Aufbruch in die Moderne? Paul Schad-Rossa und die Kunst in Graz

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66 — 67 Gudrun Danzer

165 Tropper, Das kreative Milieu in Graz um 1900, S. 53. 166 Den entsprechenden Antrag stellte Franz Wibiral, der bereits Strzygowskis Stellvertreter gewesen war. Vgl. Heidetraut Ocherbauer, Die Kunsthistorischen Gesellschaften an der Universität Graz von ihren Anfängen bis heute, S. 373, Anm. 698. 167 Tropper, Das kreative Milieu in Graz um 1900, S. 83. 168 Vgl. Künstlerliste unter „VI. Wettbewerb für Katalogumschlag“, in: Kat. zur Frühjahrsausstellung des Steiermärkischen Kunstvereins, Graz 1904, o. S.

die Steiermärkische Landesbibliothek Räumlichkeiten zur Verfügung. Zusätzlich zur bildenden Kunst wurden nun verstärkt literarische und musikalische Themen ins Veranstaltungsprogramm aufgenommen – Letztere vermutlich angeregt durch den Richard-Wagner-Verein, zu dem die Gesellschaft damals gute Kontakte unterhielt.165 Letztlich kam es aber im Dezember 1906 zur Auflösung der Kunsthistorischen Gesellschaft.166 Einen Teil der Bestände erhielt der Kunstverein, die Bücher und Zeitschriften gingen an die Landesbibliothek (die damals noch ein Teil des Joanneums war), das Vereinsvermögen an das Kupferstichkabinett am Joanneum. Die Grazer Erneuerungsbewegung verlor mit der Auflösung der Kunsthistorischen Gesellschaft zwei existenziell notwendige Elemente, ohne die sie letztlich nicht fortbestehen konnte: jene des theoretischen Fundaments und der Vermittlung. Hatte doch diese Gesellschaft die Aktivitäten, die Inhalte und Ziele der Reformgruppe in zahlreichen Vorträgen und ähnlichen Veranstaltungen einerseits wissenschaftlich begründet und andererseits dem Publikum erklärt und nahe gebracht. Die Diskussionen um die Zeichenakademie flammten nach dem Tod ihres langjährigen Leiters Heinrich Schwach († 1902) erneut auf. Auch aufgrund des Erfolges der Meister­ klasse Schrötters musste die Abteilung für Historienmalerei unter Schwachs Nach­ folger Ludwig Kainzbauer ständig sinkende Schülerzahlen – bei hohen Aufwendungen – hinnehmen. Wie bereits in den 1890er-Jahren wurde wieder ein Expertenkommitee aus Vertretern der wichtigen Kunstinstitutionen gebildet. Nach mehrjährigen Verhandlungen beschloss der Landtag im März 1907 die Auflösung der Landeszeichenakademie, an deren Stelle nun die neu eingerichtete Landes-Kunstschule trat. Als Leiter der zweiten Meisterklasse neben jener Schrötters und als Leiter der Schule selbst wurde Alfred Zoff berufen.167 1908 erhielt Anton Marussig die Stelle eines Dozenten an der Schule. Neben der Landes-Kunstschule bot in Graz die Staatsgewerbeschule, die Vorläuferin der heutigen HTBLVA Ortweinschule („Kunstgewerbeschule“) künstlerischen Unterricht an. Dort unterrichteten in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts etwa Hans Brandstette­r, Leo Diet, Ferdinand Pamberger und Rita Passini. Darüber hinaus gab es die privaten Malschulen von Constantin Damianos und Friederike Koch-Langentreu. Von den Lehrenden kann man auf die Kunstrichtungen schließen, die an diesen Schulen vertreten wurden. Einige von ihnen hatten um die Jahrhundertwende Werke im Sinne des Secessionismus, Jugendstils und Symbolismus geschaffen, kehrten danach aber zu Malweisen zurück, die auch bei einem größeren Publikum in Graz allgemeine Akzeptanz fanden. So übernahm etwa Schrötter, der im Unterricht die fortschrittlichen Methoden Hölzels anwandte, in seiner eigenen Malerei dessen innovative Ansätze kaum und pflegte dort eine intime Landschaftsmalerei im Sinne der Dachauer Schule. Zoff vermittelte den Stimmungsrealismus bzw. -impressionismus, der sich in der Steiermark auf diese Weise bis weit ins 20. Jahrhundert hinein tradierte. Für Marussig gilt das gleiche in Bezug auf den Realismus Münchner Provenienz. Die kontroversen Diskussionen um die „Moderne“, die in den vorangegangenen Jahren auch in Graz so vehement geführt worden waren, gehörten somit der Vergangenheit an. Auch die Entwicklung des Ausstellungswesens, und hier sei nur der Steiermärkische Kunstverein betrachtet, spiegelt die nunmehrige Tendenz wider, sich weniger auf radikale Neuerungen denn auf eigene Traditionen zu konzentrieren. Zwar bemühte sich der Verein neben der Präsentation seiner Mitglieder weiterhin um die Ausstellung zeitgenössischer, meist österreichischer und deutscher Kunst. Auch folgen die Plakate und Katalogumschläge, deren Entwürfe zum Teil über Wettbewerbe vergeben wurden,168 nun den Stilprinzipien des Jugendstils, der mittlerweile ja nicht mehr umstritten war. (Abb. 36–47, S. 40, 73, 78, 79)


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