Die einzige Konstante im Leben ist die Veränderung.„ Veränderung.
- Heraklit
Liebe Leserin, lieber Leser,
Veränderungen sind unsere ständigen Begleiter. Sie prägen unser Leben, unsere Gesellschaft und nicht zuletzt die Druckbranche. Wer sich nicht weiterentwickelt, bleibt stehen. Genau deshalb verändern auch wir uns kontinuierlich – und mit uns unser Kundenmagazin.
Nach 14 Ausgaben unter dem Namen Passion kehren wir zu unserem ursprünglichen Titel #28832BERLIN zurück – und gestalten unser Magazin von Grund auf neu. Diese Ausgabe ist bereits die 55. und insgesamt ein echtes Statement: moderner, frischer, klarer.
Als Druckerei ist unser Magazin seit 1996 unser Aushängeschild – ein Spiegel unserer Haltung, unseres Anspruchs, unserer Kreativität. Deshalb ist es für uns selbstverständlich, dass auch hier der Wandel spürbar wird: mit einem neuen Design, das unsere Weiterentwicklung sichtbar macht. Designerin des neuen Magazins ist übrigens Kimsy Berlin, die Tochter des Firmengründers Reinhard Berlin.
Im Fokus dieser Ausgabe steht die Veränderung. Die Druckbranche steht im Umbruch – es wird weniger gedruckt, vieles wird oder ist bereits digital. Doch genau deshalb möchten wir
mit dieser Ausgabe am vor Ihnen liegenden Beispiel zeigen, warum gedruckte Produkte einen wahren Mehrwert bieten.
Dazu nehmen wir Sie in „Meilensteine einer Revolution“ (Seite 4) mit auf eine Reise von Gutenberg bis zu den neuesten Entwicklungen der Branche.
Veränderung betrifft aber nicht nur Technologien, sondern vor allem Menschen: Die 17-jährige Gründerin Linda Büscher spricht auf Seite 12 über die Chancen und Herausforderungen ihrer Generation. Und Julen Sánchez berichtet auf Seite 16 von seiner beeindruckenden Reise ohne fossile Brennstoffe – 22.000 Kilometer von Paris nach Pittsburgh.
Ein weiterer zentraler Gedanke: der Kairos-Moment (Seite 20). Prof. Stephan Rammler zeigt, warum gerade jetzt der richtige Moment ist, um Weichen für die Zukunft zu stellen. Und im Interview (Seite 24) spricht Jürgen Trittin über die Kraft der Zuversicht und die Notwendigkeit von Veränderung.
Søren Kierkegaard sagte einmal: „Das Leben kann nur rückwärts verstanden werden, aber es muss vorwärts gelebt werden.“ In diesem Sinne: Gestalten wir gemeinsam die Zukunft – auch auf Papier.
Ich wünsche Ihnen eine inspirierende Lektüre – und einen klaren Blick auf das, was kommt.
Ihr Frank Rüter Geschäftsführer BerlinDruck GmbH + Co KG
Dieses Druckerzeugnis ist mit dem Blauen Engel ausgezeichnet.
Meilensteine einer Revolution Drucktechnologie im Wandel
Von Gutenberg bis 3D – wie Innovationen die Welt des Drucks veränderten und immer wieder neu erfinden.
Die Drucktechnik hat die Geschichte der Menschheit geprägt, Wissen verbreitet und Gesellschaften transformiert. In einer Zeit, in der die Technologien immer schneller voranschreiten, lohnt sich ein Blick auf die Schlüsselmomente, die den Weg in die Zukunft der Produktion ebnen. Begleiten Sie uns auf einer Reise durch die Sprunginnovationen, die die Druckbranche revolutioniert haben – und entdecken Sie, was uns in der Zukunft erwartet.
Eine Reise durch die Sprunginnovationen in der Drucktechnik
Die Drucktechnik hat über Jahrhunderte hinweg technologische Sprünge gemacht, die nicht nur die Art und Weise, wie Informationen verbreitet werden, sondern auch die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Strukturen nachhaltig verändert haben. Vom bahnbrechenden Buchdruck Gutenbergs bis hin zu den neuesten Entwicklungen wie 3D-Druck und Automatisierung – jede dieser Innovationen hat neue Horizonte eröffnet und die Welt verändert.
Gutenbergs Revolution: Der Buchdruck mit beweglichen Lettern
Bevor der Buchdruck von Johannes Gutenberg um 1440 in Mainz die Welt revolutionierte, waren Bücher kostbare Einzelstücke, die in mühsamer Handarbeit kopiert wurden. Gutenbergs Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern änderte dies fundamental. Metallene Lettern, die flexibel gesetzt und mehrfach verwendet werden konnten, ermöglichten eine massive Steigerung der Produktionsgeschwindigkeit. Seine Druckpresse beschleunigte die Herstellung von Texten und machte sie erschwinglicher.
Die schnelle Verbreitung von Büchern trug maßgeblich zur Reformation und zur Aufklärung bei. Bildung wurde für weite Bevölkerungsschichten zugänglich, nicht mehr nur für die wohlhabenden Eliten. Diese Demokratisierung des Wissens legte den Grundstein für eine aufgeklärte Gesellschaft und eine neue Ära des intellektuellen Austauschs.
Dies veränderte die Art und Weise, wie Menschen informiert wurden, und beeinfl usste Politik, Wirtschaft und Kultur auf tiefgreifende Weise. Die Presse wurde ein unverzichtbares Medium, das die öffentliche Meinung formte und die Gesellschaft prägte.
Offsetdruck: Präzision und Wirtschaftlichkeit
Der Offsetdruck, der Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelt wurde, setzte neue Maßstäbe in der Drucktechnik. Bei diesem Verfahren wird die Druckfarbe zunächst auf eine Gummituchwalze übertragen, bevor sie auf das Papier kommt. Dies schont die Druckplatten und verbessert die Druckqualität erheblich. Darüber hinaus eignet sich der Offsetdruck für eine Vielzahl von Papierarten und ermöglicht die Produktion großer Auflagen zu einem günstigen Preis.
Durch seine hohe Präzision und Vielseitigkeit hat sich der Offsetdruck als Standardverfahren für Bücher, Zeitungen, Zeitschriften und Verpackungen etabliert. Noch heute bleibt er eines der wichtigsten Druckverfahren weltweit.
Die Demokratisierung des Wissens legte den Grundstein für eine aufgeklärte Gesellschaft.
Die industrielle Rotationsdruckmaschine: Massenproduktion für die breite Öffentlichkeit Mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert nahm der Bedarf an Druckerzeugnissen rapide zu. Die Entwicklung der Rotationsdruckmaschine im mittleren 19. Jahrhundert war ein weiterer entscheidender Schritt. Diese Maschine ermöglichte es, auf zylindrischen Druckformen kontinuierlich auf Rollenpapier zu drucken, was die Geschwindigkeit und Effizienz im Vergleich zu früheren Verfahren deutlich steigerte. Der Rotationsdruck eröffnete die Möglichkeit, Millionen von Zeitungen täglich zu produzieren und zu verbreiten.
Der Digitaldruck: Flexibilität in der modernen Produktion
In den 1980er-Jahren leitete der Digitaldruck eine neue Ära in der Drucktechnik ein. Im Gegensatz zu traditionellen Verfahren, die feste Druckformen benötigen, nutzt der Digitaldruck digitale Daten, um Druckerzeugnisse direkt zu produzieren. Diese Flexibilität ermöglicht es, Druckerzeugnisse schnell, kostengünstig und in kleinen Auflagen zu erstellen.
Der Digitaldruck hat insbesondere die Werbe- und Verlagsbranche revolutioniert, da er maßgeschneiderte Druckerzeugnisse wie personalisierte Marketingmaterialien oder On-Demand-Drucke ermöglicht. Die Möglichkeit, Druckprodukte ohne lange Vorlaufzeiten zu erstellen, hat den Digitaldruck zu einem unverzichtbaren Werkzeug für moderne Geschäftsmodelle gemacht.
3D-Druck: Die Revolution der Fertigungstechnologie
Eine der spannendsten Entwicklungen der letzten Jahre ist der 3D-Druck, auch additive Fertigung genannt. Diese Technologie ermöglicht es, dreidimensionale Objekte Schicht für Schicht aus verschiedenen Materialien wie Kunststoff, Metall oder Keramik zu drucken. Der 3D-Druck wird in einer Vielzahl von Branchen eingesetzt; von der Medizintechnik über die Luft- und Raumfahrt bis hin zur Architektur.
In der Medizin ermöglicht der 3D-Druck die Herstellung maßgeschneiderter Implantate und Prothesen.
In der Industrie können komplexe Bauteile ohne teure Werkzeuge und Formen gefertigt werden. Der 3D-Druck bietet außerdem neue Gestaltungsmöglichkeiten und reduziert die Materialverschwendung. Diese Technologie ist ein Beispiel dafür, wie die Drucktechnik zunehmend in die Fertigung übergeht und ganze Industrien transformiert.
Automatisierung und Künstliche Intelligenz:
Die Druckerei der Zukunft
Die fortschreitende Digitalisierung hat auch die Druckindustrie nicht unberührt gelassen. Mit der Einführung von Automatisierung und Künstlicher Intelligenz (KI) können Druckereien heute ihre Prozesse optimieren und effizienter gestalten. Maschinen erkennen und korrigieren Druckfehler selbstständig, während KI-gestützte Systeme die Produktionsabläufe analysieren und verbessern.
Die Vernetzung von Drucksystemen mit Datenbanken ermöglicht es, hochgradig personalisierte Druckerzeugnisse in Echtzeit zu produzieren. Die Automatisierung von Produktionsprozessen führt zu einer enormen Effizienzsteigerung, senkt die Kosten und verbessert die Qualität – eine Entwicklung, die die Druckindustrie für die Zukunft rüstet.
Nachhaltiger Druck und Biotechnologie:
Umweltbewusste Innovationen
In einer Welt, die zunehmend von ökologischen Herausforderungen geprägt ist, spielt Nachhaltigkeit auch in der Druckindustrie eine immer größere Rolle. Heute sind ressourcenschonende Druckverfahren, umweltfreundliche Farben und Papier aus nachhaltiger Forstwirtschaft keine Seltenheit mehr. Doch die Branche geht noch weiter und forscht an innovativen Konzepten, um den ökologischen Fußabdruck weiter zu verringern.
Ein vielversprechendes Feld ist die Biotechnologie im Druckbereich. Erste Experimente mit biologisch abbaubaren Druckmaterialien oder sogar dem Druck von lebenden Zellen für medizinische Anwendungen könnten langfristig zu einer noch umweltfreundlicheren Produktion führen. Diese Entwicklungen zeigen das Potenzial der Druckindustrie; nicht nur als Produktionsbereich, sondern auch als Pionier in der nachhaltigen Fertigung der Zukunft.
