Buch "Wallis Leib und Seele" (de)

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Catherine Grive - Sophie de Paillette préface Benoît Aymon

WALLIS

WALLIS Corps & Âme ist eine aussergewöhnliche Buchreihe, die sich – eine Premiere im Bereich der Reiseliteratur – die Beschreibung eines Landstrichs, einer Region, einer Stadt oder eines Kantons zum Ziel gemacht hat, indem sie die identitätsstiftenden Werte der betreffenden Gegend herauszukristallisieren sucht. Wallis, Leib & Seele fügt sich wunderbar in diese Sammlung ein, welche die verschiedenartigsten Kenntnisse und Stellungnahmen zueinander in Beziehung setzt. Ausgesuchte Experten, meinungstragende Persönlichkeiten und Menschen mit einer besonderen Leidenschaft für ihren Lebensraum stellen ihre ganz persönliche Sicht der Dinge dar: Historiker, Fotografen, Geologen, Soziologen, Ethnologen, Architekten, Erzähler, Dichter, Schriftsteller,… Corps & Âme bietet dem Leser eine neue, eine andere Perspektive; eine poetische Reise durch das Sichtbare und das Unsichtbare – gerade so, als ob man eine Region wie einen Menschen entdecken könnte. Sich für einmal in eine magische Zwischenwelt entführen lassen, ohne den geringsten Vorbehalt… Eine intensive Begegnung voller Zauber und Überraschungen, wahrhaftig und einzigartig, weil ja keine Region der anderen gleicht.“

ISBN 978-2-9528675-3-5

PREIS SCHWEIZ: 39 CHF PREIS FRANKREICH: 25 v

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Wa l l i s Sophie de Paillette Text Catherine Grive Vorwort von Benoît Aymon


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Buchreihe, herausgegeben von Sophie de Paillette und Joël Gayet

Wallis, Leib & Seele ist mit der Unterstützung des Vereins Marke Wallis und der Loterie Romande entstanden.

Alle Rechte vorbehalten © Corps & Âme Éditions 12, rue Antoine Bourdelle - 75015 Paris ISBN 978-2-9528675-3-5


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4 VORWORT

Wurzeln und Flügel

eines Landes auf eine einzige Postkarte bannen? Die Seele des Wallis muss nach meinem Gespür eine komplexe, eine vielschichtige sein. Allein schon wegen der Zweisprachigkeit. Und selbst wenn sie aus einem Guss bestünde, diese viel besungene Walliser

“Und du, von wem bist du?“ Diese verblüffende Frage hat ihre

Seele, so liesse sie sich doch niemals in ein Korsett voller Klischees

Wirkung auf den Besucher, der im Wallis gerade erst angekom-

zwängen, das ihr bis in alle Zeiten anhaften würde. Wie eine

men ist, noch nie verfehlt. Was für ein seltsames Land!

gelungene Fotoaufnahme, die den Betrachter mit ihren

Was für eine merkwürdige Begrüssung zwischen unangemessener

Fluchtlinien, Schattenzonen und Unschärfen immer auch ein

Direktheit und kaum verhohlenem Spott! Als ginge es darum,

wenig im Ungewissen lässt und ihn zu eigenen Gedanken und

den Fremden erst zu ergründen, zu überprüfen, zu erforschen...

Interpretationen anregt, so lässt sich auch ein so kontrastreiches

Gemach: Der Einheimische will hier eben gleich wissen, mit wem

und in mancher Hinsicht so rätselhaftes Land wie das Wallis nie-

er es zu tun hat. Um sofort ein für alle Mal eins klarzustellen:

mals auf den ersten Blick zugänglich machen. Und das ist gut so.

Walliser ist er, und stolz darauf! So, und nun hat er alles gesagt. Misstrauen wir dem Schein. In einer Mediendemokratie wie Oder fast. Abgeschottet von seinen Bergen, ist der Walliser

der unseren kein leichtes Unterfangen. Da sind die wendigen

manchmal auf sich selbst gestellt. Da kann es schon vorkommen,

Wortführer, der Stolz und die Freude einer jeden Redaktion,

dass seine kantonale Identität das nationale Zugehörigkeitsgefühl

vor allem jener ausserhalb des Kantons. Sie, diese Tausendsassas,

zu überdecken vermag. Stolz darauf, ein Walliser zu sein – Punkt,

diese Worttroubadoure sind es, die das Spektakel garantieren.

fertig, Schluss. Ein zuweilen sicher berechtigter Stolz, den man

Wenn es diese Unruhestifter nicht gäbe, müsste man sie

gern bei einem Glas Wein mit seinesgleichen teilt. Mein Land,

zweifellos erfinden. Schliesslich bringen sie etwas Abwechslung

meine Scholle, meine Berge: Der Walliser legt auf seine Wurzeln

in unseren Alltag. Und haben wir nicht das Recht, ob all dem

so viel Wert wie ein junger Priesterseminarist auf sein Messbuch.

eisgefrorenen Wasser, das sich in gewaltigen Zungen über unsere

Vielleicht ein wenig kurz gegriffen?

Berge legt, und ob all den schwefelhaltigen Quellen, die unsere

Aus diesem Grund ist das Werk, das Sie hier in den Händen

Thermalzentren speisen, seichte Gewässer zu vermeiden? Aber

halten, ein ehrgeiziges. Es hält Ihnen eine Fotografie der Walliser

die naturgemäss zum Erlöschen verdammten Sternschnuppen

Seele vor Augen. Die Liebhaber starker Bilder werden auf ihre

unserer Medienlandschaft verwischen manchmal die Spuren und

Kosten kommen. Nur... Zweifel regen sich: Kann man die Seele

halten uns vom Wesentlichen ab.


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VORWORT 5

Alles, was exzessiv ist, ist bedeutungslos – man kennt die Rede.

entschieden der Modernität zugewandte Wallis. Es zu wagen,

Tatsache ist, dass die Komplexität der Walliser Identität durch

eine ganze Politik auf die nachhaltige Entwicklung auszurichten!

die Karikatur nicht durchschaubarer wird. Man richte

Eine sanfte, symbolische und paradoxerweise in der Tradition

den Scheinwerfer lieber auf den Universitätsprofessor,

verhaftete Revolution. Ich denke hierbei vor allem

den Hüttenwart, den Gletscherpiloten, die Dorfapothekerin,

an den waghalsigen Bau des Suonennetzes zur Bewässerung

den Bergbauern, die Kulturanimatorin oder jene Politiker, die ihre

unserer Talhänge und Weinterrassen, die der Schwerkraft

Dossiers lieber in aller Stille durcharbeiten, als sich im Blitzlicht der

seit mehr als einem Jahrhundert trotzen: Unsere Urahnen

Fotografen zu sonnen... Zahlreich die Persönlichkeiten, die dem

praktizierten nachhaltige Entwicklung,

Patchwork der Walliser Realität Konturen und Anima verleihen!

ohne es zu wissen!

Nehmen wir ein wenig Abstand. Seit einem Jahrhundert hat die

Auch die Informatikrevolution hat ihre Spuren hinterlassen.

Geschichte dieses Stück Land in einer Geschwindigkeit vorange-

Wenn die Veränderungen, die sich direkt vor unseren Augen

trieben, die sich zuweilen nur noch mit Mühe messen lässt.

ereignen, auch schwerer zu erkennen sind als jene grossen,

Man denke allein schon an den Bau der grossen Staudämme, die

globalen, so bleiben sie doch nicht weniger fundamental.

bekanntlich die Seitentäler in die Modernität katapultiert haben.

Von einem aber bin ich überzeugt: Dieses Land, das man einst

Die schwindende Bedeutung der Religion und die Errichtung der

gern als “alt“ bezeichnet hat, begnügt sich nicht mehr damit,

Autobahn tragen das Ihre dazu bei.

seinen Boden zu kultivieren. Mit seinen mit Umsicht und

In den letzten hunderten Jahren ist viel Wasser die Rhone hinun-

Gelassenheit gepflegten Wurzeln hat es sich inzwischen Flügel

tergeflossen. Der Bergkanton ist urbaner, kühner geworden,

angedeihen lassen. Wurzeln und Flügel, Vorder- oder Rückseite

als es scheinen mag. In der Tat gibt es eine wahrhafte Kluft

der gleichen Medaille... Das Wallis betritt festen Fusses das dritte

zwischen der Realität des heutigen Wallis und seinem Image. Ein

Jahrtausend. Hatte es jemals eine andere Wahl?

einziges Beispiel, weniger anekdotisch, als man glauben könnte: Wider Erwarten ist das politische Schicksal der Walliser Hauptstadt vor Kurzem in andere Hände gelegt worden.

Möge das vorliegende Werk das Wallis auf seinem Weg begleiten.

Am Rande des traditionellen politischen Parketts repräsentiert meiner Ansicht nach ein neuer Präsident, den man durchaus als “Aussenstehenden“ hätte betrachten können, das mittlerweile

Benoît Aymon


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Das Wallis, eine Quelle der Natur

“L

and, auf halbem Weg angehalten zwischen der Erde und den Himmeln...“ * Das Wallis im Süden der Schweiz ist in diesem Spannungsfeld zwischen Verwurzelung und Weltoffenheit, zwischen Erdverbundenheit und Unermesslichkeit, zwischen feurigem Ungestüm und der Kunst der Kontemplation verankert. Eine Landschaft, die aussieht, als wäre sie der Schöpfungsgeschichte entnommen: der überbordend blaue Himmel, die Feld- und Stadtszenen, all die verborgenen Winkel und Welten mit ihren subtilen Reizen zeugen von Glut und Substanz gleichermassen – und prägen die Identität eines “richtigen“ Landes, obwohl es sich dabei im eigentlichen Sinne doch um eine Region handelt. Der Name dieses aparten Landstriches – so klar wie seine Luft, sein Wasser, die Sicht im Herbst – stammt von vallis (das durch den Rhonegletscher erschaffene Tal) und klingt schon im Ohr wie eine Offenbarung. Ja, das Wallis ist herrlich. Hier zu leben, heisst, sich einen ganz eigentümlichen Wind um die Nase wehen zu lassen; den Ursprung der Dinge mit allen fünf Sinnen zu erfühlen, mit der Fingerkuppe die Ewigkeit zu berühren – jene davor und jene danach. Hier zu leben, heisst auch, sich mit dem Universum und seinem Schicksal befassen zu müssen. Nun ja, über kurz oder lang kommt man halt ins Schwärmen, ob man will oder nicht. Aber das Wallis ist für Superlative eben wie geschaffen – mit seinem Klima, das sich jederzeit ins Extreme steigern kann, und mit seinen Gipfeln, die den Himmel zu durchlöchern scheinen und zum Denken, zum Sinnieren inspirieren... Der Eindruck von Höhe muss wohl mit einem Gefühl von Erhabenheit einhergehen. Das Wallis – geprägt von der Religion, der Erde, der Lyrik – oszilliert zwischen dem Reellen und dem Übernatürlichen, dem Tragischen und dem Wunderbaren. Und doch ist seine Landschaft gleichzeitig auch sehr markant. Im freien Raum sind ihr durch klare Linien geo-

grafische Grenzen gesetzt, geschmückt wird sie von den Alpen, gekrönt von der Geschichte. Dass das Wallis in der Vergangenheit über bemerkenswert lange Zeit unabhängig geblieben ist, unterscheidet es vom Rest der Schweiz und verleiht ihm eine starke Anbindung an sein kulturelles Erbe. Dieses glühende Land zehrt von seinen intensiven Erinnerungen. “Glühendes Land“... Die Persönlichkeit der Walliser ist ausgeprägt. Wie könnte auch das tiefste Innere eines Menschen von der Schönheit und von der Kraft dieser Landschaft unberührt bleiben? Wie sollten der Geist und die Sinne durch ihre Motive nicht beeinflusst, wie die Seele durch die charismatische Urtümlichkeit der Gipfel, das friedvolle Echo der Herden, die zähe Beharrlichkeit der Reben, die einsame Stille abgelegener Gebiete nicht geformt werden? Bonvivants sind sie, die Walliser, und ihre muntere, gesunde Lebensart mutet fast schon mediterran an. “Südländische Bergler“, wenn man so will. Ihre Verbundenheit mit ihrem Kanton, mit ihrer “Insel im Herzen der Alpen“, einigt die Ober- und die Unterwalliser über alle Verschiedenartigkeit hinweg wie der Schnee auf den Gipfeln ihrer Berge. Ihre Vitalität und ihre Ausdauer bei der Arbeit, beim Feiern und in der Freundschaft sind – genauso wie ihr angeborener Gemeinschaftssinn – zweifellos auf ihre Begabung zurückzuführen, sich nach den Launen des Himmels und den Ansprüchen der Erde zu richten. Wenn anderswo die Beziehung der Menschen zu den Kräften der Natur oft recht komplex ist, so ist sie im Wallis lebendig, erfüllt. In der reinen, klaren Luft, in der alles wieder zu neuem Leben erblüht, wecken die Landschaften und die mächtigen Berggipfel die Sehnsucht, fordern zu müssiger Beschaulichkeit und zu lustvoller Bewegung auf. Eine Welt, die einen den Blick erheben lässt, muss eine glückliche Welt sein. *Rilke, Die Walliser Gedichte


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8 INHALTSVERZEICHNIS

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GESICHTER

ERBE

Mehr als eine Landschaft: ein Tempel der Natur

Ein stolzes Erbe

Vereinigung von Kraft und Heiterkeit

Glühend und einigend

Die Macht der Linie

Eine offene Welt

Die Herrschaft des Unermesslichen

Kostbare Begegnungen

In ständiger Bewegung

Die Gegenwart der Vergangenheit

Herrliche und verherrlichte Wasser

Dynamische Grössen

Klimawelten

Worte eines Wallisers

Wandelbare Vitalität Transzendenz des Lichtes Eine vibrierende Welt Mythische, betörende Gerüche Eine bewohnte Stille Worte einer Walliserin


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WERTE

TALENTE

“Walliser par excellence“

Die Kraft der Tradition, der Geist der Innovation

Pa capona!

Der Wohnraum, Spiegel der Lebensart

Hier und dort

Talente am Werk

Der Geist der Natur

Erholung, Entspannung, Erlebnis

Reichtum der Sprachen

Die Ambitionen der Künstler. Aller Künstler.

Der hehre Wert der Zeit

Worte eines Wallisers

“Glühendes Land“*

Lebendige Kultur und fruchtbares Wissen

Hymne ans Leben und an die Geselligkeit Der Geschmack des Echten Der Sinn der Spiritualität Der Schauplatz des Sagenhaften Die Macht der Symbolik Worte einer Walliserin (*Rilke, Obstgärten)

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GESICHTER DES WALLIS

Mehr als eine Landschaft: ein Tempel der Natur


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Vereinigung von Kraft Von einem Gipfel, von einer Weide, von einem Pfad aus entfaltet sich das Wallis in seiner ganzen Pracht. Wie schnell, wie trefflich es das Grosse und Weite mit dem Intimen, Persönlichen zu vereinen weiss! Die Landschaften – von unerwarteter Vielfalt auf einem so kleinen Gebiet – präsentieren sich in mannigfachen Erscheinungsformen, ja bestechen durch reizvolle Gegensätze. Rechtes und linkes Rhoneufer, Felswüsten in den Höhen und blühende Fülle in der Ebene, der Talboden und die Schneeberge, das deutschsprachige Oberwallis und das französischsprachige Unterwallis... Im Schutz der hohen Berge hat die Natur in ihrer besten Laune diesen von Reinheit und Sinnlichkeit erfüllten Garten Eden von unverwechselbarem Charakter hervorgebracht. Eine vielfältige Fauna breitet sich darin aus – gibt es einen besseren Beweis für die Qualität eines Hortes der Natur? –, genauso wie diese Gämsen, die von Weitem riesigen Ameisen gleichen und nicht zuletzt die Luchse und Wölfe, die von weither wieder zurückgekehrt sind.


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Mont Ferret “Ich stieg langsam und zu Fuss ziemlich steile Wege hinauf. (…) Ich wollte träumen, und ich wurde immer wieder von irgendeinem unerwarteten Spektakel davon abgehalten. Bald hingen gewaltige Felstrümmer über meinem Kopf. Dann wieder hüllten mich hohe und laute Wasserfälle in ihren dichten Nebel ein. Bald riss neben mir ein endloser Wildbach einen Abgrund auf, dessen Tiefe die Augen nicht zu ergründen wagten. Manchmal verlor ich mich in der Dunkelheit eines dichten Waldes. Manchmal, wenn ich aus einem Schlund heraustrat, erfreute plötzlich eine liebliche Wiese meinen Blick.“ Jean-Jacques Rousseau, la Nouvelle Héloïse

Plan-Cerisier über Martigny “Von hier oben aus gesehen war die Welt immer gleich, die Obstgärten unschuldig, die Weinberge hübsch gefaltet. Und die bleiche Rhone dehnte sich aus, um sich Inseln zu erschaffen, unglaubliche und so grosse, dass das Leben in ihnen möglich geworden ist.“ S. Corinna Bille, Le paradis perdu, La montagne déserte

und Heiterkeit Aber der Raum verändert sich auch laufend, und der Mensch verleiht ihm sein ureigenes Gepräge. Hier, ein wenig abgelegen, ein einsames Chalet; weiter weg eine Luftseilbahn, einer Heuschrecke gleich, und ganz dort hinten dörfliche Siedlungen hoch über dem Tal. Impressionen, die umso idyllischer wirken, als man um die unerforschten Gebiete weiter oben weiss, ganz “dort oben“, wo sich noch kein Mensch jemals niedergelassen hat. Unten im Tal locken die Städte, die diesem einst vornehmlich von der Landwirtschaft dominierten Land zu einer neuen, starken Identität verholfen haben. Mögen sie auch nicht zahlreich und von unterschiedlich grosser Bedeutung sein, so bestechen sie doch durch ihre Dynamik und Vitalität. Die Berge, die einst die hiesige Lebensart bestimmt haben, verleihen ihr heute ihren erhabenen Rahmen, und ihre Schönheit bietet sich dem Betrachter dar wie ein lebendiges Spektakel.

