Foto: picture alliance
Attacke mit Akku Die Formel E ist nah am Zeitgeist: jung, urban, umweltschonend – und trotzdem Spartensport. Mit dem neuen TV-Partner Sat.1 will sie die mediale Pole Position erobern
S
eit 2014 zeigt die Formel E, dass Rennsport auch anders geht: umweltschonend, vollelektrisch, ohne „Benzin im Blut“. Die Übertragungsrechte sichert sich anfangs Sky, dann für fünf Jahre Discovery für Eurosport und Dmax. Die Formel E gewinnt Jahr für Jahr Aufmerksamkeit und Sympathie – bleibt aber Insider-Ereignis und Fernseh-Spartensport. Das soll sich jetzt ändern. Seit Januar düsen die E-Fahrzeuge unter telegener Obhut der ProSiebenSat.1Gruppe. Zuständig ist die Sportbusiness-Einheit SevenOne-Sports, übertragender Sender Sat.1. Es handele sich dabei um eine „langfristige Vereinbarung“. Die Formel E ist ein weltweites Ereignis. Sie tourt in der Saison 2020/21 durch Riad, Rom, Valencia, Monte Carlo, Puebla, New York, London, Berlin. Anders als in Formel 1 oder DTM gibt es keine Möglichkeit, nachzutanken. Die Fahrerinnen müssen mit der Energie des Akkus über das gesamte Rennen auskommen. Speziell ist der „Attack Mode“: Fährt der Wagen über einen bestimmten Bereich der Strecke, steigt die Motorleistung. Es sind nicht nur die sportliche Dramaturgie und die neue Technologie, die der Formel E eine besondere Ausstrahlung verleihen. „Die Rennwagen fahren in der Regel mitten durch die Stadt, dadurch wird der Sport nahbar und erlebbarer“, sagt SevenOne-Sports-Geschäftsführer Thomas Port. Die Fahrerinnen der Formel E sind zwischen 20 und 30, digital geprägt und an Umweltthemen interessiert. „Das Publikum tickt ähnlich“, so Port. Gut für den Sender: Überdurchschnittlich viele junge Leute verfolgen Live-Übertragung und Bericht-
erstattung. Weltweit haben mehr als 150 Millionen Menschen die ersten sieben Rennen der Saison gesehen, mehr als doppelt so viele wie im Vorjahr. Dazu hat auch Sat.1 beigetragen: In der Spitze erreicht der Sender bis zu 1,7 Millionen Zuschauerinnen am Renntag, im Schnitt eine halbe Million. „Damit liegen wir über unseren ursprünglichen Erwartungen“, resümiert Port. Eurosport/Dmax kamen in der Vorsaison im Schnitt auf kaum 100.000 Zuschauerinnen. Neben der Formel E startet in der Sendergruppe auch die Extreme E durch, eine Rennserie für ElektroSUVs. Sie steuert Orte an, die besonders vom Klimawandel betroffen sind: Senegal, Grönland, Patagonien. Am Rennort sind keine Zuschauer, die Beteiligten mitsamt Autos und Equipment reisen mit dem ehemaligen Postschiff St. Helena, um Emissionen zu vermeiden. Die Extreme E fühlt sich nicht nur der Umwelt, sondern auch der Gleichstellung verpflichtet: Jedes Team besteht aus einer Frau und einem Mann. „Unser Ziel ist ganz klar, die Formel E und die Extreme E aus der Nische herauszuholen und sie zu reichweitenstarken, nachhaltigen Motorsportereignissen im Fernsehen zu entwickeln“, betont Port. So schaffe SevenOne-Sports über TV, Digital- und Audiokanäle, Social Media und mit der zu Jahresbeginn gestarteten Plattform Goingreen.de ein „eigenes Ökosystem rund um E-Mobilität und Nachhaltigkeit“. Das Interesse der Werbepartner ist geweckt: Neben Hugo Boss und Bosch zählen dazu auch die Autobauer Porsche und Mercedes Benz. Roland Karle
88 · turi2 edition #15 · Bewegung