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Produktnachhaltigkeit gemeinsam definieren Globale Hotspot-Initiativen im Vergleich

Studie


Impressum

THEMA1 GmbH Torstraße 154 10115 Berlin www.thema1.de Rasmus Prieß Jan Christian Polanía Giese Guido Axmann

GS1 Germany GmbH Maarweg 133 50825 Köln www.gs1-germany.de Stephan Schaller Dr. Bahar Cat-Krause Heiner von Brachel © 2013, GS1 Germany GmbH


Nachhaltigkeit für Produktkategorien gemeinsam definieren: Globale Hotspot-Initiativen im Überblick

Inhalt 1

Zusammenfassung ............................................................................................... 1

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English Summary .................................................................................................. 6

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Grundlagen.......................................................................................................... 10 3.1 Nachhaltigkeit als Kernaufgabe der Konsumgüterbranche ............................ 10 3.2 Auf dem Weg hin zu nachhaltigeren Produkten ............................................. 11 3.3 Produktnachhaltigkeit als kooperative Herausforderung ................................ 12 3.4 Studienziel und Vorgehen ............................................................................. 13

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Hotspot-Initiativen .............................................................................................. 15 4.1 The Sustainability Consortium (TSC) ............................................................ 15 4.2 WRAP Product Sustainability Forum (WRAP PSF) ....................................... 20 4.3 EU Product Environmental Footprint (EU PEF) ............................................. 23 4.4 Brancheninitiative A.I.S.E. Advanced Sustainability Profiles (ASPs).............. 27 4.5 Brancheninitiative Food Sustainable Consumption and Production (SCP) Round Table ................................................................................................. 29 4.6 Einzelhändlerinitiative REWE PRO PLANET ................................................. 32

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Initiativenvergleich.............................................................................................. 35 5.1 Ganzheitlichkeit ............................................................................................. 35 5.2 Effizienz und Praktikabilität ........................................................................... 36 5.3 Partizipation und Offenheit ............................................................................ 37

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Fallstudienvergleich ........................................................................................... 39 6.1 Waschmittel .................................................................................................. 39 6.2 Milchprodukte................................................................................................ 43

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Stärken und Schwächen globaler Hotspot-Initiativen ...................................... 48 7.1 Stärken und Schwächen The Sustainability Consortium................................ 48 7.2 Stärken und Schwächen WRAP Product Sustainability Forum ..................... 49 7.3 Stärken und Schwächen EU Product Environmental Footprint ...................... 51 7.4 Stärken und Schwächen A.I.S.E. Advanced Sustainability Profiles ............... 52 7.5 Stärken und Schwächen ausschließlicher PCR-Ansatz ................................. 54 7.6 Stärken und Schwächen Einzelhändlerinitiative REWE PRO PLANET ......... 55 7.7 Zusammenfassung der Stärken und Schwächen globaler Hotspot-Initiativen 57

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Schlussfolgerungen............................................................................................ 59 8.1 Grundsätzlich: Stärken stärken ..................................................................... 59 8.2 Für Unternehmen: Dynamik proaktiv begleiten .............................................. 60 8.3 Für GS1: Steuerung übernehmen ................................................................. 60

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Beispielhafte Umweltwirkungen eines Produktes entlang der Wertschöpfungskette (eigene Darstellung) ........................................... 10 Abbildung 2: The Sustainability Consortium .............................................................. 15 Abbildung 3: Wesentliche Elemente des TSC SMRSTM ........................................... 16 Abbildung 4: TSC-Prozess der Erstellung von Nachhaltigkeitsprofilen und KPIs (SMRSTM Level 1) ................................................................................ 17 Abbildung 5: Zukünftiger TSC-Ansatz zur Produktdifferenzierung im Markt (SMRSTM Level 2) ................................................................................................ 18 Abbildung 6: Integration in Walmart Supplier Scorecards ......................................... 19

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Nachhaltigkeit für Produktkategorien gemeinsam definieren: Globale Hotspot-Initiativen im Überblick

Abbildung 7: Abbildung 8: Abbildung 9: Abbildung 10: Abbildung 11: Abbildung 12: Abbildung 13: Abbildung 14: Abbildung 15: Abbildung 16: Abbildung 17: Abbildung 18: Abbildung 19: Abbildung 20: Abbildung 21: Abbildung 22: Abbildung 23: Abbildung 24: Abbildung 25:

WRAP Product Sustainability Forum .................................................... 20 Hotspot-Prozess des WRAP PSF ........................................................ 21 WRAP PSF Hotspot-Matrix als Teil des „Slide Decks“ ......................... 22 Mögliche politische Maßnahmen auf Basis der EU Environmental Footprint Methodik ............................................................................... 24 EU PEF Initiative .................................................................................. 24 EU-Prozess zur Schaffung von Grundlagen für Produkt-Benchmarking 26 Initiative A.I.S.E. Advanced Sustainability Profiles ............................... 27 Hotspot-Prozess A.I.S.E. Advanced Sustainability Profiles .................. 28 Food SCP Round Table ....................................................................... 29 Initiative REWE PRO PLANET ............................................................. 32 Umsetzung des gleichen Hotspots (Rohstoffe) in KPIs sehr unterschiedlich ..................................................................................... 43 Bedeutung regionaler Unterschiede: Carbon Footprint (cradle-to-retail) pro kg FPCM am Hoftor ....................................................................... 44 Stärken und Schwächen TSC .............................................................. 49 Stärken und Schwächen WRAP Product Sustainability Forum ............. 50 Stärken und Schwächen EU Product Environmental Footprint ............. 52 Stärken und Schwächen A.I.S.E. Advanced Sustainability Profiles ...... 53 Stärken und Schwächen eines ausschließlichen PCR basierten Ansatzes .............................................................................................. 55 Stärken und Schwächen Einzelhändlerinitiative REWE PRO PLANET 56 Zusammenführung der Stärken der großen branchenübergreifenden Initiativen .............................................................................................. 58

Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Ökologische und soziale Aspekte REWE PRO PLANET ............................ 33 Tabelle 2: Vergleich der Initiativen: Kriterium Ganzheitlichkeit .................................... 35 Tabelle 3: Vergleich der Initiativen: Kriterium Effizienz und Praktikabilität ................... 37 Tabelle 4: Vergleich der Initiativen: Kriterium Partizipation und Offenheit.................... 38 Tabelle 5: Fallstudienvergleich Waschmittel: Goal and Scope .................................... 41 Tabelle 6: Fallstudienvergleich Waschmittel: Hotspots................................................ 42 Tabelle 7: Fallstudienvergleich Waschmittel: Handlungsoptionen/KPIs ....................... 42 Tabelle 8: Fallstudienvergleich Milchprodukte: Goal and Scope ................................. 45 Tabelle 9: Fallstudienvergleich Milchprodukte: Hotspots ............................................. 46 Tabelle 10: Fallstudienvergleich Milchprodukte: Handlungsoptionen .......................... 46

Anhang 1: Glossar Anhang 2: Über die Autoren und Herausgeber der Studie

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Zusammenfassung

Die Verbesserung der Produktnachhaltigkeit ist eine wesentliche Zielsetzung, Anforderung und Aufgabe von Unternehmen – nicht zuletzt in der Konsumgüterbranche. Viele Unternehmen haben bereits umfassende interne Nachhaltigkeitsstrategien entwickelt und können Auskunft über Status und Fortschritt der eigenen Produktnachhaltigkeit geben. Für eine flächendeckende Verbesserung von Produktnachhaltigkeit bedarf es harmonisierter Ansätze, die händler- und herstellerübergreifend skaliert werden können – bei angemessenem Aufwand, hinreichender Vergleichbarkeit und Glaubwürdigkeit.

Branchenweit harmonisierte Nachhaltigkeitsstrategien gewinnen an Bedeutung

Um ein effizientes Nachhaltigkeitsmanagement in der Branche zu etablieren, ist es zunächst wichtig, die Haupteinflussfaktoren auf die Nachhaltigkeit eines Produkts sowie Möglichkeiten zur Verbesserung zu definieren. Die sogenannten „Hotspots“ fassen die wesentlichen Kriterien zusammen und ermöglichen eine Bewertung von Produkten über den gesamten Lebenszyklus hinweg. Auf Basis dieser Nachhaltigkeits-Hotspots sowie entsprechender Verbesserungsoptionen je Produktkategorie (in Form sogenannter Nachhaltigkeitsprofile) lassen sich konsistente und skalierbare Management- und IT-Systeme einführen. Je mehr Unternehmen und Stakeholder einer (Teil-)Branche auf das gleiche Nachhaltigkeitsprofil zurückgreifen, desto größer ist die Akzeptanz und Verbindlichkeit des Systems.

Einheitliches Verständnis von Hotspots und Verbesserungsoptionen erforderlich

Auf dieser Grundlage hat GS1 Germany die vorliegende Studie in Auftrag gegeben, um die wichtigsten globalen Ansätze zur Definition von Hotspots für einzelne oder mehrere Produktkategorien sowie zur Ermittlung entsprechender Verbesserungspotenziale zu beleuchten. Ziel ist es, die vielversprechendsten Ansätze herauszufiltern, die in Deutschland und Europa von Industrie und Handel gemeinsam genutzt werden können. Die Ergebnisse unterstützen die Arbeit des GS1 Germany Advisory Board Sustainability.

Identifikation geeigneter Ansätze für die Definition von Hotspots je Produktkategorie

Die Studie beschreibt die grundlegenden Charakteristika und vergleicht die verschiedenen Ansätze anhand der Parameter „Ganzheitlichkeit“, „Effizienz und Praktikabilität“ sowie „Transparenz und Offenheit“. Aus Sicht des GS1 Germany Advisory Board Sustainability sind dies die wesentlichen Faktoren für Produkttransparenz. Am Beispiel der Produktkategorien Waschmittel und Milch wurde überprüft, ob unterschiedliche Analysemethoden zu vergleichbaren Ergebnissen führen.

Ganzheitlichkeit, Effizienz und Transparenz als grundlegende Anforderungen

Wie nachhaltig ist ein Produkt – unter ökologischen, ökonomischen, sozialen Gesichtspunkten und unternehmensübergreifend?

