Einfach schreiben

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Verlag Fuchs Beat Knaus

Einfach schreiben Deutsch am Gymnasium 2



Inhaltsverzeichnis

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Inhaltsverzeichnis 1. Voraussetzungen 1.1  Die Irrtümer 1.2  Dimensionen des Schreibens –– Ich-Dimension –– Du-Dimension –– Inhalt-Dimension –– Form-Dimension 1.3  Der Schreibprozess –– Erste Phase: Ideen sammeln –– Zweite Phase: Entwerfen, strukturieren –– Dritte Phase: Rohtext schreiben –– Vierte Phase: Überarbeiten –– Fünfte Phase: Korrigieren 1.4  Die Hilfsmittel –– Schreiben von Hand –– Schreiben am Computer –– Recherchieren mit dem Computer –– Wörterbücher

10 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 23 24 25 26

28 29 30 31 32 33 34 35 36

3. Textsorten 3.1  Einführung in die Textsorten 3.2  Grundtechniken –– Beschreiben –– Schildern –– Zitieren –– Thesen bilden –– Argumentieren 3.3  Textsorten der Wissenschaft –– Mitschrift –– Definition –– Zusammenfassung –– Inhaltsangabe –– Abstract –– Thesenpapier –– Erörterung –– Essay –– Lektüretagebuch 3.4  Textsorten der Medien –– Meldung / Nachricht –– Bericht –– Kommentar –– Porträt

64 66 68 69 70 71 72 73 74 75 76 78 80 82 84 86 87 88 90

4. Überarbeitung

2. Inspirationstechniken –– Écriture automatique –– Domino –– Tagebuch –– Blog / Weblog –– Clustering –– Mindmap –– Methode 635 –– Provokationstechnik –– Visualisierung

–– Interview –– Reportage –– Glosse –– Kolumne –– Rezension –– Klappentext –– Leserbrief –– Medienmitteilung –– Werbeanzeige –– Hypertext 3.5  Textsorten in Beruf und Alltag –– Geschäftsbrief –– E-Mail –– Lebenslauf –– Bewerbungsschreiben –– Gesuch –– Rapport –– Protokoll –– Gebrauchsanleitung  /  Tutorial

38 39 40 41 42 44 45 46 48 49 50 51 52 53 54 56 57 58 60 61 62 63

–– Überarbeiten –– Überarbeitung des Inhalts –– Überarbeitung des Zusammenhalts –– Überprüfung der Kohärenz –– Überprüfung der Kohäsion –– Stilebenen –– Prägnanz –– Einfachheit –– Rhetorische Figuren –– Sprachrichtigkeit –– Layout

92 93 94 95 96 98 99 100 101 102 104

5. Wissenschaftliche Arbeiten –– Formen wissenschaftlicher Arbeiten –– Rahmenbedingungen –– Fragestellung –– Arbeitstagebuch / Journal –– Vertrag –– Untersuchung –– Schreiben –– Fertig stellen

106 107 108 110 111 113 114 116

6. Anhang –– Regeln für eine einfache Sprache –– Schreibblockaden –– Checkliste Quellenverzeichnis –– Musterseite –– Übersichten Textsorten –– Literaturverzeichnis

Sachregister

118 120 121 122 123 126

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Inhaltsverzeichnis «Einfach schreiben»

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Warum das Buch «Einfach schreiben» heisst Dieses Buch ist ein Arbeitsbuch. Es führt Schritt für Schritt in die Grundlagen des Schreibens ein. Schreiben lernt man am besten schreibend. Deswegen ist dieses Buch eine Anleitung, eigene Texte zu verfassen. Bald werden Sie über eine Sammlung eigener Texte verfügen. Der Titel dieses Lehrmittels ist doppeldeutig. Einfach schreiben kann zweierlei heissen, je nach Betonung.

Einfach schreiben Zögern Sie nicht, mit dem Schreiben zu beginnen. Schreiben ist nicht ganz einfach. Aber es wird viel einfacher, wenn Sie einfach anfangen. Dieses Buch hilft Ihnen, schnell einen Anfang zu finden. Sie lernen Techniken kennen, die Sie inspirieren und Ihnen zeigen, wie lustvoll Schreiben ist.

Einfach schreiben Mit dem ersten Wurf ist es natürlich nicht getan. Nachdem Sie einfach geschrieben haben, müssen Sie also den Text so überarbeiten, dass er einfach geschrieben wirkt. Das vierte Kapitel dieses Lehrbuchs zeigt Ihnen die Verfahren, wie Sie Ihren Rohtext Schritt für Schritt veredeln.

Die beiden Grundfehler Es gibt zwei Grundfehler, auf die die meisten Schreibprobleme und Schwachstellen in Texten zurückzuführen sind. 1. F ehler: Nicht anfangen Lösung: Zu Beginn soll man sich nicht selber zensurieren, sondern das Schreiben einfach fliessen lassen. Das heisst: viel Text, wenig Kontrolle. 2. F ehler: Nicht überarbeiten Lösung: Man überarbeitet das Geschriebene konsequent und systematisch; das heisst: die geschriebene Textmenge nimmt ab proportional zur Überprüfung des Textes.

Maximum Textmenge

Kontrolle Minimum

Schreibprozess

Der Schreibprozess verläuft optimal, wenn sich das Verhältnis zwischen Textmenge und Kontrolle im Verlauf des Schreibens umkehrt. Konkret: Zuerst schreiben Sie sich möglichst alles aus dem Kopf, was Sie zu sagen haben. Danach überarbeiten Sie Ihren Rohtext. Zögern Sie nicht, Textblöcke zu streichen, zu kürzen, Sätze umzustellen, Wörter zu ersetzen.


Inhaltsverzeichnis Verwendung des Buches

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Wie Sie das Buch verwenden können Schreiben ist eine individuelle Tätigkeit. So verschieden unsere Schreibtechniken, so verschieden sind unsere Bedürfnisse nach Verbesserung. Deshalb lässt sich das Lehrmittel in unterschiedlichen Lernsituationen verwenden. –– Selbststudium: Sie bearbeiten selbständig einzelne Themen, z. B. zur Vorbereitung einer Aufnahme- oder Abschlussprüfung, und erproben Ihr Wissen in praxisorientierten Aufgaben. –– Unterricht: Sie beschäftigen sich mit einzelnen Arbeitsblättern oder ganzen Kapiteln als Ergänzung oder Vertiefung des Unterrichts. –– Nachschlagewerk: Sie schlagen im Sachwortregister nach, wenn Sie mehr über eine Textsorte oder ein bestimmtes Thema erfahren wollen.

Die Anwendungsmöglichkeiten Sie können «Einfach schreiben» vielseitig einsetzen: –– Sie arbeiten gezielt an Schwächen und bauen Stärken aus (z. B. Techniken gegen Schreibblockaden, Kapitel 2 und S. 120). –– Sie erarbeiten die Grundlagen Ihrer Schreibtechnik (Kapitel 3.2). –– Sie vertiefen Ihre Schreibfähigkeiten in einzelnen Anwendungsbereichen (z. B. journalistische Textsorten, Kapitel 3.4). –– Sie repetieren und bereiten eine Prüfung vor (z. B. mit den Übersichten S. 123 ff. oder dem Sachregister S. 127 f.). –– Sie arbeiten den ganzen Lehrgang systematisch durch.

Schreibhefte Sammeln Sie die zu schreibenden Texte in Heften, sogenannten Schreibheften. Alter­nativ können Sie die Texte am Computer schreiben, ausdrucken und zu Dossiers zusammenstellen.

