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Passion

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Das Magazin von BerlinDruck

Spezia Das schö l ne Buch

Bindung! Die Frage „Was geht denn?“ ist obsolet Dr. Frank Laurich über Virtual Reality

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Betrunken vor Liebe Mai Thi Nguyen-Kim schreibt über ein „sehr schönes Molekül“

Wir können Abende lang Buchgeschichten erzählen Karin und Bertram SchmidtFriderichs im Gespräch

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Einstieg

Drucker

Mike Reimers seit 2001 bei BerlinDruck Sein Motto: „Weiter. Immer weiter“

Kundenberatung

Alexandra Reimers seit 2006 bei BerlinDruck Ihr Motto: „Ändere Dich und es ändert sich die Welt für Dich“

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Einstieg

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„Es ist, als würdest du einen Windkanal in die Sauna stellen und dann mit dem Fahrrad fahren.“ Ironman-Europameister Jan Frodeno Meinte er zu den extremen Bedingungen beim Ironman-Klassiker auf Hawaii

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Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser, im beruflichen Umfeld einer Druckerei assoziiert man mit unserem Heftthema Bindung spontan Buchbindung oder vielleicht noch Kundenbindung. Aber so einfach haben wir es uns wie immer nicht gemacht. Fangen wir vorne an: Die Grundlage für ein seelisch gesundes Leben sind unsere ersten Lebensmonate und -jahre und die Bildung einer stabilen Mutter-Kind-Bindung. Für Grimme-Preisträgerin Nguyen-Kim ist alles chemisch: Ihre liebste chemische Verbindung ist das Hormon Oxytocin – das Kuschelhormon. Alexa Hennig von Lange beleuchtet in ihrem exklusiven Essay Geschwisterbeziehungen. Dr. Volker Busch verrät uns, wie wir im Erwachsenenleben das durch die Digitalisierung hervorgerufene Chaos im Kopf beherrschen lernen und die „Bindung zum Spiel“ wieder herstellen können. Oder wie man mit Virtual Reality eine intensive Bindung zu einem neuen Thema herstellen kann – nachzulesen im Insidergespräch mit Dr. Frank Laurich ab Seite 18. Aber natürlich bieten wir Ihnen auch Fachliches aus dem Medienbereich: Karin und Bertram Schmidt-Friderichs stellen ihren Verlag Hermann Schmidt vor, die Buchbinderei Integralis bietet Ein- und Ausblicke und wir lernen eine Menge über das richtige berufliche Netzwerken. Wie immer lernen Sie ein paar von uns näher kennen, dieses Mal den Triathleten Mike Reimers und seine Frau Alexandra, die ihre Verbindung bei BerlinDruck gefunden haben, und den Kreuzfahrer Björn Gerlach. Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre! Ihr Frank Rüter Geschäftsführer BerlinDruck GmbH + Co KG

IMPRESSUM Passion – Das Kundenmagazin von BerlinDruck erscheint viermal jährlich im Eigenverlag | Herausgeber BerlinDruck GmbH + Co KG | Oskar-Schulze-Straße 12 | 28832 Achim | Telefon: +49 (0) 421 43871-0 | Telefax: +49 (0) 421 43871-33 | E-Mail: info@berlindruck.de | www.berlindruck.de | Auflage 2.300 | Redaktion Presseinfos, Anregungen, Reaktionen bitte an: Passion c/o quintessense | Fritschestraße 27/28 | 10585 Berlin | Telefon: +49 (0) 30 80954609 | E-Mail: agentur@quintessense.de Verantwortlich für den Inhalt V. i. S. d. P. Frank Rüter | CD und Chefredakteur Eckard Christiani | Redaktionsbeirat Reinhard Berlin | Björn Gerlach | Autoren und Interviewpartner dieser Ausgabe Dr. Volker Busch | Eckard Christiani | Alexa Hennig von Lange | Dr. Frank Laurich | Norbert Möller | Dr. Mai Thi Nguyen-Kim | Gudula Pauli | Sabine Piarry | Karin und Bertram Schmidt-Friderichs | Frank Volland | Fotografie Adobe Stock (9, 19, 21, 31) | Carolin Blöink (35) | Uwe Dettmar (35) | Thomas Duffé (10–12) | Björn Gerlach (41, 42) | Marie Häfner (43) | Verlag Hermann Schmidt (14–17) | Michael Jungblut (Titel, 2–4, 6–8, 18, 21, 28, 29, 32–34, 40-42) | Silvia Medina (15) | Jan Schröder, showpixelVR (20, 21) | Tinder (9) | Illustration/Kunst Erik Bonnet (26, 27) | CIZEK (24, 25) | Julia Ochsenhirt (36-39, 43) | Jean-Jacques Piezanowski (22–24) | Jan Schröder, showpixelVR (20, 21) | Schrift Carnas von Hoftype, Dieter Hofrichter | ITC Charter, Matthew Carter | Papier FocusArt Natural von Papyrus | Layout und Editorial Design quintessense | Fritschestraße 27/28 | 10585 Berlin | Telefon: +49 (0) 30 80954609 | E-Mail: agentur@quintessense.de

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Inhalt

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Inhalt

Es ist, als würdest du einen Windkanal in die Sauna stellen und dann mit dem Fahrrad fahren. Impressum Inhalt

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Mike Reimers – Weiter, immer weiter Wie man sich als Marathonläufer auf den Weg macht, ein Ironman zu werden. Alles Möller oder was? – Design-Kolumne Bindung fürs Leben – Über Corporate Design von Online-Partnerschaftsbörsen Mai Thi Nguyen-Kim – Feature Betrunken vor Liebe – Über chemische Verbindungen und Oxytocin, ein „sehr schönes Molekül“ Karin und Bertram Schmidt-Friderichs Wir können Abende lang Buchgeschichten erzählen Ein Interview mit den Machern vom Verlag Hermann Schmidt, Mainz Insidergespräch mit Dr. Frank Laurich über Virtual Reality Die scheinbar naheliegende Frage „Was geht denn?“ ist obsolet Drei Lothringer Künstler haben sich zusammengefunden, um gemeinsam auszustellen C‘est humain ... das ist menschlich Schön, dich mal ganz in echt zu sehen Sabine Piarry erklärt, wie netzwerken richtig geht Face-to-Face – Wie wir die gesunde Entwicklung unserer Kinder in Gefahr bringen Buchbinderei Integralis – Synergie ist mehr als ein Zauberwort Leseempfehlungen Die Schönsten Deutschen Bücher 2019 Chaos im Kopf – Digitaler Dauerstress und was er im Gehirn auslöst Ein Beitrag von Priv.-Doz. Dr. med. habil. Volker Busch Björn Gerlach – Der Kreuzfahrer Du wachst auf, schaust aus dem Fenster – das Meer Leserbriefe Vorschau Heft #5 „Verantwortung“ Ein Essay von Alexa Hennig von Lange, Bestsellerautorin Und dann werden wir erwachsen

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Menschen bei BerlinDruck

Triathlet Mike Reimers

DU WEISST NIE, WAS DU KANNST, WENN DU ES NICHT VERSUCHST Fotografie: Michael Jungblut

3,8 km Schwimmen. 180 km Radfahren. 42,195 km Laufen. Das sind keine Alternativen, sondern die Einzeldistanzen, die ein Ironman nacheinander absolvieren muss. Ganz schön anstrengend! Triathlon-Einsteigern rät man, anfangs eine kürzere Distanz zu wählen und Erfahrungen zu sammeln – alle Profi-Triathleten haben klein angefangen. Mike Reimers, Drucker bei BerlinDruck, hat seinen ersten Volkstriathlon vor gut einem Jahr in der Überseestadt hinter sich gebracht – und hat Feuer gefangen.

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Die Distanzen des Volkstriathlons erschienen mir machbar Eigentlich ist Mike Reimers Marathonläufer. Marathon ist der ultimative Ausdauertest. 42,195 km sind eine Strecke, auf der man sehr viel über seinen Körper und seinen Geist erfährt. Reimers hat schon über 30 Marathons – das erste Mal 2004 in Berlin – absolviert. Kurios: Eine Verletzung im letzten Jahr, die eine Marathon-Distanz unmöglich machte, brachte ihn schließlich zum Triathlon.

Mike Reimers 47 Jahre In Sulingen geboren lebt der ausgebildete Drucker Mike Reimers heute mit seiner Frau Alexandra in Bassum und arbeitet seit 2001 in Achim bei BerlinDruck.

„Ich hatte vom Gewoba City Thriathlon gelesen und dachte, da machst du mit“, erinnert sich Mike Reimers. „Die Distanzen des Volkstriathlons erschienen mir machbar. 500 m Schwimmen, 20 km Radfahren und dann 5 km Laufen. Und so habe ich mir ein Rennrad geliehen und hab einfach mitgemacht.“ Nach einer Stunde, 16 Minuten und 48 Sekunden kam Reimers ins Ziel. Und wusste: „Das willst du jetzt richtig machen!“ Um diesen Sport ernsthaft betreiben zu können, musste Mike Reimers erst einmal Zeit, Ausdauer und auch Geld investieren. Beim SC Wehye, der seit über 20 Jahren eine Triathlonsparte hat, lernte er das richtige Schwimmen. „Ich konnte vorher nur Brustschwimmen, aber damit kommt man nicht weit“, lacht Reimers. Ein Neoprenanzug und ein richtiges Triathlonrad mussten her, denn die Aerodynamik spielt bei so einem Rennrad eine große Rolle.

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Nach einem halben Jahr intensiven Trainings wagte sich Reimers an seine erste Mitteldistanz: Zu absolvieren sind dabei 1,9 km Schwimmen, 90 km Radfahren und ein Halbmarathon. Es war der 2. Juni dieses Jahres in Andere reden immer von Hannover. Bei über 30° C – eine Vereinbarkeit von Beruf echte Strapaze und Familie – bei Berlin– erreichte ReiDruck funktioniert das mers nach 5:50 einfach! Stunden völlig erschöpft das Ziel. Seine zweite Mitteldistanz, dieses Mal beim Ostseeman 113 in Glücksburg, verlief dagegen erfolgreicher: 5:18 Stunden. „Meine Absicht war, unter fünfeinhalb Stunden zu liegen. Das ist mir dieses Mal gelungen. Ein unglaublich euphorisches Gefühl!“ Mike Reimers großes Ziel: Einmal die Langdistanz (Ironman) machen: „Es muss ein wahnsinniges Glücksgefühl sein, wenn man das geschafft hat!“

Übrigens: Bei BerlinDruck hat Mike Reimers auch seine Frau kennen gelernt. Alexandra Reimers arbeitet seit 2006 als Kundenberaterin in der Druckerei. Frau Reimers schätzt an BerlinDruck den hohen Qualitätsanspruch des Einzelnen und das Herzblut in jeder Abteilung für das beste Ergebnis. Und die Möglichkeit, flexibel auch vom Home-Office aus arbeiten zu können: „Andere reden immer von Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Bei BerlinDruck funktioniert das einfach!“

Alexandra Reimers 48 Jahre Die ausgebildete Werbekauffrau Alexandra Reimers lebt mit ihrem Mann Mike in Bassum und arbeitet seit 2006 in Achim bei BerlinDruck als Kundenberaterin.

Das „Team Reimers“ unterstützt sich nicht nur im Beruflichen. Alexandra Reimers steht natürlich auch immer an der Rennstrecke, um ihren Mann anzufeuern. Weiter, immer weiter ... D

Bei BerlinDruck schätzt Reimers die gute technische Ausstattung: „Um die vielfältigen Aufgaben unserer Kunden erfüllen zu können, brauchst du nicht nur ein kompetentes Team, sondern auch die richtigen Maschinen, die höchsten Ansprüchen zu genügen.“

Du brauchst die richtigen Maschinen, um die höchsten Ansprüche unserer Kunden erfüllen zu können. BerlinDruck hat sie.

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Designkolumne

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ALLES MÖLLER ODER WAS?

DIE DESIGN-KOLUMNE VON NORBERT MÖLLER

Bindung fürs Leben? Über Corporate Design von Online-Partnerschaftsbörsen

#SingleNotSorryKampagne von Tinder kommt lifestylig authentisch daher

Tinders zündelnde Flamme – heiß und knisternd Parships „Lovecheck“ ist die stilisierte Kombination aus Herz und Häkchen

Heute morgen auf dem Weg zur Arbeit fielen sie mir wieder ins Auge, die Plakatmotive einer Partnervermittlung. Diesmal nicht Parship, sondern Tinder. Ich bin seit Jahrzehnten glücklich liiert und als Kunden hatten wir bisher auch noch keine Partnervermittlung, deshalb beschränken sich meine Kenntnisse auf das, was ich draußen oder online sehe. Man könnte vielleicht auch sagen: Ich besitze einen halbwegs objektiven Gestalterblick auf das Thema. Bei der Tinder #SingleNotSorry Kampagne werden echte Tinder-Nutzer gezeigt. Die Motive sind sehr lifestylig authentisch und zeigen die Testimonials in Situationen, in denen eine Kontaktaufnahme leicht vorstellbar ist. In einer Karaoke-Bar zum Beispiel. Oder auf einer Vintage-ShoppingParty. Wobei ich mir denke: Wenn ich schon auf derselben Party bin, dann könnte ich ja auch Menschen direkt ansprechen. Die Hemmschwellen werden wohl mit einer App nicht abgebaut, aber durch die Standortbestimmung vom Smartphone und die damit verbundene Umkreissuche lässt sich zumindest herausbekommen, ob der- oder diejenige generell Interesse an einem Date hätte. Dann kann man Fotos, Alter, Interessen prüfen und erst dann überlegen, ob es sich lohnt, ein Gespräch anzufangen. Im ersten Moment erscheint es bei der #SingleNotSorry-Kampagne absurd, dass eine Partnerbörse das Singledasein feiert. Aber irgendwie passt es ja eigentlich ganz gut zu Tinder, weil die App eher den Ruf hat, dass man hier nicht unbedingt etwas Festes finden kann oder will. Dementsprechend wird in der Kommunikation nicht das Partnerschaftliche in den Fokus gerückt, sondern die Freiheiten des Singlelebens. Die Tatsache, dass mir eine Plakatkampagne für Tinder auf dem Arbeitsweg begegnet, zeigt zudem: Singlebörsen und Partnervermittlungen sind in unserem Alltag angekommen und werden mittlerweile nicht mehr stigmatisiert. Dementsprechend werden auch die Kampagnen und Markenauftritte der Dating-Plattfor-

