Hörner/Antlfinger: Parrot Terristories

Page 1


HÖRNER/ANTLFINGER

11. OKTOBER 2024 — 29. MÄRZ 2025

In Zusammenarbeit mit / In collaboration with Nick Byaba und / and CMUK

Kuratiert von / Curated by Felix Sattler

Karl am Strand, 2016, Foto: Hörner/Antlfinger

Der Graupapagei Karl lebte von 2009 bis 2018 gemeinsam mit seiner Gefährtin Clara bei Ute Hörner und Mathias Antlfinger.

In dieser Zeit arbeiteten Papageien und Menschen als interspezies Kollektiv CMUK zusammen und erkundeten verschiedene Möglichkeiten des Miteinanders, des Austauschs und des voneinander Lernens. Sie schufen Skulpturen, Bilder, Video- und Tonaufnahmen.

Nach Karls Tod im Alter von ca. 60 Jahren stellten sich für Hörner/Antlfinger neue Fragen zum Zusammenleben von Tieren und Menschen: Wo kam Karl her, der aus einem Tierheim in Berlin zu ihnen fand, aber sehr wahrscheinlich noch in Freiheit geboren und gefangen worden war? Was ist seine Geschichte und die vieler

anderer Graupapageien, die seit dem transatlantischen Versklavungshandel in alle Welt verbracht wurden? Wie sind sich Menschen und Papageien historisch begegnet? Welche Bilder haben diese Geschichte geprägt und wie lassen sie sich heute anders sehen?

Hörner/Antlfinger reisten nach Uganda, wo sie gemeinsam mit dem Umweltaktivisten Nick Byaba die Lebensräume der Papageien erkundeten. Das Nachdenken über Karls Ahnen führte sie in europäische Naturkundemuseen. Dort versuchten sie aus den verfügbaren Informationen zur Sammlungsgeschichte und Provenienz, aber auch mit anderen Formen des Wissens, die individuellen Geschichten der Papageien zwischen Afrika und Europa nachzuvollziehen.

From 2009 to 2018, Karl the grey parrot and his companion Clara lived with Ute Hörner and Mathias Antlfinger. During this time, parrots and humans worked together as the interspecies collective CMUK and explored different ways of cooperation, exchange and learning from each other. They created sculptures, paintings, video and sound recordings. After Karl‘s death at the age of around 60, Hörner/Antlfinger were faced with new questions about the cohabitation of animals and humans: Where did Karl, who found his way to them from an animal shelter in Berlin, but was most likely born in freedom and later captured, originally come from?

What is his story and that of many other grey parrots that have been moved all

over the world since the transatlantic enslavement trade? How have humans and parrots met historically? What images have shaped this history and how can they be looked at differently today? Hörner/Antlfinger travelled to Uganda, where they collaborated with environmental activist Nick Byaba to explore the habitats of the parrots. Reflecting on Karl’s ancestors led them to European museums. There, they attempted to trace the individual histories of the parrots between Africa and Europe, using the available information on the history and provenance of the collections, as well as other forms of knowledge.

KONVERSATIONSSTÜCKE

CMUK

Seit 2016

Korkskulpturen

Die Korkskulpturen wurden von den Papageien Clara, Karl, Giselle und Caspar geschaffen. Viele Papageinhalter*innen bieten ihren Vögeln Korkstücke zur Beschäftigung an. Gleichzeitig hat Kork eine lange Geschichte als künstlerisches Material, das u.a. für Architekturmodelle verwendet wurde (an den europäischen Höfen galten Korkmodelle mit ihrer hochsensorischen Oberfläche als wertvolle Sammlerstücke). Hörner/Antlfinger verstehen diese Arbeiten als ‚Konversationsstücke‘ — ein mehrdeutiger Begriff, der hier auf die bewusste Platzierung ungewöhnlicher Dinge in gesellschaftlichen Zusammenkünften hinweist, mit denen die Konversation ins Rollen gebracht wird. Es ergeben sich Fragen nach der künstlerischen Intention und Technik sowie den Machtverhältnissen zwischen Herstellen und Zeigen. Diese Fragen spielen in der bildenden Kunst oft eine Rolle, entlang der Tier-Mensch-Beziehung kommen sie erneut zum Tragen: Wie machen die Vögel das und ist es etwas, das sie instinktiv tun? Macht es ihnen Spaß oder werden sie dazu angehalten? Werden sie dafür belohnt? Hängen Clara und Karl an ihren Objekten? Was denken sie darüber, dass sie ausgestellt werden? Und wer entscheidet, wann das Werk vollendet ist?

CONVERSATION PIECES

CMUK

Since 2016

Cork sculptures

The cork sculptures represent a collection of objects that the parrots Clara, Karl, Giselle and Caspar created. Many parrot keepers offer their birds pieces of cork for activity. At the same time, cork has a long history as an artistic material, such as for architecture models (at the courts of Europe cork models with their highly sensorial surface were considered precious collectors’ items). Hörner/ Antlfinger understand these works as ‘conversation pieces’ — an ambiguous term that is used here to refer to the deliberate placement of unusual items in social gatherings to spark the conversation. Questions arise about artistic intention and technique as well as the power relations between production and display. These questions often play a role in the visual arts, and they resurface in the animal-human relationship: How do the birds do it and is it something they do instinctively? Do they enjoy it or are they instructed to do it? Are they rewarded for it? Are Clara and Karl attached to their objects? How do they feel about these works being exhibited? And who decides when the piece is finished?

