turi2 edition #14 Social Media

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Fotos: Screenshots, OMR

Network Guide: Clubhouse

Philipp, bau das nach: Am 16. Januar um 22.12 Uhr fällt auf turi2.de erstmals das Wort Clubhouse. Es ist das legendäre erste Wochenende. Immer mehr Promis trudeln ein und reden stundenlang ungefiltert. OMR-Gründer Philipp Westermeyer ist dabei – und kommt ins Grübeln

»Wenn alles kaputt geht, dann will ich wenigstens beim Neuen dabei sein« Warum es für ein Wochenende lang so aussah, als würde Clubhouse die Welt auf den Kopf stellen. Und welche Learnings Marketing-Guru Philipp Westermeyer daraus zieht

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ie ist es mir leichter gefallen, Menschen mit Millionen auf dem Konto einen Gefallen zu tun, als im Januar 2021. Ich musste lediglich mit ihnen auf einer Clubhouse-Bühne talken – und meine Followerinnen mitbringen. Fans zu haben und deren Aufmerksamkeit auf andere Accounts leiten zu können, ist das, was zählt in der Welt der sozialen Medien, also in der Welt. Und weil ich früh dabei war, schlug Clubhouse mein Profil vielen Nutzerinnen vor. Die fanden es gut, dem OMR-Typen zu folgen. So wuchs mein Clubhouse-Profil zu einem der größten in Deutschland. Zehn Anfragen von Millionären gab es locker. Für mich wird Clubhouse noch in zehn Jahren mit Corona verbunden sein. Ich nutze es aktuell wenig, aber die Zeit im Januar war eine besondere. Einerseits war ich in Sorge: Vielleicht zerstört Clubhouse unser OMR-Podcast-Business. Oder die Audio-Räume machen unser Live-Event für immer obsolet. Joko Winterscheidt rief mich an und sagte: „Du musst Clubhouse nachbauen, das ist unfassbar, das ist wie OMR, bau das nach!“ Leichter gesagt als getan. Gleichzeitig war das erste Wochenende faszinierend. Wenn alles kaputt geht, dann wenigstens beim Neuen dabei sein, dachte ich. Das Wochenende fing damit an, dass am Freitagabend im Stundentakt die deutsche Entertainmentund Unternehmerszene auf der Plattform eintrudelte. Alle waren überrascht von der Nähe, der Einfachheit. Alles war live und authentisch. Alle haben mitgeredet: Menschen aus dem Entertainment, aus Startups, Musik, Sport. Offen wie nie, von Sofa zu Sofa. Ich meine,

auch bei anderen die Angst vor einer Veränderung der Kommunikationswelt gespürt zu haben. Olli Schulz hat direkt live angekündigt, nie wieder zu kommen. Nach den ersten Skandälchen und der Ankunft zu vieler Linked-in-Coaches und Bitcoin-Gurus war die magische Phase schnell vorbei. Clubhouse ist jetzt normale Kommunikationsinfrastruktur. Ein paar Einsichten bleiben aber. Vor allem: Nichts ist entscheidender für den Erfolg auf einer Plattform als der Zeitpunkt der Ankunft. Es gibt kein zu früh. Caro Daur hat mir auf Clubhouse erzählt, dass ein großer Teil ihres Instagram-Erfolgs darin liegt, dass sie früh dran war. Ich selbst bin nicht als Podcast-Talent geboren, sondern habe angefangen damit, als es noch ungewöhnlich war. Wenn das Rennen erstmal läuft und man dranbleiben möchte, hilft nur brutale Frequenz. Die ist harte Arbeit und bleibt einem auch bei früher Ankunft nicht erspart. Es ist mir ein Rätsel, warum zigfache Millionäre in so ein Rennen einsteigen wollen. Wirtschaftlich gibt es nämlich einen besseren Weg: Mach was Relevantes, kündige an, zum Mars zu fliegen – aber lass dir von keinem PR-Team erklären, dass ein mit allen Abteilungen abgestimmter Post hilft. Merke: Entweder früh und ganz – oder gar nicht.

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Podcast-Tipp: Im turi2.de/clubraum diskutiert Philipp Westermeyer mit Peter Turi über Chancen und Risiken der Corona-Krise


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