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Parodontitis und Periimplantitis – Therapien im Vergleich
em. o. Univ.-Prof. Dr. Hans-Peter Bantleon
Mit großer Trauer müssen wir mitteilen, dass Herr em. o. Univ.-Prof. Dr. Hans-Peter Bantleon im Alter von 70 Jahren von uns gegangen ist. Er war emeritierter Professor und ehemaliger Leiter der kieferorthopädischen Abteilung der Universitätszahnklinik Wien, Medizinischen Universität Wien. Nach seinem Studienabschluss 1979 wurde er 1992 zum ordentlichen Professor für Kieferorthopädie ernannt. Von 1996 bis 2014 war er Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Kieferorthopädie. Von 1997 bis 2004 war er stellvertretender Leiter der Universitätszahnklinik der Medizinischen Universität Wien. Von 2005 bis 2006 war er Präsident der Europäischen Gesellschaft für Kieferorthopädie. 2016 wurde ihm das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse verliehen. Prof. Bantleon war außerdem Mitglied in zahlreichen internationalen kieferorthopädischen Organisationen und Gesellschaften. Die Universitätszahnklinik Wien wird sich immer an einen großartigen Kieferorthopäden und einen leidenschaftlichen Lehrer erinnern.
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Univ.-Prof. DDr. Andreas Moritz
Leiter der Universitätszahnklinik Wien Medizinische Universität Wien
Univ.-Prof. DDr. Erwin Jonke
Leiter des Fachbereichs Kieferorthopädie Medizinische Universität Wien
Parodontitis und Periimplantitis – Therapien im Vergleich
Parodontalchirurgie versus chirurgische Periimplantitistherapie: Um zwei chirurgische Therapien gegenüberstellen zu können, müssen vorab Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Erkrankungen erörtert werden.
Ätiologie und Pathogenese
Ätiologischer Faktor der perimplantären Erkrankungen und der Parodontitis ist der Biofilm. Bei beiden Erkrankungen spielen lokale und systemische Risikofaktoren eine Rolle und bestimmen den Verlauf und die Schwere der Erkrankung. Aufgrund anatomischer und histopathologischer Unterschiede hat man gesehen, dass periimplantäre Läsionen aggressiver sind, sich rascher ausbreiten und unverzüglich behandelt werden müssen. Beide Erkrankungen verlaufen für PatientInnen nahezu symptomlos.
Therapie
Parodontitis kann in vielen Fällen mit konservativer Therapie langfristig erfolgreich behandelt werden. Dagegen stellt die konservative Therapie der Periimplantitis eine größere Herausforderung dar, da es nur wenige gesicherte, wissenschaftliche Daten für oder gegen eine Therapieoption gibt. In vielen Fällen ist das konservative Vorgehen nur als Vortherapie für ein chirurgisches Vorgehen zu sehen. Die Ziele der chirurgischen Therapie bei beiden Erkrankungen sind Entzündungsfreiheit und eine Reduktion der Sondierungstiefen sowie im Idealfall Attachmentgewinn bzw. Reosseointegration.
Open Flap Debridement (OFD)
Im Falle einer Periimplantitis können durch ein OFD Blutung, Suppuration und Sondierungstiefen reduziert und der Knochenabbau an 58 % der Stellen über 5a lang gestoppt werden. Dabei stellt die mechanische und chemische Dekontamination der Implantatoberflächen die größte Herausforderung dar. Im Gegensatz dazu führt bei Parodontitis schon das alleinige mechanische Debridement der Wurzeloberfläche im Rahmen
eines OFD, vor allem bei initial tiefen Taschen, zu vorhersehbar guten Ergebnissen bezüglich Reduktion der Sondierungstiefen.
Resektive chirurgische Therapie – apikal positionierter Lappen
Bei Paradontitis mit horizontalem Knochenabbau reduziert und stabilisiert die resektive Parodontalchirurgie mit/ ohne Knochenchirurgie die Sondierungstiefen und verändert das mikrobiologische Taschenmilieu. Resektives, chirurgisches Vorgehen ist aber auch im Rahmen der Periimplantitistherapie effektiv und wird in Kombination mit Oberflächendekontamination und Implantoplastik angewendet (siehe Abbildungen 1–4).
Regenerative chirurgische Therapie
Parodontale Regeneration bedeutet die Wiederherstellung aller parodontalen Gewebe. Es gibt Evidenz, dass parodontale Regeneration an vormals erkrankten Wurzeloberflächen möglich und langzeitstabil ist. Schmelzmatrixproteine oder GTR in Kombination mit Papilla Preservation Flaps sind die Mittel der Wahl bei vertikalen knöchernen Defekten. Im Gegensatz dazu bedeutet periimplantäre Regeneration „nur“ Reosseointegration, d. h. periimplantäre Knochenneubildung. Die Herausforderung hier besteht darin, die kontaminierte Implantatoberfläche vor einer Augmentation zu dekontaminieren. Defektauffüllung mit Knochen oder Ersatzmaterialien ist möglich und Resultate können über längere Zeit stabil sein. Es gibt kaum Evidenz, dass Membranen einen zusätzlichen Nutzen haben. Die Konfiguration des Knochendefektes ist bei beiden regenerativen, chirurgischen Verfahren das wichtigste Kriterium für ein voraussagbar gutes Resultat, wobei enge, infraalveoläre, gegebenenfalls zirkumferente Defekte zu favorisieren sind. In beiden Fällen soll die Weichteilmanschette stabil und ausreichend keratinisiert sein.
Abb. 1: Periimplantäre Mukositis und Periimplantitis mit horizontalem Knochenabbau, erhöhten Sondierungstiefen (6 mm) und Blutung bei Implantat regio 33 im Rahmen einer abnehmbaren Implantatbrücke Abb. 2: Apikaler Verschiebelappen und resektive Implantoplastik mit Glättung der kontaminierten Windungen Abb. 3: Verdickung der periimplantären Mukosa mittels eines freien Schleimhauttransplantates vom Gaumen Abb. 4: Stabile radiologische und entzündungsfreie klinische Verhältnisse drei Jahre postoperativ
Zusammenfassung
Parodontale Regeneration an vormals erkrankten Wurzeloberflächen ist möglich und zeigt stabile Ergebnisse in Bezug auf Reduktion der Sondierungstiefen, Attachmentgewinn und Veränderung des mikrobiologischen Taschenmilieus. Resektive Parodontalchirurgie reduziert die Sondierungstiefen besser als jegliche andere Therapie und ist langfristig stabil. Die nichtregenerative, chirurgische Periimplantitistherapie kann die Entzündung nur kurzfristig reduzieren. Jedoch können die Resultate nach Defektauffüllung mit Knochen oder über eine längere Zeit stabil bleiben. In der Parodontitistherapie braucht es in vielen Fällen keine Chirurgie, wenn die konservative Therapie adäquat ausgeführt wird. Hingegen ist die konservative Periimplantitistherapie nur als Vorbehandlung zu sehen und in den meisten Fällen ist anschließend ein chirurgisches Vorgehen notwendig. •
Zur Person
Ass.-Prof. DDr.in Gerlinde Durstberger Fachbereich Zahnerhaltung und Parodontologie, Universitätszahnklinik Wien
(Quellenhinweis: Literatur bei der Verfasserin)