Eine Branche im stetigen Wandel
Die Geschichte der Drucktechnik zeigt, wie kontinuierliche Innovationen ganze Branchen und Gesellschaften transformieren können. Vom ersten gedruckten Buch bis zum 3D-Druck hat sich die Drucktechnik immer wieder an neue Herausforderungen angepasst und den Weg für neue Entwicklungen geebnet. Heute stehen wir am Beginn einer neuen Ära, in der Automatisierung, Künstliche Intelligenz und nachhaltige Produktionsmethoden die Zukunft prägen werden. Die Reise der Innovationen ist noch lange nicht zu Ende – die kommenden Jahrzehnte versprechen spannende Entwicklungen, die die Drucktechnik weiterhin verändern und die Welt um uns herum neu gestalten werden.
Timeline der Druckrevolutionen
1440
1843
Erfi ndung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern (Johannes Gutenberg)
Erste Rotationsdruckmaschine (Richard March Hoe)
1875
1969
1980
1993
Entwicklung des Offsetdrucks (Robert Barclay)
Erfi ndung des Laserdruck-Verfahrens (Gary Starkweather)
Entwicklung von 3D-Drucktechnologien für industrielle Anwendungen; ab den 2000er-Jahren breitere Nutzung in Produktion und Medizin
Erste kommerzielle Digitaldrucksysteme (Indigo E-Print 100)
KI und Automatisierung optimieren die Druckprozesse 2025
Fun Facts aus der Welt des Drucks
Die erste gedruckte Zeitung erschien im Jahr 1605 in Straßburg
Die NASA nutzt 3D-Druck , um Werkzeuge für Astronauten direkt im All herzustellen
Ein moderner Hochgeschwindigkeitsdrucker kann bis zu 75 Seiten pro Minute drucken.
Die „Gutenberg-Bibel “ ist heute eines der wertvollsten Bücher der Welt
Die größte Bogendruckmaschine der Welt, eine Speedmaster XL 106 von HEIDELBERG, besitzt 20 Druckwerke und eine Länge von 42 Metern
Ich lie be Dich
„Ich würde Dir gerne einen Liebesbrief schreiben.“ „Aber gerne doch! Ich bin schon ganz gespannt und neugierig.“ „Bitte beeil dich, denn ich wohne in Dänemark. Hier wird es bald schwierig, Postkarten oder Liebesbriefe zu verschicken: Die dänische Post stellt die Briefzustellung 2026 ein und baut sämtliche Briefkästen ab.“
Seit Jahren fordern wir mehr Digitalisierung – und ja, es gibt unzählige sinnvolle Beispiele dafür. Niemand verbringt gerne Stunden in einer Warteschlange, um ein Auto anzumelden. Aber Digitalisierung überall und ohne Alternative? Gibt es nicht auch ein Recht auf ein analoges Leben? Muss ich wirklich ein Handy besitzen, um eine Bahnfahrkarte zu kaufen?
Das Wort „Recht“ deutet auf einen juristischen Hintergrund hin. 2024 hat der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages eine Dokumentation mit dem Titel „Zum sogenannten Digitalzwang und einem Recht auf analogen Zugang zu Verwaltungsleistungen“ veröffentlicht. Darin wird die Frage aufgeworfen, ob Grundrechte, gesellschaftliche Teilhabe und die Nutzung öffentlicher Infrastruktur – wie Bahn, Post oder medizinische Versorgung – vom Internetzugang, einem Smartphone oder einer bestimmten App abhängig sein dürfen. In einer demokratischen Gesellschaft ist das eine entscheidende Frage. Und wer garantiert uns absolute Sicherheit, wenn wir eines Tages per Klick einen neuen Bundestag wählen sollen?
Digitalzwang bedeutet handfeste Benachteiligung, bis hin zum Ausschluss von Diensten. Das betriff t nicht nur ältere, ärmere oder kranke Menschen, die die Technik nicht nutzen können, sondern auch technikaffi ne Menschen, die bewusst keine Verhaltensdaten preisgeben oder wahllos Apps installieren möchten.
Das Grundgesetz sieht kein explizites Recht auf ein analoges Leben vor. Wer hätte vor über 70 Jahren ahnen können, was heute digital möglich ist? Aber können Verwaltungsleistungen wirklich ausschließlich digital angeboten werden, wie es einige Bundesländer bereits vorschreiben? So konnten Coronahilfen nur digital beantragt werden, und Klagen gegen diese „Analogdiskriminierung“ wurden von Gerichten abgewiesen. Doch wollen wir wirklich riskieren, in naher Zukunft ohne Handy von demokratischen Prozessen (und Liebesbriefen) ausgeschlossen zu werden?
Ich liebe Liebesbriefe. Mit Tinte Mont Blanc Royal Blue geschrieben auf Zanders Reflex 110 g/qm mit Wasserzeichen, Umschlag mit einer schönen Sonderbriefmarke der Post.
Freu Dich auf den Briefträger.
Gedruckt für die Ewigkeit
Ein Streifzug durch Museen für Druckkunst und Kommunikation
Druck hat eine lange und faszinierende Geschichte, die in verschiedenen Museen in Deutschland lebendig wird. Von Mainz über Frankfurt am Main bis Leipzig: Diese Museen zeigen eindrucksvoll, wie sich die Druckkunst über Jahrhunderte entwickelt hat. Ob historische Druckpressen, interaktive Workshops oder künstlerische Exponate – jede Institution bietet einzigartige Einblicke in die Welt des Druckens.
Gutenberg-Museum in Mainz –Die Wiege des Buchdrucks
Das Gutenberg-Museum zählt zu den ältesten Museen seiner Art und widmet sich dem Leben und Werk von Johannes Gutenberg sowie der Entwicklung des Buchdrucks. Ein besonderes Highlight ist die originalgetreu nachgebildete Gutenberg-Presse, an der Besucher die revolutionäre Technik hautnah erleben können. Zudem sind zwei Exemplare der berühmten Gutenberg-Bibel ausgestellt.
Seit November 2024 präsentiert das Museum seine Sammlung unter dem Namen Gutenberg-Museum MOVED in einer temporären Ausstellung im Naturhistorischen Museum Mainz. Interaktive und multimediale Präsentationen machen die Druckgeschichte erlebbar. Neben historischen Druckmaschinen und einer Schatzkammer mit wertvollen
Druckwerken bietet das Museum regelmäßig wechselnde Ausstellungen zu den Themen Typografie und Buchgestaltung.
Museum für Kommunikation Frankfurt
Ein weiteres Highlight für Druckinteressierte ist das Museum für Kommunikation in Frankfurt am Main. Die Dauerausstellung „Mediengeschichte(n) neu erzählt!“ beleuchtet die Entwicklung der Kommunikation – von der Keilschrifttafel bis zur modernen Digitalisierung. Besucher erwarten nicht nur spannende Exponate zur Druck- und Mediengeschichte, sondern auch eine Kinderwerkstatt, in der die jungen Gäste selbst kreativ werden können. Wechselnde Sonderausstellungen und ein vielseitiges Veranstaltungsprogramm runden das Angebot ab.
Das Museum für Druckkunst macht die Geschichte des Druckhandwerks auf eindrucksvolle Weise erlebbar. Besucher erhalten spannende Einblicke in die Arbeit von Buchdruckern, Schriftsetzern und Schriftgießern. Besondere Attraktionen sind die regelmäßig stattfindenden Veranstaltungen wie die Leipziger Typotage oder internationale
Deutsches Buch- und Schriftmuseum
Als eines der ältesten Fachmuseen für Buch-, Schrift- und Mediengeschichte (im Jahr 1884 gegründet) dokumentiert das Deutsche Buch- und Schriftmuseum in der Deutschen Nationalbibliothek
5.000 Jahre Mediengeschichte. Die Dauerausstellung „Zeichen – Bücher –Netze: Von der Keilschrift zum Binärcode“ gibt einen umfassenden Überblick
GRASSI Museum für Angewandte Kunst
Das Grassi Museum widmet sich den Themen Kunst und Design mit einem Schwerpunkt auf Druckkunst und grafische Gestaltung. Historische sowie moderne Drucktechniken werden in eindrucksvollen Ausstellungen präsentiert und veranschaulichen die kreative Entwicklung der Druckgrafik.
Linda Büscher *2004, ist eine deutsche Unternehmerin und Gründerin der Lern-App Bulletpoint Sie zählt zu den jüngsten CEOs Deutschlands und wurde in die Forbes 30 under 30 aufgenommen. Bekannt wurde sie zudem durch ihre Teilnahme an der TV-Show „Die Höhle der Löwen“, in der sie ihre innovative Lern-App präsentierte. Büscher setzt sich für eine zukunftsorientierte Bildung ein, die Technologie mit aktivem Lernen verbindet.
„ Wir wollen nicht einfach nur mitmachen, wir wollen gestalten!
Fotografi
Michael Jungblut, fotoetage
Von der Schulbank zur
Linda Büscher über Lernen, Leadership
und Lebensziele
Linda Büscher gehört zu den jüngsten Gründerinnen Deutschlands. Mit 17 entwickelte sie die Idee für die Lern- App Bulletpoint, heute führt sie ihr eigenes Unternehmen. Im Gespräch berichtet sie von ihrer Motivation, den Herausforderungen der Gen Z und warum sie trotz Social Media lieber ein echtes Buch in die Hand nimmt.
Linda, warum wird deine Generation, die Gen Z, oft als faul oder unmotiviert gesehen?
Linda Büscher:
Ich denke, das hat viel mit Vorurteilen zu tun. Eltern sehen ihre Kinder oft nur am Handy und schließen daraus, dass sie nichts Produktives tun. Klar, es gibt auch solche Momente, aber das ist ein sehr einseitiger Blick. Social Media kann zwar ablenken, aber viele von uns nutzen es auch fürs Lernen oder die Arbeit. Es ist ein wichtiges Werkzeug, um sich zu vernetzen, Wissen zu teilen und sogar politische Bewegungen zu organisieren.
Ich selbst begrenze meine Zeit dort auf eine Stunde am Tag – allerdings nutze ich es auch berufl ich, zum Beispiel für Marketing und den Austausch mit der Community. Gleichzeitig versuche ich bewusst, nicht in die typischen Social Media-Fallen zu tappen. Ich setze mir klare Regeln, wie das Deaktivieren von Benachrichtigungen und das regelmäßige Reflektieren meines Konsumverhaltens. Das hilft, den Fokus zu behalten und Social Media als nützliches, aber nicht dominierendes Tool zu nutzen.
CEO
Du hast die App Bulletpoint entwickelt. Wie kam es dazu?
