr Repertoire ist breitgefächert in Lied, Oratorium und zeitgenössischer Musik. CD- und Rundfunkaufnahmen.

Anna-Maria Bogner (Sopran) in München geboren, studierte dort bei Reri Grist, in Wien bei Edith Mathis und bei Phyllis Curtin in Boston. Als Solistin sang sie bei vielen internationalen Festivals und mit zahlreichen namhaften Orchestern und Ensembles. Sie wirkte beim Tanglewood Music Festival des Boston Symphony Orchestras mit, bestritt u. a. die weibliche Hauptrolle in Brittens Peter Grimes unter der Leitung von Seiji Ozawa. Die Münchner Musikförderpreisträgerin sang mehrfach bei der Münchener Biennale und bei der ADEvantgarde, in CD-Produktionen und in Rundfunkaufnahmen mit BR, ORF und BBC.

Denise Felsecker (Mezzosopran) studierte klassischen Gesang in München bei Dietrich Schneider und arbeitet als Sängerin im Opern- und Konzertfach. Cherubino, Zephyrus, Dritte Dame, Hänsel und Annina gehören u. a. zu ihrem Repertoire. Ihre Engagements führten sie vom Russischen Nationaltheater Kiew über die Waldhauskonzerte Flims bis zum Festspielhaus Baden-Baden. Des Weiteren singt Denise Felsecker in den Produktionen von Theaterproduktion Akt 4 und mit dem Opernensemble Oper To Go.

Nina Laubenthal (Sopran) machte 2006 ihren Magister Artium in Musikpädagogik, Musikwissenschaften und Theaterwissenschaft in München und absolvierte ihr Gesangsstudium bei Horst Laubenthal. Nina Laubenthal sang u. a. folgende Partien: Aschenputtel von Isouard, Hannchen in Lortzings Die Opernprobe, Athene in Die Rückkehr des Odysseus von Monteverdi, Violetta in Verdis La Traviata, Lucy in Menottis Einakter The Telephone und Pamina in Mozarts Die Zauberflöte. 2014 steht sie auf der Bühne des Vaduzer Opernvereins als Agathe in Webers Der Freischütz. Nina Laubenthal ist Mitglied von Oper To Go.

Kathrin Walder (Mezzosopran) konnte bisher, basierend auf ihrem starken Interesse an Neuer Musik, einige zeitgenössische Werke zur (Ur)-Aufführung bringen, darunter die Oper Cadence Macbeth von N. Zehm und P. Wolf, Pierrot: A biography von O. Gough sowie Pierrot Lunaire von A. Schönberg. Erste berufliche Erfahrungen sammelte sie am Theater an der Wien, Wiener Volkstheater, Raimundtheater, bei den Freilichtspielen Schwäbisch Hall und an der Wiener Kammeroper. Solistische Partien waren u. a. Mercédès, Angelotti und der Hirte, Angel (UA), Barbara Delaqua, Kate Pinkerton und Antonia.

János Alagi (Tenor) wurde in Ungarn geboren und studierte Solfeggio-Musiktheorie und Dirigieren an der Franz Liszt–Musikakademie in Budapest. Zugleich studierte er privat Gesang bei Maria Teresa Uribe, Margit Kaposy und Andreas Pascal Heinzmann. Als Opernsänger stand er als Eisenstein und Lenskij auf der Bühne und gastierte am Nationaltheater Miskolc als Turiddu. 2012 debütierte er in Deutschland mit Puccinis Tosca als Mario Cavaradossi, 2013 mit Wagners Die Walküre als Siegmund und Nicolais Die lustigen Weiber von Windsor als Fenton.

Brent Damkier (Tenor) begann sein Studium am San Francisco Conservatory of Music bei Sylvia Anderson, setzte es bei Cornelia Prestel am Bruckner Konservatorium in Linz fort. Sein europäisches Debüt gab er am Landestheater Linz als Graf Almaviva in Rossinis Der Barbier von Sevilla. Engagements am Theater Pforzheim und Regensburg. Als Konzertsänger hat er sich einen Namen gemacht, neben Berlioz’ und Mozarts Requiem sang er die Tenor-Partien in Händels Messias, Felix Mendelssohn-Bartholdys Oratorium Elias und Bachs Weihnachtsoratorium.

Philipp Gaiser (Bariton) Seine Tätigkeit als freier Opern- und Konzertsänger führte ihn mit Dirigenten wie Ulf Schirmer, Carlos DomínguezNieto oder Rolf Beck zusammen – ebenso mit dem BR, dem Münchner Rundfunkorchester sowie dem Orchester La Banda. Wiederholt trat er mit der Kammeroper München, der Pasinger Fabrik oder anderen freien Ensembles auf und gastierte an Theatern wie dem Landestheater Eisenach.
Neben Auftritten im In- und Ausland ist Gaiser Gründer der Ensembles KAVALIER plus VIER und FUntastic Classic.

Roger Krebs (Bass) stammt aus Grenchen, Schweiz. Während seiner Ausbildung im Dienstleistungssektor erhielt er Unterricht bei Dennis Hall in Bern, ergänzt durch musiktheoretische Studien bei der Komponistin Margit Zimmermann. Nach dem Studium am Peter-Cornelius-Konservatorium in Mainz bei Sead Buljubasic prägten ihn vor allem Kurt Moll und Harald Stamm. Nach einem Festengagement am Mecklenburgischen Staatstheater Schwerin arbeitet er nun freischaffend, gastiert u. a. am Nationaltheater Mannheim, an den Theatern Aachen und Münster sowie bei den Thüringer Schlossfestspielen 2013.

Andreas Stauber (Tenor) erhielt seine Ausbildung am RichardStrauss-Konservatorium in München. 2007 nahm er am Meistersingerkurs in Neustadt an der Weinstraße teil. Zu seinem Repertoire gehören Rollen wie der Conte Almaviva aus Gioachino Rossinis Der Barbier von Sevilla, Cavaradossi aus Giacomo Puccinis Tosca, Fenton aus Otto Nicolais Die Lustigen Weiber von Windsor, sowie Rodolfo aus Giacomo Puccinis La Bohème. Im Oratorienfach sang er unter anderem den Evangelisten in Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium und Johannespassion.

43


biennale special

sommertag Uraufführung Mo 12. Mai, 20 Uhr Schwere Reiter

Weitere Vorstellungen Di 13. und Mi 14. Mai 20 Uhr Karten € 15,ErmäSSigt € 8,- €

Voraufführung So 11. Mai, 14 Uhr Karten € 10,- € ErmäSSigt € 6,- €

Kammermusiktheater von Nikolaus Brass nach dem gleichnamigen Stück von Jon Fosse Konzeption: Nikolaus Brass, Waltraud Lehner, Katherina Kopp Textfassung und Komposition: Nikolaus Brass Inszenierung: Christian Marten-Molnár Bühne und Kostüme: Katherina Kopp Dramaturgie: Waltraud Lehner Video: Georg Lendorff Licht: Barbara Westernach Neue Vocalsolisten Stuttgart Junge Frau: Sarah Maria Sun, Sopran Ältere Frau: Truike van der Poel, Mezzosopran Die Freundin: Susanne Leitz-Lorey, Sopran Asle: Martin Nagy, Tenor Der Mann: Andreas Fischer, Bass Der Andere: Christian Stübner Oliver Klenk, Klarinette / Bassklarinette | Joe Rappaport, Violine | Gunter Pretzel, Viola | Stephan Lanius, Kontrabass | Kai Wangler, Akkordeon | Fabian Strauß, Schlagzeug Spieldauer: ca. 80 Minuten In deutscher Sprache Aufführungsrechte: G. Ricordi & Co. Bühnen- und Musikverlag Berlin

Einführungsgespräch mit Nikolaus Brass Mo 12. Mai, 18.45 Uhr Schwere Reiter

Eine Veranstaltung der Sommertag – Nikolaus Brass, Waltraud Lehner und Katherina Kopp GbR (Hauptveranstalter) und des Kulturreferats der Landeshauptstadt München (Mitveranstalter) im Rahmen der Münchener Biennale in Kooperation mit 2eleven || zeitgenössische musik projekte und Schwere Reiter MUSIK Gefördert durch Kulturreferat der Landeshauptstadt München, Ernst von Siemens Musikstiftung, Fonds Darstellende Künste, Allianz Kulturstiftung und Königlich Norwegische Botschaft

Moderation Habakuk Traber

Am 13. und 14. Mai findet im Anschluss an die Vorstellung ein Publikumsgespräch statt. 44

Sommertag In der „Schwere Reiter“-  Halle an der Dachauer Straße stehen keine Tribünen, es gibt keine erhöhten Standorte oder Beobachtungsplätze, nur eine Art von Inseln auf der Grundfläche. Auf ihnen finden die Zuschauer / Zuhörer Platz, auf anderen auch sechs Instrumentalisten. Die Fläche dazwischen bietet sechs Akteuren den nötigen Spielraum für den Sommertag, ein Musiktheater von Nikolaus Brass nach einem Drama des Norwegers Jon Fosse. In Fosses Stück geht es um das vergebliche Warten einer Frau auf ihren Mann, der mit seinem Boot auf den Fjord hinausgefahren ist. Erzählt wird in Form einer Rückblende. Die Frau, die an einem schönen Sommertag ihre Freundin in ihrem Haus über dem Fjord zu Besuch hat, erinnert sich an einen Tag vor Jahren im Herbst, an dem ihre Freundin ebenfalls vorbeigekommen war, und an dem ihr Mann nicht mehr von der Fahrt auf die Meeresbucht zurückkehrte. In Fosses Schauspiel treten die Figuren aus der Erinnerung leibhaftig auf, diese gewinnt dadurch physische Präsenz und ebenbürtige Realität mit der Jetztzeit. Vergangenheit und Gegenwart, Innenleben und äußere Existenz geraten in Dialog miteinander und verfließen ineinander. Die Protagonistin, die Wartende, wird daher in Nikolaus Brass’ Musiktheater doppelt besetzt: als gegenwärtige ältere und als junge Frau. Dazu kommen ihre Freundin, ihr Mann Asle, der Mann der Freundin und – zusätzlich zu Fosses Personen – eine stumme Figur, der Andere, gleichsam die Sehnsuchtsgestalt Asles. Die Anregung dazu empfing Nikolaus Brass aus Erzählungen Fosses, die sich mit ähnlichen Gedanken befassen wie Sommertag. Dieser Andere ist präsent, greift aber nicht unmittelbar ins Geschehen oder in die Dialoge ein. Jon Fosses Figuren reden nicht viel, und wenn sie einmal viel sprechen, sagen sie nicht viel. Ihre Gefühle und Empfindungen drücken sie nicht direkt aus, die Negation, die eigentlich eine Bestätigung ist und dies durch kleine verbale Risse ahnen lässt, zählt bei Fosse zu den bevorzugten rhetorischen Formen. Seine Personen tragen in der Regel keine Namen, im Sommertag macht nur Asle, der Verschwundene, eine Ausnahme. Meist äußern sie sich in Wendungen, die oft und oft wiederkehren, bisweilen wie in Formeln und vorhersehbaren Sequenzen. Sie meinen aber nicht jedes Mal dasselbe. Denn das Wesentliche liegt nicht in dem, was sie sagen, sondern in dem, was sie dabei umkreisen und nicht aussprechen. Die Worte bedeuten oft nicht mehr als eine Aufforderung, dass das Gegenüber sein emotionales Wissen und Vermögen aktiviere. Fosse praktiziert nicht die Sprache des Benennens und Ausdrückens, sondern die Kunst der Zwischenräume. Die Worte ziehen in sie hinein, vor allem in diesem Sog besteht die Kommunikation, und zwar nicht nur zwischen den unmittelbaren Akteuren, sondern zwischen allen, die im Raum sind. Weil die Worte Unterschiedliches umkreisen, werden sie von Nikolaus Brass auch unterschiedlich ins Spiel gebracht. Hauptsächlich werden sie gesungen – als Teil des unmittelbaren musiktheatralischen Dialogs oder Monologs. Hin und wieder werden sie wie eine Stimme aus der Ferne über Lautsprecher eingeblendet, und manchmal auch wie ein Menetekel als Schrift an die Wand projiziert; dabei handelt es sich um Aussagen, welche die Akteure am liebsten nicht wahrhaben wollen. Die Musik ist wie der Raum und wie die wechselnde Grundspannung im Stück immer präsent. Durch abstrakte Videoprojektionen an die Wände der Halle wird der Raum in seinen Außenbereichen artikuliert, im Innern wird er belebt durch die Agierenden, durch ihren Gesang, durch dessen Kommunikation mit den Instrumentalisten, durch Bewegung, Interaktion, die auch kammerspielartige Intimität kennt. Entsprechendes gilt für die Musik, für ihre instrumentale und für ihre vokale Seite. Nikolaus Brass beschreibt seine Komposition als „sich selbst organisierende Musik. Die notierten Vorgaben werden von den SolistInnen in einem definierten Zeitrahmen jeweils aktuell und aus dem Augenblick der Interaktion realisiert. Über weite Strecken wird keine Partitur ausgeschrieben, sondern die Parts der Gesangs- und InstrumentalsolistInnen werden in Einzelstimmen festgehalten, dadurch gibt es für die Beteiligten kein genaues gemeinsames Tempo, jeder der Ausführenden agiert in seiner ‚Eigenzeit’; der Zusammenklang, die musikalische und textliche ‚Vertikale’ wird nicht absolut fixiert, sondern subjektiv und im gegenseitigen Bezug zueinander gestaltet.“ Es gibt für Sommertag keinen Dirigenten. Die Musik gewinnt ihre Intensität durch die kammermusikalische Wachheit und Sensibilität, die sie fordert und weiterträgt. Sie entspricht dadurch der gespannten Situation des Wartens in Fosses Stück, und wie dieses öffnet sie Räume – Räume der Erfahrung und des Erlebens.