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Die Walliser Alpen

Das Matterhorn

“Das Wallis hat das Matterhorn, um den Himmel zu messen, und die Rhone, um die Erde zu messen.“

Die Pyramiden von Euseigne

Arolla

die Macht der Linie

C. F. Ramuz

“Land, in dem alles immerzu einen Gegensatz hat, das Süsse und das Bittere, das Alte und das Neue, das Zarte und das Felsige. Land der Kraft und der Weichheit, des Wassers und des Weins, des Todes und der Liebe.“ Maurice Zermatten, Les Saisons valaisannes

Punkte, Winkel, Pyramiden... Die Sprache der Geometrie liegt den heroischen Gipfeln der Viertausender zugrunde, deren prominentester Vertreter, ja deren Symbol schlechthin das Matterhorn – der “kosmische“ Berg – ist. Ein Band von blendend weisser Spitze zeichnet sich gestochen scharf auf dem Blau des Himmels ab. Mit wie viel Beharrlichkeit und Ausdauer die Menschen ihre Steilhänge urbar gemacht haben, veranschaulichen die pittoresken Landschaftsterrassen allenthalben, die über unzählige Stufen zu erklimmen sind: Es ist, “als wolle man zum Himmel empor steigen“ *… Im Lauf der Jahrhunderte sind auf diesen einzigartig engen Landschaftsterrassen Rebstöcke herangediehen, die einen den Wallisern ebenbürtigen Wein hervorbringen. Einen Wein von bestechender Vielfalt – und von unverkennbarem Charakter. Was aber wären diese spektakulären Bildmotive ohne die weichen, sanften Kurven von verschneiten Landschaften? Was ohne die glatte, liebliche Ebene und die weiten, offenen Flächen des fruchtbaren Kulturlandes? Hier geht es jedoch nicht um die schnöde Vereinigung von Widersprüchen, sondern um die freie Entfaltung von Gegensätzen. Sobald sie ihr Gleichgewicht untereinander gefunden haben, zeigen sie sich in ihrer ganzen Pracht. * C. F. Ramuz


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Weinberg in der N채he von Sitten


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die Herrschaft des Unermesslichen Das Wallis drängt es einem auf – das Grosse, Gewaltige, Unermessliche. Seine epische Natur neigt zum Überfluss, zeigt einen Hang zum Exzess. Eine fantastische, ja eine metaphysische Dimension, dominiert von der Präsenz all dieser leeren Flächen; eine Welt für sich, in der nicht einmal mehr die Vögel singen. Schwindel erregende Höhen, so weit das Auge reicht; gigantische Markierungen, enorme Gefälle, all diese Vertikalen, die steil zu Boden stürzen. Diese optischen Bruchstellen, diese räumlichen Kontraste sind es, die der Landschaft ihren einzigartigen Charakter, ihre eigentümliche Ausstrahlung verleihen. Das Ferne gesellt sich zum Nahen, das Nahe zum Fernen. Diese Dominanz der Vertikalität kann durchaus den drängenden Wunsch nach Horizontalität wecken, nach einer Lücke, wo der Blick ungehindert und frei in die Unendlichkeit abschweifen kann. Gemach: Die Enttäuschung wird nur von kurzer Dauer sein. Denn das Wallis besitzt trotz seines Umschlossenseins eine grosse Weitsicht “gegen innen“. Überraschend eröffnen sich die eindrucksvollsten Panoramen allenthalben, um sich gleich darauf ebenso überraschend wieder zu schliessen, als hätte sich ein begnadeter Regisseur die ganze Szenerie ausgedacht. Die Walliser sind in der Tat gute Zuschauer. Zuschauen, Anschauen, Hinschauen ist für manche von ihnen Teil ihres Alltags, Teil ihrer Lebensart. Schlucht “Gorges du Trient“ Klettersteig in Bramois Barrhorn-Massiv, im Hintergrund der Dom “Über den Dörfern nehmen die Berge die Welt in Besitz. (…) Hier beginnt die “Masslosigkeit“ dieses Landes. Nackte, zerklüftete, chaotische Flächen gleiten ineinander über, verbinden sich wie die Gewölberippen in Kathedralen und tragen auf ihren Säulen aus Gneis das Gewicht eines unvergleichlichen Himmels. Sie sind die Pforten zur Welt und lassen jeden Morgen die Sonne aufgehen, die Abend für Abend in ihren unergründlichen Schlünden auch wieder verschwindet.“ Maurice Zermatten, Valais

“Ich steh hinter dem Grat, geschützt vor allem Geratter im Tale drüben. Eisweite entführt mein Schauen über den Rand des Himmels hinaus.“ Raymund Wirthner, Am Aletschgletscher, Also kommt der Abend doch

“Immer diese halsbrecherische Flucht gegen den Fluss zu, diese Bergstürze, diese Schluchten, diese Furchen, diese Pfeiler. Der Kopf dreht sich einem. Unten die Ebene, so vollkommen zu unseren Füssen, dass man sich nur vorlehnen müsste… Die blühende Ebene, die fruchtbare Ebene, glatt, fröhlich im Triumph des Frühlings.“ Maurice Zermatten, Les Saisons valaisannes


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“Wir nehmen sie (die Lawinen) wahr, bevor sie unsere Augen oder Ohren in der Unruhe der Berge zu erfassen vermögen. Wir hören sie in uns. Sie gehen durch uns hindurch. Unmöglich, dieses dumpfe Donnern anders als so zu erkennen. (…) Dann beruhigt es sich langsam. So, wie die Zuckungen des Schlafenden weniger werden, wenn er in langen Atemzügen in den Schlaf versinkt. Und plötzlich weitet ein Meerestosen den Graben aus. Tief aus dem Maul des Grabens: das raue, dumpfe Geräusch, es hält uns, es geht nicht mehr weg von uns, selbst wenn wir rennen.“ Maurice Chappaz, La Haute Route

Aletschgletscher “(…) wenn die Wasserfälle dort oben überall an den Felsen wie Fäden hängen, brechen die Gletscher, stürzen die Eismassen ein, und die Schneeplatte auf ihren Rändern wird immer kleiner, als ob eine Wäschebeschliesserin mit ihrer Schere hineinschneiden würde.“ C. F. Ramuz, Muzot, Rilke en Valais


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Ah! Die vermeintliche Unbeweglichkeit der Berge ... Spalten und Risse verschieben und verformen sich, Gletscher ziehen sich zurück, unterirdische Wasser bahnen sich ihren Weg, Lawinen schwellen an, Gesteinsbrocken kommen ins Rutschen, rollen den Hang hinunter, donnern zu Boden. Diese oft über lange Zeit kaum sichtbaren Naturereignisse bergen zweifellos eine gewisse Gefahr in sich. Kühn sind sie und unberechenbar, diese geballten Energien, die sich jederzeit mit gewaltiger Wucht entladen und sich tragisch auf das menschliche Dasein auswirken können. Ob der unermüdliche Bewegungs- und Tätigkeitsdrang der Walliser auf ebendiesen Umstand zurückzuführen ist? Von jeher war das Wallis ein Land von “Alpnomaden“; ein Land, in dem die Menschen mit ihren Viehherden im Lauf der Jahreszeiten den Futter- und Weideplätzen nachgewandert sind. Ab Ende des 19. Jahrhunderts zieht die Bevölkerung im einstigen Durchgangsland Wallis vermehrt von den Seitentälern weg, um sich in der Talebene und in den urbanen Zentren anzusiedeln. Ja, im Wallis ist alles in Bewegung.

in ständiger Bewegung

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Die Rhone im Pfynwald

Staudamm von Emosson

Suone von Clavau

Louvie oberhalb von Fionnay

herrliche und verherrlichte Wasser Im Eis und in den Gletschern, in der reinen Schönheit der Seen, in zarten Nebelschwaden, in gischtsprühenden Wasserfällen, in pflanzenreichen Sumpfgebieten durchtränkt das Wasser die Landschaft und nährt ihre Vielfalt, ihre Vitalität, ihre Poesie. In Überfülle ist das kostbare Nass vorhanden und doch defizitär; Leben spendend und doch bedrohlich, und darum ist die Beziehung zwischen dem Wallis und dem Wasser geprägt von Glück und Bitterkeit, von epischen Empfindungen und dramatischen Vorkommnissen. All dem zugrunde liegen jedoch ein bemerkenswertes Wissen über die Materie und eine intensive * Die erste Rhonekorrektion hat von 1863 bis 1897, die zweite von 1898 bis 1928 stattgefunden. Ziel dieser Regulierungen war vornehmlich der Schutz vor Hochwasser und die Erhöhung der Geschiebetransportkapazität, um das Aufschütten des Flussbettes durch Materialablagerungen zu verhindern. Da diese Anpassungen jedoch nicht ausreichten, hat man sich zu einer dritten, auf neuen technischen Erkenntnissen gestützten Rhonekorrektion entschlossen.

Auseinandersetzung mit derselben. Die Rhone – “die Königin des Tals“, die über Jahrhunderte frei geflossen ist – hat die Geschichte und den Charakter des Kantons wesentlich geprägt und in der Bevölkerung lange Zeit so widersprüchliche Empfindungen wie Anziehung, Verklärung, Gleichgültigkeit oder gar Abneigung ausgelöst. Heute, da sie von ihren herumvagabundierenden Launen und ihren verheerenden Ausbrüchen weitgehend befreit ist (die dritte Rhonekorrektion erfolgt gerade *), ist sie zahm und fruchtbar geworden. Von stupender Reinheit und Klarheit ist das Wasser, das im Wallis eine Art “Urquelle“ zu haben scheint; jeder Schluck erinnert an die Frische eines Bergbachs, an das Plätschern einer Quelle, an den Atem der Erde, des Lebens.


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Genfersee Unterirdischer See von Saint-Léonard

“Bergsee, dunkler Spiegel der Unendlichkeit, von Felsen und Auen umfangen. In dir hat der Himmel die Seele verloren, baden eisige Firne zackenklare Träume.“ Hannes Taugwalder, Schwarzsee, Gespräch mit dem Schweigen

See zu Füssen der Dents du Midi

“(…) der Rotten bringt die Höhe mit sich. Als Kind der Berge führt er ihr Klima, ihre reine Luft mit sich; er ist ein Sohn der Höhen, er behält ihre Wildheit und den Schwung, den er sich auf ihren Flanken geholt hat und der ehrlich gesagt nicht nachlässt, nie; er wird ihn während seines ganzen Laufs beibehalten.“ C. F. Ramuz, Muzot, Rilke en Valais

“Da war ein See, einsam im Gebirge, und ich habe darin gebadet (…) Ich habe gesehen, wie die Sonne aus dieser Schale Nass getrunken hat und sturzbetrunken hinter die Felsen gekippt ist.“ S. Corinna Bille, Le lac, La montagne déserte


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22 GESICHTER

“Auch wenn der Winter den Schnee im Tal in Massen anhäuft, glüht dieses Land von Juli an vor Hitze. Die bis zum Platzen mit Wasser gefüllten Wolken sind zu schwer, um über die Pässe steigen zu können. So haben sie sich unnützerweise über den steinigen Höhen entladen, und der bewohnte Teil des Gebirges hat davon nichts anderes als das Echo der weit entfernten Gewitter gehabt.“ Maurice Zermatten, Valais

“Diaphner Himmel von frischen Morgenröten, bleierner Himmel von glühenden Sommern, blauer Himmel von leuchtenden Herbsten; Himmel, vom Grat der Berge gestützt, der für die Wolken oft nicht zu überwinden ist, der aber, durch einige Öffnungen gegen Süden, den Föhn passieren lässt, diesen warmen Wind, der vom Meer herkommt.“ Claude-Henri Carruzzo, Cépages du Valais

“Ich liebe dieses Wetter. Dieses grossartige Wetter im Wallis, vom Winde ausgefegt, der den Engeln keinen Platz lässt, und der bewirkt, dass wir auf diesen Wegen gehen wie betrunkene Männer. (…) Oh, dieses Hü und Hopp! der allzu blauen Berge!“ S. Corinna Bille, Foehn, La montagne déserte

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Klimawelten Das Wallis, das ist zuallererst ein Himmel, ein Himmel wie gewaschen, tadellos, neu, neu wie am ersten Tag der Welt. Ein warmes, trockenes, ausserordentlich sonniges Klima – das sonnigste der Schweiz – zeigt sich von schier verschwenderischer Grosszügigkeit. Unter seinem Gipfelmeer hört man die Nachtigall singen, sieht man Thymian, Lavendel, Aprikosen wachsen... Sorten, die normalerweise unter mediterranen Himmeln gedeihen, finden hier, in diesem einmaligen Mikroklima, zu üppiger Vielfalt in Freiheit. Aber auch der Kontrastreichtum des hiesigen Klimas ist bemerkenswert. Die Jahreszeiten und Temperaturunterschiede sind intensiv. Da das Wetter von einem Moment auf den anderen umschlagen kann, entfesseln sich die Elemente wie “unter dem launischen Atem eines Riesen“ *, und die Perioden zwischen den Jahreszeiten erzeugen in diesem Land, das die Extreme liebt, Impressionen von flüchtiger Melancholie. Überdies wechselt das Klima innerhalb des Kantons von Gegend zu Gegend. Innert weniger Stunden gelangt man von den üppigen Erdbeer- oder Spargelfeldern in der Talebene über die malerischen Weinregionen bis hinauf zu schneebedeckten Höhen. Die Natur jedenfalls freuts: In welchem anderen Land existieren schon alle Jahreszeiten einträchtig nebeneinander, wo alle Wetter zur gleichen Zeit am selben Ort? Was die einzelnen Gegenden klimatisch miteinander verbindet: jene fruchtbaren Winde – namentlich der warme, trockene Föhn –, die spielerisch die Dunstschleier aufzulösen vermögen, welche sich wie durch Zauberhand zu spektakulären Nebelmeeren zusammenfügen können. * Maurice Chappaz


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Glänzendes Karminrot, Glitzern aus Gold, die Bläue der Himmel und der Wasser: Die Palette einer virtuosen Natur verfügt – passend zu jeder Jahreszeit – über die wundersamsten Farben, deren Leuchtkraft die Walliser Sonne aufs Vorteilhafteste hervorzuheben versteht. Und welche Farbe dominiert? Blau, ohne Frage. Das typische “Walliser Blau“, das für den wolkenlosen Himmel, die wasserklaren Bergseen, die hell strahlenden Augen der Bergführer steht und immer auch etwas von der Präsenz des Schnees, des blendend weissen, in sich trägt. Weiss sind auch das ewige Eis, melkfrische Kuhmilch, Schäfchenwolken – und doch nicht ganz weiss, weil von mineralischen Grautönen aufgemischt. Grau ist der Schiefer, grau sind die Felsen, die in Verbindung mit Holz an Tiefe und Wärme gewinnen. Chalets und Schindeln sind ebenfalls aus Holz, genauso wie eine schlichte, sonnenverbrannte Bank, und in Kombination mit Rot ist Holz eine Augenweide. Rot wie das Kantonswappen und die Fahne des FC Sion, rot wie der Klatschmohn oder manch gehaltvoller Walliser Tropfen... Die Blumen der Berge aber, weisser als der Schnee, blauer als der Himmel, röter als jede Fahne, triumphieren in stummer Pracht.

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“(… ) In diesem Teil des Dorfes haben die Häuser auf der Vorderseite zweifarbige Mauern, unten weiss, oben braun; im anderen überragt die niedrigere Rückwand kaum den engen Durchgang zwischen ihnen und der nächsten Häuserreihe; sie sind schwarz und weiss nach vorn hin, sind nach vorn hin reinlich geordnet, getrennt wie in einem Garten die Bienenstöcke; hinten hinaus ganz schwarz und verschwommen in dem Schatten, den sie auf den morastigen Durchgang werfen.“ C. F. Ramuz, Derborence

“Von unserer Mauer aus sehen wir das Gewirr der blauen Dächer, die den im Mondschein schillernden Wellen des grossen Wassers gleichen, das vom Berg heruntergekommen und plötzlich aufgefangen worden ist. Der Schiefer hier wirkt leicht in den Farben des Nachthimmels, und so viel stumpfes Blau gibt der Stadt ihre Identität. Abwechslungsreicher und fröhlicher als das Braun der Ziegel – diskret und vibrierend im südländischen Licht –, antwortet der Schiefer zärtlich auf das Grau der Hügel, auf das weitverbreitete Grün der Bäume.“ Maurice Zermatten, Sion, capitale aristocratique et paysanne

wandelbare Vitalität


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Portjenhorn Sitten

Sitten Grand Six Blanc

Weinberg Lieskamm-Grat

“Was gibt es im Wallis an Unvergänglichem? Aber ja: das Licht! Jenes schöne Licht im Februar auf allen Hängen; dieses glühende Rosa gegen Abend oder dieses Weiss zwischen Seide und Flamme, das am Morgen über die Schneeflecken gleitet. Und dann ist es auch in den Menschen, es ist die einzige Zukunft, an die ich glaube, ja, es ist die Schönheit der Gegenwart (…)“

“Die optischen Täuschungen, die unterschiedlich beleuchteten Bergspitzen, das Halbdunkel von Sonne und Schatten und all die Lichtkollisionen, die sich daraus am Morgen und am Abend ergeben.“

“Es ist doch eigentlich Herbst, aber was hat es mit dieser absoluten Treue der Sonne, dieser Klarheit des Lichtes auf sich? Hat sich der Sommer nicht über seine üblichen Grenzen hinaus verlängert, indem er bloss seine Spitzen abgeschwächt, sein Licht vergoldet hat? Die Weinernte ist zu Ende.“

Maurice Chappaz, La Haine du passé

Gabriel Lory, Voyage pittoresque de Genève à Milan par le Simplon, 1811

Maurice Zermatten, Les Saisons valaisannes


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Rhoneebene zwischen Agarn und Turtmann

Transzendenz des Lichtes Seine Anmut ist überall. In den von der Sonne verwandelten Farben. In den theatralischen Schatten der Bergmassive. Auf den Flächen der Talebene. In den schier mystisch wirkenden Nebelteppichen. Im Glitzern, Glänzen und Gleissen von Eis und Schnee, bis es einen blendet. Im Zittern zarter Blütenblätter. In der Form der Dinge. Im Herzen der Menschen. Im Wallis erinnert das einzigartig intensive und klare Licht an den ungetrübten Blick eines Kindes. Als Quelle des Wohlbefindens scheint es mehr zu enthüllen als zu erhellen: das ideale Licht für Maler, Künstler, Philosophen. Wenn der Herbst kommt und mit ihm die ihm eigene subtile Durchsichtigkeit, könnte man sich in einem japanischen Holzschnitt wähnen. Da oben, hoch über den himmlischen Gipfeln, flammen die Sonnenuntergänge gegen das Zögern des Horizontes auf, gegen die pfirsichfarbenen Weiten, gegen die sanften Schimmer. Ein solches Licht lässt einen immer wieder von Neuem an die Existenz von Glück glauben.