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men immer professioneller. Auffällig war der Markenrelaunch von Europas größter Online-Partnervermittlung Parship vor rund zwei Jahren: Neben einem zeitgemäßen angepassten Schriftzug auf rotem Grund gibt es eine neue Bildmarke, den sogenannten „Lovecheck“. Es soll eine stilisierte Kombination aus Herz und Häkchen darstellen. Wofür das Herz steht ist klar, das Häkchen steht dann für die erfolgreiche Partnervermittlung. Ich muss gestehen, dass ich das nicht gleich so erkannt habe. Aber trotzdem habe ich Respekt, dass aus einem so häufig verwendeten Motiv wie dem Herz eine eigenständige Bildmarke entstanden ist – ganz ohne Kitschfaktor. Bei Tinder ist aus einer ehemaligen Wortmarke ebenfalls eine Wortbildmarke entstanden. Die Bildmarke ist eine zündelnde Flamme – haben Sie es gleich erkannt? – und war vorher ein kleiner Bestandteil der Wortmarke, in der sie als i-Punkt diente. Die Flamme hat einen hohen ikonischen Charakter und ist sicher das heißeste App-Icon auf dem Smartphone. Hier passt der Auftritt: Es ist irgendwie heiß und knisternd und ein bisschen „verrucht“ – während Parship sich des klassischen Herzmotivs bedient. Soviel zur Gestaltung. Und da es ja in dieser Ausgabe um das Thema Bindung geht, kommt jetzt zwangsläufig die Frage, ob Online-Partnerbörsen überhaupt funktionieren. Laut einer Studie des Digitalverbandes Bitkom sucht bereits jeder dritte Bundesbürger online nach einem Partner und jeder zweite hat dabei im Internet schon einen festen Partner gefunden. Die Bewertung der Nutzer fällt dabei grundsätzlich positiv aus. Denn von den Nutzern, die einen festen Partner im Netz gefunden haben, ist jeder Vierte noch mit diesem zusammen. Da fragt man sich, wie es die Menschen geschafft haben, früher ihren richtigen Partner zu finden. Nur für den Fall, dass es Sie interessiert: Ich habe meine Frau damals auf einer Party angesprochen und kennengelernt – und auch dieser Weg ist bis heute erfolgreich. D

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Feature

Dr. Mai Thi Nguyen-Kim über Oxytocin, ein „sehr schönes Molekül“

Betrunken vor Liebe

Fotografie: Thomas Duffé

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immer nur hinzu. Ich verstehe nicht, wie das etwas wegnehmen sollte.“

Ich finde den Spruch „die Chemie stimmt“ interessant, denn es ist der mit Abstand positivste Gebrauch von „Chemie“ in unserer Alltagssprache. Die Chemie der Liebe! Ich weiß nicht, was Nichtchemiker denken, wenn sie diesen Satz benutzen, ich denke bei Liebe durchaus an Chemie – und an Wissenschaft. Ist das jetzt unromantisch? Ich weiß nicht. Ich finde nicht, dass eine wissenschaftliche Betrachtung der Welt ihr den Zauber nimmt. Der amerikanische Physiker und Nobelpreisträger Richard Feynman brachte es perfekt auf den Punkt, als er in einem Interview sagte: „Ich habe einen Freund, der Künstler ist und manchmal Ansichten vertritt, denen ich überhaupt nicht zustimmen kann. Er hält etwa eine Blume hoch und sagt: ‚Schau, wie schön sie ist‘, und ich stim­me ihm zu. Dann sagt er: ‚Ich als Künstler kann sehen, wie schön sie ist, aber du als Wissenschaftler nimmst das alles auseinander, und dadurch wird sie geistlos und trüb‘. Ich denke, er ist ein wenig hirnrissig! […] Ich kann mich durchaus an der Schönheit einer Blume erfreuen. Gleichzeitig sehe ich aber viel mehr in dieser Blume, als er sieht. Ich kann mir die Zellen in ihr vorstellen, ihre komplizierten Vorgänge im Innern, die auch eine Schönheit haben. Ich meine, es ist nicht nur die Schönheit in dieser Dimension, auf einem Zentimeter; es gibt auch Schönheit in den kleineren Dimensionen, der inneren Struktur, in den inneren Prozessen. Die Tatsache, dass die Farbe der Blume sich im Laufe der Evolu­tion entwickelt hat, um Insekten anzulocken, ist spannend; das bedeutet, dass Insekten Farbe sehen können. Das führt zu einer weiteren Frage: Gibt es diesen Sinn fürs Schöne auch in einfache­ren Lebewesen? Warum gibt es Schönheit? Mit allen spannenden Fragen, die sich aus wissenschaftlicher Erkenntnis ergeben, kom­men nur mehr Reiz, mehr Geheimnisse und mehr Wunder hinzu. Es kommt

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Feynmans Worte lassen jeden Wissenschaftler leidenschaftlich auf den Tisch hauen und: „Ja, Mann!!“ rufen. Ich hoffe insgeheim, dass ihr, solltet ihr auch keine Wissenschaftler sein, das inzwischen auch so seht wie Feynman. Dinge genauer zu verstehen macht sie bloß faszinierender. Außerdem liegt die Schönheit der Wissenschaft nicht unbedingt im Entschlüsseln der Wahrheit, sondern in der bloßen Suche danach. Ich denke nicht, dass wir so schnell Liebe in all ihren Nuancen wissenschaftlich aufschlüsseln können. Derzeit sind wir davon meilenweit entfernt. Doch ich finde es gar nicht unromantisch zu versuchen, Liebe, Emotionen und zwischenmenschliche Beziehungen wissenschaftlich zu untersuchen. Ohne Untersuchung sage ich mit Zuversicht: Bei Matthias und mir stimmt die Chemie. Vielleicht weil wir beide Chemiker sind. Haha. Wenn ich jedenfalls nach einem intensiven Arbeitstag zu Hause höre, wie Matthias die Tür aufschließt, oder wenn er mich nach einem anstrengenden Drehtag abends am Bahnhof abholt, habe ich auch nach zehn Jahren Beziehung immer noch kurz Schmetterlinge im Bauch, wenn ich ihn sehe. Ich weiß, das klingt jetzt schon fast ekelhaft kitschig, aber der Auslöser für das Schmetterlingsgefühl im Bauch ist eigentlich alles andere als romantisch. Es ist derselbe Mechanismus wie der von heute Morgen, ausgelöst von Matthias’ Monsterwecker: eine Fight-Or-Flight-Reaktion. Möchte ich also am liebsten fliehen oder Matthias auf die Nase hauen, wenn ich ihn sehe? Nein – und falls ihr solche Gedanken bei eurem Partner verspürt, solltet ihr euch schnell trennen, das wäre wahrscheinlich das Beste für alle. Aber tatsächlich gehört die körperliche Stressreaktion zum Verlieben dazu, auch wenn wir sie positiv wahrnehmen. Verliebtsein sorgt nicht nur für ein pochendes Herz, sondern auch für erhöhte Cortisollevel. Nachdem wir heute Morgen Cortisol neben Adrenalin als „Stresshormon“ kennengelernt haben, entdecken wir erst jetzt seine andere Seite. Mit Blick auf die Schmetterlinge im Bauch könnte man Cortisol ja sogar ein Liebeshormon nennen! Diese Erkenntnis hilft vielleicht dem einen

Dr. Mai Thi Nguyen-Kim, 32, geboren in Heppenheim, ist eine deutsche Chemikerin, Wissenschaftsjournalistin, Fernsehmoderatorin, Autorin und Youtuberin. Sie studierte Chemie an der Universität Mainz und am Massachusetts Institute of Technology. Nguyen-Kim ist Moderatorin im WiD-Projekt Die Debatte und gehört mit Harald Lesch und Philip Häusser zum Team von Terra X Lesch & Co. Im Wechsel mit Ralph Caspers moderiert sie seit Anfang Mai 2018 die Sendung Quarks. Sie erhielt 2018 den Grimme Online Award in der Kategorie Wissen und Bildung und ist Journalistin des Jahres 2018 in der Kategorie Wissenschaft, verliehen durch das Medium Magazin. instagram.com/maithink bit.ly/2k1Hiv5

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Feature

oder anderen auch, Lampenfieber zu bewältigen, indem man es in einem anderen Licht betrachtet. Die Angst, auf einer Bühne zu stehen oder vor fremden Menschen einen Vortrag zu halten, äußert sich nämlich ebenfalls in einer Fight-or-Flight-Reaktion. Doch Menschen, die gerne auf Bühnen stehen, verspüren nicht den Wunsch zu fliehen, sondern Schmetterlinge. Die zugrunde liegende Chemie ist dieselbe.

Dr. Nguyen-Kims aktueller Bestseller Komisch, alles chemisch (2019), erschienen im Droemer Verlag 16,99 Euro

ISBN 978-3-426-27767-6

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Der Sinn hinter einer Fight-Or-Flight-Reaktion ist in verschiedenen Situationen ebenfalls derselbe: Bei einem bevorstehenden Vortrag auf der Bühne soll genau dieser Vortrag priorisiert werden. Er ist akut sehr wichtig. Genau wie bei der Begegnung mit dem Säbelzahntiger brauchen wir volle Aufmerksamkeit. Das heißt, manche vorübergehend unwichtigen Körperfunktionen können jetzt erst mal warten – und dazu gehört zum Beispiel die Verdauung. Das Blut wird aus dem Bauch weggeleitet, und das führt zu diesem flauen Gefühl im Magen, das man in einer angespannten Situation hasst, das beim Verliebtsein aber wunderschön sein kann. Wenn ich Matthias also nach einem langen Tag wiedersehe, sagt mein Körper: „Lass alles stehen und liegen, verdauen können wir später – alle Aufmerksamkeit bitte auf diesen tollen Menschen dort richten!« Es ist ein wahnsinniges Glück, jemanden zu haben, den man nach einem stressigen und anstrengenden Tag einmal ganz fest drücken kann. Wir alle wissen, was für eine emotionale Kraft eine Umarmung haben kann. Die Idee, sich mit „Free Hugs“-Schildern in die Fußgängerzone zu stellen und fremden Menschen Umarmungen anzubieten, wurde vor ein paar Jahren so überstrapaziert, dass sie irgendwann etwas ausgelutscht wirkte, doch die strahlenden Gesichter und die wahrhaftige Freude, die eine Umarmung selbst von Fremden auslösen kann, ist faszinierend. Was passiert da genau, wenn wir den Arm um einen anderen Menschen legen? Das fragten sich auch Psychologen der Carnegie Mellon University in Pittsburgh. Ihre Studie mit rund 400 Teilnehmern umfasste drei methodische Schritte: Schritt 1: Sie befragten die Menschen nach ihren sozialen Netzen (den echten, nicht denen im Internet) und ihrer emotionalen Unterstützung im Alltag. Hatten sie Freunde, mit denen sie etwas unternehmen konnten? Fühlten sie sich oft sozial ausgeschlossen? Hatten sie jemanden, dem sie ihre Ängste und Sorgen anvertrauen konnten? Schritt 2: Vierzehn Tage am Stück wurden

die Teilnehmer jeden Abend befragt, ob sie in irgendwelche sozialen Konflikte geraten waren – und ob sie umarmt wurden. Soweit, so gewöhnlich, was die Methoden dieser Studie betrifft. Doch jetzt kommt Schritt 3: Die Teilnehmer wurden mit einem Erkältungsvirus angesteckt und anschließend in Quarantäne gesteckt und beobachtet! Ganz schön invasiv für eine psychologische Studie. Die Ergebnisse waren dafür durchaus interessant. Soziale Konflikte können zu Stress führen (zu dem unschönen Stress, nicht den Schmetterlingen) und dieser wiederum zu einer Schwächung des Immunsystems. Gestresst erkälten wir uns also eher. Doch diejenigen, die unter Schritt 1 ein starkes soziales und emotionales Netzwerk angegeben hatten, erfreuten sich einer geringeren Wahrscheinlichkeit, sich zu erkälten, unabhängig davon, wie viele soziale Konflikte sie innerhalb der 14 Tage durchstehen mussten. Ein ähnlich positives Ergebnis erzielten diejenigen, die unter Schritt 2 angaben, dass sie häufig umarmt wurden. Also – Umarmungen gegen Erkältung? Es wäre sicher schön, noch mehr Forschung hierzu zu sehen, aber bis dahin bleibe ich bei meiner täglichen Kuscheleinheit. Ich bin generell ein recht verkuschelter Mensch, und das habe ich wahrscheinlich von meiner Mama. Vielleicht habe ich da etwas geerbt, oder es liegt daran, dass sie mich als Kind sehr viel gekuschelt hat. Es ist sogar heute noch so. Wenn ich meine Eltern besuche, bekomme ich immer noch ganz viele Drücker und Küsse. Als ich zwölf wurde, ging mir ein Licht auf, woher diese ganze Knuddelei kommen könnte – beim ersten Besuch der Familie meiner Mama in Vietnam. Wir hatten einen langen Flug und eine gleichermaßen lang erscheinende, wacklige Busfahrt über enge, nicht gesicherte Straßen hinter uns. Es dämmerte, und ich stieg recht erschöpft aus dem Wagen. Da wurde ich von einer Traube fremder Menschen, die so ähnlich aussahen wie ich, überfallen. Sie schrien freudig bis hysterisch, sie weinten, und sie schlossen mich in die Arme, attackierten meine Stirn mit Küssen und ließen mich auch erst einmal nicht wieder los. Irgendwie liegt das Ganze wohl in der Familie. Und eigentlich finde ich das auch ganz schön, auch wenn mir das als Teenager natürlich superpeinlich war.

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Feature

Während des Studiums ging mir ein zweites Licht auf, als ich das Molekül Oxytocin kennenlernte. Dieses Hormon spielt eine wesentliche Rolle bei Geburt und Stillen, es hilft zum Beispiel bei den Muskelkontraktionen der Gebärmutter, weswegen der Name Oxytocin aus dem Altgriechischen übersetzt so viel bedeutet wie „schnelle Geburt“. Oxytocin sorgt für die enge Beziehung zwischen Mutter und Kind, es wird auch bei romantischen Partnern, etwa beim Küssen ausgeschüttet und steht generell in Verbindung mit sozialen Beziehungen und Liebe. Nicht zuletzt wird Oxytocin auch liebevoll das „Kuschelhormon“ genannt. Aha, dachte ich also. In der Familie meiner Mutter herrschen wohl hohe Oxytocin-Level. Doch anhand von Oxytocin sollte ich bald lernen, dass die Wirkungen von Hormonmolekülen leider nie einfach zu erklären sind.

