TIERREPORT 1/2023

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UKRAINE

Gewagte

Hunderettung

REHKITZRETTUNG

Helferinnen und Helfer gesucht

REITTURNIERE

Guten Pferdeumgang

fördern

KASTRATIONSFONDS

Im Kampf gegen das Katzenelend

1/2023 DAS MAGAZIN DES SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS

INHALT 1/2023

Das Magazin des Schweizer Tierschutz STS Nr. 1, März 2023, er scheint viermal jährlich

Herausgeber:

Schweizer Tierschutz STS

Dornacherstrasse 101, Postfach, 4018 Basel

Telefon 061 365 99 99, www.tierschutz.com

Redaktion: Stefan Tschopp magazin@tierschutz.com

Autorinnen und Autoren:

Hans Ulrich Fankhauser, Thomas Frei, Samuel Furrer, Lisa Goldinger, Simon Koechlin, Daniela Poschmann, Sandra Schaefle, Laura Schiesser, Carine Vogel, Yvonne Vogel

Korrektorat: Manuela Seiler

Gestaltung: Catherine Reber, Q Basel

Druck: ZT Medien AG, 4800 Zofigen

Abonnementspreis:

Jahresabonnement (4 Ausgaben)

CHF 12.80 inkl. MwSt.

TIERREPORT-Abonnentendienst:

Hochbordstrasse 1, 8600 Dübendorf

Telefon 044 925 38 20, sts@ms-direct.ch

www.tr-ada.ch/abo

Abdruck nach Genehmigung durch die Redaktion mit Quellenangabe gestattet.

ISSN 1424-9537

Die Sektionen des Schweizer Tierschutz STS: Aargau; Appenzell; Appenzeller-Vorderland; Bas-Valais; BaselStadt; Baselland; Bern Kanton; Bern Stadt; Biasca; Biel-Seeland; Ceresio/Mendrisiotto; Emmental; Frauenfeld; Fribourg; Frutigen; Glarus; Graubünden; Haut-Léman; Horgen; Interlaken-Oberhasli; Jura/AJPA; Jura/Soubey; Kreuzlingen; La Chaux-de-Fonds; Le Locle; Liechtenstein; Linth; Locarno; Lugano; Luzern; Neuchâtel; Nidwalden; Nieder simmental; Nyon; Oberaargau; Obersimmental; Oberwallis; Obwalden; Olten; Rheintal; Romanshorn; Ror schach; St. Gallen Stadt; Saanenland; Sargans-Werdenberg; Schaffhausen;Schwyz; Sirnach; Steckborn; Thun; Toggenburg; Uri; Uster; Val de Travers; Valais; Vaud; Winterthur; Zug; Fondation Neuchâteloise d’Accueil pour Animaux; Gerenau-Stiftung für Tierschutz, Wädenswil; Helena Frey-Stiftung für Tierschutz, Rümlang; Stiftung Mensch+Tier, Basel-Stadt; AKUT Aktion Kirche und Tiere; APS Auffagstation für Sittiche und Papageien; Club der Rattenfreunde; Le Refuge de Darwyn; Stiftung Wildstation Landshut; PRT Protection et Récupération des Tortues; SOS Chats, Genève; VAZ Verein Aquarium Zürich; Verband

Liebe Leserinnen und Leser

Der Schweizer Tierschutz STS ist fassungslos über die aktuellen Ereignisse auf der Welt. Das verheerende Erdbeben in Syrien und der Türkei sowie der anhaltende Krieg in der Ukraine bringen endloses Leid über Mensch und Tier. Wir werden die begonnenen Hilfsaktionen weiterführen, solange es notwendig ist. Dabei setzen wir auf Partnerorganisationen vor Ort. So haben wir Gewissheit, dass die Spendengelder auch ankommen. Ich danke Ihnen herzlich für Ihre Unterstützung!

Unterstützung brauchen auch weiterhin die Tausenden von ausgesetzten und verwilderten Katzen in der Schweiz. Nebst medizinischer Hilfe ist die Kastration ein wichtiger Eingriff, denn eine Überpopulation führt zu Kämpfen um Futter und Reviere. Verletzungen, Krankheiten und Mangelernährung sind die Folge. Dank des unermüdlichen Einsatzes der Sektionen des STS konnten im vergangenen Jahr 9658 Katzen eingefangen und kastriert werden.

Nicht nur viele Katzen gibt es in der Schweiz, sondern auch viele Hühner. Die meisten leben auf Bauernhöfen. Aber wussten Sie, dass es schätzungsweise siebzigtausend private Hühnerhaltungen gibt? Und es werden immer mehr, denn es ist natürlich ein besonderer Genuss, jeden Tag frische Eier zu haben. Wichtig ist jedoch, dass sich die Hühner wohlfühlen und ihren arttypischen Bedürfnissen wie Scharren, Picken oder Staubbaden nachgehen können. Wie Kontrollen gezeigt haben, erfüllen nicht alle Halterinnen und Halter diese Anforderungen. Deshalb hat das Bundesamt für Veterinärwesen und Lebensmittelsicherheit BLV zusammen mit dem Schweizer Tierschutz STS den Ratgeber «So halten Sie Hühner richtig» und die ergänzende Website www.huehnerrichtighalten.ch publiziert.

SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS

Nicole Ruch mit Aiko und Attila
Schweizer
VSFR TITELFOTO: ADOBE STOCK
Fisch- und Reptilienauffagstationen
Jagdgesetz – Wolf 3 Rehoming 4 Rehkitzrettung 5 Tierversuche 6 Katzenelend 8 Refuge de Darwyn 10 Miniesel 12 Hühner richtig halten 13 Dachs 14 Wussten Sie? 16 Agrarpolitik 18 Tierschutzkontrollen 19 Handaufzucht Katzen 20 Hunderettung in der Ukraine 22 Tierheimgeschichten 24 Hund entlaufen? 26 Nachruf Barbara Marty Kälin 27 Reptilienhaltung – Interview 28 Pferdesportturniere 30
IMPRESSUM TIERREPORT
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Nicole Ruch, Präsidentin
EDITORIAL

JAGDGESETZ

Wie geht es weiter mit dem Wolf?

Die rasche Zunahme der Wolfspopulation hat das Verhältnis zwischen dem Schutz der Nutztiere und jenem der Grossraubtiere zunehmend belastet. Für den Schweizer Tierschutz STS als Tierschutzorganisation hat der Schutz der Nutztiere und des Wolfs die gleiche Priorität.

Das neue Jagdgesetz respektiert die Bedeutung des Herdenschutzes aus Sicht des STS zu wenig und trägt damit langfristig nicht zur Koexistenz von Mensch, Nutztier und Wolf bei. Anstatt die Entwicklung wirksamer Herdenschutzmassnahmen rasch voranzutreiben, fokussiert man sich auf die Regulierung des Wolfs. Der STS erachtet diese Strategie als nicht zielführend.

Der Schweizer Tierschutz STS hat kein Referendum gegen das neue Jagdgesetz ergriffen. Die Gefahr, eine erneute Abstimmung zur Jagd und zum Wolf zu verlieren und damit den Wolfsgegnern zusätzlich Auftrieb zu verleihen, wird vom STS als zu gross eingeschätzt. Auch

soll verhindert werden, dass ein sicherlich emotional und polemisch geführter Abstimmungskampf die Gräben zwischen den Lagern pro und kontra Wolf weiter vertieft. Schlussendlich würde dies auch der Akzeptanz des Wolfs in der Bevölkerung schaden. All dies gilt es zu vermeiden.

Damit ist das Thema Wolf und Herdenschutz aber natürlich nicht vom Tisch. Der STS wird sich auch weiterhin dafür einsetzen, dass tiergerechte, flächendeckende Herdenschutzmassnahmen von den Tierhalterinnen und -haltern akzeptiert und angewandt und von den Kantonen und vom Bund gefördert und unterstützt werden.

Herdenschutz first – aber tiergerecht

Heute bedarf es einer Risikoabwägung, ob Herdenschutzmassnahmen zur Abwehr von Grossraubtieren nötig sind und wenn ja, welche Massnahmen angewendet werden. Die aktuelle Situation hat – mit oder ohne Herdenschutz – Auswirkungen auf das Wohl der Nutztiere. Die ergriffenen Massnahmen sollen effektiv und der jeweiligen Gefahrensituation angepasst sein. Die Anpassungsfähigkeit der Nutztiere darf dabei aber nicht überfordert werden und die Haltungsbedingungen sowohl der schützenden als auch der zu schützenden Tiere sollen dabei stets tierfreundlich ausfallen. Ausserdem müssen die negativen Auswirkungen der Schutzmassnahmen auf andere Wildtiere so gering wie möglich bleiben. Mehr dazu, aber auch zur Entwicklung der Wolfspopulation in der Schweiz und zur Veränderung der Nutztierhaltung in den Sömmerungsgebieten finden Sie im neuen STS-Positionspapier: «Tierschutzkonform Nutztiere vor dem Wolf schützen»: www.tr-ada.ch/positionspapier.pdf

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DR. SC. NAT. SAMUEL FURRER, ZOOLOGE, STS-GESCHÄFTSFÜHRER FACHBEREICH
ADOBE STOCK

REHOMING

Neue Menschen, Autos und grosse Hunde

Vergangenen Sommer wurden im Rahmen des Rehoming-Projekts des Schweizer Tierschutz STS zehn Laborhunde in vier Schweizer Tierheime gebracht, die dem STS angegliedert sind. Dort konnten sich die Beagles an neue Reize gewöhnen, bevor sie in ein neues Zuhause vermittelt wurden. Wie es Abby, Alfa, Aiko und Abraxas dabei erging.

YVONNE VOGEL

für Tierschutz in Rümlang akklimatisiert hatten. «Wir hatten überhaupt kein Problem bei der Vermittlung», sagt die Leiterin Cristina Winkler. Aiko sei sehr schnell ein «ganz normaler» Hund geworden. Er sei von Anfang an sehr offen gewesen, recht selbstbewusst und habe sich mit der neuen Situation und der neuen Umgebung gut und schnell zurechtgefunden. «Nachdem er zwei-, dreimal ein Velo gesehen hat, hat ihm das keine Angst mehr gemacht.»

Während dreieinhalb Jahren lebten die Beagles als Laborhunde in einer Versuchstierhaltung der Universität Zürich. Nach ihrem Umzug wurden die Hunde in den Tierheimen nun mit vielen neuen Geräuschen und unbekannten Gerüchen konfrontiert. Und auch den Menschen erlebten sie anders. Da waren nun Bezugspersonen, die sich viel Zeit nehmen und sich intensiver um die einzelnen Hunde kümmern konnten.

«Natürlich waren Alfa und Abby am Anfang etwas vorsichtig, aber es war überhaupt nicht so ‹schlimm›, wie wir es uns

vorgestellt hatten», erzählt Tamara Jung, Geschäftsführerin des Tierheims Rosel in Brügg bei Biel. «Zu uns Pflegerinnen waren sie gleich aufgeschlossen und verschmust.» Neu waren für die beiden Hündinnen auch die Spaziergänge. «Natürlich mussten wir sie an das Hundegstältli und die Leine gewöhnen», so Jung. Nach knapp zwei Monaten konnten Abby und Alfa dann bereits zusammen in ein neues Zuhause ziehen.

Ebenfalls recht schnell zu einer neuen Familie konnten Aiko und Abraxas, die sich im Tierheim der Helena Frey-Stiftung

Anders Abraxas: «Er war eher ein ängstlicher Hund und hat länger gebraucht, um neue Eindrücke zu verarbeiten», erzählt Winkler. Alles, was sich draussen abspielte, war neu für die Hunde: laute Geräusche, viele Menschen, Autos, Verkehr. «Oder wenn wir auf dem Spaziergang einem Pferd begegneten. Oder grossen Hunden. Das kannten die Beagles nicht.»

Aber auch Abraxas konnte Ende September das Tierheim in Rümlang verlassen und in ein neues Zuhause einziehen. Er kam als Zweithund zu einer Familie. «Das hilft ihm extrem», sagt die Tierpflegerin.

Tamara Jung vom Tierheim Rosel zieht ebenfalls eine positive Bilanz: «Alles in allem war das Rehoming-Projekt eine sehr gute Aktion, bei der wir sehr gerne wieder mitmachen würden.»

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Abraxas: Ein wenig ängstlich, brauchte mehr Zeit, um sich einzugewöhnen.
FOTOS: ZVG
Aiko: Sehr offen und echt selbstbewusst –Velos machen ihm keine Angst mehr.

Gesucht: freiwillige Helferinnen und Helfer für die Rehkitzrettung

Im Mai und Juni wird es wieder so weit sein. Die Rehmütter gebären in waldnah gelegenen Wiesen ihre Jungen. Die Kitze sind in den ersten Lebenswochen noch nicht in der Lage, ihrer Mutter bei Gefahr zu folgen, stattdessen verlassen sie sich auf ihre perfekte Tarnung im Gras. Dies macht es sehr schwierig, die Jungen bei Mäharbeiten zu entdecken. Jährlich verenden in der Schweiz mindestens 1700 Kitze qualvoll in den Mähwerken.