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eine vibrierende Welt Bilder, die sich auf der Netzhaut einbrennen, und Empfindungen, die unter die Haut gehen, halten die Erinnerung an ein Land lebendig. Im Wallis geraten flüssige und feste, dynamische und statische Stoffe aneinander, vertragen und ergänzen sich, fügen sich zusammen, verschmelzen miteinander. Der Fels, omnipräsent, ist gleichzeitig Gerüst, Skulptur und Landschaftsmaterial. Der Untergrund – das geheime, unbemerkte Reich und doch der Ursprung von allem – ist mit Granit, Erzen, Serpentinen durchsetzt… Der grosse Verbündete des Urgesteins ist das Wasser: Es ist überall. Im jungfräulichen Schnee am Morgen, im plätschernden Bergbach, im unterirdischen See, im ewigen Eis, in einer rasch vorüberziehenden Wolke, in einer sprudelnden Quelle, in einer frischen Wasserlache... Die Weinblätter an den Rebstöcken, die Bäume im “Fruchtund Gemüsegarten der Schweiz“, ein Nadelteppich, das Gras auf einer Wiese, die Blütenblätter einer Waldrebe bieten sich dar wie paradiesische Gaben. Zu diesen Urstoffen kommen Stein und Holz hinzu, in natürlicher oder in verarbeiteter Form. Damals wie heute sind sie alltäglicher Bestandteil von Chalets, Türmen, Mauern... Alltäglich und nicht minder typisch für das Wallis sind auch jene Spezialitäten, die von der Grosszügigkeit der Natur und von den Fertigkeiten der Menschen zeugen: Honig, Trockenfleisch, Roggenbrot – Köstlichkeiten, die sich gegenseitig aufs Geschmackvollste ergänzen. Aus diesem unerschöpflichen Katalog sticht eine Materie besonders hervor, noch erstaunlicher als alle anderen und unendlich kostbar: die Luft, die reine, würzige Luft, die die Farben noch lebhafter, die Linien noch klarer wirken lässt und Geist und Sinne der Menschen von jeher zu entzücken versteht.


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“Das Wallis ist nicht geistig, es ist materiell. Es ist schwer von seinen hundert Viertausendern, von seinen Tausenden Pyramiden, eine an die andere gedrängt. Gedräng an Gedränge, von Flüssen nur zernagt; behaart mit Bäumen, mit Tannen- und Lärchennadeln, mit Kräutern, mit Moosen, mit Flechten und bedeckt von Gletschern.“ Maurice Chappaz, Portrait des Valaisans en légende et en vérité

“Mit ihren glitzernden Schneefeldern, die sich wie eine Decke aus Salz darbieten und deren kristallene Oberfläche einem in die Finger schneidet…“ Gilberte Favre, Journal et feuille d’avis du Valais 2 nov. 1937, Mémoire de Sion la vie quotidienne 1850-1950

“Ich sehe die gelbliche Erde wieder, fett, glitschig, auf der die Nackt- und die Weinbergschnecken herumkriechen, einen Silberstreifen hinter sich lassend; die grossen Beeren mit den grünen, eng zusammengedrängten Kernen oder jene mit den weiter auseinanderliegenden Kernen, auf der Seite zur Sonne braun gefleckt und manchmal in einem Blatt verfangen, das sie daran hinderte, zu uns zu gelangen, sobald der Stiel abgeschnitten worden war.“ C. F. Ramuz, Vendanges


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Raclette

Humagne Rouge

Safran aus Mund

“Die Suonen dufteten nach Margeriten und der Wald nach Lebkuchen.“

“Es riecht stark und heiss, es riecht nach Erde, die unter der Sonne gedampft hat, nach trockenem Gras, nach Thymian, nach Minze (…) nach heissem Stein, nach Korn, das bald reifen wird, und nach dem Versprechen der Traube.“

“Tausend Wohlgerüche entfalten sich in den Lichtungen, wo wir unsere kleinen Chalets hingebaut haben.“

S. Corinna Bille, La besace, La montagne déserte

C. F. Ramuz, Derborence

Maurice Zermatten, Les Saisons valaisannes


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mythische, betörende Gerüche Genauso kontrastreich wie die Jahreszeiten, genauso lebhaft wie die Farben schweben tausend Wohlgerüche im Gebirge, getragen vom Wind und von der Aussicht auf glückliche Tage. Sie bilden eine einzige betörende Duftwolke von ausserordentlicher Reinheit und Authentizität. Alles, was in der Luft mitschwingt und von ihr aufgefangen wird, wird in diese einzigartige Komposition von unverfälschten Düften integriert. Essenzen von Blumen, von aromatischen Kräutern; von Harz, Pollen, Wiesen, Gletschern; von Rebstöcken, von Wein und von traditionellen Walliser Gerichten... Es sind die Gerüche eines “Paradiesgartens“, genauso mythisch und unvergänglich bis in alle Zeit. Region von Bleusy zwischen Haute-Nendaz und Siviez

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“Jede Musik berührte das reine Kristall der Himmelsbläue; wenn sie fiel, sprang sie wieder auf, traf die Berge stärker als die Felsen, verbreitete sich unermüdlich in der Ebene, die sie füllte bis zu den Rändern. (…) Vom Winter getragen, ist der Gesang einer Amsel rund um die Welt gegangen.“ Maurice Zermatten, Les Saisons valaisannes

“Und in diesem Augenblick hörten sie um sich herum etwas wachsen, das unmenschlich war und auf die Dauer nicht zu ertragen: die Stille. Die Stille des Hochgebirges, die Stille dieser verlassenen Zonen, wo der Mensch nur zeitweise auftaucht; da muss einer nur zufällig selbst still sein, so kann er lang hinhorchen, er hört nur, dass er nichts hört.“ C. F. Ramuz, Derborence

Eringerkühe im Val d’Anniviers


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eine bewohnte Stille Endlich Stille. Eine tiefe Stille, die einem den Atem nimmt. Eine so grosse Stille, dass man das Schlagen des eigenen Herzens hört – genauso wie den Wassertropfen, der zu Boden fällt. Und den Föhn in den Ästen. Das Stakkato der Felsen. Das Knacken des Holzes. Das Läuten der Kirchenglocken. Das Geräusch von rutschenden Steinen am Ende des Weges. Das Bimmeln der Herden. Das Tosen des Wasserfalls. Ah, die viel besungene “Stille“ der Berge! Aber da entfaltet sie sich auch schon wieder neu, wickelt einen ein, sorgsam auf ihre Vollkommenheit bedacht.


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WORTE EINER WALLISERIN

Thérèse Andenmatten Renaud Das Leben oben, das Leben unten

Thérèse errichtet hier gerade einen Cairn, einen kleinen Steinhügel, der im Gebirge als Wegweiser dient.

Seit zweiunddreissig Jahren bin ich Hüttenwartin – zuerst gemeinsam mit Ambros, dann allein (auch wenn Mark und Yannick übers Wochenende und in den Ferien jeweils hochkommen). Ich weiss, was Einsamkeit ist: Mahlzeiten, die man zuweilen ohne rechten Appetit verzehrt, der sehnliche Wunsch nach Gesellschaft und Erinnerungen, die einen oft hinterrücks überfallen. Auf 3030 Metern Höhe sind die Reue und die Träume grösser als anderswo. Aber ich weiss auch, wie wunderbar es ist, morgens in all der Pracht zu erwachen, die mich umgibt. Die feierlichen Gletscher, die hochmütigen Tannen, die Steinböcke, die ich praktisch durchgefüttert habe und die regelmässig herkommen, um die Reste zu fressen. Das Gefühl von frischer Luft auf meiner Haut. Die Natur hier oben ist die Verlängerung meiner selbst. Mein Tagesablauf, meine Laune, meine Ernährung, meine körperliche Kondition, alles hängt von der Natur ab.

Und dennoch: Welche Farbe der Himmel auch haben mag, welches Schicksal auch immer mir beschieden sein wird, ich weiss, dass mein Platz hier oben ist. Meine Hütte, die “Britannia“, hat fünfzehn Zimmer. Wenn ein Sturm tobt und kein Mensch hier ist, höre ich sie knacken, meine Hütte. Ich bin mir sicher, dass sie leidet und dass sie genauso widersteht wie ich. Ich vertreibe mir die Zeit, indem ich Kriminalromane lese oder mich um die Wartung kümmere; dennoch sind die Tage manchmal lang. Aber das können sie auch sein, wenn die Gäste aus aller Welt da sind: Deutsch-, Französisch-, Englisch- und Italienischkenntnisse sind unabdingbar, um sich überhaupt verständigen zu können. Eine Hütte ist der ideale Ort, um Menschen kennen zu lernen. Die meisten sind sympathisch und glücklich, hier zu sein. Man erzählt sich gegenseitig Geschichten, wird mit anderen Ansichten konfrontiert, und Freundschaften werden geschlossen. Aber es gibt auch Nörgler, Menschen, die niemals zufrieden sind: Mal ist nicht genug Gemüse auf dem

Hüttenwartin Teller, mal sind die Preise zu hoch… Und dann sind da die Unbekümmerten, die, ohne vorher reserviert zu haben, einfach hereinschneien oder die ohne Vorankündigung gar nicht erst erscheinen, weil sie sich kurzfristig ` für eine andere Route entschieden haben. Das Empfinden von Achtung und Respekt ist aber gerade in dieser manchmal grausamen Umgebung grundlegend. Die Gletscher haben ihre “Tabuzonen“, die sie den Menschen vorenthalten. Zu jeder Jahreszeit gibt es tödliche Unfälle. Manchmal muss ich die Sachen der Verunfallten aus dem Schlafbereich holen, um sie den Rettern zu übergeben. Camille Bournissen, der 1968 als Erster die Nordwand der Dent Blanche bestiegen hat, hat einmal zu mir gesagt, dass es für den Menschen schwer sein müsse, in einer Gegend zu leben, in der keine Bäume wachsen. Ich glaube das nicht. Es genügt, wenn man um sich zu schauen und jede Jahreszeit zu geniessen weiss. Man muss lieben können. Und manchmal auch – ein wenig – an jene denken, die “unten“ geblieben sind...

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Um 30 000 v. Chr. Die ersten menschlichen Spuren in der Region von Tanay. Um 25 000 v. Chr. Höhepunkt der letzten Eiszeit. Der Rhonegletscher erreicht Lyon. Um 5000 v. Chr. Erste Hirten-Bauern im Wallis (Anfang des Neolithikums). Um 2200 v. Chr. Erste Metallverarbeitung im Wallis (Anfang des Bronzezeitalters).

Um 16/15 v. Chr. Das Wallis wird ins Römische Reich eingebunden. Die römische Stadt Martigny (Octodurum, dann Forum Claudii Vallensium) wird einige Jahrzehnte später gegründet (44 n. Chr.). 515 Gründung der Abtei SaintMaurice, in der Nähe des mutmasslichen Austragungsortes des Martyriums der thebäischen Legion (zwischen 286 und 305). Ende des 6. Jahrhunderts Verlegung des Bischofssitzes von Martigny nach Sitten.

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999 Rudolf III, der letzte König von Neuburgund, schenkt dem Bischof Hugo von Sitten die Grafschaft Wallis. Mitte des 11. Jahrhunderts Gründung des Hospizes auf dem Grossen Sankt Bernhard. 11.–15. Jahrhundert Aneignung des Walliser Ostteils durch das Haus von Savoyen (1352 Eroberung des Sitzes von Sitten durch savoyische Truppen).

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1349 Die Pest erreicht das Wallis und stoppt die demografische Entwicklung der vorangegangenen Jahrhunderte. Überdies wirkt sie sich negativ auf die lokale Wirtschaft aus, um die es schon seit Anfang des 14. Jahrhunderts schlecht bestellt ist. 1415–1420 Die Kriege von Raron. Die Gemeinden des Oberwallis kämpfen gegen den Fürstbischof von Sitten.

1475 und 1536 Allmähliche Ausbreitung des bischöflichen Reichs bis zum Genfersee, was dem Herzogtum von Savoyen zum Schaden gereicht.

1569 Vertrag von Thonon, der die definitive Grenze zwischen dem Herzogtum von Savoyen und der Grafschaft Wallis bei der Morge von St-Gingolph festlegt.

1510–1522 Konflikt zwischen Matthäus Schiner und Georges Supersaxo. Schlacht von Marignano, in der sich Schiner auszeichnet.

1603 Der Landrat beschliesst, dass der Katholizismus im Wallis zur “Staatsreligion“ erklärt wird. Von da an verzeichnet die Bewegung der Reformation einen starken Rückgang.

1634 Der Bischof von Sitten – namentlich in der Person von Hildebrand Jost – verzichtet endgültig auf die weltliche Macht. Zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts Wirtschaftlicher Aufschwung des Simplongebiets unter Kaspar Jodok von Stockalper (1609–1691). 1798 Walliser Revolution Das Unterwallis erringt Rechtsgleichheit.

1815 Das Wallis wird ein Schweizer Kanton. 1839 Das Hotel Mont Cervin in Zermatt wird eröffnet. 1845–1848 Das Wallis ergreift Partei für den Sonderbund, die separate Allianz der katholischen gegen die protestantischen Kantone. Schweizer Bürgerkrieg und Niederlage des Sonderbunds.

1850–1900 Viele Walliser wandern nach Übersee aus. Entwicklung des Alpentourismus. Erste Rhonekorrektion. 1856–1878 Bau der italienischen Eisenbahnlinie von Bouveret nach Brig. 1890–1913 Industrielle Entwicklung, vorangetrieben durch die Nutzung der Wasserkraft sowie durch den Bau des Simplontunnels (1906) und des Lötschbergtunnels (1913).

1900–1914 Künstlerisches und literarisches Schaffen rund um das Thema “Vieux Pays“: Die Berge und die Bevölkerung des Kantons Wallis werden zum Sinnbild einer idealen Schweiz hochstilisiert. Intensive Förderung der touristischen Entwicklung und Bau der Bergeisenbahnen.

1900–1 Grundsät Trockenle und Mod Landwirts die Produ Zunehme Milch, W

1945–1 Grosse B Errichtun im Hoch kantona sowie de internati über die


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DES WALLIS

Tourbillon und Valeria, Wahrzeichen von Sitten 1900–1950 Grundsätzliche Verbesserungen, Trockenlegungen, Rodungen und Modernisierungen im Landwirtschaftssektor erhöhen die Produktivität des Kantons. Zunehmende Vermarktung von Milch, Wein, Obst und Gemüse. 1945–1975 Grosse Baustellen zur Errichtung von Staudämmen im Hochgebirge. Ausbau des kantonalen Strassennetzes sowie der nationalen und internationalen Verbindungen über die Alpenpässe.

Ab 1970 Der Wintersport gewinnt zunehmend an Popularität, vor allem Ski alpin. Bedeutende Verstädterung im Wallis und Intensivierung der Arbeitsbeschäftigung sowohl in der Rhoneebene als auch im touristischen Berggebiet. 2007 Eröffnung der Neuen Eisenbahn-Alpentransversalen (NEAT) durch den Lötschberg, die das Wallis dem Rest der Schweiz näher bringt.