Die folgenden Ansätze wurden im Rahmen der Studie verglichen:  The Sustainability Consortium (TSC)  WRAP Product Sustainability Forum (PSF)  EU Product Environmental Footprint (PEF)  Brancheninitiative A.I.S.E. Advanced Sustainability Profiles  Brancheninitiative Food SCP Round Table  Einzelhändlerinitiative REWE Group PRO PLANET

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Nachhaltigkeit für Produktkategorien gemeinsam definieren: Globale Hotspot-Initiativen im Überblick

The Sustainability Consortium (TSC) hat einen besonders praxisorientierten Ansatz entwickelt, der zahlreiche Nachhaltigkeitskategorien berücksichtigt. Zudem bietet der Ansatz aufgrund der fortgeschrittenen Arbeitsergebnisse die größten Chancen für eine breite Marktdurchdringung. Kritisch eingeschätzt wird allerdings, dass dieses Modell nicht gänzlich mit dem Product Environmental Footprint-Ansatz der EU kompatibel ist. Eine Adaption der Nachhaltigkeitsprofile auf europäischer Ebene erscheint vor diesem Hintergrund eher aufwendig. Unklar bleibt, inwieweit der vorwettbewerbliche Charakter des TSC dazu führt, dass der Handel die Key Performance Indikatoren (KPI) auf unterschiedliche Weise anwendet. Dies könnte dem Ziel einer Harmonisierung zuwiderlaufen.

TSC weist Stärken in der Praktikabilität auf, lässt jedoch eine Inkompatibilität mit dem PEF-Ansatz der EU und mangelnde Transparenz gegenüber Nicht-Mitgliedern erkennen

Die Product Environmental Footprint-Initiative der Europäischen Kommission (PEF) hat den umfassendsten und fundiertesten Ansatz entwickelt, was die Erfassung und Bewertung der Umweltleistung von Produkten angeht. Als relevant anzusehen sind insbesondere die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten in puncto Produktkennzeichnung, Labelling und Green Claims. Begrüßenswert ist darüber hinaus die robuste Methodik, die auf Ökobilanzen aufbaut und ein „Level Playing Field“ für umweltbezogene Produktaussagen (Green Claims) ermöglicht und diese vergleichbar macht. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt lässt sich jedoch noch nicht absehen, wie praxisnah und effizient eine Implementierung gerade für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) machbar ist. Zudem werden soziale Aspekte in der Bewertung der Produktnachhaltigkeit bislang nur unzureichend berücksichtigt. In dem geplanten dreijährigen Pilotprojekt der Europäischen Union (EU) sollte eine praxisnahe Ausgestaltung sowie die Anbindung an andere Prozesse und Nachhaltigkeitsindikatoren angestrebt werden.

Robuste Methodik zeichnet EU PEF aus, daher perspektivisch geeignet für Produktvergleiche und Benchmarking

Das WRAP Product Sustainability Forum (PSF) aus Großbritannien befindet sich methodisch noch in der Anfangsphase – das erschwert eine Bewertung zum gegenwärtigen Zeitpunkt. Außerhalb von Großbritannien ist das WRAP PSF bisher zudem kaum bekannt und wird vielfach als unausgereift angesehen. Voraussichtlich wird sich das WRAP PSF methodisch an anderen Initiativen orientieren. Dieser offene Ansatz macht das PSF zu einem interessanten Dialog- und Entwicklungspartner.

WRAP PSF steht methodisch noch am Anfang

Implementierung erfordert weitere methodische Spezifikationen

Hohe Transparenz und Offenheit zeichnen Initiative aus

Die übrigen Initiativen (Branchen- und Einzelhändler) weisen individuelle Stärken und Schwächen auf. Um das vorhandene Potenzial und mögliche Synergien zu nutzen, sollten die Ansätze in einer branchenweiten Lösung gebündelt werden.  Die Brancheninitiative A.I.S.E. Advanced Sustainability Profiles (ASP) hat einen robusten und praxistauglichen methodischen Ansatz entwickelt – die Basis für einen erfolgreichen Konsultationsprozess innerhalb der Teilbranche der Wasch-, Pflege- und Reinigungsmittelhersteller.

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A.I.S.E. als Beispiel für die erfolgreiche Organisation einer Teilbranche

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 Von besonderer Bedeutung für die Umsetzung der europäischen Product Environmental Footprint-Initiative ist insbesondere der europäische Food Sustainable Consumption and Production (SCP) Round Table. Er zeigt auf, wie branchenübergreifende methodische Vorgaben in Teilbranchen weiter konkretisiert werden können. Der Hintergrund: Die Schnittstelle zwischen einzelnen Produktkategorien und generischen Vorgaben für alle Produkte ist bisher nur wenig etabliert.  Die Initiative PRO PLANET der REWE Group ist vor allem hinsichtlich des Konsultationsprozesses zur Identifikation weiterer Nachhaltigkeitsaspekte (soziale Dimension der Nachhaltigkeit) interessant.

Food SCP Round Table: Erkenntnisse für Gestaltung branchenübergreifender methodischer Vorgaben

REWE PRO Planet interessant hinsichtlich Konsultationsprozess; Berücksichtigung der sozialen Dimension

Für eine tragfähige Lösung sollten die Stärken der verschiedenen Initiativen zusammengeführt und etwaige Schwächen durch kontinuierliche Optimierung überwunden werden. Der Vergleich der unterschiedlichen Ansätze zeigt: Die PEF-Initiative der Europäischen Kommission liefert derzeit die solideste methodische Grundlage für die ökologische Produktnachhaltigkeit. Ob das ambitionierte Ziel eines zuverlässigen Produktvergleichs (Benchmarking) erreicht wird, bleibt allerdings abzuwarten. Den politischen Willen und eine entsprechende Regulierung vorausgesetzt, besitzt diese Initiative sicherlich das größte Potenzial. Unter einheitlichen Wettbewerbsbedingungen kann sie dazu beitragen, einen Markt für umweltgerechte Produkte zu schaffen – und dies langfristig möglicherweise sogar auf globaler Ebene.

EU PEF liefert solide methodische Grundlage und besitzt großes Potenzial für globale Durchdringung

Dies wird allerdings nur gelingen, wenn

Voraussetzung für erfolgreiche Implementierung der PEF-Methodik:

1. die weitere, sehr aufwendige Spezifizierung von Produktkategorien durch Category Rules (PEFCR) auf einem ähnlich erfolgreichen (Teil)-Branchenansatz basiert wie dem dargestellten Referenzprojekt der A.I.S.E.

Nutzung des Know-hows aus Teilbranchen-Ansätzen

2. die Anwendung der PEFCR zu ähnlich pragmatischen Leistungsindikatoren/KPI/Hotspots (insbesondere auch für KMU oder Handelsunternehmen mit großen Sortimenten) führen wie die Ergebnisse des TSC. Dieses Konzept zielt auf eine kosteneffiziente Erhebung und die einfache datentechnische Integration in bestehende Management- und Supply Chain-Prozesse

Effiziente Erarbeitung von KPI/Handlungsoptionen

3. der intensive Dialog mit anderen Initiativen (WRAP PSF, TSC, PEF World Forum, UNEP/SETAC Life Cycle Initiative, GS1, etc.) fortgesetzt wird, damit anstelle von Insellösungen oder stark divergierenden Ansätzen einer gemeinsamen Strategie der Weg geebnet wird.

Intensiven Austausch und Zusammenarbeit etablieren

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Der Vergleich der Initiativen und Fallstudien macht deutlich, dass die Identifikation von Hotspots stark von der jeweiligen Zielsetzung (zum Beispiel in Bezug auf die betrachteten Nachhaltigkeitsdimensionen) abhängig ist. Unter Bewahrung ihres eigenständigen Ansatzes, wäre es durchaus denkbar, dass die verschiedenen Initiativen sich auch in ihren Zielsetzungen annähern, umso die identifizierten und definierten Hotspots weiter anzugleichen. Bisher stehen keine allgemein anerkannten Methoden zur Verfügung, um identifizierte Hotspots in reproduzierbare Verbesserungsoptionen und KPI zu übersetzen. Hier besteht weiterer Entwicklungs- und Forschungsbedarf. Bis auf Weiteres sind deshalb nach wie vor Konsultationsprozesse unter Einbindung der Stakeholdergruppen erforderlich. Alle vorgestellten Initiativen befinden sich derzeit in einem dynamischen Entwicklungsprozess. Dies eröffnet die Chance, sich aktiv an der weiteren Ausgestaltung zu beteiligen. So arbeitet beispielsweise der TSC an einem neuen Geschäftsmodell und möchte seine europäische Präsenz verstärken. Die EU PEF-Initiative hat 2013 den Startschuss für die Pilotphase gegeben. Geplant sind weitere wichtige methodische Voraussetzungen und damit die Grundlagen für die erfolgreiche Implementierung der Methodik.

Identifikation von Hotspots und KPI/Handlungsoptionen abhängig von Zielsetzung

Bislang keine anerkannten Methoden zur Übersetzung der Hotspots in relevante Verbesserungsoptionen und KPI

Dynamische Entwicklung der Initiativen eröffnet Möglichkeiten zur Annäherung und gegenseitiger Unterstützung

Das unabhängige internationale GS1 Netzwerk bietet Händlern und Herstellern eine einzigartige Plattform, um die Implementierung von Produkttransparenz global voranzutreiben. Aus Sicht von Handel und Industrie sollte GS1 eine führende Rolle auf dem Weg zu einer gelebten Produktnachhaltigkeit übernehmen. Zusammenfassend lassen sich folgende Empfehlungen ableiten: Zum einen sollte die vorbildliche Lösung der Brancheninitiative A.I.S.E. in den weiteren Entwicklungsprozess einbezogen werden. Zum anderen scheint eine aktive und direkte Beteiligung am TSC und EU PEFPilotprojekt sinnvoll. Die entscheidenden Erfolgskriterien:

Beteiligung am TSC und EU PEF-Pilotprojekt wird empfohlen

1. Operationalisierbarkeit der Ansätze durch konkrete Praxistests mit Lieferkettenpartnern (Handel, Hersteller, Zulieferer) sowie unterschiedlichen Dienstleistern, zum Beispiel in den Bereichen Software, Logistik, Verpackung

Operationalisierbarkeit sicherstellen

2. Übertragbarkeit auf andere Produktkategorien/Branchen der Konsumgüterindustrie – insbesondere Vorbereitung der Lebensmittelbranche auf die EU PEF-Pilotphase 2 – und Verfolgung einer konsistenten Linie des Handels in der Produktnachhaltigkeit

Sicherung der Übertragbarkeit auf andere Produktkategorien

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3. Internationale Einbindung aller relevanten Stakeholder zur Sicherung einer breiten globalen Akzeptanz der Ergebnisse und Prozesse 4. Implementierung nachhaltigkeitsrelevanter Produktattribute in etablierte Standards und Prozesse

Sicherung globaler Akzeptanz durch breite Stakeholder-Einbindung

Implementierung in etablierte Standards und Prozesse

GS1 Germany ist überzeugt: Werden die Studienergebnisse zügig und konsequent in die Praxis umgesetzt, sind signifikante Fortschritte auf dem gemeinsamen Weg zu einer nachhaltigeren Lebens- und Arbeitsweise möglich. Dabei kann die Konsumgüterbranche, die mit ihren schnell drehenden Produkten ganz nah am Verbraucher ist, als Katalysator fungieren und eine neue Ära der Nachhaltigkeit einläuten.