Summary A music theater piece based on a play by Jon Fosse. A woman is visited by a girlfriend of hers in her house above a fjord on a beautiful summer day, and she recalls an autumn day years ago when her husband never returned from a boat trip to the bay. In the piece, the characters step out in person from her remembrances. Past and present, inner life and external events flow into one another. Material for the music, which in the setting of an open scene draws all of the protagonists into the maelstrom of the memory stream.

Komposition finanziert durch die Ernst von Siemens Musikstiftung

45


die künstler wurde 1949 in Lindau geboren und Nikolaus Brass (Konzeption, Textfassung und Komposition) tter und Helmut Lachenmann. Kiesewe Peter bei lebt seit 1978 in Schöngeising. Kompositorische Studien us Musikfestival, UltGaudeam e, Musiktag chinger Donaues von: anderem unter Brass erhielt Aufträge Schwaz und musica ren Klangspu musik, Kammer raschall Berlin, eclat Stuttgart, Wittener Tage für neue tiert. 2009 erhielt dokumen uktionen CD-Prod und kRundfun en zahlreich in ist Musik viva München. Seine Biennale sein ner Münche der Rahmen im kam er den Musikpreis der Landeshauptstadt München. 2012 Sommertag ist seine erste ng. Aufführu zur nzer Butoh-Tä einen und Bass für memory Musiktheater Nucleus: abendfüllende Arbeit für das Musiktheater.

Katherina Kopp (Konzeption, Bühne und Kostüme) ist nach ihrer Kostümbildassistenz am Schau­ spielhaus Bochum seit 2003 freie Kostüm­ bildnerin. Im Schauspiel arbeitete sie seitdem an zahlreichen Häusern wie dem Nationaltheater Mannheim, Schauspielrg, Staatsschauspiel haus Bochum, Theater Magdebu us Hamburg und elha uspi Scha en tsch Deu Dresden, 2009 entwickelt Seit us. Düsseldorfer Schauspielha verschiedenen mit nkt erpu Schw r neue sich ein anderem mit r unte , reich Produktionen im Opernbe uktionen Kryos, Prod den bei ann melm Him Philipp en, Tamerlano sowie Uraufführung an der Oper Brem der Oper Bonn und an gen Oran drei den zu e Die Lieb Theater Koblenz. , Nase Die mit Waltraud Lehner für

er ud Lehn Waltra ie) rg tu a Biographie m n und Dra o ti p ze n (Ko e 38. siehe Seit

Christian Marten-Molná r (Inszenierung), 1960 in Oldenburg gebo ren; dort die Liebe zum Theater entdeckt . Studium der Musiktheater-Regie in Hamburg . Schwerpunkte seiner Arbeit sind Ausgrabu ngen wie Dargomyschskis Oper Rusalka oder Janácˇeks Šarka, Opern der 1920er Jahr e (z.B. Max Brands Maschinist Hopkins oder George Antheils Transatlantic) sowie Insze nierungen Neuer Musik, zuletzt die Urau fführung der Oper Minsk des Iren Ian Wilson, dessen Bearbeitungen von Werken Erik Satie ’s er im April uraufführt. Mitinitiator von Rech erche-Projekten. 2013 gründete er gemeinsam mit anderen Künstler_innen die Platt form Kultureller Zwischenraum.

Georg Lendorff (Video) ist ein Zürcher Filmregisseur und Videokünstler. Er studierte Grafikdesign an der ZHdK in Zürich, Filmregie am London College of Communications und lebte von 1995 bis 2007 in London. Seit den frühen 90erJahren kreiert Lendorff regelmäßig Visuals für Theater und Oper. Mit seinen Arbeiten u. a. für das Burgtheater Wien, die Salzburger Fest­ spiele und die Staatsoper Stuttgart erforschte und erweiterte er die Möglichkeiten von Videoprojektionen auf der Bühne. Lendorff verbindet eine langjährige Kooperation mit Autor/Regisseur Igor Bauersima, daneben arbeitete er mit Markus Dietze, Barbara Weber und Christoph Schlingensief.

Neue Vocalsolisten Stuttgart 1984 als Ensemble für zeitgenössische Vokalmusik unter dem Dach von Musik der Jahrhunderte gegründet, agieren die Neuen Vocalsolisten seit dem Jahr 2000 künstlerisch autonom als Kammermusik- und Musiktheater-Ensemble. Die sieben Konzert- und Opernso listen beschäftigen sich mit der Recherche neuer Klänge, Stimmtechniken und vokaler Artikulat ionsformen. Musiktheater und interdisziplinäre Arbeit mit Elektronik, Video, bildender Kunst und Literatur sind ebenso Teil des Konzeptes wie die Konfrontation von Elementen aus Alter und der Neuer Musik. Insgesamt werden die Neuen Vocalsolisten 2014 über 25 Werke u. a. von Salvatore Sciarrino, Günter Steinke, Mauro Lanza, Giovanni Bertelli, James Wood, Cathy Milliken und Sergej Newski uraufführen.

46

Christian Stübner (Der Andere) Seit zwanzig Jahren beschäftigt sich Christian Stübner mit Butoh, dem japanischen Ausdruckstanz, und nahm an zahlreichen Workshops, u. a. bei Mitsutaka Ishii, Yumiko Yoshioka, Ingrid Irrlicht und Stefan Marria Marb teil. Er wurde eingeladen, an Bühnenfassungen mitzuwirken von Atsushi Takenushi in Avignon, von der Gruppe TEN PEN Chii in Berlin und Graz, mehrfach von Stefan Marria Marb sowie im Jahr 2012 von Nikolaus Brass in München.

Oliver Klenk (Bassklarinette) studierte Klarinette bei Hubert Hilser, München, und Martin Spangenberg, Weimar. Er tritt regelmäßig u.  a. mit dem Bayerischen Staatsorchester München und dem Münchener Kammerorchester auf. Als Solist und Kammermusiker konzertiert er in ganz Europa, Japan und der Ukraine. Ausgezeichnet von den Max-Reger-Tagen, der Michael-Roever-Stiftung und der Stadt München, widmet er sich mit dem Ensemble Zeitsprung intensiv der zeitgenössischen Musik und arbeitete mit Komponisten wie Jörg Widmann, Rodion Shchedrin und Wilfried Hiller zusammen.

Joe Rappaport (Violine) studierte Geige und Kammermusik an der Royal Academy of Music, London und der Wiener Hochschule. Gründungsmitglied des Chamber Orchestra of Europe, Primarius im Pelaar Quartett, Violinist von Gefilte Fish (Jewish Music Ensemble) und diplomierter Feldenkrais Pädagoge. Zuletzt trat er bei der Biennale 2012 mit dem Quartett in mystery – mach dir kein bild von Helga Pogatschar auf.

Gunter Pretzel (Viola) studierte Violine und Viola in Hamburg und Berlin. Er wurde Solo­ bratscher des Münchner Kammerorchesters, seit 1984 ist er Mitglied der Münchner Philharmoniker. Sein besonderes Interesse gilt der Neuen, vor allem aber auch der Freien Musik. Ihn verbindet eine enge Zusammenarbeit mit dem Pianisten Klaus Treuheit und der Komponistin Helga Pogatschar. Im Januar 2014 leitete er ein Symposium zum Thema Zusammenspiel veranstaltet von den Münchner Philhar­ monikern, der LH und der VHS München. Gäste waren u. a. der diesjährige Ernst von Siemens- Musikpreisträger Peter Gülke. Das folgende Symposium wird der Intuition in der Musik gewidmet sein.

Stephan Lanius (Kontrabass) Angefangen bei Klaviermusik und Jazz entwickelte Stephan Lanius nach dem Kontrabassstudium neue Improvisationsmöglichkeiten und Tanzproduktionen bis hin zu einer eigenen Musik- und Performancesprache. Er spielte in zahlreichen profilierten Orchestern und Ensembles, gründete den Verein AsylArt e.V. und erhielt ein Stipendium der Stadt München. Das Thema „Musik und Gemeinschaft“ führte in über Jahre nach West- und Ostafrika. Er produziert und spielt mobile Musiktheaterproduktionen für soziale Einrichtungen in München und Umgebung.

(Sc hla gFa bia n St ra uS S n geboren, use nha nze Gu In g) zeu seinen erserhielt Fabian Strauß t bereits ten Schlagzeugunterrich . Nach ren Jah t ach im Alter von te er von uch bes itur hab Fac dem Berufsfach2010 bis 2012 die Krumbach. in sik Mu für ule sch das Stuer ann beg Anschließend en bei auk dium von Schlagzeug/P Blum fan Ste und l Guido Rücke d dort vorauswir und urg gsb Au in rum am Leopold-Mozart-Zent abschließen. sichtlich in zwei Jahren

Kai Wangler (Akkordeon) studierte Akkordeon in Trossingen bei Hugo Noth. Meisterkurse absolvierte er u. a. bei Joseph Macerollo, Toronto, und Stefan Hussong. Mit dem Schlagzeuger Johannes Schulin war Wangler 1. Preisträger des Iris-Marquardt-Preises und des Musikwettbewerbs des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft, sowie Stipendiat der Kunststiftung BadenWürttemberg. Sein großes Interesse für die Musik unserer Zeit führte ihn mit Komponisten zusammen wie Georg Friedrich Haas, Nikolaus Brass, Klaus Huber, Vadim Karrassikov, Samy Moussa, Mark Andre und Sarah Nemtsov, deren Werke er zur Uraufführung brachte. Er konzertiert u.  a. mit dem Ensemble Modern und dem Klangforum Wien sowie auf Festivals wie dem Heidelberger Frühling, dem steirischen Herbst und den Münchner Opernfestspielen.

