turi2 edition #16, Agenda 2022/Nachhaltigkeit

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Welche Zukunft erwartet | 10 Kinder der Generation Corona, Teresa Bücker?

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Teresa Bücker ist freie Journalistin, u.a. beim RBB und dem „SZ-Magazin“

Kinder und Jugendliche haben sich in der Pandemie übersehen gefühlt. Das belegt unter anderem die JuCo-Studie der Uni Hildesheim. Die Forscher_ innen beschreiben darin, dass junge Menschen sich auf ihre Rolle als Schüler_innen und Studierende reduziert fühlten und ihre Bedürfnisse daneben nicht zählten. „Wir Jugendlichen werden doch nur als Schüler gesehen. Wir sollen lernen und lernen und lernen“, ist ein typisches Zitat aus der Studie. Über 45 Prozent der Befragten, im Schnitt 19 Jahre alt, stimmten der Aussage „Ich habe Angst vor meiner Zukunft“ voll oder eher zu. Politisch werden diese Empfindungen bislang zu wenig anerkannt: Ausgerechnet in dem Jahr, in dem Kinder auf besonders viel verzichten mussten, scheiterte das Regierungsvorhaben der Großen Koalition, endlich Kinderrechte ins Grundgesetz aufzunehmen – 29 Jahre nach Ratifizierung der UN-Kinderrechtekonvention ein lange überfälliger Schritt. Junge Menschen müssen nun hoffen, dass die neue Regierung ihre Erfahrungen und Perspektiven nicht nur hört, sondern ihre Rechte endlich stärker berücksichtigt. Mit der Ampel könnte sich für sie tatsächlich einiges verbessern: Je nach Ausgestaltung der neuen

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Kindergrundsicherung werden weniger Kinder in Armut aufwachsen. SPD, Grüne und FDP wollen das Wahlalter auf Bundesebene auf 16 Jahre absenken. Doch auch die Rechte und Ideen von jüngeren Kindern müssen endlich mehr zählen. Denn die Kinderrechtekonvention sieht vor, dass Regierungen die Interessen von jungen Menschen bei allen Belangen, die sie betreffen, vorrangig miteinbeziehen müssen. Und seien wir ehrlich: Welche politischen Entscheidungen betreffen junge Menschen nicht? Aus diesem Grund müssen wir demokratische Formate finden, über die die Interessen von Kindern und Jugendlichen – für ihre aktuellen Lebenslagen und ihre Zukunft – als gleichberechtigte Anliegen anerkannt werden. Sie sollten eigene Pläne gegen ihre Zukunftsangst beschließen dürfen. Eine wirklich generationengerechte Gesellschaft muss Kindern Platz in ihrer Gegenwart verschaffen, statt sie auf ihre Zukunft als Erwachsene zu vertrösten. Denn das Morgen der Kinder beginnt im Heute, das Menschen aller Altersgruppen miteinander teilen. Klimakrise und Artensterben haben auch an politischer Relevanz gewonnen, weil Kinder und Jugendliche laut dagegen protestieren. Dass sie schon sehr jung Verantwortung übernehmen können, haben sie bewiesen. Wir sollten uns endlich trauen, auch die Macht mit ihnen zu teilen.


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