Allgäuer Wirtschaftsmagazin Ausgabe 06/2012

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Sonnenschutz. Diese baulichen Maßnahmen haben wir beim neuen Anwendungsund Schulungszentrum umgesetzt. Wir erfüllen damit nicht nur die Anforderungen der Energieeinsparverordnung, die seit 2009 auch für Industrieneubauten gilt. Die dort beschriebenen Standards werden bei weitem übertroffen, weil wir bei der Primärenergieversorgung nicht mehr auf eine konventionelle Beheizung mit fossilen Brennstoffen setzen, sondern mit Grundwasser heizen. AWM: Wie funktioniert das? Koch: Energetisch betrachtet, ist Grundwasser die beste Wärmequelle. Es hat auch im Winter eine relativ hohe Temperatur von etwa sieben bis zwölf Grad Celsius. Wärmepumpen erreichen dadurch hohe Leistungszahlen. Das Wärme- bzw. Kühlmittel wird über Fußbodenheizungen bzw. -kühlungen sowie Heiz- und Kühlsegel an den Raumdecken verteilt. Grundkonzept ist die sogenannte »stille Kühlung« bzw. »stille Heizung«, die als besonders nachhaltig gilt. Das Grundwasser muss dabei durch genehmigungspflichtige Entnahmebrunnen erschlossen werden. AWM: Reicht die Grundwasserheizung aus, um die Räume im Winter ausreichend warm zu bekommen? Koch: In der Regel schon. Zur Feinjustierung nutzen wir im Bereich Heizen und Kühlen die Lüftung, die mit minimalen Luftmengen gefahren wird. Dabei setzten wir auf Wärmerückgewinnungsanlagen. Die anfallende Abwärme aus Rechenzentrum, Kompressor- sowie Vakuumpumpenraum wird in die Heizkreise eingespeist. Grundsätzlich wird die Lüftung bedarfsgerecht geregelt, in Abhängigkeit von der Luftqualität. AWM: Wie wirken Gebäudehülle und Versorgungstechnik zusammen? Koch: Wir haben die beweglichen Teile der Gebäudehülle wie Fenster oder Markisen in unser Gebäudeleitsystem integriert. Die Fenster sind zum Beispiel mit Magnetkontakten ausgestattet. Werden sie im Hochsommer geöffnet, regelt die Klimaanlage automatisch zurück, damit sie nicht gegen die heiße Außenluft ankämpfen muss. Ist der Wärmeeintrag im Sommer sehr hoch, können wir beispielsweise die Jalousien über die Außenleittechnik steuern. Dadurch wirken Gebäudeverschattung und Klimatisierung wechselseitig aufeinander. Der erwartete Energiebedarf im neuen Gebäude liegt bei 40 bis 50 Prozent im Vergleich zu einer herkömmlichen Bauweise. Hieran hat auch die

energieeffiziente Beleuchtungstechnik ihren Anteil. AWM: Wie sieht die konkret aus? Koch: Wo es wirtschaftlich und technisch möglich war – wie bei der Wegebeleuchtung – haben wir auf LED-Technik gesetzt. Wo jedoch die Beleuchtungsstärke und die Lichtqualität im Vordergrund standen, haben wir T8-Leuchten mit tageslichtabhängiger Steuerung verwendet. Zudem sind intelligente Steuerungsinstrumente und Bewegungsmelder verbaut, um unnötigen Stromverbrauch für die Beleuchtung zu vermeiden. Das neue AWZ verfügt über einen Klimaraum für die Produktabnahmen. Dieser ist ebenfalls Teil des Energieeffizienzkon-

»Nachhaltigkeit ist bei uns täglich gelebte Praxis.«

zepts, auch die Kühlung dieser Räume erfolgt weitestgehend über das Grundwasser. Lediglich die Leistungsspitzen der Kühlung müssen über Invertertechnik abgedeckt werden, damit es hier nicht zu Lasten unserer Kunden Engpässe gibt. Zusammen mit einer hocheffizienten Dämmung dieses Raumes ergibt sich somit ein sehr geringer Stromverbrauch. AWM: Welche Konzepte wurden hinsichtlich der Entsorgung umgesetzt? Koch: Bei der Abwasserentsorgung unterscheiden wir zwischen Regenwasser, das direkt versickert wird, unbelastetem Abwasser wie beispielsweise überschüssiges Kühlwasser, das direkt ins Grundwasser eingeleitet werden darf, sowie häusliches Abwasser, das in die Kanalisation geleitet wird. Letzteres beschränkt sich im Wesentlichen auf Abwasser aus Sanitäranlagen, Teeküchen und Waschbecken. Auch beim Müll trennen wir konsequent und unterscheiden insgesamt 26 verschiedene Gebindearten, von Papier- und Biomüll über Altholz, gemischte Folienverpackungen, Kunststoffreste aus der Fertigung, Schlamm aus der Wasserstahlschneidanlage bis hin zu Elektroschrott oder auch Batterien. Wir haben hierfür auch 26 verschiedene Entsorgungswege. Das Müllkonzept verwendet MULTIVAC schon lange. Eine Besonderheit im neuen Anwendungs- und Schulungszentrum ist, dass wir zum effizienten Entsorgen von Folienresten und -abfällen eine Zerkleine-

rungsanlage installiert haben, um das Transportvolumen zu reduzieren und das Handling zu vereinfachen. AWM: Mal abgesehen davon, dass die Energieeinsparverordnung eine energieeffiziente Bauweise vorschreibt: Welche Vorteile hat eine solche Maßnahme für ein Unternehmen wie MULTIVAC? Koch: Eine energieeffiziente Bauweise rechnet sich unterm Strich tatsächlich auch finanziell. Durch sie hat sich die Wirtschaftlichkeit dieser Investition weit erhöht. Andererseits sind Unternehmen heute mehr und mehr gefordert, ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht zu werden. AWM: Was bedeutet nachhaltiges Wirtschaften für MULTIVAC? Koch: Nachhaltigkeit ist bei uns täglich gelebte Praxis. Wir haben bei unseren Verpackungslösungen den gesamten Stoffkreislauf im Blick. Mit innovativen Technologien unterstützen wir unsere Kunden beispielsweise dabei, ihren Packmittelverbrauch zu reduzieren und wir ersetzen bei unseren Maschinen immer mehr pneumatisch betriebene Baugruppen durch elektrische Systeme, die deutlich energieeffizienter sind. In den Fertigungsprozessen unserer Maschinen haben wir umfassende Recyclingströme integriert. Wir sind zudem Partner der Nachhaltigkeitsinitiative »Blue Competence« des Verbands Deutscher Maschinenund Anlagenbau, nehmen an der Initiative Nachhaltiges Wirtschaften der IHK Schwaben teil und sind auch Mitglied im Bundesverband der Energieabnehmer e.V. (VEA). xl

MULTIVAC Sepp Haggenmüller GmbH & Co. KG Bahnhofstraße 4 87787 Wolfertschwenden Telefon (08334) 6010 muwo@multivac.de www.multivac.de 6–2012 ––– AllgäuerWirtschaftsmagazin ––– 39


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