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English Summary

The improvement of product sustainability is a significant requirement and task for businesses – not least in the consumer goods industry. Many businesses have already developed extensive internal sustainability strategies and can provide information about the sustainability performance and developments of their own products. For the necessary improvements of product sustainability across the board an overarching approach is required that can be scaled across retailers and manufacturers, while allowing for sufficient comparability and credibility of product sustainability at reasonable cost.

Operationalization of product sustainability becomes more important

The targeted management of product sustainability requires a thorough understanding of the main influencing factors on product sustainability over their entire life cycle (from resource use to final disposal) – the so-called “hotspots” – and the possibilities for improving these. A standardized understanding of sustainability hotspots and options for improvements in each category (compiled in what is termed a “sustainability profile”) is a significant prerequisite in order to establish consistent and scalable management and IT systems. The more businesses and stakeholders in an industry or industry subsector refer to the same sustainability profile, the more authoritative and binding sustainability hotspots and improvement options become. A condition for this is that such a sustainability profile adequately reflects the significant challenges for sustainability in the respective product category.

Consistent understanding of hotspots and options for improvement is required

This study compares leading global initiatives for the determination of sustainability hotspots and improvement options for single or multiple product categories. The aim of the study is the identification of promising approaches, which can be applied collectively by retail and industry in Germany and Europe. The results support the work of the GS1 Germany Advisory Board Sustainability.

Goal of the Study: comparison of approaches for the definition of product category hotspots

Alongside a description of the basic characteristics, a comparison of the various approaches was undertaken based on the criteria “comprehensiveness”, “efficiency and practicability” and “transparency and openness”. These were previously defined by the GS1 Germany Advisory Board Sustainability as the basic requirements for product transparency. In addition, two product categories, washing detergent and milk, were used to examine if different methodologies nevertheless lead to similar hotspot findings.

Study criteria: comprehensiveness, efficiency and practicability, transparency and openness

The following approaches were compared within the scope of the study:  The Sustainability Consortium (TSC)  WRAP Product Sustainability Forum (PSF)  EU Product Environmental Footprint (PEF)  Sector initiative A.I.S.E. Advanced Sustainability Profiles  Sector initiative Food SCP Round Table  Retailer initiative REWE Group PRO PLANET

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The approach taken by The Sustainability Consortium stands out as very practicable and in its broad consideration of sustainability categories. TSC has reached an advanced development stage and therefore has the greatest chances for broad market penetration. However, the possible incompatibility with the Product Environmental Footprint approach of the European Union is estimated to be particularly critical. Furthermore, it remains unclear how far the precompetitive character of the TSC will lead to disparate application of key performance indicators and benchmarks by retailers in management and communication and may hence counteract the beneficial harmonization of approaches.

TSC: practicable and comprehensive, risk of incompatibility with EU PEF approach, lack of transparency

The Product Environmental Footprint (PEF) initiative of the European Commission has a very comprehensive and substantiated approach with regard to the environmental performance of products, which potentially allows for product comparability. In the discussion with industry representatives it was also considered to be very relevant with regard to its possible implications (product labelling, green claims). This robust methodical approach, which builds on established life cycle assessment methodology and the aspiration to create a “level playing field” for green claims were welcomed. At present it is unclear how efficiently or practicably an implementation could take place, particularly for small and medium-sized enterprises. Also, social aspects are not currently part of the footprinting methodology. The planned three-year pilot project should be leveraged to ensure a feasible design and its compatibility with relevant other approaches and sustainability indicators.

EU PEF: robust methodology, potentially allows for product comparability and benchmarking, implementation requires further methodological specification (PEFCRs)

The WRAP Product Sustainability Forum from the UK is still in its infancy, as far as methodology is concerned, so that an assessment of its adequacy is difficult at this time. It is probable that WRAP PSF will orientate itself on the methodological basis and future hotspot processes of the other initiatives. Outside Great Britain WRAP PSF is not well known or considered premature. It must be emphasized that the open approach of the PSF makes them an interesting partner for dialogue and the development of a coherent international approach.

WRAP PSF: high level of transparency and openness - methodology still in its infancy

The other initiatives (industry and retail) presented individual strengths and weaknesses, which should be combined in a future consumer industry-wide solution:  The approach of the industry initiative A.I.S.E. Advanced Sustainability Profiles shows how a consultation can be organized within an industry subsector using a robust methodological basis, while maintaining maximum feasibility  The European Food SCP Round Table is particularly interesting for future implementation of the European Environmental Footprint method because it demonstrates how cross-sector methodological guidelines can be substantiated further in individual sectors and subsectors. This link between individual pro-

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A.I.S.E. ASPs as example for successful organization within a subsector

EU Food SCP Round Table demonstrates how cross-sector methodological guidelines can evolve into (sub)sector guidance

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duct categories and generic guidelines for all products has not been widely established until present  The initiative PRO PLANET from retailer REWE Group is particularly interesting in terms of their consultation process for identifying further relevant sustainability aspects (social dimensions of sustainability)

REWE PRO PLANET provides insights for consultation process organization

For a feasible future solution, it is necessary to combine the strengths of the various initiatives together (or use them as a prototype) and overcome existing weaknesses by continuous optimization. The PEF initiative of the European Commission is the most likely to deliver the most solid methodological foundations for the environmental component of product sustainability. It remains to be seen if this ambitious goal will actually lead to the possibility of comparing and benchmarking product sustainability. With determined political implementation, this initiative has the highest potential to create a market for environmentally sound products on the basis of equal market conditions with possible global penetration.

EU PEF delivers solid methodological basis and has potential for global penetration.

The establishment of the PEF methodology will only be able to function and its inherent potential to unfold if

Requirements for implementation of EU PEF:

1. the further (very laborious) development of product category specifications (Product Environmental Footprint Category Rules or PEFCRs) are based on a similar successful industry approach, such as the reference project presented by the sector initiative A.I.S.E.

Base development of product category specifications on know-how from sector initiatives

2. the application of the PEFCRs leads to similar pragmatic performance indicators/KPIs/hotspots like the results of the TSC (in particular for example SMEs or enterprises with large portfolios), which enables both a cost-efficient compilation and technical integration with current management and supply chain processes

Develop KPIs and improvement options in a practicable way

3. the very promising intensive dialogue with other initiatives (WRAP PSF, TSC, PEF World Forum, UNEP/SETAC Life Cycle Initiative, GS1, etc.) continues in order to avoid or reduce proprietary and strongly divergent approaches

Succeed the path of intensive dialogue with other initiatives

The comparison of initiatives and case studies showed that the identification of hotspots is strongly dependent on the defined objectives (e.g. in terms of the sustainability dimensions considered). To overcome disparate sets of hotspots, the initiatives could surely be further aligned in their product sustainability objectives, while maintaining their individuality. In addition, the comparison of the initiatives and case studies showed that so far no generally accepted methods are available to translate identified hotspots into relevant (and reproducible) improvement options and KPIs. Rather the translation of hotspots into improvement options and KPIs is organized through a variety of

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Identification of hotspots and KPIs/ improvement options heavily depends on goal and scope No generally accepted methods to translate identified hotspots into relevant improvement options and KPIs

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consultation processes. There is hence a clear need for further research and development. For the time being, consultation processes with the involvement of key stakeholders are indispensable. Since all the initiatives presented are still in a very dynamic state of development, there are possibilities and open doors for all involved to shape further refinement of the underlying methods and approaches. The particular current circumstances of TSC and EU PEF should be highlighted: TSC is seeking a new business model and a stronger European presence. And in 2013, the EU PEF starts a pilot phase to further strengthen the framework for the successful implementation of the environmental footprinting methodology. Both the initiatives are in an orientation phase, which provides good conditions for an alignment of the assessment methods and communication vehicles.

Dynamic state of initiatives allows for alignment and mutual methodological support

Due to the unparalleled retailer-manufacturer cooperation the international GS1 Network is well positioned to drive the global implementation of sustainability-oriented product transparency. From the point of view of retail and industry GS1, as standardization experts, can and should play a leading role on the journey towards genuine product sustainability. In consideration of the exemplary industry initiative A.I.S.E., an active and direct participation of GS1 in the TSC and EU PEF pilot projects with the following aims is important and appropriate:

Participation in EU PEF and TSC process is recommended

1. Securing the operational feasibility of the approaches through concrete practical trials with supply chain partners (retailers, manufacturers, suppliers) and various service providers (e.g. software, logistics, packaging)

Secure operational feasibility

2. Ensuring the transferability of approaches to other product categories/sectors within the consumer goods sector – especially preparing the food industry for the second call within the EU PEF pilot phase and facilitating a consistent role of retailers in product sustainability

Ensure transferability of approaches to other product categories/sectors

3. Ensuring an international involvement of all relevant stakeholders to secure a wide global acceptance of the processes and results

Ensure global acceptance with wide stakeholder involvement

The (partial) implementation of these conclusions will create significant progress in the shared path towards more sustainable production models and lifestyles. Possibly the fast-paced character of the consumer goods industry proves to be a catalyzing factor for a new era in fostering global sustainability in all areas of work and life.

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3 3.1

Grundlagen Nachhaltigkeit als Kernaufgabe der Konsumgüterbranche

Die Menschheit steht vor der Aufgabe, eine wachsende Zahl von globalen Umwelt- und Nachhaltigkeitsherausforderungen zu lösen, um die Lebensgrundlagen langfristig zu sichern. Klimawandel, Biodiversitätsverlust und wichtige soziale Fragen sind nicht unabhängig von menschlichen und insbesondere wirtschaftlichen Aktivitäten. Denn Unternehmen und ihre Waren und Dienstleistungen haben über ihren gesamten Lebenszyklus einen Einfluss auf verschiedene Dimensionen der Nachhaltigkeit (vgl. Abbildung 1:).

Abbildung 1:

Langfristige Sicherung der Lebens- und Geschäftsgrundlage

Beispielhafte Umweltwirkungen eines Produktes entlang der Wertschöpfungskette (eigene Darstellung)

Insbesondere bei unzureichender staatlicher Regulierung in Bezug auf die globalen Nachhaltigkeitsherausforderungen steigen die Erwartungen von Stakeholdern und Kunden an die Nachhaltigkeitsleistung von Unternehmen und zunehmend ihrer Produkte und Wertschöpfungsketten.

