turi2 edition #11 Fußball (in schweren Zeiten)

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NACHHALTIGKEIT

Fußball for Future

U

m einen Bundesliga-Spieltag zu kompensieren, müsste man 48 Fußballfelder voll Bäume pflanzen: 7.800 Tonnen CO2 werden dabei ausgestoßen, so das Ergebnis einer Studie der Klimaschutzberatung CO2OL im Auftrag des Deutschlandfunks aus dem Jahr 2019. Bei internationalen Turnieren liegen die Zahlen noch viel höher. Im Angesicht des Klimawandels müssen sich Fußballclubs nicht mehr nur an Tabellenplätzen und Tordifferenzen messen lassen. Sondern auch an ihrer Öko-Bilanz. Die Stellschrauben, an denen Vereine drehen können, benennt die Deutsche Umwelthilfe konkret: Abfall, Energie, Wasser, Verkehr. Im Bereich Energie ist man vielleicht am weitesten. Während der SC Freiburg mit seiner 1995 installierten Photovoltaik-Anlage auf dem Stadion damals noch alleine dastand, beziehen inzwischen einige Bundesligaclubs Ökostrom und setzen auf LED-Beleuchtung. Auch Mülltrennung und Pfandbecher und die Verwendung von Regenwasser und Wasserspareinrichtungen sind verhältnismäßig einfach umzusetzen und lohnen sich auch wirtschaftlich.

Neben dem Vorreiter SC Freiburg haben inzwischen einige Clubs das Thema Nachhaltigkeit für sich entdeckt – und die Marketing-Chancen, die es bietet. Werder Bremen nutzt Pfandbecher und Papier aus nachhaltiger Forstwirtschaft, der FC Augsburg hat ein klimaneutrales Stadion gebaut. Der VfL Wolfsburg veröffentlicht seit 2012 einen Nachhaltigkeitsbericht, setzt unter anderem auf LED, Solar, Photovoltaik, Regenwasserspülungen in den Toiletten und Plastikvermeidung im Fanshop. Der FC Mainz 05 erklärte sich selbst 2010 als erster Bundesligist zum „klimaneutralen Verein“. Diesen Titel hat sich auch die TSG Hoffenheim verliehen. Der Club setzt unter anderem auf Ökostrom, Mehrweg und Papier mit Grasanteil und zahlt CO2-Kompensationen an ein WWF-Aufforstungsprojekt in Uganda – auch für die Anreise der Gegner und Schiedsrichter. Zuschauer können das Projekt mit einem sogenannten Klima-Ticket für einen Euro Aufpreis unterstützen. Das Thema Anreise ist ein wundes in der Klimabilanz des Fußballs, die Stellschraube Verkehr scheint die zu sein, die am festesten sitzt.

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Obwohl die Kosten für den öffentlichen Nahverkehr in vielen Tickets enthalten sind, kommen viele Fans mit dem Auto, fahren viele Kilometer. Es fehlt an Infrastruktur um die Stadien, die eine Auto-Anfahrt unattraktiv macht. Und an Kooperationen mit Verkehrsbetrieben wie der Deutschen Bahn. Dazu kommt, dass viele Teams selbst zu Auswärtsspielen mit dem Flugzeug anreisen. Und: In Sachen Umweltschutz und Nachhaltigkeit bleibt es bei Einzelinitiativen. Eine einheitliche Strategie, Vorgaben oder Leitlinien der Deutschen Fußball Liga (DFL) gibt es nicht. So fordert die Deutsche Umwelthilfe – bislang vergebens – den verpflichtenden Einsatz von Mehrwegbechern in den oberen drei Ligen. Auch der Vorschlag, das Thema Nachhaltigkeit als Lizensierungskriterium für Profivereine in die DFL-Statuten aufzunehmen, bleibt ungehört. Der Fußball-Weltverband Fifa hat sich nun für die WM 2022 in Katar zu einer Nachhaltigkeitsstrategie verpflichtet. Bleibt zu hoffen, dass mehr dahintersteckt als eine Marketing-Maßnahme. Anne-Nikolin Hagemann

Foto: picture alliance

Umweltschutz und Nachhaltigkeit werden auch für Fußballclubs immer wichtiger. Es fehlt aber an einer gemeinsamen Strategie


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