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Damals: Doramad-Zahncreme 1940

Vom Glühstrumpf zur Zahncreme

Das Bild (Plakat Zahnpasta Doramad, 1940er-Jahre) findet übrigens Verwendung in der kleinen Ausstellung „geliebt – gelobt – unerwünscht“ im Kaffeehausbereich des Museums. Das Bild dient in der Ausstellung als eines der Beispiele für eine Innovation, die später infrage gestellt wird. Link zur AUSSTELLUNG: Als ich dieses Plakat vor vielen Jahren auf dem Portobelloflohmarkt in London fand, hielt ich es für einen Fake zur Zahnpflege. Doch nach kurzer Recherche fand ich heraus, dass es diese Zahnpaste wirklich gegeben hat. 1892 wurde die Deutsche Gasglühgesellschaft-Aktiengesellschaft (DGA), die spätere Auergesellschaft, in Berlin gegründet. Der Name der Gesellschaft geht auf den Österreicher Carl Auer von Welsbach zurück (1885 erfand dieser den Glühstrumpf (auch Auerstrumpf), der die damalige Gasbeleuchtung wesentlich effizienter machte. Durch die Verwendung von Thorium- und Ceroxid war das Auerlicht allen damals bekannten Lichtquellen in Helligkeit und Kosten überlegen (1895 als Straßenbeleuchtung in Berlin, 1896 bei der Preußischen Eisenbahngesellschaft eingeführt). Die Auerwerke reicherten Uranoxid aus Südamerika an und waren in Hitlers geheime Bombenpläne (Uranprojekt) verstrickt. Da sich die Bombenherstellung verzögerte, entschied man sich, das radioaktive Material für eine Zahncreme zu verwenden. Von 1940 bis 45 produzierte die Auergesellschaft die Zahncreme Doramad, die Thorium X enthielt. Auf der Verpackung stand: „Besondere biologische Heilwirkungen durch Radium-Strahlen. Tausendfach ärztlich verordnet und empfohlen.“ Und weiter: „Was leistet Doramad? Durch ihre radioaktive Strahlung steigert sie die Abwehrkräfte von Zahn u. Zahnfleisch. Die Zellen werden mit neuer Lebensenergie geladen, die Bakterien in ihrer zerstörenden Wirksamkeit gehemmt. Daher die vorzügliche Vorbeugungs- und Heilwirkung bei Zahnfleischerkrankungen. Poliert den Schmelz aufs Schonendste weiß und glänzend. Hindert Zahnsteinansatz. Schäumt herrlich, schmeckt neuartig, angenehm, mild u. erfrischend. Ausgiebig im Gebrauch.“ Doramad verschwand allerdings von einem Tag auf den anderen nach dem Bekanntwerden der Schädlichkeit ionisierender Strahlung durch die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki. DDR. Johannes Kirchner, Kustos des Zahnmuseums Wien

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