!ticket September 2019

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!ticket Österreichs Eventmagazin Nr.1

musik show 2 0 1 9 sport theater kabarett

SEPT

Ausgabe 233

2,90 €

Damit sind Sie live dabei!

DAS GROSSE DRÖHNEN Sabaton und der Erste Weltkrieg Eine erlebte Zeitreise in die Hölle, die Europa damals war

Österreichische Post AG / MZ 15Z040254 M, CTS Eventim Austria GmbH, Mariahilferstraße 41–43, 1060 Wien

wurst salat

Günther Lainer Christian Putscher über Verdauungsschnaps, Leberkassemmerl und Gewichthalten

NENA

NENA ist eine der erfolgreichsten deutschen Künstlerinnen aller Zeiten und ein internationales Pop-Phänomen. Ihre energiegeladene Bühnenpräsenz ist genauso einmalig und mitreißend wie ihre Stimme. Am 14. Dezember wird sie im Rahmen vom Nassfeld Mountain Winter ordentlich einheizen …


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AB 20. SEPTEMBER 2019

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SABATON Als vor 100 Jahren die besiegten Deutschen den Versailler Vertrag unterzeichnen, endet einer der verheerendsten Kriege des 20. Jahrhunderts. Auf ihrem neuen Album „The Great War“ blicken Sabaton noch einmal zurück in die Hölle, die Europa damals war.

16 Die Angst vorm schwarzen Mann

*: Als weiterführende Lektüre empfiehlt sich von Matthias Heine „Verbrannte Wörter“ (Duden Verlag, 2019) über die Orientierung auf einem sprachlich heiklen Terrain.

I

n meiner Kindheit, als der Meinl-Mohr noch selbstverständlich zum Wiener Stadtbild gehörte, war „Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?“ ein gängiges Spiel: Hierin versucht die als Querverweis auf die Pest angelegte Titelfigur möglichst viele Spieler durch Antippen zu fangen. Zugleich stand Pippi Langstrumpf für viele Heranwachsende als Symbol ungeahnter Freiheit ein, war ihr Vater Efraim doch Südseekapitän und „Negerkönig“, sohin selten zu Hause. Damals stand auch noch der „Mohr im Hemd“ auf jeder Wirtshaus-Speisekarte, „Negerkuss“ und „Mohrenkopf“ waren durchaus synonym zur Schwedenbombe zu verwenden – während heute Undis Negrabrot und das xibergerische Mohrenbräu für Schnappatmung sorgen: Denn wer heute, vierzig Jahre später, in diesen Sprachduktus* verfällt, bekommt garantiert Beifall von der „falschen Seite“, von der, die unter dem Deckmantel der Sprachpolizei und des besorgten Bürgers nicht unverblümt zu ihrer politischen Gesinnung stehen will.

Waren wir damals, sogar die unschuldigen Kinder, schwere Rassisten? Auch wenn eine semantische Neubewertung in Auszügen zeitgemäß war, muss man allein über den schwelenden Vorwurf den Kopf schütteln – wird doch die beliebte Rassismuskeule wie die, auf der „Sexismus“ in Versalien prangt, Mitte-Links sicherheitshalber nur zu gern überhastet gezückt. Fallbeispiel 1: Arielle soll in einer Real-Neuverfilmung von Halle Bailey gespielt werden. Nun mag es stimmen, dass uns Disney 1989 mit dem „kaukasischen Klischee“ kein korrektes Bild einer Meerjungfrau kredenzt hat: Tatsächlich geht der Mythos auf die Mami Wata zurück, auf afrikanische Wassergeister. Und auch Meerjungfrauen-Forscher Sacha Coward spricht sich dafür aus, dass selbige eher dunkelhäutige Kreaturen seien. Wer hier nun entgegen allen wissenschaftlichen Wahrscheinlichkeiten Werktreue einfordert (und etwa auch eine Neudichtung von 007 als schwarze Frau ablehnt), ist vielleicht borniert, jedoch noch lange

EDITORIAL kein Rassist. Fallbeispiel 2: Im Juli spielte Kamasi Washington in der Wiener Arena. Allerdings nur einen Song, kam es zuvor doch zu einem Disput zwischen seinem Vater Rickey und einem Security: Ersterer konnte beim Betreten der Halle keine Zutrittsgenehmigung vorweisen, zweiter verwehrte ihm daraufhin den Einlass. Die Situation eskalierte, man wurde laut. Während hierfür an keiner Stelle Belege genannt werden, geisterte hierauf durch die Presse der an die Arena gerichtete Vorwurf des racial profiling. Dabei sollte man eigentlich mit der Bezichtigung einer Insuffizienz Auslangen finden: Es würde für das TicketingGeschäft schlecht aussehen, wenn niemand außer people of color eine Einlasserlaubnis bräuchte. Ein inflationärer, ja: inkorrekter Pauschalvorwurf nimmt der begrifflichen Brisanz den Wind aus den Segeln, macht tatsächlichenRassimus mit Mitteln der Political Correctness unsichtbar. Stefan Baumgartner (Chefredakteur)

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JAN FEB MAR APR MAI JUN JUL AUG SEPT OKT NOV DEZ

IN DIESER AUSGABE [14] Volbeat Wenn die Vertrautheit irgendwie neu klingt [16] Sabaton Eine akustische Zeitreise: Gedenken an den 1. Weltkrieg [20] Bruce Dickinson Das bewegte Leben des IronMaiden-Sängers [22] WurstSalat Das neue Programm von Günther Lainer und Christian Putscher [40] Adel Tawil Über Lebensfreude, Toleranz, Hoffnung und Alltagsrassismus

Mozartrequiem In der Wiener Innenstadt haben bisher Dutzende Ticketverkäufer im Mozartkostüm Karten für klassische Konzerte feilgeboten. Mittels einer Novelle sollen sie künftig in eigene Zonen verbannt werden – und müssen Gebühr bezahlen. Wie der zuständige Stadtrat Peter Hanke (SPÖ) und der Bezirksvorsteher der Inneren Stadt, Markus Figl (ÖVP), erläuterten, ist eine Regulierung geplant, um den bestehenden „Wildwuchs“ einzudämmen. Wo die jeweiligen Erlaubnis- und Verbotszonen (etwa auch außerhalb der Innenstadt) liegen, ist noch nicht fixiert. Wahrscheinlich wird aber der Platz direkt vorm Steffl künftig Tabu sein. Der Novellenbeschluss ist für September vorgesehen.

Marilyn Manson. Kaum eine Neuadaption eines Werks von Stephen King wird so sehr herbeigesehnt wie die angekündigte neue Mini-Serie zu „The Stand“. Es wäre nach dem vierteiligen Fernsehfilm von 1994 bereits das zweite Mal, dass der apokalyptische Albtraum, den King 1978 zu Papier brachte, als Serie fürs Fernsehen umgesetzt wird. In einem Interview mit dem amerikanischen Magazin Revolver bestätigte Marilyn Manson nun, dass er eine Rolle in der Saga übernehmen wird, welche, das lässt er noch offen – möglicherweise den teuflischen Randall Flagg? Außerdem wird Manson mit „The End“ auch eine Cover-Version des DoorsKlassikers zum Soundtrack beisteuern.

28 Was ihr wollt Im Dschungel Wien wird seit 15 Jahren ein buntes Programm kredenzt

LIFESTYLE 30 Erntezeit Der September ist nicht mehr wirklich Sommer, aber auch noch nicht Herbst …

HEIMAT 32 5K HD Die Avantgarde-Pop-Band legt eingebettet in experimentelle Sounds tiefgreifende Texte vor

LOCATION 36 Helmut-List-Halle Beinahe wäre die alte Fabrikshalle der Abrissbirne zum Opfer gefallen

KULTOUR 38 Schaun mag! Ein Ausblick in den Herbst, etwa nach Niederösterreich und in die Steiermark

SPORT 42 Handball Für Team-Kapitän Nikola Bilyk ist das „Dabeisein“ noch lange nicht alles

GCHECKT 46 Musik, Filme, Equipment und Spiele Opeth, The Dead Daisies, „Rambo“, /slash und mehr

Fotos: Stella McCartney, Nicholas Alan Cope, Timo Isoaho; llustration: baes

Beatles-Kollektion. Erst im Sommer sorgte der neue Kinofilm „Yesterday“ für einen erneuten Hype um die Pilzköpfe aus Liverpool, nun schießt Paul McCartneys Tochter Stella eine Kleidungslinie nach: Inspiriert von George Dunnings Animationsfilm „Yellow Submarine“ von 1968 versteht sie ihre Kollektion „All Together Now“ als „Botschaft für Frieden, Liebe und Einheit“. Auch bekannte Künstlerinnen wie Billie Eilish setzten direkt zur Veröffentlichung ein modisches und symbolisches Ausrufezeichen – Eilish wählte für ihren Auftritt beim diesjährigen Glastonbury Festival ein „Lucy In The Sky“-Outfit. Finanzstarke Beatles-Fans shoppen auf stellamccartney.com.

KINDER

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Bill Bailey Larks in Transit Bill Baileys neues Programm ist ein Kompendium von Reisegeschichten: Mit musikalischer Virtuosität, Surrealität und Intelligenz setzt sich Bailey (den man unter anderem aus „Black Books“ mit Dylan Moran kennt) mit Politik, Philosophie und dem Streben nach Glück auseinander. Außerdem erzählt er die wahre Geschichte von Old MacDonald und reimaginiert die „Stars and Stripes“. Kein Wunder, dass ihn der Telegraph als intelligentesten Comedian seiner Generation gerühmt hat! Achtung: In englischer Sprache! 30. Oktober, Globe Wien

Fotos: Bill Bailey (Bill Bailey), Barracuda Music (Max & Iggor Cavalera)

Max & Iggor Cavalera Return Beneath Arise Sepultura gehören mit zu den Wegbereitern des Nu Metal, vermischten später in ihrer Karriere auch Punk und (Thrash) Metal mit traditionellen brasilianischen Elementen und kreierten so einen einzigartigen Stil. Die Gründungsmitglieder und Brüder Max (Gesang, Gitarre) und Iggor Cavalera (Drums) sind zwar mittlerweile nicht mehr bei Sepultura tätig, feiern aber nichtsdestotrotz nach ihrer „Roots“Hommage auch lautstark die beiden Bandklassiker „Beneath The Remains“ (1989) und „Arise“(1991), die gemeinhin zu den wichtigsten Thrash-Alben gehören. 25. November, SiMM City

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SCHEINWERFERLICHT Der Sommer war nicht nur in musikalischer Hinsicht heiß, die Umweltsünden zollen ihre Tribute, die Uhr tickt. Politiker und Konzerne sind gefragt, raschest zu handeln – es kann, soll, nein: muss aber jeder Einzelne seinen Beitrag leisten, zum Beispiel bei Konzerten und Festivals. Müll in die dafür vorgesehenen und meist nicht zu übersehenden Behältnisse zu werfen ist schon mal ein erster Schritt. Mag. Roberta Scheifinger Chefredakteurin und Herausgeberin

Während die September-Ausgabe erscheint, bin ich beim Burning Man (nein, es ist kein Festival), dem weltweit größten „Leaving No Trace“-Event in der Wüste von Nevada. Zirka 75.000 Menschen bringen alles mit, was sie vor Ort für acht Tage brauchen, es gibt dort ausgenommen von Kaffee, Elektrolyt-Getränken und Chai im Center Camp Café und Eisblöcken nichts zu kaufen. Und genau diese 75.000 Menschen lassen am Ende nichts zurück, was dort nicht hingehört. Über meine Erlebnisse erzähle ich Ihnen an selber Stelle in einem Monat! Einstweilen wünsche ich noch einen unterhaltsamen und angenehm temperierten Spätsommer mit den Highlights der kommenden Wochen wie etwa Ariana Grande, Lindsey Stirling, Michael Patrick Kelly, Herbert Grönemeyer, der EAV und Alice Cooper!

• Highlights September • Highlights September • Highlights September • Herbert Grönemeyer Mit seinen Klassikern und den neuen Hits von „Tumult“ im Gepäck 12. & 13., Wien & Schladming Ariana Grande Auf „Sweetener“-Tournee mit Social House und Ella Mai im Vorprogramm 3., Wiener Stadthalle (D) Michael Bublé Mit seinem achten Studioalbum „love“ zurück aus der Versenkung 21., Wiener Stadthalle (D) Lindsey Stirling Eine eigenwillige Mischung aus Klassik, Elektronik, Dubstep & Hip-Hop 16., Gasometer

Amanda Palmer Die Tastenhauerin der Dresden Dolls solo, mit Piano und Ukulele 14. & 15., Wien & Graz

Cats Das erfolgreichste Musical kehrt ins Ronacher zurück. Miau! ab 21., Ronacher

Die Lochis Die Jungspunde mit den Hits ihrer Alben „#zwilling“ und „#whatislife“ 21., Gasometer

Michael Patrick Kelly Ohne „seine“ Kelly-Family gastiert Paddy mit seinem Album „iD“ 4., Arena Open Air

Havasi Exklusives Konzert mit Havasis innovativen Solo-Klavierkompositionen 22., Wiener Konzerthaus

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Fotos: Tine Acke (Udo Lindenberg), Tom Beard (Liam Gallagher), Barracuda Music (Alice Cooper)

Alice Cooper am 16. September in der Wiener Stadthalle (D)


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Udo Lindenberg Panik Er ist Schriftsteller, Maler, Komponist, Sänger, Musical-Figur, Filmemacher und scheinbar nebenbei auch Erfinder des Deutsch-Rock: Udo Lindenberg ist nicht nur irgendein Musiker – sein Name steht für ein Gesamtkunstwerk. Naturgemäß ist auch das Medienecho zur Panik-Tournee überwältigend: Abgefeiert wird neben den zahlreichen Hits von „König von Scheißegalien“ bis hin zu „Sonderzug nach Pankow“ auch Udos gigantisch opulente Bühnenshow mit riesiger LED-Wall. 20. Juni, Wiener Stadthalle (D)

Liam Gallagher Why Me? Why Not. Nach Liam Gallaghers SoloDebüt „As You Were“ erscheint am 20. September der Nachfolger „Why Me? Why Not.“: Bereits die erste Single „Shockwave“ untermauerte seinen Status als beständigen Rock’n’Roll-Star, der nichts vom einstigen Glanz eingebüßt hat. Und auch die zweite Single „The River“ präsentierte den Britpopper, der freilich von Oasis noch in aller Munde ist, mit ungezügelten Riffs und spöttischer Stimme als Anarchist durch und durch. Supersonic! 18. Februar, Gasometer

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Liebe ist Wir befinden uns auf Spurensuche des Phänomens Nena: Mit 25 Millionen verkauften Tonträgern weltweit ist sie eine der erfolgreichsten deutschen Künstlerinnen aller Zeiten, internationales Pop-Phänomen und natürlich die einzig wahre „Queen of Neue Deutsche Welle“.

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Jahre ist es bereits her, als 99 Luftballons das erste Mal der Freiheit ausgesetzt wurden und gen Horizont geschwebt sind. Und immer noch ist Nenas energiegeladene Bühnenpräsenz genauso einmalig wie ihre Stimme, ein Mix aus Mädchenhaftigkeit und Powerfrau, die an Originalität nicht zu toppen ist. Wer die 59-jährige Nena einmal live erlebt hat, der stellt sich nie mehr wieder die Frage, ob Erfolg, Aussehen, Spaß und immerwährender Optimismus eine Frage des Alters ist. Galions- und Kultfigur Denn: Wieso, bitteschön, soll für Künstler – oder, sagen wir es: Frauen! – jenseits der 40 auf der Bühne kein Platz mehr sein?! – Das scheint Nena mit ihren blitzend-funkelnden Augen in diesen Momenten zu fragen. Ist es nicht gerade die Lebenserfahrung, die Reife, die in den vergangenen Jahren sich erarbeitete innere Ruhe, mit der die Massen zu begeistern sind, weil sie genau das geschenkt bekommt, wonach die Einzelnen in ihr doch so sehr gieren? Nach wie vor, heute

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vielleicht mehr denn je, steht Nena für ein Lebensgefühl, das wohl irgendwie und irgendwo in jedem Herzen zu Hause ist. Und wieso, noch mehr bitteschön, soll man etwas ad acta legen, in dem man nicht nur gut, sondern sogar besser als der Großteil da draußen ist, die Queen, eine Galions- und Kultfigur, eine Legende? Genau. Und weil Nena all das und noch viel mehr ist, tourt sie nach wie vor mit höchstem Elan, rockt jede Bühne und stellt alle Popküken da draußen bis zur Unsichtbarkeit in den Schatten – zum Beispiel am 14. Dezember im Rahmen des ersten „Nassfeld Mountain Winter Konzert 2019“ in Kärnten. Sollte man keinesfalls verpassen – und keine Sorge: Bei Nena kommt bestimmt keine Kälte auf!

Foto: Kristian Schuller

TEXT: MANUEL SIMBÜRGER


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Nena!

Authentizität Im Grunde zeigt uns die Sängerin, die eigentlich Gabriele Susanne Kerner heißt, das, was Psychoratgeber schon seit ewigen Zeiten predigen (aber bei Weitem nicht so unterhaltsam!): Sei du selbst, immer und überall, dann lieben dich auch die anderen. Authentizität führt zu persönlicher Stärke, zu Erfolg, zur Seelenreinigung. Egal in welcher Phase ihres Lebens, ihrer Karriere sich Nena auch befand – sei es als Vierfach-Mutter, Dreifach-Oma, ehemalige Geliebte von Udo Lindenberg, Tragödien-Erprobte, Meditations-Fan, Rockgöre, Weltenverbesserin, Gründerin der Neuen Schule Hamburg, TV-Jurorin, Powerfrau Nena ist mehr als nur ein gigantisches Stück Popkultur. Vielmehr ist sie Vorbild für uns alle, in vielen Belangen.

GEWINN SPIEL

Foto: Kristian Schuller

Wir verlosen vom 13. bis 15. Dezember ein Doppelzimmer inklusive Halbpension im Falkensteiner Carinzia Hotel inklusive VIP-Tickets für Nena. Mehr Informationen und Teilnahmebedingungen: www.ticketmagazin.com

Charts-Anführerin oder Sängerin, deren Song nicht erhört wird: Sie blieb immer sie selbst. Die beste Freundin der Nation. Lehrend, ohne belehrend zu sein, nie ein Blatt vor den Mund nehmend, dabei immer höchst sympathisch. Von Beginn an machte die Sängerin musikalisch nur das, was sie wollte, jenseits und abseits von Trends (lieber setzt sie selbst welche!) oder geldgeilen Managern. „Deutsche Texte hatten es im Radio noch nie ganz leicht. Und ich freue mich natürlich, wenn meine Songs gespielt werden, aber ich habe sie nie für irgendwas passend gemacht“, stellte sie einst klar.