Proaktiv handeln

Viele Unternehmen haben über die Jahre eigene Nachhaltigkeitsstrategien implementiert und sorgen für eine kontinuierliche Verbesserung der eigenen unternehmensinternen Umwelt- und Sozialleistung. Das praktische Management von Produktnachhaltigkeit entlang der Wertschöpfungskette gewinnt zunehmend, über das grundsätzliche Verständnis hinaus, an Bedeutung. Durch die hohe Sichtbarkeit und Bekanntheit von Konsumgüterprodukten und den enormen Ressourcendurchsatz der schnelldrehenden Sortimente steht die Konsumgüterbranche hierbei besonders im Fokus.

Management von Produktnachhaltigkeit gewinnt an Bedeutung

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In ihrer Studie „Nachhaltigkeit in der deutschen Konsumgüterwirtschaft. Themen, Trends und Initiativen“1 haben GS1 Germany und das Collaborating Centre on Sustainable Consumption and Production (CSCP) die zentralen Nachhaltigkeitsherausforderungen der Branche herausgearbeitet. Die Abmilderung des Klimawandels und eine zunehmend nachhaltige Land- und Ressourcenbewirtschaftung wurden in Expertenbefragungen ganz eindeutig als wichtigste Ziele herausgearbeitet. Wichtige Einsichten finden sich vor allem bei der Diskussion um relevante Stellschrauben, die es Märkten und Unternehmen erleichtern, auf diese Ziele hin zu optimieren, und Konsumenten befähigen, Nachhaltigkeitsleistungen besser zu erkennen und stärker nachzufragen. Die Experten verwiesen hier auf einen Bedarf nach höherer Produkttransparenz. Das GS1 Germany Advisory Board Nachhaltigkeit griff diese Erkenntnis auf und diskutierte, welches Maß und welche Art von Transparenz geeignet sind, um bewusste Konsumenten und Optimierungsstrategien in der Supply Chain zu unterstützen. Die Experten sehen hier in erster Linie drei Prinzipien, die erfüllt sein müssen. Zunächst bedarf es einer ganzheitlichen, lebenszyklusweiten Nachhaltigkeitsanalyse, die zunächst keine potenziell relevanten ökologischen, sozialen und gegebenenfalls auch Nutzenaspekte ausklammert (Ganzheitlichkeit). Für eine integrative Berücksichtigung im Tagesgeschäft muss diese Analyse in einem zweiten Schritt auf die wichtigsten Herausforderungen, die sogenannten Hotspots, reduziert werden (Effizienz und Praktikabilität). Dieser Prozess und seine Ergebnisse sollten schließlich relevanten Stakeholdern zugänglich sein (Transparenz und Offenheit). Im Rahmen dieser Studie werden diese drei Prinzipien zur Evaluation der Hotspot-Initiativen herangezogen. 3.2

Primäre Ziele: Abmilderung Klimawandel und nachhaltiges Land- und Ressourcenmanagement

Prinzipien für Produktnachhaltigkeit: 1. Ganzheitlichkeit 2. Effizienz und Praktikabilität 3. Transparenz und Offenheit

Auf dem Weg hin zu nachhaltigeren Produkten

Die Gestaltung nachhaltigerer Produkte setzt ein gutes Verständnis der wesentlichen Problemfelder und Optimierungsoptionen voraus. Dies gilt sowohl für die Verbesserung bestehender Produktsysteme als auch für die Entwicklung neuer Produkte.

Lebenszyklusweite Hotspots als Grundlage für Produktnachhaltigkeit

Konkret stehen Handel und Hersteller in Bezug auf die Nachhaltigkeit ihrer Produkte jeweils und gemeinsam vor vier zentralen Aufgaben:

1

1. Erkennen: Kenntnis der zentralen Herausforderungen beziehungsweise der offensichtlich nicht nachhaltigen Auswirkungen (Hotspots) von Produkten entlang der Wertschöpfungskette

Hotspots erkennen

2. Optimieren: Substanzielle Anstrengungen und Fortschritte bei der Verbesserung der Nachhaltigkeitsleistung (entlang der Wertschöpfungskette)

Hotspots adressieren

GS1 Germany (2012): Nachhaltigkeit in der deutschen Konsumgüterwirtschaft. www.gs1-germany.de/common/downloads/ecr/4015_nachhaltigkeit_konsumgueterwirtschaft.pdf.

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Nachhaltigkeit für Produktkategorien gemeinsam definieren: Globale Hotspot-Initiativen im Überblick

3. Organisieren: Harmonisierung der Zulieferer-Hersteller-HandelBeziehungen in Bezug auf Produktnachhaltigkeit

Lieferkette organisieren

4. Kommunizieren: Darstellung und Vermarktung nachhaltigerer Produkte gegenüber Kunden und Stakeholdern (Green Claims)

Fortschritte kommunizieren

Ein grundlegender Vorteil für alle beteiligten Unternehmen entsteht vor allem, wenn diese vier Kernprozesse kooperativ angegangen werden. Dies gilt vor allem für geteilte, unternehmensübergreifende Erkenntnisse zu den Hotspots einzelner Produktkategorien. 3.3

Produktnachhaltigkeit als kooperative Herausforderung

Eine wesentliche Herausforderung des Nachhaltigkeitsmanagements besteht in der Verankerung im Tagesgeschäft. Substanzielle Verbesserungen der Produktnachhaltigkeit können nur gelingen, wenn Funktionen wie Forschung und Entwicklung, Produktmanagement, Einkauf und Marketing die Anforderungen und Herausforderungen von Nachhaltigkeit kennen und berücksichtigen. Die Vielfalt und Komplexität der Nachhaltigkeitsthemen macht es dabei notwendig, sich auf die zentralen Herausforderungen beziehungsweise die offensichtlich nicht nachhaltigen Auswirkungen im Produktlebenszyklus (die Hotspots) zu konzentrieren.

Einbindung interner Abteilungen und externer Partner für mehr Produktnachhaltigkeit notwendig

Robuste Grundlagen für die Identifizierung von Hotspots im Lebenszyklus von Produkten sind die in den letzten Jahren geschaffenen Methoden, Normen und Standards für die Berechnung der Ökobilanz2 und in Bezug auf den Klimaschutz die spezifischen Standards für (Product) Carbon Footprints3. Diese Analysen liefern wichtige, umfangreiche und spezifische Erkenntnisse, für die weiter gehende Optimierung braucht es jedoch eine gemeinsame Verständigung auf die relevanten Hotspots einer Produktkategorie. Unternehmensübergreifend identifizierte Kategorie-Hotspots bieten signifikante Vorteile:

Grundlage sind Standards für Öko- und CO2-Bilanzen

 Sie bieten allen Akteuren der Wertschöpfungskette – vom Rohstoffproduzenten bis zum Konsumenten – ein effizientes Raster zur Bewertung produktbezogener Nachhaltigkeitsleistungen.  Eine gleichgerichtete und koordinierte Verbesserung der Produktnachhaltigkeit zwischen Handelspartnern wird möglich, gleichzeitig können divergierende Anforderungen zum Beispiel unterschiedlicher Händler reduziert oder vermieden werden.  Über das Teilen von Wissen und die Bündelung von Ressourcen kann der Aufwand je Produktkategorie deutlich reduziert und die Verlässlichkeit der Aussagen gesteigert werden.  Gemeinsam identifizierte Hotspots bilden eine solide Grundlage für den kritischen Dialog mit Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und Politik.

2 3

Unternehmensübergreifende ProduktkategorieHotspots bieten einen Bewertungsmaßstab, reduzieren Aufwand, steigern Verlässlichkeit und Kooperationsfähigkeit

Hauptsächlich verwendete Methode: DIN EN ISO 14040/44:2006. Zum Beispiel: Product Life Cycle Accounting and Reporting Standard, GHG Protocol, 2011. www.ghgprotocol.org/standards/product-standard.

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12


Nachhaltigkeit für Produktkategorien gemeinsam definieren: Globale Hotspot-Initiativen im Überblick

 Der Austausch von Daten kann standardisiert und damit deutlich vereinfacht werden. Erst wenn die Hotspots eines Produktes beziehungsweise einer Produktkategorie bekannt sind, können gezielte Maßnahmen zu ihrer Beseitigung identifiziert und ergriffen werden und eine Umsetzung in managementtaugliche Instrumente wie Key Performance Indicators (KPIs) vorgenommen werden.

Hotspots sind Ausgangspunkt für KPI-Entwicklung

Verschiedene Initiativen organisieren die gemeinsame Identifizierung und Festlegung kategoriebezogener Hotspots. Diese dienen als Grundlage für das praktische Management und anerkannte Aussagen zur Produktnachhaltigkeit gegenüber Externen. Die Initiativen befinden sich allesamt in der Entwicklung, sodass sich bisher kein System international durchgesetzt hat. Für die deutsche und europäische Konsumgüterbranche stellt sich die Frage, welche Initiative beziehungsweise welches System sich für eine zukünftige, möglichst unternehmensübergreifend gemeinsame Nutzung am besten eignet.

Unterschiedliche Herangehensweise bei der Identifikation kategoriebezogener Hotspots erfordert Initiativenvergleich

3.4

Studienziel und Vorgehen

GS1 Germany hat im Rahmen der Arbeit des Advisory Boards Sustainability entschieden, mit dieser Studie einen Vergleich der führenden Initiativen zur gemeinschaftlichen Identifikation und Definition von Hotspots, Verbesserungsoptionen und KPIs vorzunehmen. Im Mittelpunkt steht die Frage: Wie können relevante, praktisch anwendbare und allgemein anerkannte Nachhaltigkeitsprofile (Hotspots, KPIs) für Produktkategorien entwickelt und einheitlich genutzt werden?

Ziel: Grundlagen zur Entwicklung und Nutzung einheitlicher Nachhaltigkeitsprofile für Produktkategorien schaffen Methode: Vergleich führender Hotspot-Initiativen und Identifikation herausragender (Teil-)Ansätze

Um dieser Frage näher zu kommen, werden die folgenden Initiativen näher beschrieben und verglichen:       

The Sustainability Consortium (TSC) WRAP Product Sustainability Forum (WRAP PSF) EU Product Environmental Footprint (PEF) Brancheninitiative A.I.S.E. Advanced Sustainability Profiles Brancheninitiative EU Food SCP Round Table Einzelhändlerinitiative REWE Group PRO PLANET Zusätzlich: Vergleich eines herkömmlichen Product Category Rule (PCR)-Ansatzes (nur im Kapitel 7.5).

Die Studie soll im Ergebnis  das gemeinsame Verständnis der verschiedenen Initiativen stärken,  zentrale Erkenntnisse zu Stärken und Schwächen anhand der definierten zentralen Anforderungen vorstellen und  Optionen für die zukünftige Mitgestaltung aus Sicht der deutschen und europäischen Konsumgüterwirtschaft aufzeigen.