Die stufenweise Bearbeitung In der Praxis hat sich bewährt, die einzelnen Kapitel des Lehrmittels stufenweise zu bearbeiten. Dies kann z. B. so aussehen: 1. Jahr

–– Voraussetzungen –– Inspirationstechniken –– einfachere Textsorten der Wissenschaften (Markieren, Exzerpt, Mitschrift, Zusammenfassung, Inhaltsangabe) –– Texte sorgfältig überarbeiten

2. Jahr

–– Komplexere Textsorten der Wissenschaften –– Textsorten der Medien –– Textsorten aus Beruf und Alltag

3. Jahr

Wissenschaftliches Arbeiten


Verwendung des Buches

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Varianten zur Erarbeitung dieses Buches 4 Module

Schreibheft 1: Basis-Textsorten für die Schule –– Clustering –– Domino –– Beschreibung –– Schilderung –– Zitieren –– Thesen bilden –– Argumentieren

–– Markieren –– Mitschrift –– Definition –– Zusammenfassung –– Inhaltsangabe –– Erörterung –– Lektüretagebuch

Schreibheft 2: Kommunikative Textsorten –– Provokationstechnik –– Blog –– Methode 635 –– Meldung –– Bericht –– Porträt

–– Reportage –– Kommentar –– Glosse –– Kolumne –– Klappentext –– Gebrauchsanweisung

Schreibheft 3: Wissenschaftliche Textsorten –– Mindmap –– Exzerpt –– Visualisierung –– Tagebuch –– Abstract –– Thesenpapier –– Essay

–– Interview –– Rezension –– Protokoll –– Rapport –– Bildlegende –– Arbeitsjournal

Schreibheft 4: Textsorten für den Übergang in den Beruf –– Leserbrief –– Medienmitteilung –– Werbetext –– Hypertext –– Geschäftsbrief

–– E-Mail –– Lebenslauf –– Bewerbungsschreiben –– Arbeitszeugnis



1. Voraussetzungen


1.1 Die Irrtümer

10

1.1 Die Irrtümer Motivation

Theorie

Schreibprozess

Hilfsmittel

Nur Anfänger sind zufrieden damit, was sie auf Anhieb zu Papier gebracht haben. Alle anderen sind selten zufrieden mit ihren Texten, ringen oft nach dem richtigen Wort, haben Mühe, ihre Ideen aufs Papier zu bringen. Auch Profis haben mit diesen Problemen zu kämpfen. Selbstkritik, Formulierungsschwierigkeiten und überschäumende Ideen sind allerdings positive Kräfte, die das Schreiben sogar beflügeln können.

Die Irrtümer 1. «Schreiben kann man nicht lernen. Man kann es oder man kann es nicht.» Falsch: Wie jedes andere Handwerk können Sie sich das Handwerk des Schreibens aneignen. Mit «Einfach schreiben» lernen Sie Schritt für Schritt die wichtigsten Schreibtechniken kennen und anwenden. 2. « Schreiben muss man nicht unbedingt können.» Falsch: Die Fähigkeit, gut zu schreiben, brauchen Sie überall: im Fach Deutsch und in allen anderen Fächern, im Studium und im Beruf, für andere und für sich selbst. «Einfach schreiben» zeigt Ihnen die praktischen Anwendungsgebiete des Schreibens und führt Sie in die wichtigsten Textsorten ein. 3. «Schreiben lernen ist eine theoretische Sache.» Falsch: Schreiben lernt man, indem man schreibt. Übung macht den Meister, nicht Theorie allein. Durch praxisorientierte Aufgaben können Sie Ihre Kenntnisse erproben und werden immer sicherer im Umgang mit Texten. 4. «Profis fällt das Schreiben leicht.» Falsch: Auch professionelle Schreiberinnen und Schreiber schütteln gute Texte nicht aus dem Ärmel. Der Literatur-Nobelpreisträger Thomas Mann sagte gar: «Ein Schriftsteller ist ein Mensch, dem das Schreiben schwerer fällt als allen anderen Leuten.» 5. «Schreiben können heisst, Aufsätze schreiben zu können.» Falsch: In den einzelnen Anwendungsgebieten gibt es viele unterschiedliche Arten von Texten. Der Aufsatz ist nur eine Art davon. 6. «Wer keine Rechtschreibe- und Kommafehler macht, kann gut schreiben.» Falsch: Es ist wichtig, die Regeln der Sprachrichtigkeit zu beherrschen. Deshalb lernen Sie, den Text sorgfältig zu überarbeiten und dabei auch auf die Sprachrichtigkeit zu achten. Aber Sie lernen auch, dass zum Schreiben noch viel mehr gehört als das Vermeiden von Fehlern. 7. «Schreiben geschieht in einem Zug.» Falsch: Schreiben ist ein Prozess. Mehrere Arbeitsschritte folgen aufeinander: Man sammelt, entwirft, schreibt einen Rohtext, überarbeitet und korrigiert ihn. 8. «Die grossen Vorbilder sind unerreichbar.» Falsch: Schreiben lernen Sie auch beim Lesen. Wie viele andere Tätigkeiten können Sie das Schreiben am besten durch Nachahmung optimieren. Kurze Mustertexte von Profis und Arbeiten von Studierenden zeigen, wie es geht.


1.1 Die Irrtümer

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9. «Ein einfacher Text ist einfach zu schreiben.» Falsch: Einfach schreiben ist schwierig. Die erste Formulierung ist selten einfach. Einfachheit muss hergestellt werden, indem Sie am Wort, am Satz, am Text arbeiten. Wenn Sie sich nicht um jeden Satz bemühen, quälen Sie Ihre Leserinnen und Leser. 10. « Wissenschaftliches Schreiben muss man erst an der Uni beherrschen.» Falsch: Das Studium setzt Schreibfähigkeiten voraus. Dazu kommt, dass alle Schweizer Mittelschülerinnen und -schüler eine Maturitätsarbeit verfassen müssen, die wissenschaftlichen Kriterien entspricht. Wissenschaftliches Schreiben ist zwar anspruchsvoll, aber lernbar. 11. «Schreiben ist eine ernste, mühsame Angelegenheit.» Falsch: Schreiben macht Vergnügen, wenn man es unter den richtigen Rahmenbedingungen betreibt. Es ist wie beim Sport: Je intensiver man ihn betreibt, umso mehr Spass macht er. 12. «Es gibt eine allgemeine, für alle Schreibenden verbindliche Schreibtechnik.» Falsch: Wir sind alle verschieden. Entsprechend schreibt jede und jeder von uns anders. Zwar gibt es nützliche Rezepte, die in den meisten Situationen helfen. Neben allgemeinen Techniken müssen Sie sich aber selber eine individuelle Palette von Strategien und Gewohnheiten aneignen.


1.2 Dimensionen des Schreibens

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1.2 Dimensionen des Schreibens Lesetechniken

SQ3R

Motivation

Notizen

Markieren

Theorie

Abstracts

Schreibprozess

Hilfsmittel

Schreiben ist ein Werkzeug, das verschiedene Zwecke erfüllt. Vier Funktionen schriftlicher Texte lassen sich unterscheiden: Ausdruck, Appell, Darstellung und Ästhetik (Form). In jedem Text sind grundsätzlich alle vier Funktionen enthalten, wobei einzelne mehr oder weniger dominieren. Die vier Funktionen können vier Dimensionen des Textes zugeordnet werden: Ich, Du, Inhalt und Form. Ich Ausdruck

Inhalt

Darstellung

Kernaussage

Ästhetik

Form

Appell

Du

Die Funktionen des Schreibens Im Folgenden werden die einzelnen Funktionen des Schreibens kurz vorgestellt und anhand einschlägiger Fragen konkretisiert: Ausdruck Hinter dem Text steht eine Person mit bestimmten Beweggründen, Meinungen und Gefühlen. Ob und wie diese subjektiven Elemente mitgeteilt werden können, hängt auch von der Textsorte ab. –– Wieso schreibe ich? Was motiviert mich, den Text zu verfassen? –– Welche Meinung habe ich zum Mitgeteilten? Appell Texte werden für Leserinnen und Leser geschrieben. Der Zweck eines Textes ist in der Regel dann erfüllt, wenn die Erwartungen der Lesenden erfüllt werden bzw. wenn der Text die erwartete Wirkung auf sie hat. –– Was erwarten die Lesenden? Was erwarten sie nicht? –– Zu welcher Handlung oder Haltung will ich die Lesenden bewegen? Darstellung In einem Text stellt man einen Gegenstand oder Sachverhalt dar. Je interessanter der Inhalt für die Lesenden ist, je klarer er dargestellt wird, umso besser ist die Qualität des Textes. –– Was sind die zentralen Aussagen? Was muss ich weglassen? –– Welche Reihenfolge ist dem Gegenstand angemessen? Ästhetik Abhängig von der Textsorte, dem Anliegen und dem Inhalt ist die Formulierung des Textes. –– Welche sprachlichen Besonderheiten muss ich beachten (Stilebene)? –– Welches ist das treffende Wort? –– Wie führe ich die Lesenden durch den Text? Wie baue ich ihn sinnvoll auf? Wie schreibe ich das, was ich sagen will, so, dass die Lesenden mein Anliegen verstehen? ➔M ehr Informationen zur Schreibkommunikation finden Sie im Band «Sprache und Kommunikation». Deutsch am Gymnasium 1, S. 127–129.