47


biennale special

de:conducted Dieter Dolezel 1977 in München geboren, studierte bei Wilfried Hiller in München, sowie bei Louis Andriessen in Den Haag. Aufführungen seiner Werke fanden u. a. bei der Gaudeamus Music Week, Novembermusic, den Hamburger Klangwerktagen, im Münchner Prinzregententheater sowie im Auditorium in Rom statt. Zu den Interpreten seiner Musik zählen u.a. das Ensemble Modern, die King's Singers, Mike Svoboda, Holland Symfonia, sowie das ensemble unitedberlin. Zu seinen Auszeichnungen gehören unter anderem das Stipendium im Internationalen Künstlerhaus Villa Concordia in Bamberg, das Musikstipendium der Landeshauptstadt München, sowie der Gaudeamus Publikumspreis 2007. 2006 war er Preisträger beim 1. Internationalen Kompositionswettbewerb der Hamburger Klangwerktage, 2007-2008 Stipendiat der Villa Massimo in Rom.

Musik: Dieter Dolezel Video: Matthias Singer Ensemble piano possibile Mugi Takai , Violine Mathis Mayr, Violoncello Manfred Guggemos, E-Gitarre Luis Hoelzl, E-Bass Tontechnik: Paolo Mariangeli Projektstipendium Junge Kunst/ Neue Medien im Bereich Musik der Landeshauptstadt München 2013

Uraufführung Mi 14. Mai, 20 Uhr Gasteig / Black Box

Weitere Vorstellung Do 15. Mai 20 Uhr Karten € 15,ErmäSSigt € 8,- €

48

Mensch – Maschine Individuum – Kollektiv physisch – virtuell Einer der faszinierendsten, wohl aber auch beunruhigendsten Aspekte des frühen 21. Jahrhunderts ist das sich stetig intensivierende Verhältnis von Mensch und Maschine. De:conducted thematisiert diese Entwicklung. Die vielfältigen Wechselbeziehungen, insbesondere ihre Auswirkungen auf das Individuum und das Kollektiv, werden auf vier räumlich getrennte Musiker projiziert, die fest mit einem zentralen Server vernetzt sind und von diesem mittels adaptiver Prozesse in ihren Aktionen gesteuert und koordiniert werden. Im Gegenzug getriggerte, digitale Klänge sowie in Echtzeit generierte Videoprojektionen lassen einen virtuellen, audiovisuellen Raum entstehen, mit dem jeder einzelne Musiker unablässig interagiert. Ein zentrales Thema entspringt dabei dem Wesen der Maschine selbst: die gnadenlose Effizienz und Präzision, die es ihr erlaubt, gerade auch Menschenunmögliches zu realisieren und so den Menschen dazu bewegt, nach und nach immer mehr aus der Hand zu geben. Dies spiegelt sich unmittelbar in der Gesamtdramaturgie von de:conducted wider. Anfangs werden vom Server lediglich vereinzelte Einsätze gesendet, die Musiker agieren noch verhältnismäßig frei. Je mehr er die Aktionen der Musiker jedoch „versteht“, sie interpretieren lernt, desto stärker greift er ein und versucht diese zu steuern, bis letztlich jede einzelne musikalische Aktion durch ihn determiniert wird, weit über die Grenzen des sonst musikalisch Realisierbaren hinaus. Der individuelle Ausdruck geht dabei zunehmend verloren, die Musik wird gleichsam entmenschlicht.

Summary The communication between human and machine is a determining factor in the modern world. The multifaceted interrelationship and its effects on the individual and the collective will be projected onto four musicians. They are directly linked to a central server, which controls and coordinates their actions. In return, triggered images and sounds generate a virtual, audiovisual space, every musician interacts with, and ultimately merges completely with it.


Sonderkonzert der Münchner Philharmoniker zur Münchener Biennale 2014 Hommage à Hans Werner Henze

Hommage à Hans Werner Henze

Hans Werner Henze ergriff 1986 die Initiative zu Gründung der Münchener Biennale, 1988 fand das erste Festival für neues Musiktheater in der bayerischen Landeshauptstadt unter seiner künstlerischen Leitung statt. Dem Biennale-Gründer, der im Oktober 2012 im Alter von 86 Jahren starb, widmen die Münchener Philharmoniker und Markus Stenz ihr Konzert. Es enthält Werke aus der zweiten Hälfte seines kreativen Lebens. Alle drei haben auf ihre Weise mit dem Erinnern zu tun.

Hans Werner Henze (1926 - 2012) Sebastian im Traum für großes Orchester (2004) Nebelheim und Sonnenland. Suite aus der Oper Gisela! Eingerichtet von Jobst Liebrecht (2013) Symphonie Nr. 7 (1983/84) Münchner Philharmoniker Dirigent: Markus Stenz

Sa 10. Mai, 20 Uhr Gasteig / Philharmonie Markus Stenz

Karten  € 12,– | € 15,– | € 18,– | Ermässigt € 8,–

ist seit der Saison 2003/04 Generalmusikdirektor der Stadt Köln und Gürzenich-Kapellmeister, außerdem leitet er die Niederländische Radiophilharmonie und ist als Erster Gastdirigent des Hallé Orchesters in Manchester verpflichtet. Hans Werner Henze und seinen Werken ist Markus Stenz besonders eng verbunden. Sein Debüt als Operndirigent gab er mit Henzes Elegie für junge Liebende am Teatro La Fenice in Venedig, er leitete die Uraufführungen von Venus und Adonis an der Bayerischen Staatsoper, Das verratene Meer in Berlin und L’Upupa und der Triumph der Sohnesliebe 2003 bei den Salzburger Festspielen. 1989 bis 1995 hatte Markus Stenz die musikalische Leitung des Cantiere Internazionale d’Arte in Montepulciano inne, den Henze 1976 als Bildungsprojekt und zur Förderung des musikalischen Nachwuchses gegründet hatte.

Seit seinem Debüt in Venedig hat Markus Stenz an den großen Opernhäusern Europas und der USA das Repertoire von der Klassik bis zur Moderne dirigiert. Als Konzertdirigent wird er regelmäßig vom Concertgebouw Orkest, den Münchner Philharmonikern, dem Gewandhausorchester Leipzig, den Berliner Philharmonikern, dem Tonhalle Orchester Zürich, dem NHK Symphony Orchester Tokyo, der Staatskapelle Berlin, dem Philharmonischen Staatsorchester Hamburg und den Symphonieorchestern des BR, HR, WDR und NDR engagiert. In den USA arbeitete er mit dem Chicago Symphony und dem Los Angeles Philharmonic Orchestra sowie den Symphonieorchestern von Boston, Dallas, Minnesota und Houston.

Einführungsgespräch der Münchner Volkshochschule Mit Shoshana Liessmann und Peter Ruzicka Sa 10. Mai, 18.45 Uhr Gasteig / Raum 0.117

Das viertelstündige Orchesterwerk Sebastian im Traum geht auf ein Gedicht von Georg Trakl (1887– 1914), des Expressionisten aus Salzburg, zurück. Einer seiner ersten Kompositionen, Apollo et Hyacinthus, hatte Henze Verse von Trakl zugrunde gelegt. 2004, nach einem längeren Aufenthalt in Salzburg, kam er wieder auf dessen Poesie zurück. In seinem Orchesterstück handle es sich, so Henze, „um nächtliche Bilder aus der Landschaft um Salzburg, um Visionen aus der Kinderwelt und aus dem Leichenschauhaus, um Verfall, herbstliche Träumerei, Engel und Schatten. Die Musik hat versucht, den Spuren des Dichterworts zu folgen (wie einer mit einer Film-Kamera den Ablauf von Vorgängen festzuhalten versucht oder wie ein anderer vielleicht die Mitteilungen von Inhalten mitstenographiert), und sie hat eine innige Beziehung zu Salzburg – die sich vorwiegend auf meinen langwierigen Aufenthalt dort im Sommer 2003 beziehen, auf die dortige (katholische) Melancholie, auf die Salzburger Temperaturen und Parfums, auf das bäurische Barock, auf Biblisches, auf das hölzerne Kruzifix, auf die Nähe des Todes, aufs Mondlicht, auf Traklsche Abendsonaten. Es gibt in der Dichtung eine leicht erkennbare Form von Reprisen, die auch aus der Musik zurück schallen, ansonsten aber hören wir immer wieder andere Gestalten, immer neue kommen und gehen, erscheinen, aufscheinen und verschwinden.“ Gisela! war Henzes letzte Komposition für das Musiktheater. Die buffoneske Oper erzählt eine Geschichte rund um Henzes eigenen Lebenslauf. Gisela, eine Studentin der Kunstgeschichte aus Oberhausen, reist mit ihrem Freund

und einigen blasierten Kommilitonen nach Neapel. Sie besuchen eine Vorstellung der Commedia dell’arte. Gennario, der Darsteller des Pulcinella, fasziniert Gisela. Sie trifft ihn am nächsten Tag, die beiden verlieben sich, und verlassen Neapel Richtung Ruhrgebiet. Hanspeter, Giselas deutscher Ex-Freund, erfährt davon in einem Restaurant, in dem er ihr eigentlich einen Heiratsantrag machen wollte. – Im Ruhrgebiet angekommen, wissen Gisela und Gennario nicht, wohin sie gehen sollen. Sie sitzen auf einer Bank, sie schläft ein, hat Alpträume, Hanspeter und seine Gruppe kommen und greifen das Paar an. Im Hintergrund explodiert der Vesuv. Jost Liebrecht stellte Orchesterzwischenspiele aus der Oper zu einer Suite zusammen, „mit der Teile der Musik von Gisela! auch im Konzertrahmen erklingen können“ (J. Liebrecht). Die Symphonie Nr. 7, die Henze 1983/84 komponierte, wurde von den Berliner Philharmonikern uraufgeführt, deren Ständiger Gastdirigent Henze von 1960 bis 1968 war. „In dieser Symphonie“, schreibt er, „habe ich mich ganz und gar den traditionellen Reglements der klassischen Sinfonie unterwerfen wollen, um meinen musikalischen Ausdruck wie in einem Feuerofen zu formen und den Hörern seine Inhalte so direkt und deutlich wie eben möglich zu vermitteln. – Der erste Satz ist eine Art deutscher Tanz, eine Allemande sozusagen, der zweite ein Lied. Der dritte, in strenger Scherzo-Anordnung, eine Darstellung der Leiden des deutschen Dichters Friedrich Hölderlin in der Autenriethischen Nervenklinik zu Tübingen. Der Schlussteil besteht aus der Vertonung von Hölderlins Hälfte des Lebens.“

Eintritt  € 3,–

50

51


Hans Werner Henze (1926 - 2012)

Streichquartette 1. Streichquartett (1947) Henschel Quartett 2. Streichquartett (1952) Minguet Quartett

Sonderkonzert des Münchener Kammerorchesters im Rahmen der Münchener Biennale 2014 Claude Vivier

Zipangu (1980)

(1948 – 1983)

Tristan Murail

(*1947)

La Dérive des continents (1974) für Soloviola und Streicher

Louis Andriessen

Workers Union (1975)

(*1939)

3. Streichquartett (1975/76). In memoriam M.A.G. Vogler Quartett

Jani Christou

(1926 – 1970)

4. Streichquartett (1976). In memoriam Victor Jara Diogenes Quartett

Praxis for 12 (1966) für 11 Streichinstrumente und 1 Klavier

Münchener Kammerorchester Dirigent: Alexander Liebreich

5. Streichquartett (1976). In memoriam Benjamin Britten Auryn Quartett

Gefördert von der Forberg-Schneider-Stiftung

Einführung: Peter Ruzicka Eine Veranstaltung des Verbands Deutscher Streichquartette e.V. (VDSQ) in Zusammenarbeit mit der Bayerischen Akademie der Schönen Künste im Rahmen der 14. Münchener Biennale

Donnerstag 15. Mai, 21 Uhr Münchner Kammerspiele, Schauspielhaus

Gefördert durch die Ernst von Siemens Musikstiftung, die FriedrichBaur-Stiftung und den Verein Freunde des Henschel Quartetts zur Förderung der Kammermusik e.V.