DIE WELT IN DER WIR LEBEN

2016

Buchobjekt

„The World We Live In“ wurde ursprünglich von Lincoln Barnett für das Time Life Magazine konzipiert und erschien in Deutschland bei Knaur. Das Buch erzählt die Naturgeschichte der Welt, von der Entstehung der Planeten bis zur Gegenwart. Die opulenten Illustrationen haben sich in das visuelle Gedächtnis einer ganzen Generation eingeprägt. Vor allem Kinder waren hin- und hergerissen zwischen Faszination und Abscheu, wenn sie Seiten mit Bildern wie „Tyrannosaurus Rex zerfleischt einen Pflanzenfresser“ oder „Wüstenratte entkommt einer Schlange“ betrachteten. „The World We Live In“ hatte nicht nur den Anspruch, die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse der Zeit für jedermann verständlich zu machen. Es erzählte auch ganz nebenbei die Geschichte vom „Fressen oder gefressen werden“ und vermittelte ein noch völlig intaktes anthropozentrisches Weltbild. Es war völlig klar, wer mit dem „Wir“ im Titel gemeint war, und es war an der Zeit, dies einer grundlegenden Revision zu unterziehen.

2016 Book object

“The World We Live In,” originally conceived by Lincoln Barnett for Time Life Magazine and published in Germany by Knaur, tells the natural history of the world, from the genesis of the planets to the present. Its lush illustrations are inscribed into the visual memory of a whole generation. Especially children were torn between fascination and disgust when regarding pages showing pictures labelled “Tyrannosaurus Rex mauls a herbivore” or “desert rat escapes from a snake.” “The World We Live In” not only aspired to make the cutting-edge scientific knowledge of the time comprehensible to everyone. It also incidentally told the story of “eat or be eaten” and conveyed what was still a completely intact anthropocentric world view. It was absolutely clear who was meant by the “We” in the title, and it was time to submit this to a fundamental revision.

CMUK
THE WORLD WE LIVE IN
CMUK

TRANSPLANET a/b

2018

Kartons gerahmt, je 103 x 157 x 5 cm

Geografische Kartografien von Menschenhand gezeichnet nehmen meistens die Perspektive des Planetary Views ein, den distanzierten menschlichen Blick auf die Erdoberfläche im vielfach verkleinerten Maßstab. „TRANSPLANET a/b“ entstanden auf Transportkartons während Renovierungsarbeiten in Hörner/Antlfingers Wohnung. Die Papageien Clara und Karl arbeiteten darauf Spuren mit den Schnäbeln ein, die ihre Wege innerhalb einer Zeitspanne von zwei Tagen markieren. Aus der ‚Vogelperspektive‘ entstanden Karten-ähnliche Felder, die räumliche Bewegungsmuster in Echtzeit abbilden.

2018

Cartons framed, 103 x 157 x 5 cm each

Geographic cartographies drawn by humans usually adopt the perspective of the planetary view, the distanced human view of the earth‘s surface scaled down many times over. “TRANSPLANET a/b” were created on transport boxes during renovation work in Hörner/Antlfinger‘s flat. The parrots Clara and Karl used their beaks to carve traces on them, marking their paths over a period of two days. From the ‘bird‘s eye view’, map-like areas were created that depict spatial movement patterns in real time.

CMUK
CMUK

SEEDS

Hörner/Antlfinger in Kollaboration mit Nick Byaba 2023

Photographien, Karte, Text, ca. 245 × 205 cm; Video 25 min, Monitor, Vitrinentisch mit von Graupapageien benagten Ölpalmnüsse und der Gründungsurkunde der Parrot Tree Care Takers Association, Monitor mit Website, bemaltes Hinweis-Schild

Im Juni 2022 reisten Hörner/Antlfinger nach Uganda um freilebende Afrikanische Graupapageien zu sehen. Dort lernten sie Nick Byaba, einen jungen Naturführer, Umweltaktivisten und Vorsitzenden der Parrot Tree Caretakers Association (PTCA) kennen. Byaba beobachtet die Graupapageien-Population am Rand des Kibale Nationalparks und berichtet über deren Entwicklung. Die Arbeit „SEEDS“ dokumentiert die Entstehung der PTCA, einer lokalen Bewegung aus Naturschützer*innen, Bäuer*innen und Bäumen. Die PTCA schützt bereits bestehende Bäume (überwiegend Ölpalmen, als bevorzugte Nahrungsquelle der Graupapageien) und pflanzt neue einheimische Bäume, um den vom Aussterben bedrohten Graupapageien und anderen Wildtieren Schutz und Nahrung zu bieten. In 90 Jahren — so Nick — sollen seine Großenkel*innen noch immer die Kultur und Lebensweise der Graupapageien, am Rande ihrer Community beobachten können.

PTCA Website: greyparrotmuseum-uganda.org

Hörner/Antlfinger in collaboration with Nick Byaba 2023

Photographs, map, text, approx. 245 × 205 cm; video 25 min; Monitor, display case table with oil palm nuts gnawed by grey parrots and the founding charter of the Parrot Tree Care Takers Association, Monitor displaying Website, painted sign-post

In June 2022 Hörner/Antlfinger travelled to Uganda to see free-living African grey parrots. There they met Nick Byaba, a young wildlife guide, environmental activist and chairman of the Parrot Tree Caretakers Association (PTCA). Byaba observes the population of grey parrots on the edge of Kibale National Park and reports on their development. The work “SEEDS” documents the emergence of the PTCA, a collective of conservationists, farmers and trees. The PTCA protects existing trees (mainly oil palms, the preferred food source of grey parrots) and plants new indigenous trees to provide shelter and food for endangered grey parrots and other wildlife. In 90 years — Nick says — his great-grandchildren shall still be able to observe the culture and ways of life of the grey parrots, on the edge of their community.