Historischer Eskapismus Nena ist nicht nur ein großes Stück deutsche Popgeschichte, sondern verkörpert auch wie nur wenige andere Künstler das unvergleichliche Jahrzehnt der Achtziger. Bei Nenas Songs – ganz besonders live, bei ihren Konzerten! – werden Gefühle von und Erinnerungen an damals wach. Plötzlich fühlen wir wieder, ganz wie einst in den Eighties, dass alles möglich zu sein scheint. Ein Nena-Gig ist Eskapismus mit historischem Touch. Gegenwart und Vergangenheit verschmelzen, wir sind jung mit dem Wissen des Alters. Mit Songs wie „Nur geträumt“, „Irgendwie, irgendwo, irgendwann“, „Wunder gescheh’n“ und natürlich „99 Luftballons“ (der Song entstand vor dem Hintergrund der letzten Phase des Kalten Krieges: Was würde geschehen, wenn 99 Ballons über die Grenze nach Ostberlin treiben und dort eine paranoide Reaktion auslösen würden?) wur-

de Nena zum Gesicht der Neuen Deutschen Welle und zur Verkörperung des Endes einer alten Ordnung, der Freiheit und des Übermuts.

Oden an das Leben Nena macht sich Gedanken – über das Leben, die Menschen, was uns antreibt und wie wir die Welt besser machen können. Wenn Nena sich etwas versagt, dann ist das der Oberflächlichkeit. Das spiegelt sich bis heute auch in ihren Songs wider: Die Sängerin lädt zum angstlosen Träumen ein, zur grenzenlosen Selbstfindung, zum Genießen des Moments. Nenas Lieder sind in Noten verpackte Liebeslieder genauso wie Oden an das Leben und die Freude an sich. Wenn Nena über die Definition von Liebe philosophiert, ist das nicht kitschig, sondern berührend, sie lässt uns wieder an Wunder glauben, lässt uns die Wärme der Sonne spüren und den kalten Wind als angenehm erfrischend empfinden. Nenas Konzerte sind ein Versuch, Frieden in die Welt zu bringen, egal wie laut, chaotisch und beängstigend es außerhalb der Stadien- und Hallentore auch zugehen mag. „Ein Austausch an Herzenergie“, sagt sie selbst dazu. Anti-Helene Aber: Herzliche Liebesbekundungen hin oder her, mit Helene Fischer hat das alles herzlich wenig zu tun, im Gegenteil: Nena, die coolste „Rampensau“ im deutschsprachigen Raum, mag gar die Antithese der blonden Schlager-Überfrau sein.

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Geerdeter Lederlook statt Glitzerkleidern, Authentizität statt kontrolliertem Image, rotzfreche Punkrock-Attitüde statt Prinzessinnenlächeln. Romantisch-wild statt romantisch-perfekt. Hinter jedem „Wir haben uns lieb!“ steht ein „Fuck you, wenn du es nicht tust!“, hinter jedem „Hast du etwas Zeit für mich, dann singe ich ein Lied für dich“ ein „Selbst schuld, wenn du etwas Besseres vorhast!“ Selbststatt Fremdbestimmtheit: So cool war Nächstenliebe noch nie. In diesem Sinne: Wir bitten zum Interview! Wo endet Gabriele Susanne Kerner und wo beginnt Nena? Gabriele unterschreibt Verträge, kümmert sich um komische Amtsangelegenheiten und das Finanzamt oder Punkte in Flensburg, Nena ist für den Rest zuständig. Mit einer Ausnahme: Als Mutter bin ich immer eine Mischung aus beiden. Sie haben mehr als 40 Jahre Bühne hinter sich: Wie schwierig ist es, sich nach all den Jahren echte Emotionen auf der Bühne zu bewahren und abgebrühte Routine zu verhindern? Sobald das Gefühl von Gewohnheit sich bei mir in den Vordergrund drängt, versorgt mich das Leben mit Bewegung und alles gestaltet sich wieder neu. Konzerte zu spielen ist immer wieder anders, immer wieder neu für mich. Und auch in den Städten, in denen ich schon zigmal live gespielt habe, gehe ich immer wieder komplett neu auf die Bühne. Gibt es einen speziellen Moment in Ihrer Karriere, an den Sie sich besonders gerne zurückerinnern? Wenn ich nach den Luftballons gefragt werde, muss ich oft schmunzeln und denke sofort an eine lustige Geschichte: Wir wollten damals den Song unbedingt als Single veröffentlichen und unsere Plattenfirma hat alles versucht, uns das aus-

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zureden, mit der Ansage, „der Song sei nicht kommerziell genug, weil er keinen Refrain hat.“ Und dann wurden die 99 Luftballons ein Welthit … (lacht) Sie können auf eine lange Liste großer Hits zurückblicken. Welcher dieser Erfolge hat Sie persönlich am meisten überrascht? Als ich mit 17 Sängerin in meiner ersten Band The Stripes war, hatte ich keine Ahnung von goldenen Schallplatten, ich wusste nicht mal, dass es so was überhaupt gibt (lacht)! Wir hatten und haben leidenschaftlich Musik gemacht. Darum ging es, alles andere war egal. Ein Drummer, ein Bassist, ein Gitarrist und eine Nena. Das war romantisch wild und mehr brauchten wir erst mal nicht. Es ging um dieses ganz bestimmte Lebensgefühl und damit den eigenen Lebensraum zu erweitern. Und aus diesem Gefühl bin ich nie mehr wirklich ausgestiegen, das trägt mich durch mein Leben.

ner Teenagerzeit, so zwischen 15 und 16, war das Gefühl beziehungsweise die Angst, etwas zu verpassen, groß und anstatt mich dagegen zu wehren, habe ich das eine Weile einfach sehr intensiv ausgelebt, bis es keine Bedeutung mehr für mich hatte. Seitdem hatte ich nie wieder Sorge, etwas zu verpassen.

Sie haben bereits so einige Revivals erlebt – jenes der 80er und jenes der 90er. Entstehen Revivals Ihrer Meinung nach aus Liebe zur Vergangenheit oder weil uns einfach nichts mehr Neues einfällt? Nichts geht verloren, und wir erinnern uns doch gerne an Sachen, die uns etwas bedeutet haben.

Sie saßen nicht nur in der „The Voice Kids“-Jury, sondern sind auch Mitbegründerin einer Schule in Hamburg. Was ist das Wichtigste – abgesehen von Liebe und Zuneigung –, wenn es um die Förderung von Kindern geht? Was wir tun können, ist ihnen einen Rahmen zu geben, der die Entfaltung von Selbstbewusstsein und Verantwortungsübernahme ermöglicht. Beides ist in uns Menschen angelegt, das muss nicht erst von außen kommen. An der NSH können die Schüler ihre individuelle Freiheit leben, einfach ihrer Neugierde folgen und sich in allem ausprobieren. Das Zusammenleben ist demokratisch organisiert, jeder hat eine Stimme – egal ob Schüler oder Lehrer. Die Regeln werden in der wöchentlichen Schulversammlung beantragt und verändert, und das täglich stattfindende Lösungskomitee bearbeitet Verstöße und Konflikte. Es herrscht ein Klima von Respekt, Individualität wird gefeiert und alle müssen sich und ihr Handeln immer wieder reflektieren, überdenken und manchmal anpassen. Und wer mehr darüber erfahren möchte, kann gerne unser Buch lesen, das wir, also die Schüler, die Lehrer, die Eltern und die Gründer der NSH zum 10-jährigen Bestehen der Schule geschrieben haben. Es heißt: „Werden? Ich bin doch schon!“

Haben Sie das Gefühl, im Leben etwas versäumt zu haben? Ich hatte tatsächlich selten das Gefühl, etwas versäumt zu haben. Außer in mei-

n Nena gastiert mit Luke Andrews im Vorprogramm am 14. Dezember am Nassfeld Mountain Winter Konzert vor der beeindruckenden Bergkulisse.

Sie sind seit Jahrzehnten höchst erfolgreich. Ist es Ihre Bestimmung, Leute zu unterhalten und glücklich zu machen? Ein gutes Konzert bedeutet Anschluss. Ich nenne es gerne auch Austausch von Herzenergie. Sich auf eine Art mit den Menschen zu verbinden, denen man dort begegnet.


IN 2D UND IMAX® 2D

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Konzertante Aufführung Am 5. Juli 2019 feierte „Elisabeth“, die internationale VBWErfolgsproduktion aus der Feder des Erfolgsduos Michael Kunze & Sylvester Levay, als großes Konzerterlebnis der Extraklasse Premiere im ausverkauften Ehrenhof des Schloss Schönbrunn und wurde damit erstmalig am Originalschauplatz gezeigt, wo die Kaiserin einst selbst viel Zeit verbracht hat. Aufgrund des enormen Ansturms mit über 22.000 verkauften Tickets wird das erfolgreichste deutschsprachige Musical aller Zeiten auch im nächsten Jahr noch einmal in konzertanter Version in der berühmten historischen Kulisse zu sehen sein. Erzählt wird die dramatische und berührende Geschichte über Leben, Wirken und Leiden der Kaiserin Elisabeth.

Elisabeth

25. bis 27. Juni, Ehrenhof Schloss Schönbrunn

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Timmy Trumpet On Tour Mittlerweile ist der australische DJ ganz oben angekommen, spätestens mit der Single „Freaks“ hat er die Musikwelt im Sturm erobert. Seine Karriere als Musiker begann allerdings schon vor 20 Jahren bei seiner Ausbildung zum klassischen Jazzmusiker und ging als Solotrompeter mit der australischen All-Star Stage Band auf Tour …

1. und 2. November, Stadthalle Graz und Wien (D)


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Tahnee

Vulvarine Nach kurzer Pause ist sie zurück und präsentiert sich in ihrem zweiten Bühnenprogramm gewohnt bescheiden: Tahnee ist „Vulvarine“. Welche Assoziation einem dabei auch immer zuerst in den Kopf schießen mag, an der Realität geht sie meilenweit vorbei. Denn auch dieses Mal redet die Frau mit den feuerroten Haaren so unerbittlich Klartext, dass sie jedes Blatt vor ihrem Mund zerfetzt. Ihre Stimmbänder sind ihre Klingen und damit rasiert sie gekonnt das weite Feld der Comedy. Im Programm geht es um die eigene Superkraft, das Erwachsenwerden und die Grenzen des guten Geschmacks.

Fotos: Guido Schröder (Tahnee), Herwig Prammer (Elisabeth), Jonathan Vivaas Kise (Kvelertak), Mark Islam (New Model Army), Barracuda Music (Timmy Trumpet), Holiday on Ice Productions (Holiday on Ice)

3. Oktober, Globe Wien From Here New Model Army sind eine der legendärsten Undergroundbands Europas: 1980 von Justin Sullivan in Bradford gegründet, waren ihre Anfänge von Punk und Northern Soul beeinflusst. Seit diesem Zeitpunkt befinden sich die Jungs aus England auf einer langen, ereignisreichen und kreativen Reise. Dabei haben sie viele neu aufkommende Genres gestreift und beeinflusst – darunter Post-Punk, Folkrock, Gothic und Metal. Nun erscheint mit „From Here“ ihr neues Album. Unser Interview mit Justin Sullivan findet man unter www.ticketmagazin.com!

New Model Army

20. Oktober, Arena

Holiday on Ice Showtime Die neue Produktion von Holiday on Ice erzählt von der großen Leidenschaft der EiskunstläuferInnen und setzt die Geschichte der weltbekannten und meistbesuchten Eis-Show in Szene: „Showtime“ zeigt einen Showcast in seinem unbändigen Streben nach Begeisterung und Perfektion und wirft zudem einen Blick in die Zukunft des Entertainments auf dem Eis. 40 der besten EiskunstläuferInnen der Welt nehmen das Publikum mit auf diese magische Reise und bieten einen einzigartigen Mix aus den besten Einzelund Paarläufern der Welt! Jänner & Feber, Wien & Innsbruck

präsentiert von Mind Over Matter Seit ihrer Gründung 2007 sofort als Geheimtipp gehandelt, haben sich die Norweger in kürzester Zeit in die Rock’n’Roll-Champions-League konzertiert. Dass man von Metallica persönlich als Tour-Support geladen wurde, hilft dabei natürlich. Aber es ist verdient: Wenn man dem RockFundament noch eine Prise Hardcore Punk und Black Metal beimengt, dann hat man sein Publikum von Show zu Show auch im wohligen Würgegriff – einem Griff der genau das bedeutet, eben Kvelertak. Den Bandnamen spricht man übrigens „Kuh-vell-ertack“ aus.

Kvelertak

11. März, Szene highlights

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Kein Stillst Mit „Rewind, Replay, Rebound“ melden sich Volbeat zurück – und liefern damit ihr abwechslungsreichstes Album, vollgepackt mit neuen Ideen, aber auch mit ihrem unverwechselbaren Signature-Sound. TEXT: AMINA BEGANOVIC

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dort ein Klavier oder den Harlem Gospel Choir. Es ist definitiv unser bisher buntestes Album. Wir sind keine Band, die gerne am selben Punkt verharrt, wir wollen lieber Türen öffnen und erforschen. Darum geht es schließlich im Leben: hinauszugehen und zu sehen, was die Welt zu bieten hat.“ Vergangenheit und Zukunft Dass diese Welt nicht unbedingt nur Gutes bereithält, davon zeugt etwa die Single-Auskopplung „Leviathan“. Der Titel stammt vom Namen eines mythischen Seeungeheuers oder Riesen, der in dem Lied aber zu einem Verbündeten wird. „Der Song ist aus dem Blickwinkel eines Kindes geschrieben. Es erkennt, dass die Welt eigentlich ein furchtbarer Ort sein kann, voller Krieg, Korruption … doch das kleine Kind kann dagegen alleine nichts ausrichten. Es blickt also aufs Meer hinaus und bittet seinen starken Freund Leviathan um Hilfe. Vielleicht kann er die Welt retten, wenn sie zusammen losziehen und es zumindest versuchen. Es ist ein großer Traum, “ erzählt Poulsen die Geschichte zu dem Song. Kinder In Bewegung Volbeat (mit neuem Bassisten Kaspar Boye) verlieren nicht den kreativen Hunger nach Neuem – bleiben aber ihrem Sound treu.

Foto: Ross Halfin

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ut drei Jahre haben sich Volbeat seit ihrer letzten Platte „Seal the Deal & Let’s Boogie“ Zeit gelassen, nun erschien am 2. August ihr siebentes Studioalbum „Rewind, Replay, Rebound“. Die Pause war ganz bewusst gewählt – und auch notwendig: „Wir waren eigentlich permanent auf Tour, es sind immer mehr Shows dazugekommen, wir waren nur selten zu Hause; irgendwann musst du dich wieder in Ruhe hinsetzen, neue Inspiration finden und schreiben. Wir wollten auch nicht einfach ein Album machen, bloß um schnell irgendetwas Neues herauszubringen – so etwas brauchen wir nicht. Wir haben uns genau die richtige Menge an Zeit genommen, um genau das richtige Material zu schreiben, “ erklärt Frontmann Michael Poulsen im Gespräch mit !ticket. Volbeat-Fans werden auf der neuen Platte den typischen Signature-Sound der Band heraushören – Hardrock-, Punk- und Metal-Elemente, gemischt mit flottem Rock ’n’ Roll, angelehnt an die 50er-Jahre. Doch trotz der Vertrautheit klingt vieles neu. „Wir haben schon immer gerne verschiedene Genres miteinander kombiniert, aber diesmal haben wir noch mehr neue Zutaten beigemischt. Man hört beispielsweise auch Poprock- oder Country-Sounds, da und


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wickle ich finden sich auch am mich als Cover des Albums, Mensch und der Name der Platte als Musiker soll unter anderem laufend weieinen bewussten ter. ‚Stillstand‘ Blick in die eigene ist ein fürchVergangenheit symWir verlosen 2 Deluxe-CDs und 1 Vinyl terliches Wort für bolisieren. Poulsen vervon „Rewind, Replay, Rebound“. Mehr Informationen und mich.“ arbeitet in seinen Lyrics Teilnahmebedingungen: www.ticketmagazin.com viel aus seiner persönlichen Altbekannt und neu Geschichte, vor allem die „Rewind, Replay, Rebound“ wurschlechten Zeiten. Die Inspiration zu „Last Day Under The Sun“ de von Jacob Hansen, Rob Caggiano und etwa stammt von einer Passage aus ei- Michael Poulsen produziert, zudem ist es nem Johnny-Cash-Buch, in der die das erste Volbeat-Studioalbum nach dem Country-Ikone über seine schwie- Ausstieg von Anders Kjolholm. Kaspar rige Phase mit Alkohol und Boye Larsen, ein langjähriger Freund der Drogen berichtet – aber Band, ist nun am Bass zu hören. Ein Wechauch über das Gefühl, eine sel, der für Poulsen „ganz natürlich“ funkzweite Chance zu bekom- tionierte: „Wir kannten Kaspar schon, men. „Ich habe selbst viel bevor es Volbeat überhaupt gegeben hat. Mist durchgemacht, insbe- Bei unserer allerersten Tour war Anders sondere wegen Alkohol. Es nicht dabei, da er wegen seiner Kinder dahat mich einiges an Kraft heimbleiben musste. Viele Volbeat-Fans gekostet, diese Dämonen un- der ersten Stunde haben also bei diesen ter Kontrolle zu bekommen. Shows Kaspar bereits live erlebt. Er ist ein Aber das Gute ist: Man kann sich toller Bassist mit hervorragender Technik stets ändern, wenn man es will,“ so und viel Gefühl für Songwriting. Man hört Poulsen. „Als ich vor zwei Jahren seinen Einfluss bei jedem der neuen Tracks.“ Vater geworden bin, hat das viele Auch Gäste sind auf der Platte vertreten, Dinge wieder in die richtige Per- neben der bereits bekannten Backgroundspektive für mich gerückt. Die Auf- sängerin Mia Maja haben auch Clutchmerksamkeit und Energie verlagert Sänger Neil Fallon („Die To Live“) oder sich auf das Kind – und das wie- Exodus- und Slayer-Gitarrist Gary Holt derum hat mich stark zu neuen („Cheapside Sloggers“) mitgemischt. Mit Songtexten über das Leben in- dem neuen Material im Gepäck sind Volspiriert.“ Der Track „Rewind beat seit Sommer auf großer Welttournee: the Exit“ drückt dieses positive „Wir lieben es, auf der Bühne zu stehen, Gefühl aus, Poulsen singt da- und das werden die Leute wie immer spürin „I’m finally comfortable ren. Wir spielen auch gerne alte Tracks, es with who I am“ – was aber soll für jeden etwas dabei sein. Es soll viel nicht heißt, dass er nicht gerne gute Stimmung und gutes Karma geben – noch die eine oder andere einfach eine tolle Zeit sein.“ Komfortzone verlässt. „Zwar bin ich an diesem Punkt der n Volbeat gastieren mit Baroness und Zufriedenheit mit mir selbst Danko Jones im Vorprogramm am 17. Noangekommen, trotzdem ent- vember in der Wiener Stadthalle (Halle D).

