[Umrisse] 1.2016

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Mobilitätspyramide 2010: »Stockwerksflächen« gleich Zeitanteil © Netzwerk Slowmotion/Ingrid Schorn

Der Aktive-Mobilität-Index

Das Fundament dieser Pyramide ist die aktive Mobilität, die Fortbewegung aus eigener Körperkraft. Dazu kommt die passive Mobilität mit technischen Verkehrsmitteln, angetrieben durch Fremdenergie, wobei hier nach Entfernungsbereichen differenziert wird. Um einen genügend hohen Anteil für die gesundheitsfördernde aktive Mobilität verfügbar zu haben, wird empfohlen, mindestens gut die Hälfte des Zeitbudgets für die aktive Mobilität zu nutzen. Die Mobilitätspyramide ist ein Idealbild und keine feste Norm. Die Realisierungsbedingungen für den Einzelnen sind auch recht unterschiedlich. Aber die konkreten Erfahrungen mit ihrer Verwendung zeigen, dass sie auf Anhieb intuitiv verständlich ist. Sie lässt sich für das persönliche individuelle Mobilitätsverhalten genauso einsetzen wie für Planungszwecke, für politische Gestaltungsdebatten in Kommunen zudem ebenso wie für das Aufbrechen der alten »fossilen Landkarten« im Kopf.

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Dem Bekanntheitsgrad der Ernährungspyramiden steht der häufig damit in Zusammenhang gebrachte Body-Mass-Index (BMI) in nichts nach. In öffentlichen Debatten um die Folgen von Übergewicht und Bewegungsarmut, gerade bei Kindern und Jugendlichen, wird das besonders deutlich. Auch das haben wir uns zunutze gemacht für die Popularisierung der Mobilitätswende. Zur aktiven Mobilität haben wir also den Aktive-Mobilität-Index (AMI) gebildet: Der AMI entspricht dem Anteil der aktiven Mobilität aus eigener Körperkraft am gesamten Zeitbudget mit Werten zwischen 0 % und 100 %. Ein niedriger Wert nahe null sollte hier Anlass zur Sorge und zum Nachdenken geben – einerseits für den Einzelnen, wie das Zufußgehen und Radfahren im Alltag zur Gewohnheit werden kann, und andererseits für politisch und planerisch Verantwortliche, inwieweit Quartiere, Siedlungen, Gemeinden und Städte so umgestaltet und weiterentwickelt werden können, dass sie aktive Mobilität fördern.

Neuausrichtung der Politik Mobilitätspyramide und Aktive-MobilitätIndex bestimmen die Richtung für die Mobilitätswende: die Weiterentwicklung der bisherigen fossilen Verkehrspolitik, die auf Aspekte der Technik und Infrastruktur konzentriert ist, zu einer an den Menschen orientierten, postfossilen Mobilitätspolitik. Ein großes Hindernis gilt es dabei zu überwinden, und zwar das gut etablierte Paradigma vom nicht motorisierten Verkehr, englisch non-motorized transport (NMT). Unverändert prägend ist es selbst in Kreisen, die sich für die Förderung von Zufußgehen, Radfahren, öffentlichen Räumen und lebendigen Städten einsetzen – ob politisch, als Planerinnen und Planer oder im zivilgesellschaftlichen Engagement. Das heißt, NMT wird hier negativ definiert durch das, was ihm fehlt, nämlich der Motor.

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