Ein stolzes Erbe


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glühend und einigend Silbertaler, 1501 von Bischof Matthäus Schiner nach dem Bildnis von St. Theodul als Graf-Bischof vom Wallis geprägt “La Matze”, von Raphael Ritz, 1892. Die Volksaufstände des 16. Jahrhunderts und Anfang des 17. Jahrhunderts Die Eindämmung der Rhone von Raphael Ritz, 1888 “Wie einer, der von der Mutter spricht, ihr ähnlicher wird, wenn er redet, hat dieses glühende Land seinen Durst gestillt mit dem unendlichen Wiedererinnern.“ Rilke, Die Walliser Gedichte

“Von jeher hat man sich verteidigen müssen. Tal, Durchgangsland, Korridore, Pässe; all die Abenteurer, all die Unzufriedenen, all diejenigen, die sich nach der Sonne sehnten, versuchten, diese Grenzen zu überwinden und haben sich in den Aufmärschen gegen dieses Land engagiert. Hastig hat man sich auf Platz versammeln müssen, die Waffen ergreifen, in den Hinterhalt laufen müssen…“ Maurice Zermatten, Valais

“Auf den Schlachtfeldern Europas machten die robusten Hirten eine gute Figur. Im Dienst von Frankreich, Spanien, Holland oder auch im Dienst des Empires hielten sie ihre Liebe für das gelebte Heldenepos hoch, diese in Blut geschriebene Dichtung. (…) Aber die Frau war da, arbeitsam, aufmerksam darauf bedacht, das Feuer im bescheidenen Heim nicht ausgehen zu lassen. Während der Mann das Land mit Geschichte, mit Trophäen und manchmal auch mit Titeln bereicherte, war sie schlicht die Beständigkeit in Person, verkörperte Unsterblichkeit.“ Maurice Zermatten, Valais

Die Turbulenzen der Geschichte hätten das Wallis aufgrund seiner

Die Eindämmung der Rhone, die 1863 in einer ersten Phase nach

geografischen Lage weitgehend verschonen können, und dennoch

verheerenden Überschwemmungen erfolgt, verstärkt die kämpfe-

haben sie gerade diesen Landstrich heimgesucht. Das Wallis – zuerst

rische Haltung und den unbeugsamen Willen der Walliser noch.

im Schoss des Burgundischen Königreichs, dann unter der Herrschaft

Die Geschichte nimmt Einfluss auf eine Gesellschaft und ihre

des Hauses von Savoyen, von dem es sich schliesslich loslösen

Strukturen. Die Fürstbischofe zeugen von der Verstrickung von

kann – konsolidiert seinen Status als Alliierter der Helvetischen

Politik und Religion im Wallis. Walter Supersaxo ist der erste

Eidgenossenschaft und wird dann zum Kanton der “Helvetischen

Bischof, der um 1480 Münzen prägt: ein deutliches Zeichen von

Republik“, die 1798 gegründet worden ist. Kurz darauf – im Jahr 1802

Macht, das sich gegen Savoyen richtet. Auch die Burgergemeinden

genau – wird das Wallis von Bonaparte zur unabhängigen Republik

haben im Wallis von jeher eine bedeutende Rolle gespielt. Das

erklärt und 1810 unter der Bezeichnung “Département du Simplon“

“Konstitutionelle“ hat im Lauf der Zeit die Aktivitäten der

dem französischen Reich einverleibt, bevor es 1815 als zwanzigster

Einwohnergemeinden ergänzt und kommt in zahlreichen

Kanton der Schweizerischen Eidgenossenschaft beitritt. Diese rasche

Bereichen zur Anwendung.

Folge von verschiedenen “Nationalitäten“ hat den Kampfgeist und den

Aus seiner sowohl stürmischen als auch von Stolz und Eigensinn

Unabhängigkeitsdrang des Kantons noch gefördert. Mehr noch aber

geprägten Geschichte hat das Wallis einen reichen Schatz an

hat sie die Bindung zum Lokalen gefestigt, die das nationale

Traditionen und Erinnerungen davongetragen – so, wie sich das für

Zugehörigkeitsgefühl zweifellos überwiegt.

ein “richtiges Land“ nun mal gehört.


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Die erste Walliser Karte, 1545 in der ber端hmten Kosmographie des Basler Humanisten Sebastian M端nster publiziert.


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Rechnungsbuch von Kaspar Stockalper Galerie von Agalby auf der Simplonstrasse, 1805 eröffnet (Auszug aus Gabriel Lorys Voyage pittoresque de Genève à Milan par le Simplon, Paris 1811)

“Winter wie früher, als es zwischen der Talebene und den Bergen nur einen ganz kleinen Weg gab… Damals lebten sie ausserhalb der Welt, in einer Welt, die ihnen allein gehörte, und die winzigsten Ereignisse nahmen ungeheure Dimensionen an.“ Maurice Zermatten, Les Saisons valaisannes

“Zwischen Bern und Mailand ein Schloss trennend vor Tunnels Du hast Italien am Finger und Bern ein wenig ganz an der Hand aber das Wallis (…) “ Raymund Wirthner, Brig, Also kommt der Abend doch

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Bonaparte, Konsul, beim Überqueren des Grossen Sankt Bernhard-Passes von Jacques Louis David

eine offene Welt Eine kleine Welt, von Bergen umgeben. Aber auch eine kleine offene Welt. Sie hat einen Pass, den Grossen Sankt Bernhard, der trotz seiner Höhe seit alters begangen wird; sie hat einen Fluss, die Rhone, die sie von einem Ende zum anderen durchquert, und sie

Kaspar Stockalper von Georg Christoph Mannhaft Episode aus den Punischen Kriegen (Hannibal gegen die römische Armee); italienische Schule

verfügt über eine Achse, die sich schon die Römer zwischen Italien und Nordgallien zunutze machten. Von den Ländern des Nordens bis zu den Mittelmeerländern eröffnen sich so bedeutende Handelsstrassen. Eines Tages gibt es einen zweiten Pass, dann einen dritten, und irgendwann einmal bohren sich kilometerlange Tunnels durch diese dicken Erd- und Gesteinsmassen hindurch. Ob das Wallis wohl irgendwie “mit dem Verkehr beauftragt“ worden ist, wie sich das schon C. F. Ramuz gefragt hat? Im Gegensatz zum gängigen Klischee ist das Wallis also weit davon entfernt, abgeschlossen von der grossen weiten Welt zu sein, und neue Ideen, Moden, kollektive Hoffnungen, grosse und kleine Geistesströme setzen sich hier ebenso schnell durch wie anderswo in Europa auch. Kühne, weitsichtige Persönlichkeiten wie Matthäus Schiner und Georges Supersaxo – um nur zwei zu nennen – haben schon zu ihrer Zeit ein Beziehungsnetz über den ganzen Kontinent gespannt. Kaspar Jodok von Stockalper errichtet im 17. Jahrhundert ein Wirtschaftsimperium, indem er sich den Simplonpass zunutze macht. Auf militärischer Ebene gründet er ein Heer von Söldnern, deren Dienste er fremden Fürsten oder Königreichen anbietet. Die Walliser haben nie in vollständiger Autarkie gelebt. Ihre Händler und Kaufleute sind in so bedeutenden Städten wie Rotterdam, Lyon, Mailand, Genua oder Venedig aktiv, während die Offiziere im Dienst europäischer Höfe bei ihrer Rückkehr von den Fortschritten in Kultur und Wissenschaft berichten. Ausländische Künstler und Architekten ihrerseits gelangen ins Wallis, um hier ihr Talent unter Beweis zu stellen. Es gibt eben keine wahrhaften Grenzen, ausser im Bereich des Intimen. Alle anderen sind dazu da, überschritten zu werden…


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kostbare Begegnungen “Eine tiefe Seele kommt bei den weit verstreuten Dorfgemeinschaften zum Ausdruck, verbunden durch den bitteren Absinth, die Wurzeln der Enziane, die Kristalle, den Vorstoss der Gletscher, die Einsiedeleien, die am Berg kleben wie Waben.“ Maurice Chappaz, Testament du Haut-Rhône

Während die Rhoneebene noch nicht ganz trockengelegt und die Industrialisierung erst in ihren Anfängen ist, erschüttern schwere politisch-religiöse Unruhen das Land. Das 19. Jahrhundert ist ein schwieriges Jahrhundert, und viele Walliser suchen ihr Heil im Neuanfang in einer ganz anderen Welt, in einem ganz anderen Leben, selbst wenn sie dafür in der Heimat alles aufgeben müssen. Sie wandern nach Argentinien, nach Amerika und insbesondere nach Kanada aus... Das Phänomen der Emigration

“Dass das Land trocken ist, weiss man seit Jahrhunderten. Dass es arm ist, hat man an dem Tag erkannt, an dem man die Augen aufgeschlagen hat. Was also hat sich verändert? Diejenigen, die fortgehen, sind Feiglinge! … Und im Übrigen hat man doch auch noch Waffen, um sich zu wehren.“

verstärkt sich mit dem Ausbau der Eisenbahnlinien und des Strassennetzes, weil dadurch das Reisen

Maurice Zermatten, Les Saisons valaisannes

Nicht, dass dieser Hang zum Ausreisen neu wäre. Schon seit dem 15. Jahrhundert haben sich die Walliser

erheblich erleichtert wird; auch die Schweizer Städte werden für viele Walliser zur Wahlheimat. Später macht sich ein wahres Heer von Missionaren nach Indien, Tibet, Ecuador, Algerien, Tunesien oder Burundi auf, um dort den katholischen Glauben zu verbreiten. auf militärischer Ebene in den Dienst ausländischer Staaten wie Spanien, aber auch die Niederlande, Piemont, Savoyen, England und natürlich Frankreich gestellt. Mit der Machtergreifung von Napoleon vergrössert sich ihre Anzahl noch.


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Wenn das Wallis lange Zeit ein Auswanderungsland war, so ist es – wie andere

den 1860er-Jahren. Gegen Ende jenes Jahrhunderts beginnen die intellek-

Regionen in der Schweiz auch – allmählich zu einem Einwanderungsland

tuellen Eliten der Schweiz auf ihrer schwierigen Suche nach einer klar definier-

geworden. Zuerst für die Italiener (infolge des Eisenbahnbaus Ende des 19.

ten Identität ein eher vergangenheitsverklärtes Bild des Wallis zu schaffen. Sie

Jahrhunderts), dann für die Spanier und vor allem für die Portugiesen,

richten ihren Blick auf den Bergbauern, den “Homo alpinus“, der bald zum

schliesslich für die Einwanderer aus den Balkanstaaten. Und wieder wird das

Symbol der authentischen Schweiz wird. Das Bergdorf wird zum Urbild einer

Klischee vom Abgeschottetsein über den Haufen geworfen: Das Wallis erweist

autarken, eingeschworenen Bauerngemeinschaft, die zwar arm, dafür aber

sich als ein Land, in dem das Neben- und Miteinander von Angehörigen ver-

stark und intakt ist und in vollständigem Einklang mit der Natur lebt.

schiedener Völker möglich ist. Zudem ist eine grenzüberschreitende

So entsteht das Konzept des “Vieux Pays“, des “Alten Landes“. So zweifelhaft

Solidarität der Bergbewohner zu beobachten, die noch stärker als die inter-

und komplex dieser Begriff auch ist, so setzt er sich doch in der Bevölkerung

kantonalen Beziehungen zu sein scheint.

durch und wird schliesslich fester Bestandteil ihres Selbstverständnisses.

Man kommt hierher fürs Leben, oder auch nur auf Besuch. Rousseau, der

Entstanden als blosse Projektion der intellektuellen Eliten vor 1914, gelingt es

grosse Naturfreund mit einer Begabung für die Wiedergabe von Subtilem, ist

diesem einzigartigen Konzept, sich im Lauf der Zeit in den Köpfen von Jung

der Erste, der die Schönheit und den Charme des patriarchalischen Lebensstils

und Alt festzusetzen – so sehr, dass es heute noch zahlreiche starke Bilder und

der Walliser einzufangen weiss. Der Tourismus entwickelt sich im Wallis seit

Klischees nährt, die immer noch mit dem Kanton verbunden werden.


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Stockalperschloss von Brig Rรถmische Ruinen in Martigny

Turm von Saillon Festungsmauer des Schlosses von Tourbillon


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die Gegenwart der Vergangenheit Es ist eine Geschichte voller Feuer, Blut und Eisen, die gleichzeitig auch von grossen Inspirationen und brillanten Einfällen durchsetzt ist: Das architektonische Erbe prägt die schöne Walliser Landschaft mit seiner reichen Vielfalt. Wenn auch zuweilen die Steine der Schlösser für die Mauern der Weinberge weiterverwendet und trutzige Türme verlassen, malerische Alphütten im Lauf der Zeit vergessen worden sind, widerspiegeln all diese Gebäude die lange, bewegte Geschichte eines Alpenvolkes – und zeugen von den diversen internationalen Einflüssen auf ihre Bauweise. Die Basilika von Valeria, die in ihren Mauern die älteste noch spielbare Orgel der Welt aus dem Jahr 1435 birgt, und Tourbillon, eines der vielen stolzen, von den Bischöfen erbauten Schlösser, thronen auf zwei benachbarten Hügeln hoch über der Stadt Sitten und geben sich schon von Weitem

Orgel in der Basilika Valeria in Sitten, 1. Hälfte des 15. Jahrhunderts “Die Orgel von Valère Die älteste Orgel der Welt Tönt dröhnt Wie ein Wildbach unten im Fjord Honig, ihre Wucht!“

als markantes Wahrzeichen zu erkennen.

Maurice Chappaz, Vocation des fleuves

Unzählige Kirchen und kleine, pittoreske Kapellen – übers

“Auf den Säulen drehten sich die goldenen Körper der Heiligen. Die Altäre waren Wälder. Was für Zweige, was für Blütenblätter! In ihrem Akanthusnest ruhten sich die Engelchen aus. Die Zwiebeln der Glockentürme pflanzten sich im Himmel auf. Zwiebeln, kleine Kupferzwiebeln!“

ganze Land verstreut –sind erst in gotischer, dann in barocker Architektur erbaut worden. Ein prachtvolles Exempel von weltlicher Architektur ist das Stockalperschloss in Brig, das mit seinen drei Zwiebeltürmen – benannt nach den drei Königen, aber auch nach den Symbolen Sonne, Mond und Sterne – das Andenken an den grossen Walliser Kaufmann

S. Corinna Bille, Fête-Dieu dans le Haut-Rhône, La montagne déserte

wahrt. Der Anblick dieser edlen oder sinnträchtigen Gebäude mit den damit verbundenen Geschichten und Erinnerungen vermag die Walliser immer wieder aufs Neue zu bezaubern.

“Stolze Verlassenheit dieser Türme sich dennoch erinnern - seit wann und für immer – an ihr Leben in Stürmen.“ Rilke, Les Quatrains valaisans


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dynamische GrĂśssen

Ernest Guglielminetti

Ernest Bieler

Corinna Bille

Edmond Bille

Roger Bonvin

Maurice Chappaz

Joseph Samuel Farinet

Hermann Geiger

LĂŠonard Gianadda

Thomas Platter

Charles-Ferdinand Ramuz

Rainer Maria Rilke

Saint-Bernard de Menthon

Saint-Maurice

Kaspar Jodok von Stockalper

Hannes Taugwalder

Maurice Troillet

Edouard Vallet


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“Raron, der Adler aufrecht auf dem Felsen, und das Grab des Dichters hat seinen ungestümen Blick nicht milder gemacht. Sitten war schon immer die Hauptstadt dieser unbezähmbaren Rasse, aber von hier oben sind sie heruntergekommen. Von hier, die Schiner, die Supersaxo, die Stockalper, die Riedmatten, die Kalbermatten… All diese Bischöfe, die Vertreter der Bischöfe, die Abenteurer… Auch sie, die wie der Fluss von den Bergen kamen, wurden von der Sanftheit der Landschaften weiter unten angezogen.“

“Supersaxo steigt in Grossaufnahme auf, mit seinem Bartgeviert, die Ellbogen auf goldene Teller gestützt, seine Spucke in Näpfe zielend, darauf der Kopf seines Gegners prangte.“ Maurice Chappaz, Portrait des Valaisans en légende et en vérité

Maurice Zermatten, Valais

Mit ihnen beginnen neue Zeiten, werden “grosse Dinge“ vollbracht, und etwas von ihrem Ruhm bleibt immer auch an ihrem Heimatkanton haften. Oder sie verewigen sich und die viel beschworene Walliser Seele in Gedichten, die inzwischen weit über die Kantonsgrenzen hinaus berühmt geworden sind. Im 16. und 17. Jahrhundert haben der Kardinal Matthäus Schiner und der Kaufmann und Bankier Kaspar Jodok von Stockalper das Wallis nachhaltig geprägt. Im Bereich Tourismus erweisen sich der aus dem Goms stammende Cäsar Ritz und die Familie Seiler aus Zermatt am Anfang des 20. Jahrhunderts als Hotelpioniere von Weltformat. Später sind Ausnahmesportler wie die Skifahrer Roland Collombin

Albert Chavaz

Jean Daetwyler

François-Isaac de Rivaz

Joseph Escher

und Pirmin Zurbriggen der ganze Stolz der Walliser. Weltberühmte Künstler und Intellektuelle finden unter diesen blanken Himmeln und in der strahlenden, der Schaffenskraft ausserordentlich zuträglichen Stille ihre Inspiration. Jean-Jacques Rousseau, Carl Zuckmayer, Rainer Maria Rilke... Letzterer wünscht gar auf dem kleinen Friedhof hoch über Raron begraben zu werden, “einer der ersten Orte, an dem ich den Wind und das Licht dieses

Cäsar Ritz

Raphaël Ritz

Matthäus Schiner

Saint-Théodule

Landes empfangen habe“. Schliesslich besingen grosse einheimische Literaten wie Maurice Zermatten, Maurice Chappaz oder Corinna Bille das Land, schreiben, jeder auf seine Art, mit Leidenschaft und Engagement über ihre Liebe zur Natur und darüber, wie wichtig die Rückkehr zu den Quellen allen Seins geworden ist. Sie bilden den Reigen der Persönlichkeiten, die das Wallis massgeblich geprägt haben und umgekehrt von ihm geprägt worden sind.

Tibor Varga

Maurice Zermatten

Karl Zuckmayer

Pirmin Zurbriggen

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WORTE EINES WALLISERS

Emmanuel Reynard Die Landschaft, das Erbe der Walliser In meiner Tätigkeit als Geograf hatte ich das Glück, das ausgeklügelte, weit vernetzte Suonensystem studieren zu können, diese auf Bergflanken angelegten Bewässerungskanäle, welche die Bergbauern des Mittelalters errichtet haben, um die Produktivität ihres Anbaulands zu erhöhen. Diese Suonen haben sich im Lauf der Zeit weiterentwickelt, sind manchmal durch Tunnels ersetzt worden, um schliesslich eine neue, eher touristische Funktion anzunehmen; nichtsdestotrotz sind und bleiben sie Teil der Walliser Landschaft. Die Walliser Landschaft … Was versteht man eigentlich darunter? Und: Gibt es diese Landschaft überhaupt noch? Die Maler und Schriftsteller Ende des 19. Jahrhunderts haben sie unzählige Male dargestellt: bäuerlich, in der Art eines bestellten, vom Menschen beseelten Gartens; eine Landschaft, die in ihren schönsten Farben leuchtet und in der doch immer auch die Schwere der Landarbeit und die Härte des Kampfs gegen die Naturelemente zum Ausdruck kommen. Eine Umgebung, die in gewisser Weise auch auf den Charakter der Walliser abgefärbt haben soll; Menschen, die – dem Bild ihres Lebensrahmens entsprechend – gern als rau und leidenschaftlich bezeichnet werden und denen eine unabhängige Geisteshaltung nachgesagt wird.