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war hatte bereits im November 1918 der Waffenstillstand von Compiègne die Kampfhandlungen des Ersten Weltkriegs beendet, nicht aber den Kriegszustand. Erst im Juni 1919 wurde unter Zähneknirschen der Deutschen in Versailles der Friedensvertrag unterzeichnet – doch es war kein Frieden, der ausgerufen wurde, vielmehr ein zwei Jahrzehnte andauernder Waffenstillstand. Denn auch wenn die direkte Schlussfolgerung heute gemeinhin als überholt gilt: Die Sanktionen waren für das Deutsche Reich zu hart, als dass es selbige als politische Einheit und wirtschaftliche Großmacht dauerhaft akzeptieren würde – sodass die schwelenden Revanchegedanken Europa nach dem Ersten schließlich auch in die Katastrophe des Zweiten Weltkrieges stürzten. Zum Gedenkjahr des Kriegsendes sind natürlich keine Feierlichkeiten angebracht, wohl aber ein Mahnruf: So hat etwa „Herr der Ringe“-Regisseur Peter Jackson erst im Sommer „They Shall Not Grow Old“ vorgelegt; Es ist dies eine Dokumentation über den Ersten Weltkrieg, die vor allem ob der Kunstfertigkeit der Kolorierung Aufsehen

Beinhaus von Douaumont Nahe dem im Ersten Weltkrieg schwer umkämpften Fort Douaumont befindet sich heute das Beinhaus: In ihm werden die Gebeine von über 130.000 nicht identifizierten französischen und deutschen Soldaten aufbewahrt. Vor dem Beinhaus befindet sich ein Friedhof mit 16.142 Gräbern französischer Soldaten.

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Als vor 100 Jahren die besiegten Deutschen den Versailler Vertrag unterzeichnen, endet einer der verheerendsten Kriege des 20. Jahrhunderts. Auf ihrem neuen Album „The Great War“ blicken Sabaton noch einmal zurück in die Hölle, die Europa damals war. TEXT: STEFAN BAUMGARTNER

Fotos: Timo Isoaho

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Fotos: Timo Isoaho

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erregte. Zudem tappt er nicht in die stets schwelende Propagandafalle oder lauernde Verklärung, sondern zeigt in seinem ambitionierten Projekt authentisches Material und weckt Empathie, ohne dabei voyeuristisch zu agieren. Und auch die schwedische Heavy-Metal-Band Sabaton blickt auf ihrem neuen Album „The Great War“ zurück auf die vier Jahre zu Anfang des vergangenen Jahrhunderts, in denen grob 20 Millionen Tote zu beklagen waren. Vier Jahre, die die europäische Landkarte ungleich stark veränderten wie kein Krieg nach ihnen. Sowohl Jackson als auch Sabaton gelingt bei ihrer Erzählung im Ton selbst ein besonderer Kunstgriff: Während Ersterer nicht auf oberlehrerhafte Erläuterungen sondern auf Zeitzeugen setzt, doppeln Sabaton in ihrer Musik gleichermaßen den Gefechtslärm, der Europa von 1914 bis 1918 erschütterte, vergessen dabei aber auch nicht, das „Kanonenfutter“ zu vermenschlichen. Das große Dröhnen Clara Faisst war eine deutsche Komponistin, Pianistin und Dichterin und erlebte beide Weltkriege. Die Kriegsjahre des Ersten Weltkriegs schildert sie in ihrem Tagebuch, kommentiert darunter auch Zeitungsmeldungen: Im Februar 1916 etwa liest sie alles, was in der Presse über die Schlacht von Verdun – eine der größten aller Materialschlachten – berichtet wird. Euphorisiert zeigt sie sich über die schnelle Einnahme des Forts Douaumont, am 28. Februar überrascht sie dann mit der lapidaren Notiz: „Den Kanonendonner von

DER WELTKRIEG IM HEAVY METAL Auch wenn der Zweite Weltkrieg als thematische Blaupause in der Welt des Heavy Metals auch bei politisch unbedenklichen Bands landläufiger ist, so gibt es doch zahlreiche Künstler, die sich auch dem Ersten Weltkrieg verschrieben haben, darunter: Bolt Thrower („Those Once Loyal“), Motörhead („1916“), Carach Angren („Where The Corpses Sink Forever“), Black Label Society („1919 Eternal“), God Dethroned („Under The Sign of the Iron Cross“), sowie Iron Maiden beim Song „Paschendale“ und Iced Earth mit „Red Baron/Blue Max“. Noch tiefer, als „nur“ Geschichte in ihren Songs erlebbar zu machen, gehen freilich die Hauptprotagonisten der Geschichte: Für ihren Sabaton History Channel haben sie sich mit den Historikern Indiana Neidell und Timeghost zusammengetan und erzählen mit der Geschichte hinter ihren Songs auch unser aller Geschichte nach: Neidell, auch das Gesicht hinter den ambitionierten Projekten „The Great War“ und „World War II“, frohlockt dabei über die Möglichkeit, die Musik als interessantes, lebendiges Medium des Vermittelns von Historie zu nutzen.


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Erlebte Geschichte Sabaton haben sich vor Ort Eindrücke aus der „Hölle von Verdun“ geholt. Hier sieht man sie vor dem Denkmal für die Gefallenen von Verdun.

N N I W GE IEL SP

hansson das oft zu Unrecht als

it „The kete m nierter a p tumb und platt verschrieene n a sig 5F er und rlosen nen Wir ve r“-CD, Post r Informatio Genre. Doch natürlich ist es eh Wa Great mmkarte. M dingungen: e b ra e g m o m o t schwer, in der Kürze und Prägh u .c A ilna zin und Te icketmaga .t nanz von Songs der Geschichte www

Verdun hört man bis hierher.“ „Hierher“, das heißt: Bis ins 200 Kilometer entfernte Karlsruhe. Näher an der Hölle dran war freilich der Militärarzt und spätere „Berlin Alexanderplatz“-Autor Alfred Döblin, der im rund 100 Kilometer von Verdun entfernten Sarreguemines stationiert war und am 29. März in einem Brief schreibt: „Wochenlang Kanonendonner von Verdun herüber. Mit den Ohren haben wir die Schlachten von Verdun mitgekämpft […], so stark war die Kanonade tags und nachts, dass bei uns die Scheiben zitterten, […] Explosionen, ein ewiges Dröhnen, Bullern, Pauken am westlichen Himmel.“ Ernst Jünger („In Stahlgewittern“) schreibt von einem „höllischen Konzert“, sein Kollege Ernst Johannsen („Vier von der Infanterie“) erzählt von einem auf die Spitze getriebenen Vernichtungswillen – und auch der junge Theodor W. Adorno berichtet in einem Schulaufsatz über einen sommerlichen Ausflug in den Schwarzwald. Selbst dort war der Donner des „Langen Max“, ein 38-cm-Geschütz von Krupp, zu hören, das gerade den Hagel über Belfort regnen ließ. Der Gesamteindruck wird deutlich: Die Artillerie war daheim eine makaber fesselnde Liveübertragung, an der Front freilich wurde das Ohr von der grollenden Kakophonie erbarmungslos belagert und

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betäubt. Der Geschützlärm war ein Schallereignis von bis dato ungekannter Brutalität – und das vor Verdun gleich millionenfach. Das Dauergetöse traumatisierte die Soldaten reihenweise, die ersten wurden freilich zu Simulanten erklärt. Bereits 1916 veröffentlichte aber der Philosoph Hellmuth Falkenfeld seine Abhandlung „Die Musik der Schlachten“, über das zermürbende Trommelfeuer aufs Trommelfell. Die Musik der Schlachten Für eine solche zeichnen seit 1999 auch Sabaton verantwortlich: Zwei Dekaden widmet sich das Quintett bereits akustisch treffend in Szene gesetzten Kriegsnacherzählungen von der Antike bis in die Gegenwart, ohne den Krieg dabei zu glorifizieren oder gar in ein Politisieren mit dem Zeigefinger zu verfallen: Ihr neuntes Album ist dem Ersten Weltkrieg gewidmet, vier Jahren des Konflikts, der die Welt erschütterte und vier Monarchien unter sich begrub. Der Kontrast zwischen der Brutalität dieses gnadenloses Krieges, aber auch heroischen Heldentaten seiner Soldaten spiegelt sich auf „The Great War“ wieder – erstmals jedoch mit einer besonderen Tiefenwirkung: Mit „Heavy Metal ist seit jeher Inspirationsquelle für gerade Jugendliche, sich mit Geschichte oder Zeitgeschichte zu beschäftigen“, legitimiert Gitarrist Tommy Jo-

gerecht zu werden. Daher gibt es „The Great War“ auch in einer „History Version“, die für die Hörer gedacht ist, die sich nebst der Musik auch der konzeptuellen Bedeutung widmen wollen: „Ihnen bedarf es einer Tiefenwirkung“, weiß Bassist und Sabaton-Mastermind Pär Sundström. Eine weibliche Erzählstimme führt hier thematisch in die einzelnen Songs ein: „Es war wichtig, dass neben der martialischen Härte des Albums, das natürlich das Kriegsgetöse widerspiegelt, durch die weibliche Stimme auch eine einerseits verletzliche, fragile, gleichzeitig aber auch taffe Seite zum Tragen kommt: die menschliche Perspektive, die in einer mechanisierten Kriegsführung oft vergessen wird.“ Viel weiter noch gehen Sabaton seit Jahresanfang mit ihrem eigenen History Channel, denn die größte Gefahr ist nicht, dass wir nicht aus der Geschichte lernen wollen, sondern wenn Pluralismus beschnitten wird und wir somit nicht lernen können, wie Pär exponiert: „Kritische Berichterstattung darf nicht unterbunden werden, man muss sich auch aus seiner Blase hinausbewegen. Das ist vielleicht das einzige, aber dabei nicht minder wichtige Statement, das es jemals von Sabaton zu hören geben wird. Nur durch eine Vielzahl an Positionen kann sich der Rezipient seine eigene Vogelperspektive schaffen. Und das wollen wir auch mit unserem eigenen History-Channel erreichen.“ Denn während Heavy Metal – Musik – Geschichte naturgemäß simplifiziert, gelingt ebenda eine Lehrstunde, die über das Gewöhnliche weit hinausgeht. n Sabaton gastieren im Rahmen ihrer „The Great Tour“ am 21. Jänner mit Apocalyptica und Amaranthe im Vorprogramm im Gasometer.



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ockstars legen sich gern exaltierte Hobbys zu, denen sie eifrig nachgehen, um die mitunter durchaus erwähnenswerten Erfolge schließlich in ihren Autobiografien auszubreiten. Neil Young nimmt Zuggeräusche auf und spielt sie in seiner Scheune, in der sich eine spektakuläre Miniatur-Eisenbahnanlage findet, ab. Blurs Alex James macht Käse, Tools Maynard James Keenan Wein. Alice Cooper hat das Golfspiel, Ronnie Wood sammelt Briefmarken und Gene Simmons gefällt sich als Wirtschaftshai. Slash lebt(e) unter Schlangen, James Hetfield schießt in der sibirischen Pampa auf Bären und besitzt eine stattliche Hotroad-Sammlung, sein Kollege Kirk Hammett nennt einen Horror-Zirkus sein Eigen, und Mötley Crüe haben sich ziemlich oft verliebt. Iron-Maiden-Sänger (Paul) Bruce Dickinson hingegen tut sich in seiner Freizeit als Fechter der britischen Nationalmannschaft, Linienpilot für Verkehrsmaschinen, Luftfahrtunternehmer, Radiomoderator und -DJ, Roman- und Drehbuchautor und sogar als Motivationsredner hervor, und – als wäre dem noch nicht genug – verantwortet nebenbei gemeinsam mit der Brauerei Robinsons auch noch Trooper, das IronMaiden-Bier. Bei so vielen Beschäftigungen mag man vermeinen, Dickinson suhle sich im Luxus eines millionenschweren Neureichen, der alles, dabei aber nichts tut – doch bei ihm wird sogar ein Hobby zur

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Profession. Das mag höchstwahrscheinlich auf seine frühkindliche Prägung zurückzuführen sein: Für seine kleinbürgerlichen Eltern war er eher ein Klotz am Bein, er wuchs in der traditionsreichen Oundle School auf, einem Eliteinternat, das bis heute „anständige, aufgeschlossene Erwachsene“ heranzüchten will, „die den festen Willen haben, etwas zu leisten“: Hinter verschlossenen Türen und vorgehaltener Hand beginnt ein Martyrium aus Züchtigungen – wie immer, wenn Anstand in Versalien gepredigt wird. So erzählen auch der große Radiomann John Peel und Monty Pythons Michael Palin ähnliche Geschichten von britischen Kaderschmieden. Ob autoritäre Erziehung funktioniert, darüber scheiden sich freilich die Geister. Dickinson reagiert – indem er revoltiert. Nicht nur im Ventil des Rock ’n’ Roll, sondern auch indem er etwa den Honoratioren ins Essen pisst. An der Universität (Studienfach Geschichte) tut er sich später nur bedingt als strebsamer Kommilitone hervor: Lieber lernt er die für Punk obligatorischen drei Griffe und schließt sich der zu schnell, zu laut und zu falsch spielenden Punkband Speed an. Dies wird jedoch rasch öde, geschult von Arthur Brown wechselt er zu Shots, wo man sich mit Gruselkostümen an Theatralik versucht – Dickinson dekonstruiert nebenher aber den Hokuspokus, indem er zwischen den Songs Witze erzählt. Das calvinistische Ethos seiner Eltern zeigt

immer mehr seine Spuren – Dickinson als Leistungsschwein zu bezeichnen, wäre zu weit gegriffen, aber er gibt sich ehrgeizig. Mit Samson schafft er hierfür das Fundament, zeichnet sich durch seinen irresistiblen Gesang aus, der bald auch seine Vorbilder Ian Gillan und Ronnie James Dio in den Schatten stellt – und seinen Mitstreitern rasch über den Kopf wächst. Und so erfüllen auch Samson nur die Funktion eines Durchlauferhitzers für Dickinsons Aufstieg: Den letzten Gig mit ihnen spielt er 1981 auf dem Reading Festival, gleich nach dem Auftritt heuern ihn Iron Maiden an, die Band der Stunde. Mit ihnen revolutioniert er in den Folgejahren den Heavy Metal, schafft mit Alben wie „The Number of the Beast“, „Piece of Mind“, „Powerslave“, „Somewhere in Time“ und „Seventh Son of the Seventh Son“ den ehernen Kanon, auf den sich fortan alles im Genre beziehen wird. Der Rest ist Geschichte, zu den Interna, etwa zu seinem späteren zwischenzeitlichen Ausstieg, der in eine veritable Solokarriere fußt, spart sich Dickinson in seiner Autobiografie „What Does This Button Do?“ jedoch aus – das mag britische Benimmschule sein, oder ihm einfach zu profan erscheinen. Viel lieber erzählt er darüber, was ihn neben dem zwar beeindruckenden, letztlich aber wohl langweiligen Album-Tour-Rhythmus wirklich antreibt – gerade die Fliegerei nimmt, seit den frühkindlichen Modellflugzeugbauten, viel Platz

Fotos: John McMurtie, Heyne Verlag

Als Sänger der weltgrößten Heavy-Metal-Band hat man eigentlich genug zu tun. Doch Bruce Dickinson findet bei Iron Maiden kein Auslangen: Nebenbei ficht er unter anderem auf Spitzenniveau, fliegt Jumbojets und braut Bier. TEXT: STEFAN BAUMGARTNER


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DIE 5 BESTEN DICKINSON-SONGS Bring Your Daughter … To The Slaughter (1990): Geschrieben von Dickinson und gemeinsam mit dem späteren Maiden-Gitarristen Jannick Gers ursprünglich als Solo-Schaffen für den Soundtrack zu „Nightmare On Elm Street 5: The Dream Child“ intendiert, wurde das Stück schließlich von Maiden-Bassist Steve Harris Goldener Himbeere zum Trotz für die Band reklamiert. Die Single wurde zu Weihnachten veröffentlicht, „to scare the living daylights out of Cliff Richard“, so Dickinson. The Wicker Man (2000): Als Maiden nicht nur Dickinson, sondern auch Adrian Smith wieder in ihren Reihen aufnahmen, gab es freilich keine Garantien, dass das quasi klassische Line-up wieder funktionieren würde. Doch gerade im Wechselspiel mit Smith, der diese, die erste „Brave New World“-Single, hauptverantwortete, schwang sich Dickinson zu Höchstleistungen auf, die selbst den glorreichen Achtzigern gerecht wurden.

in seinem Leben ein, Whirlpool-Orgien, wie es sie dereinst bei Maiden auch gab, verwirrten ihn sogar als Twen. Derartige Begleiterscheinungen des Ruhms, die Otto Normal wie ein Schlaraffenland vorkommen müssen, öden Dickinson an, er entkommt ihnen etwa in Fechtclubs in München, Tokio und New York, wo ihn die besten Lehrer zur eigenen Meisterschaft coachten. So vielschichtig und progressiv wie die Musik von Iron Maiden ist auch sein Leben, nicht einmal vom Krebs lässt er sich besiegen. Und während Dickinson bis dato zumindest sieben Leben und Karrieren bereits gelebt hat, hat Chuck Norris lediglich zweimal bis zur Unendlichkeit gezählt.

Run To The Hills (1982): Dickinsons Maiden-Debüt war auch gleichzeitig ihre erste Top-10-Single: Zwar hat das Stück ausschließlich Credits von Harris, der Input von Dickinson wurde aufgrund vertraglicher Probleme mit seiner alten Band Samson jedoch bewusst unter den Teppich gekehrt. Nach der Ankündigung des ehemaligen Schlagzeugers Clive Burr, an Multipler Sklerose zu leiden, wurde die Single 2002 erneut veröffentlicht, um Geld für den Clive Burr MS Trust Fund zu sammeln. The Trooper (1983): Der „Piece Of Mind“-Klassiker glänzt vor allem ob der besten Harmony-Leads von Murray/Smith und dem charakteristisch galoppierenden Rhythmus, für den Harris und der damalige Neuzugang Nicko McBrain am Schlagzeug verantwortlich zeichnen. Dazu erzählt Dickinson inspiriert vom Gedicht „The Charge of the Light Brigade“ von einer der schlimmsten militärischen Katastrophen Großbritanniens, der während des Krimkriegs – und schwenkt live dazu die Union Flag. Jerusalem (1998): Auf seinem fünften Solo „The Chemical Wedding“ zieht Dickinson Inspirationen von William Blake – darunter „Jerusalem“, das nicht nur auf dem ikonischen Gedicht „And Did Those Feet in Ancient Time“ fußt, sondern in England sowohl bei sakralen als auch weltlichen Veranstaltungen „God Save the King“ als Nationalhymne gern überlagert. In Dickinsons Händen wird es zu einem gelungenen Potpourri aus mystischer Abhandlung und keltisch angehauchter Trinkhymne.