In der Schule fand ich es lästig, Texte zu markieren und dann alles noch mal abzuschreiben. Ich dachte: Das muss doch einfacher gehen. Also habe ich mit 17 angefangen, selbst zu programmieren, und später mit Freelancern aus der Ukraine einen Prototyp entwickelt. Bulletpoint hilft, Texte effizienter zu strukturieren. Man markiert wichtige Passagen, und die App verwandelt sie automatisch in Stichpunkte.
Was unterscheidet Bulletpoint von anderen Lern-Apps?
„Bulletpoint soll nicht das Denken übernehmen, sondern es fördern.“
Gibt es für dich einen Unterschied zwischen digitalen Inhalten und Gedrucktem?
Absolut. Ich lese sehr gerne Bücher. Für mich hat das etwas Besonderes, weil ich den physischen Kontakt zum Buch schätze. Es ist ein anderes Erlebnis, etwas Gedrucktes in der Hand zu halten, als auf einen Bildschirm zu starren. Viele aus meinem Umfeld sehen das ähnlich. Gedrucktes bleibt einfach präsenter im Gedächtnis und hat eine andere Wertigkeit, weil man bewusster liest.
Bulletpoint ist mehr als nur eine Notiz-App. Unsere App optimiert den gesamten Lernprozess, indem sie das Markieren von Texten mit einer intelligenten Strukturierungsfunktion verbindet. Das spart nicht nur Zeit, sondern fördert auch das aktive Auseinandersetzen mit den Inhalten, da man bewusster lesen und markieren muss. Was Bulletpoint besonders macht, ist der Fokus auf kognitive Unterstützung statt reiner Automatisierung. Im Gegensatz zu vielen KI-basierten Tools, die komplette Zusammenfassungen liefern, wollen wir das Textverständnis aktiv fördern. Bulletpoint hilft Nutzerinnen und Nutzern, das Wesentliche herauszufi ltern und in eigenen Worten zu reflektieren. Das unterstützt nachhaltiges Lernen, weil es nicht darum geht, Inhalte passiv aufzunehmen, sondern aktiv zu verarbeiten. Zusätzlich arbeiten wir an Features wie Karteikarten und QuizFunktionen, die den Lernstoff spielerisch festigen. Unser Ziel ist es, eine All-in-One-Lernplattform zu schaffen, die den gesamten Lernprozess abdeckt – von der ersten Lektüre bis zur fi nalen Prüfungsvorbereitung. Auf diese Art und Weise wird Bulletpoint zu einem echten Begleiter im Alltag von Schülern, Studierenden und allen, die effizient neues Wissen erwerben wollen.
Gab es besondere Herausforderungen in der Gründungsphase?
Definitiv. Ich war das einzige Mädchen im InformatikLeistungskurs und musste oft beweisen, dass ich Ahnung habe. In der Tech-Branche werde ich manchmal aufgrund meines Alters und Geschlechts unterschätzt. Das ist frustrierend, aber es motiviert mich auch, noch besser zu sein.
„Ich musste als junges Mädchen in der TechBranche oft beweisen, dass ich Ahnung habe.“
Du warst bei "Die Höhle der Löwen". Wie war das für dich?
Das war eine spannende Erfahrung! Es war mir wichtig zu zeigen, dass Bulletpoint kein 08/15-Produkt ist. Die Löwen waren beeindruckt, wie intuitiv die App funktioniert und wie sie den Lernprozess erleichtert. Ich konnte ihnen live demonstrieren, wie Bulletpoint Markierungen automatisch in strukturierte Stichpunkte umwandelt. Das hat den Unterschied zu herkömmlichen Lernmethoden deutlich gemacht.
Du wurdest in die Forbes 30 under 30 aufgenommen. Wie hast du das erlebt?
Das war ein unglaubliches Gefühl. Ich wusste gar nicht, dass ich nominiert wurde, bis ich die E-Mail bekam. Es ist natürlich eine Ehre, aber es hat meinen Blick auf mich selbst nicht verändert. Es ist eher ein Zeichen dafür, dass das, was ich tue, wahrgenommen und wertgeschätzt wird. Und es hilft natürlich auch dabei, neue Kontakte zu knüpfen und Bulletpoint bekannter zu machen.
Wie vereinst du Arbeit, Studium und Privatleben?
Das war während der Schulzeit hart: 35 Stunden Unterricht, App-Entwicklung, Nachhilfe geben und ein Nebenjob in einer Zahnklinik. Fast 60 Stunden pro Woche. Heute führe ich Bulletpoint in Vollzeit und studiere BWL nebenbei. Struktur ist der Schlüssel, aber auch Pausen sind wichtig.
Wie siehst du die Rolle von Social Media und KI in der Bildung?
Social Media kann ein starker Lernkanal sein, birgt aber auch Gefahren. Politische Bildung ausschließlich über Social Media zu konsumieren, ist riskant. Algorithmen verstärken oft extreme Inhalte, weil sie darauf ausgelegt sind, Engagement zu maximieren, nicht unbedingt, um ausgewogene Informationen zu liefern. Das kann zu einer verzerrten Wahrnehmung von Fakten führen und Filterblasen verstärken.
Ein weiteres Thema ist der Einfl uss von KI in der Bildung. Viele Lernplattformen setzen bereits auf KI, um Inhalte zu personalisieren. Das ist einerseits spannend, weil es den Lernprozess individueller gestalten kann. Andererseits besteht die Gefahr, dass Nutzerinnen und Nutzer sich zu sehr auf automatisierte Zusammenfassungen und Analysen verlassen. Gerade im Bildungsbereich sollte KI ein unterstützendes Werkzeug bleiben und nicht das kritische Denken ersetzen.
Bulletpoint verwandelt Textmarkierungen in Stichpunkte, erstellt Zusammenfassungen und archiviert Karteikarten.
Machst du dir Sorgen um solche politischen Entwicklungen, zum Beispiel in den USA?
Ja, absolut. Es ist erschreckend zu beobachten, wie in den USA eine Rückwärtsbewegung stattfindet. Der Einfl uss von Tech-Milliardären auf die Politik ist dort teilweise größer als der des Senats. Das ist nicht nur ein Problem für die USA, sondern für die ganze Welt, weil es Gleichberechtigung und Diversität gefährdet. Europa blickt oft nach Amerika, und ich hoffe, wir reflektieren hier stärker, was wir erreicht haben, und schützen diese Errungenschaften. Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit.
Was muss sich im Bildungssystem ändern?
Wir müssen lernen zu lernen. Viele wissen nicht, wie sie effektiv Wissen verarbeiten. Aktives Lernen, wie Bulletpoint es unterstützt, hilft dabei. Außerdem sollte das Lehrer-Studium pra-xisnäher werden. Es reicht nicht, nur Theorien zu pauken, ohne je vor einer Klasse gestanden zu haben.
Und wie sollte sich die Arbeitswelt für die Gen Z verändern?
Flexibilität ist entscheidend. Wir wollen nicht einfach nur von neun bis fünf im Büro sitzen, sondern flexibel arbeiten können, wann und wo wir am produktivsten sind. Außerdem legen wir großen Wert auf eine offene Feedbackkultur und regelmäßigen Austausch. Es geht nicht nur um den Job, sondern auch darum, dass unsere Werte wie Diversität, Inklusion und Nachhaltigkeit im Unternehmen gelebt werden. Transparenz und echte Mitgestaltungsmöglichkeiten sind für uns wichtiger als klassische Hierarchien.
Und was planst du für die Zukunft?
Erstmal möchte ich Bulletpoint weiterentwickeln. Wir arbeiten wie gesagt gerade an neuen Features wie Karteikarten und Quiz-Funktionen. Langfristig könnte ich mir vorstellen, noch mal zu gründen, vielleicht im medizinisch-technischen Bereich. Aber wer weiß das schon? Wichtig ist, dass es Sinn macht und Spaß bringt.
„ Und dann kam einer, der hat’s einfach gemacht!
200 TAGE IM FAHRRADSATTEL UND RUDERND ÜBER DEN OZEAN –22.000 KILOMETER, OHNE FOSSILEN BRENNSTOFF.
Julen Sánchez hat das Unmögliche möglich gemacht. Seine Reise führte ihn von Paris’ Straßen nach Portugal über den Atlantik bis an die Küsten Floridas und schließlich nach Pennsylvania. Unterwegs begegnete er Walen, kämpfte gegen Stürme und erlebte die Stille des Ozeans. Was trieb ihn an? Wir sprachen mit Julen Sánchez.
Julen Sánchez
*1996, ist ein deutsch-spanischer Extremsportler und ein echter World Citizen, der schon immer einen positiven Impact in der Welt haben wollte. Nach zahlreichen Reisen kombinierte er 2020 als Zero Emission Traveler seine Leidenschaften für Extremsport und fürs Reisen, um zu zeigen, dass jedes Ziel auf nachhaltige Art und Weise erreicht werden kann.
Julen, du hast diese weite Strecke nur mit Muskelkraft zurückgelegt – klimaneutral quasi. War dein Abenteuer ein Impact, um Aufmerksamkeit zu erregen, oder ging es dir darum, zu zeigen, was mit Ausdauer und Entschlossenheit möglich ist?
Julen Sánchez:
Du sprichst einen wichtigen Punkt an. Natürlich ist das Thema CO2-Einsparung in der Reisebranche in letzter Zeit sehr aktuell, aber bei mir lag der Antrieb tiefer. Die Reise war nicht nur ein Abenteuer, sondern auch eine persönliche Herausforderung. Ich wollte zeigen, dass man auch nach schwierigen Erfahrungen wie einer Krankheit – ich hatte einen Tumor von der Größe eines Golfballes in meiner Blase, der sich dann gottseidank komplett entfernen ließ – Großes erreichen kann. Es ging darum, nachhaltiges Reisen zu beweisen und zu zeigen, dass wir, wenn wir den Mut und den Willen haben, durchaus auch klimafreundlich Ziele erreichen können – auch wenn viele das für unmöglich halten.
Du hast eine beeindruckende Reise hinter dir, Julen. Bei solchen Abenteuern stellt sich die Frage nach der Motivation. Viele hielten dich für verrückt, dich solchen Gefahren auszusetzen. Wie hältst du in extremen Situationen – etwa als du beinahe von einem Containerschiff überfahren wurdest – den Mut und die Motivation aufrecht?
Schon die Vorbereitung war entscheidend. Die Idee trug ich fast vier Jahre mit mir herum. Anfangs erschien es verrückt zu sein, aber je mehr ich mich mit den Details beschäftigte, desto entschlossener wurde ich. Es gab viele kritische Momente, etwa als während der Corona-Pandemie meine Sponsoren absprangen. Ich stand plötzlich alleine da und musste entscheiden, ob ich weitermache. Ich entschied mich, selbstständig zu arbeiten und das nötige Geld zu verdienen. Trotz vieler Zweifel fand ich in meiner Überzeugung, dass Klimaschutz und das Erreichen scheinbar unmöglicher Ziele wichtig sind, immer wieder die Kraft, weiterzumachen.