Geograf

Ist diese Landschaft also nichts weiter als ein Bild, das von Künstlern und Autoren einer längst vergangenen Epoche auf der Suche nach einem “ausgesparten“ Landstrich erschaffen worden ist zu einer Zeit, als sich grosse Teile Europas unter dem Diktat der industriellen Revolution unaufhaltsam veränderten? Und ist im Übrigen nicht auch damals der Begriff des “Vieux Pays“ – des “Alten Landes“ – geprägt worden, der dem Wallis noch hundert Jahre später anhaften sollte? Die Walliser Landschaft hat sich genauso verändert wie andere Regionen auch. Das “Vieux Pays“ existiert nicht mehr. Die Rhone und ihre Zuflüsse sind korrigiert, die Ebene ist trockengelegt worden, damit – um mit den Worten des Geografen Jean Loup zu sprechen – dieser enorme Polder mit seinen geometrischen Formen entstehen konnte, die sich aus den Grenzen der Parzellen ergeben. Auf den Anhöhen längs der Rhone haben Getreidefelder und Obstgärten den Weinbergen Platz gemacht, deren Gesamtfläche sich innerhalb eines Jahrhunderts mehr als verdoppelt hat. Man stelle sich die Sonnenhänge ohne diesen “Teppich“ voller Weinberge vor, die bis zu 800 Meter über Meer reichen: eine vollkommen andere Landschaft! Auch die Berge haben sich verändert. Die Fläche der Gletscher hat sich um die Hälfte verringert, und die Bergbahnen haben die höchsten Gipfel kolonisiert. Ferienorte sind aus dem Boden gestampft, Staudämme in zahlreichen Seitentälern erbaut worden ...

Warten wir erstmal die Windräder ab, die in Bälde auf dem einen oder anderen Höhenpass installiert werden sollen. Wie jedes Erbe muss auch unsere Landschaft “verwaltet“ werden, damit sie ihren Charakter bewahren kann, und so ist sie oft das Abbild von der Inexistenz politischer Visionen. Was für eine komplexe Aufgabe aber auch, wo sich doch die aktuellen Veränderungen im Vergleich zu den grossen, schmückenden Bauwerken der vorangegangenen Jahrhunderte – den Pass- und Handelswegen über die Alpen, dem Terrassenanbau, dem Suonennetz, den grossen Staudämmen, den Berghotels, usw. – vor allem auf banale kommerzielle Zonen beschränken, die sich um jede Autobahnausfahrt im Rhonetal schnöd herumgruppieren! Auch wenn sich die Walliser Landschaft im Lauf des letzten Jahrhunderts beträchtlich verändert hat, bleibt sie doch eine der wichtigsten Visitenkarten des Kantons; sie ist eines seiner touristischen Highlights, ein herrliches Erbe im besten Sinne dessen, was von Generation zu Generation weitergegeben werden kann. Einem riesigen Palimpsest gleich – im ständigen Wandel begriffen – nimmt die Landschaft nach und nach die Veränderungen an, um ein unaufhörlich sich erneuerndes Bild von sich selbst zu schaffen, ein Bild, das sich kontinuierlich weiterentwickeln wird, indem es gleichzeitig gewisse Züge aus der Vergangenheit bewahrt. Was für ein Bild wird das Wallis in hundert Jahren bieten? Die Antwort hängt allein von uns ab …


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“Glühendes Land“* * Rilke, Obstgärten


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Der Russe Gennady Khryachkov am Xtreme von Verbier 2008 in Aktion

“Walliser par excellence”… “Hier wird das Leben gesungen, das kürzlich bestand, doch nicht in dem Sinne, ein Morgen zu kränken. (…) Die Erde ist es, die mit ihrem Bild zufrieden scheint und die sich wie am ersten Tag gefällt.“ Rilke, Die Walliser Gedichte

Es hat seinen Ursprung in diesem eigentümlichen Licht, oder vielleicht wurzelt es auch im Anblick der riesigen Tannen, der prachtvollen Gipfel, der hölzernen Wegkreuze oder in einer anderen faszinierenden Eigenart – dieses unvergleichliche, mit Stolz gemischte Glücksgefühl, ein Walliser zu sein. Es ist, als würde ein unsichtbares Band den Walliser mit “Leib und Seele“ an seine wunderschöne Heimat binden, die sowohl real existierendes Land als auch Traumland ist. Nur, dass das Wallis im eigentlichen Sinne ja gar kein Land ist – aber wie heisst es doch so schön? “Zuerst ist man Walliser und erst dann Schweizer“… Es handelt sich ja auch um eine besondere Welt, die sich da im Schutz ihrer majestätischen Gipfel im Süden der Eidgenossenschaft ausbreitet. Eine heitere, vollendete Welt, die trotz ihrer Lage im Herzen der Alpen immer wieder an eine Insel denken lässt. “Die Walliser Insel“... Trotz der Grenze seiner Zweisprachigkeit

“(…) der Walliser (…) ist an seine Erde gebunden wie an ein rechtes Stück vom Paradies, vertrauend auf seine Bäume, seine Stierkräfte, seine Freunde.“ Maurice Chappaz, Portrait des Valaisans en légende et en vérité

und der Konstellation seiner Gemeinden – jede für sich eine in sich abgeschlossene Welt, ein kleines, überschaubares Stück Heimat – bildet das Wallis ein harmonisches Ganzes, das so gar nicht den Klischees entsprechen will, die ihm zuweilen untergeschoben werden. Im Unglück oder fern von zu Hause und über die üblichen Kirchturmquerellen und die Sprachgrenze hinaus sind sich die Ober- und die Unterwalliser einig. Im Übrigen scheinen “Brüderlichkeit“ und “Solidarität“ für die Walliser zu ihrer zweiten Natur zu gehören. Die Familie, die Sippschaft, das Dorf und allein schon der Name haben hier ihre ungebrochene Bedeutung: “Und wo genau, sagst du, hast du deine Reben?“…

Ahn


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Ahnenbaum der Familie de Preux, gegen 1790. テ僕 auf Leinwand


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Pa capona ! “Als er gesagt hat, dass er Walliser ist, hat er alles gesagt“, notierte einst ein versierter Beobachter. Alles über seinen ausgeprägten Charakter im perfekten Gleichgewicht zwischen Heiterkeit und Vitalität. Alles über seine Verbundenheit mit der heimatlichen Scholle, in der er eine “erquikkende“ Ruhe findet, aufbauend und besänftigend zugleich. Alles über seine Geduld und seine Hartnäckigkeit, die ihn die Berge von Kindsbeinen an gelehrt haben. Alles über seine Fähigkeit, Herausforderungen anzunehmen, sich anzupassen und sich zu engagieren. Alles über seine respektvolle Haltung gegenüber traditionellen Werten; gegenüber der Treue, dem gegebenen Wort, der unumgänglichen Pflicht. Aber auch alles über sein südländisches Temperament, seinen kritischen, unabhängigen Geist. Alles über seine Brüderlichkeit und Grosszügigkeit. Alles über sein aufrichtiges Bergler-Gemüt, seine Unverfälschtheit und Offenheit, die sich hinter seiner Zurückhaltung verbergen. Alles über seine extravertierte Lebhaftigkeit, seine Freude an kleinen Dingen, fern von jedem Überschwang. Alles über seine Devise Pa capona (“pas question de capituler“ – Aufgeben kommt nicht infrage), die alles besagt. Die alles besagt? Eine Seele lässt sich nicht in Worte fassen wie die Form eines Berges. Auch wenn sie diesem durchaus ähneln kann. In ihrer Grösse und in ihrer Erhabenheit. “Ein dramatisches Dekor, bevölkert mit zähen und unabhängigen Menschen.“ Ernst Mühlemann, zitiert von Henri Maître, Mosaïque du pays valaisan

“Wir haben einen religiösen Kopf, die Augen von Christen und das Gebiss von Wölfen. Wir beissen auf Käse.“ Maurice Chappaz, Portrait des Valaisans en légende et en vérité

Tschäggättä bezeichnen mit Holzmasken, Tierfellen und Treicheln (Glocken) verkleidete Personen von furchterregendem Aussehen, die während der Fasnacht in den Dörfern des Lötschentals ihr Unwesen treiben.


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Ganterbrücke

Rhonetal

Lötschbergtunnel

der gleichzeitig schützenden wie isolierenden Topografie des Kantons und in der Tatsache,

“Wie merkwürdig! Hier ist man weit weg von allem und doch gleichzeitig allem so nah. (…) Alles ist abgeschlossen und doch ist alles offen; es ist immer so gewesen und wird immer mehr so sein: wegen der zwei oder drei Pässe, die der Mensch ohne allzu viel Mühe überwinden kann, und wegen des Laufs eines Flusses, dem der Mensch stromaufwärts zu folgen vermag.“

dass die Menschen in den Bergen einst auf sich selbst angewiesen waren –

C. F. Ramuz, Vues sur le Valais

was sie durchaus dazu hätte verleiten können, sich auf sich selbst zurückzubesinnen.

“In Martigny zögert man zum ersten Mal: Es ist das Zentrum des Kontinents. Folgen Sie der Dranse stromaufwärts: Hinter dem Grossen Sankt Bernhard eröffnet sich Italien. Überqueren Sie die Forclaz: Hier liegen Ihnen Savoyen, die Provence, Spanien zu Füssen. Hinter Ihnen haben sich die Türen zum Norden geschlossen – und vor Ihnen führen Sie die Schienen der Eisenbahn den Schönheiten des Ostens zu.“

Hier und dort Heute ermöglichen die Eindämmung und die Umleitung der Rhone, der Bau der Eisenbahn und des Strassennetzes, der Durchstich der Tunnels sowie die Verlängerung der Autobahn A9 – jedes Mal Abenteuer kolossalen Ausmasses – noch schnellere und direktere Verbindungen zum Rest der Welt.

Der Unabhängigkeitsdrang und das Solidaritätsempfinden der Walliser wurzeln zweifellos in

rechts: Galerie im Inneren des Staudamms der Grande Dixence

und Waren zugänglich gemacht. Abgeschlossenheit und Öffnung befinden sich im Wallis

Aber der Umstand, dass die prachtvolle Bergarena über einen Korridor, über ein Portal zum Süden verfügt, hat die Walliser empfänglich für den Austausch werden lassen. Sie haben ihre Strassen und Berge für Menschen aus aller Herren Länder und für den Handel mit Gütern nicht im Widerspruch, sondern widerspiegeln vielmehr ein ausgewogenes Existenzmodell von doppelter Dynamik, das die Grundlage für eine hohe Lebensqualität schafft.

Maurice Zermatten, Valais


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Naturschutzgebiet Puta Funtana

der Geist der Natur

“Glühendes Land, über vornehme Stufen steigt es hinauf zum grossen, vornehm verstehenden Himmel: Die harte Vergangenheit fordert, für immer kraftvoll und wachsam zu sein.“ Rilke, Die Walliser Gedichte

“Wie trefflich der Mensch hier doch die Natur zu nutzen versteht! Die Natur schenkte ihm diesen imposanten Sockel mit einem Fluss in seiner Mitte. Der Mensch hat die doppelte Symbolik von Kraft und Sanftheit damit zu vereinen gewusst. “ Maurice Zermatten, Valais

Luchse, deren Anwesenheit den Wäldern etwas Wildes, Ursprüngliches verleiht


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Schwarznasenschafe Steinbock

Bartgeier

Die kraftvolle Vielfalt der Landschaft und ihre wilde, unverfälschte Schönheit gehören zu den Wallisern wie eine vertraute Sprache, wie eine Familienlegende, wie ein lang bewohntes Haus. Ihre Hoffnungen und Empfindungen werden von der ewigen Ursprünglichkeit der Gipfel, von saftigen Alpweiden und von der schweren Traubenlast am Rebstock geprägt. Aber sie wissen auch, dass der Mensch nicht alle Macht über die Natur hat. Die unvorhersehbare, möglicherweise bedrohliche Umwelt zwingt zur Vorsicht, zur Demut, zum Überschreiten der eigenen Grenzen, aber auch und vor allem zum Respekt. Wie kann man dieses Naturerbe und seine unvergleichliche ökologische Schönheit schützen, ohne sich selbst aussichtsreicher wirtschaftlicher Perspektiven zu berauben? Eine grosse und schwierige Aufgabe zweifellos, in der die Walliser die Chance zur nachhaltigen Stärkung ihrer Identität erkennen.


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Vallée où le Rhône a son cours, Das ist das Land am Rhonestrand, Noble pays de mes amours, ist Wallis, unser Heimatland. C’est toi, c'est toi, mon beau Valais ! Das ist das Land am Rhonestrand, Reste à jamais, Reste à jamais, ist Wallis, ist Wallis, unser Heimatland. reste mes amours ! Quel est ce pays merveilleux, Que je chéris, où je suis né? Où l'Alpe blanche jusqu'aux cieux Élève son front couronné ! REFRAIN

Pays qui voit sur les grands monts bondir le timide chamoix, lorsqu'en bas brillent les moissons, le doux raisins, les fruits de choix. REFRAIN

Pays si souvent arrosé Par le sang des preux, des héros, Qui pour leurs neveux ont posé Le fondement des jours nouveaux. REFRAIN

Pays qu'habite un peuple heureux, Ami de la simplicité, Intrépide et laborieux, Gardant sa foi, sa liberté.*

Nennt mir das Land, so wunderschön, das Land wo ich geboren bin, wo himmelhoch die Berge stehn und Mannskraft wohnt bei schlichtem Sinn. REFRAIN

Nennt mir das Land, das Heldenblut getränkt in mancher heissen Schlacht, wo freier Väter Asche ruht von freien Söhnen treu bewacht. REFRAIN

Nennt mir das Land, so heimisch traut, wo auf den Höhen die Gemse schweift und in dem Tal vom Fleiss bebaut die süsse Frucht des Südens reift. REFRAIN

Nennt mir das Land, von Gott gemacht, wo frisch die Alpenrosen blühen und in der Abendsonne Pracht die Gletscherfirnen hoch erglühn.

*Leo Luzian von Roten (1824-1898), Staatsrat und Verfasser der Walliser Hymne


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Reichtum der Sprachen Zwei offizielle Sprachen werden im Wallis gesprochen, im Unterwallis Französisch, im Oberwallis Deutsch. Und das ist über alle Klischees und Vorurteile hinaus auch schon einer der wenigen real existierenden Unterschiede in diesem schönen Land. Die französische Sprache überwiegt heute zu zwei Dritteln, was nicht immer so war. Im Verlauf der Zeit jedoch hat Deutsch zugunsten von Französisch an Bedeutung verloren, und Sitten (Sion) und Siders (Sierre) sind französischsprachig geworden. Das so genannte “Patois“, das vom Französisch-Provenzalischen oder vom Arpitanischen abstammt, wird immer noch in gewissen Dörfern im Unterwallis gesprochen, vor allem in der Region von Evolène. Der Oberwalliser Dialekt hingegen, der die mündliche, im Alltag gebräuchliche Sprache des Oberwallis ist, bleibt authentische Muttersprache. Über diese hauptsächlichen Sprachen hinaus ist das Wallis die einzige Region, das einzige “Land“, wo sich alle europäischen Sprachen der Alpen treffen: Deutsch, Französisch und Italienisch, das von den zahlreichen Einwanderern aus dem südlichen Nachbarland eingeführt worden ist. Ungeachtet ihrer Herkunft haben diese Sprachen – ob sie nun aus den tiefsten Tälern oder von den höchsten Alpen stammen – eine gemeinsame Prägung, die ihnen vom gleichen Himmel, vom gleichen Boden, von der gleichen Nahrung, vom gleichen Glauben und von der gleichen Leidenschaft verliehen worden ist.

“Brüder, wir sind Brüder: eine Sprache, der Wein. Das alemannische Wallis trinkt und misst mit der Trommel den Takt, wenn die Kannen vorüberziehen. Das provenzalische Wallis kostet und schweigt.“ Maurice Chappaz, Portrait des Valaisans en légende et en vérité

“(…) Doch bei dem halben Dutzend Sprachen, die du hörst, am helllichten Tag; bei dem Dutzend Idiomen, die du einziehst, im Büro, in der Fabrik, auf der Strasse, in der Wirtschaft – bei diesem Sinnenfimmel, Ohrenschmaus, scheint mir, also ein Kaff, ein richtiges, wie es im Buch steht, kann das schwerlich sein.” Pierre Imhasly, Rhone Saga

*“Frères, nous sommes frères : une langue, le vin. Le Valais tütsch boit et rythme avec le tambour le passage des channes, le Valais provençal se tait et déguste.”