1.2 Dimensionen des Schreibens

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Ich-Dimension Motivation

Schreibprozess

Theorie

Hilfsmittel

Nicht alles, was uns durch den Kopf geht, lohnt, niedergeschrieben zu werden. Wir müssen auswählen, planen, anordnen, formulieren usw. Wir schreiben für ein Publikum, also ist es unerlässlich, dass wir uns in die Lage der Lesenden versetzen.

Die kontrollierte Subjektivität Schreiben bedeutet, die eigene Subjektivität zu kontrollieren. Wir müssen genau abklären, ob die verwendete Textsorte und die konkrete Kommunikationssituation es zulassen, dass wir unsere Meinungen kundtun. Die meisten dieser Meinungen, insbesondere die eigene Haltung zum Inhalt des Geschriebenen, werden in der Endfassung des Textes nicht mehr aufscheinen.

Die eigene Motivation kennen

Notizen Lesetechniken SQ3R Markieren Es gibt viele Gründe, die uns zum Schreiben motivieren. Zwei grundsätzlich verAbstracts schiedene Arten von Beweggründen lassen sich unterscheiden: Äussere Gründe

Innere Gründe

Auftrag, Termin, u.ä.

Gefühle, Anliegen, u.ä.

Je genauer Sie Bescheid wissen über Ihre Gründe, umso zielstrebiger und besser werden Sie schreiben. Das Schreibtagebuch (siehe unten) kann Ihnen dabei helfen. Zu jeder der vier Dimensionen des Schreibens nehmen wir eine bestimmte Haltung ein: – Was ist mein Anliegen? – Zu welchem Zweck schreibe ich?

Ich

Inhalt – Wie stehe ich zum Inhalt? – Weshalb schreibe ich? – Was interessiert mich daran?

Form Du

– Wie gut beherrsche ich diese Form? – Was sind die Anforderungen der Textsorte?

– Wer liest den Text? – Wie stehe ich den Lesenden gegenüber?

Die Ich-Dimension des Schreibens verlangt: Ich bin mir darüber klar, was und warum ich schreiben will.

Das Schreibtagebuch Es empfiehlt sich, parallel zum eigentlichen Text ein Schreibtagebuch zu führen. Dar­ in gibt man sich Rechenschaft darüber, was einem beim Schreiben durch den Kopf geht. Besonders fruchtbar ist dies bei Texten, mit denen man zu «kämpfen» hat. So hat man ein Ventil, um «Dampf abzulassen». Das Schreibtagebuch kann man in einem separaten Heft führen oder in einer eigenen Spalte neben dem Haupttext.



2. Inspirationstechniken


2. Inspirationstechniken

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Écriture automatique Anforderung

einfach loslegen

Dimension

ich

Länge

mindestens 5 Minuten

Zielpublikum

ich

Zweck

Schreibideen finden

Verwandt mit

Clustering, Mindmap

Inhalt

Écriture automatique nennt man das Schreiben frei von Zwängen, ohne Reflexion. Fliessen lassen, nicht anhalten, nicht kontrollieren – unter diesem Motto lässt man der Schreibbewegung freien Lauf. Regeln, Logik und Sprachrichtigkeit sind dabei zweitrangig. So kann man möglichst viel sprachliches und gedankliches Rohmaterial produzieren. In der Sammlungsphase ist die Écriture automatique ein ausgezeichnetes Mittel, um schreibend auf Ideen zu kommen oder diese zu verfeinern.

Anleitung Vorbereitung

–– Gehen Sie aus von einem Stichwort (oder Reizwort, Zitat, Bild). –– Reservieren Sie einen Zeitraum von mindestens 10 Minuten.

Umsetzung

–– Schreiben Sie schnell bzw. so schnell wie möglich alles, was Ihnen zum gegebenen Input in den Sinn bzw. in den Stift kommt. –– Unterbrechen Sie den Schreibprozess nie. Unterlassen Sie es insbesondere, bereits Geschriebenes zu lesen oder gar zu korrigieren. –– Falls Sie nicht mehr weiterwissen, wiederholen Sie das letzte Wort, bis wieder neue Wörter und Gedanken kommen.

Check Inhalt

Form

 Ideen produzieren

 Schreibprozess nie unterbrechen  so viel wie möglich schreiben  nicht kontrollieren

Beispiel Écriture automatique zum Stichwort ICH Ich, ich du er sie ich will ich sehe ich bleibe ich war oder werde sein ich, Pronomen mit drei Buchstaben, nie am Satzanfang! ich immer klien ist ja trotzdem immer im zentrum auch wenns nicht am statzanfang steht, ich je, i, eye? ich mein auge, dann müsste Auge

ja plural sein.. weshalb ist ich die erste person? wieso ist du nur die zweite? weshalb ist das in allen sprachen so? internatinales abkommen, dass ich ich die wichtigste grammatikalische zeit ist?

(Formfehler des Originals nicht korrigiert)

Aufgabe Schreiben Sie während 10 Minuten eine Écriture automatique zum Thema: Mein Traum.


2. Inspirationstechniken

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Domino Anforderung

einfach loslegen

Dimension

ich

Länge

mehr als eine halbe Seite

Zielpublikum

ich

Zweck

flüssig schreiben lernen

Verwandt mit

Écriture automatique, Clustering

Inhalt

Beim Domino-Schreiben produziert man Text nach dem sogenannten Domino-Effekt. Wie die Steine im Spiel einander gegenseitig beeinflussen, löst auch das Schreiben eine Kettenreaktion aus: Ein Satz ergibt den anderen gleichsam von selbst. Auf diese Weise gelangen Sie von einem Ausgangssatz fast automatisch zu neuen Erkenntnissen.

Anleitung Vorbereitung

Wählen Sie als Ausgangspunkt einen Hauptsatz.

Umsetzung

–– Schreiben Sie nach dem unten stehenden Musterbeispiel durchweg zweiteilige Sätze, z. B. Satzgefüge mit zwei durch eine Konjunktion verbundenen Hauptsätzen: Der erste Teil des folgenden Satzes muss dabei immer mehr oder weniger mit dem zweiten Teil des vorangegangenen Satzes übereinstimmen (siehe Beispiel unten). –– Schreiben Sie schnell und überlegen Sie nicht lange. Achten Sie weniger auf die Bedeutung als darauf, dass Sie die Domino-Regel einhalten.

Check Inhalt

Form

 inhaltlich zusammenhängend

 konsequent zweigliedrige Sätze  flüssiger Textverlauf

Beispiel Schreiben beginnt mit einem Wort, einem Satz. Mit einem Wort und einem Satz beginnt es und geht immer weiter. Weiter und weiter reiht sich ein Wort an das andere, geht von Satz zu Satz. Mit einem Satz springt das Schreiben plötzlich über seinen Schatten, es macht sich selbständig. Ständig entstehen so neue Bedeutungen, weil sich die Sätze untereinander befruchten und dabei Neues entstehen lassen. Neues, das unerwartet ist, Neues, das von keinem Kopf je gedacht wurde. Gedacht wurde es vom Papier, von den Wörtern, die miteinander ins Gespräch kommen. Doch ins Gespräch kommen nicht nur die Wörter untereinander, auch der Schreiber kommt mit den Wörtern ins Gespräch. Er kommt mit den Wörtern ins Gespräch und damit mit sich und der Welt.

Aufgabe Schreiben Sie während 10 Minuten einen Domino-Text zum Satz: Ich schreibe, also bin ich. Mit der Domino-Methode lässt sich die sprachliche Verknüpfung (Kohäsion; siehe S. 96 f.) einüben.



3. Textsorten


3.1 Einführung in die Textsorten

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3.1 Einführung in die Textsorten Schreiben ist eine Form der Kommunikation. Wir richten uns mit einem bestimmten Schreibmedium an ein konkretes Lesepublikum in einem gegebenen Kontext. Die Kommunikationssituation wird durch die drei Grössen Adressat, Kontext und Medium charakterisiert.

Die Einflussfaktoren Noch konkreter bestimmt wird die Kommunikationssituation durch drei Einflussfaktoren: die Absicht des Schreibenden, die Erwartungen der Adressaten und die Umstände, unter denen der Text gelesen wird.

