SAMMELBILDER
Mit der Lizenz zum Kleben
U
m sich von Fußballern ein Bild zu machen, braucht es nur ein paar Klicks. Im Internet finden sich selbst von halbprominenten Kickern so viele Fotos, dass papierne Sammelbilder wie ein Anachronismus erscheinen. Aber vielleicht trägt gerade der Überfluss im Digitalen dazu bei, dass Sticker nach wie vor gefragt sind. Bestes Beispiel ist das Sammelalbum zur Fußball-WM 2018 in Russland. Es bietet Platz für 682 Bilder, die zum Stückpreis von 18 Cent millionenfach in Tüten verkauft werden. Für Anbieter Panini ein Riesengeschäft: Das Unternehmen kann den Umsatz gegenüber dem Vorjahr fast verdoppeln – auf die Rekordsumme von rund einer Milliarde Euro. Damit ist Panini im Markt der Sammelbilder weltweit die Nummer eins. „Panini-Bilder sind Klassiker aus dem echten Leben, das erklärt den enormen Erfolg gerade in Zeiten von Instagram und Co“, sagt Hermann Paul, Geschäftsführer des deutschen Panini Verlags. „Was zählt und verbindet, ist die leidenschaftliche Jagd nach den im Album noch fehlenden Bildchen.“ Panini, beheimatet im italienischen Modena, beschäftigt derzeit
über 1.200 Mitarbeiter, hat zwölf ausländische Tochtergesellschaften und Vertriebsstellen in mehr als 150 Ländern. 1961 kommt das erste Fußball-Sammelalbum „Calciatori“ zur italienischen Serie A auf den Markt, neun Jahre später erscheint erstmals eine Sticker-Kollektion zu einer Fußball-WM. Die erste deutsche Niederlassung eröffnet Panini 1974. Hierzulande kommen im Jahr rund 30 verschiedene Sammelalben zu Sport (WM, EM, Fußball-Mannschaften) und Entertainment (zum Beispiel „Die Eiskönigin“) auf den Markt. Weltweit erscheinen jährlich rund 400 Kollektionen. Wichtigstes Thema ist der Fußball, wirtschaftliche Lokomotive sind die großen Turniere, vor allem die Weltmeisterschaften. Deshalb schwankt der Panini-Umsatz erheblich, aber in gesetzmäßigen Wellen: Die geraden Jahre mit WM oder EM sind die besten – sofern die EM nicht wegen der Corona-Pandemie verschoben werden muss. Die meisten Bildchen werden in Brasilien verkauft, relativ zur Einwohnerzahl sind Österreich und die Schweiz ganz vorne, in Europa ist Deutschland der größte Markt. Die Lust am Sammeln, Tauschen und
178 · turi2 edition #11 · Fußball
Kleben ist hier seit Jahrzehnten besonders ausgeprägt. „Fußball- und Sammelleidenschaft erfassen Jung und Alt, Männer und Frauen, Kinder und Jugendliche, quer durch alle Bevölkerungsgruppen und -schichten. Ein Phänomen, über das wir selbst oft staunen“, sagt Panini-Chef Paul. In der Bundesliga allerdings hat Panini-Konkurrent Topps seit der Saison 2008/09 die Lizenzrechte, der aktuelle Vertrag läuft bis 2023. Die Wurzeln der US-amerikanischen Firma reichen bis ins 19. Jahrhundert zurück, mit Tabak und später Kaugummi hat sie ihr Geld verdient. In Europa liegt seit den 1990er Jahren der Fokus auf Sticker-Alben und Card-Serien. Im direkten Duell mit Panini musste Topps zuletzt zwei schmerzhafte Niederlagen verkraften. 2017 wies das Gericht der Europäischen Union eine Klage zurück, wonach Panini kartellrechtswidrig bei der Vergabe von WM- und EM-Lizenzen bevorzugt werde. Seit dieser Saison vertreiben die Italiener außerdem die Sticker- und Karten-Kollektionen der englischen Premier League – ein Geschäft, das zuvor 26 Jahre lang Topps besorgte. Roland Karle
Foto: PR
Sammelbilder sind auch in digitalen Zeiten ein gutes Geschäft. Panini liegt im Duell der Sticker-Spezialisten vorn