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Bosch ist Boss Das schwäbische Traditionsunternehmen hat das Internet verstanden und mixt Ingenieurskunst und Hip-Hop zum viralen Hit
Fotos: WDR, Screenshots
S
hawn hat es geschafft. Schickes Haus, Neid vom Nachbarn, cooles Auto. Einer, der weiß, wie man lebt. Darüber rappt er, zu eingängigen Hip-HopBeats, die den Kopf beim Zugucken automatisch mitnicken lassen. Shawn hat sich das höchste Meme-Label verdient, dass das Internet zu bieten hat: like a boss. Shawn ist ein schmächtiger Typ mit Schnauzer, sein Haus steht in der Vorstadt. Cool wird sein Leben erst durch sein vernetztes Zuhause, den smarten Rasenmäher, das selbst parkende Auto. Durch das „Internet of Things“, kurz IoT, ausgebaut von Bosch. Refrain des Musikvideos und dazugehöriger Hashtag: #LikeaBosch. „Die Leute sollen verstehen, dass wir für mehr stehen als Bohrmaschinen“, sagt Boris Dolkhani, Markenchef bei Bosch und beauftragt mit der Verjüngung der schwäbischen Traditionsmarke. „Wir sind auch Experten für vernetzte Geräte im Internet of Things.“ Sein Kollege Jochen Stein, mitverantwortlich für #LikeaBosch, ergänzt: „Wir wollten eine globale, digitale Kampagne.“ In einer Minute und 24 Sekunden schlängelt sich nun 33 Mal das Wort „Bosch“ und zehnmal „IoT“ als Ohrwurm in die Gehörgänge. Konzipiert hat die Kampagne die Agentur Jung von Matt/Next Alster. Die plante ursprünglich einen Rapper mit Goldkette als Testimonial: die Verkörperung des Internet-Hypes um das Prädikat „like a boss“, aus dem Hip-Hop entlehnter Hashtag-Inbegriff der Lässigkeit. Aber man habe sich bewusst entschieden für den „Nice Guy Next Door, der auch ein Bosch-Ingenieur sein könnte“, sagt Stein. Für ihn ist das: „Die Symbiose aus deutscher Ingenieurskunst und Hip-Hop-Credibility.“ Online seit Januar 2019, hat die Kampagne heute längst Kultstatus, Shawn rappt inzwischen nicht nur über sein vernetztes Zuhause, sondern auch über die Fabrik der Zukunft, smarte Mobilität und Nachhaltigkeit. Das erste Video der Reihe hat mehr als 25 Millionen Klicks auf YouTube, auch Folgevideos landen regelmäßig in den Rankings der meistgesehenen Werbeclips ganz oben, in den USA wie in Deutschland. Firmentochter Bosch-Siemens-Hausgeräte (BSH) hat die Kampagne Ende 2020 als TV-Version für sich ausgebaut. Aber Klickzahlen sind nicht alles, Reichweite kann man kaufen. „Die wirklich interessante Währung ist Viralität“, sagt Dolkhani. Werbung, die man sich nicht nur freiwillig anschaut, sondern auch an Freundinnen schickt. Bosch castet Hauptdarsteller Shawn Ryan in Los Angeles, verpflichtet mit Andreas Nilsson den Regisseur des legendären Volvo-Spots „Epic Split“, in dem Actionheld Jean-Claude Van Damme einen Spagat zwischen zwei fahrenden Trucks macht. Und holt junge Menschen ins Team, die Social Media verstehen: Die Texterinnen, die die Idee zum Hashtag hatten, seien Anfang 20 gewesen, so Dolkhani.
Sei wie Shawn – das ist die Videobotschaft von Bosch
Der Erfolg von #LikeaBosch ist nicht nur gemessen an Werbekennzahlen enorm. Auch die Mitarbeiterinnen sind stolz auf die Kampagne, holen sich Shawn als Desktop-Hintergrund, trinken aus #LikeaBosch-Tassen. Es gibt Gifs, Klingeltöne und eine Karaoke-Version zum Mitsingen. „Noch haben den Spot nicht alle gesehen“, sagt Dolkhani, „noch ein bis zwei Jahre können wir die Welle reiten“. Im Nachhaltigkeits-Spot, online gegangen im Januar 2021, 15 Millionen Klicks nach zwei Monaten, tritt Shawn im Rap-Battle gegen ein junges Mädchen an, das für die Zukunft stehen soll. Und Bosch-Boss Volkmar Denner sitzt hinter seinem Schreibtisch und nickt im Takt der Musik mit dem Kopf.
61 · turi2 edition #14 · Social Media