Textsorten Im Lauf der Zeit haben sich für immer wiederkehrende Kommunikationssituationen bestimmte Textsorten eingebürgert. –– Textsorten sind Muster für sprachliche Handlungen. –– Jede Textsorte verfügt über bestimmte formale Merkmale. –– Verschiedene Textsorten unterscheiden sich voneinander in ihrer kommunikativen Funktion. Dies lässt sich etwa am Beispiel der Textsorte SMS wie folgt demonstrieren: 1. Adressatin / Adressat: Angesprochen ist eine Person, deren Mobiltelefonnummer man kennt, oft eine Freundin, ein naher Bekannter. Entsprechend kann man Persönliches mitteilen, Dialekt statt Standardsprache benutzen usw. 2. Kontext: Der Inhalt der versandten Mitteilung ist meist kurzfristiger Natur. Man geht davon aus, dass der Adressat die Mitteilung sogleich erhält und in absehbarer Zeit beantwortet. 3. Medium: Die Kürze der Nachricht ist technisch bedingt. Man muss sich also auf das Wesentlichste beschränken: Man lässt Anreden weg, verwendet Abkürzungen, Emoticons und Kurzsätze.

Rezepte Für die einzelnen Textsorten gelten mehr oder weniger klar definierte Regeln. Im Falle der relativ jungen Textsorte SMS haben sich diese (noch) nicht etabliert. Anders sieht es bei der Mehrheit der übrigen Textsorten aus. Wer sich hier nicht an bestimmte Regeln hält, wird den Erwartungen nicht gerecht werden und entsprechend wenig Erfolg haben. Die Regeln für die Textsortenproduktion kann man mit Rezepten vergleichen. So ist der vorliegende Lehrgang gewissermassen ein «Kochbuch» für Texte.


3.2 Grundtechniken

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3.2 Grundtechniken Gewisse Grundformen des Schreibens wiederholen sich in vielen Textsorten, etwa das Schildern, die Beschreibung oder das Argumentieren. Sie werden hier vorweg als Grundtechniken eingeführt, auf denen andere Textsorten aufbauen. So basiert ­beispielsweise der Kommentar auf der Argumentation, der Bericht auf der Schilderung, das Abstract auf der Bildung von Thesen.

Die Grundtechniken Grundtechnik

Textsorten

beschreiben

Definition; Meldung; Bericht; Repor­ tage; Bildlegende; Gebrauchsanleitung

schildern

Bericht; Porträt; Reportage. Ausserdem: literarische Texte

zitieren

Erörterung; Essay; Interview; Repor­ tage; Protokoll

Thesen bilden

Definition; Abstract; Thesenpapier; Leserbrief

argumentieren

Erörterung; Essay; Kommentar; Glos­ se / Kolumne; Rezension; Bewerbungs­ schreiben; Gesuch

Schreiben im Lehrwerk «Deutsch am Gymnasium» Das Lehrwerk «Deutsch am Gymnasium» behandelt das Schreiben von Sachtexten und von literarischen Texten gesondert. Band 2, «Einfach schreiben», gibt Anleitungen zum Verfassen von Sachtexten. Band 4, «Wege zur Literatur», führt über eigene literarische Versuche ein in ein vertieftes Verständnis von Literatur. Sachtexte schreiben

Schreibend literarische Texte verstehen

–– Inhaltsangaben –– Zeitungsartikel –– Gebrauchsanleitung –– Protokoll –– usw.

–– Drama –– Lyrik –– Aphorismus –– Erzählung –– usw.

Deutsch am Gymnasium 2 «Einfach schreiben»

Deutsch am Gymnasium 4 «Wege zur Literatur»


3.2 Grundtechniken

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Beschreiben Eine Beschreibung kann man mit der Abbildung eines Gegenstands vergleichen. Eine Sache oder ein Sachverhalt soll objektiv so genau wiedergegeben werden, dass die Lesenden eine möglichst exakte Vorstellung davon erhalten. Zu diesem Zweck muss man gut beobachten und diese Beobachtung anschaulich darstellen. Eigene Empfindungen und Meinungen bleiben dabei ausgeklammert. Die Beschreibung ist eine Grundform des Schreibens, die in verschiedenen Textsorten angewendet wird.

Anleitung Vorbereitung

–– Sammeln Sie möglichst viele eindeutige Identifikationsmerkmale des Gegenstands. –– Beziehen Sie unterschiedliche Sinnesebenen in Ihre Beobachtung ein.

Umsetzung

–– Beschreiben Sie mit einfachen, anschaulichen Worten (z. B. aussagekräftige Adjektive, Vergleiche). Verwenden Sie nur möglichst präzise Adjektive. Seien Sie prinzipiell zurückhaltend mit dem Einsatz von Adjektiven. –– Bleiben Sie objektiv und vermeiden Sie Vermutungen. –– Verwenden Sie Präsens.

Check M it Hilfe der Beschreibung liesse sich eine Zeichnung anfertigen, die mit dem Gegenstand übereinstimmt

 Präsens  übersichtlich  knapp und nicht blumig

Beispiel Die Scheibe mit 12 Zentimetern Durchmesser und einem Loch in der Mitte besteht zur Hauptsache aus Polycarbonat, einem Kunststoff. Sie glänzt auf beiden Seiten, sodass man sich spiegeln kann. Sie ist fast unzerstörbar. Einzig Kratzer auf der Un­ terseite der Scheibe, mit einem Metallgegenstand zugefügt, verträgt sie nicht. Sie sollte auch nicht gebogen werden. Die Oberseite kann mit einem wasserfesten Filzstift beschriftet oder mit einem sogenannten Label bedruckt werden. Die be­ schriebenen Scheiben werden sowohl als Musikträger als auch als Datenträger für den Computer eingesetzt.

Aufgaben 1. Fertigen Sie eine Beschreibung Ihres Zimmers an. Legen Sie eine Fotografie Ihres Zimmers bei. 2. Verfassen Sie eine Beschreibung eines Spielzeugs oder eines Kleidungsstücks, ohne dessen Namen zu nennen. Lassen Sie andere rätseln, was Sie beschrieben haben. 3. Beschreiben Sie Ihren Traumort. Lassen Sie jemanden diesen Ort nach Ihrer Beschreibung zeichnen und überprüfen Sie, ob das Bild mit Ihrer Vorstellung übereinstimmt.


3.2 Grundtechniken

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Schildern Eine Schilderung ist ein mit Worten gezeichnetes Stimmungsbild. Eine Situation wird in Grossaufnahme dargestellt. Anders als bei einer Beschreibung fliessen auch persönliche Eindrücke und Empfindungen in den Text ein. Schilderungen in Romanen oder Erzählungen ermöglichen den Lesenden, Erzähltes nachzuerleben und sich in eine Situation oder in eine Stimmung hineinzuversetzen.

Anleitung Vorbereitung

–– Beobachten Sie möglichst genau die Situation, die Sie schildern wollen. –– Beziehen Sie unterschiedliche Sinnesebenen in Ihre Beobachtung ein.

Umsetzung

–– Stellen Sie die Stimmung, wie sie auf Sie persönlich wirkt, in den Vordergrund. –– Verwenden Sie – mehr als bei allen übrigen Textsorten – Adjektive und Verben, die bestimmte Sinneseindrücke vermitteln: Wie fühlt sich etwas an, wie klingt es, welche Erinnerungen weckt es usw. –– Verwenden Sie Präteritum. Für eine lebendigere Wirkung kann man auf das Präsens ausweichen. –– Gut geeignet für die Schilderung sind Vergleiche: … wie … ; … als wäre …

Check  Stimmungen wiedergeben  Vergleiche anstellen

V erben und Adjektive, die Sinnes­ eindrücke wiedergeben

Beispiel Der schwere Wagen ratterte über die Strassen mit einer wütenden Wucht, wie es Mendel Singer schien, als wäre es seine Absicht, Stein und Asphalt für ewige Zeiten zu zertrümmern und die Fundamente der Häuser zu erschüttern. Der lederne Sitz brannte unter Mendels Körper, wie ein heisser Ofen. Die wahnsinnige Eile, in der sie jetzt dahinrasten, weckte zwar einen Wind, aber es war ein heisser Wind, der feurige Atem der Hölle. Statt zu kühlen, glühte er. Der Wind setzte sich zusammen aus einem schrillen Klingeln von hundert unsichtbaren Glocken, aus dem gefähr­ lichen, metallenen Dröhnen der Bahnen, aus dem tutenden Rufen unzähliger Trom­ peten, aus dem flehentlichen Kreischen der Schienen an den Kurven der Streets. Er roch den scharfen Teer aus dem schmelzenden Asphalt, den trockenen und spröden Staub in der Luft, den ranzigen und fetten Gestank aus Kanälen und Kä­ sehandlungen, den beizenden Geruch von Zwiebeln, den süsslichen Benzinrauch der Autos, den fauligen Sumpfgeruch aus Fischhallen, die Maiglöckchen und das Karbol von den Wangen seines Sohnes. (Joseph Roth, Hiob. Roman eines einfachen Mannes. München (dtv) 2002, S. 101 f.)