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Forscher ließen die Studienteilnehmer ein Spiel spielen, in welchem sie unter „Vertrauenszuschuss“ Geld investieren sollten. Die Teilnehmer, die zuvor eine Nase voll Oxytocin genommen hatten, zeigten sich vertrauensvoller gegenüber den fremden Mitspielern. Und deutsche Forscher stellten fest, dass Männer unter Oxytocineinfluss weniger Kalorien über Snacks zu sich nahmen, was die Forscher vermuten lässt, dass Oxytocin reines „Appetit-snacken“ ohne Hunger unterdrücken könnte. Kuschelhormon gegen Heißhunger? Es wäre eine interessante Therapie gegen Übergewicht, aber dafür brauchen wir erst noch mehr Forschung. …

Oxytocin ist passenderweise ein sehr hübsches Molekül, wie ich finde:

Diese wunderschöne chemische Struktur gepaart mit dem Spitznamen Kuschelhormon verschafft Oxytocin große Beliebtheit unter Nerds und Nerd- Freunden. Es gibt Oxytocin-Tassen, Oxytocin-Pullis, ja sogar Oxytocin-Halsketten zu kaufen. Und auch unter Wissenschaftlern ist Oxytocin beliebt, als Forschungsgegenstand. 1979 gab es eine Meilensteinstudie, in der jungfräulichen Ratten Oxytocin verabreicht wurde. Das Hormon löste in den Ratten ein mütterliches Verhalten aus, sie begannen sich wie Muttertiere um fremden Nachwuchs zu kümmern, als wäre es ihr eigener. 1994 fand man dann heraus, dass Oxytocin eine wesentliche Rolle bei der Partnerwahl von Präriewühlmäusen spielt. Präriewühlmäuse sehen nicht nur sehr süß aus (googelt sie mal), sondern gehören auch zu den wenigen Säugetieren, die monogam leben, also mit ein und derselben Wühlmaus bis ans Ende ihres Lebens zusammenbleiben. Was soll man sagen – Oxytocin ist einfach liebenswert. Bei Menschen sorgt Oxytocin laut einer Schweizer Studie für mehr Vertrauen. Die

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Interessanterweise findet man immer mehr Parallelen zwischen Oxytocin und Alkohol. Zunächst wären da die Wirkungen, die man von außen beobachten kann. Sowohl Oxytocin als auch Alkohol können Angst und Stress reduzieren, während sie Vertrauen und Großzügigkeit stärken. Doch beide haben auch dieselben Schattenseiten: Aggressionen, Risikobereitschaft und einen Hang zur positiven Befangenheit gegenüber der eigenen Gruppe. Und auch die neurologischen Wirkungen der beiden Moleküle haben verblüffende Parallelen. So verstärkt Alkohol ebenfalls die hemmende Wirkung des Neurotransmitters GABA, wenn auch durch einen anderen Mechanismus, … . Jedenfalls scheint an dem englischen Ausdruck „love drunk“, also betrunken vor Liebe, vielleicht etwas dran zu sein. D

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Karin und Bertram Schmidt-Friderichs: „Wenn dann führende Antiquare signalisieren, unsere Titel hätten eventuell das Zeug dazu, Sammlerstücke von Morgen zu werden, dann betritt man diese Bühne schon mit etwas weichen Knien. Und vergisst diesen Moment so schnell nicht.“

WIR KÖNNEN ABENDE LANG BUCHGESCHICHTEN ERZÄHLEN

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Herr Schmidt-Friderichs, Sie haben als einer der Letzten Ihre Schriftsetzerlehre im Bleisatz absolviert. Wie kommt man als Fachmann für Typografie dazu, Bücher zu machen? BSF: Nach dem Abitur habe ich eine Schriftsetzerlehre absolviert, als Grundlage für die damals schon geplante Übernahme der elterlichen Druckerei Dr. Hanns Krach. Die Begeisterung für Typografie hatte mir schon mein Vater vermittelt, hier kam nun Kompetenz im Machen, sprich Setzen aber auch im Schriftzeichnen hinzu. Nach Dienstschluss studierte ich daneben Kunstgeschichte und Buchwesen, wie das damals hieß. Nach vielen weiteren Stationen

(Studium an der heutigen Hochschule für Medien, Lehr- und Wanderjahre unter anderem bei Klett Cotta und Cantz) trat ich am 1. Januar 1986 vereinbarungsgemäß in die Druckerei ein. Mein Vater hatte neben dem Drucken seine Leidenschaft für Mainz und Rheinland-Pfalz in Form eines Regionalverlages gelebt. Irgendwie wollte auch ich mehr als Kundenwünsche erfüllen – so entstanden die ersten Typografiebücher. Als 1992 meine Frau Karin hinzukam, nahmen Marketing und Vertrieb Fahrt auf und es wurde ein richtiger Verlag aus der Leidenschaft.

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Karin und Bertram Schmidt-Friderichs, machen mit ihrem Verlag Hermann Schmidt in Mainz Mehrwert-Bücher für kreative Köpfe. www.typografie.de

Die Kunst ein kreatives Leben zu führen – Frank Berzbach hat die Gabe, eine tiefe Empathie zu seinen Lesern aufzubauen. ISBN 978-3874398299

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1992 sind Sie, Frau Schmidt-Friderichs, dazu gestoßen. Ist Ihre Verbindung das eigentliche Geheimnis Ihres Erfolgs? KSF: Wir ergänzen einander. Privat und beruflich. Konkret hieß das erstmal, dass ich die Kompetenz und die Zeit dafür mitbrachte, die Bücher, die Bertram machte, auch zu vertreiben, Marketing

dafür zu machen. Und vom Markt und aus Handelsgesprächen Input zurück ins Haus zu bringen. Echtes Marketing beginnt ja mit dem Ohr am Markt und nicht beim Vermarkten der Bücher. Sie haben einmal gesagt, dass Sie am Anfang die Anerkennung Ihrer Arbeit brauchten, um Fahrt aufzunehmen. Etliche Auszeichnungen und Awards für Ihre Bücher dürften für den nötigen Schub gesorgt haben. Was treibt Sie heute an? KSF: Heute sind uns strahlende Kund*innen-Augen mehr wert als jeder Award und jede Auszeichnung. Wenn ich einen der vielen Büchertische für Veranstaltungen des Verlages aufbaue und da empfiehlt ein Kunde glühend seinem Freund eines unserer Bücher oder eine Frau erzählt ihrer Freundin von ihrer langen

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Schmidt-Wunschliste – und was sie sich schon geleistet hat –, dann schmunzele ich in mich hinein und weiß, dass es richtig ist, das zu tun, was wir tun. Bei Bertram kommt ein typomissionarischer Eifer hinzu. Er brennt dafür, die Welt durch Know-how im Umgang mit Schrift ein bisschen besser zu machen. Das klingt vielleicht erstmal etwas „abgefahren“, aber so unwichtig ist es nicht, ob Sie einen Text ungern oder gar nicht erst lesen, weil er schlecht – also leseunfreundlich – gesetzt ist. Bertram würde es gerne noch erleben, dass Typografie Schulfach wird. Ich glaube, wenn das bundesweit der Fall ist, dann könnten wir langsam daran denken, uns irgendwann mehr Ruhe zu gönnen. Bis dahin brennt er für alles zwischen Buch und Buchstaben. Frau Schmidt-Friderichs, Sie sind seit Juni dieses Jahres neue Vorsteherin des Börsenverein des Deutschen Buchhandels. Was bedeutet Ihnen das? Und was haben Sie vor? KSF: Momentan ist das eine gewisse Ehre und ein Zeichen von Vertrauen der Buchbranche in mich. Es ist aber auch jetzt schon, wo ich noch gar nicht im Amt bin, echt Arbeit. Denn Vertrauen ist ja eher ein Kredit. Menschen trauen mir zu, diese Branche durch schwierige Zeiten zu führen. Ich muss mich dieses Vertrauens wert erweisen. Das ist schon eine Herausforderung, die ich aber gerne annehme. Die Liste dessen, was ich vorhabe, wird mit jedem Gespräch, das ich führe, länger.

Vom Blatt zum Blättern Was Gestalter übers Falzen, Heften, Binden wissen sollten, um innovative Printprodukte zu realisieren und Buchträume wahr werden zu lassen. 420 Seiten mit über 1.000 Infografiken, Abbildungen und umfangreichem Glossar. ISBN 978-3874398770

Sagmeister & Walsh: Beauty Schönheit = Wahrheit / Schönheit = Funktion. Sagmeister und Walsh belegen, dass das Aufkommen des Funktionalismus der Schönheit als Funktion den Garaus gemacht hat. ISBN 978-3874399227

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Verlag

Ich möchte aber hier noch keine ganz konkreten Punkte nennen, denn Vorsteherin zu sein heißt, einem gewählten Vorstand vorzusitzen. Die erste Vorstandssitzung, die ich leite, ist am 4. November. Da wird das mehrheitlich neu besetzte Gremium diskutieren. Dann gibt es Ergebnisse und Beschlüsse. Ganz sicher aber gilt es, die Urheberrechtsentscheidung aus Brüssel in nationales Recht zu gießen. Die Preisbindung zu verteidigen. Zwischen Sparten zu vermitteln – der Börsenverein ist in seiner Dreispartigkeit – Verlage, Handel, Zwischenbuchhandel – einmalig. Zwischen Großen und Kleinen, Konzernen und Independents zu vermitteln. Dem Buch eine Stimme in Politik und Gesellschaft zu geben. Und – für das Lesen zu werben wo immer es geht. Solange 20 Prozent aller Kinder nach Abschluss der Grundschule nicht funktional – also sinnerkennend – lesen können, ist hier an Zufriedenheit nicht zu denken. Und dass nur jede*r zweite Deutsche überhaupt Bücher kauft, finde ich für eine Nation, die von Ideen leben wird, weil viele andere Tätigkeiten Roboter und KI übernehmen werden, schon hochgradig bedenklich. Die Liste ist lang. Sie, Herr Schmidt-Friderichs, konnten letztes Jahr nach zahlreichen Auszeichnungen, darunter auch der Verdienstorden des Landes Rheinland-Pfalz für Ihr Engagement rund ums schöne Buch, den Antiquaria-Preis entgegen nehmen. Hat Sie das berührt? BSF: Beide Preise haben wir als Paar bekommen, ich kann aber gerne für uns beide sprechen. Zunächst irritierte uns, dass wir mit dem Verdienstorden des Landes erstmals einen Lebenswerk-Preis bekamen. Das heißt schmeichelhafter Weise ja, dass man in seinem Leben etwas erreicht hat. Es heißt aber auch, dass man nun langsam alt wird. Das schmeichelt dann weniger. Dennoch ja, beide

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Preise haben uns sehr gefreut. Auf unterschiedliche Weise zeigen sie, dass es im Leben nicht so sehr darauf ankommt, wie viel Geld man angehäuft hat, wie viele Bestseller verlegt, wie viele VIPs man kennt, sondern darauf, dass man in seinem Feld Herausragendes leistet. Dranbleibt. Die Latte immer höher legt. Sich selbst und seiner Zielgruppe treu bleibt. Beim Antiquaria-Preis kam eine sehr hübsche Preissumme dazu und eine Laudatio, die uns beiden die Tränen in die Augen getrieben hat. Ich lebe seit mehr als 40 Jahren im Bann der Buchstaben. Wenn dann führende Antiquare signalisieren, unsere Titel hätten eventuell das Zeug dazu, Sammlerstücke von Morgen zu werden, dann betritt man diese Bühne schon mit etwas weichen Knien. Und vergisst diesen Moment so schnell nicht. Aber zurück zu Ihrem Verlag: An welche Buchprojekte denken Sie gern zurück? KSF: Tatsächlich an den Großteil unserer Bücher. Wir können Abende lang Buchgeschichten erzählen – und tatsächlich kommen zu Abenden, an denen wir das tun, Menschen, die lauschen und fragen und nicht wieder gehen wollen. Jedes Projekt hat so seine eigene Dynamik. Das Buch über Wasserfarbe für Gestalter, für das uns so lange keine Coveridee kam und das dann in einer Erstauflage von 3.000 Exemplaren per Hand bemalt wurde, vom Autor persönlich. Und das dann so erfolgreich durchstartete, dass der Autor seither über 15.000 Bücher eigenhändig bemalt hat. Oder das Buch mit den eingelegten Lesezeichen. Je fünf Stück, jedes individuell gefunden für ebendiese Funktion – und der DHL-Bote, der die vielen schweren Kisten im vierten Stock in Berlin abholte, verpackt in viel zu schweren Kisten und dann die Buchbinderei, die alles einlegte, streng nach Choreographie. Oder das Buch mit dem Tragegriff. So eine verrückte Idee, die noch und noch und noch und noch mal unmöglich schien und dann kam plötzlich der Buchbinder und hatte eine Lösung, die wir nur live in Vorträgen verraten. Und und und … In 27 Jahren ist ein Archiv der Buchbegeisterung angewachsen. Vielleicht ist das eine Art Konto –

halt ohne Geld. Aber schöne Erinnerungen bringen auch Zinsen. Und einen Überziehungskredit gibt es auch: In schwierigen Zeiten tragen gute Erinnerungen. Welche konkreten Pläne und Konzepte gibt es für 2020? BSF: Es wird wieder Kalender geben, und es wird ein Buch über Gouache kommen, eine Maltechnik, die erstaunlich viel bietet. Und ein magischer Buchhändler wird uns auf die Leipziger Messe begleiten, und ich hoffe auf ein neues Standardwerk zur Typografie, an dem wir seit langem sitzen. Aber vor allen Zukunftsplänen liegt jetzt die Frankfurter Buchmesse und schönes Neues für 2019. Vielen Dank für das Gespräch! D

Pachanga Grafikdesign-Inspirationen aus dem Cloud Forest. Belén Mena wollte eigentlich nur von der Strandparty zurück nach Quito, als sie am Rand der Straße einen schlafenden Nachtfalter entdeckte und sich in die Schönheit seiner Flügel verliebte. Die gesamte Kunstgeschichte scheint auf Mottenflügeln vertreten zu sein. Das forderte uns heraus: Wir ließen Seidenviskosestoff weben, der sich anfühlt wie ein Nachtfalterflügel und druckten auf dünnstem Papier eine Buch-Ouvertüre in hochpigmentierten Naturfarben. Eine mitreißende Party in Buchform. ISBN 978-3874397292

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Virtual Reality in Planung, Marketing, Vertrieb, Schulung und Training

Die scheinbar naheliegende Frage „Was geht denn?“ ist obsolet Fotografie: Michael Jungblut

