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Wildberr

Vergangenen August schoss Nina Chuba mit „Wildberry Lillet” auf die Eins in die Charts. Und plötzlich trank man gefühlt an jeder Ecke das gleichnamige Getränk. Evident, dass wir die berühmte Henne-oder-Ei-Frage stellen.

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5 Millionen Euro, so heißt es, ließ es sich die niederländische Brauerei Heineken kosten, dass in „Skyfall” Daniel Craig als James Bond Gerstensaft statt seinem berühmten Martini „geschüttelt, nicht gerührt” trinkt. Wobei „statt” übertrieben ist: Die Doppel-Null war vertraglich nur verpflichtet, in mindestens einer Szene ein Bier zu trinken, und die hat Regisseur Sam Mendes noch dazu in den Teil der Geschichte verbannt, wo sich Bond nach einer schweren Schussverletzung an einem türkischen Strand weitab der Zivilisation erholt und fancy Cocktails ohnehin nicht zum Repertoire der örtlichen Gastronomie zählen. Erschwerend kommt hinzu: Während Bond das Bier trinkt, bedeckt sein Daumen das Label. Wer nicht weiß, dass es sich bei der Flasche um Heineken handelt, wird es hier auch nicht erfahren. Aus der Marke Heineken wurde erfolgreich das Geld herausgeschüttelt, die Marke James Bond hat sich dagegen nicht ... gerührt.

Der Aufschrei, der vor Erscheinen des Films und bei Bekanntwerden des Product-Placement-Deals durch die Fangemeinde ging, zeigt sich nachträglich also als gänzlich unbegründet: Man wird schon wissen, dass allen ZeitgeistVerschiebungen zum Trotz gewisse Grundpfeiler bei einer derart ikonischen Figur vielleicht (wie hier) angetastet, aber nicht komplett eingerissen werden dürfen. James Bond wird heute vielleicht nicht mehr die Frauen reihenweise unter die

Laken ziehen, um sie am nächsten Morgen schon wieder vergessen zu haben – schöne seiner Seite wird es jedoch wohl immer geben. Und ganz gleich, wie sensibilisiert man sich im Umgang mit Alkohol zeigen muss, der Schwer alkoholiker mit der Lizenz zum Töten wird nie vollends auf seinen Martini verzichten, wenn gleich es Craig in „Casino Royale” sogar einerlei sein darf, ob dieser geschüttelt oder gerührt ser viert wird. Apropos: Im gleichnamigen Roman von Ian Fleming von 1953 lässt sich Bond einen Martini mit (Kina) Lillet anstelle von Wermut servieren.

Wir vollziehen nun einen Zeitsprung von 70 Jahren, vom MI6-Headquarter in London an den Pool einer Villa auf Rügen: Dort chillt 2022 an einem warmen Juni-Tag die 1998 in Wedel bei Hamburg geborene Popsängerin Nina Chuba gemeinsam mit zwei Produzenten und zwei Songwritern. In der lockeren Atmosphäre ent steht – vibe gecatcht – ihr Song „Wildberry Lillet”, ein Stück, das von utopischen Wünschen han deln soll. „Will ein Haus für meine Mama an der Küste von Catania / Zum Frühstück Canapés und ein Wildberry Lillet” heißt es da, und bei dem raketenhaften Erfolg, den Chuba erfahren hat, seitdem sie das Lied gedroppt hat, ist zumindest dieses Wunschdenken nach Geissenhaftem Jetset so utopisch nicht mehr: Denn die Generationen Z und Alpha (und, je nach Bubble, auch