Aufgaben 1. Unterstreichen Sie im Beispieltext Adjektive, Verben und Vergleiche, welche die Stimmung schildern. 2. Schildern Sie eine Szene im Supermarkt oder am Bahnhof (Bushalte­stelle). 3. Schildern Sie die typische Stimmung an einem Ort Ihrer Wahl, ohne ihn beim Namen zu nennen. Beschränken Sie sich auf einen von fünf Sinneseindrücken (z. B. nur Hören). Wiederholen Sie dies mit allen übrigen Sinnen. Lassen Sie den Ort erraten.


3.2 Grundtechniken

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Zitieren Ein Zitat ist eine Aussage einer Person oder eine Stelle aus einem Text, die man wortwörtlich wiedergibt, d. h. «zitiert». Zitate müssen korrekt wiedergegeben werden, also die Aussage muss genauso aufgeschrieben werden, wie die befragte Person sie formuliert hat – bzw. genauso abgeschrieben werden, wie Sie sie im Text vorfinden.

Anleitung Umsetzung

–– «Zitate stehen immer in Anführungszeichen.» (Unser Deutschlehrer) –– Die zitierte Person muss immer angegeben werden, entweder in Klammern (wie oben gezeigt) oder im Text: «Zitate stehen immer in Anführungszeichen», sagt unser Deutschlehrer. –– Bei Zitaten aus Büchern oder anderen Texten muss zusätzlich die Fundstelle angegeben werden, d. h. die Seite, auf der die zitierte Textstelle zu finden ist (Verweis). Die Seitenzahl wird (in Klammern) angegeben. Die gebräuchlichen Abkür­zungen sind: S. für Seite; Z. für Zeile; V. für Vers (bei Gedichten); f. bedeu­tet: und die folgende Seite / Zeile; ff. bedeutet: und die folgenden Seiten / Zeilen. –– Bei Auslassungen innerhalb eines Zitats setzt man […]. –– Buchtitel im laufenden Text werden ebenfalls in Anführungszeichen zitiert, aber ohne Verweis. Zum Beispiel: In Max Frischs Roman «Homo Faber» lernt der Protagonist unter ungewöhnlichen Umständen seine Tochter kennen.

Möglichkeiten des Zitierens Wörtliches Zitat mit Quellenangabe

«Ich glaube nicht an Fügung und Schicksal, als Techniker bin ich ge­ wohnt, mit den Formeln der Wahrscheinlichkeit zu rechnen.» (Max Frisch, Homo Faber, Suhrkamp Taschenbuch 354, Frankfurt / Main, 1977, S. 22, Z. 1 f.)

Die Aussage von Faber – «Ich glaube nicht ...» – ist das Zitat. Es steht zwischen Anführungszeichen. In Klam­ mern steht der Verweis mit der Quellenangabe. Sie gibt an, woraus man zitiert. Man kann aus literarischen Werken und Sachbüchern, aber auch aus Zeitungen und Zeitschriften und aus dem Internet zitieren. Auch wenn Sie einen Zeitungsartikel ausschneiden oder kopieren und ihn in Ihr Schreibheft einkleben, braucht es die Quellenangabe.

Sinngemässes Zitat (Paraphrase)

Kinder sollten erfahren können, dass ihre Eltern nicht Gott sind, meint die New Yorker Psycho­ analytikerin Caroline Thompson im Gespräch. Gleichzeitig müssten Kinder jedoch auch be­ greifen, dass man sich im Leben Autoritäten gegen­ übersieht. Die Erziehung müsse sie darauf vorbe­ reiten. (Das Interview mit Caroline Thompson finden Sie auf S. 65.)

Mit einer Paraphrase respektive indirekten Zitierung umschreibt man fremde Aussagen in eigenen Worten [griech. paraphrázein = umschreiben]. Dabei muss man mit einer Quellenangabe auf das Originalwerk verweisen und die Textstelle in eigenen Worten zusam­ menfassen. Vermischt man eigene Sätze ohne Kenn­ zeichnung und Quellenangabe mit paraphrasierten, liegt ein Plagiat vor. Die Wiedergabe der Paraphrase steht in der Regel in indirekter Rede.


3.2 Grundtechniken

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Plagiat Sobald Sie fremdes Gedanken- und Sprachmaterial als eigenes ausgeben, produzieren Sie ein Plagiat [lat. plagiarius = Menschenräuber]. Ein Plagiat ist keine Textsorte, sondern geistiger Diebstahl. Im Zeitalter des Internets und der vereinfachten Möglichkeiten der Reproduktion ist dieses Vergehen zwar häufiger geworden (copy and paste); ebenso erweitert aber haben sich die technischen Möglichkeiten, Plagiate aufzuspüren (Suchmaschinen und Anti­­-Plagiats-Software).

Ein Plagiat ist ein juristischer Straftatbestand, der an Mittel- und Hochschulen streng geahndet wird (z. B. Ablehnung der Arbeit, Disziplinarverfahren, Geldstrafe). Deshalb: Kennzeichnen Sie Zitate immer als solche (Zitieren) und geben Sie konsequent Quellennachweise. Geben Sie lieber einen Quellennachweis zu viel als einen zu wenig an. Richtlinien zur korrekten Quellenangabe finden Sie in der Checkliste auf S. 121.

Check D irekte Zitate wortwörtlich in An­ führungszeichen notieren.  Jedes Zitat wird mittels Verweis auf eine Quelle zurückgeführt.  Der Verweis steht in Klammern.

Z ur Quellenangabe gehören immer mindestens: Autor, Titel des Werkes, Druckort und -jahr, Seitenangabe.  Paraphrasen (indirekte Zitate) in ei­ genen Worten formulieren.  Auch Paraphrasen mit Verweis und Quellenangabe versehen.

Aufgaben 1. Schreiben Sie eine Inhaltsangabe eines literarischen Werkes. Fügen Sie mindestens zwei Zitate ein. 2. Zitieren Sie eine Definition aus einem Lehrbuch. Achten Sie auf den korrekten Verweis und die Quellenangabe. 3. Paraphrasieren Sie drei wichtige Textstellen aus dem Lehrbuch eines Faches, das Sie gerade belegen. Achten Sie auf den korrekten Verweis und die Quellenangabe.


3.2 Grundtechniken

44

Thesen bilden «Darin besteht das Wesen der Wissenschaft. Zuerst denkt man an etwas, das wahr sein könnte. Dann sieht man nach, ob es der Fall ist, und im Allgemeinen ist es nicht der Fall.» Der Philosoph Bertrand Russell (1872 –1970) formuliert mit seinem Aphorismus ironisch überspitzt das Wesen der Wissenschaft: die Thesenbildung und die Überprüfung der These. Man stellt eine These auf und unterzieht sie einer Überprüfung. Dabei vermag man sie entweder durch überzeugende Argumente zu belegen oder man muss sie fallen lassen. So hebt sich die These von dem ab, was nicht begründet zu werden braucht (Evidenz), und von dem, was nicht begründet werden kann (Spekulation). Evidenz

These

Spekulation

Alle Menschen sind sterblich.

Die Überzeugung, nach dem Tod weiter­ zuleben, beeinflusst das gesellschaftliche Zusammenleben.

Alle Menschen leben nach dem Tod unkör­ perlich weiter.

Der Thesentrichter Häufig werden Thesen zu allgemein formuliert. Deshalb müssen sie systematisch eingegrenzt werden. Dieser Vorgang kann als Trichter dargestellt werden: Thematische Bestimmung: Es bleibt offen, ob die Heldin sich alles nur einbildet. Inhaltliche Einengung: Der Gemütszustand der Heldin wird meist mit uneindeutigen, schillernden Be­ griffen beschrieben. Sprachliche Zuspitzung: Die Autorin lässt die Lesenden durch bewussten Einsatz einer mehrdeutigen Sprache im Ungewissen darüber, was sich die Heldin einbildet oder ob sie wirk­ lich umgeben ist von ihr feindlich gesinnten Kräften.

➔W eitere Informationen zur Thesenbildung finden Sie im Band «Sprache und Kommunikation». Deutsch am Gymnasium 1, S. 161.

