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Stomatologie-Quiz: Freiliegender Knochen distal des Zahnes 17

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Stomatologie-Quiz Leitsymptom: Freiliegender Knochen distal des Zahnes 17

Patientengeschichte Beim 41-jährigen Patienten wurde der tief kariös zerstörte Zahn 18 in der Privatpraxis extrahiert. Zu Beginn war die Wundheilung unauffällig. Im weiteren Verlauf berichtete der Patient jedoch über Schmerzen, welche sich hauptsächlich beim Essen und auf Druck in regio 17/18 manifestierten. Aufgrund dieser Beschwerden suchte der Patient drei Monate später erneut seinen Privatzahnarzt auf, der ihn für die weitere Abklärung an die Klinik für Oralchirurgie und Stomatologie der Universität Bern überwies. Der Patient war Nichtraucher. In der allgemeinen Anamnese berichtete er von einem vor anderthalb Jahren diagnostizierten multiplen Myelom.

Klinischer Befund Extraoraler Befund: Der extraorale Befund war unauffällig. Es gab keine Anzeichen für eine extraorale Schwellung oder Druckdolenz. Die Lymphknoten waren nicht vergrössert oder dolent. Intraoraler Befund: Die Dentition war mit diversen Füllungen versorgt. Beim unversorgten Zahn 38 war eine gräuliche Verfärbung der Krone (V.a. Karies) zu erkennen. Disto-palatinal des Zahnes 17 fiel ein 6x4mm grosses Areal ohne Mukosabedeckung, mit freiliegendem, gelblich-weissem, hartem Knochen (Abbildung 1) auf. Um den Zahn 17 war die Gingiva marginal gerötet und distal des Zahnes 17, am Alveolarkamm war die Mukosa rot und atrophisch. Es war kein Pusaustritt ersichtlich. Auch waren keine Schwellung oder Auftreibung vorhanden. Die parodontalen Sondierungen waren beim Zahn 17 sowie bei den anderen Zähnen im Ober- und Unterkiefer im physiologischen Bereich (<4mm). Der Zahn 17 reagierte positiv auf den Sensibilitätstest mit CO 2 -Schnee. Zur weiteren Beurteilung des Kieferknochens und als radiologische Übersichtsaufnahme wurde eine Panoramaschichtaufnahme gemacht (Abbildung 2). Auffällig waren der alveoläre ossäre Defekt in Regio 18 und die inhomogene ossäre Struktur distal 17. Als Nebenbefunde zeigten sich eine radioopake Struktur (V.a. Wurzelfüllmaterial) apikal des wurzelbehandelten Zahnes 26 im Bereich des Sinus maxillaris links sowie eine Aufhellung intrakoronal bei Zahn 38.

Fragen: 1) Welche weiteren Fragen richten Sie an den

Patienten, wenn Sie die Anamnese und den klinischen Befund kombinieren? 2) Was sind Ihre Verdachtsdiagnose und Differenzialdiagnosen? 3) Welche präventiven Massnahmen können Sie durchführen?

Dr. med. dent. David Gfeller Dr. med. dent. Valérie G. A. Suter Klinik für Oralchirurgie und Stomatologie Zahmedizinische Kliniken der Universität Bern

Abbildung 1

Abbildung 3

Abbildung 4

Korrespondenzadresse: Dr. med. dent. Valérie Suter Klinik für Oralchirurgie und Stomatologie Zahnmedizinische Kliniken der Universität Bern Freiburgstrasse 7 3010 Bern valerie.suter@zmk.unibe.ch

Lösungen

1) In der Anamnese hat der Patient angegeben, dass er anderthalb Jahre zuvor an einem multiplen Myelom erkrankt ist. Das multiple Myelom ist eine bösartige Erkrankung der Plasmazellen des Knochenmarks, was eine geschwächte Immunabwehr und Schädigung des Knochens nach sich zieht. Chemotherapie und medikamentöse Hemmung der osteolytischen Prozesse (Knochenabbau) sind üblich, weshalb wir nachfragen sollten, wann die Chemotherapie durchgeführt wurde bzw. ob sie noch am Laufen ist. Um Medikamente, Dosis und die Therapiedauer zu erfahren, ist die Anforderung von ärztlichen Berichten bzw. die Rücksprache mit dem Onkologen wichtig. Von Bedeutung für den Zahnarzt ist die Information über den Einsatz der antiresorptiven Medikamente; dies sind Bisphosphonate oder neuere antiresorptive Medikamente aus der Klasse der monoklonalen Antikörper (Wirkstoff: Denosumab). Dieser Patient erhielt seit etwas mehr als einem Jahr monatlich eine hoch dosierte intravenöse Gabe des Bisphosphonates

