Einzelhändler als MArke –– so läuft’s
Mein Laden, mein Freund Wie wird ein Händler zur Marke und sein Laden zur Institution? Wie schafft er es, zur Anlaufstelle Nummer eins für ein junges Publikum zu werden? Denn nicht nur die Persönlichkeit des Inhabers zählt, sondern auch die Chemie mit den Kunden. Text Nicoletta Schaper
WWW –––––––––– www.highfive-skateshop.de www.chicas-boardshop.de www.ozone-sports.com
Fotos Händler Illustration Andre Sanchez
B
ielefeld, Bahnhofstraße. Eine hoch frequentierte Einkaufsmeile mit den üblichen, langweiligen Filialisten. Nicht gerade die richtige Adresse für einen Szeneladen mit individuellem Sortiment, der von seinen Anhängern gezielt aufgesucht wird. Doch wer Bescheid weiß, geht durch eine einfache Holztür und kehrt dem Mainstream den Rücken. Ein langer Gang führt zum zweiten Bielefelder Ozone-Laden mit jungem Skatesortiment, der 2009 von André Lösekann eröffnet wurde. „Die Lage in der Fußgängermeile war im Grunde die falsche für ein Zielkaufpublikum“, sagt er. „Aber die versteckt wirkende Holztür, die wir eigentlich als Provisorium gedacht hatten, hat den richtigen Nerv getroffen.“ André Lösekann kennt sich aus im Geschäft mit junger Mode. 1989 eröffnete er seinen ersten Laden namens Brooks mit Marken wie Diesel, Replay und Chevignon und später Carhartt, G-Star und Caterpillar. Fast zehn Jahre später kam Ozone mit einem Skatersortiment auf 40 Quadratmetern hinzu. Der Shop sprach sich herum und bald gab es Ozone nicht nur in Bielefeld, sondern auch unter der Leitung von Partnern auch in fünf anderen Städten wie Essen, Dortmund und Rostock. Bis 2004 war das Bielefelder Ozone-Sortiment mehr oder minder den Skatern vorbehalten, dann integrierte André Lösekann das Brooks-Konzept in Ozone und drehte das Sortiment in Richtung Upper Streetwear, in einer neuen Location auf 214 Quadratmetern. Nicht zuletzt, um den Store einem breiteren Publikum zu öffnen. Das entwickelte sich sehr gut, aber immer mehr ließ der Store die junge Zielgruppe außen vor. Das wollte Lösekann mit dem neuen Ozone für die Jüngeren ändern.
Die Subkultur ist tot, die Szene lebt Doch heute ist die Szene eine andere. Das
weiß auch Tatjana Bruss, die 2004 ihren Chicas Boardshop in München mit Snowboard-, Surfund Skatemarken für Mädchen eröffnete, zu einer Zeit, als es eigentlich nur Skateshops für Jungs und ein Sortiment wie dieses noch eine echte Rarität war. Heute hat sich das Angebot der Boardsportmarken für Mädchen vervielfacht, gleichzeitig ist die Mode allgemein weniger sportlich, sondern deutlich schicker geworden. Das bedeutet verschärfte Konkurrenz im Markt. „Die meisten Skateshops nehmen Frauensachen ganz aus dem Sortiment, weil es heute schwer ist, mit H&M und Zara mitzuhalten“, sagt Tatjana Bruss. „Viele junge Mädchen kaufen dort, weil die Mode schnell und günstig ist, und ziehen die Sachen oft nur drei-, viermal an. Da hat sich die Wertschätzung gegenüber Mode schon verändert.“
weiß, was geht, fährt nach Hannover Linden zu High Five. Die Inhaber Dennis Laaß und Oliver Albrecht sind Skateboarder mit Leib und Seele und mischen in der hannoverschen Skateboardszene aktiv mit. Das macht sie zu Vorbildern und ihren Laden umso glaubwürdiger, der ein Sortiment mit Labels wie Cleptomanicx, Trap, DVS, Zoo York und Globe bereithält. „Viele über 18 kommen aus den umliegenden Dörfern. Sie fahren durch die halbe Stadt, um hierher zu gelangen“, erzählt Dennis Laaß. „Die Kunden sind bestens über Facebook informiert und wissen ziemlich genau, was sie wol Chicas Boardshop von Tatjana Bruss ist für alle, die sich dem Brettsport verbunden fühlen.
Jugendarbeit Bei den Jungs ist es nicht viel leichter. Die größte Konkurrenz des Skateshops High Five in Hannover heißt Titus. Viele Kids kaufen dort, das Angebot ist groß und der Store in der Nähe des Hauptbahnhofs leicht zu erreichen. Wer
„Früher hat sich die Boardsportszene durch ihre Kleidung als Gruppe identifiziert, aber die Kids heute fühlen sich der Szene nicht mehr zugehörig. Das möchte ich gern ändern.“ Tatjana Bruss, Inhaberin Chicas & Chicos Boardshop –– 49