Check  v ertiefend, weder evident noch spekulativ  belegbar (z. B. am literarischen Werk, durch Daten, Experimente usw.)

 s prachlich zuspitzen, auf den Punkt bringen

Aufgaben 1. Bilden Sie drei Thesen zu einer Frage, die Sie beschäftigt (z. B. zum Wert von Popmusik, zum EU-Beitritt der Schweiz, zum Einkaufen in gewissen Geschäften). 2. Suchen Sie mindestens vier wissenschaftliche Thesen, z. B. aus der Physik oder der Biologie. Formulieren Sie Gegenthesen dazu und überlegen Sie, weshalb diese falsch sind.


3.2 Grundtechniken

45

Argumentieren Wer eine These (T) aufstellt, muss sie stützen. Dies geschieht durch möglichst stabile Begründungen (BBB). Diese Begründungen werden glaubwürdig, wenn sie durch konkrete Beispiele (BB) belegt werden. Sie geben den Argumenten die notwendige Bodenhaftung. Auf diesen drei Stützen – These, Begründung, Beispiel – steht eine stabile Argumentation (A).

Begründung

Begründung

Begründung

These

A = TBBBBB

Beispiel ➔M ehr Informationen zu Argumenten und zum Argumentieren finden Sie im Band «Sprache und Kommunikation». Deutsch am Gymnasium 1, S. 88–94.

Beispiel These: Hausaufgaben dienen dem Schulerfolg. Begründung: Wer regelmässig Hausaufgaben macht, übt seine Problemlösungs­ fähigkeit, macht durch eigenständige Arbeit Lernfortschritte und kann gezielt Lücken feststellen. Beispiel: Merkt man z. B. beim selbständigen Lösen einer Mathematikaufgabe, dass man einen Teilschritt nicht verstanden hat, kann man sich entweder selber schlaumachen oder den Lehrer um eine konkrete Erklärung bitten.

Check  A = TBB.  Allenfalls braucht es mehr als einen Begründungssatz (BBB).

B eispiele machen eine Begründung überzeugend und anschaulich.

Aufgaben 1. Bilden Sie ein vollständiges Argument (A = TBB) zur These: Wer sich das Taschengeld selber verdient, geht sparsamer damit um. Stellen Sie das Argument analog zum obigen Beispiel dar. 2. Argumentieren Sie in zwei bis drei Argumenten zur Frage, ob Mobiltelefone nervös machen. 3. Suchen Sie aus Zeitungskommentaren, Leserbriefen, aus Politikerreden oder ähnlichen Texten drei Argumente, die nicht überzeugen.



4. Ăœberarbeitung


4. Überarbeitung

92

Überarbeiten Leserführung, Rechtschreibung und Zeichensetzung dienen nicht der Produktion von Texten, sondern ausschliesslich der leichteren Lesbarkeit. Wirkt die Berücksichtigung von Orthografie und Interpunktion, von Kohärenz und Wortwahl im Schreibprozess noch eher störend, sollten sie für die Endfassung eines Textes sorgfältig überprüft werden. Denn Sie schreiben einen Text selten für sich, sondern für andere.

Die Verständlichkeitsmerkmale Dass ein für die Öffentlichkeit geschriebener Text gut formuliert ist, zeigt sich nach dem Hamburger Modell der Textverständlichkeit an vier Merkmalen: –– Der Text ist so einfach, wie es der Inhalt zulässt. –– Der Text ist so übersichtlich geordnet wie möglich. –– Die Ausdrucksweise ist so kurz und prägnant, wie es der Inhalt zulässt. –– Der Text enthält attraktive Elemente, welche die Lesenden zum Weiterlesen animieren. ➔M ehr zum Hamburger Verständlichkeitsansatz im Band «Sprache und Kommunikation». Deutsch am Gymnasium 1, S. 140 – 142.

Schrittweise vorgehen Liegt ein Text in der Rohfassung vor, steht man vor einer wichtigen Aufgabe: der Überarbeitung. Dabei geht man schrittweise vor (von oben nach unten):

Inhalt Zusammenhalt

Entwurf

Stil

Rohfassung

Richtigkeit

gut

Endfassung Endfassung

Layout Layout noch nicht gut

Auf den folgenden Seiten erhalten Sie Anregungen zu sämtlichen Schritten der Überarbeitung. Sie helfen Ihnen, Ihre Texte systematisch und effizient zu ver­ bessern.


4. Überarbeitung

93

Überarbeitung des Inhalts Inhalt

Zusammenhalt

Stil

Richtigkeit

Layout

–V ollständig­ keit – Kernaussage

– Kohärenz – Kohäsion

– Prägnanz – Einfachheit – Rhetorische Figuren

–– Grammatik –– Orthografie –– Interpunktion

– Schrift – Zeilenabstand – Leerraum – Hervorheben

Die Abstandsprobe Noch bevor Sie sich an die Überarbeitung machen, müssen Sie Distanz gewinnen zu Ihrem Text. Versuchen Sie, ihn mit fremden Augen anzusehen. Dabei helfen Ihnen folgende Techniken: a) Lassen Sie den Rohtext eine Weile lang ruhen – vorausgesetzt, ein Aufschub ist möglich und es bleibt genügend Zeit zur Überarbeitung. b) Drucken Sie den Text aus. Tun Sie dies auf Ausschusspapier und mit niedriger Druckqualität, damit das Schriftbild nicht endgültig wirkt. Wählen Sie mit Vorteil einen grossen Zeilenabstand, damit Sie zwischen den Zeilen Notizen machen können. c) Verändern Sie für die Lektüre Ihren gewohnten Arbeitsplatz. Am besten nehmen Sie Ihren Text mit auf eine kleine Reise, z. B. in ein Restaurant oder in den Zug. d) Lesen Sie sich den Text laut vor oder lassen Sie ihn, falls dies möglich ist, sich vorlesen. So fallen Ihnen logische Brüche oder Lücken sogleich auf. e) Lassen Sie sich von einer aussenstehenden Person eine ausführliche Rückmeldung geben.

Die Inhaltsprobe Überprüfen Sie die Substanz des Textes: a) Kommt der Grundgedanke, die grosse Idee des Textes, deutlich zum Ausdruck? b) Wird das Kommunikationsziel beim Gegenüber erreicht? Notizen c) Welches sind die wesentlichen Teilaussagen? Kommen sie gebührend zur Sprache? Lesetechniken Markieren d) Fehlt nichtsSQ3R von dem, was wichtig ist? Abstracts e) Ist das Inhaltsverzeichnis (wenn vorhanden) vollständig? f) Wurde irgendwo vom Thema abgewichen?

Vollständigkeitsprobe Überprüfen Sie gemäss dem strategischen Entwurf (siehe S. 19), ob Sie alle Dimensionen des Textes berücksichtigt haben und ob der Text eine oder mehrere Kernaussage(n) hat. Ich Das habe ich (nicht) zu sagen.

Inhalt Das überzeugt mich inhaltlich (nicht).

Form Kernaussage Du Da fühle ich mich (nicht) angesprochen.

Das hat (nicht) die richtige Form.


4. Überarbeitung

94

Überarbeitung des Zusammenhalts Inhalt

Zusammenhalt

Stil

Richtigkeit

Layout

–V ollständigkeit – Kernaussage

– Kohärenz – Kohäsion

– Prägnanz – Einfachheit – Rhetorische Figuren

–– Grammatik –– Orthografie –– Interpunktion

– Schrift – Zeilenabstand – Leerraum – Hervorheben

Das Wort «Text» [lat. textus] bedeutet ursprünglich «das Gewobene». In einem Text «weben» wir also Sätze so zusammen, dass sie wie das Gewebe eines Tuches oder Teppichs zusammenhalten. Je fester dabei die Fäden des Textes verknüpft sind, umso besser werden sich die Lesenden orientieren können.

Inhaltlicher Zusammenhalt

(Kohärenz, siehe S. 95)

Zwei Arten von Fäden werden beim Schreiben ineinandergewoben. Der Zusammenhang des Textes ist zum einen inhaltlicher Natur: Der Text hat einen «roten Faden», der durch alle einzelnen Teile läuft und sie zusammenhält. Diesen logischinhaltlichen Zusammenhang nennt man die Kohärenz.

Sprachlicher Zusammenhalt

(Kohäsion, siehe S. 96)

Zum andern kann dieser Zusammenhang mit sprachlichen Mitteln hergestellt werden. Wir könnten dies den «grünen Faden» nennen. Worum handelt es sich beim grünen Faden? Ganz einfach: Mit bestimmten Wörtern wird zwischen Sätzen und Absätzen eine Verknüpfung erstellt. Diese Verknüpfung ist nicht inhaltlich, sondern rein sprachlich.