Doch das lässt sich ändern. Eine bewährte Methode zum frühzeitigen Auffinden von Rehkitzen ist das Absuchen der Felder mittels einer Drohne. Der Schweizer Tierschutz STS intensiviert deshalb die Zusammenarbeit mit dem Verein Rehkitzrettung Schweiz, der seit Jahren schweizweit unterwegs ist und mit seinen Drohnenpilotinnen und -piloten wichtige Tier-

schutzarbeit leistet. Der STS wird der Rehkitzrettung Schweiz einerseits Drohnen zur Verfügung stellen, andererseits möchten wir über unsere Kanäle Helferinnen und Helfer finden, welche die Rettungsteams unterstützen und bei der Rehkitzsuche und -bergung mithelfen.

Angesprochen sind fitte Personen, die sich nicht scheuen, morgens um vier Uhr auf dem Feld zu stehen und den Pilotinnen und Piloten zu assistieren. Als Belohnung winken unzählige wunderschöne Naturerlebnisse, Begegnungen mit dankbaren Menschen und vor allem die Gewissheit, zahlreiche Rehkitze vor einem schrecklichen Tod bewahrt zu haben.

Sind Sie interessiert? Dann melden Sie sich bei uns: www.tierschutz.com/rehkitzrettung

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FOTOS: SEBASTIAN GRELL, ADOBR STOCK

Mehrheit fordert tierfreie Methoden

ber bis 8. November 2022 vom Marktforschungsunternehmen Savanta in zehn europäischen Ländern durchgeführt (Deutschland, Frankreich, Norwegen, Spanien, Italien, Belgien, Niederlande, Dänemark, Schweden und Schweiz). Insgesamt wurden 10 706 Er wachsene online befragt, davon 1105 in der Schweiz. Die Daten wurden in jedem Land so gewichtet, dass sie nach Alter, Geschlecht und Region repräsentativ sind.

Tierversuche sind nachweislich zu wenig effizient

Eine deutliche Mehrheit der in der Schweiz lebenden Menschen hält den Einsatz von Tieren in der Forschung, zu regulatorischen Zwecken und in der Lehre für bedenklich und fordert den Übergang zu tierfreien Methoden. Dies ergab eine Meinungsumfrage im Auftrag der Eurogroup for Animals, des Dachverbands europäischer Tierschutzorganisationen, bei dem der Schweizer Tierschutz STS Mitglied ist.

71 Prozent der Befragten in der Schweiz sind der Meinung, es müsse mehr getan werden, um den vollständigen Ersatz von Tierversuchen in diesen drei Bereichen zu beschleunigen. 68 Prozent gaben an, die Schweizer Regierung sollte sich zum Übergang von Forschung, Sicherheitsprüfung und Lehre ohne den Einsatz von Tieren verpflichten. Ebenfalls 68 Prozent sagten aus, dass die Schweiz weltweit führend sein sollte, wenn es darum geht, Wissenschaft und Innovation ohne Tierversuche voranzu-

treiben. 66 Prozent sind gemäss der Umfrage sehr besorgt über die Verwendung von Tieren in der Forschung, zu regulatorischen Zwecken und in der Lehre. Gemäss Tierversuchsstatistik wurden 2019 in der Schweiz insgesamt 572 069 Tiere in Forschung, Tests und Ausbildung verwendet.

Repräsentative Umfrage in zehn europäischen Ländern

Die Umfrage wurde im Auftrag der Eurogroup for Animals vom 27. Okto-

Der Schweizer Tierschutz STS fordert seit Jahren, dass mehr Forschungsgelder in die 3R-Forschung (Replacement, Reduction and Refinement) und in Ersatzmethoden zu Tierversuchen sowie deren Umsetzung fliessen. Mit dem Schweizerischen 3R-Kompetenzzentrum (3RCC) und dem Nationalen Forschungsprogramm NFP 79 «Advancing 3R – Tiere, Forschung und Gesellschaft» gibt es zwar für die nächsten Jahre etwas mehr Unterstützung für 3R und Ersatzmethoden. Diese Förderung steht aber weiterhin in einem krassen Missverhältnis zur Förderung von Tierversuchen. Nach wie vor fliessen jährlich mehrere Hundert Millionen Franken – vor allem Steuergelder – in die tierexperimentelle Forschung. Solange so viel Geld in Tierversuche und vergleichsweise wenig in Ersatzmethoden investiert wird, werden die betroffenen Industrien nicht auf tierversuchsfreie Methoden umsteigen. Und dies, obwohl Tierversuche nachweislich zu wenig effizient und kaum übertragbar sind und oft nicht den Qualitätsstandards entsprechen. Ersatzmethoden sind wesentlich genauer, können von vornherein mit menschlichen Materialien durchgeführt werden und sind daher wesentlich einfacher und schneller übertragbar.

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TIERVERSUCHE FOTO: ADOBE STOCK

Schweiz Im Fokus

66%

Ich bin sehr besorgt über die Verwendung von Tieren in der Forschung, zu regulatorischen Zwecken und in der Lehre.

71%

Es muss mehr getan werden, um den vollständigen Ersatz von Tierversuchen in diesen drei Bereichen zu beschleunigen.

68%

Die Schweizer Regierung sollte sich zum Übergang der Forschung, Sicherheitsprüfung und Lehre ohne den Einsatz von Tieren verpflichten.

68%

Die Schweiz sollte weltweit führend sein, wenn es darum geht, Wissenschaft und Innovation ohne Tierversuche voranzutreiben.

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2022 UMFRAGE
*Bericht Tierversuchsstatistik 2019.
572'069* Tiere wurden in der Forschung, in Tests und in der Ausbildung verwendet

Kleiner Eingriff kann grosses

Leid verhindern

Seit über 28 Jahren setzt sich der Schweizer Tierschutz STS mit seinen Sektionen für eine gesunde und stabile Katzenpopulation in der Schweiz ein. Nebst medizinischer Hilfe ist die Kastration ein wichtiger Eingriff, damit sich verwilderte und krankheitsanfällige Tiere nicht noch weiter vermehren können. 2022 konnten 9658 Katzen eingefangen und kastriert werden.

In der Schweiz leben schätzungsweise zwischen hundert- und dreihunderttausend verwilderte Hauskatzen. Sie wurden einst ausgesetzt oder sind von ihrem Zuhause ausgebüxt, weil sie nicht versorgt wurden. Nun schlagen sie sich sich allein durchs Leben: in Hinterhöfen, Industriearealen oder rund um Bauernhöfe. Allmählich werden sie menschenscheu und verwildern. Und sie vermeh-

ren sich rasant: Eine weibliche Katze kann zweimal jährlich zwischen zwei und sieben Katzenjunge zur Welt bringen. Die Überpopulation führt zu Revierkämpfen, was Verletzungen zur Folge haben kann. Krankheiten und Mangelernährung sind weitere Folgen eines Daseins, in dem niemand (mehr) da ist, der die Katzen pflegt, füttert oder zum Tierarzt bringt.

So setzt sich der STS mit seinen Sektionen dafür ein, dass verwahrloste Tiere eingefangen, medizinisch versorgt, kastriert, vermittelt oder wieder in die Freiheit entlassen werden. Im vergangenen Jahr konnten 4021 Kater und 5637 Kätzinnen kastriert werden. Bei zwei Dritteln handelt es sich um sogenannte Bauernhofkatzen. Gerade in ländlichen Gebieten besteht immer noch ein enormer Bedarf an Kastrationsaktionen, wie der Abschlussbericht des Tierschutzvereins Rorschach und Umgebung zeigt: «Auch 2022 haben wir wieder ganze Katzenbestände auf Höfen kastriert, darunter auch auf einem Pferdehof. Da sind seit letztem Jahr einige Katzen zugewandert. Innert zwei Tagen konnten drei Kätzinnen, ein Kater sowie drei Kitten gesichert werden», schreibt Claudio Eicher. Im Vergleich zum Vorjahr seien es ganz klar viel mehr Katzen gewesen. «Auffäl-

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YVONNE VOGEL
KATZENELEND

lig war auch, dass vermehrt ausgesetzte Katzen dabei waren.»

Doch die Aufklärungskampagne zeigt Wirkung: «Die Kontrolle auf den Bauernhöfen zeigte, dass in einigen Gemeinden mittlerweile alle Katzen kastriert sind. Während wir früher pro Hof mindestens zehn Katzen fanden, sind es heute maximal drei», vermeldet der Tierschutzverein Horgen und Umgebung.

Das Einfangen der Tiere kann indes ein recht aufwendiges Unterfangen sein. Beim Tierschutzverein Nidwalden hat eine Landwirtin in Bielen bei Wolfenschiessen vier wilde Katzen gemeldet, die sich auf dem Hof niedergelassen haben und unbedingt kastriert werden müssen. «In unserem Bergkanton gibt es immer wieder Situationen, bei denen wir die Höfe nur per Seilbahn – in diesem Fall war es ein kleines ‹Seilbähnli› – erreichen können», schreibt der Tierschutzverantwortliche. «Da wird einem schon etwas mulmig, wenn man da vollbepackt mit Fallen und Transportkisten einsteigen soll. Nachdem wir das Material hochgeschafft und alles eingerichtet hatten, gingen die ersten beiden Katzen ziemlich schnell in die Falle.» Aber die zwei anderen Katzen hätten den Braten gerochen und die Falle gemieden. So entschlossen sich die Tierschützer nach zwei Wochen, eine sogenannte Hofmann-Falle einzusetzen. «Diese passte millimetergenau in die Seilbahn. Die Hofmann-Falle ist grösser und hat den Vorteil, dass sie per Lichtschranke oder – was wirklich super

ist – per Fernauslöser ausgelöst werden kann. So kann man eine ganze Katzenfamilie einfangen.» Schliesslich gelang es den Nidwaldner Tierschützern tatsächlich, die beiden anderen Katzen auch noch einzufangen und zu kastrieren.

Dass die Katzenkastration oft mit grossem Aufwand – einfangen, aufpäppeln kranker oder junger Tiere, vermitteln oder wieder freilassen – und hohen Kosten verbunden ist, berichten die meisten Sektionen. «Ein grosses Merci an alle, die sich für die Katzenkastration einsetzen», schreibt Daniel Röthlisberger vom Tierschutz Emmental. Ein spezieller Dank geht natürlich an den STS, der die Katzenkastration finanziell unterstützt. Auf insgesamt rund 400 000 Franken beliefen sich die Kosten im letzten Jahr. www.katzenelend.ch

Spenden willkommen!

Der Schweizer Tierschutz STS und seine Sek tionen finazieren sich vollständig aus Spenden und Legaten; sie erhalten keinerlei staatliche Mittel. Auch Kastrationsaktionen bei verwilderten Katzen und Bauernhofkatzen werden durch Spendengelder finaziert und oft von freiwilligen Helferinnen und Helfern begleitet. Spenden oder Kostenbeteiligungen an Kastrationsaktionen für verwilderte Katzen durch Gemeindebehörden sind daher sehr willkommen. Wichtig ist auch, dass die Gemeinden die Bäuerinnen und Bauern informieren und zum Kastrieren der Katzen anhalten. Vielen herzlichen Dank! Mehr Informationen: www.katzenelend.ch

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Tierschutzverein Oberaargau: Die Katzenfalle steht bereit. Tierschutzverein Nidwalden: Die Falle musste per Seilbähnli auf den Berg gebracht werden. Tierschutz Luzern: Hier wird routiniert und professionell operiert. FOTOS: ADOBE STOCK
/ ZVG

REFUGE DE DARWYN

Hilfe und Zufl uchtsort für misshandelte Pferde

Mehr als 600 Pferde hat der Genfer Verein Refuge de Darwyn in den letzten 23 Jahren gerettet. Gründerin und Präsidentin Anouk Thibaud erzählt, wie die Auffangstation funktioniert und welche Pferdeschicksale ihr besonders nahegehen.

SIMON KOECHLIN (TEXT UND BILDER)

Manchmal führt der Zufall Regie im Leben. Als die Genferin Anouk Thibaud im Jahr 1998 viel zu früh ihr geliebtes Pferd Darwyn verlor, war sie kurz davor, ihre Reitaktivitäten aufzugeben. Doch zwei Jahre später hatte sie die Möglichkeit,

im grenznahen Frankreich einen Hof zu pachten. «Ich nahm einige Pferde in Pension», erzählt die gross gewachsene Frau. «Kurz darauf konnte einer der Halter nicht mehr bezahlen und übergab mir sein Pferd – etwas später der zweite.»

So wurde aus der Pferdepension eine Pferdeauffangstation. Anouk Thibaud zog wieder in die Schweiz und gründete einen Verein. Als Vorstandsmitglieder schrieb sie die Namen ihrer Schwestern auf – «obwohl sie eigentlich nichts damit

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zu tun hatten», wie sie sich schmunzelnd erinnert. 2004 übernahm sie im Genfer Dörfchen Sézenove einen fünfzehn Hektar grossen Hof. Dort, im Refuge de Darwyn, laufen heute die Fäden für den Schutz und die Rettung misshandelter und vernachlässigter Pferde in der Westschweiz und im angrenzenden Frankreich zusammen.

