LandLiebe: Die Bölle fällt nicht weit ...

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Vreni und Vreni am Herd: Mutter und Tochter Giger kochen ausgesprochen gern mit Zwiebeln.

Zwiebeln

Die Bölle fällt nicht weit …

Sie heissen gleich, sind in der bäuerlich-bodenständigen Kultur des Appenzellerlands verankert, kochen «uguat» und haben ein Herz für Zwiebeln: Mutter und Tochter Vreni Giger. Text / Styling Ingrid Schindler Fotos Winfried Heinze

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Appetitanreger aus der Küche des «Jägerhofs» in St. Gallen: «Ofenzwiebeln serviere ich meinen Gästen schon seit Langem», sagt Spitzenköchin Giger.

Ofenzwiebeln

für 6 Amuse-Bouches oder als Beilage • 6 kleinere Zwiebeln • Salz für das «Bett» • 2 dl Rahm, Salz, Pfeffer Auf einem Ofenblech ein ca. 1 cm dickes Salzbett ausbreiten. Zwiebeln nicht schälen, Wurzelansatz und Spitze im oberen Drittel abschneiden, Spitze wieder aufsetzen.

Zwiebeln auf das Salzbett setzen und bei 160 Grad ca. 50 Minuten im Ofen garen. Wenn sich das Zwiebelfleisch schon leicht aus der Hülle drückt, aus dem Ofen nehmen und etwas abkühlen lassen. Behutsam das Zwiebelfleisch aus der Schale drücken, diese dabei ganz lassen. Das ausgelöste Innere fein

hacken, mit Rahm aufkochen, etwas eindicken lassen, mit Salz und Pfeffer würzen und wieder in die Zwiebelschale einfüllen. Warm servieren. Tipp Dazu passen mit Frühstücksspeck umwickelte gebratene, weiche Dörrpflaumen oder Datteln.

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Slow Food: Zwiebeln schälen ist zeitaufwendig. Auch die Gigers kennen keinen Trick zur Beschleunigung.

Brännti Bölle auf der Ofenplatte: Sie verleihen einer Suppe Farbe und Geschmack ohne Bitternote.

Brät- und Böllebrot: Beider Vrenis Leibspeise. Voraussetzung: «Gutes Schmalz und frische Siedwürste, wie es sie nur hier gibt.»

Küche ohne Schnickschnack: Der Sinn fürs Wesentliche ist auch bei Mutter Giger ausgeprägt.

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Zwiebelherz: Mitbringsel vom Zibelemärit im ­letzten November.

«Ohni Bölle cha me gär nüd choche» Vreni Giger senior

Essbare Dekoration: Zwiebelzopf.

Kurvige Anfahrt zu Vreni Giger senior. Die Witwe hat den Hof an einen Sohn übergeben und wohnt heute im Höckli.

Die Gigers sind Bauern. Schon die Grosseltern, Eltern und auch die drei Brüder von Vreni junior haben Kühe im Stall.

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An der Stubentür hängt ein Herz aus Zwiebeln

E

in klarer, frischer ­Morgen in den Hügeln des Appenzellerlands. Der Säntis zeigt sich auf der Umgehungs­strasse von St. Gallen nach Teufen AR in voller Pracht. Auf den letzten Kilo­ metern zum Höckli von Vreni Giger senior schraubt sich ein s­ chmales, vereistes Landwirt­schafts­strässchen steil und kurvenreich durchs «Gjätt»

Eine Wintersuppe, die sie gern auf die Speisekarte setzt, so Vreni Giger junior.

Schalottensuppe für 6 Personen

Appenzellerinnen unter sich: Mutter und Tochter Vreni Giger.

hinauf und hinab. In den Windungen des Appenzellerlands hält sich im Frühjahr der Schnee lange. Die Luft ist kalt. Der Kamin raucht. Die Kälber dampfen im Stall. Vreni Giger, 71, hat früh am Morgen den Holzherd und den Kachelofen angefeuert. Ihre Tochter Vreni, 40, ist auch schon da. Man sieht es an den Harassen voller Zwiebeln und Zutaten im Mise-en-Place-Format, die im eisigen Hausflur auf ihren

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• 1 kg Schalotten, fein gehackt • 2 EL Butter • 3 El Mehl • 1 l Gemüsebouillon • 3 dl Rahm • Salz, Pfeffer Schalotten in Butter ganz langsam etwa 1 Stunde goldbraun auf kleinem Feuer dünsten und dabei immer wieder rühren. Wenn sie golden sind, mit Mehl bestäuben, Gemüsebouillon angiessen und aufkochen. Mit Rahm verfeinern und mit Salz und Pfeffer abschmecken. Nach Belieben Suppe mit Brotcroûtons servieren. Tipp Die Suppe lässt sich genauso mit Zwiebeln zubereiten. Schalotten sind jedoch feiner und weniger süss im Geschmack.


Geflügelleberpralinen mit Schalottenkompott für 8 Personen

• 300 g Geflügelleber • Pökelsalz (beim Metzger bestellen) • Pfeffer • Cognac • 3 Eier • 300 g geklärte Butter, leicht noisette • geröstete Nüsse (z. B. Baumnüsse, Pistazien, Mandeln), grob gehackt Leber in Stücke schneiden, mit Salz, Pfeffer und Cognac marinieren. Kurz anziehen lassen, im Mixbecher mit den Eiern fein mixen, nach und nach die leicht nussig gebräunte Butter dazugeben. Wenn die Masse

glatt ist, durch ein Sieb streichen, in eine mit Folie ausgelegte Terri­nen­ form giessen und bei 85 Grad und 50 Prozent Dampf im Steamer 60 Minuten (oder wie Caramel­ chöpfli im Ofen) pochieren. Masse erkalten lassen. Kugeln ausstechen und in den Nüssen wenden.

Schalotten schälen, in Streifen schneiden. Mit Portwein, Aceto balsamico, Zucker und Lorbeerblatt so lange einkochen, bis ein Kompott entsteht. Mit Salz und Pfeffer abschmecken. Bis zwei Wochen in der Nullgrad­ zone des Kühlschranks haltbar.

Schalottenkompott • 400 g Schalotten • 1 l roter Portwein • 2 dl Aceto balsamico • 100 g Zucker • 1 Lorbeerblatt • Salz, Pfeffer

Tipp Pralinen mit Kompott, Nüssli­salat und geröste­ten Brioche-Scheiben servieren. Das Kompott kann man auch mit Zwiebeln zubereiten.

Seine schöne Farbe verdankt das Leber­ parfait dem Pökelsalz. Mit normalem Salz wäre es u ­ nappetitlich grau, der Geschmack jedoch genauso fein. Aber eben: Das Auge isst mit.

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