Zometa® (Wirkstoff: Zolendronsäure). 2) Die Bisphosphonate hemmen die Osteoklasten, womit sie der knochenabbauenden Aktivität des multiplen Myeloms entgegenwirken. In Zusammenhang zur Therapie mit Bisphosphonaten sind als Komplikationen Osteonekrosen des Kieferknochens bekannt. Diese präsentieren sich als freiliegender Knochen über einen Zeitraum von mindestens 8 Wochen. Schmerzen sind zu Beginn selten vorhanden und treten oft erst nach Denudierung eines grösseren Areals und sekundärer Infektion auf. Wird der Knochen mit einer Sonde gereizt, so kommt es zu keiner Blutung (nekrotischer Knochen). Begünstigende Faktoren für die Entstehung einer Osteonekrose sind Eingriffe am Kieferknochen (z.B. eine Zahnextraktion) oder eine Verletzung der Mukosa (z.B. Prothesendruckstelle). Die Pathogenese ist nicht vollständig geklärt, aber es wird eine verminderte Durchblutung mit beeinträchtigter Abwehrfähigkeit des Knochens vermutet. Tumorpatienten, die eine hoch dosierte antiresorptive Therapie erhalten, haben ein hohes Risiko, eine Osteonekrose zu entwickeln. Auch werden diese Medikamente sehr langsam abgebaut, wodurch die Risiken für die Entwicklung einer Osteonekrose auch noch mehrere Jahre nach Absetzen der Medikamente bestehen. Eine mögliche Differenzialdiagnose ist die Osteoradionekrose des Kieferknochens. In der Anamnese sollte deshalb nachgefragt werden, ob der Patient aufgrund eines früheren Tumors im Kiefer-/ Gesichtsbereich bestrahlt wurde. Die Radiotherapie schädigt die Blutgefässe im Knochen, wodurch Abwehr- und Reparationsmechanismen des Knochens reduziert sind. Weiter kann der Knochen generell bei Schädigung der Mukosa durch traumatische Einwirkung oder nach einem oralchirurgischen Eingriff mit ungünstiger Wundadaptation (sogenannte Dehiszenz) frei liegen. In diesen Fällen kommt es aber durch korrekte lokale Massnahmen bzw. eine adäquate Wundbehandlung in einer vernünftigen Zeit zur Abheilung. 3) Die Therapie von Osteonekrosen ist langwierig und invasiv, und die Erfolgsaussicht ist ungewiss. Erste Massnahmen sind meist eine lokal antiseptische Therapie (Abbildung 3). Patienten mit manifesten Osteonekrosen sollten möglichst ohne Verzug zur weiteren Abklärung und Therapie an eine Fachklinik überwiesen werden (Abbildung 4). Wichtig ist die Prävention. Vor der Einleitung einer antiresorptiven Therapie erfolgt idealerweise eine intraorale Fokusabklärung und -sanierung beim Zahnarzt. Bei einer Fokusabklärung sollten mögliche Infektherde identifiziert werden. Bei der Untersuchung werden retinierte bzw. teilretinierte Zähne, der parodontale Zustand und die Vitalität der Zähne, die Füllungen und die Wurzelkanalbehandlungen durch den Zahnarzt klinisch und radiologisch beurteilt. Anschliessend werden die Zähne bei Bedarf entsprechend saniert oder extrahiert. Die Aufrechterhaltung einer guten Mundhygiene ist wichtig, und die professionelle Zahnreinigung (Dentalhygiene) sollte vor und auch während dem Zeitraum der Bisphosphonattherapie regelmässig erfolgen. Dies ist eine sehr wertvolle präventive Massnahme. Wird ein zahnärztlicher Eingriff (z.B. Zahnextraktion) während einer laufenden antiresorptiven Therapie notwendig, ist Folgendes zu beachten: Tumorpatienten, die eine hoch dosierte antiresorptive Therapie erhalten, haben ein hohes Risiko, eine Osteonekrose zu entwickeln. Bei diesen Patienten sollten zahnärztlich-chirurgische Eingriffe ausschliesslich an einer Fachklinik erfolgen. Bei Patienten, die antiresorptive Medikamente als Therapie bei der Osteoporose erhalten, ist das Risiko um ein Vielfaches geringer. Diese Patienten können nach entsprechender Aufklärung über die Risiken gut in der Privatpraxis behandelt werden.

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