Vor 50 Jahren fuhr ein Arzt aus Bremen mit einem Faltboot über den Atlantik – ohne die heutigen technischen Möglichkeiten. Du hattest eine Art „Hängematte“ und warst nicht vollständig abgekoppelt. War es also einfacher für dich, weil du jederzeit abbrechen konntest?
„Das Schwierigste ist, loszufahren. Den ersten Schritt zu machen. Du musst nicht perfekt vorbereitet sein. Wichtig ist, überhaupt erst loszukommen.“
lassen. Auf dem Ozean jedoch bedeutet Rettung das Ende der Expedition und darüber hinaus den Verlust sämtlicher finanzieller Mittel. Das war für mich ein 0,1-Prozent-Szenario, das ich nur in einem Notfall in Betracht zog.
Du hast recht, im Vergleich zu den Pionierreisen vor vielen Jahrzehnten, als keine Kommunikation möglich war, ist es heute ein Abenteuer auf einem anderen Level – dank moderner Technik wie IT, Solar-Panels und Wasserversorgung. Aber es bleibt eine gewagte Unternehmung.
Wer hat dich gesponsert? Wie fi nanzierst du so eine Expedition?
Am Ende waren es vor allem persönliche Kontakte. Ein Auftraggeber, einige Leute aus meiner Heimatstadt und Crowdfunding haben mir geholfen. Doch etwa 85 Prozent habe ich selbst finanziert. Das war eine schwierige, aber wertvolle Vorbereitung, die mir half, an mich zu glauben und Menschen zu überzeugen, mein Projekt zu unterstützen.
Welche Tipps hast du für Menschen, die eine CO2neutrale Reise mit dem Rad unternehmen wollen – sagen wir 1.000 oder 2.000 Kilometer?
Das Schwierigste ist, loszufahren. Den ersten Schritt zu machen. Die Vielzahl an Equipment, Routen und Apps kann einen lähmen. Bei meiner Fahrradtour nach Portugal habe ich bis kurz vorher nicht viel geplant. Es war nicht das beste Fahrrad oder Equipment, aber genau darum geht es: Du musst nicht perfekt vorbereitet sein. Wichtig ist, überhaupt erst loszukommen. Sobald du in Bewegung bist, merkst du schnell, was du hättest besser machen können. Aber das spielt dann keine große Rolle mehr. Jeder kann eine Fahrradtour auf seine eigene Weise erleben – es kommt auf den Enthusiasmus und die Bereitschaft an, loszulegen.
„Die Expedition selbst ist das Training, das dich stärker und fitter macht.“
Es gibt zahlreiche Blogs mit interessanten Tipps und Orientierungsmöglichkeiten.
Abbrechen auf dem Ozean ist eine größere Hürde als an Land. Beim Radfahren kann man sich einfach ausruhen oder abholen
Natürlich ist es hilfreich, unterwegs in Blogs nach den besten Tipps zu schauen. Aber oft ist es auch der Austausch mit
Menschen vor Ort, die dir helfen, wenn du etwas nicht dabei oder vergessen hast. Diese Begegnungen machen diese Art zu reisen besonders – es geht um langsames Reisen und die Erlebnisse abseits der Straße.
Wie plane ich, wenn ich aufs Wasser will? Muss es unbedingt der Ozean sein? Zum Beispiel eine Reise von Portugal auf die Kanaren?
Ich würde eine Reise von Portugal auf die Kanaren nicht unbedingt empfehlen – die Strecke ist navigationsmäßig sehr anspruchsvoll. Eine solche Expedition mit dem Ruderboot auf dem Atlantik erfordert umfassende Vorbereitung.
In einem Podcast hörte ich von Leuten, die sich einfach ein Boot bei Globetrotter kauften und losfuhren. Es gibt interessante Routen, wie durch Frankreichs Flüsse bis ans Mittelmeer. Man muss kein Hochleistungssportler sein, um solche Abenteuer zu wagen. Oft ist die Expedition selbst das Training, das dich stärker und fitter macht.
Welche Herausforderungen gibt es, wenn man übers Meer rudert? Wie ist es, wenn man vom Land nichts mehr sieht – nicht mal einen Leuchtturm – und es dunkel wird. Wie gehst du mit Ängsten um?
„Sobald du die Küste aus dem Blick verlierst, spürst du erst wirklich, wie du dich fühlst.“
Die mentale Vorbereitung ist die größte Herausforderung. Sobald du die Küste aus dem Blick verlierst, spürst du erst wirklich, wie du dich fühlst. Im Training hast du das nie, da du die Kontrolle behältst. Ich hatte schon Erfahrung mit Segeln im Mittelmeer, aber auf dem Ozean ist alles anders. Ein großes Risiko ist der Schiffsverkehr – dabei es ist in Küstennähe gefährlicher als auf dem offenen Meer. Auch Tierbegegnungen können beängstigend sein, wie etwa mit einem Wal. Aber die größten Herausforderungen sind psychisch: Die Isolation und die beängstigende Frage, ob man je wieder Land sieht. Du bist so langsam unterwegs, dass du viele Wochen ohne Land in Sicht verbringst. Doch trotz der körperlichen Anstrengung war ich erstaunlicherweise mental stark, genoss die Ruhe und die Schönheit der Natur.
Die gewählte Route Paris–Pittsburgh hatte sicher einen Hintergrund. Kannst du das näher erläutern?
Donald Trump war der Auslöser, als er sich seinerzeit vom Pariser Klimaabkommen distanzierte und Pittsburgh als Beispiel wählte, eine Stadt, die historisch nicht für Umweltschutz bekannt war. Doch Pittsburgh hat sich stark verändert und plant bis 2035, komplett auf erneuerbare Energien umzustellen. Die Bürgermeister von Paris und Pittsburgh unterzeichneten einen öffentlichen Brief, in dem sie betonten, dass beide Städte trotz der Entscheidung der US-Regierung weiter für den Klimaschutz kämpfen. Diese Botschaft sprach mich besonders an. Deshalb wählte ich Paris als Start- und Pittsburgh als Endpunkt meiner Reise.
Welche waren deine schönsten Begegnungen im Wasser und an Land während deiner Expedition?
Die beeindruckendste Begegnung war mit einem Marlin, einem riesigen Schwertfisch, der mein Boot umkreiste. Das war gefährlich! Als der Marlin aus dem Wasser sprang, war das ein atemberaubender Moment. Eine weitere außergewöhnliche Erfahrung war das Schwimmen mit einem Buckelwal, der mit meinem Ruderboot spielte. Es war eine Mischung aus Ehrfurcht und Faszination – eine der gefährlichsten, aber auch schönsten Begegnungen meines Lebens.
Hast du eine Art Freundschaft mit dem Buckelwal geschlossen?
Ja! Als er verschwand, war ich fast ein wenig traurig. Es war schade, dass der Abschied mitten in der Nacht stattfand –ich hätte ihn gern im Tageslicht losgelassen. Aber es war ein Privileg, so etwas auf dem offenen Meer zu erleben.
Wie lange warst du auf dem Wasser unterwegs? Vom letzten Blick auf Land bis zum ersten Blick auf eine Insel?
Insgesamt war ich 131 Tage auf dem Wasser. Abzüglich 17 Tagen auf dem Weg zu den Kanaren und einem Tag auf einer Privatinsel blieben 113 Tage allein auf dem Ozean – fast vier Monate. Es war surreal, 24 Tage lang kein anderes Schiff zu sehen. Ich lebte in meiner eigenen kleinen Welt, beschäftigt mit Rudern, Musik und Hörbüchern. Der Versuch, nicht auf den Kartenplotter zu schauen, um die riesige Distanz nicht als entmutigend zu empfinden, war eine mentale Herausforderung.
geplant hast, das dich weiterbringt.
Welche Musik hat dich beim Rudern begleitet?
Ich bevorzugte melodische Musik ohne viele Texte, besonders elektronische Klänge wie Trance. Diese Musik harmoniert perfekt mit den rhythmischen Bewegungen des Ruderns und der Wellen. Beim Sonnenuntergang wirkt die Natur besonders intensiv, und Musik verstärkt dieses Gefühl.
Gibt es auf dem Ozean Strömungen, die man spüren kann?
Strömungen merkt man selten direkt. Oft zieht man hart an den Rudern und kommt trotzdem nicht voran, was frustrierend ist. Es sind die unsichtbaren Strömungen unter der Wasseroberfläche, die den Unterschied machen.
Das muss beängstigend sein, oder?
Ja, es zeigt die Macht des Ozeans. Einmal sprang ich ins Wasser und das Boot trieb plötzlich weit weg – ein Schockmoment. Zum Glück war ich festgemacht. Das Schlimmste wäre, das Boot zu verlieren.
„Du fühlst dich auf dem Ozean den Menschen im Weltall näher als denen auf der Erde.“
Das klingt fast wie im All, so isoliert und allein.
Es ist tatsächlich ähnlich. Du fühlst dich auf dem Ozean den Menschen im Weltall näher als denen auf der Erde. Die ISS zieht regelmäßig über dich hinweg. Anfangs hast du Angst vor der Dunkelheit, aber später genießt du sie, da es tagsüber unerträglich heiß sein kann. Nachts ist es kühler, und der Sternenhimmel ist beeindruckend.
Ja, es war eine andere Erfahrung. Da ich allein unterwegs war – anders als von Paris nach Portugal –, hatte ich die Möglichkeit, die Landschaft und die Reise intensiver zu erleben. Ich hatte allerdings kein Bedürfnis, an schönen Orten zu übernachten – ich schlief einfach am Straßenrand und fuhr am nächsten Morgen weiter.
Das klingt ziemlich pragmatisch.
Manchmal war es mir zu mühsam, das Zelt aufzubauen, also schlief ich einfach unter freiem Himmel. Die Sonne weckt dich, und du folgst dem natürlichen Rhythmus – müde bei Sonnenuntergang, wach bei Sonnenaufgang.
Was sind deine nächsten Pläne?
Für den Sommer dieses Jahres habe ich eine neue Expedition geplant – darüber können wir danach noch einmal sprechen. Es geht mir allerdings nicht darum, dass Menschen meine Reisen nachahmen, sondern dass sie erkennen, dass sich etwas verändern muss, man nachhaltig reisen kann und es oft nicht nötig ist, zu fliegen.
Julen, ich danke dir für die spannenden Eindrücke!
