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Recycling muss zur Chefsache werden
from MINT 01/2021
by TristanMPM
In der ehemaligen Bayernkaserne steckt viel Schrott, aber auch viel gutes Material. Der technische Projektleiter Hans-Ulrich Möbius verriet MINT, wie man durch ein Recycling vor Ort die Kosten senkt und der Umwelt hilft.
01. Was macht das Projekt Bayernkaserne so interessant?
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Auf dem Gelände fallen ungefähr 1,2 Millionen Tonnen Bauschutt und Boden an. Davon könnten 50 Prozent für den Neubau wiedereingesetzt werden. Und zwar in Form von R-Beton für Gebäude, Substraten für Pflanzen und Schüttmaterial für Straßen. Wir haben dafür eine komplexe Recycling-Konzeption erstellt. Recycelt wird dabei direkt vor Ort.
02. Gab es das bisher noch nicht?
Annähernd schon. Bei der Baufeldfreimachung des Flughafengeländes in Riem in den 90er-Jahren spielte die Stadt München sogar eine Vorreiterrolle in Bezug auf Nachhaltigkeit. Alle Recyclingbaustoffe blieben damals vor Ort und wurden im Erdbau für die Messestadt und die Neue Messe eingesetzt. Der Stadtrat hatte das damals explizit gefordert.
03. Und danach hat man wieder alte Wege eingeschlagen?
Die Aufbereitung von Betonschutt war lange Zeit nicht üblich, weil im Bereich der Münchner Schotterebene vermeintlich unbegrenzt Kies ansteht und auf einfache Weise zu gewinnen ist. Inzwischen stößt das Erschließen von neuen Kiesgruben auf immer größeren Widerstand in der Bevölkerung. Mit der Bayernkaserne testet München jetzt innovative Lösungen, um durchs Recycling von Baustoffen den riesigen Rohstoffverbrauch im Bausektor zu senken.
04. Lief immer alles nach Plan?
Es gab einige Störeinflüsse, die allerdings wiederum den richtigen Weg ebneten. Die Flüchtlingskrise führte zu einem Planungsstopp, denn zehn abzubrechende Gebäude werden seit Jahren kontinuierlich als Unterkünfte genützt und können nur allmählich durch andere außerhalb der Kaserne ersetzt werden. Dadurch wurde aber Zeit gewonnen und die Ergebnisse des städteplanerischen Wettbewerbs konnten in unsere Planung einbezogen werden.
05. Gab es auch unvorhersehbare Probleme?
Das immer noch vorhandene Ausmaß der Kampfmittelbelastung war unterschätzt worden. Besonders die Belastung mit Granaten aller Art. Eine punktuelle Kampfmittelräumung war überhaupt nicht möglich. Der Boden wurde also gesiebt und aus den einzelnen Siebfraktionen der Stahlschrott mit Kampfmitteln maschinell abgeschieden. Positiver Nebeneffekt war, dass die Schadstoffe im Feinboden blieben und die Mittelfraktion und Grobfraktion gut für bautechnische Zwecke weiterverwendet werden können.
06. Was könnte man bei künftigen Projekten besser machen?
Die Baufeldfreimachung muss von Anfang an in den Entwicklungsprozess einbezogen und bereits im städteplanerischen Wettbewerb berücksichtigt werden. Gewinnen sollte nur derjenige, der es schafft, möglichst viele Mineralstoffe in die Neubaumaßnahme zu integrieren. Dann müssen die Bauabschnitte so festgelegt werden, dass möglichst lang Logistikflächen für Recyclingbaustoffe zur Verfügung stehen. Und ganz wichtig: Wir brauchen für kleinere Projekte ein innerstädtisches Recyclingzentrum, das Platz für die Lagerung von Mineralstoffen zur Aufbereitung bietet.
07. Und was wünschen Sie sich generell für die Zukunft?
Die Stadt muss klare Vorgaben machen, die nicht im Tagesgeschäft zwischen den Interessen von Planungsreferat, Kommunalreferat, Baureferat und Umweltreferat aufgeweicht werden. Ein Ende des Abfalltourismus. Jede Kommune muss Mittel und Wege finden, mit Mineralstoffen, die in ihrem Bereich anfallen, sinnvoll umzugehen. Nur in ganz besonderen Fällen dürfen Mineralstoffe überörtlich entsorgt werden.