Die Arbeit des Refuge beginnt normalerweise, wenn eine Person einen möglichen Pferdemissbrauchsfall meldet. «Wir prüfen, ob eine tierschutzrelevante Verfehlung vorliegt», sagt Thibaud. Komme sie auf einen Hof, sehe und spüre sie schnell, wie die Tiere gehalten würden. Herrscht ein Durcheinander, ist meist auch der Stall nicht sauber. «Ist der Misthaufen dunkel, deutet das darauf hin, dass die Pferde zu wenig Stroh bekommen.»

Resignation in den Augen

Andere Anzeichen liefert das Tier selbst: Hat ein Pferd zu wenig Platz und kaum Auslauf, entwickelt es Stereotype. «Es bewegt zum Beispiel den Kopf ständig hin und her », sagt Anouk Thibaud. «In seinen Augen sehe ich, ob es entspannt ist oder resigniert hat.» Sie habe vieles gesehen in den letzten zwei Jahrzehnten. Ein Stall im Kanton Jura war derart hoch mit Mist gefüllt, dass die Pferde mit dem Widerrist die Decke berührten. Mit der Zeit lerne man, solche Bilder von sich fernzuhalten. «Aber der Blick eines Pferdes, das sich aufgegeben hat, geht mir jedes Mal extrem nahe», sagt Thibaud.

Liegt ein Verstoss vor, suchen die Tierschützerinnen zuerst das Gespräch mit dem Besitzer. Auf endlose Diskussionen

der gesund ist. Was dann mit ihm passiert, ist von Fall zu Fall verschieden. Die meisten Pferde kommen in eine private Pfle g efamilie. «Wir setzen einen Vertrag auf. Das Pferd bleibt im Besitz des Vereins und wir besuchen es alle zwölf bis achtzehn Monate, um zu sehen, ob alles gut läuft», sagt Anouk Thibaud. Momentan sind rund 265 Pferde bei Privaten platziert.

Mit der Waffe bedroht Ist das nicht möglich, sucht der Verein einen Platz in einer Pferdepension – oder behält das Pferd auf dem Hof in Sézenove. Momentan leben im Refuge de Darwyn neben einigen Eseln, Schafen und Ziegen ungefähr 50 Pferde. 140 Pferde sind in Pensionen untergebracht. Insgesamt haben Thibaud und ihr Team seit der Vereinsgründung 605 Pferde gerettet. Nicht alle stammen aus privaten Haltungen: 2021 etwa übernahm der Verein einige Pferde von einer Pharmafirma, die das Blut der Tiere benutzt hatte, um medizinische Präparate herzustellen.

Frankreich hingegen liege noch vieles im Argen, sagt Thibaud. Zweimal sei sie dort von Pferdehaltern gar mit einer Schusswaffe bedroht worden.

Jeden Tag ein Stück Sellerie

lasse sie sich heute nicht mehr ein, sagt Anouk Thibaud. «Wenn der fehlbare Halter – es sind meistens Männer – nicht einsichtig ist, machen wir eine Meldung an die Behörden.» Diese verfügen Massnahmen, um die Situation zu verbessern –oder sie beschlagnahmen das Pferd. Das Tier wird dann zum Refuge de Darwyn gebracht.

Hier wird es so lange umsorgt und gepflegt, bis es geistig und körperlich wie-

Im Privaten stehe hinter jedem Pferdeschicksal ein menschliches Schicksal, sagt Thibaud. Eine Halterin wird krank und kann sich nicht mehr um ihr Pferd kümmern. Ein Besitzer verliert seinen Job und kann sich die Reiterei nicht mehr leisten. Oft unterschätzt wird die Lebensspanne eines Pferdes von gerne einmal dreissig Jahren. Die letzten Jahre ist es oft nicht mehr reitbar. Dann würden viele Besitzer ihr Interesse an ihm verlieren. «Dabei sucht sich der Mensch ein Tier aus – und er trägt auch die Verantwortung dafür.»

Insgesamt findet die Pferderetterin, sei die Tierschutzsituation in der Schweiz über die Jahre aber besser geworden. Gerade die Arbeit des Schweizer Tierschutz STS, dem der Refuge de Darwyn seit 2010 als Sektion angehört, habe viel zur Aufklärung der Bevölkerung und zu tiergerechten Vorschriften beigetragen. In

Pferde zu betreuen ist aufwendig und kostspielig. Entsprechend angespannt ist die finanzielle Situation des Vereins. Während der Coronapandemie seien die Spenden eingebrochen, sagt Thibaud. Momentan halte man sich gerade so über Wasser. Auch dank zusätzlicher Bemühungen. So bietet der Verein neu im Stübli des Refuge zweimal pro Woche einen Fondueabend an. Mit Erfolg. «Die Leute in der Region unterstützen uns enorm», sagt Thibaud.

Überhaupt bringe ihre Arbeit viele schöne Erlebnisse mit sich. Ihr Team mit acht Vollzeitstellen sei super, sagt sie, und es dürfe auf ein grosses Netz an freiwilligen Helferinnen, Gönnern und Tierpatinnen zurückgreifen. Eine der Tierpatinnen bringe «ihrem» Pferd jeden Tag ein Stück Sellerie. «Wenn sie in die Ferien geht, bringt sie uns vorsorglich eine ganze Kiste.»

Auch für Anouk Thibaud ist es wichtig, gelegentlich abzuschalten und Ferien zu machen. «Wer das nicht tut, bleibt bei einer solchen Arbeit auf Dauer nicht gesund.» Ihren Ausgleich findet sie auf zwei Rädern, als begeisterte Motorradfahrerin – diesen Sommer geht es ans Nordkap. Mehr oder weniger passt das, stehen doch sowohl das Pferd als auch das Motorrad für die grosse Freiheit.

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Langohrentreff: Im Refuge leben auch einige Esel.
«Der Blick eines Pferdes, das sich aufgegeben hat, geht mir jedes Mal extrem nahe.»

Auch Miniesel sind «richtige» Esel!

Je kleiner die Miniesel sind, desto höher ist ihr Wert. Züchterinnen und Züchter werben im Allgemeinen mit ihren kleinsten Tieren: ausgewachsene Tiere von 65 respektive 63 Zentimetern und Jungtiere mit 39 Zentimetern bei der Geburt. Ein Wettlauf, um den kleinstmöglichen Esel zu produzieren.

Seit einigen Jahren sieht man in der Schweiz vermehrt einen neuen Vertreter der Equiden, der vorwiegend über Frankreich, wo sich mehrere Zuchten befinden, in die Westschweiz kommt: den Miniesel. Er wurde selektioniert für eine Widerristhöhe bei ausgewachsenen Tieren von 91,44 Zentimetern (36 Zoll) und sogar unter 76,2 Zentimetern (30 Zoll) für Mikroesel. Trotz ihrer geringen Grösse handelt es sich nicht um Zwergesel, ihre Proportionen entsprechen

denjenigen eines normal grossen Esels. Auch wenn sie nur 55 bis 90 Kilogramm wiegen, handelt es sich um «richtige» Esel, welche die gleichen Grundbedürfnisse und Eigenschaften wie Esel normaler Grösse haben: ständigen Sozialkontakt mit anderen Eseln, harte und trockene Böden für ihre Hufe, ständigen Zugang zu einem Unterstand, Leben im Freien (und nicht in einer Wohnung), regelmässige Zahn- und Hufpflege sowie eine Lebenserwartung von bis zu vierzig

Jahren. Der Kauf oder die Adoption eines Esels, auch wenn er klein ist, stellt eine langfristige Verpflichtung dar und will gut überlegt sein.

Ernährung: das gilt es zu beachten Die Ernährung eines Esels ist in unseren Breiten eine echte Herausforderung – und mehr noch bei einem kleinen Esel. Unsere ursprünglich aus Wüstengebieten stammenden Hausesel haben sich so entwickelt, dass sie den ganzen Tag

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CARINE VOGEL
MINIESEL

und die ganze Nacht über regelmässig kleine Mengen an energiearmer Nahrung zu sich nehmen, während sie grosse Entfernungen zurücklegen. Selbst Miniesel haben ihre Grundbedürfnisse nach täglicher Bewegung und Nahrung, die in kleinen Mengen über 24 Stunden verteilt wird, beibehalten. Ihr Basisfutter sollte zucker- und proteinarm sein, aber besonders reich an Fasern. Gras ist nicht das Basisfutter von Eseln. Gemäss den Fachpersonen des Donkey Sanctuary (Grossbritannien) und dem Institut für Tierernährung, Ernährungsschäden und Diätetik der Universität Leipzig (Deutschland) liegt die empfohlene Futtermenge für einen gesunden Esel mit einem Gewicht von 60 Kilogramm bei 600 Gramm Stroh und 150 Gramm Heu pro 24 Stunden. Ist Weidezugang möglich, sollte dieser auf sehr nährstoffreichen Flächen nur sehr begrenzt erfolgen und die Heuration muss entsprechend verkleinert werden. Esel sollten aber keinesfalls den ganzen Tag in der Boxe stehen, sondern grosse Trockenplätze zur Verfügung haben. Zugang zu sauberem Wasser muss immer möglich sein und darüber hinaus sollte auch täglich eine Mineralergänzung bereitgestellt werden, entweder in Form von an das Gewicht des Tieres angepassten Pellets oder als Leckstein.

Miniesel: ideale Therapietiere?

Die Miniesel scheinen perfekte The-

rapietiere zu sein. Durch ihre geringe Grösse können sie leicht in medizinische Einrichtungen transportiert werden und sind auch für Kinder und Personen mit eingeschränkter Mobilität angenehm. Im Vergleich zu Pferden oder Ponys haben sie ein eher ruhiges Temperament und mit ihren langen Ohren und dem relativ grossen Kopf wecken sie Sympathie und Zuneigung. Man muss sich allerdings über ein Problem im Klaren sein, das Miniesel (wie auch Minipferde, siehe TIERREPORT 3/2022) in ihrem täglichen Leben haben: Es ist ihnen nicht möglich, anderen Tieren oder Menschen in die Augen zu sehen, um zu erkennen, ob sie eine Gefahr darstellen oder freundlich sind. Aus diesem Grund sind manche Miniesel schüchtern, misstrauisch, ängstlich oder sogar aggressiv. Es ist sehr wichtig, über diese Eigenschaft Bescheid zu wissen und sich entsprechend zu verhalten, sodass der Esel Vertrauen gewinnen kann. Dieses Vertrauen ist für einen Esel, der mit der Welt in Kontakt kommt, unerlässlich. Wenn sich Esel – egal welcher Grösse – in einer für sie stressigen oder einfach verunsichernden Situation (Veranstaltungen, Feste, Altersheim, Tierarztpraxis) befinden, dann «verschliessen» sie sich und können Verhaltensweisen zeigen, die nach unserem menschlichen Ermessen nicht angebracht sind. An dieser Stelle wird dann vielfach fälschlicherweise gesagt, dass sie stur seien.

Hühner richtig halten: Neue Kampagne des BLV und STS

Möchten Sie eigene Hühner halten? Mit diesem Gedanken sind Sie nicht allein: In der Schweiz gibt es schätzungsweise siebzigtausend private Haltungen – und es werden immer mehr. Das liegt zum einen an der puren Freude am Tier. Zum anderen ist es natürlich ein Genuss, sich selbst und die Familie mit frischen Eiern zu versorgen.

Damit sich die Hühner wohlfühlen und sich arttypisch verhalten können, ist es wichtig, sich vor der Anschaffung mit ihren Bedürfnissen auseinanderzusetzen. So dürfen Hühner zum Beispiel nicht einzeln gehalten werden, denn sie leben natürlicherweise in Gruppen. Ausserdem brauchen sie Auslauf – sie dürfen also nicht in einer Wohnung gehalten werden –, müssen scharren, picken und staubbaden können.

Wie Kontrollen gezeigt haben, erfüllen nicht alle Halterinnen und Halter die Anforderungen einer gesetzeskonformen und möglichst artgerechten Haltung. Deshalb hat das Bundesamt für Veterinärwesen und Lebensmittelsicherheit BLV mit dem Schweizer Tierschutz STS zum Thema «So halten Sie Hühner richtig» einen Ratgeber publiziert und eine Website lanciert.

Und wenn Sie bereits Hühner haben? Auch dann finden Sie viele Tipps! www.huehnerrichtighalten.ch

Teamwork: Beim Wagenziehen können die zwei Esel zusammenarbeiten. FOTOS: NATURE PICTURE LIBRARY, PETE MARKHAM
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WILDE NACHBARN – DE R DACHS

Die Tiefbaumeister der Wälder

Viele kennen ihn noch, den sympathischen schwarz-weiss gestreiften Gesellen, der als Marionettenfigur Dominik Dachs in den Siebzigerjahren beim jüngeren Publikum

Heldenstatus erlangte, als er zusammen mit dem Igel Niki-Tiki die Katzenpiraten besiegte. In Wirklichkeit möchten Igel nichts mit Dachsen zu tun haben. Letztere meiden das Wasser und kommen auch kaum mit Katzen in Berührung. Die charismatischen Dachse besitzen jedoch einige fantastische Eigenschaften und Fähigkeiten.

