UZH Journal 4/19

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9 UZH Journal

Die Campus-Zeitung der Universität Zürich

Nr. 4, Dezember 2019

Bilder: Frank Brüderli

Debatte Open Science

Der Jurist Marc Thommen (l.) und der Genomforscher Mark Robinson bringen aus ihren Disziplinen unterschiedliche Erfahrungen zu Open Science mit.

Robinson: Ich würde sagen, dass dieser Wandel in manchen Bereichen der Biologie bereits stattfindet. Die Forscherinnen und Forscher, besonders Nachwuchsforschende, sprechen über Datenaustausch und Kooperation; Open Science ist präsent. Natürlich existieren herkömmliche Zeitschriften mit Bezahlschranken, aber die Bereitschaft ist da, in frei zugänglichen Open-Access-Zeitschriften zu publizieren. Wir befinden uns mitten in einem Transitionsprozess.

«Open Data und Open Code leisten einen Beitrag zur Forschungsintegrität.» Mark Robinson, Open-Science-Delegierter

Thommen: Die Bereitschaft, neue Wege zu gehen, ist in allen Disziplinen grundsätzlich vorhanden. Was Open Access betrifft, so besteht eine der Herausforderungen darin, dass Universitätsangehörige oft gar nicht realisieren, wie gross der Aufwand der Verlagsarbeit ist, welcher Aufwand für eine Publikation betrieben werden muss. Alle Publikatio-

nen sind dank der Bibliotheken frei verfügbar. Diese Arbeit sieht man erst, wenn man eine eigene Zeitschrift herausgibt und als Verleger arbeitet. Diese Erfahrung haben wir mit unserer Open-Access-Zeitschrift «sui generis» gemacht. Sie wird von den Forschenden herausgegeben und entspricht dem sogenannten Platinmodell von Open Access. Das heisst, es kommen neue Aufgaben auf die Forschenden zu, die finanziert werden müssen. Wir haben von einem Kulturwandel für Open Science gesprochen. Haben Sie bereits Pläne, wie Sie diesen Wandel befördern möchten? Thommen: Wir möchten alle Kräfte an der UZH stärken und ermuntern, ihre Aktivitäten im Zusammenhang mit Open Science weiterzuverfolgen und zu verstärken. Sei es im Bereich Forschungsdaten, Publikationen, Fair Data, Bibliometrie oder Citizen Science und Research Integrity. Wir werden einen Open-Science-Council gründen, in dem fakultätsübergreifend wichtige Akteure zusammenkommen. Es geht uns weniger darum, neue Initiativen zu gründen, sondern darum, die bestehenden Aktivitäten zu unterstützen und zu koordinieren und eine gemeinsame Strategie zu definieren. Die Universität Zürich macht bereits einiges, ich erinnere zum Beispiel an die Abteilung Data Services & Open Access der Hauptbibliothek (HBZ) oder an die Abteilung Service and Support for Science (S3IT). Robinson: Wie Marc erwähnt hat, gibt es an der HBZ bereits viel Expertise. Unsere Rolle ist es, Open Science ein Gesicht zu geben und bestehende Initativen zu verstärken. Aufgrund meiner Erfahrungen in der Bioinformatik kann ich die Leute bei Fragen zu Code- und Datenrepositorien oder bei der Aufbereitung von Rohdaten unterstützen. Die technischen Fragen bei Open Data werden schnell komplex und sind von Disziplin zu Disziplin verschieden. Wir möchten ein Netzwerk schaffen und die Forschenden unterstützen. Wichtig ist, dass das Thema Open Data präsent ist und die Leute sich fragen, was sie beitragen können.

Thommen: Wir haben viele Ideen, was gemacht werden könnte: Workshops, Events, Weiterbildungskurse. Wir möchten zum Beispiel einen Open-Science-Award ausschreiben und Projekte aus den Fakultäten auszeichnen. Wie viele Ressourcen stehen Ihnen zur Verfügung? Thommen: Wir können rund zehn Prozent unseres Pensums für Open Science aufwenden. Robinson: Unterstützt werden wir zudem von einer Geschäftsstelle, die unsere Aktivitäten umsetzen und den Open-Science-Council betreuen wird. Sie wird eng mit den Teams an der HBZ zusammenarbeiten. Open Science war ursprünglich eine Initiative von unten, das heisst, Forschende setzten sich für den Abbau von Bezahlschranken und Datenaustausch ein. Nun ist Open Science offizielle Doktrin und wird sozusagen von oben gefördert und gefordert. Was sagen Sie zu dieser Entwicklung? Thommen: Das ist sicher sinnvoll, wir beide sind ja die besten Beispiele für diesen Prozess. Ich beschäftige mich seit Jahren mit Open Access, Mark mit Open Data und Open Code. Jetzt befördert uns die UZH zu offiziellen Delegierten, um den Prozess zu beschleunigen. Robinson: Ich denke, es muss so laufen: Forschende müssen sich in der täglichen Arbeit um die Umsetzung bemühen, die Universität als Instituion muss gleichzeitig Open Science fördern.

Mark Robinson: Ausserordentlicher Professor für Statistische Genomik am Institut für Molekulare Biologie, Open-ScienceDelegierter mit Schwerpunkt Open Data und Open Code Marc Thommen: Professor für Schweizerisches Strafrecht und Strafprozessrecht, Open-Science-Delegierter mit Schwerpunkt Open Access


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