Julen Sánchez, Und dann kam einer, der hat’s einfach gemacht, erschienen 2024 bei Malik 320 Seiten | 18,00 € ISBN 978-3890295909
Ein längeres Interview mit Julen in wie wir morgen unterwegs sein wollen erschienen 2024 bei Edition Integralis 24,95 € ISBN 978-3982280455
Der Kairos-Moment
Warum unsere Zukunft genau jetzt entschieden wird
„Wer Veränderung und Zukunft gestalten will, muss zuerst die Vergangenheit verstehen.“
Veränderungen beginnen oft mit den Lehren von gestern. In den Mythen der Antike, in den Geschichten vergangener Zivilisationen, fi nden wir Muster, die wir uns zum Vorbild nehmen sollten. Der Kairos-Moment ist eine dieser Legenden – kein ferner Mythos, sondern eine zeitlose Erkenntnis: Es gibt Augenblicke, in denen alles auf dem Spiel steht.
Wir leben in einer Zeit, in der alles gleichzeitig passiert: Klimakrise, technologische Revolution, gesellschaftliche Spaltung, geopolitische Spannungen. Es fühlt sich an, als würde die Welt an einem seidenen Faden hängen. Doch was, wenn genau das unsere größte Chance ist?
Der Zukunftsforscher Prof. Stephan Rammler nennt es den Kairos-Moment : den kritischen Zeitpunkt, an dem Entscheidungen nicht mehr verschoben werden können. Ein Zeitfenster, das sich öffnet, um entweder genutzt zu werden – oder für immer zu verschwinden. Und er nennt eine bislang unscheinbare Stellschraube, die zu drehen ein erster wichtiger Schritt in eine hellere Zukunft sein könnte…
Was genau ist der Kairos-Moment?
Im antiken Griechenland unterschied man zwei Arten von Zeit: Kronos und Kairos Kronos steht für den linearen, chronologischen Ablauf der Zeit – das Ticken der Uhr, das Fortschreiten von Vergangenheit über Gegenwart in die Zukunft. Es ist die Zeit, die wir messen können, festhalten in Kalendern, ablesen in Minuten, Stunden. Kronos ist die Routine des Alltags, das stetige Voranschreiten, das niemals stillsteht.
langen Schopf an der Stirn, doch sein Hinterkopf ist kahl. Der Sinn dahinter? Du kannst ihn nur am Schopf ergreifen, wenn er direkt vor dir steht, wenn der Moment da ist. Versuchst du, ihn zu fassen, nachdem er an dir vorbeigezogen ist, gleitet er dir unweigerlich aus den Händen. Es gibt kein Nachholen, kein Zurück.
In vielen antiken Erzählungen galt Kairos als der Gott der günstigen Gelegenheiten. Aber diese Gelegenheiten waren nie von Dauer. Sie erforderten Mut, Entschlossenheit und den richtigen Instinkt. In der Kunst wurde er oft dargestellt, wie er mit seinen Flügeln davonschwebt, schwer zu fassen, fl üchtig. Der Kairos-Moment ist nie der perfekte Moment – aber er ist der entscheidende.
Kairos , der Gott des günstigen Augenblicks – erkennbar am Haarschopf Moment ergreifen kann.
Kairos hingegen ist von einer ganz anderen Qualität. Es ist nicht die Zeit, die vergeht, sondern der Moment, der sich verdichtet. Ein Augenblick voller Möglichkeiten, in dem die Welt für einen Wimpernschlag den Atem anzuhalten scheint. Kairos ist der Moment, in dem sich alles entscheidet, in dem wir handeln müssen, weil das Zeitfenster klein ist und sich nie wieder öffnen wird.
Die Griechen personifizierten Kairos als gefl ügelten Gott. Sein Aussehen ist ebenso symbolisch wie seine Bedeutung: Er trägt einen
Prof. Rammler beschreibt unsere Gegenwart als genau diesen Moment: „Wir stehen an einer Weggabelung. Entweder wir lassen die Krisen über uns hinwegrollen – oder wir packen die Gelegenheit beim Schopf und gestalten die Zukunft aktiv.“
Wir erleben diesen Kairos-Moment nicht als ferne Theorie, sondern als Realität. Die Klimakrise zeigt uns mit jeder Hitzewelle und jedem Waldbrand, dass wir nicht mehr warten können. Die Digitalisierung schreitet voran, mit einer Geschwindigkeit, die unsere gesellschaftlichen Strukturen überfordert. Politische Extreme gewinnen an Macht, weil Unsicherheit den Boden für einfache Antworten bereitet.
Die überraschende Stellschraube:
Das Verhältnis von Mann und Frau
Doch wie gehen wir vor? „Der zentrale Widerspruch der Moderne ist nicht mehr der zwischen Kapital und Arbeit,“ sagt Rammler, „sondern der zwischen Männern und Frauen.“ Eine provokante These. Aber sie trifft einen wunden Punkt. „Betrachtet man die Krisen dieser Welt – Kriege, Gewalt, Umweltzerstörung – zeigt sich ein wiederkehrendes Muster: toxische Männlichkeit. Wer führt die meisten Kriege? Wer verbrennt die Welt? Wer hält an patriarchalen Machtstrukturen fest? Es sind überproportional oft Männer.“ – Doch was wäre, wenn Frauen kollektiv sagen würden: Wir machen nicht mehr mit?
Prof. Dr. Stephan Rammler *1968, ist ein deutscher Mobilitätsund Zukunftsforscher, freier Wissenschaftler und Autor. Er war Gründungsdirektor des Instituts für Transportation Design (ITD), bis 2022 Professor für Transportation Design & Social Sciences an der HBK Braunschweig und bis 2023 wissenschaftlicher Direktor am Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung IZT
„Die Frage ist nicht, ob wir die Zukunft gestalten können. Die Frage ist: Wollen wir es? “
Wieder ein Blick in die Geschichte zeigt, dass solche Momente mächtiger sind, als wir glauben. In der griechischen Komödie Lysistrata von Aristophanes verweigern sich die Frauen ihren Männern sexuell, um sie zum Frieden zu zwingen. No Peace, No Pussy – eine radikale, aber wirksame Strategie gegen Kriegstreiberei –, die auch Spice Lee in seinem Film Chi-Raq von 2015 aufgegriffen hat. Bissig, referenziell, funky und sexy. „No Peace, no Pussy“, proklamieren die jungen Afroamerikanerinnen unter Anführung von Lysistrata, die mit Hot Pants und Riesenafro die Nachfolge von Blaxploitation-Heldin Foxy Brown antritt. Lysistratas Boyfriend ist der Gangsterrapper Chiraq – gespielt von Nick Cannon –, für den Sex und Gewalt eine Frage des Images als harter Homeboy sind. Der „Sexstreik“ seines Mädchens trifft ihn an seiner empfindlichsten Stelle. Und nicht nur ihn. Die halbe männliche Bevölkerung
von Chicago leidet zunehmend unter einem Hormonstau, als die Protestbewegung von Lysistrata und ihren Freundinnen Fahrt aufzunehmen beginnt.
Stephan Rammler: „Diese Idee hinter Lysistrata zieht sich bis in die Gesellschaften der Neuzeit. Erinnern wir uns an die Friedensbewegung in Liberia Anfang der 2000er-Jahre. Frauen wie Leymah Gbowee organisierten Proteste gegen den bürgerkriegsgeplagten Staat, verweigerten sich sexuell und stellten sich gewaltfrei zwischen die Fronten. Sie zwangen die Kriegsparteien buchstäblich an den Verhandlungstisch –und sorgten damit für den Frieden.“
Auch in Südkorea gibt es heute Bewegungen, bei denen Frauen bewusst traditionelle Rollenbilder verweigern. Sie entscheiden sich gegen Ehe, Mutterschaft und übliche Karrieremuster, um ein Zeichen gegen patriarchale Strukturen zu setzen. Rammler: „Es geht nicht darum, Männer zu verteufeln. Es geht darum, die Strukturen zu hinterfragen, die seit Jahrhunderten unreflektiert fortbestehen. Wenn Frauen sich kollektiv solidarisieren und sagen: 'Wir spielen dieses Spiel nicht mehr mit', dann kann das eine transformative Kraft entfalten, die wir in ihrer Wirkung oft unterschätzen.“
„Wenn Frauen sich kollektiv solidarisieren und sagen: ‚Wir spielen dieses Spiel nicht mehr mit‘, dann kann das eine transformative Kraft entfalten.“
In einer Welt, die von multiplen Krisen erschüttert wird, könnte die Neuverhandlung der Geschlechterverhältnisse ein zentraler Hebel für gesellschaftlichen Wandel sein. Nicht als Konkurrenzkampf, sondern als Balanceakt, der die besten Seiten beider Geschlechter in den Vordergrund rückt.
Szene aus dem Film "Chi-Raq" von Spice Lee aus 2015
Eckard Christiani im Gespräch mit Prof. Dr. Stephan Rammler
Die Macht der Entscheidung: Jeder von uns zählt
Der Kairos-Moment ist keine exklusive Angelegenheit für Politiker oder CEOs. Wir alle sind Teil dieses historischen Augenblicks. Jede Entscheidung, die wir persönlich treffen – für nachhaltigen Konsum, für Bildung, für Dialog statt Polarisierung – ist ein Mosaikstein für die Zukunft. „Die kommenden zehn Jahre sind entscheidend“ betont Rammler. „Nicht, um das Paradies zu erschaffen, sondern um zu verhindern, dass wir als Zivilisation kollabieren.“
Das klingt drastisch. Ist es auch. Aber es ist zugleich ein Appell an unseren Gestaltungswillen. Der Klimawandel ist real, aber er kann eingedämmt werden. Künstliche Intelligenz birgt Risiken, aber auch ungeahnte Chancen. Gesellschaftliche Spaltung muss nicht das Ende von Demokratien bedeuten, sondern kann der Anfang einer neuen Dialogkultur sein. Rammler: „Wir erleben eine Polykrise – ein Zusammenspiel aus Klimawandel, Ressourcenknappheit, digitaler Transformation, geopolitischen Konflikten und sozialer Ungleichheit. Diese Krisen sind nicht isoliert. Sie verstärken sich gegenseitig.“
Beispiele dafür gibt es viele. Die Klimakrise führt zu extremen Wetterereignissen, die Ernteausfälle und Wasserknappheit verursachen. Das wiederum treibt Migration und soziale Spannungen an. In vielen Ländern destabilisieren wirtschaftliche Krisen die Demokratie, während der Einfl uss von Fake News und autoritären Bewegungen das Vertrauen in Institutionen erschüttert. Dazu Rammler: „Wir sehen, dass digitale Technologien sowohl Fluch als auch Segen sind. Sie können Wissen verbreiten, aber auch Desinformation. Sie verbinden Menschen, aber sie können Gesellschaften spalten. Und dann ist da noch die Ressourcenkrise. Der Zugang zu Wasser, Nahrung und Energie wird zum geopolitischen Machtfaktor. Der Krieg in der Ukraine hat gezeigt, wie schnell sich globale Lieferketten auflösen können, was nicht nur wirtschaftliche, sondern auch politische Krisen nach sich zieht.“
Buch-Tipp
Ein erfrischender Blick auf die Gestaltung unserer Welt
In einer Welt, die von ständigem Wandel geprägt ist, bietet Florence Gaub in ihrem Buch Zukunft – Eine Bedienungsanleitung einen ermutigenden Leitfaden für die aktive Mitgestaltung unserer Zukunft. Mit fundierten wissenschaftlichen Erkenntnissen und einer klaren, zugänglichen Sprache stellt sie dar, wie wir die Herausforderungen der Zukunft nicht nur verstehen, sondern bewusst anpacken können. Ein mustread für alle, die nicht nur passiv auf die kommenden Jahre blicken wollen, sondern Verantwortung für die Welt von morgen übernehmen möchten.