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der hehre Wert der Zeit

Käse aus dem Val de Bagnes

Turmuhr von Sitten

Dort oben auf den Gletschern wähnt man sich in prähistorischen Zeiten, in jener Ur- oder Ewigzeit, die lange vor der Geschichte war und die diese zweifellos auch überdauern wird. Weiter unten im Gebirge, das den Berggänger sowohl bedrohen als auch ganz für sich vereinnahmen kann, ist man der Zeit immer einen Schritt voraus. Und noch weiter unten, auf den kräftigen Wiesen und Weiden, ist man schliesslich ganz in der Gegenwart angekommen. Diese vielschichtigen Empfindungen verleihen der Zeit eine besondere Prägung, die die Walliser zu schätzen wissen. Ihre gleichzeitig direkte wie genussfreudige Wesensart spricht dafür, dass die Walliser am liebsten unbeschwert in den Tag hinein leben würden. Die tiefe Bindung an ihre Geschichte, an ihre Sitten und Traditionen hält sie jedoch davon ab. Das gefühlsbetonte Verhältnis zu ihrer

Vergangenheit, zu ihrem Erbe und zu ihrer Überlieferung – vor allem, was die heimatliche Scholle und den Weinbau betrifft – ist nicht frei von einem gewissen Hang zur Nostalgie, der sie jedoch keineswegs daran hindert, zuversichtlich und innovationsfreudig der Zukunft entgegenzugehen. Wenn die Walliser unbeschwert zwischen dem Gestern und dem Heute, zwischen lieb gewordenen Erinnerungen und zukunftsweisenden Projekten balancieren, ist das vielleicht auf die einzige Dimension zurückzuführen, die in ihren Augen wirklich zählt und die zweifellos untrennbar mit dem Bild der Berge verbunden ist: jene der Ewigkeit. Jede Blume, jeder Stein, jeder Bergbach ist Teil dieser Symphonie des Unwandelbaren. “Erhabene Landschaft. Man betrachtet sie, um hier zu bleiben oder um sie zu verewigen.“* * Rilke, Obstgärten


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Chalet in Morgins

“Die Menschen haben ihre Häuser auf Graszungen festgemacht, die das Gewaltige lecken. Eine Flottille von unbeweglichem Holz, wo alle hundert Jahre einmal (das Walliser Mass der Zeit) ein Dach kalfatert wird, indem die Keller, manchmal auch die Küchen zerkeilt werden (…).“

“Und wenn am Abend die Kirchenglocken melancholisch in die Flammen des Sonnenuntergangs hineinläuten, überkommt einen im tiefsten Inneren das Gefühl, sich in einem anderen Zeitalter zu befinden, das da auf so wundersame Weise hervorgerufen wird.“

Maurice Chappaz, La Haute Route

Charles Allet, Trésors de mon pays, Sion

“Erdgebundener Schrei aus Granit. Urwesen in Jahrmillionen gemeisselt, mit Wind und Wettern und Göttern verwandt. Ewigkeitsgedanken in die Sterne geworfen. Matterhorn, du herznaher, einsamer Mahner.“

“Stilles Land, in dem die Propheten schweigen, Land, das den eigenen Wein bereitet; wo Hügel noch an die Schöpfung erinnern und das Ende nicht fürchten!“

Hannes Taugwalder, Gespräch mit dem Schweigen

Rilke, Die Walliser Gedichte


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Fabienne Cotagnoux, Kellerei “Cave des Tilleuls“ “Man bringe mir eine Kiste voller Leuchter. – Wie meinst du das: Leuchter? – Das sind die Flaschen goldenen Walliser Weins. Die Begierde nach Wein steigt von den Bergen herunter, von den Schattenkegeln. Mich dünkt, es finde ein Gespräch statt, nachts, in der Gipfelkonferenz des Schnees. Sogar die Steine sagen: “Wir wollen mitmachen, uns gegenseitig besuchen, uns treffen.“ Maurice Chappaz, Portrait des Valaisans en légende et en vérité

“Der Rebberg und der Wein verleihen der Landschaft und den Menschen Geist. (…) Ob dieser Gegensatz von übermässig genutzten und wilden Talhügeln seine Entsprechung bei den Menschen findet? Sie sind so heftig und so sanft wie ihre Weine, als ob beide von der gleichen Kraft zehren und ihre Glut von der Sonne beziehen würden.“ Maurice Zermatten, Sion, capitale aristocratique et paysanne


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Guggenmusik-Parade an der Fasnacht in Sitten

Hymne ans Leben und an die Geselligkeit Was wäre schon das Vergnügen, wenn man es nicht mit anderen teilen könnte? Obwohl der Walliser lange den Verboten christlicher Moral und dem lustfeindlichen Begriff der Sünde unterworfen war, geniesst er das Leben gern in vollen Zügen. Insbesondere schätzt er die Freuden der Tafel und des Wortes; eine Dimension von “gemeinschaftlichem Vergnügen“, eine lustvolle Komposition von Leckerbissen aller Art. Nicht weiter verwunderlich im Übrigen, wenn man bedenkt, dass die Kultur des Weins und des Weinbaus – die Kunst der Spontaneität und der Grosszügigkeit schlechthin – nicht nur ein dynamisches Landschaftselement, sondern auch eine Lebensart, ja eine Form von Liturgie ist. ,

Die Jagd und die Fischerei – einfache, aber freudvolle Freizeitbeschäftigungen, die viel Geduld erfordern und hierzulande auf die Stufe der Kultur erhoben werden – lassen von schlichten und schmackhaften oder von geradezu lukullischen Schlemmereien im Freundeskreis träumen. Vom Anblick der imposanten Gipfel, von der Reinheit der Luft und von der Überfülle der Obstgärten getragen, lässt sich hier die Freude am Genuss durchaus auch zu kraftvolleren Manifestationen hinreissen. Von Kindsbeinen an üben sich die Walliser mit Leidenschaft und Mühelosigkeit in allen möglichen sportlichen Disziplinen.


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der Geschmack des Echten

Die Wege des Herzens gehen durch den Magen, wie jeder Geniesser aus eigener Erfahrung weiss. Und was für Gourmandisen die Natur im Wallis heranreifen lässt! Mannigfach sind die Gelegenheiten, bei denen man sich am Duft einer Aprikose, am Geschmack einer Spargel erfreuen kann… Unter dem heiteren Himmel, unter der strahlenden Sonne entsteht ein wahrhaft geschmack- und aromareiches “Schlaraffenland“. Untrennbar mit der Walliser Identität verbunden, überbieten sich diese authentischen Produkte gegenseitig an Üppigkeit und an Geschmacksreichtum, verkörpern den Bio-Gedanken vortrefflich und “von Natur aus“. Eine wohltuende und gesunde, ungekünstelte und traditionsbewusste Küche belebt Körper und Geist gleichermassen. Raclette – die Walliser Spezialität schlechthin, genauso berühmt wie althergebracht – eignet sich vorzüglich für gesellschaftliche Anlässe und enttäuscht nie. Gesegnete Momente… Die Weine bestechen durch ihre einzigartigen Aromen, die Roggen- und Weizenbrote durch ihren ursprünglichen Geschmack. Gebrannte Wasser wie Abricotine, Williamsschnaps und Genepi sind das vollendete Geschmackkonzentrat all jener Produkte, die im Rhonetal in prachtvoller Fülle gedeihen.


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“In Bezug auf Finesse und Geschmack ist unser Land ein Produzent erster Güte.“ Maurice Chappaz, Testament du Haut-Rhône

“Sie rauchten Zigaretten, Zigarren. Der Herr des Hauses nimmt ein kleines Glas, das er unter den Hahnen der Presse hält, die gerade beladen wird, und er kostet; er kostet zuerst mit dem Mund, dann mit den Lippen und mit dem Gaumen, dann mit den Spitzen der Finger, die er gegeneinander drückt.“ C. F. Ramuz, Vendanges

“Wir würden uns über die Sonne beklagen, wenn wir nicht wüssten, dass es für uns nichts Wichtigeres gibt als sie. Nur schon die Aprikosen, wie sie am Ende der gebogenen Äste immer schwerer werden und wie Letztere, in vollem Tageslicht in Flammen stehend, statt zu seufzen auch noch zu murmeln scheinen: mehr! Mehr, damit in uns diese Pflanzenalchimie wirken kann, die unsere Säfte in Honig, unsere Blässe in Zinnober verwandelt… Wir werden nie genug Sonne bekommen, weder wir noch die Trauben auf den Anhöhen oder die Äpfel in den Obstgärten. Nie genug von dieser guten Wärme, die uns durchdringt, die uns zusammenhält, die uns erfüllt. Sie fliesst in die Säfte des Baumes hinein, sie ist Flut, Fluss, Strom in den unterirdischen Kanälen, die die Rinden schützen. Sie steigt in die mysteriöse Welt der Wurzeln hinunter, sie saugt aus den Schatten der Erde die Nahrungsmittel heraus, die sie bis zu unserem Mund heranführt; sie ist mütterlich, sie verhätschelt uns, sie liebkost uns, wir sind ihr Kind auf ewig.“ Maurice Zermatten, Les Saisons valaisannes


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der Sinn der Spiritualität Ist es die Höhe der Berge? Sind es die Naturkatastrophen? Ist es die kosmische Dimension der Natur? Wie dem auch sei: Das Wallis besitzt eine Prädisposition zum Spirituellen, ungeachtet der Strömungen der Zeit und des Ausmasses menschlichen Leids. Die Walliser lebten lange unter dem Joch der Politik und der katholischen Religion. Die Bischöfe waren das Sinnbild der Macht schlechthin. Im 17. Jahrhundert nannten sich diese Kirchenmänner Grafen und Präfekten vom Wallis, und ihr Siegel zeigte ein aufgerichtetes Schwert, verziert mit einer Krone und einem Stern, was die doppelte politische und religiöse Macht symbolisierte. Heute versinnbildlichen schneeweisse Kapellen und unzählige Kreuze am Wegrand das Licht der Hoffnung und das Vertrauen in die Zukunft. Auch die Traube und der Rebstock in der Landschaft und in den Traditionen symbolisieren auf ihre Weise die Bedeutung des Glaubens und der Natur.

“Den ganzen Weg entlang werden wir die Holzkreuze, die weissen Kapellen, die Pfarrkirchen grüssen. Hier ist die Mutterkirche, die altehrwürdige Wiege des katholischen Wallis.“ Maurice Zermatten, Valais


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“Das Heilige ist hier auf gleicher Ebene mit dem Leben, so, wie der Fels auf gleicher Ebene mit der Erde ist.“ Henri Maître, Mosaïque du pays valaisan

“Inmitten der Felder, am Saum der Lärchenwälder erheben sich die Kapellen, zierlichen Edelsteinen gleich. Kompakt oder beinahe durchscheinend sind sie, je nach Tageslicht, und ihre Weisse erinnert an Margeriten oder an Tropfen klaren Wassers. Die Propheten haben sich hier mit den Feen vermählt, und ihre feinsinnigen Worte vermischen sich wie ein Haar aus Gold mit dem heiligen Sprechgesang.“ Maurice Chappaz, Testament du Haut-Rhône

“Eine katholische Republik in einer Welt von Wildbächen.“ Chateaubriand, zitiert von Maurice Zermatten, Sion, capitale aristocratique et paysanne


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der Schauplatz des Sagenhaften Der Teufel ist ins Gebirge verbannt worden. Bei jedem ungewohnten Geräusch – beim Einstürzen eines Felsens, beim Schrei eines Tieres, beim leisesten Knacken im Gebälk – schrecken die einsamen Hirten hoch. Wenn ein Kind die Brust seiner Mutter verweigert, ein Esel partout nicht mehr weitergehen will, eine Scheune in Flammen aufgeht, dann sind das die bösen, strafenden Geister. Nicht vergeblich tragen im Wallis Landschaften heute noch Namen wie “Tête d’Enfer“ (Höllenkopf) oder “Quille du Diable“ (Teufelskegel)... Im Wallis, mehr als anderswo, sind die Sagen und Legenden zweifellos erfunden worden, um die Angst vor den reellen Gefahren zu bannen. Sie bildeten den nachvollziehbaren Teil der schier mystischen Allianz zwischen den Wallisern und den Mächten der Natur. Populär im besten Sinn des Wortes, widerspiegelten sie den Alltag eines Bauernvolkes, nicht ohne jedoch eine Tür ins Reich der Fantasie aufzustossen – imaginäre Reisen für all jene, die in der heimatlichen Erde fest verwurzelt waren. Das Talent, Geschichten zu erzählen und ihnen zuhören zu können, ist auch einer Persönlichkeit in die Wiege gelegt worden, die mittlerweile zum Mythos geworden ist: Farinet – Schmuggler, Falschmünzer und Verteidiger der kleinen Leute. Als Denkmal hat ihm Saillon einen Weinberg gebaut; es ist der kleinste katastrierte Weinberg der Welt. Seine drei Rebstöcke gehörten einst dem Abbé Pierre, der sie seinerseits dem Dalai Lama weitervererbt hat. Das Schicksal geht manchmal gar wunderliche Wege… “Das Vorstellungsvermögen der Natur ist in uns.“ Maurice Chappaz, Testament du Haut-Rhône

“Über Jahrhunderte hat die Einsamkeit dort oben den Raum mit ihren rätselhaften Flügeln erfüllt; eine unzugängliche, weit entfernte Einsamkeit, die die Menschen als Zeichen von Feindlichkeit oder von Wohlbefinden deuteten.“ Henri Maître, Mosaïque du pays valaisan


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die Macht der Symbolik Das Wallis liebt die Macht der Embleme, die Macht vertrauter Botschaften, die im kollektiven Bewusstsein verankert sind. Bereits der Name des Kantons ist kurz, klar und deutlich; gleichzeitig hat er aber auch eine konkrete Bedeutung, die vom lateinischen Wort vallis abstammt, was – sinnigerweise – nichts anderes als “das Tal“ heisst. Dazu passt ein Wappen von kraftvoller Vitalität. Rot – die Farbe des Feuers, des Bluts und der Revolution – fordert zum Handeln, zum Kampf, zur Liebe auf. Weiss wirkt wie eine beschwingte Stille, ist Symbol von Reinheit, Weisheit, Stille und Wiedergeburt. Schliesslich der Stern – Quelle des Lichts – in dreizehnfacher Ausführung, was der Anzahl der Kantonsdistrikte entspricht. All diese Symbole, gleichzeitig Wächter über die Vergangenheit und Träger der Zukunft, vermögen die Seele zu leiten und haben im Herzen der Walliser einen Ehrenplatz. “Die Geschichte dieses Landes ist ein langes Epos, blutig, glühend, rot von vergossenem Blut, rot von gelegten Bränden, rot vom Zorn der Menschen. Es ist kein Zufall, dass es in den Wappenschildern des Landes so viel Rot gibt.“ Maurice Zermatten, Valais

Fans des FC Sitten Wappen der dreizehn Kantonsdistrikte

Brig

Conthey

Entremont

Goms

Hérens

Leuk

Raron

Monthey

Martigny

Sierre

Sion

Saint-Maurice

Visp


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WORTE DES WALLISERS

Beat Anthamatten Das wallis meines herzens Wallis, meine heimat, land der gegensätze sonne und eis, erde und luft. Und ab und zu auch viel rauch! Heimat, immer wieder widergespiegelt vom wechselspiel der vier jahreszeiten in urgewalten. Hier spüre ich die gewaltigen mächte der schöpfung, und deren schönheit lässt meine seele im wahrsten sinne auf den gipfeln, den gletschern, den alpwiesen, in den rebbergen, in den dörfern und städtchen tanzen. Oft wird der tanz auch im grossen reigen getanzt, aber es ist der hochzeitstanz zwischen tradition und moderne, die sich im wallis in so vielen facetten auch und vor allem im alltäglichen leben die hand reichen. Und dann diese starke anziehungskraft auf menschen aus allen ländern, die uns besuchen und die wir aufnehmen und mit dem besten aus unseren weinbergen und unserer landwirtschaft bewirten.

Hotelier

Ich bin in dritter generation gastgeber, und immer wieder freut sich mein Herz, wenn ich gäste für unsere alpine landschaft und die kultur – auch jene der walser, die unsere täler vor 300 jahren verlassen mussten –, begeistern kann. Dies ist sicher auch die basis für unsere grundsätzlich offenen türen und herzen für arbeiter und emigranten aus allen Ecken der Erde. Leider verlassen uns heute auch viele junge walliser, und die einheimischen gastgeberseelen sterben aus. Stolz bin ich aber auch auf all die positiven entwicklungen, die unsere generation miterleben darf, weil unter unseren vorfahren vordenker und pioniere von ihren visionen überzeugt waren und hartnäckig an diesen festhielten, genauso wie am erhalt von wertvollem kulturgut, gepaart mit in unserem tal gelenktem wachstum.

Dieses gelenkte wachstum ist für mich d e r goldene schlüssel zu einem nachhaltigen wallis. Hier in diesem land der vielfalt an interessanten einwohnern und unternehmungen kann man getrost in die zukunft blicken. Es lebe das wallis und seine menschen!


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TALENTE AUS DEM WALLIS

lebendige Kultur und fruchtbares Wissen


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die Kraft der Tradition, der Geist der Innovation Seine lange Bauern- und Hirtentradition hat das Wallis gelehrt, der Zeit zu trotzen – und ihm gleichzeitig den Mut zur Innovation verliehen. Seit seiner industriellen und wirtschaftlichen Revolution weiss der Kanton um die Gefahr des Fortschritts, der bewährte Werte erschüttern, aber auch den Grundstein für eine neue Gesellschaft legen kann. Die grossen hydroelektrischen Bauwerke – das Wasser ist im Wallis ein bedeutender Rohstoff – und der Tourismus waren die ersten Bereiche, die vom allgemeinen Fortschritt profitierten. International herausragende Leistungen der pharmazeutischen und biotechnischen Industrie sowie der

“Jene, die ich liebe, jene unter uns, die von den Weinbergen kommen, von den Hügeln und Hängen, auf denen die Reben gedeihen; jene, denen der junge Frühling sagt: „Pflanze die Rebstöcke!“, der Sommer: “Entferne die Blätter!“ und dann: “Schwefle!“, der Herbst: “Ernte und presse!“ und der Winter: “Jetzt geh und mach die Mauern neu!“ Und jede Jahreszeit sagt zu ihnen: “Arbeite!“ Und weil die Jahreszeiten regelmässig wiederkehren, arbeiten sie regelmässig; sie müssen nichts anderes als gehorchen.“

Spitzentechnologie zeugen nicht nur von der Fähigkeit der Walliser, sich

C. F. Ramuz, Chant de notre Rhône

immer wieder neu zu erfinden, sondern auch von einer gewissen techni-

namentlich von Isaac de Rivaz – erfunden, genauso wie der Asphalt von

“Sie sagen: “Wir errichten eine Mauer erster Güte, die höchste der Welt, einen Weltmeister. Sieben Jahre haben wir gebraucht, um damit an die Sonne zu kommen. Sieben Jahre, Tag und Nacht – die Sonntage dazu.“ “Unsere unehrerbietige Freude: die Arbeit.“

Ernest Guglielminetti, dem berühmten “Doktor Goudron“?