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Ergebnis: Verständnis über Initiativen, Erkenntnisse zu Stärken/ Schwächen, Identifikation Mitgestaltungsoptionen

13


Nachhaltigkeit für Produktkategorien gemeinsam definieren: Globale Hotspot-Initiativen im Überblick

In Kapitel 4 werden die Initiativen zunächst einzeln beschrieben. Hierbei wird gesondert auf den spezifischen Prozess zur Identifizierung von Hotspots eingegangen, bevor jeweils abschließend Besonderheiten und Beobachtungen zusammengefasst werden.

Kapitel 4: Beschreibung der Initiativen

Kapitel 5 widmet sich dem Vergleich der Initiativen. Als Bewertungsraster hierfür wird auf die drei übergreifenden Anforderungen des Advisory Boards Sustainability zurückgegriffen4:

Kapitel 5: Vergleich der Initiativen und Skizzierung von Stärken und Schwächen

1. Ganzheitlichkeit (ganzheitlich nachhaltig) 2. Effizienz (effizient und praktikabel) 3. Offenheit (partizipativ und offen) In Kapitel 6 werden Fallstudienvergleiche in den beiden Produktkategorien Universalwaschmittel und Milch herangezogen, um den Vergleich der Initiativen mit praktischen Beispielen zu unterstützen. Hieran soll unter anderem überprüft werden, ob unterschiedliche Vorgehensweisen zur Identifizierung von Kategorie-Hotspots dennoch zu vergleichbaren Ergebnissen kommen.

Kapitel 6: Konsolidierung durch Fallstudienvergleiche

Als Fazit aus Initiativenbeschreibung und -vergleich sowie den Fallstudienvergleichen folgt in Kapitel 7 eine zusammenfassende Betrachtung der Hotspot-Initiativen, bei der die jeweiligen Stärken und Schwächen hervorgehoben werden.

Kapitel 7: Stärken und Schwächen der Hotspot-Initiativen

Dies alles bildet schließlich die Grundlage für die Schlussfolgerungen in Kapitel 8, die neben einem allgemeinen Fazit auch auf Handlungsoptionen für Unternehmen und die Rolle von GS1 eingehen.

Kapitel 8: Schlussfolgerungen

4

Vgl. hierzu Abschnitt 3.1.

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Nachhaltigkeit für Produktkategorien gemeinsam definieren: Globale Hotspot-Initiativen im Überblick

4

Hotspot-Initiativen

4.1

The Sustainability Consortium (TSC)

Beschreibung TSC Das TSC wurde im Jahr 2009 auf Initiative von Walmart gegründet. Träger sind die Arizona State University und die University of Arkansas. Ziel der Institution ist es, Grundlagen für das praktische und skalierbare Management der Nachhaltigkeit von Konsumgüterprodukten zu schaffen, insbesondere für die Zusammenarbeit zwischen Einzelhandel und Herstellern (B2B)5:

Ziel: Grundlagen für praktisches und skalierbares Nachhaltigkeitsmanagement schaffen

“Through multi-stakeholder collaboration, our mission is to design and implement credible, transparent and scalable sciencebased measurement and reporting systems accessible for all producers, retailers, and users of consumer products.” Mitglieder sind vor allem Unternehmen der Konsumgüterbranche: Ende 2012 hatte das TSC 90 Unternehmen (auch Dienstleister, Verbände) und 11 zivilgesellschaftliche Organisationen als Mitglieder. Zu den Mitgliedern gehören unter anderem Unternehmen wie Walmart, Tesco, Coca-Cola, Dell, Henkel, Procter & Gamble und Unilever. Die Finanzierung erfolgt über Mitgliedsbeiträge.

Abbildung 2:

5

Zusammensetzung: 90 Unternehmen und 11 zivilgesellschaftliche Gruppen (Stand 2012)

The Sustainability Consortium

Quelle: The Sustainability Consortium Website: www.sustainabilityconsortium.com.

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Der Hotspot-Prozess beim TSC Im Mittelpunkt der Arbeit des TSC steht die Erarbeitung von sogenannten „Category Sustainability Profiles“. Dies sind durch branchenspezifische Arbeitsgruppen erstellte Zusammenfassungen der Hotspots und Verbesserungsoptionen je Produktkategorie. Auf dieser Basis werden einheitliche KPIs formuliert, die sowohl für ein nachhaltiges Produktmanagement als auch für Listung und Einkauf seitens des Handels genutzt werden können. Dies wird vom TSC zusammenfassend als Sustainability Measurement & Reporting System (SMRSTM) Level 1 bezeichnet.

Abbildung 3:

SMRSTM Level 1 (Produktkategorienebene): Dreistufiger Prozess aus Desktop-Screening, Zusammenführung der Ergebnisse, Bildung einheitlicher KPIs

Wesentliche Elemente des TSC SMRSTM 6

In der Produktkategorie Waschmittel sind identifizierte Hotspots beispielsweise:    

Produktion chemischer Grundstoffe Warmwasserbedarf beim Waschvorgang Trocknung mithilfe von elektrischen Trocknern Abwasserbehandlung Waschlauge

Die Hotspots beziehen sich jeweils auf spezifisch definierte Phasen im Produktlebenszyklus und eine oder mehrere Umwelt- oder Sozialwirkungen. Der KPI für den Hotspot „Produktion chemischer Grundstoffe“ lautet beispielsweise: „Verfügt Ihr Unternehmen über eine Einkaufs-Policy für Rohstoffe, um eine der folgenden Umweltwirkungen zu adressieren: Carbon Footprint, Verlust an Biodiversität, Süßwasserverknappung?“ 6

Quelle: The Sustainability Consortium SMRS Methodology, The Sustainability Consortium, unveröffentlicht.

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Für die Erstellung von Category Sustainability Profiles (als Bestandteil des SMRSTM Level 1) erarbeitet das TSC zunächst sogenannte Dossiers. Hierbei handelt es sich um Zusammenstellungen von Erkenntnissen zu Umwelt- und Sozialwirkungen von Produkten einer Produktkategorie auf wissenschaftlicher Basis. In einem mehrstufigen Entscheidungsprozess unter Einbindung von Branchenvertretern (der TSC-Mitgliedsunternehmen), TSC-Mitarbeitern und ausgewählten Experten werden anschließend Hotspots, Verbesserungsoptionen und KPIs hergeleitet. Eine Konsultation mit externen Stakeholdern findet nicht statt.

Abbildung 4:

Nachhaltigkeitsprofile decken ökologische und soziale Dimension ab Ableitung von KPIs erfolgt ohne externe Stakeholder

TSC-Prozess der Erstellung von Nachhaltigkeitsprofilen und KPIs (SMRSTM Level 1)

Im Rahmen dieses Prozesses werden keine eigenen Studien (wie Ökobilanzen) erstellt. Stattdessen zielt der TSC-interne Konsultations-/ Entscheidungsprozess darauf ab, bereits vorliegende Erkenntnisse zusammenzutragen und zu verdichten. Hierdurch können auch Nachhaltigkeitsdimensionen erfasst werden, für die es noch keine allgemein anerkannten lebenszyklusbasierten Bewertungsmethoden gibt (insbesondere im Bereich Soziales).

Keine Erstellung eigener LCAs und S-LCAs, sondern Synthese der Erkenntnisse

Für folgende Branchen werden derzeit Category Sustainability Profiles erarbeitet. Als Kategorisierungsschema wird hierbei auf die Global Product Classification (GPC) zurückgegriffen, die in der Konsumgüterwirtschaft dominiert und von GS1 genutzt und weiterentwickelt wird:       

Bekleidung/Schuhe/Textilien Elektronik Lebensmittel/Getränke/Landwirtschaft Haushalts- und Pflegemittel Papier/Zellstoff/Forstwirtschaft Verpackung Spielzeug

Die Wahl der Produktkategorien orientiert sich an ihrer Relevanz für die Gesamtumweltwirkungen der Konsumgüterwirtschaft in den USA. Ziel ist es, bis Ende 2014 die Produktkategorien abzudecken, die für 80 Prozent der durch Konsumgüter verursachten Umweltwirkungen verantwortlich sind. Bis Ende 2012 wurden CSPs für etwas mehr als 100 Produktkategorien fertiggestellt. Um 80 Prozent der Umweltwirkung von Produkten zu erfassen, werden insgesamt 600 Produktkategorien bearbeitet. Beispiele für Produktkategorien sind:

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Breite Abdeckung der Produktkategorien der Konsumgüterbranche

Auswahl der Produktkategorien anhand ihrer absoluten Umweltwirkung auf dem USamerikanischen Markt

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 Lebensmittel: Milch, Rind, Getreide, verpackte Zerealien, Brot, Bier  Haushalts- und Pflegeprodukte: Waschmittel, Reinigungsmittel, Duschprodukte  Elektronik: Computer und Peripherie  Spielzeug: Plastikspielzeug  Papier: Toilettenpapier, Kopierpapier

Anzahl Nachhaltigkeitsprofile für Produktkategorien: 2012: 100 Ziel: 600

Die Profile stehen lediglich den Mitgliedern des TSC zur Verfügung. Ob und wie eine zukünftige Veröffentlichung stattfindet, ist derzeit nicht absehbar und stark vom zukünftigen Geschäftsmodell des TSC abhängig.

Produktprofile stehen ausschließlich TSC Mitgliedern zur Verfügung

Neben der Erarbeitung der Category Sustainability Profiles gibt es die Ebene 2 (SMRSTM Level 2), welche zukünftig den direkten Vergleich von zwei Produkten einer Produktkategorie ermöglichen soll. SMRSTM Level 2 baut auf etablierten Instrumenten der Ökobilanz auf. Über definierte Berechnungsregeln für die Bilanzierung von Produkten einer bestimmten Kategorie, die Product Category Rules (PCRs), sollen parametrisierte Modelle für Standardprodukte einer Produktkategorie entwickelt werden. Diese sogenannten „Baseline Models“ sollen die einfache Erstellung von Environmental Product Declarations (EPDs) erlauben, die als Basis für einen direkten Produktvergleich (quantitatives Benchmarking) dienen können. Das TSC plant derzeit nicht, die hierfür benötigten PCRs in Eigenregie zu entwickeln. Anfang 2013 existiert SMRSTM Level 2 nur als Zukunftsvision und ist lediglich für ausgewählte Produktkategorien pilothaft umgesetzt.