Florence Gaub, Politikwissenschaftlerin und Direktorin des Forschungsbereichs am NATO Defense College in Rom, präsentiert in ihrem Werk Zukunft – Eine Bedienungsanleitung eine erfrischende Perspektive auf die Gestaltung unserer Zukunft. In klar strukturierten Kapiteln, die an eine Bedienungsanleitung erinnern, beleuchtet sie die verschiedenen Dimensionen der Zukunft und bietet praxisnahe Ansätze, wie wir diese aktiv gestalten können.
Gaub kombiniert Erkenntnisse aus Neurowissenschaften, Psychologie, Philosophie und Geschichte, um zu zeigen, dass die Zukunft nicht nur ein ungewisses Terrain ist, sondern ein Bereich, den wir durch bewusstes Handeln beeinflussen können.
Sie fordert dazu auf, die Zukunft nicht als festgelegte Größe zu betrachten, sondern als ein Feld der Möglichkeiten, das durch unsere Entscheidungen und Vorstellungen geprägt wird.
Besonders hervorzuheben ist Gaubs Fähigkeit, komplexe wissenschaftliche Konzepte verständlich und ansprechend zu vermitteln. Ihre klare und direkte Sprache macht das Buch sowohl für Fachleute als auch für interessierte Laien zugänglich. Die Verwendung von Tabellen und Grafiken veranschaulicht ihre Thesen und lädt zur aktiven Auseinandersetzung mit dem Thema ein.
Zukunft – Eine Bedienungsanleitung ist ein inspirierendes und aufschlussreiches Buch, das dazu anregt, die eigene Haltung zur Zukunft zu überdenken und Verantwortung für die Gestaltung der kommenden Jahre zu übernehmen. Es ist eine wertvolle Lektüre für alle, die sich mit der Frage beschäftigen, wie wir die Zukunft aktiv und positiv beeinflussen können.
„Trotz all dieser Herausforderungen gibt es einen Hoffnungsschimmer: Wir sind nicht ohnmächtig. Jede Krise ist auch eine Chance, Dinge grundlegend zu verändern. Wir müssen nur den Mut haben, sie zu ergreifen“, meint Rammler. Die Frage ist: Wollen wir es? „Vielleicht ist das die eigentliche Definition des Kairos-Moments “ sagt Rammler. „Nicht nur eine Gelegenheit, sondern eine Verpflichtung, ihn zu ergreifen. Und wenn wir in ein paar Jahrzehnten zurückblicken, wollen wir nicht sagen müssen: ‚Wir hätten es wissen können.‘ Sondern stolz behaupten: ‚Wir haben es gewagt.‘“
Der ehemalige Umweltminister Jürgen Trittin über politische Kämpfe, die Kraft von Zuversicht und warum Konsens ohne Widerspruch nicht möglich ist.
Jürgen Trittin *1954, ist ein ehemaliger deutscher Politiker (Bündnis 90/Die Grünen). Er war von 1998 bis 2024 Bundestagsabgeordneter. Von Juni 1990 bis Juni 1994 war Trittin niedersächsischer Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten und von Oktober 1998 bis November 2005 Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Von 2005 bis 2009 war er einer der stellvertretenden Vorsitzenden der Grünen Bundestagsfraktion; von 2009 bis 2013 waren er und Renate Künast deren Vorsitzende. Von 2014 bis 2023 war er Mitglied im Auswärtigen Ausschuss.
Veränderung
braucht Konflikt
Der gebürtige Bremer Jürgen Trittin ist bekannt dafür, kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Als langjähriger Vordenker der Grünen hat er politische Transformationen nicht nur gefordert, sondern gestaltet.
In seinem neuen Buch mit dem programmatischen Titel „Alles muss anders bleiben“ seziert er den Zustand unserer Gesellschaft – zwischen Klimakrise, Rechtsruck und dem Ringen um politische Mehrheiten.
Herr Trittin, Sie waren Umweltminister, prägten die deutsche Energiewende maßgeblich mit und sind bis heute eine der profi liertesten Stimmen der Grünen. In Ihrem neuen Buch tragen Sie den provokanten Titel Alles muss anders bleiben. Was genau bedeutet dieser Titel?
Im Kern sage ich, dass wir ein anderes Politikangebot brauchen – eines, das sich von dem abhebt, was derzeit sowohl zur Linken wie zur Rechten populär ist. Um Joachim Meyerhoff zu zitieren: »Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war.« Diese Sehnsucht nach einer vermeintlich besseren Vergangenheit ist trügerisch.
Wir müssen uns klarmachen: In einer Welt voller Disruptionen und Krisen können wir nur dann eine menschliche und demokratische Gesellschaft bleiben, wenn wir uns den Veränderungen stellen und sie aktiv gestalten. Das ist im Grunde genommen meine Botschaft – eine Veränderungsbotschaft mit einem, wenn man so will, wertkonservativen Grundton.
einzufordern, die Stadt von der Tyrannei zweier Banden befreit. Der Satz „Ich hasse Ungerechtigkeiten.“ fällt in diesem Zusammenhang – aus seinem Mund ist er zynisch, aber trifft dennoch ins Schwarze.
Weil es weniger um die Figur selbst geht, sondern um das, was sie auslöst?
Ich wollte mit dieser Geschichte verdeutlichen, dass es nicht auf die „gute Gesinnung“ ankommt, mit der man Veränderung betreibt, sondern auf das Ergebnis: Strukturen zu verändern. Selbst ein Antiheld kann am Ende eine Struktur ins Wanken bringen.
„Veränderung betreibt man nicht aus Gesinnung – sondern für Ergebnisse."
Sie zitieren zu Beginn Clint Eastwood: „Ich hasse Ungerechtigkeiten.“ Und Sie sagen: „Wenn wir die Welt erhalten wollen, müssen wir sie verändern.“
Können Sie uns Schlüsselmomente aus Ihrem politischen Leben benennen, in denen Ihnen diese Gedanken besonders bewusst und plausibel wurden?
Ich habe in meinem Buch nicht ohne Grund mit Clint Eastwood angefangen – allerdings nicht, weil er im Film „Für eine Handvoll Dollar“ einen positiven Helden spielt. Er ist ein Auftragskiller, der um seinen Lohn betrogen wird und schließlich, um sein Geld
Sie sind in Bremen-Nord aufgewachsen. Das Bremer Theater und seine Regisseure, schreiben Sie, haben Sie stark beeinfl usst. Wie und was hat Ihre Kind- und Schulzeit in Bremen Ihre Sicht auf Gerechtigkeit und Veränderung geprägt?
Da gab es mehrere prägende Erlebnisse. Erstens die Auseinandersetzungen um die Fahrpreiserhöhungen bei der BSAG. Damals kam es zu Blockaden, und die Reaktion des Staates darauf war schockierend: brutale Gewalt gegen friedliche Demonstrierende.
Dann war da der sogenannte „Leistungsterror“ in der Schule, gegen den wir uns gewehrt haben. Es ging um den Druck, der auf Schülerinnen und Schüler ausgeübt wurde, Leistung um jeden Preis zu erbringen – ein System, das wenig Raum für individuelle Entwicklung ließ.
Und schließlich – vielleicht am prägendsten – der Protest gegen den Vietnamkrieg. Es war empörend zu sehen, wie eine große, mächtige Nation wie die USA ein kleines Land „in die Steinzeit zurück bomben“ wollte – so die US-Luftwaffe. Sie schreckten nicht zurück vor Folter, Mord und massiven Verstößen gegen die Genfer Konvention und die Chemiewaffenkonvention.
Bremen war ein Ort für kulturelle Offenheit und politischen Widersp ruch.
Ist Bremen seinerzeit in Deutschland ein Nährboden für politische Aufklärung und Veränderung gewesen?
Bremen war ein bisschen im Windschatten der großen Revolte, vor allem weil es – anders als Berlin oder Frankfurt – damals noch keine Universität hatte. Aber es gab eine sehr aktive Schülerinnen- und Schülerbewegung, die ein beachtliches Protestpotenzial entfaltet hat.
Und, ja, Bremen hatte eine lebendige Kulturszene, allen voran das mutige Bremer Theater, das gesellschaftliche Debatten aufgriff und politisch provozierte. Diese Kombination aus kultureller Offenheit und politischem Engagement war etwas Besonderes, das man so in Städten wie Hannover nicht in derselben Form fand. Bremen war außerdem immer eine sehr sozialdemokratische Stadt, geprägt vom Bündnis der Arbeiter und der sogenannten Pfeffersäcke, also der alten hanseatischen Kaufleute.
Welche Rolle spielte die 68er-Bewegung bei der Veränderung der Gesellschaft?
Man darf nicht vergessen, dass die 68er-Bewegung nicht nur ein deutsches Phänomen war. Wir neigen oft dazu, das zu übersehen. Es gab sie in Frankreich, in den USA – vor allem im Protest gegen den Vietnamkrieg – und sogar jenseits des Eisernen Vorhangs, etwa beim Prager Frühling.
Die neue linke Szene zeichnete sich dadurch aus, dass sie nicht nur Solidarität mit Ho Chí Minh zeigte, sondern auch mit Alexander Dubček in der Tschechoslowakei und Salvador Allende in Chile. Diese internationalen Bezüge haben das politische Bewusstsein meiner Generation stark geprägt.
Und Bremen heute?
Ich glaube, Bremen hat eine gewisse Normalität gefunden. Die Stadt wird schon seit längerer Zeit von den Grünen mitregiert, zwischendurch gab es auch Phasen der Großen Koalition. Aktuell haben wir hier eine Rot-Rot-Grün-Koalition. Solche linke Mehrheiten gibt es in Deutschland nicht mehr allzu häufig – noch in Mecklenburg-Vorpommern, in Niedersachsen Rot-Grün, in Hamburg ebenfalls RotGrün.
Das klingt nach einer politischen Ausnahmestellung in Deutschland.
Ja, genau. In Bremen und umzu gibt es noch stabile Mehrheiten links der Mitte. Das ist eher untypisch, wenn man den bundesweiten Trend betrachtet. Bremen wird solide verwaltet – ich würde fast sagen, angenehm unaufgeregt – von Andreas Bovenschulte, den ich sehr schätze. Seine Regierung arbeitet geräuschlos, aber effektiv.