PTCA website: greyparrotmuseum-uganda.org

WILDTIERHANDEL

Präsentation von Recherchematerial bestehend aus Karten von David Tsz Chung Chan und Rowan O. Martin. Video-Ausschnitt aus Nigerianischer Morningshow von Arise News mit Laila Johnson-Salami

(Grau)Papageien sind durch die Zerstörung ihrer Habitate und durch den illegalen Wildtierhandel bedroht. Die globale Nachfrage nach Graupapageien ist hoch. Diese anhaltende Popularität lässt sich teilweise durch die (vermenschlichende) Zuschreibung von Eigenschaften erklären, die Papageien seit Jahrhunderten nachgesagt werden. So hält sich in verschiedenen menschlichen Gemeinschaften hartnäckig der Glaube, Graupapageien könnten insbesondere dem nach Abwesenheit zurückkehrenden Hausherren über die zwischenzeitlichen Vorgänge im Haushalt ‚berichten.’ In der „Morning Show“ des nigerianischen TV-Senders Arise News wird über diese Mythen und ihre Auswirkungen auf den Wildtierhandel diskutiert.

Die Karten zeigen die Herkunfts- und Importegionen von gehandelten Graupapageien im Zeitraum von 1978 bis 2022. Auf der einen Seite veranschaulichen sie die Veränderungen, die der Einfluß neuer Gesetze zur Einfuhr von Graupapageien auf den Handel hatte, auf der anderen zeigen sie die nach wie vor existierende große Nachfrage nach importierten Tieren und wie sich die Zentren des Handels im Laufe der Zeit verlagerten.

WILDLIFE TRADE

Presentation of research material consisting of maps by David Tsz Chung Chan und Rowan O. Martin. Video excerpt from Nigerian morning show by Arise News with Laila Johnson-Salami

(Grey) parrots are threatened by the destruction of their habitats and by the illegal wildlife trade. Global demand for grey parrots is high. This enduring popularity can partly be explained by the (anthropomorphizing) attribution of traits that have been ascribed to parrots for centuries. In various human communities, there is a persistent belief that grey parrots can ‘report’ to the head of the household, particularly about what happened during his absence. The “Morning Show” of the Nigerian TV station Arise News discusses these myths and their impact on the wildlife trade. The maps show the regions of origin and import of traded grey parrots during the period from 1978 to 2022. They illustrate on the one hand the changes that the influence of new laws on the import of grey parrots had on the trade, on the other hand they show the still existing high demand for imported animals and how the centers of trade shifted over time.

CANTINO PLANISPHÄRE

Alberto Cantino (1502)

Print der originalen Karte, 162 x 81,5 cm

Papageien sind die einzigen abgebildeten Tiere auf der als „Cantino-Planisphäre“ bekannt gewordenen Weltkarte aus der Kolonialzeit.1 Eine genaue Bezeichnung der Papageien-Arten existiert noch nicht, vermutlich sind Aras in Südamerika, Senegalpapageien und Graupapageien in Afrika von den portugiesischen und spanischen Seefahrern gesichtet worden. Symbolisch auf der Karte für die Andersartigkeit ganzer Ökosysteme platziert, markieren sie auch den Beginn des Handels mit Papageien als exotische Exportgüter, der sich zusammen mit der Zerstörung ihrer Lebensräume bis heute auf ihr Vorkommen auswirkt. 2

1 Die Karte ist nach dem italienischen Diplomaten Alberto Cantino (15.-16.Jh.) benannt, der sie 1502 für den Herzog von Ferrara von Portugal nach Italien schmuggelte. Sie enthält Erkenntnisse aus verschiedenen portugiesischen und spanischen Eroberungsreisen in der Kolonialzeit. Zurzeit befindet sich die originale Cantino-Karte in der Biblioteca Estense in Modena, Italien.

2 Die Abbildungen der Papageien auf der Karte entdeckte die Historikerin Nancy Jacobs 2022 als Forschungsgegenstand für ihr Projekt „The Global Grey Parrot,“ eine Studie über die „Politik zwischen den Arten, die ein charismatisches afrikanisches Tier in den Mittelpunkt der Weltgeschichte stellt. […] Papageien produzieren Wissen und Kultur, aber isoliert in Gefangenschaft können sie das nicht. Als historische Akteure haben Papageien die ganze Zeit über Welten geschaffen.“ Nancy Jacobs ist Mitglied der Animal Mobilities Working Group am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte Berlin (www.mpiwg-berlin.mpg.de/de/users/njacobs).

