Top Magazin Stuttgart Frühjahr 2017

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essen & trinken

Maurizio Olivieri gehörte in Stuttgart und der Region unzweifelhaft zu den ersten Gastronomen, die uns mit feiner italienischer Lebensart und damit vertraut gemacht haben, dass die Küche ihres Landes noch viel mehr als Pizza und Lasagne zu bieten hat. Im November 1944 in Rom geboren, absolvierte Maurizio nach dem Schulbesuch die Hotelfachschule auf Ischia, um seine Karriere im Hotel Vittoria in Rom zu beginnen. Anfang der 1960er-Jahre ging’s dann nach Paris als Kellner ins Maxim’s und ins Poccardi, das damals berühmteste italienische Restaurant der französischen Metropole. Erstmals in Stuttgart schlug Maurizio 1964 in den Robinson Barracks als Barmann im Oˆ cers‘ Mess Club auf, ein Jahr später wechselte er zum legendären Pasta-Pionier Eduardo Zunico in die Trattoria Santa Lucia in der Steinstraße. Nach einer Zwischenepisode als Flugbegleiter bei Alitalia startete der smarte Italiener dann 1973 mit dem Piccolo Mondo in Esslingen seine Karriere als selbstständiger Gastronom. Dort traf sich nach kurzer Zeit alles, was in Politik, Industrie und Society Rang und Namen hatte. Als ihn aber 1980 Eduardo Zunico fragte, ob er nicht seine Trattoria übernehmen wolle, zögerte Olivieri nicht lange und kehrte in die Steinstraße zurück, seine Gäste im Schlepptau. Bis 2006 führte er das edle Lokal, um dann – für viele Gäste unerwartet – das Come Prima zu verkaufen. „Die Arbeit, die Verantwortung und die Finanzen waren mir einfach über den Kopf gewachsen“, erinnert sich Maurizio an diese Zeit. Neben dem Come Prima hatte er nebenan schließlich auch noch das Pane e Vino, gegenüber die Bar E Tabacchi (heute Kostbar) und in der Eberhardpassage die Bar Piano Mo betrieben. Mit seiner zweiten Frau Senel versuchte Olivieri auf Mallorca im Nobelort Port Andratx einen Neustart, die Finanzkrise machte ihm aber nach drei Jahren einen Strich durch die Rechnung. Nach Zwischenstationen in Radolfzell und Konstanz folgte 2014 die Rückkehr nach Stuttgart, um hier das Clubrestaurant des TC Weissenhof zu übernehmen. „Das war aber schwierig und hat nicht gepasst“, sagt der stolze Römer. Und so pachtete er im März 2016 von Luigi Aracri das Primafila in der Augustenstraße. Ein bewegtes Leben also, in dem sich der Vater von vier Kindern – zwei aus erster Ehe – kulinarisch am liebsten Spaghetti carbonara und Cime di rapa (Stängelkohl) con Salsiccia schmecken lässt.

Wie viele seiner Kollegen stammt auch Gino Paradiso aus Apulien, genauer gesagt aus Bari. Im August 1960 kam er in der Hafenstadt an der Adria auf die Welt, nach den ersten Schuljahren in Italien ging’s mit der Mutter 1970 nach Stuttgart, wo Gino die Realschule abschloss. Eigentlich war danach eine Ausbildung in einer Druckerei geplant, doch stattdessen verdiente Gino sein erstes eigenes Geld als Dressman und Fotomodel für verschiedene PR-Agenturen sowie Labels wie Armani, Versace und Hugo Boss. Die Modebranche blieb für einige Jahre seine feste Domäne, bevor Paradiso dann 1987 erstmals ins Gastronomiegeschäft einstieg – und zwar im Service- und später im Management-Bereich des Amadeus am Charlottenplatz. „Learning by doing“, lautete seine Devise, „mir liegt das gastronomische Talent einfach im Blut.“ Elf Jahre blieb er im Amadeus, bevor der Wechsel ins Da Capo in der Teckstraße erfolgte. „Ich hatte zu dieser Zeit verschiedene Möglichkeiten, aber dieses Angebot hat mir am meisten zugesagt.“ Bald 20 Jahre lang ist das feine Ristorante sein zweites Zuhause, dem er als Frontman im Service sein Gesicht gibt. Seit Anfang 2017 wird das Lokal von Gino Paradiso zusammen mit dem seit 26 Jahren dort tätigen Dimitrios Doukakos sowie Che˜ och Najim Balhadi als gleichberechtigte Partner geführt. Privat ist Gino seit 32 Jahren mit seiner Freundin Angela liiert, am liebsten lässt er sich Rinderfilet an Balsamico-Sauce, Loup de Mer in Salzkruste sowie Orecchiette alla pugliese (mit Broccoli, Sardellen und Oliven) schmecken.

Letztlich stand auch der berufliche Werdegang von Christian Volpe schon früh fest. Aber das verwundert nicht, schließlich hatten der Vater und der Onkel im Salerno in Kampanien ein Ristorante beziehungsweise ein Ca˝ è, wo Christian begeistert mithalf. Im Juli 1981 in Sant’Arsenio auf die Welt gekommen, besuchte er dort zunächst die Schule und dann im nahe gelegenen Polla das Istituto Tecnico Commerciale, um danach im Lokal seines Vaters und dem Café seines Onkels mitzuarbeiten. 1998 ging es dann mit der Familie nach Erfurt, wo sie zusammen ein neues Ristorante erö˝ neten. Zwei Jahre blieb Christian dort, anschließend zog es ihn nach Stuttgart ins Punto Fisso im Gerber viertel, das sein Verwandter Eugenio Finzi seinerzeit gemeinsam mit Rosario˙Lamattina betrieb. Zwei Jahre arbeitete er hier im Service, danach ging es für drei Jahre nach Weilimdorf ins Ristorante Italiani, ab 2006 dann ins Da Maurizio von Giuseppe Livornese in der Calwer Straße. Bevor er schließlich 2011 mit Gabriele Pontillo in Kemnat das Ristorante Campioni erö˝ nete, half er noch für einige Monate im Bistro Da Rosella seiner Mutter aus – diese war nach dem Tod des Ehemanns ebenfalls nach Stuttgart gekommen. Seit 1. März 2017 führt Christian Volpe das Campioni alleine – und wenn er nicht vor Ort ist, kümmert er sich mit seiner Frau Roberta, mit der er seit 2001 verheiratet ist, um die drei Kinder. Zwei Gerichte haben es dem Fußballfan besonders angetan: Spaghetti all’arrabbiata und Wolfsbarsch in Salzkruste. Text: Matthias Gaul

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Frühjahr 2017 · top magazin STUTTGART


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