Kohärenz und Kohäsion Sprachlicher Zusammenhang bedeutet noch keine inhaltliche Logik. Ein Text kann inhaltlich logisch aufgebaut sein und doch vollkommen unverständlich bleiben. Beispiel A: Kohärenz ohne Kohäsion Ein Zusammenhang wird nur mit inhaltlichen Verweisen hergestellt. Eine sprachliche Verknüpfung zwischen den Sätzen gibt es nicht. Selbstverständlich kann man ihn selber herstellen. Es ist schwierig. Beispiel B: Kohäsion ohne Kohärenz Der Zusammenhang zwischen Sätzen wird sprachlich getestet. Es kann dabei durchaus vorkommen, dass man zwar den Zusammenhang zwischen den Sätzen merkt, dennoch nicht den Ursprung der Idee versteht, weil es am inhaltlichen Zusammenhang fehlt. Fazit: Soll ein Text verständlich sein, braucht es beides, den «roten» und den «grünen Faden», Kohärenz und Kohäsion. ➔M ehr Informationen zu Kohärenz und Kohäsion und zu weiteren Textmerkmalen finden Sie im Band «Sprache und Kommunikation». Deutsch am Gymnasium 1, S. 128 f.


4. Überarbeitung

95

Überprüfung der Kohärenz Inhalt

Zusammenhalt

Stil

Richtigkeit

Layout

–V ollständigkeit – Kernaussage

– Kohärenz – Kohäsion

– Prägnanz – Einfachheit – Rhetorische Figuren

–– Grammatik –– Orthografie –– Interpunktion

– Schrift – Zeilenabstand – Leerraum – Hervorheben

Als Kohärenz bezeichnet man den inhaltlichen Zusammenhalt eines Textes. Darunter fällt die Leserführung, die klarmacht, wann ein Teil oder ein Gedanke abgeschlossen ist und ein neuer anfängt, und die Textlogik, die dafür zuständig ist, dass sich die Sätze inhaltlich aufeinander beziehen.

Die Logikprobe Untersuchen Sie, ob Ihr Text einen «roten Faden» hat, ob er kohärent ist: a) Ist die Grundstruktur des Textes logisch und einleuchtend? b) Ist der Übergang vom einen zum anderen Schritt überzeugend oder gibt es Sprünge? c) Ist der Text geprägt von einer Frage, die erst am Ende beantwortet wird? d) Hat der Text eine überzeugende Pointe bzw. eine überzeugende Schlussfolgerung? e) Enthält der Text keine überflüssigen Teile, welche die Gedanken der Lesenden in die Irre führen (könnten)? f) Zusammenhang: Hat jeder der Teile einen offensichtlichen Bezug zu den anderen Teilen des Textes?

Die Visualisierungsprobe Eine kreative Möglichkeit, die Substanz eines Textes zu überprüfen, besteht darin, ihn zu visualisieren. Stellen Sie ihn z. B. in Form einer Baumstruktur dar. So können Sie herausfinden: Welches ist der Stamm? Welches sind die Hauptäste? Wo sind Verästelungen, die überflüssig sind? In der unten stehenden Zeichnung sehen Sie einen Entwurf für das vorliegende Lehrmittel als Baum visualisiert.



5. Wissenschaftliche Arbeiten


5. Wissenschaftliche Arbeiten

106

Formen wissenschaftlicher Arbeiten Der Kernbereich der wissenschaftlichen Tätigkeit besteht darin, sogenannte Arbeiten zu schreiben. Für eine (vor-)wissenschaftliche Arbeit beschäftigen Sie sich während längerer Zeit mit einer gegebenen oder selbst gewählten Fragestellung und veröffentlichen die Ergebnisse Ihrer Untersuchung in schriftlicher Form. Dabei sollen Sie etwas entwickeln, was in dieser Art vor Ihnen noch niemand geleistet hat: Ihre Arbeit füllt eine Forschungslücke.

Einzelne Formen An Mittel- und Hochschulen gibt es unterschiedliche Formen von wissenschaftlichen Arbeiten: Arbeit

Kontext

Facharbeit

Arbeit im Fachunterricht

Selbständige Arbeit

Abschluss Berufsschule

Projektarbeit

Abschluss Berufsmittelschule

Selbständige Arbeit

Abschluss Fachmittelschule

Fachmaturitätsarbeit

Abschluss Fachmaturitätsschule

Maturaarbeit

Abschluss Gymnasium

Proseminararbeit

Semesterarbeit Einsteiger

Seminararbeit

Semesterarbeit Fortgeschrittene

Bachelorarbeit

1. Abschluss nach 6 Semestern

Masterarbeit

2. Abschluss nach 9 Semestern

Dissertation

Abschlussarbeit Doktortitel

bis 20 S.

bis 50 S.

bis 100 S.

mehr als 100 S.

Die Maturaarbeit Obschon zwischen einer Facharbeit am Gymnasium und einer Dissertation beträchtliche Unterschiede bestehen: Das Grundprinzip ist vergleichbar. Unterschiede gibt es vor allem in der Komplexität und im Vertiefungsgrad. Gemeinsam sind allen wissenschaftlichen Arbeiten der Aufbau, die Sachlichkeit der Darlegung, die Zitierund Verweistechnik, die Reflexion. Die Maturaarbeit bildet den Abschluss der vorwissenschaftlichen Ausbildung an der Mittelschule und ist gleichsam die Eintrittsprüfung für die Hochschule.

Im Folgenden erfahren Sie, welche Schritte Sie vornehmen müssen, um auf dem langen Weg sicher ans Ziel zu kommen.


5. Wissenschaftliche Arbeiten

107

Rahmenbedingungen Rahmen­ bedingungen

Fragestellung

Arbeitstagebuch / Journal

Vertrag

Untersuchung

Schreiben

Fertig stellen

Die Vorgaben Informieren Sie sich über die Vorgaben, die es an Ihrer Schule für die Maturaarbeit gibt – insbesondere darüber, welche Arten von Produkten möglich sind. Grundsätzlich gibt es vier Arten von Maturaarbeiten (nach: Bonati / Hadorn 2007, S. 37 ff.): Untersuchung

Kreative Produktion

Technische Produktion

Organisation und Veranstaltung

Text

Produkt und Dokumentation

Produkt und Dokumentation

Produkt und Dokumentation

Die Zitate in den ICN-Neigezügen der SBB

Porträtfotos von Obdachlosen in Zürich

Herstellen einer organischen Leuchtdiode

Veranstaltung eines Hip-HopOpen-Airs

Studieren Sie die Reglemente Ihrer Schule genau. Fragen Sie im Zweifelsfall nach, lieber einmal zu viel als einmal zu wenig. Am Ende müssen Sie Bescheid wissen über: –– mögliche Produkte; –– Gruppengrösse; –– Abgabetermin; –– Seitenumfang;

–– mögliche Betreuungspersonen; –– vorgegebene Themen oder freie Wahl; –– Führen eines Arbeitstagebuchs; –– weitere formale Bestimmungen.

Der Grobzeitplan In der Regel haben Sie ein Semester oder ein halbes Jahr Zeit für Ihre Maturaarbeit. Das klingt zwar nach viel. Die Zeit schwindet jedoch rasch, wenn Sie sie nicht einteilen. Es ist besser, zu Beginn viel Zeit zu investieren, um gegen Ende noch Reserven zu haben. Besonders die Details, Layout und Herstellung, benötigen oft mehr Zeit, als einem lieb ist. Arbeitsaufwand

Arbeitsaufwand

schlecht

normal Zeit

Zeit

Erstellen Sie Ihren groben Zeitplan nach dem folgenden Schema: 1

sich informieren, Gruppe bilden, Thema finden, Fragestellung entwickeln

2 3 4

recherchieren, Material sichten, Ergebnisse gliedern, skizzieren

5 6

Rohtext schreiben

7 8

stilistisch überarbeiten, layouten, korrigieren, ausdrucken


5. Wissenschaftliche Arbeiten

108

Fragestellung Rahmen­ bedingungen

Fragestellung

Arbeitstagebuch / Journal

Das Leitthema

Vertrag

Untersuchung

Schreiben

Fertig stellen

(Fokus erweitern)

Was wollen Sie erforschen? Lassen Sie Ihre Gedanken zunächst in alle Richtungen schweifen. Fragen Sie sich nicht zu früh, ob Sie etwas realisieren können. Überlegen Sie nur, was Sie gern machen würden. Dabei helfen Ihnen Inspirationstechniken wie Clustering, Mindmap und Arbeitstagebuch. Ebenfalls ratsam sind Gespräche mit Kolleginnen, Lehrpersonen, Eltern usw. Ob Sie die richtige Idee für Ihre Arbeit gefunden haben, merken Sie u. a. an folgenden Indikatoren: –– Ich würde am liebsten alles stehen und liegen lassen und sogleich beginnen. –– Ich würde gerne allen von meinem Vorhaben erzählen. –– Ich könnte mir vorstellen, etwas in dieser Richtung zu studieren.

