Das Auge kocht mit: Die Optik ist bei Foodvideos wichtiger als der Geschmack
»Käse und Hack gehen immer« Facebook-Nutzerinnen weltweit läuft bei den Foodvideos von Media Partisans das Wasser im Mund zusammen. Das Erfolgsrezept der Produktionsfirma ist simpel
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und um die Welt bestreichen Menschen zu Ostern 2021 eine Honigmelone mit Schokolade, machen daraus ein Riesen-Ei und füllen das mit Frischkäsecreme. Weil ihnen ein Facebook-Video von „Leckerschmecker“ das vorgemacht hat. Oder von „Scrumdiddlyumptious“, dem englischen Pendant. Oder „Bon Ap‘“, dem französischen. Insgesamt werden die Beiträge von „Leckerschmecker“ in neun Sprachen veröffentlicht, die dazugehörigen Seiten haben jeweils mehrere Hunderttausend, teils mehrere Millionen Fans. Dahinter stehen Media Partisans, die für Funke unter anderem auch die Social News von „Heftig“ und die Lifehacks von „Geniale Tricks“ produzieren, beide ebenfalls international etablierte Facebook-Hits. Während die immer mal wieder für Viralerfolge sorgen, sind Foodvideos zuverlässig stabile Klickbringer. Zwischen 350.000 und 600.000 Views für ein Video auf Deutsch, sagt Geschäftsführer Björn Wendler. Er selbst ist eigentlich gar kein großer Koch, „aber wir essen ja alle gerne“. Die Zielgruppe für Rezepte und Küchentricks ist breit, Alter: 25 bis 45. Die erreicht man noch immer besonders gut auf Facebook. Zum Start 2016 haben sie das Netzwerk genutzt, um Reichweite für die Website zu generieren. Seit mehr als zwei Jahren bringen Werbepausen in Facebook-Videos Geld. So übersetzt sich Reichweite in Einnahmen. Zusätzlich machen die Posts Appetit auf die zugehörigen Kochbücher.
Pro Video, sagt Björn Wendler, müssen sie mindestens 2.000 US-Dollar einnehmen, damit sich das langfristig rechnet. Die Produktionskosten sind höher als bei Mitbewerberinnen, die in Malta, Serbien oder Russland produzieren. „Die Fabrik“ nennen sie das Studio in Potsdam intern, fünf Köchinnen mit je einem Produktionsteam brauchen maximal ein bis zwei Tage für ein Video. Das wird mit Untertiteln und Voice-Over für die jeweilige Sprache angepasst. So entsteht eine OutputFrequenz von fünf bis sechs Videos pro Woche pro Food-Seite. „Das über einen langen Zeitraum durchzuhalten, ist die größte Herausforderung“, sagt Björn Wendler, „und gleichzeitig die wichtigste Voraussetzung für dauerhaften Erfolg.“ Ebenfalls wichtig und nicht nur auf Foodvideos anwendbar: Eyecatcher und Entertainment im Spannungsbogen. Der Algorithmus bewertet nicht nur Klicks, sondern auch Verweildauer. Kochen für die Augen will gelernt sein: Für kamerataugliches Eis muss die Raumtemperatur stimmen. Für die optimale Optik ofenfrischer Backwaren steht ein Schockfroster im Studio, in dem sich nach Feierabend auch Bier kühlen lässt. Dann gibt es auch unter den Lebensmitteln internationale Stars, Brotrezepte und One-Pot-Pasta waren zum Beispiel weltweit die Hits der Pandemie. Und Dauerbrenner: „Käse und Hack gehen eigentlich immer“, sagt Björn Wendler. Aber das sei auf Facebook ja nicht anders als bei „Bild der Frau“.
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