Karten  € 19,– | Ermässigt € 6,–

Alexander Liebreich

Mi 14. Mai, 19 Uhr Bayerische Akademie der Schönen Künste Eintritt frei

52

ist Chefdirigent und Künstlerischer Leiter des Münchener Kammer­orchesters (seit 2006), des Nationalen Symphonieorchesters des Polnischen Rundfunks (seit 2012) und Künstlerischer Leiter des Tongyeong Festivals in Südkorea (seit 2011), das zu den größten und wichtigsten internationalen Musikfestivals in Asien zählt. Liebreich studierte in München und Salzburg, wichtige Impulse empfing er von Claudio Abbado und Michael Gielen. Als Gastdirigent wurde er von bedeutenden Symphonieorchestern und Opernhäusern in Europa und Fernost verpflichtet. Das Münchener Kammerorchester erwarb sich unter seiner Leitung einen exzellenten Ruf für seine innovativen Programme und seine außergewöhnliche Klangkultur nicht nur in München, sondern auch bei Gastspielen in europäischen und asiatischen Musikmetropolen und Festivals. Im Dezember 2008 wurde Alexander Liebreich in die Mitgliederversammlung des Goethe-Instituts berufen.

Einführungsgespräch Do 15. Mai, 20 Uhr Schauspielhaus, Foyer 1. Stock Moderation Peter Ruzicka

53


Konzert des Münchner Rundfunkorchesters zur Münchener Biennale 2014

Paradisi gloria – Aletheia Charles Ives

(1874 – 1954)

The Unanswered Question für 4 Holzbläser, Trompete und Streicher

Johannes X. Schachtner

(*1985)

pax – Poem Nr. 3

(1919 – 2006)

Claude Vivier

(1948 – 1983)

Symphonie Nr. 5 („Amen”) für Sprecherin, Oboe, Trompete, Tuba, Violine und Schlagzeug

Wo bist Du, Licht! für Mezzosopran, Percussion, Streicher und Tonband

Anne-Carolyn Schlüter, Mezzosopran, Sprecherin Morgane Ferru, Rezitation Münchner Rundfunkorchester Dirigent: Ulf Schirmer

54

Johannes X. Schachtner, geboren 1985, studierte an der Hochschule für Musik und Theater in München, wo er heute als Komponist und Dirigent lebt. Er schrieb Werke für Soloinstrumente, Kammer-, Vokal- und Orchestermusik sowie Werke für das Musiktheater, die u. a. von der Bayerischen Staatsoper, der Bayerischen Akademie der Schönen Künste und den Bamberger Symphonikern in Auftrag gegeben wurden. Renommierte Solisten wie Silke Avenhaus, Julia Fischer, Maximilian Hornung, Julius Berger und Peter Schöne führten seine Kompositionen auf. Als Dirigent arbeitete Schachtner u. a. mit dem Georgischen Kammerorchester Ingolstadt und den Münchner Symphonikern. 2007 gab er sein Operndebüt mit Rossinis Il turco in Italia, weitere Opernproduktionen folgten, zuletzt 2013 eine Uraufführung am Landestheater Vorarlberg und Philipp Glass‘ Galileo Galilei. Für sein Schaffen wurde Schachtner mit zahlreichen Auszeichnungen und Preisen bedacht, 2010 war er Stipendiat an der Cité des Arts in Paris, 2011 Artist in residence der Philharmonie Bad Reichenhall, 2013 erhielt er den Musikförderpreis der Landeshauptstadt München; außerdem ist er compositore ospito beim 46. AsiagoFestival in Italien.

Uraufführung - Auftragswerk der Landeshauptstadt München zur Münchener Biennale

Galina Ustwolskaja

Einführungsgespräch mit Fridemann Leipold und Johannes X. Schachtner Fr 16. Mai, 19 Uhr Herz-Jesu-Kirche

die künstler

Freitag 16. Mai, 20 Uhr Herz-Jesu-Kirche, Neuhausen Karten  € 22,– | € 30,– | Ermässigt € 8,–

Ulf Schirmer ist seit 2006 künstlerischer Leiter des Münchner Rundfunkorchesters, seit 2009 Generalmusikdirektor, seit 2011 auch Intendant der Oper Leipzig. Schirmer wurde in Eschenhausen bei Bremen geboren, studierte am Bremer Konservatorium, danach an der Hamburger Musikhochschule bei György Ligeti, Christoph von Dohnányi und Horst Stein. Er war Assistent von Lorin Maazel und Hausdirigent an der Wiener Staatsoper, 1988 bis 1991 Generalmusikdirektor in Wiesbaden, ab 1991 ResidentDirigent und Konsulent der Staatsoper Wien. Von 1995 bis 1998 leitete er das Dänische Radio-Symphonie-Orchester Kopenhagen als Chefdirigent. 2000 wurde Schirmer zum Professor für musikalische Analyse und Musikdramaturgie an die Hochschule für Musik und Theater Hamburg berufen. In zahlreichen Engagements bei den Bregenzer und den Salzburger Festspielen, an der Staatsoper Wien, der Grazer Oper, der Deutschen Oper Berlin, der Pariser Opéra Bastille, der Mailänder Scala, in Tokio, Genf und Israel dirigierte er vor allem das Opernrepertoire des 19. und 20. Jahrhunderts.

Anne-Carolyn Schlüter wirkte bei der Münchener Biennale 2002 in Manfred Stahnkes Orpheus Kristall und 2004 in Johannes Maria Stauds Berenice mit. In Oper und Konzert spannt sich das Repertoire der Mezzosopranistin von der Renaissance bis zu zeitgenössischen Werken. Nach ihrem Studium an der Kölner Musikhochschule war sie in Görlitz und Kiel fest engagiert. Sie gastierte danach an den Opernhäusern in Mannheim, Köln, Wiesbaden und Oslo. An der Berliner Staatsoper sang sie die Uraufführung von Peter Ruzickas Hölderlin, in Lübeck die Titelrolle von Othmar Schoecks Penthesilea, für die sie von der Opernwelt als Sängerin des Jahres 2010 nominiert wurde. Unter Claudio Abbados Leitung sang sie Mozarts Zauberflöte an mehreren Theatern Italiens und in Edinburgh. Langjährige Zusammenarbeit verbindet sie mit Hellmuth Rilling und mit dem Münchner Bachchor.


Von der Musik zum Theater – vom Theater zur Musik Symposium Freitag 9. Mai, 11 – 17 Uhr

Samstag 10. Mai, 11 – 14 Uhr

Eröffnung 11 Uhr Peter Ruzicka

Zwischen Hören und Sehen – Musik und Performance

Vom Hören zum Sehen – Komponieren für die Bühne 11:30 Uhr Detlev Glanert im Gespräch mit Heike Lies: Kompositionsaufträge der Münchener Biennale 1988 und heute – hat sich etwas verändert im Verhältnis Musik und Bühne und wenn ja, was?

11 Uhr Ruedi Häusermann im Gespräch mit Cornel Franz: Die Beziehung zwischen Musik und theatraler Aktion 11:30 Uhr Lotte de Beer: Die Unterschiede beim Inszenieren klassischer Opern und beim Inszenieren von Uraufführungen

12 Uhr Carola Bauckholt: Theater der Geräusche 12:30 Uhr Samy Moussa: Hören, sehen und erfassen Zeitgenössische Oper und Verständlichkeit 13 – 14 Uhr Diskussionsrunde Moderation: Wolfgang Rathert 14 Uhr Pause Vom Sehen zum Hören – Regie für zeitgenössisches Musiktheater

12 Uhr Manuela Kerer: Draußen? Drinnen? Wenn das Foyer zur Bühne wird 12:30 Uhr Pause 13 – 14 Uhr Diskussionsrunde Moderation: Rainer Pöllmann Konzeption: Heike Lies Veranstaltet von der Münchener Biennale und dem Kulturreferat der Landeshauptstadt München

15 Uhr Waltraud Lehner: Musiktheater von lebenden, toten und untoten Komponisten – eine Spurensuche 15:30 Uhr Herbert Fritsch: Ohne Titel 16 Uhr Arnulf Herrmann: Die Szene als Teil der Komposition
 16 – 17 Uhr Diskussionsrunde Moderation: Heike Lies

56

Freitag 9. Mai, 11 – 17 Uhr Samstag 10. Mai, 11 – 14 Uhr Gasteig/Black Box Eintritt frei

mehrjähriger Mitarbeit im 1959 in Krefeld geboren. Nach Carola Bauckholt wurde in Köln bei Mauricio Kagel. 1984 bis (TAM) studierte sie 1978 Krefelder Theater am Marienplatz g, 1991 das Thürmchen nnes Walter den Thürmchen Verla 1985 gründete sie mit Caspar Joha chen für hellhörig bei Mün ung dzeit rn der Woche“ der Aben Ensemble. 2008 erhielt sie den „Ste e ntell Musik der Deutsche wurde ihr in der Kategorie Experime der 11. Münchener Biennale. 2010 hellhörig war sie 2011 in tück aters ikthe ehen. Mit ihrem Mus Musikautorenpreis der GEMA verli . 2013 wurde sie zum Mitglied de Chile und Buenos Aires zu Gast Rheinsberg, Warschau, Santiago Werke von Carola Bauckholt der ent Mom n gewählt. Ein zentrales der Akademie der Künste in Berli Verstehens. omen der Wahrnehmung und des ist das Nachdenken über das Phän

Herbert Fritsch, geboren 1951 in Augsburg, spielte nach seiner Ausbildung an der Otto-Falckenberg-Schule an großen Bühnen im In- und Ausland. Anfang der 1990er Jahre bis 2007 war er an der Berliner Volksbühne tätig. Seit 2000 münden seine Bestrebungen im intermedialen Kunstprojekt hamlet_X. Fritsch ist dabei Schauspieler, Film- und Theaterregisseur, Autor, Performer, Fotograf und Zeichner. Seit seinem Abschied von der Volksbühne führt er an deutschsprachigen Bühnen Regie, u.a. in Halle, Oberhausen, Schwerin, Leipzig, Berlin (Volksbühne), Bremen, Hamburg (Thalia-Theater), Köln, Schauspiel und Oper Zürich und am Residenztheater München. Er wurde mehrfach zum Berliner Theatertreffen eingeladen, aktuell mit Ohne Titel Nr. 1 // Eine Oper von Herbert Fritsch.