SMRSTM Level 2 (Produktebene): zukünftig vereinfachte Erstellung von Environmental Product Declarations geplant, auf Basis von generischen Berechnungsmodellen

Abbildung 5:

Zukünftiger TSC-Ansatz zur Produktdifferenzierung im Markt (SMRSTM Level 2)

Besonderheiten und Beobachtungen TSC Im Jahr 2012 wurden von Walmart erste Pilotprojekte zur Anwendung der Sustainability Profiles und KPIs gestartet. Bereits Ende 2012 haben 500 Zulieferer KPI-Antworten in 38 Produktkategorien geliefert, die Walmart als Grundlage für ein Lieferanten-Benchmarking nach Produktgruppen dienten. Die teilnehmenden Zulieferer decken allein 65 Prozent des Umsatzes in diesen Kategorien ab. 2013 sollen Nach-

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Walmart gehört hinsichtlich Implementierung zu den Vorreitern und setzt ambitionierte Ziele

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haltigkeitsziele in die jährliche Bewertung der Einkaufsteams aufgenommen werden. Es ist geplant, einen halbjährlichen Berichtszyklus für Lieferanten einzuhalten und schrittweise weitere Kategorien hinzuzufügen. Bis 2017 sollen 70 Prozent der in den USA verkauften Produkte von Lieferanten stammen, die im Rahmen des Walmart Sustainability Index an Walmart berichten.

Abbildung 6:

Integration in Walmart Supplier Scorecards7

Das TSC baut aktiv weitere Standorte in wichtigen Ländern auf. So stellt Walmart dem TSC zwei Millionen US-Dollar für die Arbeit in China zur Verfügung, mit einem Schwerpunkt in vier Sektoren: Elektronik, Textilien, Spielzeug und Haushaltswaren.

7

Quelle: Präsentation zum TSC beim 7. PCF World Summit am 17.04.2012.

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4.2

WRAP Product Sustainability Forum (WRAP PSF)

Beschreibung WRAP PSF Das WRAP PSF ist eine britische Organisation, finanziert durch die englische, schottische und walisische Regierung. Weitere Beiträge erfolgen als Sachleistungen aus der Privatwirtschaft. Das PSF agiert als Plattform für mehr als 80 Organisationen (vor allem Unternehmen), um gemeinsam die Umweltleistung von Lebensmitteln und Haushalts/Heimwerkerartikeln zu erfassen, zu verbessern und zu kommunizieren. Mitglieder sind unter anderem Tesco, Marks & Spencer, Sainsbury’s, Henkel, Kellogg, Nestlé, Procter & Gamble und Unilever. Das PSF ist als Ergänzung der freiwilligen Branchenvereinbarungen „Courtauld“8 und der sogenannten „Home Improvement Initiative“ konzipiert, um vorhandene Aktivitäten zum produktbezogenen Umweltschutz zusammenzuführen. Die beteiligten Organisationen sollen durch Forschung, Methoden und Aktionspläne Orientierung für zielgerichtete Maßnahmen bekommen.

Ziele: Erfassung, Verbesserung und Kommunikation der Umweltleistung 70 relevanter Konsumgüter. Mitglieder: 80 Organisationen (hauptsächlich Unternehmen)

Ziel ist die gemeinsame Verbesserung der Produktnachhaltigkeit in den umweltrelevantesten Produktkategorien, das heißt jenen Kategorien, die in puncto Marktvolumen und spezifischer Umweltwirkungen am relevantesten sind. Das Hauptaugenmerk liegt dabei zunächst auf der Identifikation der Hotspots der aus Umweltsicht 70 relevantesten Lebensmittel, die zusammen 80 Prozent des Verkaufsvolumens in Großbritannien ausmachen, der wichtigsten Haushalts/Heimwerkerprodukte und der wichtigsten Elektronikprodukte.9 Bestimmung der Relevanz anhand individueller Umweltwirkung der Produktkategorie und des Verkaufsvolumens. Betrachtete Kategorien: Klima, Energie, Abfall, Wasser, Ressourcennutzung

Abbildung 7:

WRAP Product Sustainability Forum10

Hierauf aufbauend werden gemeinsam mit beteiligten Unternehmen sogenannte „Pathfinder“-Projekte und Umsetzungspläne definiert. Im Mittelpunkt stehen die Wirkungskategorien Klima, Energie, Abfall,

8 9 10

Siehe www.wrap.org.uk/category/initiatives/courtauld-commitment. Quelle: An initial assessment of the environmental impact of grocery products, WRAP, 2013. Quelle: WRAP PSF: www.wrap.org.uk/content/product-sustainability-forum.

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Wassernutzung und Ressourcennutzung. Biodiversität wird „beobachtet“ und gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt hinzugefügt. In der Grundkonzeption ist die Identifikation und Entwicklung von Methoden für die Quantifizierung, Reduktion und Kommunikation der Umweltwirkung von Konsumgütern (Produktportfolio, Produktkategorie, Produktgruppe) vorgesehen. Die genaue Ausgestaltung ist bislang nicht kommuniziert. Der Hotspot-Prozess beim WRAP PSF Die aktuellen Aktivitäten des PSF zur Definition von Hotspots zielen auf die Entwicklung sogenannter „Slide Decks“ ab. Dies sind Zusammenstellungen identifizierter Hotspots und möglicher Verbesserungsoptionen je Produktkategorie im Präsentationsformat.

Abbildung 8:

Zusammenstellung evidenzbasierter Hotspots und Verbesserungsoptionen je Produktkategorie in Slide Decks

Hotspot-Prozess des WRAP PSF

Im Gegensatz zum Ansatz des TSC ist die Grundlage der Identifikation der Hotspots nicht ein interner Konsultationsprozess, sondern zunächst eine vom PSF beauftragte und von einem externen Dienstleister durchgeführte Hotspot-Studie. Dies ist im Wesentlichen eine Zusammenstellung von vorhandenen Studien zu den HotspotErkenntnissen der entsprechenden Produktkategorie. In einem zweiten Schritt werden die Untersuchungsergebnisse durch einen offenen Stakeholderkonsultations-Prozess validiert. Möglichst viele Externe aus Forschung und Praxis werden gebeten, Feedback zu den identifizierten Hotspots und Verbesserungsmöglichkeiten zu geben. Die Verbesserungsmöglichkeiten stammen zu einem großen Teil aus bereits vorhandenen Erfahrungen der im PSF organisierten Unternehmen und werden als „Case Study“ dargestellt. So sollen andere Unternehmen die Möglichkeit erhalten, entsprechende eigene Maßnahmen zu planen. Die Implementierung soll mit weiterführenden Dokumenten und gemeinschaftlichen Projekten unterstützt werden. Die Übersetzung in Indikatoren, zum Beispiel für die Abfrage durch Einzelhändler, ist derzeit nicht geplant. Die Hotspot-Informationen sollen allen Interessierten über eine zentrale Plattform zur Verfügung stehen.

Ablauf: 1. Hotspot-Studie 2. Konsultation mit externen Stakeholdern 3. Verbesserungsoptionen dargestellt in „Case Study“ KPIs derzeit nicht geplant

Perspektivisch sollen geeignete Methoden für Quantifizierung, Reduktion und Kommunikation der Umweltwirkung von Produkten identifiziert und festgelegt werden.

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Abbildung 9:

WRAP PSF Hotspot-Matrix als Teil des „Slide Decks“11

Besonderheiten und Beobachtungen WRAP PSF Das WRAP PSF befindet sich insgesamt noch im Aufbau, sodass von weiteren Anpassungen hinsichtlich Methodik und Vorgehen auszugehen ist. Bemerkenswert sind die Anstrengungen des WRAP PSF, sich mit anderen internationalen Initiativen zu vernetzen und, wo möglich, zusammenzuarbeiten, um zu global funktionierenden Lösungen zu kommen. Hierzu gehören: TSC, Consumer Goods Forum, EU Food SCP Round Table, GHG Protocol, Beverage Industry Environmental Round Table, French Environmental Labelling Initiative, EU PEF, GS1, UNEP/SETAC Lifecycle Initiative und das PEF World Forum.

11

Hoher Vernetzungsgrad mit anderen Initiativen

Quelle: Entwurf des WRAP PSF Hotspot Slide Decks zu Waschmitteln.

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22


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4.3

EU Product Environmental Footprint (EU PEF)

Beschreibung EU PEF Ziel der Arbeiten der EU-Kommission zum PEF ist es, die Umweltleistung von Produkten vergleichbar zu machen, zumindest innerhalb der gleichen Kategorie. Dieses Ziel beinhaltet ein einheitliches Verständnis davon, welche Umweltaspekte für ein Produkt relevant sind. Daher erscheint ein direkter Vergleich zu anderen Hotspot-Initiativen angemessen und sinnvoll. Hintergrund der EU PEF-Initiative sind verschiedene politische Entscheidungen (siehe Kasten), die in einem ersten Schritt Anfang April 2013 in einer Mitteilung der EU-Kommission zur „Schaffung eines Binnenmarktes für grüne Produkte“12 in Europa zusammen mit der Veröffentlichung einer Environmental FootprintMethodik13 mündeten.

Ziel: Umweltleistung von Produkten (einer Kategorie) vergleichbar machen

Hintergrund: Schaffung eines Binnenmarktes für grüne Produkte

14

Binnenmarktakte (Single Market Act) „Vorschlag Nr. 10: Die Kommission wird vor 2012 prüfen, inwieweit eine Initiative zum ökologischen Fußabdruck von Produkten sinnvoll ist, um das Problem der ökologischen Auswirkungen von Produkten, einschließlich der CO 2-Emissionen, anzugehen. Im Rahmen der Initiative sollen Möglichkeiten geprüft werden, eine gemeinsame europäische Bewertungs- und Kennzeichnungsmethode festzulegen.“ Entscheidung des Rates der Europäischen Union 15 (20.12.2010, Nr. 17495/10) Der Rat der Europäischen Union fordert die Kommission auf, „eine gemeinsame Methodik für die quantitative Bewertung der Umweltauswirkungen von Produkten während ihres gesamten Lebenszyklus zu entwickeln, um die Bewertung und Kennzeichnung von Produkten zu unterstützen”. Fahrplan für ein ressourcenschonendes Europa 16 (Resource Efficiency Roadmap, 20.09.2011, KOM(2011) 571) „Spätestens 2020 werden Bürgerinnen und Bürgern sowie öffentlichen Behörden über angemessene Preissignale und klare Umweltinformationen die richtigen Anreize geboten, damit sie die ressourcenschonendsten Erzeugnisse und Dienstleistungen wählen können. Die Kaufentscheidungen werden Unternehmen zu Innovationen und zur Lieferung ressourcenschonenderer Waren und Dienstleistungen veranlassen. Es werden Mindest-Umweltleistungsstandards festgesetzt, um die Erzeugnisse mit der schlechtesten Ressourceneffizienz, die die Umwelt am stärksten belasten, vom Markt zu nehmen. Es besteht eine hohe Verbrauchernachfrage nach nachhaltigeren Produkten und Dienstleistungen.“

Die Environmental Footprint-Methodik setzt auf den bestehenden Standards zur Ökobilanzierung auf und spezifiziert des Regelwerk weiter, um den Entscheidungsspielraum zu minimieren und damit maximale Vergleichbarkeit und Einfachheit in der Anwendung zu erreichen. Durch die resultierende Verbindlichkeit ist diese Methodik für eine Reihe politischer Maßnahmen geeignet (vgl. Abbildung 10:).