Fotos: John McMurtie, Heyne Verlag

n Bruce Dickinson gastiert am 27. Oktober in der Wiener Stadthalle F. In der ersten Showhälfte erzählt er Anekdoten aus seinem Leben, die zweite Hälfte des Abends ist einer Fragerunde des Publikums gewidmet.

GEWINN SPIEL

Wir verlosen drei Bücher „What does this button do?“. Mehr Informationen und Teilnahmebedingungen: www.ticketmagazin.com


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Alles wurst Wie wichtig ist der Spaß am Essen – oder, um IKEA zu persiflieren: „Ernährst du dich oder isst du schon?“ Christian Putscher: Das Spannende an unserem Programm ist, dass wir nicht über Ernährung reden, sondern dass sich alles ums Essen dreht, also um die praktische Umsetzung. Essen soll Freude machen, genussvoll sein und lustbetont. Was haben Sie im Zuge der Zusammenarbeit voneinander gelernt? Günther Lainer: Dass die wichtigste Mahlzeit die nach dem größten Stress ist, weil da die Fettverbrennung am besten funktioniert. In meinem Fall ist das dann nach dem Auftritt. Putscher: Ein Kabarettprogramm ist ein enormer Aufwand: Text schreiben, Text

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Nicht minder groß wie bei Fragen zur Essenszubereitung sind teilweise auch die Gräben zwischen Hardlinern verschiedener Ernährungsformen: Ist ein vegetarischer oder gar veganer Speiseplan tatsächlich die gesündere Alternative? Lainer & Putscher: (wie aus der Pistole geschossen) Nein! Nachdem es in puncto Ernährung zahlreiche divergierende Empfehlungen von Ernährungsexperten gibt und es somit immer schwieriger wird, einem Ziel zu folgen: Wie findet man sich inmitten all der Ratschläge zurecht? Putscher: Am besten, man kommt zu uns ins Programm. Dort erfährt man zum Beispiel vom Ernährungs-ABC, das für alle Menschen gilt, und man kann dabei auch noch viel lachen.

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Mitunter die größten „Glaubenskriege“ gibt es beim Essen. Was gehört in einen „richtigen“ Wurstsalat rein – und wie gesund ist dieser Salat? Lainer: Knacker, Zwiebel, Paprika, Essig und Öl. Wurstsalat ist sehr gesund!

Wie oft hat sich die Ernährungswissenschaft in der Vergangenheit bereits getäuscht? Putscher: Das größte Problem ist es, von einem Tiermodell auf den Menschen zu schließen. Da lauern die größten Gefahren. Stichwort: Nahrungsergänzung oder auch Fasten.

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lernen und dann so proben, dass es so klingt, als würde man es das erste Mal sagen.

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rnährungscoach Christian Putscher und Kabarettist Günther Lainer stehen für das neue Edutainment „WurstSalat“ gemeinsam auf der Bühne: erster ein gestählter Lifestyle-Adonis, zweiter ein dionysischer Junggott. Beide nähern sich aus ihrem ureigenen Blickwinkel dem Thema „Ernährung“: Man erfährt Fakten zum Thema, bekehrt wird der geneigte Zuhörer jedoch nicht – und das Lachen kommt natürlich auch nicht zu kurz. Denn wer lacht, verbrennt bereits in zehn Minuten 50 Kilokalorien.

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Der Wurstsalat ist nun nicht mehr der schmackhafteste Salat neben dem mit Backhenderlstreifen allein, sondern zugleich auch Titel des neuen Programms von Günther Lainer. Ihm zur Seite steht dabei Ernährungsberater Christian Putscher. TEXT: STEFAN BAUMGARTNER

Ratschläge kommen oft auch von Stars, die gerne als Vorbild in allen Lebenslagen wahrgenommen werden. Wie machtlos ist man als „farbloser“ Ernährungsberater gegen Glitzer, Glamour & Gluten?


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Putscher: Diese Stars reden über ihre eigene Erfahrung und versuchen sie für alle zu verkaufen … Lainer: (fällt ins Wort) Meine Diät ist super. 15 Minuten essen, was du willst, und 15 Minuten nichts essen. Aber wirklich nichts. (Putscher verdreht die Augen)

Foto: Jan Frankl

Wie ernähren Sie beide sich? Lainer: Wenn wir auf Tour sind und unterwegs essen, sage ich zu Christian: Bitte nimm mir das mit, was du isst. Er besorgt die Jause und ich bezahle sie. Wir essen beide gleich oft, aber nicht gleich viel. Herr Lainer, haben Sie sich als lukullischer Mensch schon mit Diäten „beschnitten“? Lainer: Ja. Ich habe die „1 Tag essen, 1 Tag nicht essen“-Diät gemacht. Genau einen Tag lang. Allerdings habe ich mit dem Essenstag begonnen. Also doch keine Diät. Ich kenne mich bei Diäten nicht aus: Isst man die Diät vor dem Essen, nach dem Essen oder mischt man sie ins Essen rein?

Herr Putscher, muss eine gesunde Ernährung, ein Diät-Programm automatisch als Einschnitt wahrgenommen werden? Oder anders: Ist es wirklich dienlich für die Lebensqualität, wenn man sich keine zweite Kugel Eis, keine weitere Flasche Wein oder das dritte Mal innerhalb einer Woche eine Leberkässemmel erlaubt? Putscher: Eigentlich kommt das Wort Diät aus dem Griechischen und heißt so viel wie geregelte Lebensweise, Lebensführung, Lebensstil und hat nichts mit Abnehmen zu tun, sondern mit dem, wie man lebt. Apropos Leberkäse: Ist pikanter Leberkäse gesünder, weil da ein bisserl Gemüse drinnen ist? Lainer: Ja. (Putscher verdreht wieder die Augen) Was heißt eigentlich „gesund“? Lebt man dann länger oder einfach nur qualitativ besser? Putscher: Das Wort „gesund“ ist wissenschaftlich nicht determiniert. (Lainer verdreht die Augen) Herr Lainer, plagt sie manchmal ein schlechtes Gewissen? Lainer: Wenn ich früher einen Ernährungsberater gesehen habe, hatte ich automatisch ein schlechtes Gewissen. Wenn ich heute Christian Putscher sehe, habe ich Lust auf ein Leberkässemmerl. Falsche Ernährung ist neben den Genen, Lärm, Stress, Schlaf- und Bewegungsmangel, Tabak, Umweltverschmutzung und vielem mehr einer der Risikofaktoren für Krankheiten: Kann

Die Ingredienzien Der „WurstSalat“ mundet dank Christian Putscher, einem der gefragtesten Experten rund um das Thema Ernährung, und Günther Lainer, Ernährungs-Fan.

man dingfest machen, wie groß die Rolle von Ernährung ist? Putscher: Etwa wie das Rauchen. Herr Putscher, Sie beraten unter anderem Fußballclubs wie Red Bull Salzburg, RB Leipzig und Bayer 04 Leverkusen. Was kann sich „Otto Normal“ von der Ernährung eines Spitzensportlers abschauen? Putscher: Die Wirkmächtigkeit und die Regelmäßigkeit von bedarfsangepasstem Essen über das ganze Jahr. Lainer: Ganz meine Worte. Thema Alkohol: Was sind hier die größten Fehler und Irrglauben? Putscher: Dass ein Verdauungsschnapserl beim Verdauen hilft und das Bier einen selber schön macht. Nach ein paar abendlichen Bier plagt gerne der Heißhunger. Nun stellt sich die Frage: Pizzaschnitte, Kebap oder Burger, Pommes und Nuggets? Lainer: Genau das, in dieser Reihenfolge. Putscher: Am besten nichts von dem, sondern ein Kürbiskernweckerl unterhoben mit feiner Kalbsleberstreichwurst, belegt mit Putenatterseer und geriebenem Kren oder zwei Vollkorntoastbroten mit Schinken und Halbfettkäse garniert mit Spiegelei und dazu zuckerreduziertes Ketchup. Lainer: Das auch noch. Das hätte ich fast vergessen. Wie oft stellen Sie sich auf die Waage? Lainer: Jeden Tag. Ich brauche das, weil ich kontrollieren will, ob ich mein Gewicht halte. Gewicht halten auf hohem Niveau. Einmal hatte ich schon mehr. Da habe ich Putscher auf den Arm genommen. n Günther Lainer und Christian Putscher kredenzen ihren „WurstSalat“ im Herbst und Winter u. a. im Linzer Posthof, in der Wiener Kulisse, im Casino Graz und der spinnerei Traun.

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10-jähriges Jubiläum Dieses Jahr wird ein ganzes Jahrzehnt Beatpatrol gefeiert, denn Österreichs mittlerweile längstdienendes Electronic-Music-Festival wurde 2009 im VAZ St. Pölten aus der Taufe gehoben. Die ersten Acts, die fette Beats kredenzen werden, stehen nun auch bereits fest, darunter Parov Stelar und Robin Schulz (Fotos) auf der Mainstage und Ancy C, Brennan Heart, Dr. Peacock, Futurebound b2b Dossa&Locuzzed, James Marvel & MC Mota, Miss K8, Modestep b2b Teddy Killerz, Rene Rodrigezz, Sefa, Skazi, Slander und Sub Sonik.

Beatpatrol

25. Oktober, VAZ

Von der Central Musical Company Auf Basis der weltbekannten Romanvorlage von Gaston Leroux erwecken Librettist Paul Wilhelm und Komponist Arndt Gerber den weltbekannten Klassiker erneut zum Leben: In den unterirdischen Gemäuern des Pariser Opernhauses haust ein grausam entstelltes, gefürchtetes Wesen. Nur der jungen Sängerin Christina Daaé gelingt es, sein Herz zu erweichen …

Metal Galaxy Nach den fulminanten Shows am Rock in Vienna 2015 und 2016, kommt Japans erfolgreichste Metalband aller Zeiten erstmals für eine Headlineshow zurück nach Wien. Zwischenzeitlich haben Babymetal als erste japanische Band überhaupt die O2 World in London bis unters Dach ausverkauft, 110.000 Fans bei einem Doppelkonzert im mächtigen Tokio Dome begeistert und haben mit Red Hot Chili Peppers, Metallica und Guns N’ Roses die Welt betourt. Im Oktober erscheint dann auch ihr neues Album „Metal Galaxy“.

12.–16. Jänner, Innsbruck, Klagenfurt, Graz & Wien

11. Februar, Gasometer

Das Phantom der Oper

The Dead South

Served Cold Die Region Saskatchewan ist so, wie der Name vermuten lässt: eine Provinz in den Prärien Kanadas. Viel Natur, viel Ruhe. Vielleicht auch viel Zeit, um die Stille mit Musik zu füllen. Hier liegt also der Ursprung von The Dead South, die sich perfekt in die Umgebung einfügen. Seit ihrem Debüt „Good Company“ präsentierten die vier haarigen und bärtigen Fellas mit Hut einen Mix aus Folk, Neo-Folk und BluegrassFolk. Nach ihrer ausverkauften Show im Wiener WUK und der ebenso restlos ausverkauften Zusatzshow im Flex im April 2019 kommen The Dead South 2020 noch mal nach Wien! 5. April, Gasometer

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Fotos: ÖFB/Christopher Glanzl (ÖFB) Babymetal (Babymetal) ASA Events (Das Phantom der Oper) Jan Kohlrusch und Mike Meyer (Beatpatrol) Mark Tiu (The Dead South)

Babymetal


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Fotos: ÖFB/Christopher Glanzl (ÖFB), Babymetal (Babymetal), ASA Events (Das Phantom der Oper), Jan Kohlrusch und Mike Meyer (Beatpatrol), Mark Tiu (The Dead South)

Das ÖFB Nationalteam Erlebe Spitzenfußball mit dem Nationalteam! Das Nationalteam ist wieder dick im Geschäft! Nach dem erfolgreichen Länderspiel-Doppel gegen Slowenien und Nordmazedonien wollen Arnautovic, Alaba, Baumgartlinger und Co. in einem heißen Qualifikationsherbst nachlegen. Zunächst gastiert am 6. September (20:45 Uhr) Lettland in der Salzburger Red Bull Arena. Gegen die Osteuropäer hat die ÖFB-Auswahl gute Erinnerungen: Das letzte Duell in Salzburg endete mit einem 5:0-Kantersieg für Österreich. Nach dem Gastspiel bei Tabellenführer Polen

(9. September, 20:45 Uhr, Warschau: Reiseangebote unter oefb-reisen.at), kehrt das Nationalteam nach Wien zurück. Gegen Israel (10. Oktober, 20:45 Uhr, Ernst-Happel-Stadion), das von ÖFB-Rekordspieler Andi Herzog gecoacht wird, und Nordmazedonien (16. November, 20:45 Uhr, Ernst-Happel-Stadion) sollen sechs Punkte das Tor zur EURO 2020 weit aufstoßen. Tickets für die Länderspiele des Nationalteams sind auf oeticket.com und unter oefb.at/tickets erhältlich. Darüber hinaus bietet der ÖFB wieder exklusive Fanreisen an – alle Infos gibt’s unter oefb-reisen.at.

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Über Identität Der Dschungel Wien trachtet seit jeher danach, gesellschaftliche Fragen aufzuwerfen, kritisch zu beleuchten und dem Publikum auf kreativ-spielerische Art neue Sichtweisen zu vermitteln. TEXT: AMINA BEGANOVIC

Im Dschungel Wien ist immer etwas los: In der vergangenen Saison wurden stolze 62 Produktionen auf den Bühnen des Hauses aufgeführt, davon waren immerhin 30 Premieren dabei. Das Angebot ist breit gefächert, denn das Alter des Publikums ist weit gestreckt: Stücke für die Kleinsten beginnen bereits bei 0,5 Jahren, für Ältere reicht die Zielgruppe bis etwa 26 – wobei es nach oben natürlich keine Begrenzung gibt. Finanziert wird das Haus durch Betriebssubventionen der Stadt Wien, Produktionssubventionen des Bundeskanzleramtes sowie aus Karteneinnahmen und Drittmitteln. Seit 2004 ist das Theater in seiner jetzigen Form aktiv, in der kommenden Saison werden 15 Jahre Dschungel Wien gefeiert. Dafür werden am 6. Oktober die Türen zum Open House geöffnet – ein buntes Programm für Klein und Groß wartet!

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n „Was ihr wollt“ spielt es ab dem 19. September im Dschungel Wien und ist für Zuseher zwischen 13 und 20 Jahren empfohlen.

Fotos: Rainer Berson

SCHON GEWUSST?

on Schauspiel und Tanz über Figuren- und Musiktheater bis hin zu Performances – nahezu dem gesamten Spektrum der darstellenden Kunst wird im Dschungel eine Plattform geboten. Oberste Prämisse ist es, einen kreativen Ort zu bieten, an dem das junge Publikum über Gesellschaftsentwicklungen reflektieren kann. Aber auch die Frage nach dem eigenen Ich wird auf der Bühne in den Fokus gerückt: Mit „Was ihr wollt“ startet das Haus in die neue Saison. Unter der Regie der künstlerischen Leiterin des Hauses, Corinne Eckenstein, wird William Shakespeares turbulente Verwechslungskomödie zum Plädoyer für mehr Leidenschaft und Risiko im Leben – als Stärkung des eigenen Ichs. Denn, so erzählt die Geschichte, die Ausgangssituation für die junge Viola

ist alles andere als einfach: Eine Schiffskatastrophe spült sie als Überlebende an die Küste Illyriens. Sie verkleidet sich als Mann und wird zur Projektionsfläche unerfüllter Sehnsüchte und Hoffnungen der BewohnerInnen, was diese zu einigen Verrücktheiten treibt. Viola wird Teil einer Welt der Selbstinszenierung, in der alle auf der Suche nach Liebe und Anerkennung sind, aber nicht direkt miteinander kommunizieren. Sie surfen durch Tinder und posten Selfies auf Instagram, während sie einander auf Facebook stalken – was die Dinge nicht unbedingt einfacher macht. Denn Liebe im Zeitalter von sozialen Medien ermöglicht zwar vieles, aber wie weiß man, ob die Person auf dem Profil wirklich die ist, als welche sie sie ausgibt? Und überhaupt: Was bedeutet Liebe heutzutage? Was dabei ist Wunsch und was ist Wirklichkeit? Schließlich steht nicht weniger als das eigene Herz auf dem Spiel … Ein skurriles Spiel mit Rollenklischees, Verkleidung und Verwirrungen beginnt. In diesem Wirbel von erwachenden Gefühlen und im Chaos der Verwechslung versuchen alle, ihren Platz zu finden. Und fragen sich: Was ist Identität eigentlich?


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Der September ist nicht mehr Sommer, aber auch noch nicht Herbst. Es ist Erntezeit. Auch für musikalische und kulinarische Genüsse. REDAKTION: ANGELIKA GOLDMANN

YUMMY!

Das European Streetfood Festival tourt seit 2015 und bringt kulinarische Genüsse aus aller Welt bis vor die Haustüre! Also hinaus auf die Straßen und in die Parks und von Burgern über Pancakes bis Asia Snacks die Welt entdecken! Stationen gibt es unter anderem in Salzburg, Leoben, Horn und Waidhofen a. d. Ybbs. Mehr Tourinfos auf streetfood-festival.eu.

HERR BERT!

ist Herbert Erstmals seit 2015 auf Tour in r de ie Grönemeyer w inen Hits und Österreich. Mit se m „Tumult“ bu mit dem neuen Al s Lieblingsich rre te Ös ht ac m September deutscher am 12. r Stadthalle ne Station in der Wie noch mal in nn da . 13 und am anai-Stadion. Schladming im Pl ets gibt es Ein Klassiker! Tick om. über oeticket.c

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fensive

GRÜNER DAUMEN. Nicht jede/r hat einen! Mit dem Buch „How to raise a plant“ können wir es lernen und unser Zimmerklima daheim im Herbst verbessern! Auf Englisch von Laurence King Publishing, erhältlich über: amazon.de.

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Fotos: Ali Kepenek/Universal Music, Dean Martindale/Marshall, Fotolia, Hersteller

Wenn die Abende kühler werden, lässt es sich gut in Strick einkuscheln. Das kühle Gelb harmoniert perfekt mit spätsommerlicher Bräune! Den Pullover gibt es bei hm.com.

OHNE RUM IST DAS LEBEN GINLOS Erneut locken parallel der Ginmarkt und das Rumfestival am 20. und 21. September in die Ottakringer Brauerei. Neben dem Verkosten seltener und angesagter Rumund Ginsorten lässt sich natürlich auch viel spannendes Hintergrundwissen aneignen. Nebenbei lässt sich auch gut speisen! rumfestival.at & ginmarkt.at oeticket.com

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Experimentelle, abwechslungsreiche Sounds treffen auf „High Performer“, dem zweiten Album der AvantgardePopper 5K HD, auf tiefgreifende Lyrics, die uns in unserem Streben nach Leistung und Anerkennung einen Spiegel vors Gesicht halten – und fragen, was wirklich wichtig ist. TEXT: AMINA BEGANOVIC

Serious Business Groß denken, noch Größeres wollen – bis die Blase vielleicht irgendwann platzt. Mit diesem Szenario setzen sich 5K HD auseinander.