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Insidergespräch

Herr Dr. Laurich, Sie sind seit vielen Jahren in der Unternehmenskommunikation tätig – Kommunikationsstrategie und Kundenbindung sind zwei Ihrer Kernkompetenzen. Wie kommt jemand wie Sie, der sich zweifellos mit komplexen harten Realitäten auseinandersetzt, zur Virtual Reality (VR)? Gute Frage (lacht)! Gute Kommunikation ist für mich, wenn Strategie auf Opportunitäten trifft und man diese konsequent nutzt: wir haben einen klare Idee davon, was wir unseren Kunden, Mitarbeitern oder Geschäftspartnern vermitteln wollen und versuchen, über den Zeitablauf einen optimalen Mix an Aktivitäten zu organisieren. Und dieser Mix ist heute sehr viel weiter gespannt als noch vor einigen Jahren. Von Social Media mit einem hohen Grad an Interaktivitätsmöglichkeiten, aber auch an Flüchtigkeit, bis eben hin zur konzentrierten Beschäftigung mit einem Thema, wie in VR. Generell leben wir in einer Zeit der großen Flüchtigkeit. Die Aufmerksamkeitsspanne der Beschäftigung mit einem Thema scheint ja gegen null zu gehen. Wenn wir daher das Gegenteil wollen, nämlich die intensive und eventuell auch interaktive Auseinandersetzung mit einer Thematik, dann können wir mittels VR Erlebnisräume schaffen, die genau dies ermöglichen. Wir Kommunikationsleute müssen immer bereit sein, neue Entwicklungen zu erkennen und zu bewerten. Zu unseren Kernaufgaben gehört es, optimal dahingehend zu beraten, welche Instrumente man wann wie nutzen sollte. In welchen Bereichen lässt sich VR heute schon sinnvollerweise einsetzen? Ich habe das große Glück, mit Leuten zusammen zu arbeiten, die wirklich führend in diesem Fach sind. Wir haben daher kurioserweise noch keine Situation gehabt, wo eine Projektidee technisch nicht umsetzbar gewesen

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wäre. Die scheinbar naheliegende Frage „Was geht denn?“ ist daher fast obsolet. Entscheidender ist, was ein gutes Einstiegsprojekt ist, bei dem der Kunde zügig den Nutzen verspürt und welches zudem über die Zeit wachsen kann. Denn das Fortschreiben von Erlebnisräumen ist elementarer Bestandteil der Nutzung des spielerischen Elementes von VR-Anwendungen. Unabhängig von Branchen haben sich mehrere inhaltliche Schwerpunkte ergeben: Planen: Wir schaffen Raumsituationen, in denen Planer und Nutzer vorab gemeinsam Eckpunkte abstimmen können. Denken Sie an Hotelzimmer, Küchen, Labore oder Werkplätze. Die können dann auch vertrieblich optimal eingesetzt werden. Und dann Marketing und Vertrieb: Marken werden plötzlich in einem ganz anderen Umfeld dargestellt. Zeitreisen werden möglich. Eben die klassische Verwendung von künstlich geschaffenen Umfeldern als Bühne für ein Produkt. Oder touristische Destinationen als Erlebnisräume. Oder Schulung und Training: Die Nutzerin, der Nutzer bewegt sich in einer Arbeitsumgebung und muss dort Aufgaben präzise und ggf. unter Druck lösen. In der Mechanik, Medizin oder beim „Einparken“ eines Containerschiffes. All dies ist fantastisch, wenn Handgriffe schlicht „sitzen müssen“ und daher wieder und wieder und auch unter Störeinflüssen erprobt werden sollen. Schulungen und Training? Haben Sie ein konkretes Beispiel? Nehmen wir eine Schulung zur Arbeitssicherheit. Wir haben für die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege einen komplett virtuellen Krankenhaustrakt gebaut. Dort können Pflegekräfte unfallfrei Arbeitsabläufe trainieren. Sie setzen sich die Brille

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Virtual- und Augmented Reality halten Einzug in den Unternehmensalltag. In Marketing und Vertrieb, aber auch Schulung und Training

Hochauflösende Brillen zu erschwinglichen Preisen ermöglichen den optimalen Einsatz

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Passion | #03 #04 | 19

„Fingerübung“ am Beispiel der Erlebbarkeit einer Unternehmenszentrale in der Hamburger Speicherstadt, bewusst im shabby look aufgebaut.

Feature Insidergespräch

auf, loggen sich ein und bewegen sich an ihrem Arbeitsplatz. Dann bekommen sie den Zuruf, dass sie am Patienten gebraucht werden. Dabei müssen sie die gängigen Standards absolvieren. Hände sterilisieren, Handschuhe anziehen. Wir simulieren realistische Anforderungen, bauen auch Stressfaktoren ein. Eine sehr realitätsnahe Übung, die weiter wachsen wird. Insbesondere der Umgang mit einem vermeintlichen Brand ist auch in anderen Industriezweigen auf großes Interesse gestossen. Oder das virtuelle Erleben von Energieeffizienz durch die Begehung eines Blockheizkraftwerkes. Super gern würden wir z.B. eine Experience zur Verwendung bei der Wiederbelebung erarbeiten. Im Ernstfall muss hier jemand in unübersichtlicher Gemengelage Ver-

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antwortung übernehmen, um Leben zu retten. Dies kann und muss man üben. Involvement ist das Zauberwort. Ist VR dann auch ein probates Mittel für Unternehmen und Institutionen, um eine Bindung zu neuen Themen herzustellen? Unbedingt! Das kontinuierliche Erweitern der Erlebnisräume ist ja gerade elementarer Bestandteil. Man bleibt „dran“ an einem Thema. Spannende Frage ist auch, wie intensiv man „Gamification“ einbaut, also das spielerische Element. Dies gilt es bei jedem Projekt gut abzuwägen. Wir sind jetzt gerade einen weiteren Weg gegangen, über ein Drehbuch selbst eine Konzeptidee zu schreiben. Ziel ist die intensive Beschäftigung mit dem Klimawandel. Eine Zeitreise zurück von der großen Flut in Hamburg bis hin zu den Auswirkungen, die klimatische Veränderungen auf die Umwelt haben. Hierfür sind wir gerade in Gesprächen zur optimalen Umsetzung.

Wie gliedern Sie Ihre VR-Maßnahmen in die Unternehmenskommunikation ein? Ich bin ja nun nicht bekannt dafür, jede Woche einen neuen Paradigmenwechsel auszurufen. Wir haben hier einen fantastischen neuen Werkzeugkasten, um intensive Erlebnisräume zu schaffen – erst einmal nicht mehr und nicht weniger. Darüber hinaus bietet VR einem Unternehmen die Möglichkeit, den Workflow der Projektarbeit einmal völlig digital zu denken.

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Insidergespräch

Welchen Stellenwert wird VR in der Kommunikation über kurz oder lang bekommen? Die meisten Menschen haben schon einmal davon gehört oder darüber gelesen. Die wenigsten haben allerdings konkrete Vorstellungen oder Umsetzungserfahrung mit dieser Technologie. Dabei ist klar, dass das VR derzeit auch ein Erlebnis an sich ist. Der Weg ist ein Teil des Ziels. Aber so funktioniert Kommunikation. In zwei Jahren ist Virtuelle Realität gelernt und begeistert – zumindest technisch – niemanden mehr. Dann werden die Inhalte noch mehr in den Fokus rücken. Wir glauben an VR weil es in einem spitzen Segment Erlebnisräume für die intensive Beschäftigung mit einem Thema schafft. Hier gilt es, Anwendungen zu entwickeln, die kluge und faszinierende Kommunikationslösungen sind. VR als Medium ist jetzt reif und bietet der Unternehmenskommunikation fantastische Einsatzmöglichkeiten Vielen Dank für das Gespräch! D Die Herausforderung liegt jedoch darin, kluge Einstiegsanwendungen zu formulieren. Was braucht man? Was will das Unternehmen mit der Anwendung erreichen? Die Möglichkeiten des Machbaren sind unendlich, die Faszination riesig. Aber sich auf ein sinnvolles Konzept zu fokussieren ist nicht banal. Es ist dann klassische Berateraufgabe, die Spreu vom Weizen zu trennen. In diesem Sinne bieten wir auch zwei Dienstleistungen an, die Beratung, die richtigen Projekte zu identifizieren, zu definieren und ggf. auch bei einer Ausschreibung zu helfen. Und andererseits die eigentliche Produktion, d. h. die Konzepte dann wirklich zeitlich und budgetär optimal umzusetzen – vom Storyboard bis zur Hardware, wenn nötig. Aber ganz klar – digital ist nicht alles! Nicht umsonst bewegen wir uns mit diesem Gespräch ja in einem hochwertig gemachten Printumfeld. Auch dies ein guter Weg, Bindung herzustellen.

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Ich lebe meinen Traum

Dr. Frank Laurich, konnte als Naturwissenschaftler sowie Gründer von Laurich & Kollegen langjährig Erfahrung in der Pharmaindustrie sammeln. Später wechselte er als Direktor der Konzernkommunikation zum DAX Unternehmen Preussag AG – später TUI AG –, wo er für die weltweite Kommunikation des Unternehmens verantwortlich war. Seit 2004 betreut Laurich mit der Strategie- und Kommunikationsberatung Laurich & Kollegen Kunden in allen Aspekten einer Kommunikationsstrategie. Darüber hinaus übernahm er auch diverse Interim-Management Positionen. laurich-kollegen.de showpixelvr.de

Virtual Reality Equipment mit handtracking und Brille ist seit Längerem auch wireless auf Messen oder in Showrooms problemlos einsetzbar.

Blick in Teilbereiche des „Sicheren Krankenhauses“, einem Schulungstool der Berufsgenossenschaft BGW zum Thema Arbeitssicherheit für angehende Pflegerinnen und Pfleger.

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Street Photography Kunst

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Eine Künstlerliaison

„C‘EST HUMAIN“ DAS IST MENSCHLICH Was vereint drei Lothringer Künstler wie Erik Bonnet, CIZEK und Jean-Jacques Piezanowski? Maler zu sein, bedeutet viel Zeit allein im Atelier. Eine gemeinsame Ausstellung bietet die Gelegenheit, sich auszutauschen; doch bis zur Eröffnung ist es ein langer Weg. Von der Auswahl der Werke, über die Organisation, die Vorbereitungen und Anreise bis hin zum Aufbau. Der Grund, ein Künstlerkollektiv zu gründen, war, diesen Weg gemeinsam zu gehen. Darüber hinaus wird dem Besucher so eine große künstlerische Vielfalt geboten. In der Tat geschieht dies nicht durch eine Konvergenz der Stile, sondern rund um das Thema Mensch, das die verschiedenen Ansätze verbindet. Die ARTMUC Kunstmesse in München vom 17. bis 21. Oktober 2019 bietet hierfür den idealen Raum.

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Jean-Jacques Piezanowski L‘inachevé (Der Unvollendete) (links) Purple Haze (rechts) Une part de hasard (Das Element Zufall) (vorherige Doppelseite)

CIZEK IPANSS (links oben) IBIN (rechts oben) ISTATT (links unten) ELMAJJ (rechts unten)

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Kunst

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CIZEK Synthèse 07 - Place de l‘Horloge in Carpentras (links oben) Synthèse 19 - Centre Pompidou in Paris (rechts oben) Synthèse 08 - Théâtre d‘Avignon (links unten) Synthèse 05 - Place St. Jacques in Metz mit St. Jacques Brunnen (rechts mitte) Synthèse 06 - Das Beinhaus von Douaumont (rechts unten)

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Kunst

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Kunst

Erik Bonnet Hot New York (links) Mademoiselle de Tourville (unten)

C‘est Humain ist seit 2017 auf der ARTMUC in München vertreten und gehört seitdem zu einem festen Bestandteil dieser zeitgenössischen Produzentenmesse. So unterschiedlich die Künstler von C‘est Humain sind, so unterschiedlich sind auch ihre Werke: Portraits (Jean-Jacques Piezanowski), PopArt-Spray-Collagen

(Erik Bonnet) oder Tier-Mensch-Illustrationen (CIZEK). Gemein ist Ihnen die Faszination für das Menschliche. Jean-Jacques möchte die Vielseitigkeit des menschlichen Seins, seine existentiellen Fragen, die Suche nach dem Absoluten und sein Scheitern, seine Misserfolge, sowie die Fülle an Darstellungsmöglichkeiten bewusst machen. Seine Porträts weisen Risse, Narben und Frakturen auf – Spuren des vergänglichen Lebens. Sie tragen die Stigmata der Zeit, der Kluft zwischen dem projizierten, idealen Leben und der Brutalität der Wirklichkeit in sich.

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Erik präsentiert seine Vision der Oberflächlichkeit von Menschen. Ausgehend von dem Prinzip, dass jeder etwas vom anderen erwartet, hinterfragt er, was sich hinter dem menschlichen Wesen verbirgt. Was bleibt uns, bewusst oder unbewusst, durch seine äußere Erscheinung verborgen? Als StreetPop-Artist wählt er Porträts unter der Verwendung von Pop Art-Codes aus, inspiriert von Science-Fiction, Comics, Kino und TV-Serien. Er verwendet eine Sprühtechnik – typisch für Street Art. CIZEK wiederum schöpft seine Inspiration aus seinem Interesse für die Mensch-Tier-Interaktion sowie für antike Objekte: Was tragen sie noch von ihrer Umwelt, ihrem Lebensraum in sich, was haben sie „gesehen“. Tiermensch-Hybride verkörpern Szenen aus dem alltäglichen Leben, vor historischer, französischer Kulisse, ergänzt durch Fotocollagen und Vintage-Tapeten aus den 60er und 70er Jahren, die die Wohnkultur vergangener Zeiten widerspiegeln. Sein Atelier und Wohnraum ist ein historisches Baudenkmal, „Le Cube“ in Briey, von Le Corbusier.

Erik Bonnet Carambo Rock‘n Roll (oben)

Raiko Schwalbe, Veranstalter der ARTMUC, hat es sich zum Ziel gesetzt, Künstlern eine Plattform zu bieten, direkt mit interessierten Besuchern und anderen Künstlern in Kontakt zu treten und so ein sehr persönliches Netzwerk aufzubauen. Mittlerweile kennt man sich. Kunstinteressierte Besucher kommen wieder – es haben sich für die Künstler einige gemeinsame Zwischennutzungsprojekte wie das Munich Art House entwickelt. Die Gemeinschaft wächst. D www.kunsthumanoid.de jjpiezanowski.jimdo.com erikbonnet.jimdo.com www.cube.fr

Ein Blick in das Atelier, das kreative Reich von JeanJacques. Mit viel Sensibilität und Menschenkenntnis entstehen hier im beschaulichen Boulange in Lothringen die Portraits, die der Seele Ausdruck verleihen.

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Networking

Schön, dich mal ganz in echt zu sehen!