CANTINO PLANISPHERE

Alberto Cantino (1502)

Print of the original map, 162 x 81,5 cm

Parrots are the only animals depicted on the map of the world known as the “Cantino Planisphere,” which dates from the colonial period.1 There is no precise name for the parrot species yet; presumably macaws in South America, Senegal parrots and grey parrots in Africa were sighted by the Portuguese and Spanish navigators. Symbolically placed on the map for the otherness of entire ecosystems, they also mark the beginning of the trade in parrots as exotic export goods, which, together with the destruction of their habitats, continues to affect their occurrence today. 2

1 The map is named after the Italian diplomat Alberto Cantino (15th-16th c.), who smuggled it from Portugal to Italy in 1502 for the Duke of Ferrara. It contains findings from various Portuguese and Spanish voyages of conquest during the colonial period. Currently, the original Cantino map is in the Biblioteca Estense in Modena, Italy.

2 The illustrations of the parrots on the map were discovered by historian Nancy Jacobs in 2022 as a research subject for her project „The Global Grey Parrot,“ a study of “interspecies politics that puts a charismatic African animal at the center of world history. […] Parrots produce knowledge and culture, but isolated in captivity, they cannot. As historical actors, parrots were making worlds all along.” Jacobs is Professor of History at Brown University in Providence, Rhode Island Vice President of the American Society for Environmental History and a member of the Animal Mobilities Working Group at the Max Planck Institute for the History of Science Berlin (https://www.mpiwg-berlin.mpg.de/de/users/njacob).

TALES OF A PARROT, REREADING THE TOOTI NAMEH

Hörner/Antlfinger

2015

Video Installation. Video, HD, 20:00 min, Farbe, Sound, antiquarisches Buch (in der Vitrine)

Das „Tooti Nameh“ oder „Tales of a Parrot“ ist eine Sammlung von Geschichten indischen Ursprungs, die im 14. Jahrhundert in Persien niedergeschrieben wurden. Im späten 16. Jahrhundert gab der Moghul Kaiser Akbar eine illustrierte Fassung des Werks mit 250 Miniaturbildern in Auftrag. Die Moral der Geschichten, die sich vorrangig auf die Kontrolle von Frauen richtete, war für ihn als Besitzer eines beachtlichen Harems von großem Interesse. Der Haupterzähler ist ein Papagei, der den Auftrag hat, auf die Frau seines Besitzers, eines reisenden Kaufmanns aufzupassen. Seine List — ihr Abend für Abend fesselnde Geschichten zu erzählen — bewahrt sie davor einen Liebhaber aufzusuchen und rettet sein Leben.

In „Rereading the Tooti Nameh“ werden die „Tales of a Parrot“ einem modernen Papagei vorgelesen. Sein Name ist Karl. Er wurde vermutlich Anfang der 60er Jahre im Kongo geboren, als junges Tier gefangen, nach Europa verkauft, lebte mit einem oder mehreren Besitzer*innen und wurde schließlich im Alter von ca. 50 Jahren in einem Tierheim abgegeben, von wo aus er zu Hörner/Antlfinger kam. An einem Sommernachmittag lasen sie ihm aus dem „Tooti Nameh“ vor, neugierig darauf, wie er die Erzählungen eines Artgenossen aus dem 14. Jahrhundert aufnehmen würde.

Hörner/Antlfinger

2015

Video installation. Video, HD, 20:00 min, colour, sound, antiquarian book (in glass case)

The “Tooti Nameh” or “Tales of a Parrot” is a collection of stories of Indian origin written down in Persia in the 14th century. In the late 16th century, the Mughal emperor Akbar commissioned an illustrated version of the work with 250 miniature illustrations. The moral of the stories, primarily aimed at controlling women, were of great interest to him as the owner of a large harem. The main narrator is a parrot that has been given the task of looking after the wife of his owner, a travelling salesman. His skill and cunning — telling her compelling stories evening after evening — prevents her from visiting a lover and saves his life.

In “Rereading the Tooti Nameh” the “Tales of a Parrot” are read to a modern parrot. His name is Karl. He was presumably born in the early 1960s in the Congo, caught as a young bird and sold in Europe where he lived with one or more owners. Finally, at the age of about 50, he was given to an animal shelter and it was from there that he came to Hörner/ Antlfinger. On a summer afternoon they read to him from the “Tooti Nameh,” curious about how he would react to the tales of a fellow parrot from the 14th century.

CATALOGUE D’OISEAUX

CMUK

2018–2024

Installation, verschiedene Glashauben, Äste, Bücher, Beschriftungen.

Den Ausgangspunkt von „Catalogue d’oiseaux“ bilden Bücher, die CMUK gemeinsam ‚gelesen‘ und neu interpretiert haben. Die resultierenden Objekte sind eine Anspielung auf die Glaszylinder, in denen Präparate von Vögeln ‚lebensnah’ auf Ästen oder in Nestern montiert wurden. Der Titel „Catalogue d’oiseaux“ ist außerdem eine Anlehnung an den gleichnamigen, dreizehnteiligen Klavierzyklus von Olivier Messiaen (1958). Messiaen setzte mit seiner Komposition den in verschiedenenen Regionen Frankreichs heimischen Vögeln ein Denkmal. Während die menschlichen Mitglieder des Kollektivs vorrangig am Inhalt der Bücher interessiert sind, geht es für die Vögel vermutlich eher um unterschiedliche haptische, akustische, visuelle Qualitäten von Papieren, Einbandleinen, Karton.

CMUK

2018–2024

Installation, various glass cloches, branches, books, labels.

