5/2011 - 30 Prozent Mist. Dumpstern hilft

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Wocheneinkauf um einen Euro I

mmer mehr Menschen unserer Gesellschaft Leben am Rande der Armutsgrenze. Nach Abzug der Wohnkosten bleibt ihnen oft nicht mehr genug für das Nötigste, wie Essen und Hygieneartikel. Wir haben das Caritas-Projekt Lebensmittel + Orientierung (Le+O) begleitet, das sich zum Ziel gesetzt hat, diesen Menschen zu helfen. [gog]

Lebensmittel

Im Eingangsbereich sitzt eine kleine Gruppe von Frauen, ins Gespräch vertieft, manche haben ihre Kinder dabei. Im Pfarrsaal herrscht hektisches Treiben. Es ist kurz vor 12 Uhr. An zwei Reihen von Tischen werden die letzten Lebensmittelpakete gepackt, die ersten Gemüsekisten werden bereits weggeräumt. „Auf der einen Seite haben wir alle frischen Lebensmittel wie Obst oder Gemüse und auf der anderen alle Trockenwaren, wie Brot oder Teigwaren“, erklärt mir Irina, 45 Jahre, Lehrerin, „der kleine Tisch hier drüben ist dann noch für Hygieneartikel und anderes.“ dabei zeigt sie auf einen kleinen Tisch am Rand. Obwohl der Andrang groß ist, läuft alles geordnet ab. „Früher haben wir die Nummern der Reihe nach vergeben, also wer zuerst da war, kam auch zuerst dran. Mittlerweile losen wir die Reihenfolge, somit wird jeder mal früher mal später bedient“, erzählt sie. An die 15 ehrenamtliche MitarbeiterInnen, erkenntlich an den roten „Caritas Le+O“ T-Shirts, sind an diesem Tag damit beschäftigt, das Essen zu verteilen, Gespräche zu führen und die Lebensmittel immer nachzuschlichten. „Insgesamt gibt es in der Pfarre an die 40 ehrenamtliche Helfer in jedem Alter“, erzählt Irina, „wir veranstalten auch Ausflüge in Museen“, sie zeigt auf einen Aushang, auf dem ein Bericht von dem letzten Ausflug ins Museum hängt. Die Lebensmittelausgabe ist übrigens nicht kostenlos. „Gegen einen Unkostenbeitrag von einem Euro erhalten die KlientInnen ungefähr zehn kg Lebensmittel“, erklärt Ender C., der Sozialarbeiter vor Ort, „vor einem Jahr waren es noch ungefähr 5 kg.“

Orientierung

Neben dem Lebensmittelangebot gibt es auch die Möglichkeit, eine Sozialberatung in Anspruch zu nehmen. „Es ist immer ein Sozialarbeiter oder eine Sozialarbeiterin vor Ort“, sagt Ender, „wir sind da, aber man muss nicht mit uns sprechen, das Angebot ist rein freiwillig. Wir bieten keine direkte finanzielle Hilfe, ein großer Teil unserer Arbeit liegt darin, den KlientInnen bei der Orientierung im österreichischen Behördendschungel zu helfen, oder ihnen auch Wege aufzuzeigen“.

Wo das Essen herkommt

Es ist schon nach 12 Uhr. Die Ausgabe ist vorbei. Die übergebliebenen Lebensmittel werden in den Caritas-Bus eingeladen und in das Lager zurück gebracht, wo sie für andere Ausgabestellen weiter verwendet werden. Einige Stunden vorher, um 7.30 Uhr in Wien Floridsdorf, das Industrieviertel erwacht gerade, ich trinke meinen ersten Kaffee des Tages im Le+O Zentrallager. Es stapeln sich Meter hoch die Lebensmittel-Spenden, aber auch Hygieneartikel, wie Windeln oder Duschgels. Es findet sich hier alles Mögliche, von Zucker über Mehl und Teigwaren bis hin zu frischem Gemüse, aber auch Süßes, wie Schokolade. Manche Sachen gibt es nur ab und an, erklärt mir ein Mitarbeiter: „Kaffee und Kakao sind sehr selten, werden aber benötigt.“ Die Spenden kommen von unterschiedlichen Seiten, von einzelnen Personen, welche die Lebensmittel direkt in den Pfarren abgeben, über kleine Bäckereien und Gärtnereien sowie Supermärkten, bis hin zu Großspendern.

Gespendet werden neben frisch geernteten Paprika auch Softdrinks und Konserven.

Eine Tour der Nächstenliebe Um kurz nach 8 Uhr geht’s los. Ich sitze im Bus und fahre mit zu den Supermärkten, welche Lebensmittel spenden. „Manchmal gibt’s auch nichts“, berichtet der Fahrer aus seiner Erfahrung, „dafür gibt’s dann das nächste Mal mehr.“ Die Spenden sind genauso unterschiedlich wie das Sortiment im Lager, von Brot bis Schokolade ist auch hier alles dabei. Im Nordosten von Wien, genauer im 22. Bezirk, ein paar Hundert Meter von Niederösterreich entfernt, fahren wir zu einer Gärtnerei. Ein riesiges Glashaus, randvoll mit Paprikapflanzen, nimmt den Großteil des Geländes ein. Hier holen wir frischen Paprika ab, gleich zwölf Kisten. Das Gemüse ist komplett in Ordnung, es ist lediglich nicht hübsch genug für den Handel. Nach insgesamt sechs Stopps, wo wir bei vier etwas bekommen haben, geht es zurück ins Lager und danach weiter zu der Lebensmittelausgabe in die Pfarre Erlöserkirche Endresstraße.

Die Hilfe kommt an

Le+O ist ein Projekt, welches es in dieser Form noch nicht gab. Alleine im Jahr 2010 konnte 10.069 Menschen geholfen werden. Die Not ist groß und die Zahl jener die Hilfe benötigt steigt. Die Caritas braucht laufend Spenden und freiwillige Arbeitskraft.

Das Projekt Le+O startete im November 2009. Mittlerweile werden an 11 Ausgabestellen in ganz Wien KlientInnen betreut. Dwww.caritas-wien.at Caritas Spendenkonto RBI 40 40 50 050, BLZ 31000 Kennwort: „LeO”

Fotos: gok

www.uebermorgen.at


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