UZH Magazin 4/23

Page 18

IN F O R MA TIK

Coins schürfen Kryptowährungen wie Bitcoin wurden geschaffen, um das Geldmonopol von Staaten und Zentralbanken zu unterlaufen. Die digitalen Währungen sollten demokratischer funktionieren und breit gestreut werden. Passiert ist das Gegenteil, wie Blockchain-Forscher Claudio Tessone feststellt.

Text: Thomas Gull Bild: Jos Schmid

D

ie Geschichte der ersten erfolgreichen Kryptowährung Bitcoin beginnt mit einer wissenschaftlichen Arbeit, die zugleich ein Manifest ist: Im Oktober 2008 veröffentlicht ein gewisser Satoshi Nakamoto ein rund elfseitiges Paper mit dem Titel. «Bitcoin: Ein elektronisches Peer-to-Peer-Cash-System». Darin erklärt er, wie eine neue elektronische Währung funktionieren könnte, die direkte Zahlungen unter Nutzern ermöglicht, ohne Banken als Relaisstationen. «Sato­shi wollte Staaten und Banken das Monopol über die Währungen und den Zahlungsverkehr entziehen», erklärt Claudio Tessone, «statt zentral organisiert und kontrolliert sollten Währungen und ihr Wert ‹demokratisch› geschaffen und überwacht werden. Diese Idee war anarcho-kapitalistisch. Der Markt sollte sich selbst regulieren, ohne staatliche Eingriffe.» Tessone ist UZH-Professor für Blockchain and Distributed Ledger Technologies. Er erforscht die ökonomischen Anreize der Kryptowährungen und die Blockchain-Technologie, die diese ermöglicht. Satoshi Nakamoto, dessen wahre Identität unbekannt ist, liess den Worten Taten folgen und machte 2009 die Bitcoin-Software öffentlich zugänglich. Er hat die ersten 50 Bitcoins «geschürft» und die Regeln festgelegt, wie weitere geschürft werden können. Der englische Fachbegriff dafür ist «mining», übersetzt als abbauen oder schürfen. Das Schürfen ist der Prozess, mit dem neue Bitcoins geprägt und in Umlauf gebracht werden. Nakamoto hat auch festgelegt, was es dafür braucht: den Nachweis von Arbeit (proof of work). Bei den Kryptowährungen bedeute dies, dass die Teilnehmer, genannt «Miner/Bergarbeiter» nachweisen müssen, dass sie den Aufwand erbracht haben, um einen Block von digitalen Datensätzen, aus dem die Blockchain besteht, zu verifizieren

18

UZH magazin 4 / 23

Um Missbrauch zu verhindern, braucht es Gesetze, die die Kryptowährungen

und diesen als nächsten Block an die bestehende Blockchain anzuhängen. Diese Arbeit ist fundamental für die Blockchain, denn diese besteht aus der Aufzeichnung sämtlicher Transaktionen, die verifiziert sind. Die lückenlose Dokumentation dieser Transaktionen soll das notwendige Vertrauen schaffen beziehungsweise jenes ersetzen, das die Marktteilnehmer üblicherweise in Institutionen wie Zentralbanken haben. Nakamoto hat das so formuliert: «Es braucht ein Zahlungssystem, das auf kryptografischen Nachweisen statt Vertrauen beruht und es zwei Parteien ermöglicht, ohne Rückgriff auf eine vertrauenswürdige dritte Partei Transaktionen untereinander abzuwickeln.» Anfänglich waren Bitcoins nahezu wertlos. Der Softwareentwickler Laszlo Hanyecz ging in die Geschichte ein, weil er die allererste Transak-

r


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.