The “Catalogue d’oiseaux” is based on books that CMUK ‘read’ and reinterpreted together. The resulting objects are a reference to the glass cylinders in which bird dioramas were often presented in museums - specimens of birds mounted ‘lifelike’ on branches or in nests. The title “Catalogue d’oiseaux” is also a homage to the thirteen-part piano cycle of the same name by Olivier Messiaen (1958). With his composition, Messiaen created a monument to the birds native to various regions of France. While the human members of the collective are primarily interested in the content of the books, the birds are presumably rather interested in the different haptic, acoustic and visual qualities of paper, binding cloth and cardboard.

THE SKY IS OUR SEA AND THE TREES ARE OUR LAND

Hörner/Antlfinger

2024

Installation. 4K Video, 65:00 min, Farbe, Sound, Videobox 257 x 233 x 80 cm

Hörner/Antlfinger

2024

Installation. 4K Video, 65:00 min, colour, sound, videobox 257 x 233 x 80 cm.

Die wissenschaftliche Sammlung des Königlichen Museums für Zentralafrika in Tervuren Belgien umfasst 10 Mio. Tiere, darunter 150.000 Vögel. Die 113 Graupapageien der Sammlung stammen aus der Kolonialzeit bis in der 1980er Jahre. In Schubladen verstaut und mit Etiketten versehen wurden sie zu Objekten, die von der Wissenschaft reguliert und verwaltet werden. Hörner/Antlfinger besuchten die Vögel über mehrere Jahre hinweg, erstmals 2021. In einem Gespräch mit zwei erfahrenen Tierkommunikatorinnen, das die Anthropologin Dr. Vanessa Wijngaarden vermittelte, erfuhren sie, dass die Vorfahren eine bedeutende Rolle im Leben der Papageien spielten und dass sie den präparierten Körpern ihrer Ahnen hohe Bedeutung beimaßen. Sie sollten nicht in einer Schublade verschwinden, sondern wollten gesehen werden — um wirken zu können.

Hörner/Antlfinger nahmen diesen Auftrag an. Im Herbst 2023 begannen sie die Vögel filmisch zu portraitieren, jeden Körper in seiner Individualität zu zeigen, um zukünftigen Betrachter*innen die Möglichkeit zu geben Zeit mit ihnen, bzw. ihren Geistern zu verbringen und gegenwärtig mit ihnen zu werden.

The scientific collection of the Royal Museum for Central Africa in Tervuren, Belgium, comprises 10 million animals, including 150,000 birds. The 113 grey parrots in the collection date from the colonial period up to the 1980s. Stored in drawers and labelled, they became objects governed and managed by science. Hörner/ Antlfinger visited the birds over several years, for the first time in 2021. In a conversation with two experienced animal communicators, which was facilitated by anthropologist Dr Vanessa Wijngaarden, Hörner/Antlfinger learned that the ancestors played a significant role in the lives of the parrots and that they regarded the taxidermied bodies of their ancestors as very important. They should not be hidden away in a drawer, but wanted to be seen in order to be able to affect people. Hörner/Antlfinger accepted this assignment. In autumn 2023, they began filming portraits of the birds — showing each body in its individuality to give future viewers the opportunity to spend time with them, respectivly their spirits, and become present with them.

EINE/R VON SECHSUNDREISSIG

Hörner/Antlfinger

2024

Archivalien (Repros), Bleistift-Zeichnung, animierter 3D-Scan, Texte

ONE OF THIRTYSIX

Hörner/Antlfinger 2024

Archival documents (repros), pencil drawing, animated 3D scan, texts

Die Künstler*innen haben zusammen mit Wissenschaftlerinnen des Museums für Naturkunde Berlin einen Graupapagei aus der Sammlung ausgewählt. Sie/er wurde 1904 im Eingangsbuch der naturkundlichen Sammlung registriert. Hörner/ Antlfinger haben basierend auf den Akten des ‚Sammlers,‘ Briefwechseln zwischen ihm und den Institutionen sowie Listen mit Ausrüstungsmaterial eine kritische Erzählung über den Papagei entwickelt. Dabei versuchen sie, ihren/seinen Weg und den der Menschen, denen sie/er begegnet sein könnte, nachzuvollziehen. Da es nur wenige zuordenbare Dokumente gibt, basiert vieles auf Vermutungen. Dennoch entsteht ein Bild davon, wie das ‚Sammeln‘ von nicht-menschlichen Anderen vonstatten ging, wer in den Aufzeichnungen erwähnt wird und wer nicht. Es zeigt sich, wie fragil das Wissen über die tierlichen Körper und ihre Geschichte ist.

Together with scientists from the Museum für Naturkunde Berlin, the artists have chosen a grey parrot from the collection. S/he was registered in the accession catalogue of the natural history collection in 1904. Hörner/Antlfinger have developed a critical narrative about the parrot based on the ‘collector’s’ files, correspondence between him and the institutions and lists of equipment and supplies. In doing so, they attempt to retrace the parrot’s path and that of the people s/he may have encountered. As there are few documents that can be attributed to it, much is based on inference. Nevertheless, a picture emerges of how the ‘collecting’ of non-human others took place, who is mentioned in the records and who is not. It shows how fragile the knowledge about the animal bodies and their history is.

