Wegesgekriech - Baumgesichten

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Vera Kattler Wegesgekriech Veronika Olma Baumgesichten


Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

© 2014 Vera Kattler, Veronika Olma Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand, Norderstedt ISBN: 978-3-7357-3664-2


Vera Kattler Veronika Olma

Wegesgekriech Baumgesichten

Bildwandern Gemeinsam erkundeten Veronika Olma und Vera Kattler den 17 Kilometer langen König-Albrecht-Weg bei Kaiserslautern. Das vorliegende Buch weist zurück auf diesen Weg, auf Begegnungen im Wald, die in Buchenrinden eingewachsenen Spuren menschlicher Tätigkeit oder bizarres Wurzelwerk. Davon inspiriert schufen die beiden vielfältige Visionen, in planvoller oder intuitiver Umsetzung ihrer Erfahrungen, jede Künstlerin für sich und in der nur ihr eigenen Art und Weise. Die Gestaltungsfreiheit wurde eingeschränkt durch identische Bildträger im Format DIN A 5 sowie den weitgehenden Verzicht auf Buntfarbigkeit. Die Idee zu einem Künstlerbuch entstand, einem Buch ohne Seitenzahl und fortlaufende Handlung. Zur Besichtigung der entstandenen Serien kommen beide Künstlerinnen wieder zusammen, die Bilder werden nebeneinander auf dem Boden ausgebreitet, hier Veras, da Veronikas. Es ist der Ausgangspunkt für eine sinnliche Charade: Nun wandern einzelne Bilder, suchen nach Anschluss, gehen auf Partnersuche. Wer passt zu wem, wo zeigt sich eine „Wahlverwandtschaft“? Dicht an dicht, ohne Berührungsängste, so herum oder besser anders? Den Aktivposten spielte wohl Vera Kattlers „Gekriech“, das es zu den kontemplativeren „Gesichten“ Veronika Olmas zog. Die folgenden Seiten zeigen die Resultate; manche Bilder verweigerten eine Bindung, das musste respektiert werden, daneben finden sich also leere Seiten.


Wegesgekriech: Als dunkle Erscheinung isoliert über den hellen Grund bewegt vereint es zoomorphe mit vegetabilen Assoziationen, wirkt dabei stets beunruhigend präsent. Denn, erst nach einer Weile fällt dies auf, es beäugt uns unaufhörlich, reagiert auf den suchenden Blick des Betrachters, folgt ihm immer aufmerksam, kein Wunder: Seine Augen sind meist nicht paarweise geordnet und damit auf eine Perspektive beschränkt, sondern einzeln auf exponierte oder unscheinbare Stellen verteilt. Von überall her schaut es zurück. Unheimlich im Wortsinne handelt es sich um alerte Natur-Wesen von allerhöchster Lebendigkeit. Sie können sich ausdehnen, nur um gleich wieder in sich zusammenzufallen; die Frage, ob sich damit ein ganzer Lebenszyklus oder nur der Rhythmus eines Atemzuges zu erkennen gibt, bleibt in der Prozesshaftigkeit der Bildentstehung aufgehoben. Vergleichbar damit sind die sichtbaren Prozesse des „Fädenziehens“, „Verflechtens“ oder „Klecksens“, die an das Werk oder die Hinterlassenschaften von Tieren oder Pflanzen erinnern, an Spinnfäden, Verwurzelungen, Pfoten-Abdrücke, Losung oder Aas, an kraftvolles Werden, Wachsen bis zu zerfasernder Auflösung. Immer bleiben diese Spuren aber auch Spuren des intuitiven Malens, welches die Produktivität des Zufalls bewusst mit einbezieht. Entsprechend groß ist die Bandbreite der Empfindungen, die diese Malerei in uns auszulösen vermag. Etwa die Einsamkeit der neugierig mausköpfigen Amphibie, in weiter Leere isoliert; eben hat sie sich erst abgestoßen, zielgerichtet ist ihre Bewegung, noch zieht sie entspannt ihre Bahn, feucht suchend die Augen. Gleich schon, so zeigt auch der einseitig mächtig anschwellende Körperkontur, wird sie abdrehen und verschwinden. Oder sterben, vielleicht nicht, ohne sich zuvor noch zu teilen, ein Stück weit immerhin zu bleiben. Wie im zarten Detail die Pinselführung pulsiert auch die gesamte Figur, von ihr aus wird der ganze Bildraum in Schwingung versetzt und überträgt seinen Rhythmus schließlich über die Bildgrenzen hinaus. Das Helle und das Dunkle sind ins Geschehen eingebunden, in unaufhörlichem Austausch miteinander, als Urkräfte, überall wirksam. Es geht wohl nur um das Vitale, nichts Anorganisches findet in diesen Bildern Platz. Es scheint, als erlebten wir die verletzliche Kreatur bei ihrem Lebenskampf unter Einbuße aller kritischen Distanz als ein Gegenüber und entdeckten uns schließlich im gleichen Kampf verstrickt.