Maurice Chappaz, Portrait des Valaisans en légende et en vérité

schen Kühnheit. Hat die erste schnurlose telegrafische Verbindung nicht zwischen Salvan und Les Marécottes (1,5 km) im Jahr 1895 stattgefunden, und wurde der Verbrennungsmotor nicht von einem Walliser –

Seit mehr als einem Jahrhundert ist der Tourismus, der die Bergregionen nachhaltig stärkt und belebt, das Herzstück der kantonalen Wirtschaft. Das Wallis gilt auf nationaler Ebene als die Ferienregion schlechthin, und die Namen seiner Ferienorte bringen auch Menschen aus dem übrigen Teil der Welt zum Träumen. Seine hochwertige Landwirtschaft hat sich zu modernisieren und zu diversifizieren gewusst, was zum Weiterbestand zahlreicher Bauernbetriebe beigetragen hat. Eine Leistung, die umso beachtenswerter ist, als dass die landwirtschaftliche Tradition für die Walliser von wesentlicher Bedeutung ist.

Links: baustelle der Grande-Dixence um 1955


uns, men, gen, hen; agt: ke!“, er!“ rbst: nter: uern sagt l die ren, ssen en.“

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“Alle Dörfer sind auf Anmut gebaut worden; Zwetschgen voller Saft, Feigen voller Milch.“ Maurice Chappaz, Le chant de la Grande Dixence

“Die Bauern, nicht dass sie, wie jene in Savoyen, beim Vieh wohnten, wo es warm ist, sozusagen in dem einen, gemeinsamen Verschlag. Weil aber zum Siedeln die Lawinen nur ausgesuchte Räume zuliessen, lebten im Walliser Bergdorf Menschen und Vieh beieinander, ein Haus, ein Stall, ein Stadel, der Brunnen, ein Haus usw., das schon.“ Pierre Imhasly, Rhone Saga

“Man sah diese Fassaden aus alten Balken, die rot waren oder braun oder schwarz, auf Sockeln, die kalkig geworden waren. Man sah, dass die Dächer nah beieinanderstanden, sie hatten sich zusammengetan, weil sie zusammensein wollten.“ C. F. Ramuz, La Grande Peur de la montagne

Stadel Altstadt von Sitten

Rebhäuschen Villa "Esprit du Soleil", Öko-Bau

Dorfhaus in Lannaz Dorfhaus in Grimentz


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Rebhäuschen inmitten der Weinberge

Dorf am Steilhang von Creteaux

Martigny

der Wohnraum, Spiegel der Lebensart Die Menschen und das Vieh haben die Verschiedenartigkeit der Walliser

Die heutige Architektur, weltoffen und zeitgemäss, die zum Teil unter der stark

Landschaft seit je für sich zu nutzen gewusst und verbrachten einst den Winter

präsenten Vergangenheit und der zuweilen etwas brüsken Modernität gelitten

in ihren Dörfern in der Ebene oder in den Seitentälern. Im Frühling stiegen sie

hat – mit einem Fuss in der Scholle, mit dem anderen in der Stadt –, scheint seit

dann zu den Maiensässen auf, wo sie einige Wochen blieben, bevor sie auf die

einigen Jahren die umsichtige Entwicklung eines harmonischen Gleichgewichts

Alpweiden weiterzogen. All diese Wanderungen “hinauf und hinunter“ sowie

anzustreben.

der Bau der Staudämme, welche die Geografie und die Lebensweise stark beein-

Alphütten, Chalets, “Spycher“ (Walliser Vorratsspeicher) und Rebhäuschen aus

flusst haben, haben eine wenig markante Wohnkultur hervorgebracht, die für

Stein und Holz prägen die Landschaft landauf und landab und zeugen vom

das Wallis dennoch typisch ist. Da sind die malerischen Weiler über der Ebene,

überlieferten Wissen der Bergbauern. Sich am Hang unter dem Aspekt des best-

die weit verstreuten Dörfer in der Höhe, die einsamen Chalets, die von einem

möglichen Schutzes auszurichten, ist hier eine vollendete Kunst. Es scheint, dass

einst schwierigen und kargen Leben erzählen, das jedoch von der Gemeinschaft

die Walliser eine gleichermassen sinnenfrohe wie pragmatische Konzeption

mitgetragen wurde. So viele Andenken, so viele liebgewordene Kostbarkeiten …

vom Wohnen haben – genauso wie vom Leben im Allgemeinen.


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“Und auf einmal habe ich die Dixence gesehen. Sie ist so verblüffend wie die Berge. (…) Ich war ganz ergriffen davon und ich sagte mir, mit meinen Blumen in der Hand: Freue dich! Geh und sieh dir dieses Werk an, die Basis und der Eckpfeiler des neuen Landes, der Stein, an dem sich die Geister scheiden. Der Bauchnabel des Wallis ist da, und der Stein beginnt seinen Roman: zerstossen, zerbröckelt, mit

Hochdruck auf andere Installationen hinuntergeschleudert, bis er schliesslich zu einer grossen Betonmauer wird. Ich bin am Ende eines mit Krokussen übersäten und von Lawinen heimgesuchten Tals in den Berg hineingegangen und aus einem anderen, weit davon entfernten wieder herausgekommen.“ Maurice Chappaz, Journal intime d’un pays, “Treize étoiles”, September 1960


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Talente am Werk Das Wissen um den Weinberg und das Wasser wird im Wallis von Generation zu Generation weitervererbt. Mehr als 22 000 Besitzer teilen sich das Weinanbaugebiet, das sich von der Rhoneebene über die Talflanken bis in erstaunliche Höhen hinauf erstreckt. Diese Rebstöcke, die vom Föhn liebkost, von der Sonne gewärmt und von der Bevölkerung gesegnet werden, bringen Weine in verschiedenen Geschmacksrichtungen hervor, die jedoch alle vom selben Fachwissen, von der gleichen Lebensfreude zeugen. Pa capona! Mit dieser Devise im Mund – die in Etwa bedeutet: Aufgeben kommt nicht infrage! – haben die Dorfbewohner von Savièse vor rund fünfhundert Jahren die schwindelerregenden Hänge vom Prabé in Angriff genommen, um die sich, wen wunderts, zahlreiche Feen- und Teufellegenden ranken. Mit gesundem Menschenverstand, praktischem Wissen und einfachen Arbeitsmitteln, vor allem aber mit viel Ausdauer und Mut haben sie hier in diesem unwegsamen Gelände auf zuweilen äusserst waghalsige Weise Suonen gebaut, wahre Meisterwerke, die heute noch vom Erfindungsgeist und vom vitalen Gemeinschaftsleben der Dorfbewohner zeugen. Später schreibt der Bau der grossen Staudämme Geschichte – namentlich jener der Grande Dixence –, wo das Alte und das Neue aufeinanderprallen und wo “ein starkes, klares Gemisch von Leiden und Freuden“ * entsteht. Heute legen immer mehr weitsichtige Walliser bei ihrem Wirken und Schaffen Wert auf Begriffe wie Qualität, Anspruch, Ehrlichkeit. “Fliess, Suone, fliess. (…) Fliess, Wasser der einsamen Höhen! Wir warten auf dich. Die Wiesen, die Felder, die Reben, die Gärten sind ausgelaugt, bevor du den Durst ihrer Gewächse löschest, die den ganzen langen Sommer von der Hungersnot bedroht waren. Fliess, Suone, fliess; führe dein Wasser zu den nährenden Böden hin! (…) Du bist das Versprechen des Brotes, der Milch und des Weins in den Häusern der Berge.“ Maurice Zermatten

“Es ist ein Wahn, und schön, finde ich. In unserem Dorf hast du einen, bei dem sind totgeglaubte alte Weine wiedererstanden: die holundrige Lafnetscha, der felsige, blassgelbe Gwäss, die strohgelbe Himbertscha, der sagenhafte Heida Gletscherwein (…), der Hibou oder Eyholzer Rote, purpurrot, Veilchen und Himbeere, ab den Pergolas der Weingrenze, an welcher der bierige Norden beginnt.“ Pierre Imhasly, Rhone Saga

Dieser Haltung zugrunde liegt das Konzept Valais Excellence, das all jene Unternehmen anspricht, die die Philosophie der nachhaltigen Entwicklung teilen. Valais Excellence vereinigt all diese vitalen Energien miteinander, damit man zuversichtlich einer gemeinsamen, tragfähigen Zukunft entgegenschreiten kann.

*Maurice Chappaz

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Golf in Crans-Montana

Gleitschirm

Erholung, Entspannung, Erlebnis Leuk Fondation Pierre Gianadda (Martigny), Ausstellung “Chagall zwischen Himmel und Erde“, 2007


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Patrouille des Glaciers

Ringkuhkampf

1838 eröffnet Josef Lauber das erste Hotel in Zermatt; es hat nur drei Betten.

Musik oder Brauchtum statt. Und jedes Mal ist die Freude an der Begegnung

Damit beginnt die Entwicklung des Alpintourismus im Wallis, der sich zuerst

mindestens genauso gross wie jene an der Entdeckung.

auf die von majestätischen und symbolträchtigen Gipfeln umgebenen

Sport, der integrierter Bestandteil der hiesigen Lebensart ist, wird mit grosser

Bergdörfer beschränkt, sich dann aber mit dem unerwarteten Aufkommen

Passion betrieben, was sich in der hochmodernen Infrastruktur und in der

des Wintersports in alle Regionen ausbreitet. Die Städter kommen hierher, um

Fülle der angebotenen Aktivitäten widerspiegelt. Mehrmals im Jahr werden

die frische Luft, die Sonne, die Natur und die Gastfreundschaft der Walliser zu

prestigeträchtige Sportanlässe von internationalem Renommee durchgeführt.

geniessen.

Die Patrouille des Glaciers, einer der grössten Wettkämpfe im Bereich

Das kulturelle Leben im Wallis, das den höchsten Ansprüchen genügt, zeich-

Ski-Alpinismus, verdeutlicht wie kaum ein zweiter Anlass die Liebe der Walliser

net sich durch seine Dynamik aus, die sowohl im Engagement zahlreicher

zu ihren Bergen und zu ihren Spitzensportlern.

Verbände und Vereine als auch in der Anziehungskraft von kulturellen Stätten

Ungebrochener Beliebtheit erfreuen sich auch die Ringkuhkämpfe, die von

wie der Fondation Gianadda und einer breiten Palette von Museen wurzelt.

Eringerkühen ausgefochten werden. Mehrere tausend Zuschauer sind jedes

Darüber hinaus finden jedes Jahr im ganzen Wallis viele populäre Festivals mit

Jahr am kantonalen Finale zugegen. Eine willkommene Gelegenheit zum

so unterschiedlichen Schwerpunkten wie Wein- und Speisedegustationen,

Austausch und zur Begegnung – so, wie es der Walliser Lebensart entspricht.


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die Ambitionen der Künstler. Aller Künstler Weit von den zuweilen etwas oberflächlichen Künstlerkreisen und ihren Querellen entfernt, hat das Wallis zur Kunst ein eher konkretes, pragmatisches, “ortsverbundenes“ Verhältnis, das auf die lange Tradition des gemeinschaftlichen Wirkens und Schaffens in den Dörfern zurückzuführen ist. Für alle Kunstrichtungen gibt es kleinere Zentren und Treffpunkte, wo Kreativität in einer offenen und anregenden Atmosphäre “gelebt“ wird. Die Musik – von der traditionellen Volksmusik bis zur zeitgenössischen – ist hierzulande zweifellos die beliebteste Kunstform. Die lange Tradition der Blasmusik ist in der Gesellschaft immer noch lebendig und wird nach wie vor auch im Rahmen von politischen Anlässen gepflegt. Gleichzeitig Muse und Modell, hat die lyrische Walliser Landschaft die Künstler von jeher zu inspirieren vermocht. Die Maler – namentlich jene der renommierten Savièser Schule – haben die Farben, die Stimmungen und die ganze charismatische Kraft der Landschaft auf Leinwand zu bannen gewusst. Auch in der Literatur haben sich zahlreiche Künstlerpersönlichkeiten von der natürlichen Schönheit der Walliser Landschaft, der Authentizität der hiesigen Lebensart oder von dieser ganz besonderen Stille inspirieren lassen, die der Kreativität so zuträglich ist. Zermatten und Chappaz – im Herzen der Walliser fest verankert – haben mit viel dichterischem Geschick ihre Liebe zum heimatlichen Kanton beschrieben; Chappaz hat zuweilen auch seiner Wut Ausdruck verliehen. Ramuz hingegen hat das Wallis in seinem Elementaren und in seinem Überdimensionalen, in seinem Besonderen und in seinem Umfassenden, in seiner Wirklichkeit und in seiner Spiritualität begriffen. Und Rainer Maria Rilke hat im Wallis eine kosmische Dimension erkannt, “eine Spannung (…) zwischen den Sternen einer Konstellation“. “Das unbekannte Wallis wird jenen Malern Wurzeln verleihen, die sich gesucht haben.“ Maurice Chappaz

Ernest Bieler, La chapelle de Drône

Edmond Bille, La prière des humbles, 1902,

Albert Chavaz, Albertine au fourreau

Marguerite Burnat-Provins, Jeune fille de Savièse, 1900

Edouard Vallet, La Terre, 1917

Oska


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Oskar Kokoschka, Weinberg bei Sitten, 1947


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WORTE DER WALLISERIN

Anne-Claude Luisier Sinn der Wurzeln, Essenz der Schaffenskraft Das Wallis hat mir meine Wurzeln gegeben. Geboren und aufgewachsen bin ich auf einer Anhöhe am rechten Rhoneufer, in einem Dorf zwischen der Talebene und den Bergen. Hier habe ich mich inmitten eines Universums voller faszinierender Sinneseindrücke bewegt: der Geruch der Reben in der Sonne und jener der Weinpressen im Herbst, die Geräusche in der Molkerei, die Herbheit der Erde beim Kartoffelpflanzen, die schneidende Kälte auf den Skipisten, der gleichermassen vielfältige wie einzigartige Geschmack von Raclette und Roggenbrot, der charakteristische Duft von Lärchenpech… Ja, ich bin in der naturnahen Welt des Wallis verwurzelt. Diese in ihrer Ursprünglichkeit bestechende Welt hat meine Sinne geschärft und geformt – und mich zu neuen Horizonten hin gelockt. Also bin ich aufgebrochen... Ich habe andere Regionen entdeckt, habe mit anderen Lebensweisen experimentiert. Nicht, dass es besser

Schöpferin sensorischer Welten oder schlechter gewesen wäre; es war einfach nur anders. Meine Herkunft hat mir das Rüstzeug gegeben, damit ich mich in anderen Welten bewegen konnte. Und ich wollte einer Welt angehören, die voranschreitet, einer innovativen, einer zukunftsorientierten Welt. Damals habe ich zum allerersten Mal das Gewicht der Traditionen gespürt, die im Wallis so stark, so ausgeprägt sind. Oft verspürte ich das Bedürfnis, mehr zu leisten als andere – als wollte ich mich für meine Herkunft aus einer Region entschuldigen, die manchmal mehr Wert auf die Vergangenheit als auf die Zukunft legte, einer Region, deren tiefe Bindung an die Traditionen in meinen Augen oft dem Neuen im Weg zu stehen schien. Auch dieser eigentümliche Stolz der Walliser auf ihre Herkunft, der, wie ich fand, manchmal an Arroganz grenzte, flösste mir Unbehagen ein. Ich hatte den Eindruck, dass mit dieser Haltung eine gewisse Blindheit einherging für alles, was anderswo gut war, und dass dieser Umstand die geografische Isolation noch verstärkte.

Dann bin ich zurückgekommen … Und ja, ich bin bei meiner Rückkehr auf die Schwierigkeit gestossen, eine beruflich engagierte Frau zu sein, und ich habe mich an den althergebrachten Modellen gerieben. Modelle, die hierarchisieren und kategorisieren und die für jede und jeden einen unabänderlichen Platz in der Gesellschaft vorsehen; Modelle, die Ansehen mit Wert, Herkunft mit Kompetenz verwechseln. Vor allem aber bin ich Frauen und Männern begegnet, die nichts sehnlicher wollen, als mit der Welt verbunden zu sein, und die vom gemeinsamen Wunsch beseelt sind, das Wissen und Können von hier und von anderswo zusammenzubringen, um eine tragfähige Zukunft zu formen. In jenen Tagen habe ich mich an meine Kindheit erinnert und mich wieder auf meine Wurzeln besonnen, indem ich ihnen ihren angemessenen Platz zugewiesen habe. Das Wallis meiner Jugend hat meinen Wunsch und Willen geprägt, und aus dem sinnenreichen, identitäts stiftenden Universum von einst ist eine Leidenschaft entstanden, eine Lust am Erschaffen, ein Motor der Kreativität. Ich habe daraus meinen Beruf gemacht, mein Unternehmen, mein Leben …

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Aletschgletscher

Leukerbad

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Martigny

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“Man könnte glauben, wir hätten sie erfunden, die Augen. Was für eine vollkommene, herrliche Klarheit, sei es, dass der Blick sich in etwas verkralle, sei es, dass er einen düsteren Vorbehalt auferlege. Der Blick der Führer nach einer Tour: die Klarheit von brennendem Wasser und von Eis; das reine Öl auch jener, die sich opfern und heiligen. Ich verehre die Höhe, die Durchsichtigkeit des Wallis in allen diesen Augen.“ Maurice Chappaz, Portrait des Valaisans en légende et en vérité


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92 BIBLIOGRAFIE

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Gilberte Favre, Journal et feuille d’avis du Valais 2 nov. 1937, Mémoire de Sion la vie quotidienne 1850-1950

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Corinna Bille, La Montagne déserte, Poèmes (Éliane Vernay – Genève, 1978)

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Gabriel Lory, Voyage pittoresque de Genève à Milan par le Simplon, 1811 (Slatkine - Genève, 1980)

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C. F. Ramuz, Derborence (Limmat Verlag – Zürich, 2003)

Maurice Zermatten, Les Saisons valaisannes (Victor Attinger – Corcelles, 1947) Maurice Zermatten, Valais (Éditions Jean Marguerat – Lausanne, 1947)

Trotz aller Sorgfalt, die bei der Verfassung der Texte aufgewendet worden ist, können sich Fehler eingeschlichen haben, für welche jedoch weder der Verein Marke Wallis noch die Autorin belangt werden können..


