Die Königin und die Froschinvasion

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ist. Am 23. März 1983 erklärte Präsident Reagan jedoch in einer Fernsehansprache, dass die USA in Zukunft Atomraketen abfangen und vernichten könnten, noch bevor sie den amerikanischen Boden oder den eines Verbündeten erreichen. Die nationale Sicherheit sollte also nicht länger auf Abschreckung (Androhung einer Vergeltung) basieren. Reagan wörtlich: ,,Wäre es nicht besser Menschenleben zu retten, als sie zu rächen?"15 SDI (Strategic Defense Initiative16) kann zweifelsohne als der unkonventionellste Teil von Reagans Sicherheitspolitik bezeichnet werden. Nukleare Waffen durch ein zum Teil im Weltall stationiertes System unschädlich und überflüssig zu machen, brachte SDI auch den Übernamen ,,Star Wars" ein und wurde in der Folge als Science-Fiction-Fantasie belächelt, denn nicht zuletzt wollte man die Interkontinentalraketen mit noch gar nicht existenten Technologien abfangen. Mit SDI folgte Reagan jedoch einem amerikanischen Urinstinkt nach ,,insularer Sicherheit"17. So hielten vor dem Zeitalter der Raketen zwei breite Ozeane jede grössere Gefährdung von den USA fern. Barg die Abschreckungsvariante das Risiko, dass der Eindruck entstehen könnte, die USA verzichten auf eine Verteidigung der Bevölkerung, sollte SDI also die nationale Sicherheit wieder gewährleisten.18 4.2. Die Beziehung zwischen den USA und der UdSSR19 Reagan war bekannt für seine anti-kommunistische Haltung, die zwar typisch für Amerikaner ist, bei Reagan aber ausserordentlich stark ausgebildet war. 1984 bezeichnete er die Sowjetunion als ,,evil empire"20, als ein ,,Reich des Teufels", das bereit sei, jedes Verbrechen, jede Lüge und jeden Betrug für die Weltrevolution einzusetzen. Auf die Frage, wieso er die Sowjetunion so charakterisiere, antwortete er: ,,Ich glaube, es war Zeit, die sowjetische Aufmerksamkeit zu erlangen, sie wissen zu lassen, dass ich sie realistisch einschätze."21 SDI war auch ein zentrales Thema in den Beziehungen zwischen der UdSSR und den USA. In der amerikanischen Öffentlichkeit wuchs die Angst vor einem ,,Fenster der Verwundbarkeit"22, durch das die amerikanischen Raketen der Möglichkeit eines sowjetischen Entwaffnungsschlages ausgesetzt seien. Man wollte also eine Verteidigung der amerikanischen Raketensilos, um die Zweitschlagfähigkeit Amerikas aufrecht zu halten. Mit neuen Technologien, wie zum Beispiel Laser23, wollte man nun das ganze Land und nicht nur die Silos verteidigen. Die nationale Stärke und der nationale Stolz konnten damit zurückgewonnen werden. Durch SDI aber sah die Sowjetunion den ABM Vertrag von 1972 verletzt. Darin war vereinbart worden, dass keine neuen Antiraketensysteme mehr getestet oder eingesetzt werden. Michail Gorbatschow verlangte von den USA, auf die Entwicklung von SDI zu verzichten und beschuldigte Amerika zudem, dass sie einen strategisch-nuklearen Vorteil gegenüber der Sowjetunion und die Möglichkeit eines atomaren Erstschlags wollten. Zudem hätte SDI auch den ,,Outer Space"-Vertrag von 1967 verletzt, welcher verbot, Massenzerstörungswaffen im All einzusetzen oder Waffen im All zu testen. Die sowjetisch-amerikanischen Beziehungen waren geprägt von gegenseitigen Anschuldigungen, Misstrauen und Machtgehabe. Reagan selbst bezeichnete sie als ,,icy"24. Eine richtige Annäherung fand nie statt, war doch der ,,kalte Krieg" noch immer nicht richtig zu Ende. Dies besserte erst, als in der Sowjetunion 1985 Michail Gorbatschow an die Macht kam. Ihn anerkannte Reagan als würdigen Partner. Das erste Treffen zwischen Gorbatschow und Reagan im November 1985 in Genf diente dem gegenseitigen Kennenlernen. Fünf der acht Stunden, die für Gespräche vorgesehen waren, verbrachten die beiden alleine mit ihren Dolmetschern vor einem Kamin in einem Haus


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