12 13 14 15 16

Maximale Vergleichbarkeit als zukünftige Grundlage für politische Maßnahmen

Siehe http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2013:0196:FIN:DE:PDF. Siehe http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2013:124:FULL:EN:PDF. Siehe http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2010:0608:FIN:de:PDF. Siehe http://register.consilium.europa.eu/pdf/de/10/st17/st17495.de10.pdf. Siehe http://ec.europa.eu/environment/resource_efficiency/pdf/com2011_571_de.pdf.

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Abbildung 10: Mögliche politische Maßnahmen auf Basis der EU Environmental Footprint Methodik17

Abbildung 11:

EU PEF Initiative18

Die Mitteilung der EU-Kommission zur „Schaffung eines Binnenmarktes für grüne Produkte“ und die Veröffentlichung der Environmental Footprint-Methodik umfasst auch die Empfehlung an Unternehmen und Mitgliedstaaten, die Methodik anzuwenden, um so eine weitere Fragmentierung des Marktes in der Nutzung verschiedener Standards zu verhindern.19

17 18

19

Einheitliche Methodik

Quelle: Präsentation Michele Galatola, DG Environment beim 8. PCF World Summit, 2012. Quelle: Europäische Kommission DG Environment, http://ec.europa.eu/environment/eussd/smgp/index.htm. Quelle: Commission Recommendation of 9 April 2013 on the use of common methods to measure and communicate the life cycle environmental performance of products and organisations, European Commission, 2013.

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Der EU PEF Hotspot-Prozess Die PEF-Methodik gibt detaillierte Vorgaben zur Berechnung eines Umweltfußabdrucks. Der Environmental Footprint umfasst hierbei eine Reihe von Umweltwirkungen, die jeweils durch eigene Modelle quantifiziert werden:           

Detaillierte methodische Vorgaben zur Bilanzierung produktbezogener Umweltauswirkungen

Globale Erwärmung/CO2e Ozonabbau Ökotoxizität Wasser Humantoxizität – krebserregend und nicht krebserregend Feinstaub Ionisierende Strahlung Ozonbildung Versauerung Eutrophierung – terrestrisch und aquatisch Ressourcenverbrauch – Wasser, anorganisch, fossil Landnutzung

Das heißt, für ein Produkt mit einer bestimmten Funktion liefert die Anwendung des PEF Guides detaillierte Angaben über die Höhe der verschiedenen Umweltwirkungen entlang des gesamten Lebenszyklus. Durch die genauen Vorgaben ist die Vergleichbarkeit der Ergebnisse größer als bei klassischen Ökobilanzen. Es ist daher anzunehmen, dass auch auf Grundlage der PEF-Methodik identifizierte Hotspots einheitlicher sind als bei reiner Anwendung der existierenden Ökobilanzstandards. Für weiter gehende Anwendungen, insbesondere (vergleichende) Produktaussagen („Green Claims“) und Produkt-Benchmarking, sind Ergänzungen des Regelwerks um Category Rules (PEFCRs) vorgesehen. Dies sind genauere Spezifikationen je Produktkategorie, die den Entscheidungsspielraum weiter eingrenzen und die für eine Produktkategorie besonders relevanten Fragestellungen adressieren. Die Entwicklung dieser PEFCRs wird zunächst in einer dreijährigen Pilotphase ab 2013 geprobt und damit das gesamte System weiter verfeinert.

Spezifizierung für Produktkategorien eröffnet Möglichkeiten für Benchmarking und Green Claims

Die Pilotphase sieht für die jeweilige Produktkategorie einen sehr umfassenden Konsultationsprozess vor, der die gesamte Branche und interessierte Stakeholder einbindet. In diesem Prozess werden neben den weitergehenden Kategorieregeln auch Benchmarks für die Umweltleistung definiert. Auf dieser Basis könnten Produkte dann im Markt hinsichtlich ihrer Umweltleistung ausgezeichnet und klassifiziert werden. Entsprechende Formen der B2B- und B2C-Kommunikation werden ebenfalls im Rahmen der PEF-Pilotprojekte getestet.

Entwicklung der Spezifizierungen (PEFCRs) ist ökobilanzbasiert und unterliegt umfassendem Konsultationsprozess

Je nach konkreter Umsetzung in den einzelnen Branchen und späterer Ausgestaltung des Gesamtsystems, kann die Einordnung von Produkten in Umweltleistungsklassen möglicherweise auch durch die Erfüllung bestimmter Parameter und Kriterien erfolgen. Eine detaillierte

Weiterentwicklung ermöglicht perspektivisch parametrisierte Berechnung eines PEF und führt zur Minderung des Aufwands

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Berechnung des Environmental Footprints für ein einzelnes Produkt kann so gegebenenfalls entfallen oder auf eine modellhafte Berechnung unter Berücksichtigung weniger (hotspotrelevanter) Messpunkte reduziert und damit deutlich vereinfacht werden. Solche Kriterien und Messpunkte könnten auch die Implementierung im Management (analog den Arbeiten des TSC) begünstigen.

Abbildung 12:

EU-Prozess zur Schaffung von Grundlagen für Produkt-Benchmarking

Besonderheiten und Beobachtungen EU PEF Die spätere Ausgestaltung der EU-Initiative ist offen. So ist nicht entschieden, ob es verpflichtende Elemente geben wird oder das ganze System lediglich zur freiwilligen Anwendung empfohlen wird. Es ist auch denkbar, dass für bestimmte Anwendungen (existierende Direktiven, öffentliche Beschaffungen und Ausschreibungen, Steuervergünstigungen) die Erfassung der Umweltleistung nach der EUMethodik obligatorisch wird. Ein wichtiger Faktor wird sein, welche funktionierenden Ansätze auf Basis der PEF-Methodik in einzelnen Branchen identifiziert werden, um damit als Vorbild für eine Umsetzung auch in anderen Branchen zu dienen.

Ausgestaltung der EUInitiative entscheidet sich nach Abschluss der Pilotphase

Ein EU-weites System zur vergleichbaren Umweltleistung von Produkten auf freiwilliger oder obligatorischer Basis wird es nach erfolgreichem Abschluss der Pilotphase erst nach 2017 geben können. Der PEF Guide und die Bedeutung der Teilbranchen für die Definition von PEFCRs und Benchmarks legen jedoch bereits heute wesentliche Elemente einer zukünftigen Umsetzung fest. Zudem werden kategoriespezifische Hotspots in diesem Prozess deutlich hervortreten und eine nachhaltigere Produktgestaltung und -herstellung sowie den Handel mit nachhaltigeren Produkten unterstützen.

Zukünftige Benchmarks werden auf PEF-Methodik unter Einbeziehung der Branchen basieren

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Übertragbarkeit der Ergebnisse auf weitere Branchen wichtig

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4.4

Brancheninitiative A.I.S.E. Advanced Sustainability Profiles (ASPs)

Beschreibung A.I.S.E. ASPs Der Branchenverband der (insbesondere europäischen) Wasch-, Pflege- und Reinigungsmittelhersteller definiert in seiner „Charter Nachhaltiges Waschen und Reinigen“ bereits seit mehreren Jahren Advanced Sustainability Profiles (ASPs) mit Mindestanforderungen für nachhaltigere Produkte in der Branche. Die Charter verfolgt das Ziel, die gesamte Branche kontinuierlich in Richtung Nachhaltigkeit zu entwickeln. Zu diesem Zweck werden die Anforderungen kontinuierlich überprüft und angehoben. Die Erfolge werden über einen aggregierten Branchenbericht jährlich kommuniziert.20

Ziel: Entwicklung nachhaltiger Produkte für die gesamte Wasch-, Pflegeund Reinigungsmittelbranche

Abbildung 13: Initiative A.I.S.E. Advanced Sustainability Profiles21

Der A.I.S.E. ASP Hotspot-Prozess ASPs werden auf Basis von Ökobilanzen definiert. Für ausgewählte Produktkategorien der Branche wird eine Ökobilanz für ein generisches Produkt der Produktkategorie erstellt und in unregelmäßigen Abständen einer Revision unterzogen. Über die Ökobilanz und ein sogenanntes „Substantiation Dossier“ werden die wesentlichen umweltbezogenen Hotspots identifiziert. Im Rahmen eines brancheninternen Konsultationsprozesses werden auf dieser Basis Anforderungen für eine verbesserte Umweltleistung eines Produktes der Produktkategorie definiert. Diese Kriterien werden dabei so gesetzt, dass sie anspruchsvoll sind und über dem Branchendurchschnitt liegen, aber dennoch für Hersteller jeder Unternehmensgröße erreichbar sind. Neben der Verbesserung der Ressourceneffizienz ist dabei auch die

20 21

Ökobilanzbasierte Identifikation von Hotspots Entwicklung von Verbesserungskriterien in brancheninternem Konsultationsprozess Produktkategoriebezogene KPIs werden durch unternehmensbezogene ergänzt

Siehe www.sustainable-cleaning.com/en.publicarea_sustainabilityreport.orb. Quelle: A.I.S.E., www.sustainable-cleaning.com/en.companyarea_documentation.orb.

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Konsumenteninformation als grundlegende Anforderung enthalten. Der Prozess ist damit vergleichbar mit dem Vorgehen der EU. Lediglich werden bei der Festlegung der fünf zu betrachtenden Kriterien intransparente Entscheidungen getroffen (die EU-Methodik betrachtet ein deutlich größeres Spektrum an Umweltdimensionen und reduziert diese auf Produktkategorienebene in einem nachvollziehbaren Prozess). Zusätzlich zu den produktbezogenen definiert die „Charter Nachhaltiges Waschen und Reinigen“ auch unternehmens- beziehungsweise produktionsbezogene Anforderungen im Bereich der Umweltsicherheit. Produkte, die alle Kriterien erfüllen, können das brancheneinheitliche Label (siehe Abbildung 13: rechts unten) tragen.

Abbildung 14: Hotspot-Prozess A.I.S.E. Advanced Sustainability Profiles

Besonderheiten und Beobachtungen A.I.S.E. ASPs Das brancheneinheitliche Vorgehen des Wasch-, Pflege- und Reinigungsmittelherstellerverbandes ist bemerkenswert. Indem er in der eigenen Branche ein gemeinsames Verständnis von Produktnachhaltigkeit etabliert und über Kriterien operationalisiert, nimmt der A.I.S.E. praktisch die Arbeit vorweg, die vielen anderen Branchen und Produktkategorien bevorsteht.