Ihr Buch ist auch ein Stück politische Zeitgeschichte voller Weggabelungen und Veränderungen. Welche Wegmarken der deutschen politischen Nachkriegsgeschichte haben Sie am stärksten geprägt – und warum?
Wenn ich vom Ende her beginne, dann ist die größte Wegmarke sicherlich die Energiewende, an der wir aktiv mitgewirkt haben. Die Kombination aus Atomausstieg, dem Erneuerbaren-Energien-
Gesetz und dem gegen starken Lobbydruck eingeführten Emissionshandel hat dazu geführt, dass heute in Deutschland, einem hochindustriellen und energieintensiven Land, rund zwei Drittel des Stroms aus erneuerbaren Quellen stammt.
Wir haben damit die Grundlage für die weltweite Dekarbonisierung gelegt. Durch unsere Kostensenkungen wurden erneuerbare Energien so wettbewerbsfähig, dass sie heute in Indien, China, den USA – ja, sogar im republikanischen Texas – boomen. Das war eine der wichtigsten Wegmarken, die wir selbst aktiv mitgestaltet haben.
Und welche historischen Ereignisse haben Sie persönlich geprägt?
Eine prägende Phase war für mich die Entspannungspolitik Anfang der 1970er Jahre, insbesondere 1972. In meinem Buch beschreibe ich bewusst, dass diese Politik zwar offiziell als außenpolitisches Projekt galt, aber viel tiefer ging. Mit der Ostpolitik von Willy Brandt wurde die Täter-OpferUmkehr, die sich Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg zurechtgelegt hatte, durchbrochen. Deutschland inszenierte sich jahrzehntelang als Opfer der Teilung, sichtbar an Schildern wie „3 geteilt? Niemals!“, die an allen Stadtgrenzen hingen. Abgebildet die BRD, dann die SBZ – die sowjetisch besetzte Zone – und die polnischen Ostgebiete. Diese Erzählung stellte Brandt infrage – und das war ein tiefgreifender, historischer Bruch.
Der dritte Bruch war 1973, die sogenannte Ölkrise. Der Ölpreis wurde aus heutiger Sicht von einem lächerlichen Niveau auf ein nicht ganz so lächerliches Niveau angehoben. Die Auswirkungen waren allerdings massiv. Die kapitalistische Wachstumslogik, die bis dahin als unerschütterlich galt, wurde plötzlich infrage gestellt. Jahrzehntelang hatten hohe Wachstumsraten soziale Verteilungskonfl ikte abgefedert. Doch nach 1973 war damit Schluss – das Wachstum stagnierte, die Illusion grenzenlosen Wachstums zerbrach.
Viele Ihrer politischen Kämpfe drehen sich um die Klimakrise und den Erhalt der natürlichen Diversität. Sind Sie zuversichtlich, dass wir in Deutschland und Europa trotz des gegenwärtigen Gegenwinds alle notwendigen Veränderungen noch umsetzen können?
Wir können etwas verändern. Wir haben ernste Probleme, aber es gibt Wege, sie zu lösen. Eine Grundhaltung von Zuversicht ist dabei sehr hilfreich.
Danke für das Gespräch.
„Selbst ein Antiheld kann am Ende eine Struktur ins Wanken bringen.“
Innovation, Nachhaltigkeit & Kundennähe im Fokus
BerlinDruck, ein Name, der seit 1982 für Qualität, Innovation und Beständigkeit in der Druckbranche steht, hat sich über die Jahre kontinuierlich weiterentwickelt. Was als kleine Druckerei mit zwei Mitarbeitern begann, ist heute ein modernes Unternehmen mit rund 45 Angestellten. Die Erfolgsgeschichte von BerlinDruck ist das Ergebnis einer starken Vision, einer klaren Unternehmensstrategie und der ständigen Bereitschaft, sich den Veränderungen in der Branche anzupassen.
Von den Anfängen bis zum großen Sprung
Als Reinhard Berlin im Jahr 1982 BerlinDruck gründete, war der Weg alles andere als einfach. Nach seiner Entscheidung, einem sicheren Job in Hamburg den Rücken zu kehren, setzte er mit der Gründung der Druckerei auf seine Vision: Drucken zu einem Markenartikel zu machen. Während viele Druckereien in dieser Zeit noch auf reines Handwerk setzten, stellte Berlin von Anfang an Marketing, Kundenorientierung und strategische
Diversifi kation in den Mittelpunkt seines Geschäftsmodells. Diese Weitsicht zahlte sich aus, besonders in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten.
Ein bedeutender Meilenstein war der Umzug des Unternehmens von Bassum nach Achim im Jahr 1996. Der neue Standort am Bremer Kreuz ermöglichte eine deutliche Erweiterung der Produktionskapazitäten und eine verbesserte Logistik. Durch die Nähe zur Autobahn konnten die Lieferzeiten erheblich optimiert werden, was dem Unternehmen eine noch stärkere Marktpräsenz verschaffte – in Norddeutschland und darüber hinaus.
in moderne Maschinen und digitale Lösungen investiert, um technisch auf dem neuesten Stand zu bleiben und die Effizienz sowie Qualität der Druckprodukte permanent zu steigern. Eine fortschrittliche Innovation war die Einführung der Computer to Plate-Technologie im Jahr 2001, die es ermöglichte, die alten Offset-Filme abzuschaffen und eine schnellere sowie präzisere Produktion zu realisieren. Reinhard Berlin, Gründer von BerlinDruck: „2001 waren wir wohl die ersten in unserem Wirtschaftsraum, die auf Computer to Plate umstellten.“ Seit 2001 wurden die Systeme regelmäßig modernisiert, um stets höchste Produktionsstandards zu gewährleisten. Die neueste Investition in dieser Entwicklung ist der hochmoderne Plattenbelichter, der seit September 2024 am Bremer Kreuz im Einsatz ist – ein weiterer wichtiger Schritt, um die Produktion noch leistungsfähiger und zukunftssicher zu gestalten.
offsetdruckmaschinen genutzt, die sowohl in Bezug auf Effizienz als auch im Bereich der Umweltfreundlichkeit Maßstäbe setzen. Ein technologischer Fortschritt war die Einführung einer Farbversorgungsanlage, die den Materialverbrauch drastisch senkt und somit einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leistet. Zudem sorgt die fortlaufende Weiterentwicklung der digitalen Druckverfahren für Flexibilität in der Produktion und ermöglicht maßgeschneiderte Lösungen, die den individuellen Anforderungen der Kunden gerecht werden.
1984: „Druckerei
Reinhard Berlin“ in der Hollbinde in Bassum
Reinhard Berlin
Blick in die Zukunft: Digitalisierung und Innovation
Nachhaltigkeit als Unternehmensphilosophie
Der Trend zur Nachhaltigkeit ist längst kein kurzfristiger Hype mehr, sondern ein wesentlicher Bestandteil der Unternehmensstrategie von BerlinDruck. Das Unternehmen setzt auf zertifiziertes Recyclingpapier, umweltfreundliche Druckfarben und energieeffiziente Maschinen. Dieses Engagement wird durch das Angebot klimaneutraler Druckprodukte weiter verstärkt, bei denen der CO2-Ausstoß der Produktion durch gezielte Ausgleichsmaßnahmen kompensiert wird.
Nachhaltigkeit beschränkt sich nicht auf einzelne Maßnahmen, sondern ist in die gesamte Produktionskette integriert. Ein Beispiel dafür ist das Blauer Engel-Zertifi kat, das sämtliche Produktionsschritte umfasst – von der Auswahl umweltfreundlicher Materialien über energieeffiziente Druckverfahren bis hin zu ressourcenschonenden Weiterverarbeitungsprozessen. Darüber hinaus unterstreichen weitere Nachhaltigkeitszertifi kate wie Klimaneutraler Druck, FSC (Forest Stewardship Council) und Living PSO die Verantwortung von BerlinDruck gegenüber einer umweltbewussten und verantwortungsvollen Produktion.
Durch den Einsatz dieser Materialien und Technologien verringert BerlinDruck seinen ökologischen Fußabdruck und spricht gleichzeitig einen größeren Kundenkreis an, der zunehmend auf ressourcenschonende Produkte setzt. Die steigende Nachfrage nach umweltbewussten Drucklösungen hat BerlinDruck frühzeitig erkannt und aktiv dazu beigetragen, den Drucksektor nachhaltiger zu gestalten.
BerlinDruck bleibt dem Prinzip treu, Innovation, Qualität und Nachhaltigkeit stets miteinander zu verbinden. In den kommenden Jahren wird die kontinuierliche Weiterentwicklung des Unternehmens ein entscheidender Faktor für die Sicherung der Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit sein. Insbesondere die Digitalisierung spielt dabei eine Schlüsselrolle. Die geplante Umstellung der gesamten IT-Infrastruktur soll die Produktionsabläufe weiter automatisieren und die Effizienz des Unternehmens steigern.
Doch nicht nur der technologische Fortschritt ist entscheidend – BerlinDruck setzt auch auf eine andauernde Weiterentwicklung der Unternehmenskultur. Das Unternehmen bleibt agil, um flexibel auf Marktveränderungen reagieren zu können. Die enge Zusammenarbeit mit den Kunden und ein tiefes Verständnis für deren Bedürfnisse haben dazu beigetragen, das Vertrauen über Jahre hinweg zu gewinnen und langfristige Geschäftsbeziehungen aufzubauen.
Das Erfolgsgeheimnis:
Eine klare Vision und mutige Entscheidungen
Der Erfolg des Unternehmens basiert auf technologischen Innovationen; doch vor allem auf einer klaren Vision und der Fähigkeit, auch in herausfordernden Zeiten mutige Entscheidungen zu treffen.
„Man muss immer in Bewegung bleiben“, so Reinhard Berlin. „Stillstand ist der größte Feind in der Druckbranche. Wer heute glaubt, sich ausruhen zu können, ist morgen nicht mehr da.“ Dieser Satz bringt es auf den Punkt: BerlinDruck versteht Veränderung nicht als Ausnahme, sondern als fortlaufenden Prozess, der das Unternehmen in die Zukunft führt.
Durch die enge Verzahnung von Technologie, Nachhaltigkeit und einer konsequenten Ausrichtung auf die Bedürfnisse der Kunden bleibt BerlinDruck eine feste Größe in der Druckbranche – und wird auch in den kommenden Jahren als Unternehmen und Innovator weiterhin Maßstäbe in der Druckindustrie setzen. Geschäftsführer Frank Rüter und Gründer
„Drucken war für mich immer mehr als nur ein Handwerk“
EIN GESPRÄCH MIT REINHARD BERLIN
GRÜNDER VON BERLINDRUCK
Herr Berlin, Sie haben BerlinDruck im Jahr 1982 gegründet. Was war damals Ihre größte Herausforderung?
