turi2 edition #16, Agenda 2022/Nachhaltigkeit

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Innerhalb eines Jahres schafft Bosch die Klimaneutralität. Ein Beispiel, dem andere Unternehmen folgen sollen

Textilproduktion ist aus ökologischer Sicht heikel. Trigema macht vor, wie sich das auf altmodische Weise fortschrittlich lösen lässt Textilfirmen stehen häufig in der Kritik. Sie verbrauchen (zu) viel Wasser und Energie, setzen gefährliche Chemikalien ein, lassen prekäre Arbeitsbedingungen zu. Den Gesetzen der Produktion entzieht sich auch Trigema nicht völlig. Doch das Unternehmen handelt auf hohem Level nachhaltig. „Made in Germany“ trägt dazu bei. Mit aktuell 1.200 Mitarbeiterinnen fertigt die Firma ausschließlich im schwäbischen Burladingen. Allein durch Einhaltung hiesiger Standards und den Einsatz moderner Anlagen schneiden Trigema-Teile ökologisch oft besser ab als Ware von Wettbewerberinnen, die unter weniger strengen Umweltauflagen im Ausland produzieren. Durch die lokale Produktion entfallen lange Transportwege, das spart CO₂-Emissionen. Den Strombedarf deckt Trigema selbst mit Gasturbinen und Blockheizkraftwerken sowie Solarzellen auf einer Fläche von 6.000 Quadratmetern. Sogar kompostierbare Kleider gehören zum Sortiment, sie machen zehn bis 15 Prozent der Produktion aus. Diese sogenannten Cradle-to-Cradle-Produkte könnten theoretisch sogar in den Biomüll: Binnen weniger Monate zersetzen sie sich rückstandslos. Auf altmodische Art fortschrittlich ist Trigema auch im Marketing. Die Kollektion ist, freundlich beschrieben, zuverlässig zeitlos – aber dadurch auch lange Zeit verkäuflich. Und es gibt, abgesehen von einem Treuebonus, keine Rabatte. Das kommuniziert das Unternehmen zu Anlässen wie dem „Black Friday“ offensiv auf den eigenen Kanälen: Es sei nicht nachhaltig, aufwändig produzierte Teile zum Schleuderpreis zu verkaufen. Das Echo der Kundschaft: durchgehend positiv.

Bei Klimafragen hüllen sich Unternehmen gern in gute Absichten, aber es fehlt an Taten. Deshalb fällt auf, wenn einer aus der Reihe tanzt. Am 19. Mai 2019 verkündet der damalige Boss Volkmar Denner, dass Bosch schon im nächsten Jahr klimaneutral sein würde. An seinen weltweit über 400 Standorten hat Bosch im Jahr zuvor rund 7,8 Terawattstunden Strom verbraucht, so viel wie alle Privathaushalte in Berlin und München zusammen. Komplett runterfahren ist unmöglich. Aber die entsprechenden Kohlendioxid-Emissionen neutralisieren, das geht. Zunächst vor allem durch mehr Windund Solarenergie und Investition in zertifizierte Umweltprojekte, um CO₂ zu kompensieren. Wie eine unabhängige Prüfungsgesellschaft bestätigt, ist Bosch seit 2020 klimaneutral. Ein finanzkräftiger Konzern kann das also in Rekordzeit schaffen. Wie, das verrät Bosch gegen Honorar: mit der 2020 gegründeten Beratungsfirma Bosch Climate Solutions. Die eigene Energieeffizienz will Bosch weiter steigern: Bis 2030 soll mehr als ein Fünftel des derzeitigen Stromverbrauchs gespart und eine Milliarde Euro investiert werden, vor allem in eigene Photovoltaik-Anlagen.

Metro verkauft Essen in Großpackungen. Und sagt der weltweiten Lebensmittelverschwendung den Kampf an Mehr als ein Drittel aller weltweit produzierten Lebensmittel landet im Müll – verursacht aber vorher acht bis zehn Prozent der globalen Treibhausemissionen. Als Lebensmittel-Großhändler ist Metro Teil des Problems, will aber lieber zu dessen Lösung beitragen. Zwei große Ziele gibt es. Erstens: „Wir wollen Lebensmittelverluste in unseren eigenen Betrieben bis 2025 halbieren“, sagt Veronika Pountcheva, Global Director Corporate Responsibility. Zweitens: die Initiative 10x20x30. Über zehn der weltweit größten Unternehmen der Branche wollen zusammen mit je mindestens 20 ihrer Lieferantinnen Lebensmittelverluste bis 2030 halbieren. Deshalb spendet Metro an Lebensmittelbanken. Die verteilen übriggebliebene, einwandfreie Nahrungsmittel an Bedürftige. Außerdem arbeitet der Konzern mit Initiativen wie Too Good To Go zusammen. Mithilfe der App bieten Gastronomie und Lebensmittelhandel überschüssige Speisen zum reduzierten Preis an.

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