Sabine Piarry ist seit 1994 selbstständig und hat 2003 ihre Leidenschaft, Menschen miteinander zu vernetzen, zum Hauptberuf gemacht. Ihr Credo: Ausprobieren statt theoretisieren. www.sabine-piarry.de www.piarry-akademie.com

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Jeder von uns hat berufliche und persönliche Verbindungen, die über die Jahre immer zahlreicher werden. Die Bindung über soziale Netzwerke wie XING und LinkedIn gehört inzwischen zum „guten Ton“ – beinahe jeder in der Kommunikationsbranche hat seine digitale Visitenkarten. Neben den auch als „Karriere-Portale“ genannten Tools bewegen wir uns zusätzlich noch in Facebook oder Instagram, um Kontakt zu halten und informiert zu bleiben. Wir haben mit der Marktforscherin und Vernetzungsspezialistin Sabine Piarry darüber gesprochen, welchen Stellenwert Social Media im Business Networking einnehmen kann. Liebe Frau Piarry, schön, Sie persönlich kennen zu lernen. Bevor wir richtig einsteigen: Wie wird man eigentlich Vernetzungsspezialistin? Es war schon immer meine Leidenschaft, Menschen zusammen zu bringen und meine eigenes Kontakte-Netzwerk zu erweitern. Ich liebe einfach das Gefühl, dass ich immer jemanden fragen kann, wenn ich alleine nicht weiterkomme.

Als die Umsatzzahlen meines Marktforschungsinstituts zusammenbrachen, überlegte ich, diese Leidenschaft zur Einkommensquelle zu machen und gründete in 2002 ein bundesweites Netzwerk (Netzwerk Ganzheitlichkeit) für holistische Anbieter. Mit den sozialen Medien und viel „for free“ lahmte auch dieses Geschäftskonzept und ich übertrug meine zehnjährige Erfahrung im Präsenznetzwerken ab 2012 auf die sozialen Medien. Ja, warum nenne ich mich Vernetzungsspezialistin? Ich mag das Wort vernetzen, weil es aktiv und menschlich ist. Ich mag Menschen einfach. Networking-Expertin – so könnte ich mich auch nennen – steht für mich für IT, Maschinen und Automatisierung. Das ist nicht meins. Social Media nimmt viel Raum unseres täglichen Tuns ein. Laut einer „Menthal Balance“-Studie aktiviert ein Durchschnittsnutzer sein Smartphone alle 12 Minuten – und bewegt sich dabei oft in sozialen Netzwerken. Eigentlich eine gute Basis für professionelles Networking! Aber Das Magazin von BerlinDruck

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Networking

haben Sie das Gefühl, dass all die Tools richtig genutzt werden? Wir müssen unterscheiden, ob wir uns im Business oder privat in Netzwerken bewegen. Dies klar abzugrenzen, fällt vielen Menschen schwer. In Facebook scrolle ich beispielsweise nur außerhalb meiner Arbeitszeit durch die Chronik, und das auch nur selten. Aber auch im Business brauchen wir ein klares Networking-Zeitbudget, um uns nicht zu verlieren. Es hilft, einen Wecker zu stellen und dann diese Zeit beispielsweise in Xing bzw. LinkedIn gezielt zu nutzen, um neue Kontakte zu knüpfen bzw. bestehende Kontakte zu pflegen. Der achtsame Umgang mit unserer Zeit in den sozialen Medien ist aus meiner Sicht der Schlüssel für Effizienz und Im Business brauchen wir ein die Basis für klares Networking-Zeitbudget, professionelles Netzwerum uns nicht zu verlieren. ken. Ganz wichtig ist, nicht zwischen den sozialen Kanälen hin und her zu springen wie ein Häschen im Garten. Empfehlenswert ist, alle Pop-ups abzustellen, die ablenken könnten. Es ist bisweilen eine Überforderung bis hin zur Verweigerung spürbar. Für die Markenarbeit versuchen sich Unternehmen in Facebook, Instagram oder Pinterest zu positionieren. In der vom People-Business geprägten Dienstleistungsbranche wirkt vieles noch bisweilen hilflos. Welche Möglichkeiten bieten die Business- Netzwerke XING und LinkedIn Ihrer Erfahrung nach?

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Xing und LinkedIn sind die wichtigsten Business-Netzwerke. Xing hat mit 16 Millionen deutschsprachigen Mitgliedern den größten Stellenwert für Selbständige und Angestellte. Für große und international ausgerichtete Unternehmen ist meist LinkedIn die erste Wahl. Mein Tipp: Nach einem Kongressbesuch bzw. einem Networking-Treffen die neuen Kontakte auf Xing und auf LinkedIn suchen und sich vernetzen. Da fällt die Entscheidung leichter, welches Netzwerk für das eigene Businessumfeld am besten passt. Im Schnitt finden wir 80 % der neu geknüpften Kontakte in Xing wieder und ca. 50 % auf LinkedIn. In Facebook hingegen ist eine Recherche nahezu unmöglich, da jeder Name zu viele Treffer anzeigt. Für einen guten ersten Eindruck ist es wichtig, dass man ein klares und überzeugendes Profil zeigt. Dies gilt für Selbständige und Angestellte gleichermaßen. Eine Schlüsselrolle spielt ein professionelles Businessfoto. Dies soll nicht verschönert wirken, sondern aktuell und authentisch sein. Wenn ich auf einem Kongress bin und die Menschen klopfen mir auf die Schulter und sagen: „Sabine, wir sind über Xing miteinander vernetzt. Schön, dich mal ganz in echt zu sehen“, dann passt das Foto. Häufig treffen wir uns auch auf ein Kennenlerngespräch im virtuellen Raum wie Skype oder Zoom. Nichts ist schlimmer als der Schock, dass der Gesprächspartner zehn Jahre älter wirkt als auf dem Xing-Porträt. Ich habe mir eben einen komplett neuen Haarschnitt zugelegt, da ist auch wieder ein Foto-Shooting angesagt. (lacht)

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„In ein echtes und verlässliches Netzwerk musst du Zeit investieren, denn es basiert auf Vertrauen und Zurückhaltung“, weiß Thomas Robel, Kundenberater bei BerlinDruck. „Mein Tipp: Orientiere dich am 70-20-10-Prinzip: Nutze 70 Prozent deiner Zeit, um anderen zu helfen. 20 Prozent, um dich selbst zu präsentieren und 10 Prozent, um andere um Hilfe zu bitten.“

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Networking

bekommen, ist deutlich schwerer als auf Facebook, YouTube oder durch Google Ads.

Und dann ist eine klare Positionierung wichtig. Ein Profilbesucher schenkt uns fünf bis acht Sekunden, um zu entscheiden, ob er bleibt oder geht. Diese kurze Zeit bleibt uns, um im Profil unsere Kernkompetenz klar zu kommunizieren und Neugierde zu wecken, um mehr über uns zu erfahren. Sobald der Andere einen Nutzen für sich erkennt, wird er sich intensiver mit unserem Profil befassen. Das bedeutet: In der Kürze liegt die Würze. Und je einfacher, desto schneller landen die Infos auch da, wo sie hinsollen: im Hirn. Wenn wir dann noch mit Gefühlen und Bildern arbeiten, triggern wir das Unterbewusstsein und kommunizieren auf einer sehr wirksamen Ebene. Vernetzung ist das Eine, effiziente Nutzung das Andere. Meiner Beobachtung nach bewegt sich die „eitle“ Kommunikationsbranche eher in den bunten Welten von Facebook und Instagram. Wie kann denn kreativer Vertrieb über die Karriere-Portale XING und LinkedIn konkret aussehen? Der größte Fehler, der bei den sozialen Medien gemacht wird, ist die fehlende Differenzierung. Jedes Netzwerk hat seine Stärken, die es zu nutzen gilt. Was in Xing möglich ist, kann ich nicht von Facebook erwarten und umgekehrt. Schwarz-weiß gemalt sage ich gerne: In Xing ist Geld und es fehlt Zeit und in Facebook ist es genau umgekehrt: Da haben Menschen viel Zeit, aber wenig Budget. Das bedeutet, dass ich beispielsweise über Xing Einzelberatungen verkaufe, während ich über Facebook günstigere Produkte wie Gruppen-Coachings und Selbstlernkurse anbieten kann. Auch die Art und Weise der Kundengewinnung ist komplett anders: Im Businesskontext kann ich klar und schnell zum Ziel kommen, in Facebook ist Kundengewinnung eher eine Verführung auf Umwegen. Da spielt das Lustprinzip und nicht das Nutzenprinzip wie bei Xing und LinkedIn die bedeutende Rolle. Für B2C bieten sich die sozialen Medien an, die privat am liebsten genutzt werden: Allen voran Facebook für den Austausch, Instagram für Kreative, Pinterest zum Shoppen

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und YouTube zur Unterhaltung und für DIY. Für eine Künstlerin und einen Onlineshop sind diese Medien die erste Wahl, um mit Kunden im Dialog zu sein und neue Kunden zu gewinnen. Xing und LinkedIn sind nicht nur, aber schwerpunktmäßig auf B2B ausgerichtet. Für B2C bedeutet dies konkret, dass es weniger Sinn macht, in den Business-Netzwerken nach Kunden zu suchen. Vielmehr geht es hier um die passenden Kontakte, um den eigenen Erfolg voranzubringen. Hier findet man Experten und Kooperationspartner. Die guten Recherchemöglichkeiten nach Kompetenzen ermöglichen, sehr gezielt zu suchen und zu finden. Aber auch wer keine konkrete Kooperationsidee hat und in Xing nach ähnlichen Profilen sucht, wird fündig. Hier ploppen Profile auf, die die eigenen Stärken wunderbar ergänzen. Also sind die Möglichkeiten, die XING und LinkedIn bieten, noch lange nicht ausgeschöpft? Ich kenne niemanden, der sie bisher voll ausgeschöpft hat. Mich eingeschlossen. (lacht) Welche Kampagne auf XING oder LinkedIn hat Sie am meisten beeindruckt? In Xing und LinkedIn machen wir keine Kampagnen wie auf Facebook. Hier steht das Kontakte knüpfen und Kontakte pflegen im Vordergrund. Es findet eher Austausch statt, wir finden Kunden und unterstützen uns gegenseitig mit Kooperationen. Menschen über diese beiden Kanäle in die eigene Liste zu

Ihre Akademie verspricht, die richtigen Business-Kontakte schnell und leicht knüpfen zu lernen. Und mehr neue Kunden zu gewinnen. Verraten Sie uns, wie? Netzwerken ist kein Hexenwerk, aber gerade Anfänger treten gerne in Fettnäpfchen, indem sie beispielsweise erwarten, bei einem Netzwerk-Treffen oder in Social Media gleich zu verkaufen. Das funktioniert nur, wenn wir Vertrauen aufbauen. Ein Tipp: Bei neuen Kontakten immer mit der Kontakte- und Impulsebrille statt mit der Kundenbrille unterwegs sein. Ich sollte immer überlegen, welche Kontakte ich mir wünsche und welche Kontakte ich anderen Menschen vermitteln kann. Dann unterstützen wir uns gegenseitig. Wenn die Kontakte-Netzwerke gänzlich unterschiedlich sind, dann hilft der Blick durch die Impulsebrille. Mit welchen eigenen Erfahrungen kann ich meinem Gesprächspartner Ein Profilbesucher schenkt weiterhelfen? uns fünf bis acht Sekunden, Was könnte für ihn noch interum zu entscheiden, ob er essant sein, an bleibt oder geht. was er vielleicht gar nicht denkt? Impulse zu geben und natürlich auch zu nehmen sind, die wertvollsten und fruchtbarsten Geschenke beim Netzwerken. In den verschiedenen Kanäle agieren wir unterschiedlich, beispielsweise in Facebook mehr persönlich und in den Business-Netzwerken etwas distanzierter. Allen Kanälen gemeinsam ist aber, dass wir es immer mit vier Kontaktqualitäten beim Netzwerken zu tun haben: Lose und etablierte Kontakte, Kooperationen und Multiplikatoren. Wie man diese am sinnvollsten nutzt, das können Leser in der 21-Tage-Networking-Challenge in der Piarry Akademie erfahren – übrigens kostenfrei! Es gibt auch Gratis-Tipps, wie man das Beste aus Xing herausholt, und eine Social Media Bibliothek, um alle Wissenslücken zu schließen. Frau Piarry, vielen Dank für dieses Gespräch! D

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Psychologie

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Face-to-Face Wie wir die gesunde Entwicklung unserer Kinder in Gefahr bringen

Nach Umfragen und Studien verbringen wir heute durchschnittlich rund ein Drittel unseres Tages an unseren Smartphones. Die genaue Zahl der durchschnittlichen Nutzung von Smartphones sind aktuell 3,25 Stunden pro Tag. Die Jüngeren verbringen weitaus mehr Zeit an ihren Geräten. Vor allem Schüler haben mehr Freizeit und gleichzeitig auch mehr Ausdauer, zumindest was die Nutzung von elektronischen Geräten sowie Social Media angeht.

Was macht Kinder eigentlich zu seelisch gesunden Erwachsenen? Sie brauchen bedingungslose Liebe, klar. Sie brauchen, um zu gedeihen, eine stressarme Umgebung und zugewandte Menschen, die zuverlässig und feinfühlig die kindlichen Bedürfnisse erkennen und beantworten können. Die wichtigste Bindung im Leben eines Jeden ist die Mutter-Kind-Bindung. Kinder brauchen dieses enge Band, um emotionale und soziale Kompetenzen entwickeln zu können. Nur so werden sie stark für spätere Anforderungen in unserer hochkomplexen Welt. Die Bindungstheorie wurde erstmals von John Bowlby (1907-1990) formuliert, der als Psychiater und Psychoanalytiker in den 1960er Jahren in London lebte. Er forschte damals nach Erklärungen für Entwicklungsschäden bei Kindern, die im Zweiten Weltkrieg von ihren Müttern getrennt wurden. Die Bindung zwischen Mutter und Kind besteht nicht von Geburt an; sie entwickelt sich erst in den ersten Lebensmonaten des Säuglings. Mutter und Kind kommunizieren zunächst nur emotional und psychomotorisch miteinander. Ein Säugling kommt mit Verhaltensweisen auf die Welt, die gewährleisten, dass es von Anfang an zeigen kann, wie es ihm geht. Bewegungen, Laute, Schreien, Mimik, Gestik und Hautverfärbungen signalisieren deutlich seine Bedürfnisse. Die Natur hat außerdem das Kindchenschema bereitgestellt, das bei der Mutter eine Fürsorgebereitschaft auslöst – hohe Stirn, große Augen, kleine Stupsnase, weiche Haut. In der Qualität der Bindung, die Kinder entwickeln, gibt es große Unterschiede. Dabei unterscheidet man zwischen einer unsicheren und einer sicheren Bindung. Eine sichere Bindung zwischen Mutter und Kind zeigt sich darin, dass das Kind in der Lage ist, die Mutter zum einen als sichere Trostquelle und zum anderen als verlässlichen Hafen zur Erkundung der Welt zu nutzen. Nach Bowlby kann ein Säugling nur dann seine Umwelt erkunden, wenn er dies von der Mutter aus tun kann – sie ist seine