Arnulf Hermann, geboren in Heidelberg. Klavierstudium in München, Kompositions- und Musiktheoriestudium in Dresden, Paris und Berlin. 1999 / 2000 Teilnahme am Kurs Komposition und neue Technologien des Pariser IRCAM. Herrmann verbindet eine enge Zusammenarbeit mit führenden Ensembles für zeitgenössische Musik. Seine Oper Wasser wurde 2012 bei der Münchener Biennale uraufgeführt. Für seine Musik erhielt Herrmann Preise und Auszeichnungen wie z.B. das Romstipendium für die Villa Massimo (2008) und den Komponistenpreis der Ernst von Siemens Musikstiftung (2010). Arnulf Herrmann unterrichtet Komposition an der HfM „Hanns Eisler“ in Berlin.

Cornel Franz, studierte Germanistik, Theaterund Musikwissenschaft in München. Nach Engagements als Inspizient und Regieassistent in Bayreuth, Ruedi Häusermann, Komponist, Autor und Dortmund und an der Staatsoper Regisseur, wurde 1948 im schweizerischen Hamburg begann er seine Lenzburg geboren. Er studierte Ökonomie und Karriere als freier Regisseur, die Musik. Früh wandte er sich dem Jazz und der ihn von Ulm, Bremen, Mannheim freien Improvisation zu. An Theatern wie bis nach Wien, Paris und Los dem Neumarkt Theater und Schauspielhaus Angeles führte. Parallel dazu arbeitete er an der Bayerischen Zürich, der Volksbühne Berlin, dem Theater Staatsoper und der Deutschen Oper Berlin. Von 1989 bis Basel, Burgtheater Wien, Staatstheater 2013 leitete er den Studiengang Regie der Hochschule für Hannover, den Staatsopern in München Musik und Theater / Bayerische Theaterakademie. Von 1993 und Stuttgart realisierte er sein Konzept bis 2006 war er wieder an der Bayerischen Staatsoper tätig, des „optisierten Konzerts“. Kern sind zunächst als künstlerischer Leiter der Experimentierbühne seine eigenen Kompositionen, in denen er vertraute Klänge in ihren „Labor“, ab 1998 bis 2006 als Programmmacher der Reihe Randbereichen durchleuchtet, und die er in einen optischen Kontext FESTSPIEL+. Heute sind seine Erfahrungen mit der Entwicklung stellt. U. a. erhielt er den Bayerischen Theaterpreis (1999) und den und Durchführung interdisziplinärer Veranstaltungskonzepte Zürcher Kunstpreis (2011). überregional gefragt.

Wolfgang Rathert wurde 1960 in Minden/Westfalen geboren. Nach Kirchenmusiker-Examen Studium der Musikwissenschaft, Philosophie und Neueren Geschichte an der Freien Universität Berlin; Promotion über das Werk von Charles Ives. Ausbildung zum Wissenschaftlichen Bibliothekar, 1991-2002 Leiter der Musik- und Theaterbibliothek der Universität der Künste Berlin. 1999 Habilitation an der Humboldt-Universität zu Berlin. Seit WS 2002/03 Professor für Historische Musikwissenschaft an der LMU München mit Schwerpunkt 20. Jahrhundert und Musik der Gegenwart. Mitglied des Stiftungsrats der Géza Anda-Stiftung Zürich und der Paul Sacher-Stiftung Basel.

Heike Lies besuchte bereits während ihrer Schulzeit die Internationalen Ferienkurse und Frühjahrstagungen des Institutes für Neue Musik und Musikerziehung in Darmstadt. Ihr Studium der Musikwissenschaft mit den Nebenfächern Deutsche Literatur und Liturgiewissenschaft schloss sie in Mainz mit dem Magister Artium ab. Während des Studiums war sie u. a. für verschiedene Rundfunkanstalten, Fachzeitschriften und Tageszeitungen als freiberufliche Musikjournalistin tätig sowie als festangestellte Mitarbeiterin bei Schott Wergo Music Media. 1996 bis 2001 arbeitete sie bei ECM Records in München. Sie ist im Kulturreferat der Landeshauptstadt München für die Bereiche Musik und Musiktheater zuständig.

Rainer Pöllmann, geboren 1962 in Vohenstrauß/Oberpfalz, studierte Musikwissenschaft, Germanistik und Theaterwissenschaft in Freiburg, München und Berlin. Ab 1987 Autor und Moderator für öffentlich-rechtliche Kulturprogramme, Kritiker und Autor zahlreicher Programmheftbeiträge und Werkessays. Seit 1996 ist er Musikredakteur bei Deutschlandradio Kultur, in dieser Funktion auch Koproduzent zahlreicher CDs. Seit der Gründung im Jahr 1999 ist er einer der beiden Leiter des von Deutschlandradio Kultur und dem kulturradio vom rbb veranstalteten Festivals für neue Musik „Ultraschall Berlin“. Kulturpolitisch engagiert er sich in Beiräten und Jurys, unter anderem im Hauptstadtkulturfonds (2005-2007), dem Wettbewerb Toonzetters in Amsterdam (2010-2011) und seit 2001 im Beirat der Edition Zeitgenössische Musik des Deutschen Musikrats.

57


Musiktheater als kompositorische Herausforderung – zwischen verbindlicher Partitur und theatralem Event Eine Podiumsdiskussion im Rahmen der 14. Münchener Biennale Das traditionelle Verhältnis komponierter Musik zu einer darauf im Sinne einer umsetzenden Interpretation definierten theatralen Aufführung scheint in den letzten Jahren auf vielfältige Weise in Frage gestellt. Der Notentext wird nicht selten als Ausgangspunkt musikdramatischer Konstellationen gesehen, der dann durchaus selbst im Erarbeitungsprozess zur Disposition gestellt werden kann. Das Spektrum reicht bis zu Konzeptionen, die zunächst vom theatralen Event ausgehen, der nicht selten improvisatorisch und experimentell erschlossen wird, um erst dann die musikalisch-akustische Dimension zu entfalten. Das Symposium will der Frage nachgehen, inwieweit das Musiktheater der Gegenwart und der Zukunft sich zwischen diesen beiden Polen – einer verpflichtend zu interpretierenden Partitur mit entsprechenden szenischen Impulsen bzw. einem offenen performativen Entstehungsprozess, der alle Parameter, also auch die musikalische Dimension einbegreift – entwickeln kann. Siegfried Mauser

Biennale-Werkstatt der Münchner Volkshochschule Zur 14. Münchener Biennale bietet die Münchner Volkshochschule zwei Workshops an sowie ein Auftakt spezial. Die erste Werkstatt Musiktheater im Raum zu Nikolaus Brass‘ Sommertag macht die Teilnehmenden mit der Klangwelt des Komponisten, mit Text und Stoff vertraut. Einblicke in den besonderen Ansatz von Komposition und Inszenierung verschaffen Gespräche mit dem Komponisten, der Dramaturgin Waltraud Lehner und der Bühnenbildnerin Katherina Kopp sowie ein gemeinsamer Proben- und Vorstellungsbesuch. Dozentinnen: Shoshana Liessmann und Dr. Katharina Keim, 6 Termine, seit 10. März

Begrüßung und Moderation: Siegfried Mauser Impulsreferat: Gerhard R. Koch Es diskutieren: Mark Andre, Gerhard R. Koch, Isabel Mundry, Peter Ruzicka, Dieter Schnebel, Klaus Zehelein

In der zweiten Werkstatt NeueMusikSalon können die Teilnehmer mehr über die aktuelle Musik, ihre Strömungen und Künstler erfahren und sich darüber mit anderen austauschen. Anknüpfend an die Tradition der Salons wird Raum geboten, zeitgenössische Musik intensiv und mit erfrischendem Diskurs zu erleben. Dozentin: Shoshana Liessmann, 6 Termine, seit 24. März

Mit einem Auftakt spezial unter der Leitung von Shoshana Liessmann bietet die Münchner Volkshochschule eine Einführungsveranstaltung zum Sonderkonzert der Münchner Philharmoniker mit Werken von Hans Werner Henze an. Gast wird Peter Ruzicka, der künstlerische Leiter der Münchener Biennale, sein.

Samstag 10. Mai, 18.45 bis 19.30 Uhr Gasteig /Raum 0.117 Samstag 17. Mai, 11 Uhr Bayerische Akademie der Schönen Künste Eintritt frei

58

Karten € 3,Ausführliche Informationen:

www.mvhs.de

59


MUSIK

Telefon (0 89) 44 47 80-62/61 www.mvhs.de/musik

machen lieben kennenlernen verstehen hören

Peter Ruzicka

Die Münchener Biennale – Versuch einer Bilanz

lieben erleben machen lieben kennenlernen kennenlernen verstehen erleben machen lie verstehen machen lieben hören erleben kenne hören erleben hören kennenlernen verstehen erleben machen lieben hören kennenlernen

Münchner Volkshochschule styx orfeos‘ past now musiktheater

Foto: Christine Schneider

Uraufführung

27. November 2014 20.30 Uhr weitere Vorstellungen:

28., 29., 30.11. und 1.12. Museum für Abgüsse Klassischer Bildwerke München Katharina-von-Bora-Straße 10 80333 München Tickets über München Ticket und an der Abendkasse

Partner Museum für Abgüsse Klassischer Bildwerke München Hochschule für Musik und Theater München Gefördert von

Idee, Konzept: Martina Veh, Christopher Robson Musik: Alexander Strauch Musikalische Leitung: Nicholas Kok United Continuo Ensemble Christopher Robson (Countertenor) Florence Losseau (Mezzosopran) Raphael Sigling (Bass) Ein Vokalensemble, Leitung: Anne Isenberg Regie: Martina Veh Video | Raum: fettFilm Ausstattung: Stefan Wintersberger, Nikolaus Maier Light Design: Benedikt Zehm Produktionsleitung: Alexandra Zöllner

Teorema

Ein Jahr vor der 5. Münchener Biennale überraschte mich Hans Werner Henze 1995 mit der Frage, ob ich mir vorstellen könnte, die Shadowtime Künstlerische Leitung des Festivals für neues Musiktheater von ihm zu übernehmen. Seine Anfrage ehrte mich, waren es doch seine Bassariden, die mich noch als Schüler bei ihrer Uraufführung 1966 in Salzburg völlig in den Bann schlugen und in mir die weit verbreiteten Zweifel an der Zukunftshaltigkeit des Musiktheaters vollkommen zerstreuten. Mein Erstaunen beantwortete Henze mit dem Hinweis, dass er seinen siebzigsten Geburtstag unmittelbar vor sich habe und sich daher in der Meisterschaft der Beschränkung üben wolle. Die Stadt München stimmte der Stabübergabe einmütig zu, Hans Werner Henze und ich konnten die 5. Biennale gemeinsam weiterplanen und gestalten – eine ebenso kollegiale wie freundschaftliche Zusammenarbeit, die mir nachdrücklich im Gedächtnis blieb. Die 5. Biennale veranstalteten wir 1996 und 1997 in drei zehntägigen Einheiten. Das Festival befand sich auf Expansionskurs. Acht Opern-Uraufführungen, dazu begleitende Konzerte, Symposien und Einführungen bestätigten, wie genau Henze einen musikgeschichtlichen Bedarf traf, als er dem Münchener Kulturdezernenten, um Rat für ein unverwechselbares Musikfestival in der Bayerischen Landeshauptstadt gefragt, das neue Musiktheater als Schwerpunkt vorschlug. Henze wusste aus eigener Erfahrung, dass die relative Distanz von Oper und Avantgarde auf Gegenseitigkeit beruhte, und dass international ein Laboratorium fehlte, das jungen Komponisten die Theaterwelten im Experiment, in der Erprobung, im Erfahrungsaustausch mit älteren Kollegen hätte erschließen können. Die Münchener Biennale gründete er in der Absicht, Komponisten, die erstmals zum Musiktheater drängen, ein Forum zu schaffen, um ihre Werke im Stadium der Entstehung zu diskutieren, bei der Vorbereitung der Inszenierung im Zusammenspiel mit anderen Medien und Künstlern zu prüfen, und sie schließlich in ersten Aufführungssequenzen dem Publikum und der (Fach-)Kritik vorzustellen. Dem Festival war daher von vornherein eine doppelte Blickrichtung eigen: diejenige auf die Rezeption und diejenige auf die Entstehung musiktheatralischer Kunst, diejenige auf das Musikleben und diejenige auf die Kreativen, die darin Position beziehen wollen. Daher bestand auch von vornherein Konsens darüber, dass das gelungene Werk, das von München aus den Weg an Operntheater in aller Welt antritt, zwar stets das zu erstrebende Ziel, aber keinesfalls das einzige Erfolgskriterium für ein Festival neuen Musiktheaters sein kann. Doch selbst unter diesem verengten Blickwinkel kann sich die Biennale-Bilanz sehen lassen.