DOLLHOUSE FOR DINOSAURS

CMUK

2021

Architektur-Modell, Äste, Bücher, Fotografien, Stoff, Holz, Stahl, Sound, Legende zur Herkunft der Materialien, 240 × 175 × 116 cm

Hörner/Antlfinger leben seit mehr als 20 Jahren mit Papageien zusammen, was lang oder kurz erscheinen mag, je nachdem, welchen Standpunkt jemand einnimmt. Für diese Arbeit haben Hörner/ Antlfinger den Papageien ein Modell der gemeinsamen Wohnung zur Verfügung gestellt. An ihm manifestiert sich der Einbruch einer avianen Ästhetik in menschliche Idealvorstellungen vom Wohnen. Spuren des Schaffens der Vögel finden sich an Fenstern, Türen und sogar an Wänden. Zerfetzte Zeitschriften, Korkbrösel, Holzsplitter, die den Boden übersäen, zeugen von der Kraft ihrer Schnäbel und ihrer Lust das zu formen, was die Menschen bereits für geformt hielten. Ein Audioaufnahme im Inneren des Modells lässt erahnen, mit welcher Kraft und Ausdauer die Vögel gegen rechteckige Räume vorgehen; Räume, die auch ganz anders aussehen könnten — fragiler, durchlässiger und im besten Sinne unsicherer, wie es der Architekt und Künstler Gordon Matta Clark forderte.

CMUK

2021

Architectural model, branches, books, photographies, fabric, wood, steel, sound, legend on the origin of the materials, 240 x 175 x 116 cm

Hörner/Antlfinger have been living with parrots for more than 20 years, which may seem long or short, depending on the viewpoint somebody takes. For this work Hörner/Antlfinger have provided the parrots with a model of their common apartment. Here, the intrusion of the anarchic into human ideal concepts of dwelling manifests itself. Traces of the birds’ creation can be found on windows, doors and even walls. Shredded magazines, cork crumbs, wood splinters covering the floor testify to the power of their beaks and their desire to shape what the humans already believed to be shaped. An audio recording inside the model gives an idea of the power and perseverance with which the birds tackle rectangular spaces; spaces that could also look quite different — more fragile, more permeable and, in the best sense, more insecure, as the architect and artist Gordon Matta Clark once claimed.

KARL’S ISLANDS

Hörner/Antlfinger

2019

Installation, Steppdecke/Quilt aus Samt, 210 × 270 cm, Fotografie, verwitterter Ast, Sound

„Karl’s Islands“ ist eine Hommage an den Graupapagei Karl, der bis zu seinem Tod (2018) mit Hörner/Antlfinger zusammenlebte. Karl pflegte seine morgendlichen ‚Manifestationen’ mit großer Emphase zu präsentieren: Gut verdauen zu können ist wichtig, besonders für ein älteres Lebewesen, geht es doch um die Ökologie des eigenen Körpers. Hörner/Antlfinger fertigten daraus eine Serie von Fotos an. Manche sehen aus wie komplizierte Zeichen oder Symbole — vielleicht könnte eine Schamanin die Zukunft aus ihnen lesen?

Andere erinnerten an ferne, mit Nebeln bedeckte Landschaften aus der Vogelperspektive.

In der Installation sind die gedruckten Motive auf dem grünen Fond einer Steppdecke aus Samt zu sehen, die wie ein prächtiger Mantel auf dem Boden ausgebreitet ist. Darunter sind die Umrisse einer schlafenden oder träumenden menschlichen Figur zu erkennen. Aus dem Lautsprecher kommt ein leises, raschelndes Geräusch — es entsteht, wenn Papageien (oftmals vor dem Schlafen gehen) ihre beiden Schnabelhälften aneinander reiben. Es handelt sich um ein Komfortgeräusch, ähnlich dem Schnurren einer Katze.

Hörner/Antlfinger

2019

Installation, quilt made of velvet, 210 × 270 cm, Photography, Weathered Branch, Sound

“Karl’s Islands” is a homage to the grey parrot Karl, who lived with Hörner/ Antlfinger, until he passed away in 2018. Karl used to present his ‘morning manifestations’ with great emphasis: Being able to digest well is important, especially for an older being, since it is a question of the ecology of one’s own body.

Hörner/Antlfinger turned them into a series of photos. Some looked like complicated signs or symbols — perhaps a Shaman could read the future in them? Others resembled far-off landscapes covered in mist from a bird’s-eye perspective.

In the installation, the printed motifs can be seen on the green background of a velvet quilt, spread out on the floor like a splendid coat. Below, the contours of a sleeping or dreaming human figure can be seen. A soft, rustling sound can be heard coming from the loudspeaker. It arises when parrots rub the two halves of the beak together. It is a comfort sound, similar to the purring of a cat.

SONGS FOR BIRDS

CMUK

2023

Album – A und B Seite, je 12 min.

Installation – Plattenspieler, Tischchen mit benagter Schublade, zwei Hocker und Spielzeugleiter

„Songs for Birds“ ist eine Sammlung von improvisierten Liedern, die CMUK am Küchentisch füreinander gesungen haben. Zu singen verbindet uns als Spezies; es ist eine der ältesten Formen zu kommunizieren und Geschichten weiterzugeben. Vögel erweitern durch ihren Gesang ihre Körper in den Raum, in das was Ornithologen ein „song territory“ nennen. Die Songs for Birds handeln vom Alltag in CMUKs Multispezies-Haushalt — von Konflikten und Glücksmomenten im gemeinsamen Nest. Mal alle zusammen mal abwechselnd (it‘s my turn — now it’s your turn) — singen CMUK im und über den Raum, den sie teilen.