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verlässliche Basis. Eine sichere Bindung ist somit die wichtigste Voraussetzung, dass ein Säugling seine Umwelt erforschen und sich selbsteffektiv erfahren kann. Der Säugling braucht konstant Face-toFace-Situationen, um sich selbst und seine Umwelt erkennen, um Sicherheit spüren und auf Entdeckungsreisen gehen zu können. Er braucht Blickkontakt und die intensive Bindung zu seiner Mutter, um sich gesund – körperlich wie seelisch – entwickeln zu können. Was aber, wenn die wichtigsten Menschen im jungen Leben nicht immer spürbar oder greifbar sind? Welche Auswirkungen hat es, wenn die Eltern viel zu oft abgelenkt sind und sich nicht mehr empathisch sensibel um ihre Jüngsten kümmern? Viel zu oft kann man beobachten, wie Mütter oder Väter den Kinderwagen schiebend ihre Mails auf dem Handy checken, wie stillende Mütter die Timeline in Facebook durchstöbern oder wie Väter auf dem Spielplatz nebenbei in WhatsApp-Gruppen plaudern. Jede noch so kleine Unterbrechung oder Ablenkung stört in den ersten Monaten und Jahren die Bildung einer existenziell wichtigen Bindung zwischen Mutter (respektive Vater) und Kind. Ergebnisse von empirisch angelegten Untersuchungen zeigen, dass wir im Durchschnitt alle 18 Minuten auf unser Handy schauen. Um sich von dieser Unterbrechung wieder fokussiert dem zuzuwenden, was wir eigentlich tun, brauchen wir bis zu sechs Minuten. Leicht zu errechnen, wie wenig intensive Zeit uns bleibt, um in unserem Fall achtsam mit unserem Baby zu sein. Der ständige Gebrauch von mobilen Endgeräten wie Smartphones oder Tablets während der ersten Lebensmonate und -jahre ist folglich zu vermeiden. Wichtiger ist die intensive Fokussierung auf die Bedürfnisse des Babys. Das ist für seine Entwicklung existenziell. Multitasking – gerade auch in dieser sensiblen Entwicklungsphase des Kindes –funktioniert nicht. Handys aus! D

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Insidergespräch

Frank Volland: „Die Zeiten, in denen man uns einen Stapel Papier zum Binden gebracht hat, sind längst vorbei.“

Spezia Das schö l ne Buch

SYNERGIE IST MEHR ALS EIN ZAUBERWORT Integralis bietet unter einem Dach jegliche Art von buchbinderischen Leistungen: Hardcover, Softcover, Sammelheftung, vielfältige Falzprodukte, Folienveredelung, Prägung, Heißfolienprägung, Verpackungsproduktion, Displays, Präsentationsmappen, Werkzeugbau. Damit positioniert sich Integralis als Systempartner für mehr Wirtschaftlichkeit, Effizienz und Produktionssicherheit.

Fotografie: Michael Jungblut

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Insidergespräch

Mit 130 Mitarbeitern und einem modernen Maschinenpark ist Integralis – von der Standardanwendung bis zur spektakulären Sonderlösung – ein verlässlicher Druckereipartner. Auch für BerlinDruck. Die durchgehend dreischichtige Produktion ermöglicht dabei hohe Effizienz und Schnelligkeit. Die EDV State of the Art, die Prozesskontrolle und das konsequente Qualitätsmanagement sollen hochwertige Ergebnisse garantieren helfen. Auf einem Gelände in Hannover Ronnenberg verschreibt man sich der Leidenschaft, Papier auf das Feinste zu verarbeiten. „Wir lieben den Geruch, die Haptik, die unzäh-

ligen Möglichkeiten, die Papier bietet. Und wir erfreuen uns an vielen unterschiedlichen Lösungen, die wir täglich aus Papier herstellen. Papier steht seit dem Aufkommen digitaler Medien in einem starken Wettbewerb mit elektronischen Informationsträgern. Es steht aber nicht hinten an. Jede Untersuchung zeigt ganz klar: Botschaften auf Papier wirken deutlich stärker, prägen sich b ­ esser ein und erreichen so eine deutlich nach­haltigere Wirkung als elektronisch übermittelte“, liest man auf der Homepage.

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Frank Volland, 56, ist geschäftsführender Gesellschafter der Industriebuchbinderei Integralis. integralis-hannover.de

Der Anspruch der Auftraggeber ist heute um ein Vielfaches höher. Sonderanfertigungen wie Prägungen, besondere Lesebändchen oder spezielle Vorsatzpapiere machen viele Aufträge mehr denn je zu echten Herausforderungen.

Frank Volland, einer der beiden Geschäftsführer, führt uns durch den Betrieb. Der umfangreiche

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Insidergespräch

Neben Softcover-, Hardcover- und Loseblatt-Produktionen laufen auch gerade zum Jahreswechsel etliche Wire-O-Produktionen wie Tischkalender.

In-house-Maschinenpark ist beeindruckend. Wir lernen eine Menge über die Möglichkeiten der Softcover- und Hardcover-Produktion, der Loseblatt- und Wire-O-Produktion. Stanzen, prägen, nuten, falzen, kleben. Im Manufaktur-Bereich werden Sonderlösungen, die nicht maschinell produzierbar sind, reali-

siert und Vorab-Muster gebaut. Die Manufaktur ist die Abrundung des umfangreichen Maschinenparks und gewährleistet, dass wirklich nahezu jedes Objekt, sei es noch so ausgefallen, von Integralis hergestellt werden kann. Man versucht, jenseits herkömmlicher Standards immer wieder Lösungen zu finden, die auf den ersten Blick nicht oder nur schwer machbar scheinen – die individuellen Anforderungen und Herausforderungen jedes einzelnen Kunden stehen dabei im Mittelpunkt. Herr Volland, sind die Anforderungen an Ihre Arbeitsergebnisse andere als früher? Ganz sicher! Bücher sind keine Informationsspeicher mehr. Dafür gibt es heute weitaus bessere digitale Möglichkeiten. Heute zählen andere Werte: Haptik und Ästhetik. Der Anspruch unserer Kunden ist heute um ein Vielfaches höher. Sonderanfertigungen wie Prägungen, besondere Lesebändchen oder spezielle Vorsatzpapiere machen viele Aufträge mehr denn je zu echten Herausforderungen. Aber denen stellen wir uns gern!

Loretta Stern, 44, ist Schauspielerin, Sängerin, Moderatorin und Sachbuchautorin. Sie ist im

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Hat sich Ihr Angebot über die Zeit verändert? Wir sehen zum Beispiel eine bestens ausgestattete EDV-Abteilung … Wir haben uns zu einem Sparringspartner für unsere Partner und Kunden entwickelt. Sie können von uns erwarten, dass wir mit Rat und Tat zur Seite stehen. Wie muss beispielsweise ein PDF angelegt sein, wenn ich etwas sehr Spezielles prägen will? oder: Wie wird korrekt ausgeschossen, wenn wir einen Papierwechsel innerhalb eines Buches haben? Da geben wir gern die richtigen Werkzeuge an die Hand, um schon in der Druckvorstufe die

Seit 2011 am neuen Standort: Die Produktion ist vollkommen eben­erdig – ein High­techbetrieb mit über 100 Mitarbeitern.

„Integralis beherrscht die Standards und hat Freude an komplexen Herausforderungen“, weiß Dirk Lellinger, Leiter der Druckvorstufe bei BerlinDruck. „Deren Leitspruch ‚Wir machen es möglich‘ ist kein Gerede, sondern gelebter Anspruch. Das haben wir schon mehrfach mit Freuden zur Kenntnis nehmen dürfen.“

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Leseempfehlungen

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Voraussetzung für ein sehr gutes Ergebnis zu bieten. Dieser Service wird mehr und mehr geschätzt. Darüber hinaus haben wir eine eigene Entwicklungsabteilung für funktionale 3-D Objekte. Beispielsweise haben wir einen Adventskalender entwickelt, den wir auch befüllen und letztlich vertreiben können. Eine besondere Spezialisierung stellt die Produktion von Verpackungen unter der Marke Gracebox dar. Durch neue vollmaschinelle Produktionstechniken ist die Herstellung von hochfeinen Luxuskartonagen zu wirtschaftlichen Konditionen mit schneller Reaktionszeit möglich. Und das mangels Werkzeugkosten auch bei kleinen Auflagen. Das klingt nach Full Service! Was macht Ihrer Meinung nach noch einen modernen Betrieb aus? Seit Anfang 2010 decken wir unseren Energiebedarf durch sauberen Strom aus umweltfreundlichen und erneuerbaren Energiequellen wie Wind, Wasser, Sonne oder Biomasse. Ohne Atom oder Kohle. So leisten wir unseren Beitrag zu Klimaschutz und Energiewende. Wir sind nicht allein auf dieser Welt und wir tragen Verantwortung für ihren Fortbestand. Wir verbinden aus Überzeugung wirtschaftliches Handeln mit sozialer und ökologischer Haltung. Für uns und zukünftige Generationen. Das macht einen modernen Betrieb heute aus! Herr Volland, vielen Dank für die Führung und unser kurzes Gespräch! D

Leseempfehlungen: Die Schönsten Deutschen Bücher 2019 Eine dreistufige Expertenjury – Erste Jury, Zweite Jury und die Jury für den Preis der Stiftung Buchkunst – wurde vom Vorstand der Stiftung Buchkunst berufen. Die Jurys trafen ihre Entscheidung nach ausgiebiger Diskussion durch Abstimmung. Ausgezeichnet wurden Bücher der Allgemeinen Literatur, wissenschaftliche Bücher, Fach- und Sachbücher, Lehrund Schulbücher, aber auch Kunstund Fotobücher sowie Kinder- und Jugendbücher. Der mit 10.000 Euro dotierte »Preis der Stiftung Buchkunst« 2019 geht an das Buch »Name Waffe Stern“. Die Kulturbürgermeisterin der Stadt Leipzig Dr. Skadi Jennicke verlieh den Preis am Freitag, den 06. September 2019, im Foyer des Museums Angewandte Kunst in Frankfurt an drei junge Gestalter aus Leipzig. Der Katalog »Die Schönsten Deutschen Bücher 2019«, erschienen im Verlag der Stiftung Buchkunst, wurde im Rahmen der Preisverleihung vorgestellt. Das Werk ist für 20,– € zu erstehen. ISBN 978-3981429183

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Insidergespräch Hirnforschung

oder wie man die „Bindung zum Spiel“ wieder herstellt Illustration: Julia Ochsenhirt

Ein Beitrag von Dr. Volker Busch

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Hirnforschung

Googeln Sie doch einmal „Digitalisierung“. Aktuell erhalten Sie fast 14 Millionen Ergebnisse. Das Thema ist in jeder Nische unseres beruflichen und privaten Alltags angekommen. Dabei zentriert sich die digitale Diskussion in Wirtschaft und Politik überwiegend auf technische und arbeitsmarktpolitische Aspekte: Wie können wir uns globaler vernetzen und unsere Datentransfers erhöhen? Wann werden welche Arbeitsplätze wegfallen und in welchen Bereichen entstehen neue Berufsfelder? Mindestens ebenso wichtig zu beleuchten wäre jedoch: Welche Auswirkungen hat die Digitalisierung auf den Menschen und sein Gehirn? Was macht der digitale Dauerkonsum mit unserem Verstand? Wie beeinflussen ständige Ablenkungen und Unterbrechungen durch Tablet und Smartphone unsere Fähigkeit Geistiges zu leisten? Was braucht der Mensch in einer reizdurchfluteten Umgebung, um kreativ zu denken? Und können wir geistige Pausen bewahren in einer lauter und schneller werdenden Welt voller Bildschirme um uns herum? Eine stärkere Beschäftigung mit psychologischen und neurowissenschaftlichen Fragestellungen der Digitalisierung und ihre Auswirkungen auf menschliche Kognition, Kreativität und Kommunikation würde dabei helfen, die digitale Transformation gehirnoptimiert und damit menschengerecht zu gestalten. Von ein paar dieser Aspekte und wirksamen Methoden einer effektiven Selbststeuerung handelt der folgende Artikel. Die Verelendung der Konzentration Eine geistige Kernkompetenz des Menschen ist das Fokussieren. Die Aufmerksamkeitsblende eng zu stellen und sich ganz auf einer Sache zu konzentrieren gehört zu jenen Fähigkeiten, von denen andere Intelligenzleistungen wie logisch deduktives Denken, Problemlösekompetenzen oder Handlungsplanung in besonderer Weise abhängig sind. Leider kommt uns diese Eigenschaft heute besonders leicht abhanden. Die Fähigkeit zur Konzentration lässt nämlich nach: Ständige Ablenkungen im Zeitalter digitaler Kommunikation und Informationsflut unterbrechen unser Tun und stehlen uns wertvolle Aufmerksamkeit. Die hohe Ablenkungsdichte durch digitale Störenfriede um uns herum macht uns heute sehr impulshaft. Wir reagieren auf jeden Reiz und sind dadurch geistig weniger ausdauernd bei einer Sache. Ein bisschen ADHS haben wir heute alle, quer durch alle Berufsgruppen und Bevölkerungsschichten. Portionierte Teilaufmerksamkeiten führen als Folge dessen zu einer Art mentalen Verschwommenheit. Wir sind unachtsamer und machen mehr Fehler. Denn wenn wir

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ständig umschalten, statt in Tiefe in einer Sache zu versinken, leidet die Performance. Im Straßenverkehr führt die digitale Ablenkung seit Jahren nachweislich zu mehr Unfällen. Aber auch an unseren Schreibtischen sorgen permanente Unterbrechungen für mehr Leistungseinbußen und einem erhöhten Maß an Stress. Studien zeigen übereinstimmend, daß wir nach einer kurzen Unterbrechung von 1–2 Minuten ca. 5–8 Minuten benötigen, um die „Bindung zum Spiel“ mit der gleichen Genauigkeit und Tiefe wiederzufinden.

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Dr. med. habil. Volker Busch, 47, ist Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie sowie Privatdozent am Lehrstuhl der Universität Regensburg. Er ist als Speaker, Trainer und Coach für viele Unternehmen tätig. Im Juli 2019 wurde Dr. Busch in Denver (Colorado) als CSP-Speaker ausgezeichnet (CPS = Certified Speaking Professional).

