turi2 edition #14 Social Media

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Foto: PR

Tobias Schiwek ist Chef des InfluencerinnenNetzwerks Divimove von RTL

8 Muss jede Schauspielerin heute auch influencen können, Tobias Schiwek? Ob sie will oder nicht – sie tut es. Im Übrigen wie wir alle, die wir einen Internetzugang haben. Wichtig ist, sich dessen bewusst zu sein. Personen des öffentlichen Lebens müssen sich dessen noch mehr bewusst sein, aus zwei Gründen: Erstens, weil ihre Sichtbarkeit automatisch Orientierung für andere bietet. Wobei gerade für Schauspielerinnen lange ein Unterschied gemacht wurde zwischen „gesehen werden“ und „sich zeigen“: Um wandelbar in jede Rolle schlüpfen zu können, so hieß es, sei es im übrigen Leben wichtig, vom Persönlichen so wenig wie möglich preiszugeben. Aber mal ehrlich: Die wirklich großen Schauspielerinnen haben auch deswegen Ikonen-Status,

weil sie ihre Persönlichkeit zeigen. Zweitens, weil in unserer fragmentierten Welt kein eindeutiger Mainstream mehr existiert. Wir alle, bewusst oder unbewusst, gestalten die Popkultur unserer Ära. Jede kann Inhalte erstellen, mixen, teilen oder konsumieren. Und daraus ergibt sich für jede eine Zugehörigkeit zu einer globalen Community. Es gibt keine Nischen mehr. Das letzte knappe Gut ist unsere Aufmerksamkeit. Und die teilen wir nach Belieben auf, weil alte Strukturen uns nicht mehr limitieren: über unzählige Plattformen hinweg, über Ländergrenzen und Sprachräume. Das große HollywoodStudio konkurriert mit der 14-Jährigen im Jugendzim-

mer, die Kreativagentur und ihr aufwändiger Spot duellieren sich mit der Idee, die in diesem Moment ein Mittzwanziger für seinen Kanal entwickelt. Unsere Augenpaare stimmen ab, wer damit Erfolg hat. Und was so seicht daherkommt als Medienkonsum, gilt mehr denn je für unser gesamtes Wertesystem: Wenn alles möglich ist, ist nichts mehr vorhersehbar. Menschen suchen aber Orientierung, gerade jetzt. Die findet sich meist bei denen, die so sind wie man selbst: Gleich und Gleich gesellt sich gern. Zum Glück war es nie leichter, sich zugehörig zu fühlen. Wenn es keine Nischen mehr gibt, gibt es auch keine Außenseiterinnen mehr. Sie finden sich in globalen Communities

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mit geteilten Werten, Hoffnungen und Humor. So schließt sich der Kreis: Wie finde ich in dieser Welt Gleichgesinnte? „Stars“ sind dann die Polarsterne, an denen ich mich orientieren kann. So finde ich andere, die so sind, wie ich sein möchte. Menschen, die meine Version von Popkultur glaubwürdig abbilden. Deshalb ist es nur konsequent, diese Fans „Followerinnen“ zu nennen. Sie folgen ihren Ikonen und dem Gemeinschaftsgefühl – egal wohin. Plattformen sind dann nur ein Vehikel. Denn wer dir online folgt, der folgt dir auch ins Kino oder in deine neue Serie.


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