Die Fragestellung

(Fokus verengen)

Am liebsten würden Sie nun das Leitthema in der ganzen Breite erforschen. Tatsächlich müssen Sie das Gegenteil tun: eingrenzen. Die Zeit ist begrenzt, die Rahmenvorgaben sind eng. Wissenschaftlich arbeiten heisst, sich auf etwas zu konzentrieren. Die Kunst besteht also darin, die Fragestellung systematisch einzugrenzen. Folgende beiden Techniken haben sich dabei bewährt:

Mindmap mit Ausschlussprinzip Entwickeln Sie zunächst ein Mindmap mit möglichen Themenvorschlägen. Lassen Sie dieses wenn möglich eine Zeit lang ruhen und bearbeiten Sie es dann nach dem Ausschlussprinzip: Streichen Sie der Reihe nach alle Äste weg, die Sie nicht (mehr) interessieren. Anschliessend sollten Sie den übrig gebliebenen Ast neuerlich zu einem Mindmap erweitern und das Ausschlussverfahren von neuem beginnen. Umgekehrter Fragentrichter Der umgekehrte Fragentrichter erlaubt Ihnen, Ihre Fragestellung Schritt für Schritt zuzuspitzen. Dabei helfen Ihnen die sechs W-Fragen und nach Bedarf weitere Kriterien. So lässt sich beispielsweise die vage Themenvorgabe «Etwas über das Schreiben» mit dem Fragentrichter folgendermassen vereinfachen:


5. Wissenschaftliche Arbeiten

109

Der Fragentrichter was?

etwas über das Schreiben

wann?

Gegenwartssprache

wer?

Jugendliche

welche Quellen? SMS-Nachrichten

wo?

Stadt Aarau

wie?

Dialektgebrauch

warum? Gründe

? Auf diese Weise könnte z. B. die Fragestellung erarbeitet werden: «Varianten der Dialektverschriftlichung in SMS von Aarauer Jugendlichen: ‹ech›, ‹ich›, ‹eg›, ‹ii›.» Eine systematische Eingrenzung des Themas hat zwei wesentliche Vorteile: 1. Sie dürfen davon ausgehen, dass Sie Ihre Frage beantworten können. 2. Sie dürfen davon ausgehen, dass Sie Ihre Untersuchung vertiefen und zu neuen Resultaten kommen können.

Die Methode Gekoppelt an die Fragestellung wählen Sie das wissenschaftliche Verfahren, mit dem Sie sie beantworten. Ein wissenschaftliches Verfahren bezeichnet ein regelgeleitetes Vorgehen, um zu wissenschaftlichen Erkenntnissen zu gelangen. Diese Verfahren erlernen Sie im Fachunterricht oder eignen Sie sich im Selbststudium an. Hier sind die wichtigsten im Überblick:

–– Befragung; Interview (siehe S. 64 f.) –– Beobachtung (siehe S. 40 f.) –– Experiment –– Fallstudie –– Laborbericht (siehe S. 87) –– Feldstudie (siehe S. 113) –– Messung

–– Modell –– Produktion (technische) –– Selbstbeobachtung (siehe S. 30) –– Textanalyse –– Textvergleich –– Umfrage



6. Anhang


6. Anhang

118

Regeln für eine einfache Sprache Grundregel

Kein Satz …

Nicht so

Sondern so

Halten Sie die Sätze kurz.

enthält mehr als 20 Wörter

Die Sätze eines Textes sollten einerseits nicht zu lang sein, damit die Lesenden in der Lage sind, die darin enthal­ tene Information zu verarbeiten, bevor der nächste Satz beginnt, und andererseits unter­ schiedlich lang, damit die Aufmerksamkeit der Lesenden durch Ab­ wechslung aufrecht­ erhalten bleibt.

Wie lang soll ein Satz sein? Es gibt zwei Grund­ regeln: –– Nicht zu lang: Die Lesenden müssen die Information verar­ beiten können, be­ vor der nächste Satz beginnt. –– Nicht immer gleich lang: Die Lesenden sind aufmerksamer, wenn die Satzlänge abwechselt.

Vermeiden Sie ver­ schachtelte Sätze.

hat unnö­tige Neben­sätze.

Es ist wichtig festzu­ stellen, dass mancher Schachtelsatz ein Satz ist, der den Inhalt, welcher an sich banal ist, so zersplittert und unstrukturiert wieder­ gibt, dass nicht nur die Leserinnen und Leser, wenn Sie beim Punkt angekommen sind, nicht mehr wissen, wie banal er angefangen hat, und meinen, es sei eine Weisheit, sondern auch der Autor.

Mancher Schachtelsatz ist inhaltlich banal. Sprachlich ist er aber so planlos gestaltet, dass die Übersicht verloren geht. So halten ihn die Lesen­ den und der Autor leicht für eine Weis­ heit.

Packen Sie nicht zu viel in einen Satz.

enthält mehr als eine wich­tige Information.

Ein Satz sollte nicht mehr als eine Informa­ tion enthalten, und ausserdem soll man aus Verben keine Nomen machen und die Sätze überhaupt möglichst kurz halten und keine «und»Anschlüsse machen.

Ein Satz soll nur eine Information enthalten. Ausserdem sollte man aus Verben keine Nomen machen. Generell sind Kürze und Einfachheit wich­ tig.

Machen Sie nicht aus Verben Nomen.

enthält Nomen, die sinn­ tragende Verben sind.

Das Vereinfachen des Stils durch das Vermei­ den des Substantivierens von Verben ist beim Schreiben ein Muss und nicht ein Kann.

Vereinfachen und veredeln Sie Ihren Stil, indem Sie Verben Verben sein lassen.


6. Anhang

119

Grundregel

Kein Satz …

Nicht so

Sondern so

Nehmen Sie den Sätzen den langen Atem.

hat eine unnötige Distanz zwischen Subjekt und Prädikat.

Freuen kann sich an einer Mitteilung, die positive Signale be­in­haltet und gute Gefühle vermittelt, bevor sie ins Gegenteil umschlägt, niemand.

Eine Mitteilung, die positive Signale bein­ haltet, vermittelt gute Gefühle. Schlägt sie ins Gegenteil um, schmerzt sie doppelt.

Vermeiden Sie unnöti­ ges Passiv.

enthält Passiv­ formulierun­ gen, die aktiv gemeint sind.

Das Passivformulieren wird oft angewendet, wenn die Unklarheit über die eigentlichen Urheber der Tat nicht eingestanden werden soll.

Wir verwenden oft Passiv statt Aktiv, wenn wir nicht genau wissen, wer für eine Handlung verantwort­ lich ist.

Verzichten Sie auf Füllwörter.

enthält unnötige Wörter wie: «auch», «irgendwie», «gar», «ich denke», « gewisser­ massen«, « im wahrs­ ten Sinne des Wor­ tes» usw.

Ich denke mal, dass es ohne Zweifel auch irgendwie ratsam ist, ab sofort und in Zukunft ganz und gar darauf zu verzichten, irgendwel­ che Wörter in einem beliebigen Satz zu ver­ wenden, welche für das Verständnis, wie man so schön sagt, gewisser­ massen total überflüs­ sig, um nicht zu sagen, unnötig sind.

Zweifellos stören Füllwörter.

Verwenden Sie die angemes­ sene Stil­ ebene.

enthält unpassende umgangs­ sprachliche Formulierun­ gen.

Es ist echt krass, ich meine irgendwie grenz­ wertig, sich im Wissen­ schaftsdingsbums oder in «20 Minuten» einen solchen Satz reinziehen zu müssen, der voll nicht so standardmässig rüberkommt.

Die Leserinnen und Leser eines wissen­ schaftlichen oder journalistischen Textes erwarten standard­ sprachliche Formulie­ rungen.


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