Ziemlich unmögliche Gleichzeitigkeit Die Fülle an Aufgaben und das hohe Maß an Impulsivität führt dazu, daß wir unsere Projekte heute oft in kleinen Portionierungen abarbeiten oder ihnen sogar gleichzeitig versuchen gerecht zu werden. Dabei stellt sich streng genommen die Frage: Können wir überhaupt Multitasking? Neurowissenschaftliche Untersuchungen belegen: www.drvolkerbusch.de bit.ly/2FlfNUU Unserem Gehirn gelingt eine echte Parallelität nur, wenn die Aufgaben gänzlich unterschiedlich sind und sie sich gegenseitig nicht stören. Das ist lediglich dann der Fall, wenn wir eine motorische, automatisierte Aufgabe mit einer geistigen Tätigkeit kombinieren, bspw. Spazierengehen und dabei Sprechen, oder Handwerken und währenddessen Musik hören. Zwei intellektuelle Dinge lassen sich dagegen kaum parallelisieren, bspw. Zuhören und Schreiben, oder das Sitzen im Meeting beim gleichzeitigen Checken der Mails auf dem Tablet. Alle Vorgänge, die ein hohes Maß an bewusster kognitiver Zuwendung benötigen, müssen nämlich denselben „Flaschenhals“ der Aufmerksamkeit passieren. Der Versuch des Multitasking bedeutet daher ein ständiges Ein bisschen ADHS haben Umschalten. Multitasking kos- wir heute alle, quer durch alle tet unser Gehirn (übrigens bei- Berufsgruppen und Bevölkeder Geschlechter) viel Kraft und Energie. Unsere Aufmerksamkeit rungsschichten. hinkt beim raschen Umschalten stets hinterher. Dieser sog. Aufmerksamkeitsrückstand führt dazu, dass der Versuch einer parallelen Aufgabenbearbeitung letztlich rund 30 Prozent länger dauert und etwa 20 Prozent mehr Fehler produziert als das serielle Arbeiten. Multitasking ist also streng genommen Task Switching mit hohen Opportunitätskosten. Der Stress kommt von vorne Aus neurowissenschaftlicher Sicht kommt es durch einen permanent „nervösen“ Arbeitsmodus zu einer starken Beanspruchung wichtiger Hirnzentren, bspw. Teilen des Vorderhirns (präfrontaler Kortex, PFC). Dessen Aufgabe

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ist u. a. die Modulation von Stressreaktionen. In chronisch anhaltenden Belastungssituationen kann es zu einer Schwächung seiner Funktion kommen, so dass er die Stressachse nicht mehr effektiv hemmen kann. Mögliche Folgen sind dann anhaltende Stresssymptome in Form innerer Anspannung, muskulärer Verspannung, Kopfschmerzen oder Schlafstörungen. Praxistipp Stellen Sie eng und arbeiten Sie tief Nehmen Sie sich für die wichtigste Sache des Tages eine Stunde Zeit, in der Sie sich voll und ganz ohne äußere Ablenkung auf eine wichtige Aufgabe konzentrieren. Diese Stunde sollte nur Ihnen und der Aufgabe gehören, die vor Ihnen liegt. Es ist Ihre Eigenzeit, in der Sie den wunderbaren Zustand genießen dürfen, der sich einstellt, wenn Ihr Gehirn tief in etwas versinkt. Nutzen Sie hierfür vorzugsweise jene Tageszeit, in der Sie geistig am leistungsfähigsten sind. Meist liegt diese Zeit zwischen 9 –12 Uhr vormittags. Teilen Sie ggf. Ihren Kollegen mit, dass Sie in dieser Stunde keine Anrufe entgegennehmen und ungestört arbeiten möchten. Beantworten Sie in dieser Zeit keine Mails, denn dafür ist die Zeit zu schade. Auch im sprichwörtlichen Suppenkoma nach dem Mittagessen bekommen Sie das hin. In die beste Zeit des Tages sollten Sie vielmehr das legen, was besonders wichtig ist. Es handelt sich um die Aufgabe, die Ihre berufliche Kernkompetenz oder Expertise ausmacht und was keine Fehler erlaubt. Studien zeigen, daß durch tiefes Versinken in eine Sache die Netzwerke, die zur Bearbeitung der Aufgabe benötigt werden, in einer einheitlichen Frequenz zu schwingen beginnen. Das ist der Grund, warum uns plötzlich Fehler auffallen, logisches Denken besser gelingt oder selbst empathisches Einfinden leichter fällt. Vereinfacht ausgedrückt: Tiefe verbessert die Kommunikation zwischen den Neuronen im Gehirn und damit die Leistung bzw. deren Output. Bleiben Sie in jedem Fall demütig und haben Sie etwas Geduld. Anfängliche Irritationen gehören zum Spiel. Denn eine neue Gewohnheitsbildung fordert zunächst ein wenig Aktivierungsenergie und muss sich erst einschleifen. Innere Stimmen werden sie anfangs nämlich recht laut an viele unerledigte Dinge erinnern und Sie zu schnellem Umschalten und oberflächlichem Springen verführen. Lassen Sie sich nicht entmutigen. Fangen Sie mit einer halben Stunde an. Dann steigern Sie Schritt für Schritt. Mit etwas Übung werden Sie die tiefe Stunde nach und nach in Ihren Arbeitsalltag integrieren. Und ich verspreche Ihnen: Sie werden sie nicht mehr missen wollen. Denn Sie erleben Erfolgserlebnisse, mehr Zufriedenheit mit dem Arbeitsergebnis und deutlich weniger Stress. Spä-

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testens dann wird die tiefe Stunde zu einem verlässlichen Ruhepol in Ihrem schnelllebigen und digitalen Arbeitsalltag werden, durch die Sie ein hohes Maß an Performance und Balance zurückgewinnen können. Gehirnpausen – sinnvoll, aber unbeliebt Die Fähigkeit zum Fokussieren ist allerdings nicht unerschöpflich. Nach spätestens 1–2 Stunden konzentrierter Arbeit beobachten wir eine nachlassende Aufmerksamkeit. Wir brauchen für alles länger und machen Fehler. Unsere Gedanken schweifen ständig ab und gehen gewissermaßen auf Wanderschaft. Das ist ein untrügliches Zeichen dafür, daß wir eine Pause brauchen. Dann versucht unser Gehirn im Hintergrund aufzuräumen: Es filtert, ordnet und verpackt die zuvor aufgenommenen Informationen. Das ist nicht nur notwendig, um die zuvor aufgenommenen Reize zu verarbeiten und daraus Gedächtnisinhalte zu konsolidieren, sondern auch, um die zuvor erschöpfte Konzentration wiederherzustellen. Besonders gut gelingt die Erholung, wenn wir geistig wenig neue Informationen von außen aufnehmen und unser Gehirn die Chance erhält Reize in Ruhe zu verarbeiten. Das ist sowohl beim Nachtschlaf der Fall, aber auch untertags, wenn wir monotone Umgebungen aufsuchen und in diese eintauchen, wie Waldspaziergänge oder das Liegen in einer Hängematte. Bei einer solchen geistigen Pause werden Informationen bewertet, Reize gelöscht und Gedanken verknüpft. Unser Gehirn probiert aus und spielt Szenarien durch. Neue Informationen sickern nach und nach tiefer ins Gehirn und werden mit vorhandenem Wissen verbunden. Auf diese Weise wird Wissen gespeichert und es entstehen Assoziationen. Das Ergebnis dieser Aufräumarbeiten ist daher nicht selten ein plötzlicher Einfall oder eine verstaubte Erinnerung. Kreative Ideen entstehen oft in solchen geistigen Pausen. Es ist wie beim Entrümpeln des Dachspeichers: Auf einmal finden wir etwas, ganz spontan und unvorhergesehen. Leider lässt das Bewusstsein für regelmäßige Gehirnpausen scheinbar nach. Denn nach einer aktuellen Übersichtsarbeit nehmen nur 25 % der Erwerbstätigen in Deutschland wirklich regelmäßig ihre Pause, der Rest genießt sie nur unregelmäßig, manchmal oder gar nicht. Die To-Do-Listen sind heute oftmals so lang, daß wir glauben, auf Pausen verzichten zu müssen. Etwas augenscheinlich Wichtigeres ist schließlich immer zu tun. Konsum killt Kreativität Aber selbst, wenn wir pausieren, pflegen wir unseren Geist dabei kaum. Einen Großteil unserer geistigen Mittagspausen verbringen wir heute gerne mit starrem Blick auf unsere Displays. Sehen Sie sich einmal an Straßenbahnhaltestellen um. Schweifen Sie noch oder konsumieren Sie schon wieder? Katzenvideos scheinen uns heute mehr zu entspannen als Tagträumen. Der Preis jedoch, den wir zahlen müssen, ist das Sistieren sämtlicher Aufräumarbeiten im Gehirn. Denn die Kommunikation mit dem Smartphone unterbricht das gedankliche Schweifen. Wir geben unserem Gehirn kaum mehr die Chance sich mit sich selbst zu beschäftigen. Das kostet Erholung und Kreativität. In diesem Zusammenhang bemerkenswert sind neuere Studienbefunde, die sogar eine allgemeine Abnahme kreativer Leistung der Menschen in den Industrienationen aufzeigen. Die Ergebnisse werden im Zusammenhang stetig wechselnder, oberflächlicher Aufmerksamkeits-

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zuwendung, mangelhafter Eintauchtiefe und anschließender fehlender Ruhe zur Reizverarbeitung interpretiert. Also einfach ausgedrückt: Viele Informationen, aber kaum Zeit zum Aufräumen. Sowohl die Gedankenflüssigkeit als auch die Originalität von Einfällen, sowie die Fähigkeit, Ideen konsequent zu Ende zu denken, sinkt seit Jahren. Eine große US-Studie hatte hierfür sechs repräsentative normative Stichproben eines international etablierten Kreativitätstest an ca. 250.000 Personen untersucht und über die letzten 20 Jahre miteinander verglichen. Praxistipp Schweifen Sie ab und lassen es sickern Gönnen Sie sich kurze Phasen am Tag, in denen Sie keine Pläne schmieden, Probleme wälzen oder Zahlen durchrechnen. Träumen Sie stattdessen einfach ein paar Minuten vor sich hin. Vermeiden Sie in dieser Zeit Handykonsum, auch wenn es schwerfällt. Halten Sie kurze Momente der Stille um Sie herum aus. Bleiben Sie im wahrsten Sinne des Wortes seelenruhig. Die zuvor aufgenommenen Informationen sickern tiefer und werden mit ihrem bereits vorhandenen Wissensschatz verknüpft. Lassen Sie ihren Assoziationen freien Lauf. Gedanken sind frei. Wenn Ihnen plötzlich etwas einfällt oder auffällt, schreiben Sie es kurz auf. Es sind die kostbaren Momente, in denen Ihr Gehirn zeigt, was es kann. Das schöne ist, es macht dies alles praktisch von selbst. Sie schenken ihm lediglich die nötige Ruhe. Nach dem Lesen dieses Artikels könnten Sie bspw. für ein paar Minuten aus dem Fenster schauen das Gelesene sickern lassen. Geben Sie Ihrem Gehirn die Chance, die Eindrücke durchzuspielen. Das Gleiche könnten Sie tun, wenn Sie nach einer interessanten Fernsehsendung künftig nicht direkt umschalten, sondern erst einmal ausschalten. Lassen Sie das Gesehen auf sickern und auf Sie wirken, bevor es weitergeht. Ihr Gehirn liebt es aufzuräumen und belohnt Sie vielleicht mit einem interessanten Einfall. Sicherlich tat sie sich leicht, weil es noch kein Facebook gab, aber eine große und kreative Schriftstellerin sagte einmal: „Und dann braucht man ja noch jeden Tag etwas Zeit, um einfach nur vor sich hin zu schauen.“ (Astrid Lindgren)

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dazu ein Stück dazu bei, dass mich ein hektischer, oberflächlicher und paralleler Tagesablauf unter Druck setzt? Wo lasse ich mich ständig unterbrechen und ablenken? Wo springe ich ständig hin und her, reagiere impulshaft, statt mich in einer Sache zu vertiefen und sie zu Ende zu bringen? Gehe ich in Pausen pfleglich mit meinem Gehirn um? In Zeiten, in denen Gehirnarbeit zunehmend zur kennzeichnenden Schlüsselkompetenz gegenwärtiger und zukünftiger Berufsbilder werden wird, ist es unverzichtbar, Räume und Möglichkeiten zu schaffen, in denen das Versinken in Tiefe und Fokus auf das Wesentliche wieder möglich wird. Das Etablieren einer neuroergonomischen Arbeitsweise kann dazu beitragen, die Arbeitsleistung zu erhöhen, die Qualität der Arbeit zu verbessern und den Menschen selbst zufriedener mit seiner Arbeit zu machen.

Neuroergonomisches Arbeiten Das bisherige Verständnis von Ergonomie am Arbeitsplatz erschöpfte sich in den letzten 30 Jahren überwieFazit für Ihr Gehirn und Sie gend in rückengerechten Bürostühlen und Topfpflanzen Der digitale Wandel verändert aktuell die Welt, in der auf dem Fensterbrett. Beide Themen sind soweit durch. wir leben, fundamental und damit auch ArbeitsanfordeDie neue Ergonomie betont mehr „gehirngerechtes rungen, Freizeitgewohnheiten und Konsumverhalten. Es Arbeiten“: Wie kann ich Arbeitsplatz und Arbeitsweise geht nicht darum, digitale Fortschrittskritik zu betreiben so gestalten, daß ich Bestoder gar einen Kontrapunkt zu dieser Entmögliches denken und leiswicklung einzunehmen. Aber im Hinblick ten kann bzw. Stress und Er- Und dann braucht man ja auf die zunehmende Verdichtung und schöpfung vermeide? Die Be- noch jeden Tag etwas Zeit, Beschleunigung von Arbeitsprozessen, der wusstwerdung für ein ge- um einfach nur vor sich hin Steigerung paralleler Aufgabenbearbeitung hirngerechtes Arbeitsumund einer wachsenden Ablenkungsdichte, feld erfordert ein Umden- zu schauen. der damit verbundenen zunehmenden ken und ein Engagement Belastungen am Arbeitsplatz und einer auf beiden Seiten. Fragen Sie sich als Unternehmer: andererseits fehlenden Kultur der Ruhe und Stille, tun Haben meine Angestellte wirklich die Möglichkeit zur unwir alle möglicherweise gut daran, uns auch mit diesen gestörten Aufmerksamkeit? Sitzen sie in ruhigen Büros? Aspekten etwas näher zu beschäftigen. Oder bestehen bei Großraumbüros zumindest MöglichAuch das gehört zur Diskussion einer „Digitalisierung“, keiten eines Rückzugs? Leben wir eine Pausenkultur? die zwar heutzutage in geradezu frenetischer BegeisteGehe ich selbst mit gutem Vorbild voran? Der andere rung feiert, was technisch alles möglich ist, aber dabei Teil der Verantwortung liegt bei uns. Fragen Sie sich als gerne vergisst, was unser Gehirn braucht, um gut zu sein Mitarbeiter: Auf welche Weise trage ich selbst jeden Tag und gesund zu bleiben. D

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Der Kreuzfahrer Björn Gerlach

DU WACHST AUF, SCHAUST AUS DEM FENSTER – DAS MEER Fotografie: Michael Jungblut

Der Hafen von Civitavecchia. Ziel der Kreuzfahrtschiffe für den Landausflug nach Rom. Mare Nostrum nannten es die Römer: Unser Meer. Das Mittelmeer ist eines der beliebtesten Reiseziele der Deutschen. Vor zwölf Jahren nahm Björn Gerlach sein erstes verdientes Geld nach der Ausbildung in die Hand und unternahm seine erste Kreuzfahrt, um auf exklusive Art und Weise die Schönheiten des Westlichen Mittelmeeres zu entdecken: Rom, Barcelona, Mallorca, Cannes und Lissabon. Die Faszination hat Gerlach nicht mehr losgelassen.