Dachse sind die grössten Marder der Schweiz. Ein durchschnittlicher Dachs bringt rund dreizehn Kilogramm auf die Waage und ist damit fast zehnmal so schwer wie ein Steinmarder. Grosse Brocken erreichen sogar erstaunliche zwanzig Kilogramm Körpergewicht. Dachse

sind hervorragend ausgerüstet, um zu graben. Ihre kurzen, kräftigen Vorderbeine sind mit starken Krallen bestückt. Ein Knochenkamm entlang des Hinterkopfs vergrössert die Ansatzfläche der Kaumuskulatur. Zusammen mit einem festen Scharnier am Kiefergelenk führt

dies zu einer enormen Beisskraft. Diese setzen Dachse aber nicht etwa zum Erlegen von Beute ein, sondern viel eher zum Zerbeissen von Wurzeln und anderen Hindernissen, die ihnen beim Graben im Boden in den Weg kommen. Die rüsselartige, bewegliche Schnauze unterstützt

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DR. SC. NAT. SAMUEL FURRER, ZOOLOGE, STS-GESCHÄFTSFÜHRER FACHBEREICH

das Stochern nach Nahrung im Boden noch zusätzlich. Dachse sind Allesfresser, die neben Würmern, Insekten, Nüssen, Samen, Obst und Beeren auch grössere Tiere wie Amphibien, Mäuse oder bei Gelegenheit auch Igel erbeuten.

Dachse sind dämmerungs- und nachtaktiv

Den Tag verbringen sie in ihrem selbst gegrabenen Bau, der «Dachsburg». Dieser Bau, meist in Laubwäldern angelegt, kann über Generationen bewohnt und ständig weiter ausgebaut werden. Ein Dachsbau in Grossbritannien soll seit unglaublichen 475 Jahren durchgehend bewohnt sein. Manche Dachsbaue verfügen über mehrfache geräumige Höhlengänge, über Wohnkammern und manchmal

mehrere Dutzend Ein- und Ausgänge. Bewohnt werden die Baue von den Clanmitgliedern, von einer Gruppe erwachsener Tiere also, meist zwei bis sechs an der Zahl, und ihren Jungtieren. In grossen Bauen hat es auch Platz für Füchse, die als Untermieter toleriert werden. Neben den grossen Bauen werden auch kleinere Nebenbaue in der Umgebung angelegt, damit sich Dachse bei Störungen zurückziehen oder bei einem Anfall von Müdigkeit eine Schlafgelegenheit nutzen können. Typischerweise werden von den Dachsen Latrinen angelegt, die als gemeinsame Kotstelle dienen und als Duftmarke zusätzlich das Territorium anzeigen.

Witterungsabhängige Winterruhe Dachse halten keinen echten Winterschlaf. Zwar reduzieren sie ihren Stoffwechsel bei sehr tiefen Temperaturen oder hohen Schneelagen, bei Bedingungen also, die die Nahrungsbeschaffung schwierig machen. Dann ist es besser, Energie zu sparen und im Bau zu bleiben. Diese Ruhephasen können jedoch unterbrochen werden, sobald die Witterung milder wird und sich die Nahrungsbeschaffung wieder lohnt. Viel Zeit zur Musse haben Dachse im Winter aber nicht, denn im Februar beginnt die Paarungszeit. Diese kann bis in den Sommer dauern. Allerdings nistet sich der Keim erst im kommenden Dezember/ Januar ein. Da die eigentliche Tragzeit nur 45 Tage beträgt, ist im Februar auch Geburtenzeit, während der die trächtige Fähe zwei bis fünf blinde Junge zur Welt bringt. Mit acht Wochen verlassen die Jungdachse das erste Mal den Bau und mit fünf Monaten wird das Jungvolk selbstständig. Geschlechtsreif werden Dachse im Alter von zwölf bis fünfzehn Monaten.

Vom Landei zum Städter?

Dachse sind zwar heimlich unterwegs, sie meiden den Menschen jedoch nicht – im Gegenteil scheinen sie sogar eher Kulturfolger zu sein. Sie wissen landwirtschaftliche Kulturen zu nutzen, sie wühlen in Komposthaufen nach Würmern und Insektenlarven oder pflügen unter Umständen auch Teile der Rasenfläche vor dem Gartensitzplatz über Nacht um. Dies kann da und dort zu Konflikten führen. Neuere Beobachtungen lassen vermuten, dass Dachse zunehmend auch

urbane Lebensräume nutzen. Sie finden in Städten offensichtlich gute Nahrungsbedingungen und auch Platz, um ihre Baue anzulegen. Es wird sich zeigen, ob die Entwicklung ähnlich verläuft wie bei den Füchsen, bei denen eigentliche Stadtfuchspopulationen entstanden sind, die kaum noch Austausch mit ihren Verwandten auf dem Land haben. Ohnehin gefällt es Dachsen offensichtlich in der Schweiz. Ihre Präsenz darf uns freuen – und über den einen oder anderen untergrabenen Zaun oder das zerzauste Gemüsebeet sollten wir tolerant hinwegschauen können.

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Zum Graben geboren: Kräftige Vorderbeine und starke Krallen ermöglichen dem Dachs, rasch und effizient unterirdische Gänge anzulegen. Familienbande: Die sozialen Dachse sind in Clans organisiert.
FOTOS: ADOBE STOCK
Ungewöhnliche Symbiose: Dachs und Fuchs teilen sich den Lebensraum und manchmal auch den Bau.

WUSSTEN SIE?

«Seht her, ich bin der Beste!»

Der Lenz ist da, die Temperaturen steigen, die Natur erblüht – und bei vielen Tieren regen sich nun die Paarungsinstinkte. Vor allem die Männchen haben nur eins im Kopf: ein Weibchen auf sich aufmerksam zu machen. Dafür legen sie sich ganz schön ins Zeug und greifen zu ausgeklügelten und verblüffenden Balzmethoden.

Die Baumeister

Die in Australien und Neuguinea beheimateten Laubenvögel (P tilonorhynchidae) sind eher unscheinbar, also müssen sie die Damenwelt anderswie beeindrucken. Und das tun sie, indem sie prachtvolle Liebesnester bauen. Mit Zweigen und kleinen Ästchen errichten die männlichen Vögel auf einem eigens dafür herausgeputzten Stück Waldboden eine Laube, mehr als doppelt so hoch wie sie selbst. Damit nicht genug: Nun wird das Liebesnest geschmackvoll und aufwendig geschmückt, und zwar mit bunten Gegenständen. Der Seidenlaubenvogel zum Beispiel setzt auf Blau: In der Umgebung sucht er Samenhülsen, Schneckenhäuschen, Blüten oder Kieselsteine. Da die Farbe blau in der Natur eher selten vorkommt, nutzt er auch Dekorationsobjekte aus menschlicher Herstellung: blaue Flaschendeckel sind sehr beliebt, aber auch andere Plastikteile oder Glasfragmente. Bei der Innenausstattung sind die Vögel äusserst fleissig und ausdauernd – fast schon masslos. So wurden Lauben mit über tausend Schmuckstücken gefunden.

Die Tänzer

Wie im Ballett sieht es beim Balzritual der Kraniche (Gruidae) aus. Tausende Tiere, Männchen und Weibchen, springen durch die Gegend, trompeten mit in die Luft gerecktem Schnabel, werfen Grashalme durch die Luft und verbeugen sich mit ausgebreiteten Flügeln. Der Tanz der Kraniche – der übrigens nicht nur ein ausschliessliches Balzritual ist – fasziniert Hunderte von Vogelbeobachterinnen und -beobachtern, die jährlich nach Japan zu den Mandschurenkranichen oder nach Schweden zu den Graukranichen pilgern, wenn die Kraniche an ihre Brutplätze zurückkehren. Auch der italienische Komponist Ludovico Einaudi war von den anmutigen Bewegungen der Vögel beeindruckt und hat sich davon zu einem Klavierstück inspirieren lassen mit dem Titel «Crane Dance».

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FOTOS: NATURE PICTURE LIBRARY (2), ADOBE STOCK (5), JURGEN OTTO (1), WIKIPEDIA (1)

Die Vorsichtigen

Männliche Springspinnen der Art Jotus remus haben es zur Paarungszeit nicht leicht. Zum einen können sie nicht wie andere Spinnenarten mit prachtvollen Farben oder auffälligen Mustern prahlen, zum anderen müssen sie vor teils aggressiven Weibchen auf der Hut sein. Denn falls sich ein Weibchen bereits gepaart hat, greift es das werbende Männchen an. Um also die Lage zu checken, versteckt sich das Spinnenmännchen erst mal hinter einem Blatt. Aus dieser sicheren Warte macht es nun auf sich aufmerksam, indem es mit einer Art Paddel wedelt. Dabei handelt es sich um Borsten, die seitlich von den Spinnenbeinen abstehen. Bleibt das Weibchen reglos und friedlich – ja, dann kann man ja mal aus dem Versteck hervorkommen und einen Paarungsversuch wagen.

Die Geheimnisvollen

Der Weissflecken-Kugelfisch (Arothron hispidus) hat die Wissenschaft mit seinen Hochzeitsvorbereitungen lange vor Rätsel gestellt. Nicht etwa, weil er sich zu einer stacheligen Kugel aufbläst – das tut er bei Gefahr und nicht zum Imponieren. Vielmehr schafft er Gebilde am Meeresgrund, die wie rätselhafte Kornkreise aussehen. Sechs Wochen lang wälzt er sich durch den lockeren Sand in den Tiefen des Pazifiks und formt damit eine Art Nest, kreisrund und zwanzigmal so gross wie er selbst. Die Struktur des Kreises, so vermutet die Forschung, soll die darin abgelegten Eier davon abhalten, abzudriften.

Die Prüfer

Die Männchen der Gattung Giraffa wandern auf der Suche nach einer Partnerin von einer Weibchengruppe zur anderen. Treffen zwei Giraffenbullen aufeinander, kommt es meistens zu einem ritualisierten Kampf, bei dem die Tiere ihren Kopf gegen den Hals des Konkurrenten schlagen. Solche Kämpfe können richtig heftig werden, es kommt sogar vor, dass der Gegner knock-out geschlagen wird. Ist der Konkurrent einmal bezwungen, muss das Männchen jetzt aber noch herausfinden, welche Giraffenkuh überhaupt paarungsbereit ist. Dafür haben sie eine Art «Östrogentest» entwickelt. Sie stelzen den Weibchen hinterher, stupsen ihnen mit der Nase an die Blase und bringen sie so zum Pinkeln – direkt in ihr Maul. Per Geschmacksprobe weiss der Bulle nun, ob es Zeit für den Eisprung ist und sich die Paarung auch lohnt.

Die Aufgeblasenen

Der Name der Mützenrobbe (Cystophora cristata, auch einfach nur Klappmütze genannt) kommt nicht von ungefähr: Im vierten Lebensjahr wächst den männlichen Robben eine Wucherung, die sich – statt wie beim See-Elefanten wie ein Rüssel herabzuhängen – auf der Stirn befindet. Das Männchen kann die Membranen aus den Nasenlöchern heraus zu einem riesigen roten oder pinkfarbenen Ballon aufblasen und hin- und herschwingen. Das ist beeindruckend und signalisiert ihre Paarungsbereitschaft. Die mächtige «Mütze» wird von den männlichen Robben auch als Drohgebärde gegenüber Konkurrenten eingesetzt.

Die Taktvollen

Da stehen sie am Strand vor ihren Wohnhöhlen und winken und winken und winken – in gleichmässigem Takt. Die Winkerkrabben (Uca), die in tropischen Küstenbereichen leben, sind für dieses Balzverhalten mit einer Besonderheit ausgestattet: Die eine Schere ist nämlich riesig (fast so gross wie der restliche Leib der Krabbe) und oft auch bunt gefärbt. Die Weibchen lassen sich von der imposantesten Schere sowie von der Ausdauer der winkenden Männchen beeindrucken. Bei der Balz kommt es auch zu Rivalenkämpfen. Neue Beobachtungen zeigen, dass das Paarungsverhalten der Weibchen davon abhängig sein kann, wie eine männliche Krabbe das Weibchen bei der Verteidigung des Reviers unterstützt.

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Miniagrarpolitik verabschiedet

Das Tierwohl bleibt auf der Strecke. Der Nationalrat hat die vom Ständerat vorgespurte Minireform der Agrarpolitik weitgehend übernommen und sich gegen alle tierschutzrelevanten Punkte entschieden. Dringend notwendig wäre der «Ausbaupfad Tierwohl» gewesen. Dieser hätte der Bevölkerung mit Zielvorgaben aufzeigen sollen, in welche Richtung die Förderung des Tierwohls geht.