Baumgesichten: Vertrauter erscheinen sie, zeigen den Rückgriff auf vorgefundene Bildwelten, die hier verfremdet werden. Der surreale Charakter der „Gesichten“ beruht so nicht auf einem intuitiven und im Keim informellen Malakt, sondern ist das Resultat bewusster Konfrontation heterogener Bildelemente, die zusammen eine geisterhafte Zwischenwelt beschwören. Doch auch hier ist der Zufall konstitutiv für den Malprozess, so lassen manche Arbeiten an die Grattagen eines Max Ernst denken, indem sie naturhafte oder technoide Strukturen integrieren. Im Zentrum steht jedoch das lichthaft helle, meist träumerisch versunkene Antlitz von Menschen oder witternden Tieren, als sensible malerische Umsetzung fotografischer Porträts. Diese Gesichter werden übergriffen von gestisch gesetzten, markant linearen, schattenhaften Strukturen, ihrerseits Abbilder der Oberfläche von Baumrinden. Als solche sind auch dies Abbilder der Natur. Sie entspringen aber früheren Einwirkungen des Menschen, sind eingekerbte Projektionen seiner mehr oder minder flüchtigen Empfindungen, die Sgrafiti kollektiven Unterbewusstseins. Als drittes tritt hinzu der beide Komponenten umgreifende Grund, dessen Struktur und farbige Anlage für den jeweiligen Ausdruck der Werke essentiell ist. Er integriert die Überblendungen der Realitätsebenen. Zusammen ergibt sich ein „zweites Gesicht“ der Natur, Mensch und Tier sind darin eingewachsen. Von innen her spüren sie, ihrer Sinne bewusst, in die Natur, die eigene, hinein, manchmal lächelnd, immer gedankenvoll. Eine metaphorische Deutung ist denkbar, die rätselhafte Weite der Seele im Wald gut aufgehoben. Dort fehlt es auch keineswegs an Abgründigem, kann Dämonisches wie Märchenhaftes begegnen, die dunkle Seite der Romantik. Traumsequenzen heben die Gesetzte der Schwerkraft auf, Raum und Zeit verschwimmen, heute verschmilzt mit morgen, das ich mit dem anderen: szenische Assoziationen, zur Permanenz des Bildes erhoben.

Bernhard Wehlen
























































































Vera Kattler

geboren 1965 in Wadgassen / Saar 1999 - 2005

Studium der Freien Kunst an der Hochschule der bildenden Künste Saar bei Prof. Bodo Baumgarten und Prof. Daniel Hausig

2005

Diplom (mit Auszeichnung) bei Prof. Daniel Hausig im Fachbereich Mixed Media / Malerei Meisterschülerin von Prof. Daniel Hausig

Auszeichnungen und Stipendien: 2005

Kulturpreis des Stadtverbandes Saarbrücken, 2004 Nominierung zum Kunstpreis Robert Schuman

2008

Förderstipendium der Landeshauptstadt Saarbrücken 2006

2011

Stipendium Künstlerhaus Schloß Wiepersdorf, Brandenburg

2012/13

Artmix 7 Künstleraustausch Saarbrücken/Luxemburg

Arbeiten in öffentlichem Besitz: Ÿ Ministerium für Bildung, Kultur und Wissenschaft des Saarlandes, Landeshauptstadt Saarbrücken


Ausstellungen (Auswahl): 2003

Völklingen, "YTIC" Kunstparcours

2011

2004

Saarbrücken, "SCHWEINE!", Kulturamt (E) Merzig, Museum Schloß Fellenberg "Im Augenblick", Kunstszene Saar (K) Saarbrücken, "Zoom 2004", T-Systems Saarbrücken. (K)

Grosse Kunstausstellung München „tierisch“ (K) Kunstverein Trier, „Das kleine Monströse“ (E) Kunstverein Norden, „Phänomene des Anderen“ (E)

2012

Kunstverein Frechen Kunstverein Wesseling „Wechselbalg“

2005

Saarbrücken, Galerie K4 "Aus der Serie 3" Saarbrücken, "Robert Schuman Kunstpreis" (K)

2013

Kunsthaus Frankenthal, „nahezu menschlich“ (E) Saarart 2013, 10. Landeskunstausstellung (K)

2006

St. Andreasberg, Harz ,12. Kunstausstellung "Natur-Mensch (K) "KochKunst & EssKultur", Prolog zur Bliesgau-Lammwoche, K4 forum (E)

2014

Galerie Melchior, Kassel "weitermalen" mit Gudrun Emmert und Mathias Weis Kunstverein Nordenham, "befremdlich" (E)

2007

Saarbrücken, "Das inszenierte Fenster in der nächtlichen Stadt (K)

2008

Saarbrücken,„Seltsam vertraut“, Kulturamt Saarbrücken, Kulturfoyer (E) Saarbrücken, Saarländisches Künstlerhaus ,„Dein Land macht Kunst“, Landeskunstausstellung (K) Saarbrücken „Artig saraviensis“ Galerie Besch Esch sur Alzette, Luxemburg Videofestival Octobrerouge