Die größte Herausforderung war, dass ich mich in einer Branche etablieren musste, die damals von vielen kleinen Druckereien geprägt war. Viele dachten, sie könnten sich einfach selbstständig machen. Qualität allein reichte also nicht aus, um aufzufallen – es brauchte eine klare Positionierung. Deshalb habe ich von Anfang an auf Marketing, Kundenservice und ein breites Kundennetzwerk gesetzt. Das war letztlich mein Wettbewerbsvorteil.
Gab es jemals einen Moment, in dem Sie dachten: „Jetzt haben wir es geschafft“?
Ganz ehrlich? Nein. Wer glaubt, dass man sich in dieser Branche mal ein Jahr Ruhe gönnen kann, ist bald nicht mehr am Markt. Wir haben uns ständig weiterentwickelt – neue Maschinen, neue Technologien, neue Strategien. Es gibt kein „Geschafft“, es gibt nur ein „Wie geht es weiter?“.
Der Unternehmensname BerlinDruck sorgt bis heute für Aufmerksamkeit. Wie kam es zu dieser Namenswahl?
Der Name BerlinDruck hat uns von Anfang an enorm geholfen. Viele fragten sich zunächst: „Was soll denn das?“ – und genau das war der Punkt! Der Name blieb im Gedächtnis. Tatsächlich erhalten wir auch regelmäßig Anfragen aus Berlin, weil Leute denken, wir seien dort ansässig. Doch hinter der Namenswahl steckte eine klare Strategie: Ich wollte Drucken zu einem Markenartikel machen. Damals waren Druckereien meist kleine, anonyme Betriebe, die kaum überregional bekannt waren. Ein prägnanter Name mit Wiedererkennungswert sollte uns dabei helfen, dass wir uns von der Masse abheben – und das hat funktioniert!
Gibt es einen Meilenstein oder eine besondere Anekdote aus Ihrer Unternehmensgeschichte?
Wer erinnert sich noch an MS-DOS – den Vorläufer von Windows? 1985 besuchte ich mit meiner Frau einen Programmierkurs in Bremen. Eine klassische Computerschule gab es damals noch nicht, stattdessen bot eine Firma für Funktechnik erste Schulungen in diesem Bereich an. Das Ergebnis: Bereits 1987 investierte ich in eine riesige Computeranlage von Nixdorf. Gemeinsam mit einem Programmierer entwickelte ich spezielle Kalkulationsprogramme für die Druckindustrie. Nixdorf erkannte das Potenzial dieser Technologie und bat mich, sie vor anderen Fachleuten aus der Druckbranche vorzustellen. Plötzlich stand ich im Konrad-Adenauer-Haus in Bonn vor 250 skeptischen Kollegen aus ganz Deutschland und erklärte ihnen, dass man mit Computern tatsächlich kalkulieren kann.
2011 haben Sie sich aus dem aktiven Tagesgeschäft zurückgezogen. Wenn Sie heute auf BerlinDruck blicken: Worauf sind Sie besonders stolz?
Darauf, dass wir immer unabhängig geblieben sind. Viele Druckereien haben sich auf ein oder zwei Großkunden verlassen und sind mit ihnen im Zweifelsfall untergegangen. Wir hatten nie ausschließlich Großkunden. Das hat uns krisenfest gemacht. Und das Unternehmen zu dem, was es heute ist.
Gründer & Gründerin
Reinhard und Hedda Berlin
Fragebogen
Was denken und fühlen wir? Welche Vorlieben haben wir?
Diese Fragen faszinierten die Menschen schon immer. Vorbild für unsere Fragen ist der wohl berühmteste Fragebogen der Welt, der den Namen des französischen Schriftstellers Marcel Proust (1871 - 1922) trägt. Um die Jahrhundertwende war es ein beliebtes Gesellschaftsspiel, bei dem die Gäste einer gehobenen Party gebeten wurden, einen persönlichen Fragebogen auszufüllen. So lassen auch wir die Tradition wieder aufleben.
Dieses Mal mit Antworten von Svenja Scherling , Mediengestalterin bei BerlinDruck:
Was ist für Sie das vollkommene Glück?
Gesund zu sein und das Leben genießen zu können
Und was ist für Sie das größte Unglück?
Wenn es einem Familienmitglied oder einer:m engen Freund:in gesundheitlich schlecht geht
Welche Fehler entschuldigen Sie am ehesten?
Am ehesten entschuldige ich die Fehler, die ehrlich eingestanden und nicht verleugnet worden sind
Ihre Lieblingstugend - bei sich und anderen?
Ehrlichkeit und Loyalität
Ihr Hauptcharakterzug?
Hilfsbereitschaft
Ihr größter Fehler?
Ich bin oft zu streng mit mir selbst
Die Held:innen Ihrer Kindheit?
Meine Eltern!
Ihre Lieblingsgestalt in der Gegenwart?
Ed Sheeran (Singer-Songwriter)
Ihr Lieblingsfilm?
Titanic und Dirty Dancing
Wen oder was lesen Sie gerne?
Thriller von Sebastian Fitzek und True Crime von Michael Tsokos
Ihre Lieblingsmusik?
Techno
Ihre Lieblingsfarbe?
Lila
Ihr Lieblingspapier?
Strukturpapiere
Ihre Lieblingsschrift?
Alec Handwriting
Ihre Lieblings-App?
WhatsApp
Buch lesen: Digital oder gedruckt?
Auf jeden Fall gedruckt!
Wie schalten Sie digital mal richtig ab?
Mit Youtube-Videos von den verschiedensten Creatoren
Welchen Tipp haben Sie für ein perfektes Wochenende?
Ausschlafen, reichlich frühstücken, ein kleines Lunchpaket packen, ab aufs Fahrrad und einfach mal der Nase nach drauflosfahren. Man landet an den schönsten Orten, die man sonst nicht kennenlernt.
Welche natürliche Gabe hätten Sie gerne?
Ich würde gerne super gut zeichnen können
Ihr Lebensmotto?
Immer schön lächeln und winken!
Menschen gestalten den Wandel
Stillstand? Gibt es nicht. BerlinDruck verändert sich – nicht mithilfe neuer Maschinen, sondern durch Menschen, die mit Ideen und Engagement das Unternehmen voranbringen. Veränderung ist hier kein Schlagwort, es ist gelebte Praxis. Das zeigen besonders die personellen Entwicklungen und neuen Teammitglieder, die mit frischen Perspektiven und wertvoller Erfahrung BerlinDruck weiter stärken.
Neue Rollen, neue Gesichter, neue Blickwinkel
Björn Gerlach (links), seit über zwanzig Jahren Teil des Unternehmens, hat Anfang 2025 die Vertriebsleitung übernommen. Er kennt den Markt, die Kunden sowie die Dynamik der Branche und denkt BerlinDruck strategisch weiter. Auch über seinen neuen Verantwortungsbereich hinaus setzt er sich intensiv mit Veränderungsprozessen auseinander – als ehrenamtlicher Geschäftsführer des Marketing Club Bremen begleitet er dessen Neuausrichtung und bringt entscheidende Ansätze für Marketing und Networking ein.
Stephan Ting (2. v. l.), zuvor Produktionsleiter in einem Konzern und zuletzt verantwortlich für das Qualitätsmanagement, leitet bei BerlinDruck den Einkauf und die Prozesse. Mit seinem Blick für Effizienz und Qualität setzt er neue Akzente, um BerlinDruck noch produktiver zu machen, Abläufe zu optimieren und den Automatisierungsgrad zu steigern – immer mit dem Fokus auf unsere Kunden.
Sophie Thiermann (3. v. l.) und Michael Schmidt (3. v. r.) verstärken als Drucker die Produktion, André Schiebold (2. v. r.) sorgt im Auftragsmanagement für reibungslose Abläufe und Beate Hamann (rechts) ergänzt die Druckvorstufe mit ihrer Expertise – ein Bereich, der ab August mit einer neuen Auszubildenden zusätzlich wächst.
Dynamik und Kundenfokus als Erfolgsfaktoren
BerlinDruck steht für Veränderungsbereitschaft und Fortschritt. Neue Technologien wie KI und digitale Tools werden integriert, um effizienter zu arbeiten. Doch eines bleibt unverändert: Der Kunde steht immer im Mittelpunkt. Das Unternehmen wächst, weil es zuhört, sich anpasst und Innovation nicht als Selbstzweck sieht, sondern als Mittel, echt Mehrwerte zu schaffen. Mit einer klaren Ausrichtung auf die Zukunft ist BerlinDruck im letzten Jahr maßgeblich vorangeschritten – und genau das treibt das Unternehmen weiter an.
Veranstaltungen Tipps: & Marketing und Medien
DMEXCO –
Digital Marketing Exposition & Conference
Am 17. und 18. September 2025 in Köln
Als Fachmesse für digitales Marketing und Technologie bringt die DMEXCO Experten und Entscheidungsträger zusammen, um über aktuelle Entwicklungen, innovative Ansätze und zukünftige Trends zu diskutieren. Das diesjährige Motto lautet „Prompting the Future“. Die Veranstaltung bietet ein breit gefächertes Programm und lädt dazu ein, neue digitale Lösungen und Technologien kennenzulernen. Vielfältige Networking-Möglichkeiten runden das Event ab. Tickets gibt es voraussichtlich ab Mai 2025.
Medientage München
Vom 22. bis 24. Oktober 2025 in München
Die Medientage München zählen zu den wichtigsten Konferenzen für Medien, Kommunikation und Digitalisierung in Europa. Seit ihrer Gründung im Jahr 1987 hat sich die Veranstaltung zu einem zentralen Treffpunkt für Branchenexperten aus dem In- und Ausland sowie Journalisten entwickelt. Das vielseitige Programm umfasst Keynotes, Diskussionsrunden und Masterclasses. Ergänzt wird das Event durch eine Expo sowie verschiedene NetworkingFormate. Mit über 5.000 Teilnehmenden ist die Veranstaltung eine ideale Plattform für Wissensaustausch und Branchendialog. Tickets gibt es online.
THIS IS MARKETING
Am 12. und 13. November 2025 in Frankfurt am Main
THIS IS MARKETING vereint Fachleute, Unternehmer und Marketinginteressierte, um aktuelle Branchen-Entwicklungen und Strategien zu beleuchten. Die Kombination aus Konferenz und Expo bietet auf zwei Ebenen Raum für fachlichen Austausch, Weiterbildung und Inspiration. Renommierte Speaker präsentieren praxisnahe Einblicke und aufkommende Trends. Dank stetigem Wachstum findet das Event in einer erweiterten Location statt und bleibt eine der bedeutendsten Plattformen der Branche. Tickets gibt es online.