CMUK

2023

Album – A and B side, 12 min each. Installation – record player, small table with gnawed drawer, two stools and toy ladder

“Songs for Birds” is a collection of improvised songs that CMUK sang to each other at the kitchen table. Singing connects us as a species; it is one of the oldest forms of communicating and passing on stories. Birds extend their bodies into space through song, into what ornithologists call a “song territory.” The Songs for Birds are about everyday life in CMUK’s multispecies household — about conflicts and moments of happiness in the communal nest. Sometimes all together sometimes alternating (it’s my turn –now it’s your turn) — CMUK sing in and about the space that they share.

GISELLE

Hörner/Antlfinger

2023

Videoskulptur, Monitor, HD, 3:40 min., stumm, Karton

Giselle lebt seit acht Jahren in der Hausgemeinschaft von Hörner/Antlfinger. Die Aufnahmen von Giselle entstanden auf den gemeinsamen Spaziergängen frühmorgens im Park, auf denen sie sich offensichtlich zu farbenfrohen Blüten und Beeren hingezogen fühlt. Schwarze Kartonblätter umrahmen das Video wie einen Blütenstempel, und wie auf der Suche nach ihrer Persönlichkeit verschmelzen die Bilder ineinander zu einem sich ständig wandelnden Portrait des Vogels.

Hörner/Antlfinger

2023

Video sculpture. Cardboard, monitor

Video 3:30 min, mute

Giselle has lived in the Hörner/Antlfinger household for 8 years. The footage of Giselle was taken on early morning walks together in the park. Black cardboard leaves frame the video like a flower stamp, and as if in search of her personality, the images merge into one another to form an ever-changing portrait.

PARROT-HUMAN PERCEPTION TEST

CMUK

2018

Mappe mit 9 Testkarten (je 44 x 33 cm) in einer Vitrine, 82 x 195 x 10 cm

Wahrnehmungstest für Papageien und Menschen, basierend auf einem alten Rorschach Test. Die einzelnen Testkarten wurden von den Papageien bearbeitet und erhielten so eine neue Form. Die Umrisse der modifizierten Karten wurden von den menschlichen Mitgliedern des Schwarms gespiegelt und in Form von Tintenklecksen auf Papier übertragen.

2018

Folder with 9 test plates (44 x 33 cm each) in a display case, 82 x 195 x 10 cm

Perception test for parrots and humans, based on an old Rorschach test. The individual test cards were edited by the parrots and given a new shape. The outlines of the modified cards were mirrored by the human members of the flock and transferred to paper in the form of ink blots.

CMUK

UNKNOWN PARROT WITH PRINCESS

Hörner/Antlfinger (2015–17)

Doppel-Projektion, 65 Bilder, ca. 15 min

A: original Bildtitel, B: veränderter Bildtitel Beide Projektionen laufen zeitlich um wenige Sekunden versetzt, nebeneinander ab

Die „Arbeit Unknown Parrot with Princess“ basiert auf einer Sammlung von Gemälden, datiert vom 15. bis ins 20. Jahrhundert, auf denen zum Teil namenlose, meist gesellschaftlich höher gestellte Frauen mit Papageien portraitiert wurden. Ein kleiner künstlerischer Eingriff — die Umkehr des Titels — führt die gängige Rollenzuschreibung exotischer Tiere als schmückende, lebende Attribute in der bürgerlichen Gesellschaft seit der Kolonialzeit vor Augen und öffnet den Blick auf ein größeres Forschungsfeld, das die Wahrnehmung von Tieren als Individuen, die Frage nach ihrer Herkunft und ihren Lebensweisen miteinbezieht.

CMUK (2015–17)

Double projection, 65 images each, approx. 15 min

A: original image title, B: changed image title The two projections are played side by side with a few seconds delay between them

The work “Unknown Parrot with Princess” is based on a collection of paintings dating from the 15th to the 20th century, in which partly unnamed, mostly socially higher placed women were portrayed with parrots. A small artistic intervention — the reversal of the title — reveals the common role attribution of exotic animals as decorative, living attributes in bourgeois society since colonial times and opens the view to a larger field of research that includes the perception of animals as individuals, the question of their origin and their ways of life.

Obwohl ich die Arbeiten von Ute Hörner und Mathias Antlfinger bereits seit etwa 15 Jahre kenne, sind wir uns erst 2019 zum ersten Mal persönlich begegnet. Anlass war ein Workshop des Okto-Lab an der Universität Kassel zur Ästhetik von Oktopussen. Oktopusse werden von Menschen in ähnlicher Weise wie auch Papageien wegen ihrer ‚Intelligenz’ geschätzt und wissenschaftlich untersucht. Nun ist Intelligenz eine sehr anthropozentrisch bestimmte Eigenschaft. Das führt dazu, dass tierliche Akteur*innen zumeist im Hinblick auf ihre Differenz zum menschlichen Maßstab betrachtet und beurteilt werden. Bei Hörner/Antlfinger geht es nicht um solche Vergleiche. Den Ausgangspunkt des in der Ausstellung erstmals so umfangreich versammelten Werkkorpus bilden das gemeinsame Erleben, gemeinsame Schaffen. Was Papageien — oder die Menschen — im Sinne einer Leistungsschau oder auch einer Klassifizierung der jeweiligen Spezies können, steht gar nicht zur Debatte. Stattdessen: Wer ist der/die Andere, wo kommt sie/er her, was hat sie/er erlebt und wie äußert sich Erleben in der Gestaltung von Dingen und Umgebungen und im Dialog?

