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„Produkte, die in Österreich produziert werden, schätzen die Leute wieder mehr, wenn Design und Preis stimmen. Die Endverbraucher sind sensibler und kaufen intelligenter ein.“ Anja Grabherr-Petter, Phil Petter

mittlerweile auf 5.000 Quadratmetern Mode verkauft und von Esprit über Boss bis Gerry Weber alles bietet, was der Kunde braucht. Darüber hinaus versucht das Familienunternehmen, sich über guten Service und individuellen Markenmix von der breiten Masse abzuheben. Ein paar Kilometer weiter in Freising sieht es schon anders aus. Dort hat Gruber vor kurzem einen neuen Laden eröffnet und kämpft mit den üblichen Problemen, mit Einkaufszentren auf der grünen Wiese, mit veralteten Strukturen und der fehlenden Attraktivität des Stadtkerns. Kleine interessante Läden findet man hier kaum. Das Sterben des individuellen Einzelhandels ist laut BTE nicht gestoppt, der Konzentrationsprozess nimmt weiter zu. Betroffen sind vor allem kleinere Modegeschäfte mit Nettoumsätzen unter fünf Millionen Euro. Waren im Jahr 2000 noch 34.823 Unternehmen am Markt vertreten, so ist die Zahl im Jahr 2009 auf nur noch 23.771 gefallen. So mancher beobachtet jedoch einen langsamen Gegentrend. „Diejenigen Händler, die es heute noch auf dem Land gibt, bleiben auch. Sie haben sich auf den Mikromarkt und auf den Bedarf vor Ort eingestellt“, sagt Michael Prues von der Vertriebsagentur Raab & Prues in München. „Es gibt interessante neue Geschäfte am

„Was stark zu kommen scheint, sind Wellnesskonstrukte rund um das Thema Alpendorf. Es ist also eher eine virtuelle Landliebe der Städter und wirkt sich noch nicht auf die Einzelhandelslandschaft aus.“ Till Reiter, Ludwig Reiter

Land, die neue Wege gehen. Aber man kann nicht sagen, dass jetzt überall neue Shops aufpoppen.“ Davon kann auch Markus Kuttenreich ein Lied singen. Er betreibt in Ingolstadt auf 120 Quadratmetern den Männermodeladen Kuttenreich mit Marken wie Boss Black, Barbour, Polo Ralph Lauren und Better Rich. Große Einkaufs- und Outletcenter schwächen die Frequenz in der Innenstadt. „Natürlich fahren viele zum Einkaufen weg, weil es hier keine große Auswahl mehr gibt. Es fehlen die Magneten“, so Kuttenreich. Über die Jahre ist sein Sortiment immer hochwertiger und spezieller geworden, „das Andere bekommen die Leute doch überall“. Globale Konkurrenz. Diese findet nicht

nur mit dem Outletcenter in Ingolstadt oder in München statt, sondern auch im World Wide Web. Mytheresa, Jades24, Myclassico und Co. sind zu unmittelbaren Konkurrenten geworden, die allesamt über wachsende Verkäufe in ländliche Gebiete berichten können. „Mittlerweile bekommt man alles im Internet, auch sehr hochwertige Bekleidung. Das stellt natürlich die Exklusivität in Frage“, sagt Michael Prues. „Die stationären Händler sind gefordert, dass sie richtig Lust machen auf Einkaufen und gut beraten.

„Auffallend ist, dass es mehr hochwertige Läden in Süddeutschland und Österreich gibt als im Norden, wo eine höhere Preissensibilität auf dem Land zu spüren ist.“ Florian Ranft, Komet und Helden

Denn es wird immer schwierig sein, einen Brioni-Anzug im Internet zu kaufen.“ Brioni ist vielleicht die Ausnahme. Dennoch konnte der auf Textilien und Bekleidung spezialisierte Internet- und Versandhandel laut Statistischem Bundesamt im ersten Halbjahr 2011 ein Umsatzwachstum von 4,6 Prozent verzeichnen und wird zu einem immer stärkeren Mitbewerber des stationären Modefachhandels. „Traditionell haben wir viele Kunden aus dem ländlichen Raum und die Zuwachsraten entwickeln sich weiterhin sehr positiv“, sagt Stefan Puriss, CEO von frontlineshop. „Da sich die realen Angebotsstrukturen in den Vorstädten und ländlichen Gebieten tendenziell zurückentwickeln, besteht automatisch eine noch größere Nachfrage nach Versandhandelsangeboten. Das merken wir unmittelbar.“ Die Ausnahme bestätigt die Regel. In der Ferienregion Chiemsee und speziell im 10.000 Einwohner zählenden Ort Prien gibt es eine Markendichte, die ihresgleichen sucht. Im April hat zum Beispiel das männliche Pedant zum DOB-Laden Scala aufgemacht und bietet auf 70 Quadratmetern hochwertige Marken wie Jil Sander, Dries van Noten, Marc by Marc Jacobs, Frauenschuh, Acne und Golden Goose an. „Wir

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