»Sorry, sorry, diese Frage ist völlig irre und ziemlich doof« Deutschlands älteste Programmzeitschrift „Hörzu“ hat gerade ihren 75. Geburtstag gefeiert. Verlagsmanager Jochen Beckmann ist happy – auch wenn die Auflage innerhalb von zehn Jahren von 1,4 Millionen auf 800.000 gesunken ist
Jochen Beckmann, 63,
ist Co-Geschäftsführer der Funke-Zeitschriften. Der gelernte Verlagskaufmann ist seit 1994 für „Hörzu“ verantwortlich und wechselte 2013 mit dem Verkauf des Programmies von Springer zu Funke
Wie lange leben eigentlich Totgesagte, Herr Beckmann? Manche sagen, Programmies seien ziemlich tot. „Manche“, so wie Sie diejenigen beschreiben, die so etwas angeblich sagen, haben leider keine Ahnung von Zeitschriften. Wahr ist, dass Programmzeitschriften nach wie vor das größte und erfolgreichste Zeitschriftensegment in Deutschland sind. Das war schon immer so, ist und bleibt so. Über 30 Programmzeitschriften verkaufen zusammen über 13 Millionen Exemplare. Und „Hörzu“ ist in Bezug auf die verkaufte Auflage – Achtung, Merksatz! – die größte wöchentlich erscheinende Zeitschrift Deutschlands. Und nebenbei mit 2,20 Euro jede Woche die teuerste von allen Programmzeitschriften. Jetzt müssen Sie nur noch Menge mal Preis mal 52 nehmen und schon wird „Mancher“ einfach sagen: Sorry, darüber habe ich einfach nicht nachgedacht. Die rüstige Tante „Hörzu“ ist gerade 75 geworden. Wie läuft’s im Vertrieb? Sehr gut. Das Schöne bei Programmzeitschriften ist, dass die verkauften Auflagen von Woche zu Woche kaum Schwankungen
unterliegen, weil die Leser und Leserinnen sehr treu, da sehr zufrieden sind. Bei „Hörzu“ kommt hinzu, dass zwei Drittel der Auflage im Abo vertrieben wird. „Hörzu“ wird es auch in 20 Jahren noch geben – und dann vermutlich immer noch die Größte sein. Wie läuft’s im Anzeigengeschäft? Wir waren 2021 auch in der Vermarktung sehr erfolgreich und werden deutlich über 2020 und 2019 liegen. Für unsere Leserinnen und Leser ist „Hörzu“ fast ein Familienmitglied, die Lektüre ein wichtiges tägliches Ritual – mit einem tollen Effekt für Werbekunden. So ist das eben, wenn man eine sehr starke Marke hat und diese auf höchstem Niveau hegt, pflegt und inszeniert mit der Dauerbrenner-Kampagne „Einer, der Hörzu zu Hause hat“. Sterben die „Hörzu“Leser nicht langsam aus? Nein. Wie geht es den anderen Zeitschriften der FunkeGruppe – nach „Hörzu“ kommt beim Cashflow lange nix, oder? Ich behaupte, dass Funke-Zeitschriften der wirtschaftlich erfolgreichste
112 · turi2 edition #16 · Agenda 2022
Zeitschriftenverlag in Deutschland ist. Wir verlegen über 40 Titel – und das ohne unsere zahlreichen Rätselzeitschriften – und fast alle sind unglaublich erfolgreich und erwirtschaften großartige Renditen. Eigentlich ist es ja absurd, dass eine Zeitschrift fürs Fernsehen „Hörzu“ heißt. Wie erklären Sie das dem Laien? Muss ich nicht, weil: Die Frage stellt kein Mensch. Außer mir. Wäre ein Sonderheft oder ein Heftteil über die boomenden Podcasts nicht eine passende Idee für „Hörzu“? Nein, keine gute Idee. Kurzfristig Erfolg und langfristig der Tod – ist das Schicksal der „Hörzu“ unabwendbar? Sorry, aber diese Frage ist angesichts unseres 75-jährigen Jubiläums völlig irre und, sorry, ziemlich doof. Peter Turi