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ulltime-Job und Privatleben miteinander vereinbaren – easy! Laufend über uns selbst hinauswachsen – selbstredend! Optimierung lautet das Zauberwort, und diese wird in all ihren gefilterten Facetten natürlich auf den sozialen Netzwerken unseres Vertrauens dokumentiert, um anderen zu zeigen, wie schön es nicht sein kann … Zugegeben, das ist vielleicht ein wenig überspitzt formuliert. Tatsache ist

TERMINE 5K HD spielen am 5. September am FAQ Festival im Bregenzerwald und sind anschließend auf Europatour u. a. in Hamburg und Budapest zu erleben.

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aber, dass Leistung, vor allem aber das locker-flockige Erbringen derselben, nach wie vor als Um und Auf in unserer arbeitsamen Gesellschaft gilt. Sie erkennen sich an dieser Stelle wieder? Herzlichen Glückwunsch, dann sind Sie vielleicht auch ein „High Performer“! Selbiger Begriff ist auch der Titel des neuen Albums von 5K HD, das am 6. September erscheint. Mira Lu Kovacs, Martin Eberle, Benny Omerzell, Manu Mayr und Lukas König haben sich auf diesem zweiten Studiowerk soundtechnisch noch weiter aus dem Fenster gelehnt: Noch mal experimenteller als auf ihrem ersten Album findet sich auf der neuen Platte ein buntes Kaleidoskop an Beats und Stilen, mit einem starken elektronischen Grundsound und vielen Details – Performance at its best, sozusagen.

Wie kam es zu dem Albumtitel „High Performer“, was ist die Idee dahinter? Manu: Als „High Performer“ bezeichnet man in Unternehmen jemanden, der höchste Leistungen erbringt, ohne aber die Symptome eines Workaholics zu zeigen. Jedes Unternehmen ist also bemüht darum, solche High Performer zu halten. Wir setzen uns auf dem Album mit der Problematik des ständigen Pushens nach Leistung auseinander. Mira: Es geht auch um die Frage, was wir eigentlich auf diesem Planeten zu tun haben. Ich kann mich noch an einen Spruch auf einem Poster im Zimmer meiner Schwester erinnern: „Life wasn’t given to us to be productive.“ Eigentlich hatte ich immer geglaubt, es ginge doch genau darum, zu produzieren – wir produzieren schließlich laufend irgendetwas. Das hat mich lange beschäftigt.

Foto: Clemens Fantur Falter Verlag Hersteller

Leistungsschau


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Es ist wichtig, unterscheiden zu lernen, ab wann es ein ständiges Suchen nach Anerkennung wird. Wir stellen diesen „High Performer“ also kritisch in den Raum und fragen: „Ist das wirklich die Antwort im Leben?“ Passend: Die Promofotos könnten sofort auch ein neues LinkedIn-Profilbild werden. Mira: Die Bilder spiegeln den Inhalt des Albums wieder. Es geht viel um dieses Selbstoptimieren, um Gesellschafts- und Wirtschaftssysteme, deren Teil wir sind. Mehr Produkte, mehr kaufen, mehr konsumieren … Kann dieses Streben nach „mehr“ noch lange so weitergehen?

Foto: Clemens Fantur, Falter Verlag, Hersteller

Mit welchen Themen setzt du dich in den Lyrics noch auseinander? Mira: Mir passiert es beim Schreiben oft, dass ich vom Monolog ins Dialogische gehe und umgekehrt. Es finden sich auch sehr persönliche, autobiografische Dinge in meinen Texten. Gleichzeitig sind sie diesmal etwas gesellschaftskritischer und politischer. Diskriminierung, Double-Standards, Missstände … Manchmal bin ich bei mir in der ersten Strophe, in der zweiten dann aber beim Klimawandel! „Effortlessly“ ist zum Beispiel ein Song, bei dem man die gesellschaftskritische Note stark heraushört. Mira: Dadurch, dass ich mich sehr mit meinen eigenen Privilegien auseinandersetze, wurde das ein bisschen der „White Privilege“-Song. „My freedom comes naturally, I’m effortlessly free. Your freedom’s a commodity. “ Unsere Privilegien sollten uns Weiße noch viel stärker beschäftigen. In „How Can I Be“ wiederum fragst du: „Who gets you, unfiltered, weak and raw?” – fällt es uns so schwer, un-

sere nicht perfekten Seiten zu zeigen? Mira: Mir selbst fällt es immer wieder schwer. Wenn man etwa das Gefühl hat, dass man irgendwem nicht genug ist und sein Verhalten daher ändert … Das ist etwas, das ich erst in den letzten Jahren begonnen habe aufzuarbeiten: Zu versuchen, nicht jemand zu sein, bloß weil ich glaube, dass andere mich so haben wollen. Du hast heuer das Wiener Popfest kuratiert, spielst bei 5K HD, bei My Ugly Clementine, als Schmieds Puls … Zerreißt es dich da nicht? Mira: Doch (lacht). Ich muss Tag für Tag von Stunde zu Stunde denken. Wenn ich an alles gleichzeitig denke, wäre es zu viel. Aber wenn ich mir meine Projekte tageweise, stundenweise einteile, funktioniert es erstaunlicherweise. Ein Kontrollzwang ist natürlich auch hilfreich! Wie werdet ihr eure kommenden Auftritte mit dem neuen Material gestalten? Manu: Es ist eine unserer großen Stärken, dass wir uns in Live-Situationen auf jeden Raum einlassen, egal ob vor großem oder ganz kleinem Publikum. Außerdem gelingt es uns nach wie vor, den vielschichtigen Sound live ohne Computer auf der Bühne umzusetzen – dabei aber noch mehr draufzusetzen, um die Leute bei den Konzerten aufs Neue zu überraschen. Benny: Wir werden besonders die visuelle Ebene mehr unterstreichen, um die Musik zu unterstützen und die Stimmungen zu verstärken. Mira: Dass wir so Sound-affin sind, schließt schließlich nicht aus, dass wir das Visuelle auch sehr mögen. Wir haben es uns diesmal zur Aufgabe gemacht, dass solche Effekte noch mehr zum Tragen kommen. Ich glaube, das wird live ziemlich Spaß machen.

BUCHTIPP

Robert Rotifer und das Popfest Wien legen mit „Ein Deka Pop“ eine umfangreiche und exklusive Übersicht über jene 400 Bands vor, die in der vergangenen Dekade das Popfest Wien, das innovative, zeitgenössische Musikformat am Wiener Karlsplatz, geprägt haben. Rotifer ist nicht nur der Autor des Buches, sondern selbst Musiker, Mitbegründer und erster Kurator des Festivals: „Was in zehn Jahren Popfest alles passiert ist, gehört mittlerweile – so pompös das klingt – zur jüngeren Popgeschichte Wiens.“ Neben den 400 „Texterln“ hat Katharina Seidler, Journalistin und Popfest-Co-Kuratorin im Jahr 2018, im Kapitel „How to remember now I remember how“ ihre Erinnerungen an 10 Jahre Popfest verewigt. Ergänzend gibt es Hunderte Fotos, die die LeserInnen auf eine popmusikalsiche Entdeckungsreise voller Kauzigkeit und Glamour, Widerstandsgeist und Originalität schicken. Titel: Ein Deka Pop – Alle Artists * Popfest Wien 2010–2019 Umfang: 280 Seiten, über 400 Fotos Preis: € 34,90 ISBN: 978-385439-661-1; Erhältlich über den Buchhandel und auf faltershop.at – Der Onlineshop mit Prinzipien

GEWINN SPIEL Wir verlosen 5 Bücher „Ein Deka Pop“. Mehr Informationen und Teilnahmebedingungen: www.ticketmagazin.com


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LEMO

Ton in Ton Der Wahlwiener aus Graz präsentiert sein zweites Album erstmals live! Lemos teils autobiografische, teils seine Umwelt sehr genau beobachtende Lieder sind bereits auf Platte ein großer Genuss, bei aller Melancholie, die so manche Textzeile verströmt. Doch immer mehr spricht sich herum, dass Lemo insbesondere ein brillanter Live-Musiker ist, wie er bereits vor James Blunt, Söhne Mannheims, Mark Forster und Revolverheld beweisen durfte. Mit Tina Naderer gastiert er im Dezember in Grieskirchen, Freistadt, Kufstein, Klagenfurt, Graz, St. Pölten und Wien!

Nachwuchsförderung Zwischen 26. und 28. September geht das Festival, bei dem (inter)nationale Bands aus dem FM4-Genre vorgestellt werden, erneut in Wien über die Bühne. Bereits 45 Bands für das dreitägige Wiener Waves Festival sind bekannt, gleich 20 davon sind aus Österreich: Anger, Atzur, Bernhard Eder, Drahthaus, Elis Noa, Good Wilson, Go! Go! Gorillo, Kristoff, Little Element, Marie, Miblu, Oehl, On Bells, Petrol Girls, Pippa, Sketches On Duality, The Happy Sun, Those Goddamn Hippies, Titus Probst und Lisa Pac (Foto): Sie wird unter anderem ihre aktuelle Single „Sunshine“ präsentieren: In jener vermeint man, Zeilen aus ihrem Tagebuch zu hören. Tränen fließen dabei jedoch keine, vielmehr strahlt sie mit der Sonne um die Wette …

MANU DELAGO

Circadian Manu Delagos neues Album ist eine akustische Reise durch die verschiedenen Schlafzyklen.

Gute Nacht. Der Grammy-nominierte Perkussionist und Komponist Manu Delago ist zurück mit einem brandneuen Album und seiner bisher größten Live-

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show: Das am 13. September zur Veröffentlichung anstehende „Circadian“ ist eine akustische Reise durch die verschiedenen Schlafzyklen, von REM über Leichtund Tiefschaf bis zu einem abrupten Erwachen – inspiriert vom zirkadischen Rhythmus des Menschen und Delagos persönlichem Schlafentzug während seiner zahlreichen internationalen Tourneen mit Björk, Olafur Arnalds, Cinematic Orchestra und Anoushka Shankar. LiveTermine mit 9-köpfigem Orchester gibt es im September und Oktober in Innsbruck, Dornbirn, Graz, Salzburg, Wien und Linz.

SCHIFFKOWITZ & SCHIRMER

Herz und Hirn Mit Kurzgeschichten von Schiffkowitz. Dazu: klassische Klaviermusik. Musikalische Liebe auf den ersten Blick und gleichzeitig eine Kollaboration, die kurioser und spannender nicht sein könnte: Der eine hat mit seinen Liedern und seiner Formation (STS) österreichische Popgeschichte geschrieben, der andere ist eines der pianistisch international erfolgreichsten Klassik-Aushängeschilder unseres Landes. Gemeinsam live im November in Wiener Neustadt, Wien und Linz!

Fotos: Michael Seida (Michael Seida), Christian Jungwirth (Schiffkowitz & Schirmer)), Tom Wonda (Lemo), Chri Strassegger (Manu Delago), Robin Weigelt (Lisa Pac), Erwin Schuh (Drahdiwaberl)

WAVES FESTIVAL


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MONKEY BUSINESS

Lou Asril, Superstar?

Hören Sie mal rein!

von Walter Gröbchen

G

elegentlich wird die Mundpropaganda schon dröhend laut, bevor noch ein erstes Lebenszeichen – ein Song, ein Video, ein großer Artikel – in unser kollektives Bewusstsein tritt. Oder auch nur ein Bild, das sprichwörtliche Gesicht zur Stimme, das Assoziationen triggert und Vorahnungen weckt. Die Stimme gehört in diesem Fall Lou Asril. Und der Erstbegegnung mit ihm laufen schon Superlative voraus. Etwa die Zuschreibung, ein Soul- und R’n’BWunderkind zu sein. Der junge Mann, gerade 19 Jahre alt und als Lukas Riel in Waidhofen an der Ybbs geboren, ist ausgebildeter Musiker. Sieben Jahre Jazz, acht Jahre Klassik. Er spielt Klavier und den Judas in „Jesus Christ Superstar“, hat aber keine dedizierte Gesangsausbildung gemacht; Steht auf amerikanischen Rhythm & Blues (Lieblingsinterpretin: Beyoncé),

DRAHDIWABERL

50 Jahre

MUNDPROPAGANDA

gewinnt mit 17 Jahren den Joe Zawinul Award und bereist Los Angeles. Man konnte ihn aber auch schon auf der Bühne des Amadeus Music Awards sehen, beim Popfest Wien und demnächst im ORF Radiokulturhaus. Ein erster Ohrwurm von Lou Asril heißt „Divine Goldmine“, mehr ist in der Pipeline. „Lernen Sie Lou Asril kennen, bevor er berühmt ist!“ mahnte das SzeneMagazin The Gap. Und: „Es ist nicht üblich, dass das Musikvideo zur ersten Single eines Acts innerhalb von knapp zwei Monaten über 100.000-mal gesehen wird.“ Talentprobe geglückt! Aber reicht es schon zur Verkündung eines neuen Superstars? Die Antwort darauf wird eher international zu suchen sein als im engen, traditionell wenig Soul- und Hypeaffinen Österreich.

MICHAEL SEIDA

Dean Martin

Das Musikfest des Jahres zu Ehren von Stefan Weber

Der Simmeringer Allroundkünstler huldigt dem „King of Cool“

Drahdiwaberl, Österreichs spektakulärster Live-Act aller Zeiten, hat in den letzten 50 Jahren unzweifelhaft Musikgeschichte geschrieben. Bandkopf und -Stimme, Stefan Weber, ist 2018 nach langer, schwerer Krankheit verstorben. Ihm zu Ehren werden zahlreiche Musiker (darunter viele Original-Bandmitglieder), Akteure und Mulatschag-Veterane am 5. Oktober die Bandgeschichte spektakulär und provokant zu Ende schreiben.

Singen, Schmäh und die Leichtigkeit des Seins: All das haben Dean Martin und sein großer Fan Michael Seida gemeinsam. Der Simmeringer Allroundkünstler bringt am 12. September die beliebten Songs seines Idols in seiner ureigenen Art und Weise – größtenteils übersetzt – mit großartigen Musikern, viel Freude, viel Respekt, viel Liebe, tollen Storys und jeder Menge Humor auf die Bühne des Wiener Metropol.

Die folgenden Veröffentlichungen sollten in keinem gut sortierten Plattenschrank fehlen. Oder? (ab)

LIVE Ankathie Koi – Prominent Libido Alles, nur nicht fad: Das neue Album ist gewohnt laut, scharfzüngig und poppigmitreißend. So kennt und liebt man sie!

LIVE Seiler & Speer – Für immer Mal gefühlvoll, oft mit jeder Menge Schmäh und Selbstironie gehen die neuen Songs des Duos direkt aus dem Leben ins Ohr.

Fred Schreiber – More Than Swing Mit Jazzmusikern aus aller Welt („Das große Komplott“) legt Schreiber eine Platte voller Indierock-Hits in neuem Swing-Gewand vor.

Great Red Silence – White Shark Café Einige Mitglieder kennt man bereits von The Boys You Know – nun stellen sich GRS mit flottem Alternative Rock vor.

LIVE MELA – To Postpone A Dream Träumerisch: Die Wiener Newcomer schaffen weite Post-Rock-Soundlandschaften gespickt mit Dreampop-Beats.


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Fabrikskultur

PROGRAMM & ANREISE Helge Schneider gastiert am 23. Oktober im Rahmen der „Ordnung muss sein“-Tour, Viktor Gernot mit seinen „best friends“ am 11. Dezember, Pizzera & Jaus am 30. und 31. Dezember. Am 15. Jänner tauchen wir ein in die fantastische Welt vom „Phantom der Oper“, am 18. in die von „Mama Africa“, am 21. in die des Chinesischen Nationalcircus und am 23. in die von „Die Schöne und das Biest“. Ebenso gastieren die Science Busters (16. Jänner), maschek. (25. Jänner) und Thomas Stipsits (30. Jänner). Kindertauglich wird es etwa bei „Peter Pan“ (9. Feber) und beim „Dschungelbuch“ (23. Feber). Die Helmut List Halle liegt an der Rückseite des Grazer Hauptbahnhofs in der Waagner-BiroStraße 98a.

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iel hätte nicht gefehlt und die alte Fabrikhalle unweit des Grazer Hauptbahnhofs wäre Anfang der Nullerjahre der Abrissbirne zum Opfer gefallen. In den Fünfzigern gebaut vom namensgebenden Industriellen Helmut List war

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der Gebäudekomplex in die Jahre gekommen. Da in der steirischen Hauptstadt sowieso ein Konzertsaal mit internationalem Standard fehlte, entschloss man sich dann doch zum Umbau durch den Architekten Markus Pernthaler. Glas, Beton, Stahl und Holz wurden raffiniert kombiniert, sodass im Inneren der Haupthalle keinerlei Schwingungen des benachbarten Bahnhofs die akustischen Erlebnisse trüben können. Zudem besteht der Konzertsaal aus Vollholz und Stahl, was eine besondere Klangqualität sichert. Ein spannendes Detail: Der Eingangsbereich und das Dach des Foyers sind zum Teil noch im Original sichtbar. Der gesamte Gebäudekomplex ist übrigens länger als ein Fußballfeld (113 Meter), genauso breit wie der Wiener Stephans-

dom (34 Meter) und 15 Meter hoch. Ihren Ruf als multifunktionales Venue, das für beinahe jede Veranstaltung adaptiert und genutzt werden kann, wird die Helmut List Halle mehr als gerecht: In drei unterschiedlichen Varianten finden bis zu 2.400 Menschen Platz. Möchte man allerdings die maximale Kapazität ausnutzen, muss auch der Backstage-Bereich für das Publikum geöffnet werden. In der Kombination von Foyer und Haupthalle dürfen zwischen 1.800 und 2.000 Besucher in die Helmut List Halle. Was man bei einer Konzerthalle nicht vermutet: Die Helmut List Halle besaß bei ihrer Eröffnung im Jahre 2003 eine der damals größten Photovoltaikanlagen, die in die Fassade auf der Südseite integriert ist. Das „Sonnenkraftwerk“ wurde 2004 mit dem österreichischen Solarpreis ausgezeichnet und speist jährlich bis zu 26.000 kWh Energie in das Grazer Stromnetz ein. Damit könnte man einen Laptop ungefähr 1,3 Millionen Stunden betreiben oder mehr als 17.000 Kilometer mit einem Elektroauto zurücklegen. Die Helmut List Halle wird aber nicht ausschließlich für den Kulturbetrieb von Ausstellungen, Musical, Pop- & Rock- bis hin zu klassischen Konzerten genutzt. Auch Maturabälle, diverse Messen und wissenschaftliche Vorträge – dafür wird eine bestuhle Variante angeboten – finden hier ihren Platz.