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Mein Schiff ab Hamburg II nach Großbritannien. Zwölf Nächte. Invergordon, Greenock, Belfast, Liverpool, Dublin, Southhampton. „Wieder ein unvergleichliches Erlebnis!“

„Ich wollte rausschreien, wie toll alles ist“.

Unterwegs mit „the Fabulous Four from Liverpool“

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Nach seiner ersten Kreuzfahrt durchs Mittelmeer wollte Björn Gerlach seinen Emotionen freien Lauf lassen: „Ich wollte rausschreien, wie toll alles ist!“ erinnert er sich. „Dafür hatte ich seinerzeit eine Online-Community gegründet. Hier konnte ich Reiseberichte, Fotos und Allgemeines zur Kreuzfahrtbranche veröffentlichen.“ Es dauerte nicht lange, da erhielt Gerlach Pressemitteilungen, die er dann einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich machte. Im Laufe der Zeit wuchs die Plattform, die heute vom Erfahrungsaustausch lebt. Eine Online-Community lebt immer auch von „realen Treffen“. So wurden Events organisiert: Barkassen-Begleitfahrten, wo große Kreuzfahrtschiffe auf der Elbe verabschiedet wurden oder Flussfahrten. „Wir haben auch oft auf Taufveranstaltungen bis spät in die Nacht zusammen mit Prominenten eine heiße Sohle aufs Parkett gelegt,“ lacht Gerlach. Eine Emsüberführung ist ihm noch gut in Erinnerung. Dort wurde ein neues großes Kreuzfahrtschiff von der Meyer Werft in Papenburg mittels Schlepper rückwärts Richtung Nordsee gezogen. „Ein kleiner Kreis von knapp 300 geladenen Gästen war dabei: unfassbar!“ erinnert sich Gerlach. – Über die Zeit ist Gerlach unzählige Male an Bord gewesen und hat sehr viele Kontakte knüpfen

Björn Gerlach 33 Jahre Geboren in Eschwege/Hessen ist Gerlach mit 17 zur Ausbildung als Mediengestalter bei BerlinDruck nach Bremen gezogen. Heute arbeitet er als Kundenberater im Außendienst und lebt in Bookholzberg bei Ganderkesee.

Stonehenge aus der Jungsteinzeit in der Nähe von Amesbury. Sehr mysteriös ...

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Leserbriefe

Leserbriefe können. Als Key-Account bei BerlinDruck betreut er überdies einige große Reedereien. BerlinDruck sorgt dafür, dass der Reiseveranstalter all das erhält, was er für seine Reisen benötigt: Von „einfachen“ Druckerzeugnissen für das tägliche Geschäft bis hin zu aufwendigen Produkten wie Kabinenmappen oder Speisekarten. „Das ist immer eine logistische Meisterleistung! Denn das Schiff wartet schließlich nicht auf uns“, meint Gerlach. „Ich mache gern Kreuzfahrten, lasse andere Menschen daran teilhaben und kann mich immer wieder selbst von der Qualität unserer Arbeit bei BerlinDruck an Bord überzeugen. Tatsächlich eine schöne Symbiose.“

Bin atemlos nach der Lektüre „Passion 3“. Tolles Heft mit einmaligen Informationen. Reinhard, wir wussten, dass Du ganz besonders bist. Nun haben wir es druckfrisch! Glückwunsch und Vorfreude auf Ausgabe 4. Hans Hielscher D Je mehr die Digitalisierung unsere Markenwelt austauschbarer macht, desto lauter wird das Verlangen nach dem Echten, dem Authentischen. Was für die Markenwelt gilt, gilt ebenso für Medien: Hochwertige Zeitschriften und Kundenmagazine für gehobene Zielgruppen erleben derzeit eine Renaissance. „Passion“ spricht erfreulicherweise genau diesen Trend an: Das Verlangen nach Haptik, Sinnlichkeit und originären Beiträgen. Weiter so! Beste Grüße K.-D. Absmayr

Großartig! Liebe Grüße Thomas (Koch, Anm. d. Red) D Insgesamt ein Leckerbissen! Sehr viele interessante Beiträge! Der Text von Loretta Stern hat mich tief berührt. Danke dafür! Eine Bitte noch: Können Sie die Schrift – besonders die Bildunterschriften – etwas größer setzen? Wäre schade, wenn nicht alle ihre tollen Texte lesen könnten ;-) Herzlichen Gruß Janina Schmidt Liebe Frau Schmidt, vielen Dank für Ihr Lob und Ihre Anregung: Wir haben ab dieser Ausgabe die Punktgröße angepasst.

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Leserbriefe bitte an passion@quintessense.de

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Hedda Berlin Telefon +49 (0) 421 43871-0 hedda@berlin.sc Reinhard Berlin Telefon +49 (0) 421 43871-0 reinhard@berlin.sc Sonja Cordes Kalkulation und Auftragsmanagement Telefon +49 (0) 421 43871-21 sonja.cordes@berlindruck.de Björn Gerlach Kundenberatung Telefon +49 (0) 421 43871-24 Mobil +49 (0) 172 9438717 bjoern.gerlach@berlindruck.de Nele Gores Mediengestalterin Telefon +49 (0) 421 43871-22 nele.gores@berlindruck.de Katrin Harjes Kalkulation und Auftragsmanagement Telefon +49 (0) 421 43871-30 katrin.harjes@berlindruck.de Stephan John Kalkulation und Auftragsmanagement Telefon +49 (0) 421 43871-25 stephan.john@berlindruck.de Anke Klein Sekretariat, Zentrale Telefon +49 (0) 421 43871-0 zentrale@berlindruck.de Ilka König Mediengestalterin Telefon +49 (0) 421 43871-50 ilka.koenig@berlindruck.de Dietmar Kollosché Kundenberatung Büro Hamburg Telefon +49 (0) 40 5714-6486 Mobil +49 (0) 172 8438714

dietmar.kollosche@berlindruck.de

Dirk Lellinger Leitung Druckvorstufe Telefon +49 (0) 421 43871-23 Mobil +49 (0) 172 8843717 dirk.lellinger@berlindruck.de

Die Vielfältigkeit an unterschiedlichsten Drucksachen bei BerlinDruck, die teilweise echte Herausforderungen darstellen, begeistert Björn Gerlach. Er schätzt überdies den direkten Draht zu Kreativen und Entscheidern sowie die Möglichkeit, sein Wissen aus fünfzehn Jahren Druckvorstufe, über Druck, Papier und Werbemittel weitergeben zu können. Anlass seiner letzten Kreuzfahrt mit Mein Schiff ab Hamburg nach Großbritannien waren seine Flitterwochen. Zwölf Nächte. Invergordon, Greenock, Belfast, Liverpool, Dublin, Southhampton. „Wieder ein unvergleichliches Erlebnis!“ D

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Vorschau Unsere Winter-Ausgabe #5 hat das Thema „Verantwortung“. Die Sache mit der Verantwortung ist gar nicht so einfach! Manchmal hat man sie und will sie nicht, manchmal will man sie, bekommt sie aber nicht. Verantwortung hat eine ganze Menge mit Motivation zu tun. Verantwortung bedeutet Pflicht und Aufgabe. Jeder hat Verantwortung für sich selbst, für seine Gesundheit, sein Wohlergehen, seine eigene persönliche und spirituelle Entwicklung. Menschen haben Verantwortung für andere Menschen, z.B. Eltern gegenüber ihren Kindern, Ärzte gegenüber ihren Patienten, Chefs gegenüber ihren Mitarbeitern. Menschen haben Verantwortung gegenüber der Gesellschaft, aber auch gegenüber den Tieren, den Pflanzen, ja gegenüber der ganzen Welt. Wie wir damit umgehen, was wir tun können und welche Wege sinnvoll sind, erfahren Sie in Heft #5. Wir freuen uns wie immer auf Ihre Anregungen und Ihr Feedback – gern an: passion@quintessense.de

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Das Magazin von BerlinDruck

13.09.19 08:56


Essay

#04 | 19 | Passion

Und dann werden wir erwachsen Ein Essay von Alexa Hennig von Lange

Wir kommen auf die Welt. Wir werden hineingeboren in eine Umgebung, die uns bereits erwartet hat. Wir liegen in den Armen unserer Mutter, unseres Vaters. Manchmal ist schon ein älteres Geschwister da. Es streichelt uns übers Köpfchen, Fotos werden gemacht. Vielleicht kommt nach uns noch ein jüngeres Geschwisterchen dazu. Nun sind wir das „mittlere“ Geschwister. Vielleicht bleiben wir auch für immer der „kleine“ Bruder oder die „kleine“ Schwester. Vielleicht sind wir auch die „große“ Schwester oder der „große“ Bruder. Wir verleben unsere Kindheit und Jugend miteinander. Wir spielen gemeinsam im Sandkasten oder auf dem Kinderzimmerteppich. Wir gehen zusammen zum Sport, in den Chor oder zu den Großeltern. In den Ferien fahren wir zusammen in den Urlaub. Wir teilen uns ein Zimmer, abends bekommen wir von unseren Eltern etwas vorgelesen. Wenn das Licht ausgeschaltet ist, liegen wir mit offenen Augen in unseren Betten und erahnen den Mond diffus hinter den zugezogenen Vorhängen. Wir flüstern uns leise etwas zu. Auf dem Schulhof suchen wir Schutz bei unseren größeren Geschwistern oder wir beschützen unsere jüngeren Geschwister. Wir kommen mittags aus der Schule und erzählen, was wir am Vormittag erlebt haben. Wir sitzen beim Essen gemeinsam am Tisch, wir sind dabei, wenn sich unsere Eltern streiten und hoffentlich wieder vertragen. Jeder von uns hat seine Position in der Familienstruktur. Wir lernen von unseren Eltern durch Beobachtung und wir lernen untereinander. Wir waren unsere gegenseitigen Zeugen. Fraglos hätten wir unser Leben für das unserer Geschwister gegeben. Und dann werden wir erwachsen und meistens wird es damit kompliziert. Für jeden von uns und für unsere geschwisterliche Beziehung. Wir ziehen von zu Hause aus, verlieben uns, fangen an zu studieren, haben neue Freundeskreise, eigene WG-Zimmer und neue Einflüsse. Wir erschließen uns unsere Welten, in die unsere Geschwister nicht folgen können und manchmal auch nicht folgen sollen. Es sind unsere ganz eigenen Welten, in denen wir zu Menschen werden, die wir selbst noch gar nicht kannten, von denen wir nicht einmal ahnten, dass sie in uns steckten. Wir nehmen neue Sichtweisen an, wenden uns gegen das, was wir zu Hause gelernt haben, um dessen Gültigkeit zu überprüfen. Schließlich fangen wir an zu arbeiten, heiraten, bekommen Kinder, richten unsere Wohnungen und Häuser ein, machen Urlaube und haben immer weniger

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Zeit. Wir sehen unsere Geschwister nur ein paar mal im Jahr, ab und an telefonieren wir mit ihnen und nicht selten wissen wir uns gar nichts mehr zu sagen. Wir beenden das Telefonat und fragen uns: „Warum sind wir uns über die Jahre so fremd geworden?“ Eine ganze Zeit lang mag uns das nichts ausmachen. Wir haben genug mit unserem neuen, eigenen Leben zu tun. Das Leben unserer Geschwister erscheint uns immer irritierender, sie gehen seltsame Wege, von denen wir nie gedacht hätten, dass unsere Geschwister sie gehen. Sie wählen Partner, von denen wir nie gedacht hätten, dass das die passenden für unsere Geschwister wären. Wir meinen noch immer, diejenigen zu sein, die ihre Geschwister am besten kennen, während sich unsere Geschwister immer weiter von sich selbst zu entfernen scheinen. Nur in unseren eigenen Entscheidungen erkennen wir eine gewisse Logik und Stimmigkeit. Und genau die möchten wir unseren Geschwistern gerne vermitteln. Damit wir uns nicht mehr so fremd sind und auch, weil wir stolz auf unsere eigenen Errungenschaften und Erkenntnisse sind. Wir können jetzt viel besser unsere Grenzen ziehen und all jene Fehler, die unsere Eltern gemacht haben, wollen wir in unseren Familien nicht wiederholen. Als Erwachsene wollen wir alles ganz anders machen. Jeder auf seine Weise. Nur wollen wir unbedingt, dass unsere Herangehensweise von unseren Geschwistern anerkannt wird. Und in diesem Wollen kommen wir uns nicht wirklich näher, sondern entfernen uns immer mehr voneinander. Besonders deutlich wird das auf Familienfesten, runden Geburtstagen und Weihnachten. Jeder hat so seine Vorstellungen, die beachtet werden sollen. Das kindliche Bedürfnis, von den Eltern gelobt zu werden und bestätigt wird, dass man sein Leben hinbekommen hat, ist noch immer nicht befriedigt. Wir Geschwister, die sich in der Kindheit so nah waren, erkennen sich nicht wieder und es scheint, als gäbe es keinen Weg zurück zu dieser einstigen fraglosen Verbundenheit – bis zu dem Augenblick, in dem sich das Auflösen des Elternhauses ankündigt, der Abschied von den eigenen Eltern immer näher rückt. Mit einem Mal ist das tiefe Empfinden wieder füreinander da. Aus dem Bedürfnis heraus, füreinander da zu sein. Sich gemeinsam auf das zu besinnen, was einmal die Ausgangsbasis für das eigene Leben war. Und als Geschenk an die Eltern. Zum Zeichen, dass es diese Familie einmal gab. Und das war gut. D

Alexa Hennig von Lange, 46, begann bereits mit acht Jahren zu schreiben. 1997 erschien ihr Debütroman Relax, mit dem sie über Nacht zu einer der erfolgreichsten Autorinnen und zur Stimme ihrer Generation wurde. 2002 bekam sie den Deutschen Jugendliteraturpreis für Ich habe einfach Glück. Es folgten zahlreiche Romane für Erwachsene wie für Jugendliche und Kinder. Ihr neuester Roman Die Weihnachtsgeschwister erscheint am 14. Oktober 2019 im DuMont Buchverlag. ISBN 978-3832197759

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