turi2 edition #15 – Menschen, Medien und Marken in Bewegung

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Vom Flug zum Zug Nie war Bahnfahren digitaler als heute. Navigator-Managerin Patricia Schurich arbeitet daran, dass das Papier-Ticket bald der Vergangenheit angehört

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atürlich meldet sich auch Patricia Schurich dieser Tage aus dem HomeOffice. Die 47-Jährige ist einer der klugen Köpfe hinter dem DB Navigator, der Bahn-App, die inzwischen auf mehr als 50 Millionen Handys läuft und – zusammen mit den Verkäufen auf bahn.de – 80 Prozent der Ticket-Verkäufe im Fernverkehr der Deutschen Bahn ausmacht. Trotz Arbeit von Zuhause aus ist Mobilität das große Thema von Schurich und ihrem 26-köpfigen Kern-Team. Gemeinsam wachen sie über User Experience, Design und Performance der App – und tüfteln an neuen Funktionen, die das Reisen einfacher und bequemer machen sollen. Gerade hat die App ein Redesign und neue Funktionen bekommen: Nun können Fahrgäste auch Erstattungen über die App beantragen, mit wenigen Klicks. Zuvor war das nur mit einem Fragebogen per Post oder im Reisezentrum möglich. „Die App soll ein digitaler und verlässlicher Reisebegleiter sein, vom Ticketkauf bis zur Ankunft am Ziel“, sagt Schurich. Jetzt hilft das Programm auch dann noch, wenn auf der Reise mal was nicht nach Plan läuft. Auch wenn sie selbst gerade weniger reist als vor Corona, nutzt Schurich die App dauernd. Manchmal gelingt es ihr und ihrem Team so, kleine Fehler zu finden, bevor die Reisenden etwas merken. Überhaupt betont sie, wie wichtig das Feedback der Fahrgäste ist: Rezensionen in den App Stores, Reaktionen per Social Media und gezielte Gespräche mit Kundinnen sollen die App besser machen. Dass diese „CoCreation“, wie Schurich es nennt, funktioniert, kann jeder in den User Feedbacks bei Google Play und im App Store nachlesen. Der DB Navigator erscheint 2009 erstmals auf den Homescreens der Republik, damals noch als mobiler

Fahrplan. Auch Patricia Schurich heuert in diesem Jahr bei der Bahn an. Sie kommt von der Lufthansa, wo sie von Seiten der Airline das Projekt AirRail betreut hat, das bis heute Kurzstreckenflüge auf die Schiene verlagert. Schon damals arbeitet sie also an der Mobilitätswende. Zuvor hat sie Europäische Ethnologie, Wirtschaft und Theologie studiert. „Ich habe mich immer mit Menschen beschäftigt“, sagt sie, „und den Themen Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Mobilität begegnet man ganz zwangsläufig, wenn man in Freiburg studiert – ganz unabhängig vom Studienfach“. Bei der Bahn wird sie zunächst Fahrplanerin und beschäftigt sich ganz klassisch mit dem gedruckten Kursbuch und dem Faltblatt „Ihr Reiseplan“. Schon kurz darauf wird die Digitalisierung des Fahrplans ihr großes Thema. Heute sind Künstliche Intelligenz, der Einsatz von Chatbots und die Integration von Sprachassistenten die wichtigen Baustellen des DigitalMarketing-Teams. Schon im Einsatz ist ein Chatbot namens „Smile“, der sich „an mehr als 5.000 Bahnhöfen auskennt“, wie es in der Selbstbeschreibung heißt, und digital Auskunft darüber erteilt, wo es Tickets, Toiletten und Verpflegung gibt. Bald sollen Alexa und Siri sagen können, ob der geplante Zug pünktlich ist, oder ob sich die Fahrgäste noch Zeit für einen Kaffee lassen können. Dass Kundinnen über VoiceAnwendungen irgendwann auch Tickets kaufen können, im Dialog wie bisher nur am Schalter im Reisezentrum, will Schurich nicht ausschließen, „wenn die Kunden das wünschen“. Markus Trantow

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Digitale Reisebegleitung

Als Patricia Schurich bei der Deutschen Bahn anfängt, ist der Fahrplan als Faltblatt die Regel. Heute soll so viel wie möglich über die App laufen


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