Fotos: Helmut-List-Halle (Helmut-List-Halle), Rabenhoftheater (Rabenhoftheater), Zupanc (KUSS), Klaus Mader (Stadtsaal Steyr)

Die Styriarte und der Steirische Herbst gehören zu den Dauergästen der Helmut List-Halle, aber auch Stars wie Helge Schneider, Bülent Ceylan oder Pizzera & Jaus schauen vorbei. TEXT: ALEXANDER HAIDE


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RABENHOF THEATER

KUSS

Seit 2000 passiert im Erdberger Rabenhof zeitgenössisches Volkstheater, das zuerst ganz genau hinschaut und dann ausspricht, wo andere den Schwanz einziehen. Auch in der neuen Saison: So freuen wir uns etwa auf die Premiere des neuen Programms der Staatskünstler Scheuba, Maurer und Palfrader, die Bühnenadaption des Kurt-Palm-Romans „Monster“ oder auch „3 Frauen und 1000 Bücher“ mit Sandra Cervik, Erni Mangold und Esra Özmen. Auch super: Maschek premieren ihr neues Programm „Vox Populi“ im Frühjahr. Mehr Infos bei uns im Blog!

STADTSAAL STEYR

Bis zu 700 Personen erfreuen sich auch im Herbst und im Winter bester Unterhaltung im Stadtsaal Steyr: Am 10. Oktober gastiert Thomas Stipsits, am 13. November Martin Frank, am 19. Markus Hirtler als Ermi-Oma und am 18. Dezember Alex Kristan. Das neue Jahr leiten dann Andreas Vitásek (21. Jänner), Walter Kammerhofer (31. Jänner), die Comedy Hirten (13. Feber) und Gery Seidl (26. März) ein.

Die Kultur- und Stadtsäle in Wolfsberg (KUSS) liegen direkt neben dem Wolfsberger Stadtzentrum, sind leicht erreichbar und bieten genügend Parkflächen. Doch natürlich zählen primär die inneren Werte: Für bis zu 1.600 Personen wird hier beste Unterhaltung geboten, im Herbst und Winter etwa mit Markus Hirtler als Ermi-Oma (3. Oktober), Stermann & Grissemann (4. Oktober), Luis aus Südtirol (16. Oktober), Gernot Kulis (16. November), und Thomas Stipsits (12. Dezember). Informativ wird es etwa bei der AK Wintersportbörse und der Kunst- und Designmesse Ende Oktober.


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Schaun mag!

Schaun mag Robert Palfrader steht in seinem vierten Programm erstmals „ALLEIN“ auf der Bühne im Hof.

GENUSS AM ABGRUND Wo lukullische Freuden beim Flambieren in der Grande Cuisine, brennt mancherorts an der nächsten Ecke der Krisenherd. Es sind fast ausschließlich neue Arbeiten, die sich beim steirischen herbst unter dem Thema „Grand Hotel Abyss“ (zu Deutsch: „Grand Hotel Abgrund“) dem ungleichen Paar Genuss und Krise widmen. Im Kernprogramm finden sich Installationen, Performances und diskursive Projekte von internationalen Künstlern wie Oscar Murillo, Jasmina Cibic, Jeremy Deller gleichermaßen wie vom heimischen Kollektiv Theater im Bahnhof. Eine abendfüllende Extravaganza voller kulinarisch-ästhetischer Genüsse samt dunkler Kehrseiten eröffnet das Grazer Festival am 19. September. Das Begleitprogramm und das ORF musikprotokoll komplettieren die 52. Ausgabe bis 13. Oktober.

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o wie sich im Sommer das ganze Land zur großen Open-Air-Bühne herausputzt, so selbstverständlich gehen im Herbst in den Theatern wieder die Vorhänge auf. Deshalb ist diese Ausgabe dem unermüdlichen Einsatz von Österreichs Kulturschaffenden gewidmet, ihrem Publikum ein abwechslungsreiches Programm zu kredenzen – und davon gibt es in der anstehenden Spielzeit reichlich. Überzeugen Sie sich selbst! Nahversorger Bereits als Kind ging ich in der St. Pöltner Bühne im Hof regelmäßig ein und aus, holte mir Anregungen für mein privates Puppentheater und machte stets große Augen, dass da jemand tatsächlich eine Bühne in den (ehemaligen

als auch überdachten) Hof der Linzer Straße 18 gesetzt hat. Später kam ich in Verstärkung meiner ganzen Klasse zur Schulvorstellung und auch heute besuche ich das knallgelbe Haus, das sich auf der Rückseite zur modernen Location gewandelt hat, gerne. Hat sich der persönliche Geschmack vom Kindertheater zur Kleinkunst entwickelt, ist sich die Bühne im Hof über die Jahre treu geblieben: Kabarettistisches, Musikalisches, Kindertheater und alles, das allgemein für beste Unterhaltung sorgt, steht in Form von Künstlern mit dem gewissen Prominentenfaktor auf der Bühne. In der ersten Halbzeit der Saison 19/20 geben sich beispielsweise der einzig wahre Kaiser Österreichs, Robert Palfrader, am 11. Oktober, Roland Düringer mit seinem neuen Programm „Africa Twinis“ (7. November, Niederösterreich-Premiere), wenig später die schrägen Musiker von den Tiger Lillies und Mai Cocopelli (15. Dezember), die beim musikalischen Weihnachtsfest so glücklich wie Vanillekipferl machen, die Ehre. Außerdem zu Gast: Alfred Dorfer, Gernot Kulis, Klaus Eckel, die Dornrosen, Willi Resetarits, Erwin Steinhauer, Wiener Blond, das ehemalige LandestheaterEnsemblemitglied Jan Walter und etwa 24 weitere Künstler. Und deshalb nimmt im Publikum gerne der Lehrling neben dem Akademiker und der Enkel neben der Oma Platz. Alltäglich im Innenhof der etwas anderen Art.

Fotos: Norbert Kniat (Grazer Musikverein), Ingo Pertramer (Bühne im Hofg), Reinhard Werner (Burgtheater), beigestellt (Peter Overbeck)

Anspruchsvoll bis vergnüglich präsentiert sich die neue Spielzeit und reichhaltig ihr Angebot. Als Degustation reichen wir sie als kompaktes Zwei-Seiten-Journal. TEXT: DANIELA BERNHARD


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NEUER BURGHERR

AUFWIND

Martin Kušej stellt sich seiner ersten Spielzeit am Wiener Burgtheater.

Michael Nemeth weist der Klassik in Graz den Weg in die Zukunft.

Als Karin Bergmann 2014 zur Direktorin berufen wurde, musste sie das Burgtheater erst einmal wieder auf Kurs bringen (Stichwort: Finanzskandal). Martin Kušej braucht nicht aufzuräumen, ordentlich umgekrempelt wird dennoch: Einige gingen, viele andere folgen der Einladung nach Wien. Dazu zählen Tobias Moretti sowie Birgit Minichmayr und Regisseure wie Kay Voges (Stichwort: Volkstheater) als auch Maschinentheater-Spezialist Ulrich Rasche. Letzterer eröffnet übrigens mit „Die Bakchen“.

ANGSTHEMMER

Die Wiener Philharmoniker, Rolando Villazón und Yuja Wang: Im Grazer Musikverein treten 19/20 die ganz „Großen“ auf und zugleich wird zum Sprung Richtung junges Publikum angesetzt. Ergänzend zum klassischen Abendangebot stehen genauso knackige Formate – etwa Soireen mit anschließender Jazz Lounge –, Künstler wie Thomas Quasthoff sowie Martin Grubinger und eine Kooperation mit dem Filmfestival Diagonale auf dem Programm. Und dann engagiert sich der künstlerische Leiter Michael Nemeth noch für die Menschenrechte: 2017 ist dafür die „Symphonie der Menschenrechte“ entstanden. Dafür spielt sogar Fazıl Say auf.

Im Klassik-Sektor besteht allgemein das Problem der Schwellenangst. Dieses wollen wir inhaltlich mit neuen, kürzeren sowie moderierten Formaten und Künstlern aus dem Crossover-Bereich abbauen. (Michael Nemeth)

Peter Overbeck führt ans Faszinosum Oper heran. In die Oper gehen ist nicht schwer, sie verstehen, oder gar mögen, dagegen sehr: Das denkt sich so mancher beim Gedanken ans Musiktheater und lässt den Besuch von diesem lieber gleich. Pünktlich zum Start der neuen Saison erscheint Peter Overbecks Leitfaden, der geistreich – etwa mittels der „Top 10 Opern-Ohrwürmer“ – einen Blick auf Sängerallüren, Festivalzauber und die Herausforderungen eines in stetigem Wandel befindlichen modernen Musikbetriebs wirft. Dank praktischem Reclam-Format passt das Buch als Begleitung für den nächsten Opernbesuch in jede Tasche.

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Über Lebensgeiste W

enn man sich mit Adel Tawil zu einem Interview trifft, bekommt man genau das, von dem man irgendwie aufgrund seiner Musik ausgegangen ist: Mit dem ehemaligen „Ich + Ich“-Sänger kann man über alles plaudern, was einem – und ihm – gerade so einfällt. Über Gott und die Welt – und zwar buchstäblich, wie wir noch erfahren werden. Locker, unprätentiös, vor allem authentisch und ehrlich. Da gibt’s kein langsames Herantasten, sofort ist man mittendrin im Gespräch. Einem Gespräch, bei dem man Adel tief in die Augen blicken sollte. Die sind bei ihm nämlich tatsächlich das Fenster zur Seele: Sie sind tiefgründig und strahlen solche Güte aus, dass man nicht überrascht wäre, würden jeden Moment kleine Engerl daraus hervorfliegen.

Licht und Dunkelheit In den kommenden 45 Minuten wird mehrmals deutlich, wie sehr es der Sänger genießt, sich mit Menschen auszutauschen, seine Gedanken zu teilen, Neues zu lernen, gegenseitig den Horizont zu erweitern. „Ich rede ja unheimlich gern!“, lacht er. Also gibt er uns zum Beispiel Tipps für lässige Sneakerläden in Wien (Solebox), erzählt, wo man hier die besten Pita der Stadt bekommt (Miznon) und welche Patisserie man unbedingt besuchen sollte

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(Parémi). Ein Berliner, der einem Wiener Wien-Tipps gibt – für Adel nicht allzu außergewöhnlich. Vielleicht deshalb, weil er möchte, dass sein Gegenüber das Leben genauso genießt, wie er es selbst seit geraumer Zeit tut. „Endlich wieder die Sonne spüren, die Wolken, den Himmel und den Wind. Endlich durchatmen.“ Das sei nicht immer so gewesen, während seiner Scheidung und seines schweren Unfalls (2016 brach er sich vier Halswirbel) habe er sich durchaus manchmal die gefährlichsinnlose „Wieso ich?!“-Frage gestellt. „Mir wurden plötzlich alle Fäden des Lebens aus der Hand gerissen.“ Klar, Licht und Dunkelheit gehören zum Leben dazu, das sei auch gut so, besonders für Künstler können Schmerz, Leid und vor allem Melancholie wertvolle Kreativitätsquellen sein, meint er. „Aber wenn du nicht mal mehr aus dem Bett kannst, dann ist es zu viel.“ Universelle Sprache Adel schaffte es, sich aus diesem Loch wieder herauszuziehen. „Ich habe gecheckt, wie gut es mir eigentlich geht.“ Nachsatz: „Wenn du positiv denkst, geschieht auch Positives.“ Anfang 2019 kam Adels Kind auf die Welt, welches Geschlecht möchte er nicht verraten, manches muss dann eben doch privat bleiben. Die neu gefundene Lebensfreude, ja: Lebenssinn, spiegelt sich auch

im aktuellen Album wider, das Pop und urbanen Sound zusammenbringt und Adel sowohl als „neue Ära“ als auch „meine bisher beste Arbeit“ bezeichnet: Die Songs sind beschwingt, abwechslungsreich, klingen befreit, machen Laune. Mit Texten, die zum Nachdenken anregen, ohne dabei runterzuziehen. Mit Oberflächlichkeit hat das Ganze nichts zu tun, ganz im Gegenteil: „Gerade in einer Zeit des lauten Populismus ist es die Verantwortung von uns Künstlern, Menschen zu vereinen, jenseits aller Arten von Grenzen. Toleranz ist für mich von jeher selbstverständlich. Musik muss wieder zu seinem Ursprung der universellen Sprache zurückfinden!“ Anders ausgedrückt: „Ich möchte mit der neuen Platte Hoffnung rausschreien!“ Alles fließt Das möchte er auch mit seinen Konzerten erreichen, sagt Adel, und seine Augen strahlen in diesem Moment noch ein Fünkchen gütiger. Auch er, immerhin mit ägyptischen und tunesischen Wurzeln, werde „immer wieder mal“ mit „harmlosem, kleinem Alltagsrassismus“ konfrontiert. Das nehme er meist locker. Wenn ihm aber zum Beispiel in Dresden geraten wird, zur Mittagszeit nicht das Hotel zu verlassen, er könne nämlich der Pegida begegnen, dann wird auch der gutmütige Adel

Foto: Sebastian Magnani

empfiehlt

Mit Adel Tawil lässt sich’s gut plaudern. Was wir auch ausführlich getan haben: über sein aktuelles Album, die neu gewonnene Lebensfreude, musikalische Verantwortung und den perfekten Beat. TEXT: MANUEL SIMBÜRGER


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ter wütend. Schließlich sind wir alle eins. Das will er auch mit seinem Albumtitel ausdrücken, inspiriert vom philosophischen Buch „Sofies Welt“: „Alles rund um uns ist lebende Materie. Alles ist miteinander verbunden. In uns allen ist Gott.“ Von vielen Religionen und Philosophen lässt sich Adel zu neuen Denkanstößen inspirieren, Scheuklappen und Tunnelblick lehnt er ab. „Ich gehe mit offenen Augen durch die Welt, lasse das Leben fließen. Ich beobachte genau, auch mich selbst.“ Wenn das Adel Tawil sagt, klingt das nicht mühsam, sondern chillig wie nur sonst was. Veränderungen Nachdenklich, aber umso leidenschaftlicher wird Adel auch, wenn es um das Musikbiz geht. In Zeiten von Streaming-Plattformen sei es schwierig, das Monster „Erfolg“ zu definieren. „Ich war nie einer, der sich um Chartplatzierungen gekümmert hat – und jetzt noch weniger!“ Ihm komme es viel mehr auf Radio-Airplay, gute Kritiken, das Kommunizieren mit den Fans auf Social Media und auch ein bisserl auf Klick- und Downloadzahlen an. Er stimme Pharrell Williams vollends zu, der einmal sagte, den perfekten Beat gebe es nicht. „Auch wenn Songs wie ‚Let It Be‘ oder ‚Don’t Worry, Be Happy‘ sehr nah dran sind.“ Perfektion sei aber ohnehin nicht etwas, nach dem Adel Tawil strebt:

„Ich schreibe Songs für Momente, in denen sich jeder wiederfinden kann!“ Nicht zuletzt er selbst, denn die Suche nach Identität nimmt in seiner Arbeit, seinem Leben nach wie vor einen hohen Stellenwert ein. „Ich bin noch nicht angekommen, habe aber einen großen Schritt nach vorne getan.“ Er lacht: „Ich weiß zumindest, was ich nicht will!“ Die Geburt seines Kindes habe ihn geerdet, reifer, bodenständiger, gelassener gemacht. Der Rock ’n’ Roll sei zwar nicht ganz aus seinem Leben verschwunden, grinst er, vieles in seinem Leben sei heute aber anders. Er strahlt Glück aus, wenn er das sagt. Veränderung und Neues erschaffen: Nur wenige haben davor so wenig Angst wie Adel r Tawil. ine n se im e ahm änner er. R et .J im ert am 31 Gasom i t s a il g -Tour w a t“ T del lles leb A n „A

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Dabeisein ist Im Jänner 2020 geht zum zweiten Mal eine Handball-EM in Österreich über die Bühne. Das größte heimische Aushängeschild ist der erst 22-jährige Nikola Bilyk – wir haben ihn zum Gespräch gebeten. TEXT: ROBERT FRÖWEIN

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Kein Durchschnitt „Unser Ziel muss der Aufstieg sein“, erklärt Nikola Bilyk im Gespräch, „es sind gewiss drei schwierige Spiele und sie werden kein Selbstläufer, aber wir

müssen mit dem Druck klarkommen und diese Hürde meistern.“ Mit gerade einmal 22 Jahren ist Bilyk nicht nur bereits Kapitän des österreichischen Handball-Nationalteams, sondern auch Aushängeschild und Fan-Magnet. Als er im März 2014 debütierte, war er zarte 17 Jahre jung – nun spielt er schon seine vierte Saison beim deutschen Top-Klub THW Kiel in einer der besten Ligen der Welt. Bilyk ist nicht nur auf, sondern auch abseits des Platzes ein echter Typ. Jemand, der sich nicht mit Durchschnitt zufriedengibt, sondern akribisch auf Ziele hinarbeitet und Entspannung nur kurz duldet. „Vor der langen Vorbereitung war ich ein paar Tage daheim in Wien, auf der Insel Brac in Kroatien und mit meiner

Nikola Bilyk Der 1996 in Tunesien geborene Wiener begann seine aktive Profi-Karriere 2012 beim Handballclub Fivers Margareten, bei welchen auch sein Vater Serhij lange aktiv war. 2014 debütierte er im österreichischen Nationalteam.

Fotos: Red Bull Content Pool/Markus Berger, Agentur Diener Eva Manhart

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it den Zeiten ändern sich Traditionen und Mechanismen. So etwa auch im Handball-Zirkus, wo von 9. bis 26. Jänner 2020 eine Europameisterschaft zum allerersten Mal in drei verschiedenen Ländern ausgetragen wird. Neben den beiden skandinavischen Flaggschiffen Schweden und Norwegen kommt dabei auch Österreich zum Zug. Zwei Jahre früher als geplant hat die EHF (Europäische Handballföderation) dadurch auch das Teilnehmerfeld von 16 auf 24 Nationen erweitert. Österreich kommt nach 2010 zum zweiten Mal als Austragungsort in den Genuss des Veranstaltens. In der Grazer Messehalle werden Kroatien, Weißrussland, Montenegro und Serbien um den Aufstieg in die Hauptgruppe kämpfen, in der Wiener Stadthalle sind die einheimischen Österreicher am Zug. In Gruppe B treffen sie anfangs auf Tschechien, die Ukraine und Nordmazedonien – und rechnen sich mehr als gute Chancen auf den Aufstieg aus.