Das einst umfassende Reformpaket zur Agrarpolitik nach 2022 (AP 22+) ist nach der Sistierung auf ein Minipaket zusammengeschrumpft. Dieser Schrumpfung

fielen zentrale Elemente im Bereich Tiergesundheit und Tierwohl zum Opfer. Der Nationalrat ist nun in den meisten Punkten dem Ständerat gefolgt, was für die

Tiere gravierende Folgen haben dürfte. Zum einen will der Nationalrat vehement an den heute schwammigen und lückenhaften Tierschutzzielen festhalten: Die Beteiligung an besonders tierfreundlichen Produktionsformen soll nicht mit Zielen hinterlegt werden, was mit dem «Ausbaupfad Tierwohl» hätte umgesetzt werden sollen. Im Gegensatz zu den Umweltzielen, wo es klare Zielvorgaben gibt, weiss nun niemand genau, wohin die Reise gehen soll. Nach den Beschlüssen des Nationalrats ist sogar zu befürchten, dass wesentliche Fortschritte in der Ausgestaltung der Tier wohlprogramme gefährdet sind.

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WIKIPEDIA

Minderheitsanträge abgelehnt

Andererseits war der Nationalrat auch nicht bereit, einem weiteren Minderheitsantrag zu folgen, der die höheren Kosten für die Haltung behornter Tiere berücksichtigen wollte. Er lehnte auch den Minderheitsantrag ab, mit dem der Bundesrat einen nach Tierkategorien abgestuften Beitrag zur gezielten Förderung der Tiergesundheit einführen wollte.

Problematisch für Markt und Landwirtschaft

Die Signalwirkung dieser Entscheidungen ist fatal, weil die Politik damit die Zukunft der Tierwohlförderung grundsätzlich infrage stellt. Das ist problematisch für den Markt, weil der Absatz von Produkten aus tierfreundlichen Haltungssystemen derzeit stagniert und das Engagement der Marktakteure für Label- und Bioprodukte deutlich zu gering ist. Auch für die Landwirtschaft sind die politischen Signale negativ. Dort ist bei vielen Grossbetrieben, die im laufenden Strukturwandel stark zunehmen, bereits eine Rückwärtsbewegung im Gang. Bei Milchviehbetrieben mit mehr als hundert Kühen haben die Tiere deutlich weniger Auslauf und Weidegang als bei kleineren Betrieben.

TIERSCHUTZKONTROLLEN

Papageien in Alterssiedlung

Kleintiere können den Menschen grosse Freude bereiten. So etwa auch in einem Altersheim, das wir aufgrund einer eingegangenen Meldung besuchten.

Obwohl ein gewisser Widerspruch zu den ablehnenden Entscheiden des Nationalrats besteht, kann dessen Zustimmung zum Bericht «Zukünftige Ausrichtung der Agrarpolitik» aus Sicht des Tierschutzes als kleiner Lichtblick gewertet werden. Darin will der Bundesrat ab 2030 die «klima-, umwelt- und tierfreundliche Lebensmittelproduktion» vermehrt fördern.

In einem Altersheim werden zwei Papageien in einer gemäss Tierschutzverordnung (TSchV) den Vorschriften entsprechenden Voliere gehalten. Die Bewohnerinnen und Bewohner erfreuen sich sichtlich an den beiden Vögeln. Aber beruht dies denn auch auf Gegenseitigkeit? Dafür würde ich meine Hand nicht ins Feuer legen, denn als wir das Gehege mit dem Heimleiter begutachteten, machten wir folgende sehr interessante Beobachtung: Eine Frau passierte den Durchgang vor der Voliere, hielt inne, schaute uns verwundert an und realisierte, dass wir wohl wegen der beiden Papageien da waren. Stolz erzählte sie uns, wie sie täglich mit den beiden Papageien sprechen würde und wollte dies auch gleich live demonstrieren. Auch wenn das Gehege mit verschiedenen, zum Teil federnden Sitzgelegenheiten unterschiedlicher Dicke und Ausrichtung strukturiert ist und die Tiere über eine Badegelegenheit verfügen, Naturäste als Nage- und Klettermöglichkeit haben und ihnen geeigneter Sand zur Aufnahme zur Verfügung steht: Wie kann ein Vogel, der in der Natur über ein Revier von Dutzenden bis Hunderten von Quadratkilometern verfügt, in einem gerade mal 120 x 85 x 180 Zentimeter kleinen Gehege gehalten werden? Und dies zudem in einem Innenraum ohne direkte Sonneneinstrahlung und ohne jegliche Witterungseinflüsse.

Mit «grauslig» hat unser Zoologe das Foto interpretiert Graupapageien benötigen viel Platz und sollen daher nur in grosszügigen

Volieren oder in einem Vogelzimmer gehalten werden. Wir empfehlen für zwei Graupapageien eine Voliere mit einer Fläche von 6 Quadratmetern (300 x 200 Zentimeter) und einer Höhe von ca. 2,3 Metern. Die artgerechteste Variante der Graupapageienhaltung stellen Aussengehege dar, die aus einer Voliere mit angrenzendem beheizbarem Innenteil bestehen.

Eine kleine Hoffnung, dass die Papageien in Zukunft ein etwas würdigeres Leben haben werden, besteht dennoch, denn die Alterssiedlung hält nicht nur diese beiden Tiere: Auf dem Areal ist ausser den Ziegen und Alpakas, die durchaus in einem tierfreundlichen Gehege leben, auch noch ein G ehege mit Nymphensittichen zu sehen. So hoffen wir, dass unser Besuch das Gewissen der verantwortlichen Personen getroffen hat und sich die beiden liebenswürdigen Vögel in Zukunft zurückziehen können, wenn sie nicht angesprochen werden wollen.

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Verfehlte Argrarpolitik: Das Tierwohl bleibt künftig auf der Strecke. ADOBE STOCK HANS ULRICH FANKHAUSER, STS-FACHSTELLE TIERSCHUTZKONTROLLEN STS

Plan C für den Weg ins Leben

HANDAUFZUCHT 20 TIERREPORT 1|23

Auch die sonst so unabhängigen Katzen brauchen mitunter Hilfe. Vor allem dann, wenn sie noch klein sind. Wer dazu bereit ist, hat alle Hände voll zu tun.

Neugeborene – egal ob Mensch oder Tier – sind in den meisten Fällen auf liebevolle Fürsorge angewiesen. Sie vertrauen darauf, dass ihnen jemand den Weg weist, sie in kalten Nächten wärmt und sie füttert, wenn ihnen der Magen knurrt. Doch was ist, wenn die Mutter nicht zur Stelle ist? Bei Katzen etwa ist das keine Seltenheit. Mitunter findet man sie allein und ausgesetzt auf der Strasse oder das Muttertier ist zwar noch da, hat aber zu wenig Milch oder ist krank. Alles Szenarien, die einen Plan B oder sogar einen Plan C erfordern.

Wer sich in einer solchen Situation befindet und mutterlose Katzenwelpen zuhause hat, tut gut daran, zuerst nach einer tierischen Amme zu suchen. Ganz nach dem Grundsatz: Jede Ersatzmutter ist besser als die Aufzucht von Menschenhand. Im Internet finden sich zahlreiche Seiten zu diesem Thema. Wird man trotzdem nicht fündig, muss man selbst Hand anlegen.

Ruhe und Wärme

Die Zauberworte in den ersten Tagen lauten Ruhe und Wärme. «Da Katzen zu Beginn ihres Lebens ihre Körpertemperatur noch nicht selbst regulieren können, muss diese zwingend regelmässig kontrolliert werden und den Tieren – wenn nötig – Wärme von aussen zugeführt werden», betont Arlette Niederer vom Schweizer Tierschutz STS. Dabei kann eine mit Decken, Wärmekissen oder Wärmflaschen ausgestattete Kiste mit hohem Rand helfen – mit oder ohne Infrarotlampe. Wer sich für eine Lampe entscheidet, sollte auf einen sicheren Abstand achten, damit sich die Samtpfoten nicht verbrennen. Wärmflaschen lassen sich sicherheitshalber in ein Tuch einwickeln und sind regelmässig auf ihre Temperatur zu überprüfen. «Sehr empfehlenswert ist auch menschliche Körperwärme», so die Fachfrau. Die ideale Umgebungstemperatur liegt in der ersten Woche bei 30 Grad Celsius, in der zweiten bei 28, in der dritten bei 26 – bis

ab der vierten Woche die normale Raumtemperatur ausreicht. So sollte die tierische Körpertemperatur in den ersten drei Tagen bei 37 bis 38,2 Grad Celsius liegen und danach auf maximal 39,2 Grad steigen.

Beginnen die Welpen lautstark zu fiepen oder suchen offensichtlich nach Mamas Zitze, haben sie Hunger. In den ersten beiden Wochen ist das alle zwei Stunden der Fall, danach etwa alle vier Stunden. Länger sollte man sie nicht hungern lassen, da sie schnell dehydrieren und unterzuckern können. Anfangs reicht wie immer Milch. Zwar hat die natürliche Muttermilch Nähr- und Abwehrstoffe, die kein künstlich hergestelltes Produkt aufweist, dennoch gibt es relativ gute Ersatzprodukte. Kuhmilch gilt es übrigens strikt zu vermeiden. Sie ist zu schwer verdaulich und kann zu starkem Durchfall führen. Zur Not kann man sich kurzzeitig mit Kondensmilch behelfen (siehe Rezept). Das Ergebnis einfach in kleine Eiswürfelschalen oder -beutel abfüllen und portionsweise einfrieren. So ist man immer schnell parat.

Die Massage danach

Zeigt das Kätzchen keinen Schluckreflex oder verweigert es das Trinken, muss man in die Trickkiste greifen. «Es gibt im Handel gute Nuggiaufsätze, mit denen die Milch eingegeben werden kann – und die auch den Schluckreflex bedienen, der mit dem Saugreflex gekoppelt ist», weiss Niederer. Die Aufsätze passen sich der Mundhöhle und dem Gaumen an und sind in verschiedenen Grössen erhältlich. Das Loch im Sauger sollte so gross sein, dass etwa ein Tropfen Milch pro Sekunde herausfliesst. Ist es kleiner, fällt das Trinken zu schwer und die Kätzchen nehmen zu wenig Flüssigkeit auf.

Gerade bei geschwächten Tieren ist es laut der Biologin oftmals besser, zuerst etwas Glukoselösung zu verabreichen.

Diese gibt einen Energieschub und regt in der Regel das Saugen und Schlucken an. Notfalls könne man auch mit einer Zwei-Milliliter-Spritze ohne Nadel versuchen, die Milch einzuträufeln. Wichtig: Unbedingt eine Spritze verwenden, die gut gleitet und sich auf Druck nicht ruckartig bewegt – ruckartige Bewegungen können zu einer Überdosierung führen, woran sich das Kätzchen verschlucken kann. Nützt das alles nichts, hilft nur der Weg zum Tierarzt, der gegebenenfalls die Fütterung mittels einer Sonde einleitet.

Wer eigene Kinder hat, weiss, dass man nach dem Trinken die Verdauung ankurbeln muss. Während man Säuglinge dazu auf den Arm nimmt und ihnen sanft auf den Rücken klopft, massiert man die Vierbeiner am Bauch und in der Analgegend. Dabei gilt: Je länger, desto besser. Nicht ohne Grund putzt die Katzenmutter ihre Welpen nach dem Säugen ausgiebig. So gehegt und gepflegt sollte das Gewicht der Kätzchen täglich um rund zehn Prozent steigen.

Notfallrezept für die kurzfristige Fütterung

von Welpen:

• 90 ml Kondensmilch

• 90 ml Wasser

• 120 ml Vollmilchjoghurt

• 3 grosse oder 4 kleine Eigelb

Alles pürieren und durch ein Sieb giessen, danach auf 37 °C erwärmen.

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Die Zauberworte schlechthin: Ruhe und Wärme. FOTOS: ADOBE STOCK

Gewagte Hunderettung in der Ukraine

Eine Gruppe von Tierschützerinnen und Tierschützern hat zwanzig herrenlose Hunde aus der Ukraine in die Schweiz geholt. Ein Erfahrungsbericht von einem aufwendigen, gefährlichen, aber letztlich geglückten Unterfangen.

Im Juni 2022 erhielt ich eine Anfrage, um zwanzig herrenlose ukrainische Hunde in die Schweiz zu holen. Das ist eigentlich unmöglich, da Hunde aus der Ukraine –ohne Besitzerinnen oder Besitzer – eine Quarantäne von hundertzwanzig Tagen durchlaufen müssen. So viele Quarantäneplätze gibt es in der Schweiz gar nicht. Doch der glückliche Umstand, dass die Hunde die Quarantäne in Polen durchlaufen konnten, machte das Projekt «Saving Ukraine Dogs Together» realis-

tisch. Die Rettungsaktion wurde ermöglicht durch die finanzielle Unterstützung der Stiftung zum Schutz von Haustieren. Eine amerikanische Tierschutzorganisation hatte dafür in der Stadt Posen ein ausgedientes Tierheim wieder in Betrieb genommen, das insgesamt 76 Hunden Platz bot. Mit zwei Kleinbussen fuhren wagemutige Helferinnen und Helfer mehrmals in die Ukraine, um die Hunde abzuholen – teilweise fielen Bomben nur einen Kilometer von der Strasse entfernt.