Aus der Perspektive des Tieranatomischen Theaters, das vor seiner aktuellen Nutzung als Ausstellungsraum lange der Erforschung von tierlichen Körpern gewidmet gewesen ist, sind die Arbeiten von Hörner/Antlfinger eine Möglichkeit, das ins Haus zu holen, was (aus nachvollziehbaren Gründen) kaum beachtet worden ist: die Beschäftigung und Begegnung mit tierlicher Individualität. Natur-

wissenschaftliche Taxonomie zielt auf die Bestimmung von Gruppen ab, geht also von verallgemeinerbaren Eigenschaften aus, die Einzigartigkeit tierlicher Individuen ist dort eher ein Hindernis.

In der Zusammenarbeit mit dem Umweltaktivisten Nick Byaba und der Historikerin Nancy Jacobs zeigt sich einmal mehr, wie gewinnbringend der Austausch des unter völlig anderen Voraussetzungen gewonnenen Wissens und die gegenseitige Anerkennung sein können. Während Nancy Jacobs globale Verflechtungen historisch einordnet, bieten die alltägliche Beobachtungspraxis und die Nachbarschaft mit den frei lebenden Graupapageien Nick Byaba wiederum ganz andere Erkenntnismöglichkeiten.

In meiner Wahrnehmung kommt vieles von dem, was mich an der Zusammenarbeit von Hörner/Antlfinger mit den Papageien beeindruckt, in der relativ kleinformatigen Arbeit „Parrot-Human Perception Test“ zusammen. Die Papageien haben die bekannten Testkarten eines Rorschach-Test-Sets bearbeitet. Die menschlichen Mitglieder des Kollektivs interpretieren die Arbeit der Papageien nicht, sondern sie spiegeln sie und komplementieren sie zur für andere menschliche Akteur*innen vertrauten Ästhetik des Rorschach-Tests. Das entstandene Bildobjekt liefert keinen unmittelbar verständlichen Bildinhalt, sondern fordert gerade dazu auf, sich auf das Dazwischen und die Mehrdeutigkeit einzulassen und so den Dialog zwischen Menschen und Vögeln weiter zu imaginieren.

CURATORIAL NOTE

Although I have known the work of Ute Hörner and Mathias Antlfinger for around 15 years, we only met in person for the first time in 2019. The occasion was a workshop organized by the Okto-Lab at the University of Kassel on the aesthetics of octopuses. Like parrots, octopuses are recognized and scientifically studied by humans for their ‘intelligence.’ However, intelligence is a very anthropocentrically defined characteristic, which means that animal actors are usually regarded and assessed in terms of their difference to human benchmarks.

Hörner/Antlfinger are not aiming for such comparisons. The starting point of the extensive corpus of works brought together for the first time in this exhibition is the shared experience and shared creativity. What parrots - or humans - are capable of in the sense of a demonstration of performance or a classification of the particular species is not up for debate. Instead: Who is the other, where does he/she come from, what has he/ she experienced and how does his/her experience express itself in the design of things and environments and in dialogue?

From the perspective of the Tieranatomisches Theater, an institution that has long been dedicated to the study of animal bodies before its current use as an exhibition space, the works of Hörner/ Antlfinger provide an opportunity to present something that (for understandable reasons) has received little attention: the engagement and interaction with animal individuality. Scientific taxonomy is aimed at the identification of groups, i.e. it is based on generalizable

characteristics; the uniqueness of animal individuals tends to be an obstacle. The collaboration with the environmental activist Nick Byaba and the historian Nancy Jacobs shows once again how beneficial mutual recognition and the exchange of knowledge gained under completely different conditions can be. While Nancy Jacobs contextualizes global entanglements historically, the everyday observation practice and the neighborhood with the free-living grey parrots offer Nick Byaba completely different possibilities of knowledge.

In my opinion, much of what impresses me about the collaboration between Hörner/Antlfinger and the parrots comes together in the relatively small-format work “Parrot-Human Perception Test.” The parrots worked on the familiar test cards of a Rorschach test set. The human members of the collective do not interpret the work of the parrots, but rather mirror it and complement it towards the aesthetics of the Rorschach test, which are familiar to other human actors. The resulting image object does not provide any immediately comprehensible visual content, but rather invites the audience to engage with the intermediary and the ambiguity and thus to further imagine the dialog between humans and birds.

HÖRNER/ANTLFINGER

Kooperationspartner*innen / Partners

Dr. Sylke Frahnert, Dr. Katja Kaiser, Museum für Naturkunde Berlin (wissenschaftshistorische Beratung)

Christine Bluard, Annelore Naeckerts, Königliches Museum für Zentralafrika, Tervuren, Belgien

Prof. Nancy Jacobs, Brown University, Providence, USA

Dr. Vanessa Wijngaarden, University of Johannesburg, Südafrika, und L’Université de Liège, Belgien

ÖFFNUNGSZEITEN

Dienstag — Samstag, 14 — 18 Uhr. An gesetzlichen Feiertagen geschlossen.

Eintritt frei.

OPENING TIMES

Tue — Sat, 2 — 6 p.m.

Closed on public holidays. Free admission.

Tieranatomisches Theater der Humboldt-Universität zu Berlin Campus Nord, Philippstr. 13, Haus 3, 10115 Berlin Telefon: +49 (0) 30 2093 466 25

E-Mail: welcome@tieranatomisches-theater.de www.tieranatomisches-theater.de

Gefördert durch / Funded by

Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.