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nicht alles terschied zu damals ist meine Selbstständigkeit. Es ist mittlerweile Zeit, dass ich meine eigenen Erfahrungen und Fehler mache, daraus lerne und mich weiterentwickle. Heute sind wir, was den Sport anbelangt, auf Augenhöhe, haben ein partnerschaftliches Level. Damals konnte ich meine Meinung noch nicht so durchsetzen – heute ist das selbstverständlich.“

Freundin für ein paar Tage auf Sardinien. Aber wenn man in Deutschland ins Training einsteigt, hat man den Urlaub schnell wieder vergessen“, fügt er lachend an. Bilyk wurde der Sport in die Wiege gelegt. Schon Vater Serhij war ein bekanntes Tormann-Aushängeschild in Österreich, von 2012 bis 2016 spielten beide sogar zusammen bei den Fivers Margareten in Wien. Eine familiärlehrreiche Zeit, die der Junior keinesfalls missen möchte: „Wenn man nach Spielen oder dem Training mit dem Auto nach Hause fährt, wird natürlich immer über den Sport gesprochen. Das war wirklich sehr intensiv und als ich nach Deutschland ging, hat sich das klarerweise verändert. Der größte Un-

Keine Nummer zwei In Kiel sammelte Bilyk in drei Jahren bereits drei Trophäen, mit dem deutschen Meistertitel sollte es auch bald mal klappen. Dass er sich dort auf Weltniveau bewegt, hat er sehr früh bemerkt. Ohne Ehrgeiz und Beharrlichkeit wäre eine so raketenhafte Karriere aber auch gar nicht möglich gewesen. „Es liegt einfach in meinem Naturell, dass ich nicht gerne verliere und auch nicht gerne die Nummer zwei bin. Für mich basiert mein ganzes Leben auf Handball. Er ist meine Arbeit und diese nehme ich ernst. Auch ich hatte Höhen und Tiefen, war in der Jugend vielleicht nicht so diszipliniert und habe nicht so gut auf meine Ernährung geachtet, aber ich habe immer konstant an mir gearbeitet, um mich stets zu verbessern. Ich möchte nicht nur im Handballsport einer der Besten werden, sondern auch durch meine Persönlichkeit erfolgreich sein und etwas weitergeben.“ Die erste heimische Handball-EM 2010 hatte kurzfristig schon neues Feuer für den Sport in Österreich entfacht. Im Vergleich zu den großen Ballsportarten

wie Fußball oder Tennis firmiert Handball aber immer noch unter ferner liefen. Für Bilyk ist klar, dass eine langfristige Veränderung nur durch gute Leistungen und damit einhergehendem Erfolg passieren können. „Sollten wir wider Erwarten Europameister werden, würde das natürlich für einen gewaltigen Push sorgen“, merkt er scherzend an, fokussiert sich aber sogleich, „es ist eben ein langwieriger Prozess. Dass Handball in Deutschland und Frankreich einen derart hohen Stellenwert hat, kommt ja nicht von ungefähr, sondern resultierte aus einer hervorragenden Jugendarbeit und steigendem Erfolg. In jeder Sportart, in der das jeweilige Nationalteam erfolgreich ist, entsteht eine Euphorie. Dafür müssen aber wir Spieler sorgen, es liegt ganz und gar in unserer Hand, dahingehend den nächsten Schritt einzuleiten.“ Keine Zeit für Quatsch Der in Tunis geborene Spieler mit ukrainischen Wurzeln ist in dieser Hinsicht so ganz und gar nicht klassisch österreichisch – und vielleicht gerade deshalb so immens erfolgreich. „Es bräuchte auf allen Linien viel mehr Professionalität. Diese „Dabeisein ist alles“-Mentalität ist für mich absoluter Quatsch. Das ist etwas, das ich an Österreich wirklich nicht mag. Einfach wo mitzumachen oder nur ein oder zwei Spiele zu gewinnen ist mir eindeutig zu wenig. Wir alle müssen viel positiver und ehrgeiziger werden. Wir müssen den Sieg wollen und dafür arbeiten. Bei

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uns im Nationalteam wissen alle, dass ich extrem erfolgsorientiert bin. Das passt vielleicht nicht jedem in den Kram, aber für mich gibt es keinen anderen Weg. Seit ich ein Kind bin, träume ich vom Erfolg und versuche ihn mit viel Training und Einsatz zu erreichen. Erfolge sind die Belohnung für all die harte Arbeit, die auf dem Weg dorthin anfällt. Entweder ist man bereit dafür oder eben nicht.“ Das 1,98 Meter große „Mentalitätsmonster“ spricht genau so scharf und zielgerichtet, wie es spielt. Eine wundervolle Eigenschaft, die Bilyk als wichtiges mentales Rüstzeug neben dem ohnehin offensichtlichen sportlichen dient. Die Heim-EM macht ihn genauso wenig nervös wie hohe Erwartungshaltungen seitens der Öffentlichkeit und der Medien. Dafür hat er trotz seiner 22 Jahre schon viel zu viel erlebt und erreicht. „Mich belastet Druck nicht, er beflügelt. Ich habe schon als Jugendlicher immer mit den Älteren gespielt und mit 15 mein erstes Profispiel bei den Fivers bestritten. Natürlich

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bereit sind. Dafür mache ich Fehler, Wir verlosen 5×2 VIP Tickets für die muss man sie schnell aber das sind dann EHF 2020. Mehr Informationen und Teilnahmebedingungen: in den Profibetrieb inProzesse, die man rewww.ticketmagazin.com tegrieren und ihnen verflektiert und die einen trauen. Ich möchte auch weiterbringen. Trotz all des gerne selbst dazu beitragen, dass Ehrgeizes und der Hingabe, die ich für den Handball habe, ist es am der Handballsport in Österreich poEnde des Tages ein Sport. Es geht hier pulärer wird. Wenn ich mit 35 einmal niemals um Leben oder Tod. Ich habe meine Karriere beende, dann hoffe ich, viele Dinge erlebt und kann deshalb dass wir allgemein viele große Schritte auch mit schwierigen Situationen gut nach vorne gemacht haben.“ Zuerst umgehen. Jeder Spieler, der behauptet, steht aber ohnehin einmal die EM in er würde keinen Druck verspüren oder Wien und Graz auf dem Programm. nie nervös sein, lügt. Es geht nur darum, Auf einen Favoriten will sich Bilyk auch nach mehrfacher Rückfrage nicht festwie man diesen Druck verarbeitet.“ legen, stellt aber grinsend fest: „Ich würde sofort unterschreiben, wenn wir Keine Angst vor Erfolg Als Sportler, der öfters in der Öffent- Österreicher es machen sollten“. Hinter lichkeit steht, ist er sich seiner Vor- der professionellen Schale ist immer bildwirkung bewusst. „Man muss den noch genug Platz für einen juvenilen ganzen Stellenwert des Sports in Öster- Schelm … reich steigern und die Jugendarbeit immer weiter kontinuierlich verbes- n Die Men’s EHF Euro 2020 findet zwisern. Es geht schon vieles sehr gut, aber schen 9. und 26. Jänner in der Wiener man kann immer mehr machen. Das Stadthalle (D) und der Messe Graz statt. Ziel muss sein, dass Jungs mit 19 oder oeticket.com bietet neben Tickets auch 20 Jahren für Aufgaben im Ausland Hotel-Packages in beiden Städten an.


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From Here Selten – vielleicht bei Isländern wie Sigur Rós – findet man das Milieu, in dem ein Album aufgenommen wurde, so klar reproduziert, wie hier: Das „hier“ ist Giske, eine kleine, der Fjordkluft Norwegens vorgelagerte Insel. Ähnlich verloren, mit melancholischer Schwere, sinniert auch Justin Sullivan ins Off. (sb)

STATUS QUO Locked And Loaded Egal, wie groß eine Band ist: Es ist erquicklich, wenn sie selbst zum Fan wird und ihren Heroen huldigt – bei der Supergroup rund um John Corabi ohnehin seit Anbeginn Teil ihres Charmes. Nun zollt man in voller Länge The Beatles, Neil Young & mehr ureigen und launig Tribut. (sb)

Birth Of Violence In einer grellen, vom Pompkitsch geschwängerten Musikwelt ist Chelsea Wolfe eine erfrischend monochrome Abkehr, ein schauriges Embrassement: Auf „Birth of Violence“ widmet sie sich nach dem tonnenschweren „Hiss Spun“-Doom introspektivem, anschmiegsamem Goth-Folk. (sb)

Fotos: Hersteller

Killswitch Engage – Atonement Auf ihrem achten Album gebärden sich die Metalcoreler wie der kontrollierte Schizo TwoFace und lassen den brachialen Wüterich mit dem sanfmütigen Frauenversteher Hand in Hand über die Blumenwiese stieben. (sb)

LIVE

CHELSEA WOLFE

Mabel – High Expectations Von ihren berühmten Eltern zeigt sich der UKShootingstar bereits auf ihrem Debüt emanzipiert: Klanglich bewegt sie sich in catchy R&BKlängen, textlich wirkt sie mündig. Einzig: Ecken und Kanten sucht man vergebens. (sb)

Backbone Nach 32 Alben noch Klassiker wie „In the Army Now“ zu schreiben ist ein Ding der Unmöglichkeit, das nicht einmal einem beständigen Musiker wie Francis Rossi gelingt. Dennoch: Nach zwei „Aquostic“-Auflügen steht man zumindest wieder unter Boogie-Storm, wenngleich: verdient altersmilde. (sb)

THE DEAD DAISIES

LIVE ANiiML – Oh Awe Man kennt sie ausschnitthaft aus Serien wie „Lucifer“, doch auch auf Albumlänge weiß der cineastische Sound, der sich zwischen Gothic-R&B und elektronisch dröhnenden Klanglandschaften einpendelt, zu gefallen. (sb)

In Cauda Venenum „In cauda venenum“ hieß es bei den Lateinern, „am Ende das Gift“: Die Metapher über einen Skorpion soll verdeutlichen, dass eine Expression sanft beginnt, plötzlich jedoch scharf endet. Eine derartige Stringenz ist bei Opeth naturgemäß nicht zu finden, über die Toxik und Tücke kann man wohlfeil streiten: Seit ihrer Abkehr von der Malice des

Todmetalls sind es ja bekanntlich die progressiv-vertrackten, lichten Klänge, die im Spätwerk in blumige Eskapaden entführen. Nicht minder bei ihrer unheilschwangeren Nummer 13, vielmehr findet sich hier – insbesondere artikulatorisch – noch eine Intensivierung: Erstmals hören wir in der originalen Version ausschließlich schwedischen Gesang, der allein aufgrund seiner charakterischen Phonetik, etwa der Diphtongierung und dem ausgeprägten Vokalsystem, ähnlich wie auch das Isländische lichter, für Nichtmuttersprachler pittoresk wirkt und demnach das progressive Gedudel und Genudel entrückter und archaischer anmuten lässt. Demnach: Finger weg von der anglisierten Version, die freilich separat feilgeboten wird und wie ein schäbiger Versuch von Geldmache – in dem Kontext: eine mindergiftige Nebenwirkung – scheint: Das Album selbst brilliert in seiner edlen Erhabenheit mit wahrer Größe und Lauterkeit. (sb)

NEW MODEL ARMY

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Lichtspiele

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Einmal geht’s noch: Sylvester Stallone muss in seiner Paraderolle als Vietnam-Veteran John Rambo wieder ausrücken und ist dabei einer der letzten der Selbstjustiz-Spezies. TEXT: ANDREAS UNGERBÖCK

Last Blood Die vielen Schlachten und Jahre im Kampf haben John Rambo zwar gezeichnet, aber sie haben ihn nicht weniger gefährlich gemacht ...

Fotos: Constantin Film, Warner Bros Pictures GmbH

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Jahre nach dem ersten „Rambo“ lässt sich der nunmehr 73-Jährige Sylvester Stallone ab 19. September erneut auf sein bevorzugtes Action-Abenteuer ein, das ihn diesmal nach Mexiko führt. Dabei wollte sich John Rambo doch in Arizona einfach nur zur Ruhe setzen. Aber wer kann ruhig bleiben, wenn ein böses Drogenkartell junge Frauen entführt und sie zur Prostitution zwingt – auch Gabriella, die Tochter seiner Haushälterin. Er tut sich mit der Journalistin Carmen Delgado (Paz Vega) zusammen, die, wie könnte es anders sein, auch einen militärischen Background hat und deren Schwester sich auch unter den Opfern des Kartells befindet. Der erste „Rambo“-Teil, der ja im Original wie die Romanvorlage von David Morell „First Blood“ hieß, schlug 1982 wie eine Bombe ein, auch wenn die Produktionsgeschichte alles andere als einfach war. Das Projekt wurde jahrelang hin- und hergeschoben, etliche potenzielle Hauptdarsteller,

darunter Clint Eastwood und Terence Hill, hatten abgesagt, Kirk Douglas, der Rambos Vertrauten Col. Trautman spielen sollte, ebenso. Die Geschichte vom gebrochenen Vietnam-Veteranen, der im eigenen Land nichts mehr gilt, wurde schließlich dank Stallones Einsatz – niemand hatte ihm, abseits von „Rocky“ jedenfalls, Box-Office-Potenzial zugetraut –, doch zum Erfolg, auch wenn Stallone mit dem ursprünglichen Resultat so gar nicht zufrieden war. Er ließ den Film massiv (um)schneiden, und nicht nur das weltweite Publikum, sondern auch die Kritik war ziemlich angetan. Das sollte ich mit den beiden Fortsetzungen von 1985 (Rambo im Nachkriegs-Vietnam) und 1988 (Rambo in Afghanistan gegen die sowjetische Invasion) dramatisch ändern: Rassismus und Gewaltverherrlichung waren die Hauptvorwürfe. Dem Erfolg der Filme und der muskelbepackten, fast schon comicartigen Figur tat das keinen Abbruch: Der schauspielerisch viel belächelte Stallone war endgültig

zum Kassenmagneten geworden. 2008 schwang er sich dann nochmals auf, kämpfte diesmal in Birma und führte bei „John Rambo“ gleich selbst Regie. Die weltweiten Einspielergebnisse waren mäßig, und die Kritik zerzauste den Film. Dass der neue Film nun den Untertitel „Last Blood“ trägt, weist auf das endgültige Ende der Franchise hin. Selbstjustiz als Motiv für Actionfilme, man muss es sagen, ist wirklich nur mehr etwas für ältere Männer, Liam Neeson etwa oder Bruce Willis in seinen schlechteren Filmen. Ein bisschen wirkt Stallone mit 73 wie der letzte Dinosaurier in diesem Gewerbe – aber wer weiß, vielleicht überrascht er uns ja alle.

AUSSERDEM IM KINO Gut gegen Nordwind In der Bestseller-Erzählung von Daniel Glattauer lässt ab 13. September ein Buchstabendreher eine E-Mail von Emma Rothner versehentlich bei Leo Leike landen. Der Linguist antwortet prompt, sie beginnen einen immer intimer werdenden Dialog, wie man ihn nur mit einem Unbekannten führen kann. Irgendwann stellt sich die Frage, ob sie sich nicht einmal treffen sollten. Es: Kapitel 2 Ab 6. September taucht das Böse erneut in Derry auf: Genau 27 Jahre nach den Ereignissen des Sommers 1989 („Es: Kapitel 1“), als eine Gruppe Kinder in Derry den Klub der Verlierer gründete, sich aber nunmehr aus den Augen verloren hat, sieht sie sich gezwungen, in ihre Heimatstadt zurückzukehren. Ihr Erzfeind Es ist zurückgekehrt, und ihr Plan ist ganz klar: Die erstarkte Kreatur endgültig zu vernichten.

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Plug & Play Nicht enttäuscht sein, wenn im Schachterl statt einem gleich zwei Juwelen warten! Im Gegensatz zum Ring ewiger Treue versprechen die neuen True-Wireless-Kopfhörer E8 2.0 von Bang & Olufsen absolute Freiheit, die sich wirklich gut anhört. TEXT: MARTIN SCHRAPFENEDER

Außen hui, innen auch Wie von B&O nicht anders zu erwarten, spielen Design, Materialien und Verarbeitung eine große Rolle. Die Einlageplatte der Ladeschale ist aus gebürstetem Aluminium gefertigt, ihre Außenhaut aus Rindsleder. An den Kopfhörern selbst stören keine unnötigen Spaltmaße den Eindruck guter Verarbeitung. Die Inbetriebnahme geht leicht und schnell von der Hand, nachdem die E8 2.0 zumindest für zehn Minuten für Ladezwecke und zur Initialisierung in der Box waren. An-

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schließend werden sie per Drücken der Multifunktionstaste rechts eingeschaltet, durch fünfsekündiges Drücken und Halten beider Tasten links und rechts in den Pairing-Modus versetzt und via Bluetooth-Menü mit Smartphone oder Tablet verbunden. Das Einsetzen ins Ohr erfordert beim ersten Mal ein bisschen mehr Zeit, müssen doch aus der Auswahl von insgesamt fünf Ohrstückpaaren erst die passenden herausgesucht werden. Diese Zeit sollte man sich wirklich nehmen, denn dichtet das Ohrstück nicht perfekt nach außen ab, klingen die In-Ears ohne jegliche Tiefe wie eine leere Blechdose. Erst gut nach außen abgedichtet, was mir nur mit den Passstücken aus Memoryschaum gelungen ist, entfalten die E8 2.0 ihr volles Klangpotenzial. Und das ist beachtlich: Das Frequenzband reicht von 20 bis 20.000 Hertz und deckt so den gesamten hörbaren Bereich ab. Mithilfe der B&OApp lässt sich der Sound weiter an den individuellen Geschmack des Trägers anpassen. Außerdem verfügen die neuen E8 über eine Funktion, die man sich aus der Welt der Kopfhörer mit adaptivem Noise Cancelling abgeschaut hat: Via App können Außengeräusche weitestgehend ausgeschaltet oder eben durchgelassen werden, um im Straßenverkehr nicht Gefahr zu laufen, herannahende Autos zu überhören. Das erhöht ihre Alltagstauglichkeit we-

sentlich, denn sitzen die Buds erst einmal gut im Ohr, will man sie auch nicht ständig herausnehmen müssen. Von Aerosmith bis Zappa Im Wechsel der Genres erweisen sich die kleinen B&Os als wahre Allrounder: Zeitgenössisches klingt voll und warm, die Bässe sind ansprechend, aber nicht überrepräsentiert. Die Wiedergabe ist auch für Klassik klar genug – wer einen anderen Klangcharakter wünscht, kann seine persönlichen Einstellungen in der gut gelungenen App finden. Während die Gesprächsqualität beim Telefonieren wirklich gut ist, lassen Reichweite und Lautstärke zu wünschen übrig: Schon in fünf Schritten Entfernung gibt es Aussetzer, und für Lieblingsstellen gibt es in Sachen Lautstärke leider zu wenig Reserven. Im Alltag erweisen sich die E8 2.0 als verlässliche und wirklich gut klingende Partner für alle Arten musikalischer Unterhaltung. Verbindungszores gibt es kaum. Die Lautstärke mag zum Genießen zwar hoch genug sein, zum hypnotisierten Headbangen wird sie jedoch eher nicht reichen.