61


Peter Ruzicka

Versuch einer Bilanz Experiment und Repertoire Ein Musikwissenschaftler rechnete kürzlich vor, dass – auf die ganze Operngeschichte bezogen – nicht mehr als drei Prozent der uraufgeführten Werke über den Ort ihrer Premiere hinaus an weitere Bühnen gelangten. Dass demgegenüber ungefähr die Hälfte der Biennale-Werke ein Fortleben hatte, dürfen wir nicht ganz ohne Stolz registrieren. Werke wie Bremer Freiheit von Adriana Hölszky, Greek von Mark Anthony Turnage, Teorema von Giorgio Battistelli, Marco Polo von Tan Dun, Vision of Lear von Toshio Hosokawa, Pnima von Chaya Czernowin, Shadowtime von Brian Ferneyhough, …22.13… von Marc André, hellhörig von Carola Bauckholt, Arbeit, Nahrung, Wohnung von Enno Poppe oder Wasser von Arnulf Herrmann sind mittlerweile in die jüngere Musiktheatergeschichte eingegangen. Bei manchen Festivals war der experimentelle Überschuss der Produktionen von vornherein so stark, dass der Weg wichtiger schien als das Ziel, etwa bei der Münchener Biennale 2002, als Pnima wir die Neuen Medien für uns entdeckten – Oper und Internet, virtuelles Bühnenbild, interaktive szenische und musikalische Formen – und das Musiktheater, immer schon ein Aktionsfeld virtueller Realität, als multimediales Ereignis zum Gegenstand des ästhetischen Experiments machten. Erfahrungsgewinn ging vor dem Desiderat, Repertoire zu bilden. Auch das gehört zu einem Festival für Musiktheater, das von einem Denken in längeren Zeiträumen geleitet wird.

Es ging uns daher nie allein um einen Querschnitt durch die Landschaft zeitgenössischen Komponierens, sondern auch um die Förderung und Unterstützung exponierter Ansätze. Mit dem Begriff der Zweiten Moderne habe ich mich wiederholt gegen die Tendenzen der noch immer herrschenden Postmoderne gestellt. Wo Kunst beliebig und austauschbar zu werden droht, wo sie überwiegend mit Versatzstücken, Chiffren und Verweisungszusammenhängen arbeitet, fordert sie Gegenzeichen heraus. Wir dürfen neu darüber nachdenken, wo so etwas wie künstlerischer Fortschritt liegen könnte. Sich mit dem bestehenden ästhetischen Vokabular zufrieden zu geben, halte ich für ungenügend. Fortschritt bedeutet dabei nicht unbedingt im Adornoschen Sinn Materialfortschritt. Vielleicht sollten wir uns mit künftigen künstlerischen Projekten nicht zuletzt auch dem politischen Diskurs, den brennenden weltweiten Fragestellungen unserer Zeit, auf künstlerischer Ebene nähern.

Im letzten Jahrzehnt stand bei den Biennale-Uraufführungen der Aspekt von Entgrenzungen, von Grenzüberschreitungen des Musiktheaters im Vordergrund. Vielfach waren es Werke, auf die herkömmliche ästhetische Maßstäbe nicht ohne weiteres anwendbar sind, die aber gerade dadurch zum Kern des Genres Oper zurückführen. Ich halte die Befragung scheinbar „eherner Gesetze des Theaters“ – und zwar von allen denkbaren Seiten her – für ein notwendiges Anliegen eines Festivals für Neues Musiktheater. Die Oper muss sich stets wieder aus sich heraus erneuern. Und sie tut dies seit mehr als vierhundert Jahren entgegen allen Prophezeiungen, auch solchen aus jüngster Zeit, mit Erfolg. Wichtig war uns, die offenen Grenzen auch im Festivalprogramm selbst erfahrbar zu machen, u. a. durch begleitende, thematisch fokussierte Konzerte und durch die Einbeziehung der experimentellen Münchener Szene in das Biennale-Programm. Der Wandel der Paradigmen Die Paradigmen unserer Arbeit haben sich seit 1988 künstlerisch und wirtschaftlich eingreifend verändert. Als Hans Werner Henze die Münchener Biennale begründete, galt die Oper bei jungen Komponisten als überholtes Genre. Heute scheint es, dass gerade die jüngere Generation in ihr wieder ein unvergleichliches Imaginations-Potenzial erkennt. – Wirtschaftlich gesehen folgte der expandierenden Planung, bedingt durch die Sparzwänge kommunaler Haushaltssanierung, bald eine Zeit deutlicher Einschränkungen. Gleichwohl hat die Stadt München – das kann nicht hoch genug geachtet werden – die Existenz des Festivals nie in Zweifel gezogen, während bundesweit mehr als ein Viertel der Berufsorchester durch Schließung oder Fusion aus dem Kulturleben verschwand. Wir konnten in den letzten Jahren die Kooperationen deutlich ausbauen. Sie bringen über die Verteilung der finanziellen Lasten hinaus den Vorzug mit sich, dass die Biennale-Produktionen zeitnah an mindestens ein anderes Theater gehen und in dessen Spielplan innovative Zeichen setzen. Die Uraufführung findet im Rahmen der Biennale statt. Dies entspricht unserem Grundsatz, bereits erprobte oder durchgesetzte Konzepte nicht abermals in München zu präsentieren. Wir haben stets auf den initialen Ansatz geachtet, auch im Falle eines bereits älteren Kollegen wie Brian Ferneyhough, der zwei Jahrzehnte lang auf seine Oper Shadowtime hinarbeitete.

Maldoror

Internationalität Die Münchener Biennale bot dazu wichtige und tragfähige Ansätze. Von Anfang an definierte sie sich als internationales Festival. Komponisten und Librettisten kamen nicht nur aus ganz Europa, von der iberischen Halbinsel bis zum Baltikum, sondern auch aus dem Nahen und Fernen Osten, aus Israel, Japan, Korea, China, Indien und vom amerikanischen Doppelkontinent. Param Vir, Tan Dun, Toshio Hosokawa, Sandeep Bhagwati, Chaya Czernowin, Qu Xiao-Song, Lin Wang, Tato Taborda und Eunyoung Kim haben hier ihre ersten Opernprojekte realisiert – Komponist(inn)en, die der Kultur ihrer Herkunftsländer reflektiert und mit großer Achtung verbunden bleiben; deren Geschichte nahmen sie ebenso scharf in den Blick wie die aktuellen Konflikte im Zuge einer rasanten Modernisierung. Es war immer wieder aufs Neue eine erstaunliche Erfahrung, wie rasch und zwingend die Reflexion gegenwärtiger Verhältnisse und die Dimension des Historischen sich aufeinander zu bewegten, sobald man die Oberfläche der Phänomene verließ. Das gilt auch für die Verbindungslinien, die wir immer wieder bewusst zur Moderne des 20. Jahrhunderts zogen. Wir sprachen sie in Motti wie Der ferne Klang oder In die Fremde und Der

62

Blick des Anderen an, die wir als ein begriffliches Resümee der vorliegenden Konzepte, nicht als Vorgaben für die Komponisten formulierten. Sie fanden Konkretion in Opern wie Christoph Staudes Wir, die durch Jewgeni Samjatins Visionen einer totalitären Moderne inspiriert war, in Steffen Mahnkopfs Angelus novus und Brian Ferneyhoughs Shadowtime mit ihrem Rekurs auf Walter Benjamin, aber auch in Chaya Czernowins Pnima und Sarah Nemtsovs L’Absence, die die Nachwirkungen der Schoa in ihrer Aktualität und in ihrer geschichtlichen Tiefendimensionen freilegten, oder in Johannes Maria Staudts Berenice, Philipp Maintz’ Maldoror und Martón Illés’ Die weiße Fürstin, die die „Ahnung vom Ende der menschlichen Seele“ (Léon Bloy) beschworen und damit im Benjaminschen Sinn an den „choque“ als der „exemplarischen Bewusstseinshaltung des modernen Künstlers“ (Karl Heinz Bohrer) zu seiner Umwelt erinnerten. In all diesen Musik- und Bühnenwerken wurden ästhetische, gesellschaftliche und politische Fragen von unverminderter Aktualität aufgeworfen und zur Diskussion gestellt. Die Internationalität des Festivals bezog sich nicht nur auf Herkunft und Staatsangehörigkeit seiner Künstler, sondern ebenso auf seine Inhalte, Problemstellungen und auf seine Ausstrahlung. Kollegen aus ganz Europa kommen zur Münchener Biennale und „adoptieren“ erfolgreiche Stücke, übernehmen entweder die Münchener Produktion oder inszenieren das Werk neu. Manchmal geschieht dies erst mit dem Abstand von Jahren, so etwa mit Chaya Czernowins Pnima von 2000, das 2007 in Weimar und 2010 in Stuttgart herauskam. Hier mag auch einmal die zeitliche Distanz einen „zweiten Blick“ erfordern, ähnlich wie im Falle von Ferneyhoughs Shadowtime, das in den nächsten Jahren vielfach neu produziert werden wird.

Aktualität und Kontinuität Zwischen der Zeit, in der Hans Werner Henze die Biennale gründete, und der unmittelbaren Gegenwart liegt die Lebensdistanz einer Generation – gemessen an der Geschichte der Oper eine kurze, gemessen am modernen Innovationsdruck dagegen eine lange Zeit. In dem Vierteljahrhundert, in dem die Biennale mit großer Kontinuität neues Musiktheater entstehen ließ und zur Diskussion stellte, schritt die Vernetzung der Welt in Höchstgeschwindigkeit voran. Kulturelle Traditionen trafen mit einem Tempo und einer Intensität aufeinander, die ihr Wachsen durch Jahrhunderte zu negieren schienen. Die aktuelle Moderne fordert ein Leben in zwei Geschwindigkeiten. Die Münchener Biennale hat den Prozess der Ungleichzeitigkeiten, der als „Globalisierung“ nur unzureichend benannt ist, seit ihrer Gründung beobachtet, kritisch begleitet und künstlerisch beantwortet. Ich war mir mit Hans Werner Henze darin einig, dass die Biennale die Wachheit und Offenheit gegenüber aktuellen Tendenzen mit dem großen Atem der Kontinuität so gut wie möglich zusammenbringen sollte. Eine Periode dieser spanungsvollen Arbeit geht mit dieser ersten Generationsspanne der Biennale zu Ende. Eine nächste wird von neuen Voraussetzungen aus beginnen.