Glücklicherweise kamen sie alle mitsamt den Hunden und flüchtenden Helferinnen und Helfern aus der Ukraine sicher und unversehrt in Polen an.

Nun galt es, in der Schweiz die Unterbringung und alle Bewilligungen zu organisieren. Das war gar nicht so einfach: Das Veterinäramt machte Auflagen und ich war kurz davor, das Projekt angesichts bürokratischer Hürden aufzugeben. Doch gerade da erhielt ich die Profile der Hunde und mit dieser ersten Beschreibung und den Bildern war es natürlich geschehen: Die Hunde mussten einfach gerettet werden!

Die erste Gruppe trifft ein Das Team in Polen hatte den Auftrag, die nötigen Impfungen und Tests vorzunehmen und alle Hunde kastrieren zu lassen. Doch dies klappte nicht, sodass ich

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DR. MED. VET. LISA GOLDINGER Dave Roger, Daria Goldinger und Luna im Tierheim in Posen.
KRIEGSSCHICKSAL

beschloss, Anfang August nach Polen zu fahren. Mein Bauchgefühl war richtig: Die Hunde waren zwar perfekt und liebevoll betreut, aber administrativ herrschte ein ziemliches Chaos und die Blutuntersuchungen wurden verschlampt. Und niemand kümmerte sich um Impfungen und Kastrationen.

Wir machten uns daran, alle Hunde zu untersuchen, zu dokumentieren, neu zu fotografieren und eine Liste der nötigen Massnahmen für das Tierheim zu erstellen. Wir waren begeistert von der zwar alten, aber grosszügigen Anlage des Hundeheims und den ausgesprochen freundlichen, lustigen und aufgeweckten Hunden. Im Anschluss klappte es dann mit allen medizinischen Untersuchungen, aber nicht mit den Kastrationen oder anderen nötigen Eingriffen wie Zahnsanierungen.

Am 12. Oktober war es so weit: Die erste Hundegruppe traf in der Schweiz ein. Im Tierschutzheim Rümlang der Helena Frey-Stiftung für Tierschutz durften wir Katie und Luna abgeben. Alle anderen – Bonya, Knopa, Motya und Steve – kamen ins Hundeheim Tiergarten in Pfyn TG. Es war dunkel, als wir dort ankamen. Wir liessen alle zusammen in den grossen Auslauf und freuten uns mit den Hunden. Doch nur kurz, dann bemerkten wir Steves ungewöhnliches Interesse an Knopa – sie war läufig! Ich hechtete gerade noch rechtzeitig ins Gehege.

Ein Bus voller Material und Futter

In der folgenden Woche kamen bereits die ersten Interessentinnen und Inter-

essenten. Bei Bonya, die etwas hinkte und ganz furchtbare Zähne hatte, stellten wir eine durchgemachte Rachitis fest, alle ihre Knochen waren «verbogen». Sie hatte aber riesiges Glück und durfte als Erste in ihr neues Zuhause zu einer älteren Dame – die zwei passen wunderbar zusammen.

Genau zwei Wochen später, am 26. Oktober, kam die zweite Gruppe an. Nyousha kam ins Tierheim Rosenberg in Winterthur, Beyliz, Sonya, Nana und Foxy durften auf Pflegestellen und Dasti in das Hundeheim Tiergarten. Die übrigen acht Hunde wurden am 8. November in Posen abgeholt. Damit der Bus nicht leer nach Polen fuhr, lancierten wir per Facebook einen Material- und Futterspendenaufruf. Der Bus war schliesslich voll bis unters Dach. Liza und Johnny kamen ins Tierheim Altnau des Tierschutzvereins Kreuzlingen; Amika, Yana, Masha und Micka auf eine Pflegestelle. Jerry und Locky blieben im Tiergarten.

Gleich am nächsten Tag erwartete uns ein weiteres Abenteuer. Die Pflegestelle von Masha rief an. Die Hündin war über ein Gewächshaus geklettert und entwischt. Wir machten uns sofort auf die Suche, informierten die Polizei und aktivierten unsere Kontakte. Mit Entset-

zen vernahmen wir, dass der Hund auf der Autobahn gesichtet worden war. Wir fuhren links und rechts der Autobahn entlang: kein Hund. Auch die Polizeipatrouille fand Masha nicht.

Fast alle sind platziert

Dann ein Anruf aufgrund unseres Facebook-Aufrufs: Ein herrenloser Hund wurde gesichtet. Wir rasten hin, nichts. Es regnete in Strömen. Ich musste wegen eines anderen Tierschutzfalls unbedingt zurück und so machten wir uns auf den Heimweg. Doch da kam uns ein Hund entgegen: Masha! Wir hielten mitten auf der Strasse an, ich sprang aus dem noch fast fahrenden Auto und versuchte, sie so ruhig wie möglich anzulocken. Sie lief prompt zu mir und schien ähnlich erleichtert wie wir.

Die folgenden Wochen waren geprägt von Impfungen, Parasitenbehandlungen, Kastrationen, Schreibarbeit, E-Mails sowie der Organisation von Besichtigungsterminen. Zu bewältigen war das nur dank der selbstlosen Hilfe von Hundefreundinnen und -freunden und der tollen Betreuung durch die helfenden Tierheime. Bis Mitte Dezember waren fünfzehn Hunde glücklich vermittelt. Über die Weihnachtstage kamen kaum Anfragen, auch im Januar nicht. So waren wir froh, dass wir an der Hundemesse teilnehmen und dadurch zwei weitere Hunde platzieren konnten. Jetzt sind nur noch Dasti, Locky und Amika in unserer Obhut und warten sehnsüchtig auf ein neues, friedliches Zuhause.

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Geniessen das Bad: Katie, Luna und Steve.
ZVG
Erwartungsfroh: Beyliz, Amika, Motya, Nyousha, Sonya und Knopa.
FOTOS:

Geschichten aus den Tierheimen der STS-Sektionen

Die Tierheime der STS-Sektionen setzen sich tagtäglich mit viel Herzblut für Tiere in Not ein – egal, wie widrig die Umstände auch sein mögen. Doch nicht alle Hunde, Katzen, Nager und anderen Tiere sind wieder vermittelbar. Sei es, weil sie bereits zu alt, traumatisiert oder krank sind – oder aus anderen Gründen nur schwer zu platzieren. Für sie bleibt das Tierheim oft die einzige Lösung.

Lissa und Moni

Tierschutzverein Oberwallis

Die beiden Schwestern wollen zusammenbleiben

Die beiden Kartäuser-Mischlingsdamen Lissa und Moni wurden beim Tierschutz Oberwallis abgegeben, da die vorherigen Besitzer ins Altersheim mussten und die Tiere nicht mitnehmen konnten. Lissa ist eine sehr anhängliche und menschenbezogene

Katze, die es liebt, in der Nähe ihrer Zweibeiner zu sein und gestreichelt zu werden. Moni ist anfänglich etwas zurückhaltend und eher ängstlich. Wenn sie aber Vertrauen gefasst hat, kommt auch sie, um sich Streicheleinheiten zu holen. Da die beiden dreizehnjährigen Katzen ihr ganzes bisheriges Leben gemeinsam verbracht haben, werden sie nur zusammen vermittelt. Sie suchen einen Platz bei ruhigen Leuten mit viel Zeit, damit Lissa und Moni richtig verwöhnt werden können.

Tierheim Paradiesli

Zuhause für Senior gesucht Argo kam ins Tierheim, da sich sein früherer Besitzer aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr um den Rüden kümmern konnte. Er ist ein sehr verschmuster Boxer, der jede noch so kleine Aufmerksamkeit geniesst. Argo braucht etwas Zeit, bis er sein Herz öffnet, doch dann ist er ein absolut treuer Begleiter und für jeden Spass zu haben. Mit anderen Hunden ist er leider nicht gut verträglich. Erschwerend kommt hinzu, dass er bereits neun Jahre alt ist. Zwar ist er topfit, geht gerne spazieren und liebt es, mit seinem Ball zu spielen, doch er braucht auch Pausen, um seine Batterien wieder aufzuladen. Auch an seinem Grundgehorsam müsste noch etwas gearbeitet werden. Vielleicht findet sich ja trotz seines Alters noch jemand, der bereit ist, Argo einen schönen Lebensabend zu bieten. Er würde es mit viel Liebe und Zuneigung danken.

Blacky

Tierschutzverein Olten und Umgebung

Hundekennerinnen oder -kenner gesucht

Blacky wurde im Tierheim abgegeben, da er die Katze, die im selben Haushalt lebte, gejagt hatte. Samtpfoten sollte es daher in seinem neuen Zuhause definitiv keine geben. Auch Kinder sollten nicht im gleichen Haushalt leben, da Blacky ein sehr kräftiger und temperamentvoller Rüde ist. Er hat einen starken Jagdtrieb und wird deshalb nur an Personen mit Hundeerfahrung vermittelt. Da der Rüde nicht gut allein sein kann, sollte immer jemand zu Hause sein. Der zweijährige American Bully ist sehr menschenbezogen, neugierig und lernt schnell. Er sollte neben Spaziergängen unbedingt auch auf geistiger Ebene gefordert werden. Falls Sie sich für Blacky interessieren, klären Sie bitte vorgängig ab, ob für die Haltung dieser Rasse in Ihrem Wohnkanton eine Bewilligung verlangt wird.

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ARGO

Saty

Tierschutzbund Basel Regional Ältere Schmusekatze sucht Dosenöffner

Saty kam ins Tierheim, da sie angeblich unsauber ist und die Besitzer damit nicht zurechtgekommen sind. Bisher hatte sie im Katzenheim nur ein paar wenige dieser «Unfälle», meist geht sie brav in ihre Katzenkiste. Saty wurde gründlich untersucht und dabei stellte sich heraus, dass sie ein Problem mit der Schilddrüse hat. Deswegen wird sie lebenslang Medikamente benötigen, die sie aber ohne Probleme nimmt. Was die hübsche Kätzin schon alles erlebt hat, weiss niemand, aber sie hatte mindestens einen Unfall, denn sie hat ein trübes Auge und einen verkürzten Schwanz. Wegen des trüben Auges ist sie manchmal etwas schreckhaft, aber sonst verschmust und freundlich. Die neuen Besitzerinnen oder Besitzer sollten sehr geduldig sein. Allzu kleine Kinder sollten in ihrem neuen Zuhause nicht leben, denn bei zu viel Hektik ist Saty schnell verunsichert. Die zehnjährige Samtpfote sollte unbedingt Freigang in sehr ländlicher Umgebung geniessen dürfen.

Simba und Bona

Tierschutzverein Uster und Umgebung

Sie suchen gemeinsam ein Zuhause

Da die Besitzerin der beiden Katzen umziehen musste und die Tiere am neuen Ort nicht mehr nach draussen konnten, wurden sie im Tierheim abgegeben, denn der Freigang ist für Simba und Bona sehr wichtig. Deswegen werden sie auch nur an einen Platz in ländlicher Umgebung vermittelt, wo sie nach Lust und Laune reinund rauskönnen. Im Tierheim gefällt es dem Duo überhaupt nicht und die sonst sehr verschmusten Katzen zeigen sich eher zurückhaltend und etwas gestresst. Da Simba und Bona zusammen aufgewachsen sind und sehr aneinander hängen, werden sie nur gemeinsam vermittelt. Wichtig ist, dass man den beiden Samtpfoten in ihrem neuen Zuhause etwas Zeit gibt, sich an die neue Umgebung und die neuen Menschen zu gewöhnen. Sie werden es mit viel Zuneigung danken.

Blanche und Marley

Tierschutzverein Biel/Bienne – Seeland – Jura bernois

Wo dürfen sie ihren Lebensabend verbringen?

Das Seniorenduo Blanche und Marley musste nach dem Tod ihrer Besitzerin ins Tierheim ziehen. Blanche ist für ihr Alter von elf Jahren noch sehr fit und liebt Spaziergänge. Einzig einige Mammatumore müssen demnächst noch entfernt werden. Marley hingegen mag sich nicht mehr allzu lange bewegen und hat auch schon einige Altersgebrechen. Er hört und sieht mit seinen zwölf Jahren auch nicht mehr so gut, doch ist er ein sehr aufgestellter kleiner Kerl. Beide Hunde sind Menschen und Artgenossen gegenüber sehr freundlich. Da Blanche und Marley von klein auf zusammengelebt haben und sehr aneinander hängen, werden sie nur gemeinsam an liebevolle Leute vermittelt, die den beiden einen schönen Lebensabend bieten.

Diese Tiere brauchen Ihre Unterstützung!