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FOTO- UND ILLUSTRATIONSNACHWEIS 93

TITELFOTO Samuel Bitton, www.samuelbitton.com VORSATZBLATT www.sondereggerfotos.ch SEITE 6 Vincent Bourrut, www.bourrut.ch

Igor Délèze, www.chasseurdelumieres.ch SEITE 17 www.sondereggerfotos.ch SEITE 18 Samuel Bitton, www.samuelbitton.com

Jean-Marc Biner, Bramois SEITE 9 von links nach rechts Alle Rechte vorbehalten Christophe Barnédes, www.instant-magique.ch SEITE 10 Samuel Bitton, www.samuelbitton.com SEITE 12 François Perraudin, www.frperraudin.ch SEITE 13 Samuel Bitton, www.samuelbitton.com

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d. Robin Crettaz, 1969 St-Martin

a. François Perraudin, www.frperraudin.ch

e. Samuel Bitton, www.samuelbitton.com

b. Markus Furrer, Bürcher

f. JF Hagenmuller

c. Jean-Blaise Pont

SEITE 27 Patrick Zufferey, Sierre

d. Isabelle Favre

SEITE 19 SEITE 8 von links nach rechts Pascal Bossanne

c. Régis Colombo, www.diapo.ch

SEITE 24

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a. www.sondereggerfotos.ch b. Nicolas Amherd, alias Nicou von Mund c. Igor Délèze, www.chasseurdelumieres.ch d/e. Nicolas Amherd, alias Nicou von Mund

e. François Perraudin, www.frperraudin.ch f. Igor Délèze, www.chasseurdelumieres.ch

Franco Lorenzetti, Savièse Igor Délèze, www.chasseurdelumieres.ch

i. François Perraudin, www.frperraudin.ch

Nicolas Amherd, alias Nicou von Mund

SEITE 25

Pascal Moret

SEITE 34 Isabelle Favre

SEITE 29 1. Zeile von links nach rechts Favre - Jamonet

SEITE 36 Photo-genic.ch

d e f g h i j

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a. Igor Délèze, www.chasseurdelumieres.ch

Igor Délèze, www.chasseurdelumieres.ch www.picswiss.ch/ Roland Zumbühl 2. Zeile von links nach rechts Favre - Jamonet

Kantonsmuseen, Sitten/ Heinz Preisig

f. Photo-genic.ch

Patrick Zufferey, Sierre

g. Thomas Andenmatten, Brig

www.sondereggerfotos.ch

h. JF Hagenmuller

Carole und Denis Favre-Bonvin

Photo-genic.ch

www.sondereggerfotos.ch

i. Igor Délèze, www.chasseurdelumieres.ch

Igor Délèze, www.chasseurdelumieres.ch

Samuel Bitton, www.samuelbitton.com

j. Favre-Jamonet

3. Zeile von links nach rechts Nicolas Amherd, alias Nicou von Mund

k. Thomas Andenmatten, Brig

Pascal Moret

SEITE 22 von oben nach unten Claude Mansiot

l/m. François Perraudin, www.frperraudin.ch

Carole und Denis Favre-Bonvin

Samuel Bitton, www.samuelbitton.com

SEITE 26

SEITE 16 von links nach rechts Samuel Fournier, www.samuelfournier.com

SEITE 23 www.sondereggerfotos.ch

SEITE 38 Kantonsmuseen, Sitten/ Jean-Yves Glassey

e. Thomas Andenmatten, Brig

d. Le Nouvelliste

JF Hagenmuller

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4. Zeile von links nach rechts Samuel Bitton, www.samuelbitton.com

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Patrick Zufferey, Sierre

a. Samuel Bitton, www.samuelbitton.com b. Nicolas Amherd, alias Nicou von Mund

François Perraudin, www.frperraudin.ch Samuel Bitton, www.samuelbitton.com

SEITE 41 © BPK, Berlin, Dist RMN/ Jörg P. Anders Thomas Andenmatten, Brig © RMN/ Thierry de Girval SEITE 42 Giovanni Ruggeri, Mediathek Wallis - Martigny SEITE 43 Mediathek Wallis-Sitten Spezialsammlung Plakat Simplon, Leopoldo Melticovitz, 1906 Plakat Pays du soleil, Herbert Libiszewski, 1949 Plakat Zermatt, Eric de Coulon, 1928 SEITE 44

Kantonsmuseen, Sitten/ Heinz Preisig

SEITE 21 von links nach rechts Photo-genic.ch

SEITE 15 Régis Colombo, www.diapo.ch

SEITE 33 Javier Sanchis

Carole und Denis Favre-Bonvin

b/c. Photo-genic.ch

SEITE 14 von links nach rechts Favre - Jamonet

Igor Délèze, www.chasseurdelumieres.ch

SEITE 32 von oben nach unten Photo-genic.ch Le Nouvelliste Photo-genic.ch

Nicolas Amherd, alias Nicou von Mund

c

Alle Rechte vorbehalten

SEITE 31 Igor Délèze, www.chasseurdelumieres.ch

g/h. Photo-genic.ch

f. Photo-genic.ch SEITE 20 von links nach rechts Photo-genic.ch

SEITE 28 von oben nach unten Favre - Jamonet

SEITE 30 von links nach rechts Thomas Andenmatten, Brig Thomas Andenmatten, Brig Fux Naters

SEITE 39 Mediathek Wallis - Sitten Spezialsammlung Erste Walliser Karte von Johan Schalbetter (westlicher Teil)/ Foto: Dominique Quendoz SEITE 40 von links nach rechts Thomas Andenmatten, Brig Mediathek Wallis - Sitten Spezialsammlung Lory, Gabriel, Vater Voyage pittoresque de Genève à Milan par le Simplon / [Gabriel Lory Vater und Sohn] Paris : Druck von P. Didot dem Älteren, 1811, “Collation“ 1 vol. (nicht paginiert); ill. ; 42 cm

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a. Vincent Bourrut, www.bourrut.ch b. Jean-Marc Biner, Bramois c. Rechte vorbehalten d. Jean-Marc Biner, Bramois SEITE 45 Kantonsmuseen, Sitten/ Robert Barradi SEITE 46 1. Zeile von links nach rechts Thomas Andenmatten, Brig © Musée cantonal des BeauxArts de Lausanne, Ernest Bieler, Selbstporträt des Künstlers, 1911, Aquarell und Guasch auf Papier, 30,3 x 27,1 cm Foto : J-C Ducret Treize Etoiles, Mediathek Wallis - Martigny B. Chappaz Treize Etoiles, Mediathek Wallis - Martigny Oswald Ruppen, Diolly 2. Zeile von links nach rechts Farinet-Archiv


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94 FOTO- UND ILLUSTRATIONSNACHWEIS

Favre, Treize Etoiles, Mediathek Wallis - Martigny

Polenghi, Treize Etoiles, Mediathek Wallis - Martigny

Fondation Pierre Gianadda, Martigny

Ritz Paris

Hans Bock d.Ä., Bildnis des Rektors Thomas Platter, 1581 (inv.nO. 83), Leinwand 60 x 44,5 cm - Sammlung : Kunstmuseum Basel Foto : Martin P. Bühler © Gaston Paris / Roger-Viollet Wiedergabe durch die Rilke-Stiftung genehmigt – Schweizerisches Literaturarchiv, Bern 3. Zeile von links nach rechts Reliquenbüste des heiligen Bernhard von Aosta, 18. Jahrhundert, Schatz des Hospizes vom Grossen Sankt Bernhard /Foto: Jean-Marc Biner, Bramois Der heilige Mauritius trägt ein Wappenschild der Walliser Republik, Atelier von Jean-Etienne Koller, Ende 18. Jahrhundert. Walliser Geschichtsmuseum, Sitten. Kantonsmuseen, Sitten; Robert Barradi Thomas Andenmatten, Brig Alle Rechte vorbehalten Oswald Ruppen, Diolly Selbstporträt, 1916, Öl auf Leinwand, 65x55cm, Privatsammlung, © Jacques Dominique Rouiller/Hoirie Edouard Vallet

Porträt von Raphael Ritz, aus dem Buch Raphael Ritz 1829-1894, erschienen 1999 im Rotten Verlag, Visp Porträt von Matthäus Schiner, Walliser Geschichtsmuseum, Sitten/ Walliser Kantonsmuseen, Sitten / Robert Barradi Museum für Kunst und Geschichte Freiburg / Primula Bosshard René Ritler, Treize Etoiles, Mediathek Wallis - Martigny Treize Etoiles, Mediathek Wallis - Martigny Treize Etoiles, Mediathek Wallis - Martigny Alle Rechte vorbehalten SEITE 48 Isabelle Favre SEITE 50 François Perraudin, www.frperraudin.ch SEITE 52 von links nach rechts Photo-genic.ch légende : Der Russe Gennady Khryachkov am Xtreme von Verbier 2008 in Aktion Olivier Maire freerideworldtour.com Régis Colombo, www.diapo.ch

SEITE 47 1. Zeile von links nach rechts Joseph Couchepin, Mediathek Wallis - Martigny

SEITE 53 Kantonales Amt für Kulturgüterschutz, Sitten

© Fondation Jean Daetwyler, Foto : Jean Mayerat

SEITE 54 von links nach rechts François Perraudin, www.frperraudin.ch

Zeichnung von Pol Duchoud, im Besitz des Musée des Traditions et des Barques de Saint-Gingolph

Photo-genic.ch

SEITE 55 Thomas Andenmatten, Brig SEITE 56 von links nach rechts Isabelle Favre www.sondereggerfotos.ch Keystone/Olivier Maire SEITE 57 Photo-genic.ch SEITE 58 Claude Naef kleine Foto: Michel Strobino, Mediathek Wallis - Martigny SEITE 59 von links nach rechts www.sondereggerfotos.ch Igor Délèze, www.chasseurdelumieres.ch Carole et Denis Favre-Bonvin SEITE 62 von links nach rechts François Perraudin, www.frperraudin.ch Claude Naef SEITE 63 Samuel Bitton, www.samuelbitton.com SEITE 64 von oben nach unten Isabelle Favre Alle Rechte vorbehalten SEITE 65 Keystone/Olivier Maire

Thomas Andenmatten, Brig

Roland Zumbühl

Photo-genic.ch

Jean-Blaise Pont

a

Max Zermatten

b

SEITE 68 Christophe Barnédes, www.instant-magique.ch SEITE 69 von oben nach unten Carole und Denis Favre-Bonvin

Familie Leaney – Minergie-Öko-Haus – www.energie-renouvelable.ch www.sondereggerfotos.ch

Alle Rechte vorbehalten François Perraudin, www.frperraudin.ch

SEITE 81 von links nach rechts Jean-Blaise Pont

SEITE 70 Samuel Bitton, www.samuelbitton.com

Igor Deleze www.chasseurdelumieres.ch

SEITE 71 François Perraudin, www.frperraudin.ch SEITE 72 Keystone/Olivier Maire Nummerierte Wappen von Paul Laffay, CH - 1873 Troistorrents Valais, gebürtig von FR St Etienne 42000 Loire. SEITE 73 Carole und Denis Favre-Bonvin SEITE 74 Isabelle Favre SEITE 76 Jean-Blaise Pont SEITE 78 Grande-Dixence, Mediathek Wallis - Martigny

SEITE 66 von links nach rechts www.sondereggerfotos.ch

SEITE 79 von links nach rechts Igor Délèze, www.chasseurdelumieres.ch

Keystone/ Jean-Christophe Bott

Lonza - Thomas Andenmatten, Brig

Régis Colombo, www.diapo.ch SEITE 67 Photo-genic.ch

2. Zeile von links nach rechts Jean-Marc Biner, Bramois

SEITE 80 1. Zeile von links nach rechts www.Picswiss.ch/

Samuel Bitton, www.samuelbitton.com SEITE 82 Christophe Barnédes, www.instant-magique.ch SEITE 83 von links nach rechts Branchenverband für Rebbau und Wein / alle Rechte vorbehalten www.sondereggerfotos.ch SEITE 84 oben von links nach rechts www.crans-montana.ch Laurent Borella unten von links nach rechts Igor Deleze www.chasseurdelumieres.ch Fondation Pierre Gianadda, Martigny / Foto : Michel Darbellay SEITE 85 von links nach rechts François Perraudin, www.frperraudin.ch Photo-genic.ch

SEITE 86

c

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a. Gemeinde Savièse b. Gemeinde Savièse c. Kantonsmuseen, Sitten/ Heinz Preisig d. Kantonsmuseen, Sitten/ Heinz Preisig e. Kantonsmuseen, Sitten/ Michel Martinez SEITE 87 Kantonsmuseen, Sitten/ Heinz Preisig SEITE 88 Isabelle Favre KARTE Natalie Bessard RÜCKSEITE DES UMSCHLAGS Keystone/LAIF/Iris Kuerschner


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WALLIS Danke Unser Dank gilt folgenden Persönlichkeiten, die die Liebe zum Wallis miteinander teilen: Thérèse Andenmatten Renaud, Beat Anthamatten, Benoît Aymon, Alexandra Berguerand, Laurent Borella, Pascal Bossanne, Blaise Chappaz, Benoit Coppey, Robin Crettaz, Delphine Debons, Cornelia Heynen, Gabriel Imboden, Armin Imstepf, Anne-Claude Luisier, Frédéric Moix, Claude Naef, Yvonne Parlier, Denis Reynard, Emmanuel Reynard, Simon Roth, Jérémie Robyr, François Seppey, Pirmin Zurbriggen, l’Association des amis de Farinet, Gemeinde Savièse, Crans-Montana Tourisme, Familie Ritz, Fondation Edmond Bille, Fondation Jean Daetwyler, Fondation Pierre Gianadda, Fondation Rainer Maria Rilke, Ritz-Hotels, Mediathek Martigny, Mediathek Sitten, Walliser Kantonsmuseen, Rotten Verlag, Wallis Tourismus. Dank auch an alle Personen, die im Rahmen der diesem Werk vorangegangen Studie zu diesem vielschichtigen Porträt des Kantons Wallis beigetragen haben. Dank an das passionierte Team von Comanaging: Joël Gayet, ohne den dieses Projekt nicht zustande gekommen wäre May Begin für die effiziente und energische Projektleitung Catherine Grive für die Magie der Texte Natalie Bessard für die einnehmende Grafik Besonders danken möchte der Herausgeber Yvan Aymon, der die Entstehung dieses Buches ermöglicht hat, sowie dem gesamten Verein Marke Wallis für das begeisterte Engagement und die wertvolle Zusammenarbeit.

Die Buchreihe Corps & Âme steht unter der Patenschaft der Cité de la Culture et du Tourisme Durable. Wallis, Leib & Seele ist mit der Unterstützung des Vereins Marke Wallis und der Loterie Romande entstanden.

DANKSAGUNGEN 95


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Herausgabe und künstlerische Leitung: Sophie de Paillette Texte, Legenden, Zusammenstellung der französischen literarischen Zitate: Catherine Grive Übersetzung der Texte und Legenden sowie Zusammenstellung der deutschen literarischen Zitate: Cornelia Heynen Grafik und Illustration: Natalie Bessard Herstellung und Koordination: May Begin, assistiert von Aurore Vasseur, Emmanuelle Déon und Mathilde Mignon Fotomechanische Druckformherstellung: Point 4 Druck: Gessler SA

Copyright:

Corps & Ame Éditions - Comanaging 12, rue Antoine Bourdelle - 75015 Paris editions@comanaging.net


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Catherine Grive - Sophie de Paillette préface Benoît Aymon

WALLIS

WALLIS Corps & Âme ist eine aussergewöhnliche Buchreihe, die sich – eine Premiere im Bereich der Reiseliteratur – die Beschreibung eines Landstrichs, einer Region, einer Stadt oder eines Kantons zum Ziel gemacht hat, indem sie die identitätsstiftenden Werte der betreffenden Gegend herauszukristallisieren sucht. Wallis, Leib & Seele fügt sich wunderbar in diese Sammlung ein, welche die verschiedenartigsten Kenntnisse und Stellungnahmen zueinander in Beziehung setzt. Ausgesuchte Experten, meinungstragende Persönlichkeiten und Menschen mit einer besonderen Leidenschaft für ihren Lebensraum stellen ihre ganz persönliche Sicht der Dinge dar: Historiker, Fotografen, Geologen, Soziologen, Ethnologen, Architekten, Erzähler, Dichter, Schriftsteller,… Corps & Âme bietet dem Leser eine neue, eine andere Perspektive; eine poetische Reise durch das Sichtbare und das Unsichtbare – gerade so, als ob man eine Region wie einen Menschen entdecken könnte. Sich für einmal in eine magische Zwischenwelt entführen lassen, ohne den geringsten Vorbehalt… Eine intensive Begegnung voller Zauber und Überraschungen, wahrhaftig und einzigartig, weil ja keine Region der anderen gleicht.“

ISBN 978-2-9528675-3-5

PREIS SCHWEIZ: 39 CHF PREIS FRANKREICH: 25 v

WALLIS

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