63


Peter Ruzicka

The Munich Biennale – an attempt at a résumé One year before the Fifth Munich Biennale Hans Werner Greek by Mark Anthony Turnage; Teorema by Giorgio Battistelli; Marco Polo Henze surprised me in 1995 with the question of whether by Tan Dun; Vision of Lear by Toshio Hosokawa; Pnima by Chaya Czernowin; I could imagine taking over his position of artistic director of Shadowtime by Brian Ferneyhough; … 22:13 … by Mark Andre; hellhörig by the new music theater festival. His inquiry honored me, as it Carola Bauckholt; Arbeit, Nahrung, Wohnung by Enno Poppe; and Wasser by was his Bassarids that enchanted me so completely at their Arnulf Herrmann have found their place in the most recent history of music. world premiere in Salzburg in 1966 while I was still a pupil, With some festivals the experimental surplus of productions was from and they completely dispersed the widespread doubts I had the outset so strong that the path seemed to be more important than the inside of me concerning the sustainable future of music theagoal, for example the Munich Biennale in 2002 when we discovered the ter. Henze responded to my astonishment by pointing out his new media – opera and Internet, virtual stage sets, interactive scenic and seventieth birthday was just around the corner, and therefore musical forms – and made music theater, already always a field of action of he wanted to practice becoming a master of constraint. The virtual reality, the object of the aesthetic experiment as a multimedia event. city of Munich agreed unanimously to this passing of the The benefits gained from experiences had priority over the desideratum of baton, and Hans Werner Henze and I could plan and organize creating a repertoire. That too is part of a music theater festival guided by a together the Fifth Biennale – an equally collaborative as well as philosophy over longer periods. In the last decade, the aspect of delimitation friendly cooperation, which has remained an intense memory and of crossing boundaries was in the foreground of the Biennale's world of mine. premieres. In many cases, these were works that are not readily adaptive We organized the Fifth Biennale in 1996 and 1997 into three to conventional aesthetic benchmarks, but which precisely because of this ten-day units. The festival was on an expansion course. Eight lead back to the core of the opera genre. I think the questioning of the appaworld premieres of operas accompanied by concerts, symporent "iron rules of theater" – and indeed from every conceivable side – is a siums, and introductory events confirmed how precisely Henze necessary concern of a new music theater festival. Opera must constantly had recognized what was needed in the history of music when renew itself from within. And it has been doing this with success for more he suggested to the City of Munich's head of the department than four hundred years despite every prophecy, even in most recent of arts and culture to focus on music theater when asked by times. It was important to us to make the open boundaries experienceable him to suggest a distinctive music festival for the capital city in the festival program itself as well through – among other means – the of Bavaria. Henze knew from his own experience that the accompanying, thematically focused concerts and by including the experirelative distance between opera and avant-garde was based on mental scene in Munich in the Biennale program. reciprocity, and that internationally a laboratory was lacking that would unlock the world of theater for young composers through The Transformations of the Paradigms experimenting, testing, and exchanging experiences with older The paradigms of our work have drastically transformed artistically and colleagues. He founded the Munich Biennale with the intention economically since 1988. When Hans Werner Henze founded the Munich of creating a forum for composers who are making their way Biennale young composers considered opera to be an outdated genre. into music theater for the first time, a forum for them to discuss Today it seems that precisely the younger generation once again sees their works during the creation stage, to conduct tests during an incomparable potential for the imagination in opera. In economic the preparation for the production in interaction with media and terms, the expansion of planning was soon followed, due to the need to artists, and then to present them in the end to the general public economize on the part of communities reorganizing their budgets, by a and professional critics in the initial performance sequences. period of distinct cutbacks. Nevertheless, the City of Munich – this cannot For this reason, from the beginning the festival had the characbe praised highly enough – never placed in doubt the existence of the teristic of a double perspective: the perspective on the reception festival, while across Germany more than a fourth of the professional and creation of music theater art; the perspective on the life of orchestras vanished from the cultural scene through fusion or by being music and on the creative persons who want to take a position. closed down. Therefore, from the beginning there was also a consensus that In recent years we could expand the cooperations considerably. In addithe accomplished work, which makes its way from Munich to the tion to the distribution of the financial burdens, the cooperations bring opera houses all across the globe, was in fact always the aspired with them the advantage that the Biennale productions promptly move goal, but which on no account can be the sole criterion of success on to at least one more theater and infuse that theater's schedule of for a festival of new music theater. But even with this narrow vieperformances with innovative elements. The world premiere takes place wpoint the résumé of the Biennale is impressive and something as part of the Biennale program. This corresponds to our basic principle to be proud of. of not presenting previously tested or acknowledged concepts once again in Munich. We constantly adhered to the initial approach, also in Experiments and Repertoire the case of an already older colleague like Brian Ferneyhough, who had Recently a musicologist calculated that – when applied to the been working for two decades on his opera Shadowtime. entire history of opera – not more than three percent of the works Therefore, we were never solely concerned with a cross-section of the celebrating their world premieres made it beyond where they contemporary composition landscape; we were also concerned with had had their premieres. We can register with some pride that in sponsoring and supporting exposed approaches. With the term "second comparison approximately half of the Biennale works lived on. In modernity," I repeatedly took a position against the tendencies of the the meantime, works such as Bremer Freiheit by Adriana Hölszky; still dominant postmodern. Where art threatens to become casual and

64

interchangeable, where for the most part it works with set pieces, codes, and referential contexts, it provokes countergestures. We are free to reconsider where something such as artistic progress could lie. I feel it is insufficient to be satisfied with the existing aesthetic vocabulary. Here, progress does not necessarily mean material advancement in the Adornoian sense. Perhaps with future art projects we should, last but not least, also approach political discussions and the caustic worldwide issues of our times on an artistic level.

the choque as the "exemplary countenance of awareness of the modern artist" (Karl Heinz Bohrer) toward the artist's environment. In all of these music and stage works aesthetic, social and political issues of undiminished topicality were brought up and opened up for discussion. The internationality of the festival not only applied to the origins and nationalities of its artists, but as equally to the festival's contents, problem statements, and its aura. Colleagues from all over Europe come to the Munich Biennale and "adopt" successful works, and either transfer the Munich production or restage the work. Sometimes this does not happen until after a period of years, as for example with Chaya Czernowin's Pnima from 2000, which was produced in 2007 in Weimar and in 2010 in Stuttgart. Perhaps here the distance in time may require a "second view," similar to the case of Ferneyhough's Shadowtime, which will be restaged multiple times in the coming years.

Internationality The Munich Biennale provided important and sustainable approaches. It defined itself as an international festival from the beginning. Composers and librettists came not only from all over Europe, from the Iberian peninsula to the Balkan states, but also from the Middle and Far East; Israel; Japan; Korea; China; India; and from the two American continents. Param Vir; Tan Dun; Toshio Hosokawa; Sandeep Bhagwati; Chaya Czernowin; Qu XiaoSong; Lin Wang; Tato Taborda; and Eunyoung Kim produced their first opera projects here – composers who reflect their homeland's culture and remain beholden, with great respect, to their homeland's culture; they examined Topicality and Continuity the history of their homeland with as sharp an eye as they examined the Between the time in which Hans Werner Henze founded the current conflicts during the process of a rapid modernization. Time and Biennale and the immediate present there lies the lifespan of again, it was always a new and astounding experience how quickly and a generation – a short time measured by the history of opera, compelling the reflection of present circumstances and the dimensions of but a long time when measured by the modern pressure to be history moved toward one another as soon as one left the surface area innovative. In the quarter of a century in which the Biennale of phenomena. developed new music theater productions with great continuity This is also valid for the connecting lines that we have over and over again and opened them up for discussion, the networking of the world consciously drawn to the modernity of the 20th century. We referred to advanced at high speed. Cultural traditions collided with a speed them in mottos such as The Distant Sound or ... into the Unknown, and and an intensity that appeared to negate their growth over the From Another View, which we formulated as a conceptual résumé of the centuries. The current modernity requires a life in two speeds. existing concepts and not as specifications for the composers. They were Since the Munich Biennale was founded, it has observed the proconcretized in operas such as Christoph Staude's Wir, which was inspicess of the non-simultaneities, a process which is only inadequared by Jewgeni Samjatin's visions of a totalitarian modernity; in Steffen tely called "globalization," it has been a critical companion of it and Mahnkopf's Angelus novus and Brian Ferneyhough's Shadowtime with responded to it in artistic ways. I agreed with Hans Werner Henze their recourse to Walter Benjamin; in Chaya Czernowin's Pnima and Sarah that with the immense vitality of continuity the Biennale should Nemtsov's L'Absence, which exposed the aftereffects of the Shoah in bring together as well as possible alertness and directness in the their topicality and in their historical depth; and in Johannes Maria Staudt's face of current trends. A period of this exciting work is coming to Berenice, Philipp Maintz' Maldoror and Martón Illés' Die weiße Fürstin, an end with this first generational span of the Biennale. The next which conjure up the "foreshadowing of the demise of the human period will begin based on new requirements. soul" (Léon Bloy) and thus in the Benjaminian sense reminded one of

Dokumentation Die Münchener Biennale 1988 – 2014 Herausgegeben von der Münchener Biennale – Internationales Festival für neues Musiktheater, Kulturreferat der Landeshauptstadt München, Die Deutsche Bühne / Detlef Brandenburg

Mama Dolorosa

Konzeption und Chefredaktion: Detlef Brandenburg Verlag: Inspiring NETWORK GmbH & Co KG, Hamburg Präsentation mit ausgesuchten Videoausschnitten von Biennaleproduktionen durch Detlef Brandenburg, dem Chefredakteur von Die Deutsche Bühne

Mittwoch 21. Mai, 18 Uhr Gasteig/Carl-Orff-Saal Eintritt frei Wasser

65


spielplan Spielplan

Mi 7.5.

Muffathalle

Gasteig

Reaktorhalle Cuvilliés-Theater

spielorte Schwere Reiter

Andere Orte

Muffatwerk

20 Uhr Vivier

Do 8.5.

19.30 Uhr Foyer/ Carl-Orff-Saal Innen – Phase 1 20 Uhr Carl-Orff-Saal Vastation

FR 9.5.

20 Uhr Vivier

Muffathalle Zellstraße 4 S-Bahn Rosenheimer Platz | Tram 16 Deutsches Museum oder Am Gasteig | Tram 15 und 25 Rosenheimer Platz

Gasteig

11 – 17 Uhr Black Box Symposium 19.30 Uhr Foyer/ Carl-Orff-Saal Innen – Phase 1

Philharmonie | Carl-Orff-Saal | Black Box | Raum 0.131 Rosenheimer Straße 5 S-Bahn Rosenheimer Platz, Tram 16 Am Gasteig Tram 15 und 25 Rosenheimer Platz

20 Uhr Carl-Orff-Saal Vastation

Sa 10.5.

20 Uhr Vivier

11 – 14 Uhr Black Box Symposium

Cuvilliés-Theater

20 Uhr Philharmonie Münchner Philharmoniker

SO 11.5.

20 Uhr Reaktorhalle Kopernikus

14 Uhr Voraufführung Sommertag

MO 12.5.