Viele Tiere werden heimatlos, weil plötzlich niemand mehr Zeit für sie hat oder ihre Besitzerinnen und Besitzer schlicht überfordert sind. Unsere Tierheime nehmen sich solch tragischer Fälle an. Der STS-Fonds für alte und schwer vermittelbare Heimtiere unterstützt die Tierheime seiner Sektionen, um diesen Tieren einen artgerechten Lebensabend zu ermöglichen. Doch dafür brauchen wir Ihre Unterstützung:

Bitte helfen Sie mit Ihrem Beitrag mit, dass diese Tiere weiterleben dürfen. Vielen herzlichen Dank!

Beachten Sie bitte den beigelegten Einzahlungsschein.

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HUND ENTLAUFEN

Fellnase auf Abwegen

Im vergangenen Jahr wurden sechs Prozent mehr Tiere als vermisst gemeldet als im Vorjahr, darunter 1700 Hunde. Viele davon fanden den Weg zurück nach Hause. Dank der richtigen Vorgehensweise und der Schweizerischen Tiermeldezentrale STMZ.

«Rocco, Rocco», erschallt es Dutzende Male aufgeregt aus dem Wald, begleitet von schnellen Schritten, die jeden soeben gegangenen Pfad noch einmal ablaufen. Wieder und wieder. Minutenlang. Stundenlang. Immer in der Hoffnung, dass Rocco von seiner Spur ablässt, das Häschen entkommen lässt und er zurückkehrt. Doch damit erreicht man meist das Gegenteil, denn Hunde sind feinfühlig. Sie nehmen die Panik in der Stimme wahr und bleiben dann fern. Daher heisst die oberste Priorität: Ruhe bewahren und in möglichst hoher Stimmlage rufen.

In der Regel kommt der Hund irgendwann zurück. Daher sollte man an Ort und Stelle bleiben und sich bestenfalls Verstärkung holen. Jemanden, dem das Tier vertraut ist. So kann der eine dort warten, wo es zuletzt gesehen wurde, und die andere die nähere Umgebung absuchen. Vielleicht gibt es eine Badestelle, wo sich Rocco gern erfrischt oder er ist bereits zum Parkplatz oder gar nach Hause zurückgelaufen. Im Optimalfall wartet dort schon die dritte helfende Kraft, um den Hund im Fall der Fälle in die Wohnung oder zumindest auf den Hof zu lassen.

Ist der Ausreisser wieder da, heisst es durchatmen. Seine Panik runterschlucken und sie nicht am Hund auslassen. Denn Schimpfen oder gar Bestrafungen würde er falsch verstehen und mit seiner Rückkehr statt mit seinem Ausbüxen assoziieren.

Tiersuch-Notfallkette

Ist Rocco dagegen nach über zwanzig Minuten nicht wieder in Sicht, sollte die Tiersuch-Notfallkette vom Verein K-9

Tiersuche Schweiz einsetzen:

1. Hund auf www.stmz.ch als vermisst melden – bestenfalls online mit Foto. Tag und Nacht auch telefonisch unter 0900 357 358 möglich. Die STMZ leitet die Vermisstenmeldung umgehend an ihre umliegenden Helferinnen und Helfer weiter.

2. Di e Polizei unter der lokalen Direktnummer anrufen.

3. Forstamt und Tierheime verständi-

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Ist der Ausreisser wieder da, heisst es durchatmen. Seine Panik runterschlucken und sie nicht am Hund auslassen. Denn Schimpfen oder gar Bestrafungen würde er falsch verstehen und mit seiner Rückkehr statt mit seinem Ausbüxen assoziieren.

gen (Telefonnummern über Gemeinde oder Polizei).

4. Tierärztinnen und -ärzte, Kliniken, gegebenenfalls die Autobahnmeisterei und den Rundfunk informieren.

Ist die Fellnase mehrere Stunden verschwunden, sollte man einen Zahn zulegen und die Reichweite erhöhen, indem man Flyer verteilt und eine Vermisstenanzeige via Social Media streut. Vor allem auf Facebook haben sich mehrere Gruppen dieses Themas angenommen, darunter «Vermisste Tiere Schweiz». Wichtig ist, dass der eigene Post eine Kontaktadresse mit Telefonnummer, ein Foto des Tieres samt Beschreibung und einen Verweis auf den letzten bekannten Aufenthaltsort enthält. Ausserdem tut man gut daran, nach anderen Postings Ausschau zu halten. Schliesslich kann der Hund längst gefunden worden sein.

Bezüglich der Flyer hilft ebenfalls die STMZ weiter. Einfach online unter dem Reiter «Tier vermisst» auf «Suchplakat erstellen» klicken und die bei der Vermisstenmeldung generierte Meldenummer eintragen, dann geht der Rest von ganz allein. Binnen Sekunden erhält man ein PDF mit allen zuvor eingegebenen Daten.

Hilfe von tierischen Profis

Führt die eigene Spürnase trotz allem nicht zum Erfolg, können professionelle Suchhunde helfen. Halsband, Decke oder Kuscheltier des Vermissten lassen sie seinen Geruch aufnehmen (siehe Kasten). «Jedes Tier hat einen Individualgeruch – wie einen genetischen Fingerabdruck», so der Verein K-9 Tiersuche Schweiz.

Nicht zu vernachlässigen ist ein weiterer Aspekt, der bei Nichtbeach-

tung teure Folgen haben kann. Ist der Ausreisser versichert? Schliesslich kann er Schäden verursachen. Sei es, weil er in einen Unfall verwickelt ist oder auf seiner Jagd ein Reh reisst. Eine Haftpflichtversicherung ist daher Pflicht. Ist diese nicht vorhanden, haftet die Halterin oder der Halter für die Schäden. Ausserdem gibt es Haustierversicherungen, welche die notwendigen Behandlungskosten aufgrund eines Unfalls des Tieres übernehmen. Diese sind allerdings freiwillig.

Wichtige Regeln für den Einsatz von Tiersuchhunden:

• Der Suchhund nimmt den Geruch, der am frischesten ist. Es muss also darauf geachtet werden, dass das vermisste Tier den Geruchsartikel als Letztes berührt hat.

• Der Geruch der Halterin oder des Halters ist oft ebenfalls an den Gegenständen, weil diese zuvor angefasst wurden (Halsband anziehen etc.). Deshalb sollten die Gegenstände nach dem Verschwinden des Tieres keinesfalls erneut angefasst werden.

Nehmen Sie eine frische Tüte (z B. geruchsfreien Müllbeutel; nicht antibakteriell) und greifen mit der Hand an die Aussenseite, dann auf links gedreht überstülpen (ähnlich wie Kotbeutel beim Aufsammeln von Häufchen). Somit ist die Innenseite der Tüte noch unberühr t. Dann greifen Sie damit den Gegenstand (den späteren Geruchsartikel) und ziehen ihn nach innen in die Tüte. Die Tüte verschliessen und an einem sicheren Ort aufbewahren.

Quelle: www.k9tiersucheschweiz.ch

Barbara Marty Kälin †

Ende November 2022 ist die frühere SP-Nationalrätin Barbara Marty Kälin aus Gossau ZH gestorben. Sie war von 2007 bis 2019 Mitglied des Zentralvorstands des Schweizer Tierschutz STS, arbeitete ab 2008 für das STS-Projekt «Grizzly für Seniorinnen und Senioren» und leitete dieses bis 2015 auch. Dem Nationalrat gehörte Barbara Marty Kälin bis 2007 an und galt dort als engagierte Politikerin, die sich für Tierschutzthemen einsetzte. Bei den damaligen Beratungen zum neuen Tierschutzgesetz hatte sie sich nicht nur aktiv für eine bessere Tierhaltung und einen respektvollen Umgang mit Tieren eingesetzt. Sie machte sich von Anfang an für den Tierschutzanwalt stark und erreichte mit unkonventionellen Methoden, dass der Import von Hunde- und Katzenfellen in der Schweiz verboten wurde: In der vorberatenden Kommission verzichtete sie auf eine Diskussion – und liess stattdessen den Film von Mark Rissi über die grausame Produktion von Hunde- und Katzenfellen in China vorführen. Der STS hat Barbara Marty Kälin für ihr Engagement viel zu verdanken. Vor allem durch das Projekt «Grizzly» wird sie uns in Erinnerung bleiben.

Kampagne abgeschlossen

Phase 2 der Sensibilisierungskampagne

«Weniger Fleisch – dafür aus tiergerechter Haltung» ist abgeschlossen. Der Schweizer

Tierschutz STS ging zusammen mit Bio Suisse, Demeter, der Kleinbauern-Vereinigung VKMB, der Stiftung für Konsumentenschutz und dem Pendant FRC aus der Westschweiz wieder in die Offensive. Die Organisationen mobilisierten gemeinsam für einen verantwortungsvollen Fleischkonsum: «Weniger Fleisch, dafür aus tiergerechter Haltung. Das ist besser für Mensch, Tier und Umwelt.» Empfohlen werden Labels, die der STS für gut bewertet und die viel Tierwohl garantieren. Fast dreitausend Personen haben sich am Wettbewerb beteiligt.

Gewinnerinnen und Gewinner:

Hauptpreis: Monika Vogt, Rheinfelden

Geschenkkörbe: Brigitta Zellweger, Bremgarten / Nathalie Ambühl, Châtel-Saint-Denis / Coralie Risse, Dommartin / Sibylle Marion Zust, Alberswil / Michaela Spiegel, Wolfwil

FOTO: QBASEL
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REPTILIENHALTUNG

Herr über 2500 Reptilien, Amphibien, Spinnen und Schnecken

STS: Die Firma Lorica wurde mit dem Bestreben gegründet, eine kontrollierte und nachhaltige Alternative zum «Wildfang» zu schaffen. Wieso ist dies wichtig? Wo liegen aus deiner Sicht die grössten Herausforderungen?

Simone Piovan: Die hohe Mortalitätsrate bei langen Transporten – verursacht durch Stress, Dehydrierung, Verletzungen oder ungeeignete Temperaturen – war und ist für mich nicht hinnehmbar und absolut unnötig. Eine Ausnahme bildet der Import von Wildfängen für gezielte, koordinierte Zuchten. Für die Lorica ist die Zucht der Tiere eine wichtige Aufgabe, die wir trotz vieler finanzieller Herausforderungen nicht aufgeben wollen.

Die aktuelle STS-Umfrage zur privaten Reptilienhaltung zeigt teilweise eklatante Missstände, gerade was die Grösse des Terrariums, die Einrichtung und die Klima- und Lichtbedingungen anbelangt. Was ist euer Beitrag, um die Tierhaltungen in der Terraristik zu verbessern?

Wir beraten alle Kundinnen und Kunden direkt vor dem Kauf hier in Zofingen und weisen auf die Grundbedürfnisse und spezifischen Ansprüche der Art hin. Wir stehen auch nach dem Kauf beratend zur Seite. Unsere Fachleute bieten fachliche Unterstützung von Zoofachgeschäften an, zudem hat Lorica von 2012 bis 2020 Kurse für Zoofachhändlerinnen und -händler im Bereich Terraristik angebo-

ten. Sehr gerne möchte ich diese Fortbildungsmöglichkeit wieder etablieren. Zudem planen wir, Reptilienhaltende vermehrt über die sozialen Medien zu erreichen und sie über die korrekte Haltung von Reptilien zu informieren.

Du schickst ja immer wieder mögliche Kundinnen oder Kunden mit leeren Händen nach Hause, wenn du merkst, dass sie zu wenig Fachwissen haben, um Reptilien gut halten zu können. Gleichzeitig ist dir bewusst, dass sich diese Personen einfach auf der nächsten Börse Tiere beschaffen können. Wie gehst du damit um?

Wir verkaufen keine Reptilien an Personen, die zu wenig Fachwissen haben.

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Interview mit Simone Piovan, Gründer und Inhaber der Lorica AG. Das Interview wurde geführt von Dr. Samuel Furrer, Geschäftsführer Fachbereich Schweizer Tierschutz STS.

Die Lorica AG in Zofingen AG ist eine Zuchtstätte für Terrarientiere. In erster Linie werden Reptilienarten gehalten und vermehrt. Ziel ist es, den Bedarf an Nachzuchttieren in der Schweiz grossflächig zu befriedigen und somit auch den unnötigen Import von Wildfängen zu reduzieren. Die Tiere werden in grosszügigen, bedürfnisgerechten Anlagen gehalten. Derzeit werden rund hundertfünfzig verschiedene Arten von Reptilien, Amphibien, Spinnen, Insekten und Schnecken gepflegt, ins gesamt etwa 2500 Tiere. Der Ausstellungsbereich ist kostenpflichtig und jeweils am Mittwoch und Samstag von neun bis siebzehn Uhr zugänglich. Beschriftungstafeln informieren über die Art und deren Haltungsansprüche. Für Kinder gibt es eine Kinderecke und Entdeckerstationen.

Das merken wir im Verkaufsgespräch rasch. Wir weisen die Leute dann darauf hin, dass sie sich zuerst informieren und einlesen müssen. Wir hoffen natürlich, dass sich die Kundinnen und Kunden bewusst werden, dass Tiere keine Sachen sind, sondern sensible Pfleglinge mit hohen Haltungsansprüchen.