Bewertung:

€ 350,– (UVP) www.bang-olufsen.com

Fotos: Hersteller

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or drei Jahren hat Apple es wieder getan. Mit der Markteinführung der absolut drahtlosen – sprich auch ohne Kabelverbindung zwischen den beiden Ohrstücken – Airpods gelang 2016 wie schon beim Launch des ersten iPhones 2007 ein Coup, dem alle anderen nacheiferten. Heute hat nahezu jeder namhafte Audio-Hersteller zumindest ein Paar True-Wireless-InEars im Programm. Im Falle der dänischen Nobelmarke Bang & Olufsen sogar schon in zweiter Generation. Während Apples Trendsetter passablen Sound bei rund fünf Stunden Laufzeit bieten, hat die Konkurrenz inzwischen in beiden Disziplinen längst die Nase vorn: Die B&O E8 2.0 klingen wirklich hervorragend und halten bis zu 16 Stunden durch, ehe sie zum Stromtanken in die Ladeschale müssen.


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Noble Schale, edler Kern Die Ladeschale ist mit echtem Rindsleder bezogen und mit einem Innenleben aus gebürstetem Aluminium ausgestattet. Die Buds glänzen durch gute Verarbeitung und klaren Wireless-Sound.

FEATURES • True-Wireless-In-Ear Kopfhörer in Indigo Blue, Pink, Black, Natural und Limestone • Frequenzband: 20–20.000 Hz • Bluetooth 4.2 • Bis zu 16 Stunden Laufzeit • B&O-App (für Android und iOS) • Gewicht: 13 g (7 rechts, 6 links), Ladeschale 55 g

PRO & CONTRA + Guter, individualisierbarer Sound + Ansprechende Laufzeit + Bequem zu tragen – Geringe Reichweite – Zu wenig Lautstärkereserven

Power-Etui Die schicke Lederschatulle dient nicht nur Transportzwecken, sondern auch als Ladeschale und kann die E8 2.0 drei volle Male neu aufladen.

Mehr Testberichte gibt es im aktuellen e-media! gcheckt: technik

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Spielwiese Im Meer der Einsamkeit: Mit einem äußerst intensiven Spielerlebnis überraschte uns im Sommer der Indie-Titel „Sea of Solitude“. TEXT: JOACHIM SCHMIDA

Control Remedy („Alan Wake“, „Quantum Break“) präsentiert erneut Mysteriöses: Nach der Invasion einer geheimen Behörde in New York durch eine außerweltliche Gefahr übernehmen wir in diesem Action-Adventure die Leitung, um die Kontrolle zurückzuerlangen.

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PLUS

Überinszenierung kann man dem Spiel durchaus vorwerfen, fanden wir aber dennoch nicht sonderlich störend. Es stimmt jedoch: Etwas mehr an Subtilität hätte sicherlich nicht geschadet. „Sea of Solitude“ ist mit der traumhaften Märchenwelt sowie der emotionalen Geschichte eine melancholische Reise, die verzaubert. Wir sprechen somit eine ausdrückliche Empfehlung an all jene Spieler*innen aus, die sich auch nur ansatzweise für unkonventionelle Games interessieren. Publisher: EA Originals Plattform: PS4, Xbox One, Microsoft Windows

Fotos: Hersteller

Friday the 13th: The Game Horror für die Hosentasche: Das Survival-Multiplayer-Spiel aus 2017 kann nun auch unterwegs mit der Nintendo Switch gezockt werden. Die „Ultimate Slasher Switch Edition" bietet obendrein das komplette Paket.

MINUS

Wolfenstein: Youngblood Schauplatz des Koop-Shooters ist dieses Mal Paris im Jahre 1980. Wir schlüpfen in die Rolle einer von B.J. Blazkowiczs Zwillingstöchtern – Jess oder Soph – und nehmen erneut den Kampf gegen das Nazi-Regime auf.

FAZIT

HEISSE NEUERSCHEINUNG

„Sea of Solitude“ ist in mehrfacher Hinsicht ein ganz außerordentliches Spiel: Entwickelt wurde es von dem in Berlin ansässigen Entwicklerstudio Jo-Mei und deren Chefin Cornelia Geppert, als Publisher fungiert Electronic Arts. Das märchenhafte Art-Design des kleinen Kunstwerks ist schlicht genial und teils atemberaubend schön. Der schwere Plot – es geht um Einsamkeit, Angst, Trauer und Depression – ist insbesondere in der Indie-Videospiellandschaft zwar nicht einzigartig, aber in dieser Form und mit dieser Intensität derart berührend, dass es streckenweise gehörig unter die Haut geht.


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Lichtspiele

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Mitte September wird Wien wieder ganz Angst und Bange: Das /slash-Filmfestival feiert 10 Tage lang mit höllisch guten Filmen und feministischem Schwerpunkt 10-jähriges Bestehen. TEXT: STEFAN BAUMGARTNER

Ein Jahrzehnt /slash Von 19. bis 29. September präsentiert das /slash erneut ein im wahrsten Wortsinn fantastisch kurartiertes Programm im Filmcasino, dem METRO Kinokulturhaus und dem Gartenbaukino.

Fotos: /slash Filmfestival, Stadtkino Basel

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iel ist in den letzten Jahren über das /slash Filmfestival geschrieben worden, zumeist euphorisch. Stets wurde der Blickpunkt darauf gelegt, dass hier im Gegensatz zum Populärkino ein Auge (und das gerne auch einmal im wahrsten Wortsinn) auf die Filme geworfen wird, die die Grenzen des guten Geschmacks oder der ästhetischen Norm überschreiten. Und das ist auch durchaus als akkurat zu werten: Das /slash ist wahrlich ein Refugium für verquere Beiträge, die jedoch nicht als alleiniges Ziel Grimm, Widerwärtigkeit und Ekel geschultert haben. Vielmehr versteht sich das Programm als ein pfiffiges Anecken, das zumindest in den Zwischentönen gesellschaftliche Normen in Frage stellt, und im Üben von pointierter Sozialkritik für (vermeintliche) Randgruppen nicht nur in die sprichwörtliche Bresche springt, sondern gar ins offene Messer läuft. So stehen heuer (nicht zum ersten Male) auch Filmemacherinnen im Fokus. „Female Terror“ heißt das Sonderprogramm, und darunter versteht man just nicht die naiv-törichte Quotenblondine,

die sich halbentblößt vor ihrem Schlächter naturalmente im Impasse versteckt – etwa im engen Wandschrank. Nein, hier wird Genregeschichte neu geschrieben, wenn erstmals überhaupt in diesem Ausmaß gezeigt wird, dass auch Frauen hinter der Kamera ein insgeheim dem groben, starken Geschlecht zugeschriebenes Geschick für garstige Szenarien besitzen, darunter etwa Mary Lamberts „Pet Sematary“ oder „Office Killer“ aus der spitzen Feder von Star-Fotografin Cindy Sherman. Apropos „Office Killer“: Auch wenn in den gezeigten Filmen die Hyperbel das ausgeschlachtete Stilmittel schlechthin ist – nicht selten bewegen sich die Filme dabei durchaus nah an der Realität, mit Charakteren, die freilich keine liebsamen Zeitgenossen sind, die man aber, wie eben etwa in „Office Killer“, durchaus verstehen kann. Darunter fällt auch Malerin Dezzy in „Bliss“, eine kettenrauchende Alkoholikerin mit ScheinTourette. Oder mit „Why Don’t You Just Die!“ das Debüt des Russen Kirill Sokolov (zudem auch einer der geladenen Gäste des Festivals), der sich mit seinem nihilistischen

Hassmanifest – und grollende Ranküne schwelt schließlich hie und da in jedem von uns, nicht nur im Wiener – im Spannungsfeld zwischen Tarantino und Leone bewegt. Anfang September wird das komplette, grob 60 Filme umfassende Programm – vom Eröffnungsfilm „The Lodge“ bis zum Grande Finale „Boyz in the Wood“ – in seiner vollen Wucht entblößt; Und dieses Ungestüm, es changiert meisterhaft zwischen Herz und Hirn, zwischen Lachen und Schreien, zwischen Licht und Dunkel. Karl Farkas hat’s so schön gesagt: „Schau’n Sie sich das an!“ Was? Alles.

BEGLEITPROGRAMM Giallo. Italiens Thriller-Moderne Seit 30. August und noch bis 24. Oktober präsentiert das /slash in Kooperation mit dem Österreichischen Filmmuseum nebem dem Festival selbst die erste umfassende Giallo-Retrospektive weltweit, und damit über 40 ausgewählte Filme, von Regie-Koryphäen wie Dario Argento und Mario Bava, bis hin zu Vorläufern wie Pietro Germi oder Riccardo Freda. Die enorm einflussreiche Welle von Giallo-Krimis aus Italien in den Sechzigern und Siebzigern besetzte einen Schnittpunkt in der Popkultur, an dem Kunst und Exploitation überlappten. Der revolutionäre filmische Modernismus der Ära wurde in Mainstream-Produktionen und B-Pictures geschmuggelt, die mit ihren kühnen Grenzgängen zwischen Psychothriller und Horror, Phantastik und Erotik zugleich wie das Angstlust-Spiegelkabinett einer Epoche wirken: eine delirierende Vermessung der Abgründe im kollektiven Unbewussten wie im Sozialen.

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Live spürt man mehr! Skunk Anansie 25Live@25 Tour Dem heftigen Regen im Open-Air-Areal der Wiener Arena am 28. Juli trotzten gut 3.000 Besucher. Verantwortlich dafür war die Legende aus den Neunzigern, Skunk Anansie. Stefan Kuback hat die Fotos!

P!nk Beautiful Trauma Tour Es war definitiv das bis dato gigantischste Konzert des Jahres: Am 24. Juli begeisterte Rockröhre P!nk Fans und Kritiker gleichermaßen im rappelvollen Happel-Stadion, sie alle zeigten sich unisono einig, dass die Amerikanerin nicht nur die Messlatte für Liveshows hochlegt, sondern dabei auch noch gewohnt nahbar und locker bleibt. Niko Auer hat die Fotos!

Seiler & Speer

Ed Sheeran European Tour Am 28. und 29. Juni gastierte Superstar Ed Sheeran im Klagenfurter Wörthersee Stadion, im Vorprogramm sorgten James Bay und Zara Larsson für Stimmung. Niko Auer hat die Fotos!

Mehr Konzertfotos gibt es auf www.ticketmagazin.com!

60| fotoreport

Fotos: Stefan Kuback, Niko Auer

Austropop Gipfel Am 9. und 10. August spielten Seiler & Speer mit ihrem neuen Album im Gepäck vor der Linse von Stefan Kuback und gemeinsam mit u. a. Wolfgang Ambros und der EAV auf Burg Clam. Während bei den abgebildeten Herren alles gut lief, stürzte am zweiten Konzerttag nach Ende des regulären Sets Klaus Eberhartinger und zog sich einen dreifachen Rippenbruch zu. Wir wünschen gute Besserung! Weitere Termine von Seiler & Speer folgen ab Winter, die EAV ist hoffentlich im September für ihre letzten Konzerte wieder fit!


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POST SCRIPTUM

übrigens! Am 1. August findet am Freigelände der Messe Graz wieder das Electric Nation statt, Frühbucher-Tickets sind bereits erhältlich – und auch für das FM4 Frequency, das ab 20. August wieder in St. Pölten über die Bühne geht, sind bereits die vergünstigten Early-Bird-Tickets verfügbar: Die Freaqs feiern zudem 20-jähriges Jubiläum! Yung Hurn gastiert mit seinem neuen Album „Y“ am 21. und 22. Dezember in Graz und Wien, Tim Bendzko mit seinem neuen Album „Filter“ im Gepäck auf „Jetzt bin ich ja hier“Tour am 24. Mai im Gasometer, Partystimmung gibt es mit Eskimo Callboy („Rehab“) bereits am 5. Dezember in der SiMM City. Thomas Neuwirth alias (Conchita) WURST präsentiert am 2. November im WUK sein neues Album,

Peppa Pig (Foto), das Schweinchen aus der berühmten Super RTL TV-Serie, kommt kommenden Mai für zahlreiche Termine nach Österreich, darunter in die Wiener und Grazer Stadthallen und die Salzburgarena.

GEWINNSPIELE finden Sie in dieser Ausgabe auf den Seiten 8–10, 14–15, 16–18, 20–21, 32–35, 40–41 und 42–44. Sie können über das Gewinnspielformular auf www.ticketmagazin.com („!ticket Gewinnspiele September 2019“) mitspielen. Hier finden Sie auch Informationen und Teilnahmebedinungen zu unseren Gewinnspielen und Datenschutz. Einsendeschluss ist der 15. September 2019.

Das nächste !ticket erscheint am 25. September 2019.

Foto: Wim Lanser

Fotos: Stefan Kuback, Niko Auer

IMPRESSUM Herausgeberin, Chefredakteurin: Mag. Roberta Scheifinger Chefredakteur & Chef vom Dienst: Stefan Baumgartner Anzeigen: Catharina Brand, Suzana Milic, Mag. Roberta Scheifinger Anzeigenproduktion & Verrechnung: Susanne Franzl Redaktion: Stefan Baumgartner, Amina Beganovic, Daniela Bernhard MA, Robert Fröwein, Angelika Goldmann, Walter Gröbchen, Alexander Haide, Mag. Joachim Schmida, Martin Schrapfeneder, Mag. Manuel Simbürger, Andreas Ungerböck Cartoon: Bertram Haid (BAES Cartoons) Lektorat: Gunther Natter Fotos: siehe Copyright Cover: Kristian Schuller Medieninhaber, Eigentümer, Redaktionsanschrift: CTS Eventim Austria GmbH, !ticket Eventmagazin, Mariahilferstraße 41–43, 1060 Wien Designkonzept, grafische Produktion: QMM Quality Multi Media GmbH, Mariahilferstraße 88a/II/2a, 1070 Wien Artdirektion: Mag. Gottfried Halmschlager

Druck: Walstead NP Druck GmbH, Gutenbergstraße 12, 3100 St. Pölten Abonnements: !ticket Österreichs Eventmagazin Nr. 1 erscheint 10 x jährlich. Jahresabo Österreich: € 22,00, Jahresabo Europa: € 44,00. Kündigung jeweils acht Wochen vor Ablauf der Bezugsfrist nur schriftlich eingeschrieben oder per E-Mail an abo@ticketmagazin.com. Einzelpreis: € 2,90 Für unverlangt eingesandte Texte und Fotos übernehmen wir keine Haftung, eine Rücksendung erfolgt nicht, es besteht kein Recht auf Veröffentlichung. Die Redaktion behält sich Kürzungen vor. Nachträgliche Honorarforderungen für nicht veröffentlichte Fotocredits werden nicht anerkannt. Alle Inhalte vorbehaltlich Satz- und Druckfehler. Die Offenlegung lt. Mediengesetz finden Sie auf www.ticketmagazin.com/impressum Sie finden uns online auf Facebook und Twitter,

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Coming of Age Eine Glosse von Peter Draxl

Draxl im Interview: „Ich hab vor wenigen Jahren erst begonnen, im Unternehmen Peter Draxl zu arbeiten. Zuerst als Praktikant, kletterte aber recht rasch die Karriereleiter hoch: Produktmanager, Marketingchef, Aufsichtsrat, Vorstand. Es war ein beschwerlicher Weg aber es hat sich gelohnt, kürzlich wurde ich als Vorsitzender mit absoluter Stimmenmehrheit bestätigt.“ Schreiben, an der SAE unterrichten und fotografieren tut er auch. Peter Draxl ist auf Twitter, Instagram, Facebook sowie auf peterdraxl.com zu finden.

I

ch hab’s tatsächlich nie verstanden. Was zur Hölle heißt das: „Übernimm Verantwortung, Kind!“ Die Worte schallen auch nach 40 Jahren noch in meinem Innenohr, bis es mir langsam im hohen Alter zu dämmern beginnt: Die Lösung steckt im Wort. Ver-ANTWORT-ung. Holen wir ein wenig aus: Nichts passiert zufällig. Kein Mensch, kein Nachbar, kein Arbeitgeber, keine Regierung, niemand, aber auch gar niemand scheißt dir ins Leben. Auch wenn viele das immer noch glauben und es sich so anfühlt. Alles, was passiert, folgt den Gesetzmäßigkeiten des Universums. Bla, bla, bla. Jetzt wird er esoterisch auch noch! Im Ernst, wir fühlen uns verfolgt, unrecht behandelt, missachtet, mit Schicksalsschlägen so zugebrettert, dass die Zähne rausfallen und jammern. Und hadern. Und vergessen dabei: Wir sind verantwortlich. Für alle unsere Lebensumstände. Wenn uns „was passiert“ – tja, da gibt es eine Antwort drauf. Die zu suchen – nicht draußen in der Welt, die ist nur ein Spiegel, der uns zeigt, wie wir uns selbst behandeln, sondern in uns selbst – heißt: Verantwortung übernehmen. Das ist es! Und da ist sie dann auch – die Antwort, in dir selbst. Spiri-Grütze? Mitnichten.

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Ein Kohlenstoffatom besteht zu 99,99 % aus Energie. Der kümmerliche Rest ist Materie. Einstein: „Alles ist Energie. Gleiche dich der Frequenz der Realität an, die du möchtest, und du kreierst sie. Das ist keine Philosophie, das ist Physik.“ Was? Ich hab mir den letzten Unfall, die Scheidung, den Firmenbankrott selbst kreiert? Yep. Streng genommen: eindeutig ja. Und nun? Kopf in den Sand? Jammern und wehklagen? Nope. Ver-ANTWORT-ung übernehmen. Eine Antwort darauf haben. „Alles hat einen Grund und alles passiert nur zu deinem persönlichen Vorteil.“ hat mir einst ein Sturzbesoffener an einer Wirtshaustheke erzählt. Und recht hatte der Mann. Auch wenn wir die Zusammenhänge nicht erkennen können, wir werden, sobald die Zeit reif ist. Darauf können wir vertrauen und auch darauf, die Antworten in uns tatsächlich zu finden. Also machen wir einfach aus jeder Situation das Beste, finden die „verborgene Schönheit“ (Filmtipp!), die in allem zu finden ist, und vertrauen auch darauf. Sie ist da. Die Bewertung von Umständen liegt nämlich auch ganz allein in unserer Verantwortung. Bei der nächsten Scheidung, die einem das letzte Hemd vom Körper reißt, könnt ihr also

künftig sagen: „Yes! Challenge accepted. Ich brauch das jetzt anscheinend, warum auch immer wird sich mir schon offenbaren, ich übernehme jetzt die Verantwortung dafür.“ Und: Ich hadere nicht. Denn Widerstand gegen das, was ohnehin schon ist, ist der Energieräuber Nummer 1. Wer gegen den Strom schwimmen will – viel Spaß. Dauermüdigkeit, Erschöpfung, Burn-out. Mit dem Strom, das macht Sinn! Da, wo du jetzt gerade bist, bist du nämlich richtig. Wäre es nicht richtig, wärst du nämlich woanders. Das Universum macht keine Fehler. Niemals. Auch das ist einfach nur Physik.

Foto: Patricia Weisskirchner

Verantwortung. Was soll das denn nun wieder heißen? Dieses Wort verfolgt mich seit – Gott hab sie selig – Omas Zeiten.


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