5 Im Fokus: 100 Jahre Hauptgebäude der UZH
Journal Die Zeitung der Universität Zürich
haft entdecken
Jubiläumsbuch
Geschichte der Frauen an der Universität Zürich: Führung mit Ursula Wunderlin und Lilian Carpenter
tätig. Als erste Gynäkologin Europas ge hörte sie 1901 zu den Mitbegründerinnen der Pflegerinnenschule in Zürich. Doch für ein Denkmal im Neubau der Universität von 1914 reichte das nicht. Führungen zu diversen Themen Die anderen Führungen im Rahmen der Ju biläumsfeierlichkeiten vertiefen die archi tektonische Entstehungsgeschichte des Ge bäudes, die Kunst am Bau oder historische Ereignisse. Lilian Carpenter und ihre Kolle gin Ursula Wunderlin erzählen die Ge schichte der ersten Frauen an der Universi tät Zürich anhand verschiedener Kunst objekte im 100jährigen Kollegiengebäude.
Eine weitere Station gilt der Aula. Zehn Por trätbüsten sind dort übers Halbrund ver teilt. Zehn Männer. Vorne aber zeigt das grosse Wandbild Gruppen von Frauen. Ursula Wunderlin erklärt, warum der Maler Paul Bodmer – er hatte den Auftrag 20 Jahre nach dem Eklat um seine Fresken vor dem Dozentenzimmer erhalten – das Wandbild um junge Männer ergänzen musste. Erste Professorin nach 106 Jahren 1970 ernannte die Universität Zürich mit der Strahlenbiologin Hedi FritzNiggli die erste Frau zur ordentlichen Professorin. Die Füh rung zeigt, weshalb es nach der Öffnung des Studiums für Frauen 106 Jahre bis zu diesem Schritt dauerte. Zu erfahren ist auch, wann die Anrede «Fräulein» offiziell abgeschafft wurde und wie es dazu kam, dass der Anteil der Professorinnen nun auf 18 Prozent ge stiegen ist. Ein Aktionsplan will jetzt sicher stellen, dass das ursprüngliche Ziel – 25 Pro zent – bis Ende 2016 tatsächlich erreicht wird. Erst dann können sich die Frauen auf der Chaiselongue, die ihnen die Künstlerin Pipilotti Rist als Erinnerung an Emilie Kem pinSpyri im Lichthof gewidmet hat, eine kleine Pause gönnen. tom Führungen zu Themen wie Frauen an der UZH, Winston Churchills berühmte Rede von 1946,
Aus Anlass der Jubiläumsfeier erscheint ein reich illustriertes Buch über Karl Mosers Universitätsgebäude. Viele Aspekte der 100jährigen Geschichte des Baus kommen darin erstmals ausführlich zur Darstellung. Ein Essay von Peter von Matt leitet das Buch ein. Der grosszügige Tafelteil doku mentiert den Bau sowie seine Nutzung im Wandel der Zeiten anhand historischer und neuer, eigens für den Band entstandener Fotografien von Peter Burri und Katherine York. Im Textteil diskutieren namhafte Fachleute die ungewöhnliche Architektur des Gebäudes. Der Anhang schliesslich ent hält wichtige, erstmals greifbare Quellen texte zur Entstehung des Baus und zum «Kunstskandal» von 1914. dwe Kunst Bau Zeit: Das Zürcher Universitätsgebäude von Karl Moser 1914–2014. Hrsg. von Stanislaus von Moos und Sonja Hildebrand, ca. 370 Seiten, Verlag Scheidegger & Spiess, Zürich, 49 Franken
Multimedia-Guide Laden Sie eine App auf Ihr Smartphone oder Ihren Tabletcomputer, setzen Sie einen Kopfhörer auf – und begeben Sie sich mit dem anlässlich des Jubiläums lancierten MultimediaGuide auf einen Rundgang, auf dem Sie das Hauptgebäude der UZH neu kennenlernen! Zwei verschiedene Rundgänge stehen zur Auswahl: Die «ArchitekTour» vermit telt an 22 Stationen vielfältige architektur und kunsthistorische Informationen. Grundlage sind Recherchen von Studieren den des Kunsthistorischen Instituts der UZH. Die «HörspielTour» erzählt eine an dere Geschichte: Mit Geräuschen, Wort wechseln, Anekdoten und Musik sensibili siert sie für die Besonderheiten des ganz auf Stimmung und Wirkung angelegten Gebäudes. Die «HörspielTour» ist auch für Familien geeignet. dwe
Streit um die Höhe des Universitätsturms, Skandal um Wandmalereien, Scheitern von Karl Mosers
Die App kann ab 17. April kostenlos herunter-
Erweiterungsplänen: 19. April bis 27. April täglich
geladen werden: www.haus-der-wissenschaft.
sowie 3./4. Mai und 10./11. Mai.
Geräte können am Info-Desk am Eingang
Anmeldung: www.haus-der-wissenschaft.uzh.ch
Rämistrasse ausgeliehen werden.
Text Sascha Renner, Bilder gta Archiv, ETH Zürich
Vorbild für Frauen Die 23jährige Pfarrerstochter nahm als erste Schweizerin ein Studium auf. 1868 schrieb sie sich im Fach Medizin ein, vier Jahre nachdem Zürich als zweite Universi tät in Europa – neben Paris – Frauen zum regulären Studium zugelassen hatte. Heim Vögtlins Entscheid stellte das traditionelle Rollenbild der Frau radikal in Frage und löste weitherum Entrüstung aus. Die Öf fentlichkeit war überzeugt, dass Frauen kör perlich zu schwach seien, um ein Studium durchzustehen. Erst als ihr Vater inter venierte, erhielt sie die Zulassung zum Staatsexamen und später die Bewilligung zur Eröffnung einer Arztpraxis. Nach der Geburt ihrer drei Kinder blieb sie berufs
Bild Frank Brüderli
Von der ersten Studentin bis zur ersten Professorin Künstlerische Darstellungen von Frauen gibt es an der Universität Zürich zuhauf. Eine davon ist die liegende Frau beim Ein gang zum Zoologischen Museum an der KarlSchmidStrasse. Sie ist Station einer der Führungen zum Jubiläum «100 Jahre Hauptgebäude der UZH». Während man männlichen Persönlichkei ten an der Universität mit Büsten ein Denk mal gesetzt habe, seien Frauen lediglich als Allegorie dargestellt worden, sagt Lilian Carpenter, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Gleichstellung: «Dabei gibt es genug Frauen an der Universität Zürich, die ein Denkmal verdient hätten.» Sie nennt als eines von vielen Beispielen Marie Heim Vögtlin, eine Vorkämpferin für die beruf liche Selbstverwirklichung der Frauen.
Nr. 2, April 2014
Dezember 1911: Der Biologietrakt ist im Rohbau fertiggestellt. Der Kanton hatte einen monumentalen Baukörper verlangt. Moser durchbrach das Blockhafte dieser Konzeption mit einer in hochstrebende Pfeiler aufgelösten Fassade.
April 1912: Blick auf das Rondell, rechts der Lichthof. Architekt Karl Moser überzeugte die Jury mit einer topografisch ausgeklügelten Lösung. Er passte die beiden Gebäudekuben (KOL und KO2) räumlich versetzt in den abfallenden Geländeverlauf ein.
Juli 1913: Der 65 Meter hohe Turm ist aufgerichtet. Karl Moser hatte ihn ursprünglich weit niedriger vorgesehen. Die offiziellen Eröffnungsfeierlichkeiten finden vom 17. bis 20. April 1914 statt. Öffentlichkeit und Fachwelt begrüssen den Bau enthusiastisch.