2009

St. Wendel, Stadtmuseum St. Wendel “vis-a-vis “

2010

Saarbrücken, Galerie Besch „…was schaut zurück?“ (E) Würzburg, Kulturspeicher „Les Secteurs“ Kunstverein Worms/Schwetzingen, Animal Art (K)


Veronika Olma

3.3.1962 geb. in Beuren an der Aach (Kreis Konstanz) 1982-1988

Studium der Kunst (PH), Germanistik und Kunstgeschichte (TU) in Karlsruhe bei Prof. Dr. Wolfgang Hartmann

1989-1991

Atelier in Offenbach/Frankfurt am Main

1992-1999

Atelier in Le Saulcy/Vogesen (Frankreich) und Karlsruhe

2000-2005

Atelier in Hördt/Südpfalz

seit Mai 2005 „kunstwerkstatt olma“, Atelier in Enkenbach-Alsenborn (bei Kaiserslautern) mit Wolfgang Löster

Mitgliedschaften: seit 2001: BBK Rheinland-Pfalz (Berufsverband Bildender Künstler) seit 2007: Gruppe “ars-palatina“ seit April 2010: Künstlerwerkgemeinschaft Kaiserslautern (KWG) Preise/Auszeichnungen: 1987: 2000: 2006: 2013:

2. Preis Malerei “Circulo de Bellas Artes”, Palma de Mallorca Kunst am Bau: Evangelische Kirche Karlsruhe-Hohenwettersbach. Ausführung nach Wettbewerb 1. Preis Messe “Kunst direkt” Mainz, (Berufsverband Bildender Künstler) 1. Preis Malerei der Stadtsparkasse Kaiserslautern


Ausstellungen (Auswahl): 2000

“relations“, Galerie 10, Karlsruhe (E) Altarbild in der Evangelischen Kirche KarlsruheHohenwettersbach nach Wettbewerb

2003

Galerie ART-isotope, Dortmund (E) BBK-Galerie "Alte Patrone", Mainz

2004

Frank Loebsches Haus, Landau (E) Kunstverein Germersheim (K)

2006

Kunstverein Bretten (E) Kunstdirekt, Kunstmesse Mainz, 1. Messepreis Galerie Uhrturm, Dierdorf Kunstverein „Damianstor“, Bruchsal

2007

GALERIA FLOHR, Santanyi, Mallorca „abtauchen-auftauchen“, Villa Streccius, Landau (K) Erlöserkirche Mainz Kastel (E) Haueisen-Kunstpreis, Jockgrim zeitgleich-zeitzeichen: Die Rückseite des Mondes, BBK Mainz „x mal ich“, Sammlung Westermann, Rastatt

2008

„Interferenzen“, Tuchfabrik Trier, mit „ars-palatina“ (K) „menschpflanzetierplusdinge“, Stadtbibl., Landau (E)

2009

Galerie „Altes Rathaus“ Wörth in Wörth am Rhein ">60", Jubiläumsausstellung des BBK im Kunstverein Germersheim

2010

"reich sein", Walkmühle Wiesbaden c.a.r. Kunstmesse, Zeche Zollverein, Essen "Die Oase als Phänomen", 33. Kunstpreis der Sparkasse Karlsruhe "bildverstehen", DFKI GmbH Kaiserslautern (E) "alles fließt", die 30 Besten, Welde, Plankstadt

2011

one artist show mit Galerie ART-isotope, art Karlsruhe Spiegelungen-Reflexionen, Kunstpreis der Sparkasse KA "Romantik im Waldschlösschen", KWG Kaiserslautern, "Not A Car", Los Angeles Art Association

2012

Kunstmesse art Karlsruhe 2011 mens et animal(s) Galerie ASPEKT, Neustadt/Weinstr.

2013

„Dies ist ein weites Feld“ mit PLAKAT WAND KUNST „Menagerie – Tierschau in der Sammlung Würth, Schwäbisch Hall“ "Großformate", Kunstverein Ladenburg Kunstverein Hilzingen im Hegau "ARTspanner", Galerie Axel Schöber, Dortmund Preisträgerausstellung Stadtsparkasse Kaiserslautern Galerie Bagnato, Konstanz

2014

"Rotkäppchen lügt", Kulturkreis Sulzfeld (E)


Dr. Bernhard Wehlen, Kunsthistoriker

1966 geboren in Saarbrücken, Studium der Kunstgeschichte, Klassischen Archäologie und Vorderasiatischen Archäologie, Dissertation „Antrieb und Entschluss zu dem, was geschieht: Studien zur Medici-Galerie von Peter Paul Rubens“ Seit 2004 tätig in der Kunstvermittlung, Lehrbeauftragter an der Universität des Saarlandes



Texte: Bernhard Wehlen, Saarbrücken

Fotografie: Thomas Brenner, Kaiserslautern

verakattler.blogspot.de

Gestaltung/Digitalsatz: Wolfgang Löster, Enkenbach-Alsenborn

Bezug: Bei den Autorinnen und im Buchhandel

www.olma.de

© 2014 Vera Kattler, Veronika Olma Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand, Norderstedt ISBN: 978-3-7357-3664-2


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