Du hältst derzeit rund achtzig verschiedene Reptilienarten, die meisten davon züchten regelmässig. Was macht ihr richtig, damit das klappt?

Wir versuchen, den Tieren eine möglichst naturnahe Haltung zu bieten. Diese umfasst das Futterangebot, die Einrichtung und die Beleuchtung. Wichtig ist für viele Arten auch die Simulation einer Saisonalität. Eine Winterruhe oder Winterphase ist dann unabdingbar. Bei den Felsenleguanen haben wir grossen Erfolg, weil sich die Tiere langsam in die Winterruhe begeben können und danach mittels Verlängerung der Tageszeiten und Erhöhung der Temperatur wieder aktiv werden. Danach müssen sie geeignete Eiablagemöglichkeiten vorfinden. Bei uns ist der gedeckt angelegte Legehügel immer leicht feucht, wird mit ei-

nem UV-Spot beleuchtet und auf 27 Grad Celsius gewärmt. Wir verwenden zudem eine eigene Sand-Lehm-Mischung, die supergut grabbar ist.

Noch ein Wort zu den Futternagern. Hier sind die Haltungs- und Zuchtbedingungen im Ausland ja oftmals miserabel. Wie geht ihr damit um und was ist dein Rat für private Reptilienhaltende, die auf Futtertiere angewiesen sind?

Das ist wirklich ein Aspekt, der nicht vernachlässigt werden darf. Wir beziehen unsere Nager von einem uns sehr gut bekannten Züchter im Ausland. Bevor wir dort Tiere bezogen haben, waren wir bei ihm zu Besuch und haben uns persönlich davon überzeugt, dass die Tiere gut gehalten werden. Den Privaten lege ich nahe, sich beim Kauf zu informieren, woher das Frostfutter kommt. Es ist wichtig, dass wir hier eine Sensibilität entwickeln und womöglich zukünftig Futtertiere aus Zuchten haben, die kontrolliert sind und die hohen Tierhaltestandards erfüllen.

Lorica AG, Henzmannstrasse 39, 4800 Zofigen www.terraristik-lorica.ch

Fortbildung im Bereich Terraristik: Was Reptilien brauchen

Diesen Januar fand eine Fortbildung für Pflegerinnen und Pfleger im Bereich Terraristik im Tierheim an der Ron in Luzern statt. Mit dabei waren Mitarbeitende des Tierschutz Luzern und des Tierschutzvereins Schwyz. Unter der Leitung von Dr. Samuel Furrer, Geschäftsführer Fachbereich Schweizer Tierschutz STS, wurden verschiedene wichtige Aspekte der Terrarienhaltung angeschaut. Neben einer kurzen Einführung zur Artenvielfalt der Reptilien wurde auf die generellen und speziellen Bedürfnisse dieser Tiere eingegangen. Besondere Beachtung wurde auf das Klima und das Licht im Terrarium, auf die Geschlechtererkennung und auf die Ernährung gelegt. Weitere Fortbildungen in diesem Bereich sind vorgesehen.

FOTOS: SAMUEL FURRER (2), ADOBE STOCK (1)
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Dornschwanzagame: Eine artgerechte, mehrheitlich pflazliche Ernährung ist für eine erfolgreiche Haltung wichtig. Felsenleguan: Ein wunderschöner und anspruchsvoller Pflgling.

PFERDESPORTTURNIERE

Guten Pferdeumgang fördern

Den Pferdesport hat der Schweizer Tierschutz STS im vergangenen Jahr aus verschiedenen Blickwinkeln beobachtet. Guten Umgang mit Pferden und Ponys förderte er über die Aktion «Happy Horse – gutes Reiten auf dem Vorbereitungsplatz». Bei Turnierbesuchen verschaffte er sich ein aktuelles Bild darüber, ob die Aktiven den Wettkampfsport sorgsam und pferdefreundlich ausüben. Die über das Jahr hinweg gesammelten Eindrücke hält der STS im aktuellen Turnierbericht fest.

THOMAS FREI, SZENEKENNER UND AUF PFERDE SPEZIALISIERTER JOURNALIST

SANDRA SCHAEFLER, DIPL. ZOOLOGIN, STS-FACHSTELLE HEIMTIERE UND PFERDE

Den Pferdesport lehnt der Schweizer Tierschutz STS nicht grundsätzlich ab, fordert aber von den Verbänden und Aktiven seit Jahren einen sorgsamen und pferdefreundlichen Umgang. Nach verschiedenen schwerwiegenden und in der Öffentlichkeit angeprangerten Vorfällen sehen die Verbände nun ein, dass nur ein auf das Wohl der Pferde ausgerichteter Sport von der Gesellschaft in Zukunft noch akzeptiert werden wird. Erfreulich war für den Schweizer Tierschutz STS im vergangenen Jahr festzustellen, dass für etliche in früheren Turnierberichten aufgegriffene tierschutzrelevante Vorkommen von Verbänden und Funktionären pferdefreundlichere Lösungen gefunden wurden. Positives gibt es hier vorwiegend aus dem Fahrsport zu vermelden, wo mit zielführenden Massnahmen wie breiteren Hindernisdurchfahrten und fallenden

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FOTOS: STS

Hinderniselementen die schrecklichen Szenen von Pferden und Ponys mit verdrehten Augen und offenen Mäulern von einst verschwunden sind.

Freizeitsport wie Profianlass

Dass es dem Schweizer Tierschutz STS bei seinen Aktivitäten um ein hohes Pferdewohl auf allen Ebenen geht, zeigt sich an der Wahl der besuchten Turniere: Die Palette reichte vom Rennsport über das Polo, Springen, den Modernen Fünfkampf und das Holzrücken bis zum Gymkhana an einem Freizeitreitanlass. Offensichtlich ist, dass die Gefahr des Pferdemissbrauchs in hoch dotierten Prüfungen grösser ist als auf Amateurniveau. Doch auch wenn das Geld keine Rolle spielt wie bei Volksrennen, muss das Pferdewohl stets vor dem Belustigungsfaktor stehen.

Nach wie vor viel Handlungsbedarf besteht beim Trabrennsport. Versprochen wurde vom Trabrennverband in einer Aussprache beispielsweise eine Korrektur des zu kurzen tierquälerischen Overchecks, doch bisher konnten weder eine Reglementsänderung noch eine Anpassung in den Rennen registriert werden. Wie gross der Handlungsbedarf in dieser Disziplin ist, zeigt die vom Schweizer Tierschutz STS erstmals erstellte «Schwarze Liste Trab und Galopp» auf. Für schärferes Einschreiten durch die Rennleitungen müssten vor allem die Aktiven selbst aufkommen, leidet das Ansehen des Sports doch unter einigen besonders häufig vorkommenden Namen, die unter Verwarnungen und Bussen in den Rennleitungsprotokollen zu finden sind. Wenn Besitzerinnen und Besitzer

ihre Pferde in Rennen häufig straffälligen Reitern und Fahrerinnen anvertrauen, lässt sich nur eine Erkenntnis gewinnen: Erfolg ist wichtiger als das Pferdewohl.

Nach dem Vorfall an den Olympischen Spielen 2021 in Tokio im Modernen Fünfkampf war der Besuch an den Schweizermeisterschaften in Bern für den Schweizer Tierschutz STS vordringlich. Dank einer sorgfältigen Betreuung und Überwachung durch Mitarbeitende des Nationalen Pferdezentrums Bern (NPZ) lief die Disziplin Springen glücklicherweise ohne Vorkommnisse ab. Dennoch führte das teils bescheidene reiterliche Niveau vor Augen, dass Springen im Fünfkampf nicht mehr zeitgemäss und der Entscheid für dessen Streichung richtig ist.

Grosser Handlungsbedarf besteht nach wie vor beim Polosport. Ob nun auf Amateur- oder Profiniveau gespielt wird, um zum Erfolg zu kommen, richtet sich das Interesse der Spielerinnen und Spieler in erster Linie auf das Spiel mit dem Ball und nicht auf eine vertrauensvolle Partnerschaft zwischen Mensch und Pferd. Auch der Umstand, dass die Aktiven am schnellen Spiel über keinen reiterlichen Leistungsausweis verfügen müssen, widerspricht den heutigen Vorstellungen. Kompensiert wird fehlendes Können im Sattel mit nicht vertretbaren Ausrüstungskombinationen. Laut Ver-

band geht man auf die STS-Kritik ein und überprüft derzeit eine Lizenzpflicht für die Spielerinnen und Spieler. Zudem werden Dopingkontrollen eingeführt. Den Pferden wird künftig das Maul auf Verletzungen geprüft. Dies reicht jedoch nicht aus, auch das Ausrüstungsreglement muss überarbeitet werden.

«Happy Horse» immer beliebter

Mit der aktiven Mitbeteiligung an der Herausgabe einer Informationsbroschüre zum Thema «Verhältnis Reiter-/Pferdegewicht» und der Auszeichnung von pferdefreundlichem Vorbereiten auf dem Abreitplatz bemüht sich der Schweizer Tierschutz STS auch darum, den sorgsamen Umgang mit dem Pferd über gute Vorbilder zu fördern. Mit Freude liess sich im Berichtsjahr bei Veranstaltern ein wachsendes Interesse an der Aktion «Happy Horse» feststellen. Wurden Dressur- und Concours-Complet-Prüfungen schon in früheren Jahren von einem STSBeobachterteam besucht, kam erstmals die Sparte Western hinzu. Insgesamt waren vom Schweizer Tierschutz STS eingesetzte Teams bei fünf Prüfungen im Einsatz: In der Dressur von Stufe L16 bis M22, beim CC in einem B3 und beim Western in Matzendorf bei einem «Green Reiner»Wettbewerb. Das Echo auf das Engagement war in allen Disziplinen gleich erfreulich: Mit dem Award ausgezeichnete Konkurrentinnen erklärten nach der Abgabe, dass ihnen die Beurteilung für gutes Reiten noch wichtiger sei als eine vordere Platzierung in der Rangliste. Bei allen Einsätzen war erfreulich zu beobachten, dass es auf keinem der fünf Vorbereitungsplätzen zu irgendwelchen tierschutzrelevanten Vorfällen gekommen ist.

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Rasantes Spiel: Das führt bei den Poloponys unweigerlich zu extremen Belastungen und unkontrollierten Bewegungsabläufen. Auf den Bildern ist eine starke Kraftausübung über die Zügel auf das Maul zu sehen. Pferdewohl nicht beachtet: Im Führring in Aarau zeigte ein Pferd deutliches Unwohlsein und starkes Geifern.

Haustier gesucht?

Die aktuelle und seriöse Internetplattform für Tiervermittlung: www.adopt-a-pet.ch

Das Richtige gehege für ihr heimtier?

Ganz einfach mit tierhaltungsrechner.ch

Nutzen Sie den Tierhaltungsrechner, den der Schweizer Tierschutz STS mit Unterstützung des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) entwickelt hat, um ein tier gerechtes Gehege für Ihr zukünftiges Heimtier zu finden

Mit unserem Tool können Sie nach Wahl der gewünschten Tierart und der Gruppengrösse die gesetzlich vorgeschriebene sowie die empfohlene Gehegegrösse ermitteln.

Ausserdem erfahren Sie mehr über die gesetzlich geforderte Einrichtung und erhalten Empfehlungen zur Gruppengrösse und Gruppenzusammenstellungen.

Ein Projekt des Schweizer Tierschutz STS 4 Ausgaben jährlich + 1 Gratisheft nur CHF 12.80 TIERREPORT – das Magazin des Schweizer Tierschutz STS: Jetzt abonnieren … für Sie persönlich oder als Geschenk Abo bestellen geht ganz einfach auf www.tierreport.com 1/2022 DAS MAGAZIN DES SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS KOLLEGIN Gemeinsam helfen Es besteht Handlungsbedarf Kritik zeigt Wirkung UKRAINE ZOOFACHHANDLUNGEN ZOOBERICHT 3/2022 DAS MAGAZIN DES SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS HUNDEERSATZ? MINIPFERDE UND ZWERGPONYS NUTRIA & CO Erstaunliche heimische Exoten STS-WORKSHOP Pferdewissen praktisch vermittelt GRIZZLY MIT ALPAKAS Freude und Abwechslung 2/2022 DAS MAGAZIN SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS IGEL GEHEIMNISVOLLE GARTENBEWOHNER UKRAINE Tierschutz kennt keine Grenzen KLEINE HEIMTIERE Was sind Bedürfnisse?ihre NEIN ZU InitiativeFEUERWERKjetzt unterschreiben 4/2022 DAS MAGAZIN DES SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS VOM WILD- UND EDEL- BIS ZUM ALPENSCHWEIN SoUKRAINEhilft der STS in der Ukraine STS-FONDS Wildtierstationen des STS INTERVIEW Präsidentin Nicole Ruch Ein Projekt des Schweizer Tierschutz STS

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