20 Uhr Reaktorhalle Kopernikus

20 Uhr Sommertag

DI 13.5. 20 Uhr Black Box de: conducted

Do 15.5.

20 Uhr Black Box de: conducted

20 Uhr Reaktorhalle Kopernikus

20 Uhr Utopien

SO 18.5.

20 Uhr Utopien

MO 19.5.

20 Uhr Utopien

schwere reiter

Herz-Jesu-Kirche

11 Uhr Bayerische Akademie Podiumsdiskussion

20 Uhr Cuvilliés-Theater Die Befristeten

Dachauer Straße 114 Tram 12 und 20 | Bus 53 Leonrodplatz

Lachnerstraße 8 Tram 12 Neuhausen, Renatastraße | U-Bahn 1 und 7 Rotkreuzplatz | Bus 53, 62, 133 Rotkreuzplatz

Münchner Kammerspiele

19.30 Uhr Foyer/ Carl-Orff-Saal Innen – Phase 2 20 Uhr Carl-Orff-Saal Das geopferte Leben

MI 21.5.

18 Uhr Carl-Orff-Saal Biennale Dokumentation

DO 22.5.

19.30 Uhr Foyer/ Carl-Orff-Saal Innen – Phase 2

Bayerische Akademie der Schönen Künste 20 Uhr Cuvilliés-Theater Die Befristeten

20 Uhr Carl-Orff-Saal Das geopferte Leben 19.30 Uhr Foyer/ Carl-Orff-Saal Innen – Phase 3 20 Uhr Carl-Orff-Saal Das geopferte Leben

66

19 Uhr Bayerische Akademie Henze Streichquartette

20 Uhr Herz-Jesu-Kirche M. Rundfunkorchester

SA 17.5.

FR 23.5.

20 Uhr Sommertag

Luisenstraße 37 a U-Bahn 2 Königsplatz, Theresienstraße

21 Uhr Kammerspiele M. Kammerorchester

FR 16.5.

DI 20.5.

Reaktorhalle der Hochschule für Musik und Theater

20 Uhr Sommertag

MI 14.5.

Residenzstraße 1 S-/U-Bahn Marienplatz, Odeonsplatz | Tram 19

20 Uhr Cuvilliés-Theater Die Befristeten

Münchner Volkshochschule

Schauspielhaus Maximilianstraße 26-28 S-/U-Bahn Marienplatz, Odeonsplatz | Tram 19 Kammerspiele

Max-Joseph-Platz 3 S-/U-Bahn Marienplatz, Odeonsplatz | Tram 19

Gasteig / Raum 0.117 Rosenheimer Straße 5 S-Bahn Rosenheimer Platz, Tram 16 Am Gasteig Tram 15 und 25 Rosenheimer Platz Alle Spielorte sind barrierefrei.

67


karten Kartenverkauf über München Ticket im Gasteig (Glashalle) Rosenheimer Straße 5 Montag bis Freitag 10 bis 20 Uhr Samstag 10 bis 16 Uhr im Rathaus Marienplatz 8 Montag bis Freitag 10 bis 20 Uhr Samstag 10 bis 16 Uhr in der Tourist Information am Hauptbahnhof Bahnhofsplatz 2 Montag bis Samstag 10 bis 20 Uhr im Info-Pavillon am Olympia Eissportzentrum Spiridon-Louis-Ring 7 Montag bis Freitag 13 Uhr bis 18 Uhr Samstag 10 bis 16 Uhr sowie an allen bekannten Vorverkaufsstellen Schriftlicher und telefonischer Kartenservice: München Ticket GmbH Postfach 20 14 13, 80014 München Tel. 089 – 54 81 81 81 Montag bis Freitag 9 bis 20 Uhr Samstag 9 bis 16 Uhr Sonntag 10 bis 16 Uhr Online-Kartenverkauf: www.muenchenticket.de Karten für „Die Befristeten“ sind jeweils einen Monat im Voraus (ab 19. April) nur über die Bayerischen Staatstheater und die angeschlossenen Vorverkaufsstellen erhältlich. Karten für das Konzert des Münchener Kammerorchesters sind auch bei den Münchner Kammerspielen erhältlich. Abendkasse im jeweiligen Theater eine Stunde vor Beginn der Vorstellung. Ermäßigungen (begrenztes Kontingent) erhalten Studenten, Schüler, Auszubildende, Arbeitslose und Schwerbehinderte gegen Vorlage eines Ausweises im Vorverkauf bei München Ticket sowie an den Abendkassen.

68

Festivalteam Veranstalter

in Zusammenarbeit mit Spielmotor München e.V. – eine Initiative der Stadt München und der BMW Group Künstlerische Leitung Peter Ruzicka Produktion und Veranstaltungsleitung Tilmann Broszat Künstlerisches Betriebsbüro Christa Pfeffer Katrin Beck

Fotografin Regine Körner

Leitung Festivalbüro, Werbung, Organisation Kartenverkauf Karl Beckers

Produktionsleitung/ Projektleitung Relaunch Website Walter Delazer

Künstlerische Beratung Siegfried Mauser Dramaturgie und Redaktion Habakuk Traber

Produktionsassistenz Laura Martegani Produktionsbetreuung Gasteig Annette Geller

Pressebüro Sopra-Presse-Studio Maruhn Adelheid Maruhn Festivalbüro, Vertragsabwicklung Franziska Alfons Spielmotor München e.V. Viktoria Strohbach-Hanko Vertrieb Werbung Tino Petzold Assistenz Pressebüro Philipp Mattes Eva Christ Lisa Eder Tino Petzold

Technische Leitung Ausstattungsleitung Werner Kraft Mitarbeit Technische Leitung Peter Mentzel Ulli Napp Peter Weyers Technikteam Manfred Bachler Sven Breuer Manfred Beinkofer Wolfgang Eibert Roman Fliegel Andreas Geier Michael Kunitsch Thomas Lorenz Eduard Schnur Andreas Simon Bertram Zöhl

69


Danke

Impressum

Wir danken allen Förderern und Partnern der 14. Münchener Biennale

14. Münchener Biennale

Internationales Festival für neues Musiktheater Ernst von Siemens Musikstiftung Carl-Orff-Stiftung Staatstheater Braunschweig Theater Regensburg Konzerthaus Berlin Musik der Jahrhunderte, Stuttgart Residenztheater München Freiburger Theater Hochschule für Musik und Theater München Bayerische Theaterakademie August Everding Schwere Reiter MUSIK Bayerische Akademie der Schönen Künste Münchner Philharmoniker Münchner Rundfunkorchester

7. - 23. Mai 2014

Münchener Kammerorchester Münchner Volkshochschule Verlag Inspiring NETWORK, Hamburg Bayerischer Rundfunk/ BR-Klassik Hauptstadtkulturfonds Fonds Darstellende Künste e.V. Kulturstiftung der Stadtsparkasse München Bezirk Oberbayern Allianz Kulturstiftung Königlich Norwegische Botschaft Verband Deutscher Streichquartette e.V. Forberg Schneider Stiftung

Veranstalter

in Zusammenarbeit mit Spielmotor München e.V. – eine Initiative der Stadt München und der BMW Group

Künstlerische Leitung Prof. Dr. Dr.h.c. Peter Ruzicka

Herausgeber (V.i.S.d.P.)

Medienparter: Die Deutsche Bühne

Jazzclub

meets Münchener Biennale

Münchener Biennale Kulturreferat der Landeshauptstadt München Ludwigstraße 8 80539 München Tel 089 - 280 56 07 Fax 089 - 280 56 79 e-mail: biennale@spielmotor.de www.muenchenerbiennale.de

Redaktion Habakuk Traber, Karl Beckers

Übersetzungen Robert Rowley

Gestaltung KOSCH Werbeagentur, München

Druck

Jazzclub Unterfahrt • Einsteinstrasse 42 81675 München • www.unterfahrt.de

FIBO Druck- u. Verlags-GmbH, Neuried

Redaktionsstand: 7. April 2014 Änderungen vorbehalten

Gefördert durch das Kulturreferat der Landeshauptstadt München

Fotos und Bilder

Di. 13.05.

Rom Schaerer Eberle & Andreas Schaerer / Lucas Niggli

Andreas Schaerer (voice, human beats), Martin Eberle (tp, flh), Peter Rom (git) 2. Set: Andreas Schaerer (voice, human beats), Lucas Niggli (dr, perc) Eintritt EUR 18,- / Studenten EUR 13,- / Mitglieder 9,-

Mi. 14.05.

Hildegard lernt fliegen

Andreas Schaerer (voc), Andreas Tschopp (tb), Benedikt Reising (as, bs, cl), Matthias Wenger (as, ss), Marco Müller (b), Christoph Steiner (dr, perc, marimba) Eintritt EUR 22,- / Studenten EUR 18,- / Mitglieder 11,-

Alessandra Schellnegger (S. 4), Anne Kirchbach (S. 5), Clement & Sañou (S. 7, 8), J. A. Billard (S. 7, 38), Ernst von Siemens Musikstiftung / Manu Theobald (S. 10, 16, 34), Suhrkamp Verlag / Jürgen Bauer (S. 10), Karl-Bernd Karwasz (S. 10, 11), Valentijn Brandt (S. 10), Nina Stiller (S. 11), Lievenbrück / Druyen (S. 13 / 14), Katie Cooke (S. 16), Juliane Zitzlsperger (S. 16, 17), Matthias Pilz (S. 16), Jochen Quast (S.  17), Matthias Rebstock (S.  19, 20), Sabine Hilscher (S.  20), Schott Promotion/ Peter Andersen (S. 22), Martina Stütz (S. 22), Uve Haußig (S. 22), Clemens Mayer (S. 22), Martin Sigmund (S. 23, 38, 46), Dashuber (S. 25, 26), Boosey & Hawkes / Ronald Knapp (S. 28), Antonella Travascio (S. 28), Oliver Proske (S. 28), Benjamin Hofer (S. 29), Acci Baba (S. 29), Julian Baumann (S. 29), Stefan Heyne / VG BildKunst Bonn 2014 (S. 31, 32), Ludwig Olah (S. 34), Heike Steinweg (S.  34), tatorte.com (S.  34), Cremiger (S.  34), Kaluha

Hernández (S. 34), Neda Navaee (S. 35), Jessica Alice Hath (S. 35), Marco Borggreve (S. 35), Maurice Korbel (S. 35), Farina Grieb (S. 37), Detlev Schneider (S. 38), Benedikt Schwarzer (S. 38), Katie Cross Photography (S. 38), MarkNoormann (S. 39), Rainer Schwabe Fotodesign (S. 39), HFMUT (S. 39), Martin Prinoth (S. 41), Lucia Gerhardt (S. 42), Sandra Strele (S. 43), Klovskij (S. 43), U-Shin Kim (S. 43), Hrotko Balint (S. 43), Carolin Ritter (S. 43), Isabelle Grubert (S. 43), Johanna Kopp (S. 45), Astrid Ackermann (S. 46), Daniela Pfeil (S. 46), Kultureller Zwischenraum (S. 46), Anna Logue (S. 47), Slavica Ziener (S. 47), Jonny Soares (S. 47), Hilda Lobinger (S. 47), Marco Sittig (S. 47), Michael Poganiatz (S. 48), Dieter Dolezel (S. 49), Sisi Burn (S. 50), Regine Körner (S. 51, 57, 61-63, 65), Marek Vogel (S. 53), Kirsten Nijhof (S. 55), Thomas Aurin (S. 57), Soany Guigand (S. 57), Deutschlandradio–Bettina Staub (S. 57)

71



Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.