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Positives Vorbild für brancheneinheitliches Vorgehen

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4.5

Brancheninitiative Food Sustainable Consumption and Production (SCP) Round Table

Beschreibung Food SCP Round Table Der Food SCP Round Table wurde 2009 gegründet und ist eine gemeinsame Initiative der EU-Kommission und von 24 Vertretern der Lebensmittelbranche. Er folgt dem Leitprinzip, dass „entlang der Lebensmittelkette kommunizierte Umweltinformationen, einschließlich der für Verbraucher bestimmten, wissenschaftlich belastbar und konsistent, verständlich und nicht missverständlich sein sollen, um informierte Entscheidungen zu ermöglichen.“22

Mitglieder: EU Kommission und 24 Vertreter der Lebensmittelbranche (Produzenten und Zulieferer)

Um diesem Leitprinzip näher zu kommen, sollen einheitliche Grundlagen für die freiwillige Quantifizierung, Reduktion und Kommunikation der Umweltauswirkungen von Lebensmitteln geschaffen werden. Der Round Table fasst dies in drei vorrangigen Zielen zusammen: 1. Definition einheitlicher und wissenschaftlich belastbarer Umweltbewertungsmethoden für Lebensmittel und Getränke 2. Identifizierung geeigneter Werkzeuge und Anleitungen für die freiwillige Umweltkommunikation zu Verbrauchern und weiteren Stakeholdern 3. Beförderung der kontinuierlichen Umweltverbesserung entlang der gesamten Lebensmittelkette.

Ziele: einheitliche Grundlagen für Quantifizierung, Reduktion und Kommunikation der Umweltauswirkungen von Lebensmitteln

Abbildung 15: Food SCP Round Table23

22 23

Siehe www.food-scp.eu. Quelle: European Food SCP Round Table, www.food-scp.eu.

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Der Hotspot-Prozess beim Food SCP Round Table Der Food SCP Round Table erarbeitet das auf der Ökobilanz aufbauende ENVIFOOD Protocol. Es spezifiziert die Bilanzierungsvorschriften der EU PEF-Methodik für Lebensmittel und schafft so die Grundlage für lebensmittelspezifische Kategorieregeln (PEFCRs). Hierdurch werden Grundprinzipien für die Definition von NachhaltigkeitsHotspots in der Lebensmittelbranche vorgegeben. Die gemeinsamen Spezifikationen umfassen dabei die Erfassung, Reduktion und Kommunikation der Umweltwirkungen von Lebensmittelprodukten.

ENVIFOOD Protocol: Spezifizierung der EU PEFMethodik für Lebensmittelprodukte

Das ENVIFOOD Protocol ist das Ergebnis eines mehrjährigen Konsultationsprozesses innerhalb der Branche. Beteiligt sind relevante Akteuren im Lebenszyklus von Lebensmitteln (wie Handelspartner, Lieferanten, Verpackungsindustrie, Logistikdienstleister) sowie Umweltund Verbraucherverbände.

Mehrjähriger Konsultationsprozess mit vielen Stakeholdern

In Bezug auf die gemeinsame Identifikation von Hotspots und Verbesserungsoptionen gibt es gemeinsame Arbeiten in der Arbeitsgruppe 3 des Food SCP Round Table.24 Die Arbeiten stehen insgesamt noch am Anfang und folgen bisher keiner klar definierten Methodik. Es werden Erkenntnisse in einer Hotspot-Studie zusammengefasst, jedoch keine Angaben gemacht, wie aggregiert wurde. Hauptziel ist das Herausstellen der Ergebnisse bestehender freiwilliger Nachhaltigkeitsinitiativen aus dem Lebensmittelbereich. Dabei wird der komplette Lebenszyklus von Getränken und Lebensmittelprodukten in die nachfolgenden neun Akteursgruppen unterteilt. Die entsprechenden Mitglieder aus diesen Bereichen sind dabei verantwortlich für das Zusammentragen der Inhalte:

Identifikation von Hotspots und Verbesserungsoptionen bauen auf Erfahrungen der Mitglieder auf

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.

Zulieferer landwirtschaftlicher Sektor Landwirtschaft Handel Landwirtschaft Lebensmittel- und Getränkeindustrie Verpackung Einzelhandel Konsumenten Abfälle (Konsumenten) Transport und Logistik

Für jeden dieser Teilbereiche werden im Anschluss an eine allgemeine Sektorenbeschreibung (Größenordnung, Hauptbestandteile etc.) spezifische Umweltherausforderungen und deren Haupttreiber identifiziert. Es werden im Wesentlichen die Themenbereiche Wasser (Verbrauch/Verschmutzung), Luft, Klima, Boden, Flächenverbrauch, Biodiversität, Ressourcen- und Flächenverbrauch untersucht. Im Teilbereich Landwirtschaft und Zulieferer landwirtschaftlicher Sektor entsprechen die besonders wichtigen Kategorien den eben genannten. In

24

Identifikation von Hauptherausforderungen und Haupttreibern

Quelle: European Food SCP Round Table, Continuous Environmental Improvement, Working Group 3 on: Continuous environmental improvement, November 2012

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anderen Bereichen wie dem Einzelhandel finden sich die Themenbereiche (außer bei Klima) in Querschnittskategorien wie nachhaltige Beschaffung und Konsum (Verbesserung der Lieferketten), Abfall, Flächenverbrauch und Stadtplanung wieder. Auch hierbei ist nicht klar, auf welchen Grundlagen Auswahlentscheidungen getroffen werden. Abschließend werden Haupthindernisse bei der Bewältigung der Reduktionsmaßnahmen aufgeführt und Empfehlungen zur Anwendung von Tools, weiterem Forschungsbedarf und Policy-Optionen gegeben. Eine einheitliche Methodik bei der Identifizierung der Hotspots und relevanten Maßnahmen/Initiativen ist nicht beschrieben. Es ist zu vermuten, dass diese Entscheidungen im Rahmen von Expertensitzungen der jeweiligen Akteursgruppen, bei denen Verbände eine dominierende Rolle spielen, getroffen wurden.

Eine einheitliche Methodik zur Hotspot-Identifikation konnte nicht festgestellt werden

Besonderheiten und Beobachtungen Food SCP Round Table Obwohl die Arbeiten des Food SCP Round Table vor denen der EUKommission zu Product Environmental Footprint begannen, werden beide Initiativen sehr eng aufeinander abgestimmt. Es ist davon auszugehen, dass das im Laufe des Jahres erwartete ENVIFOOD Protocol kompatibel mit der EU-Methodik sein wird. Somit ist es ein Beispiel für die Selbstorganisation einer Teilbranche. Die für den Lebensmittelbereich spezifischen Fragen werden adressiert, und dies im Einklang mit umfassenderen Ansätzen.

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Kompatibilität zu PEFMethodik wird erwartet Positives Beispiel für die Selbstorganisation einer Teilbranche

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4.6

Einzelhändlerinitiative REWE PRO PLANET

Beschreibung REWE PRO PLANET Die Initiative PRO PLANET wurde von der REWE Group ins Leben gerufen, um die Verbesserung der Nachhaltigkeit von Produkten jenseits ökosozialer Nischensegmente im Massenmarkt zu befördern. Es werden solche Produkte gekennzeichnet, die in Herstellung, Verarbeitung oder Verwendung Umwelt oder Mensch deutlich weniger belasten als vergleichbare Produkte. Dies setzt voraus, dass die zentralen Hotspots einer Kategorie bekannt sind und durch geeignete Maßnahmen neutralisiert oder zumindest deutlich verbessert wurden. Der Fokus der Initiative liegt aktuell noch auf REWE-Eigenmarkenprodukten mit einer hohen Anzahl von Kundenkontakten.

Ziele: Verbesserung der Nachhaltigkeit von Produkten im Massenmarkt mittels Produktkennzeichnung

Für die Durchführung der Initiative hat die REWE Group verschiedene Gremien eingesetzt. Neben einem internen Strategiekreis wurde ein unabhängiger externer Beirat berufen, der die Initiative kritisch begleitet und als strategischer Berater agiert. Beiratsmitglieder sind hochrangige Vertreter folgender Organisationen: Colabora, NABU, Verbraucherinitiative und Caritas. Der Beirat wird vom in Wuppertal ansässigen Collaborating Centre on Sustainable Consumption and Production organisiert und betreut.

Durchführung REWE Group, Begleitung durch externen Beirat

Fokus auf Neutralisierung/ Verbesserung von Hotspots

Abbildung 16: Initiative REWE PRO PLANET25

Der Hotspot-Prozess bei REWE PRO PLANET Grundlage der Labelvergabe ist ein mehrstufiger Prozess, der jeweils für ausgewählte Eigenmarken durchlaufen wird. Ein interner REWEStrategiekreis bestimmt die jeweils nächste Produktgruppe für den PRO PLANET-Prozess auf Basis von Vorschlägen von Mitarbeitern, Beirat oder Geschäftspartnern.

25

Quelle: REWE PRO PLANET, www.proplanet-label.com.

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Für jede neue Produktgruppe wird ein Mitarbeiter der REWE Group als Projektmoderator benannt. Der Strategiekreis benennt ein externes Institut für die Durchführung einer Hotspot-Analyse für die gewählte Produktgruppe. Die Hotspot-Analysen umfassen die Zusammenstellung von „wissenschaftlichen Untersuchungen" und „empirischen Studien" für eine Produktgruppe; die Durchführung erfolgt nach dokumentierten methodischen Vorgaben der REWE Group:  Analyse des Lebenszyklus in vier Lebenszyklusphasen  Betrachtung ökologischer, sozialer/sozioökonomischer Aspekte (siehe Tabelle 1)  Ergänzend zur wissenschaftlichen Faktensammlung werden Meinungen von ausgewählten Stakeholdern und von Mitarbeitern der REWE Group zu Hotspots eingeholt  Je Produktgruppe wird auf Basis der Hotspot-Analyse eine Hotspot-Karte erstellt. Sie gibt Auskunft darüber, in welcher Lebenszyklusphase welche ökologischen oder sozialen Aspekte als Hotspot identifiziert wurden.

Hotspot-Analyse durch externes Institut

Untersuchung von ökologischen, sozialen und sozio-ökonomischen Aspekten

Tabelle 1: Ökologische und soziale Aspekte REWE PRO PLANET

Ökologische Aspekte (Roh-)Material Energie Treibhausgasemissionen Wasser Landnutzung Luftemissionen Wasser-/Bodenemissionen Abfall Biodiversität

Soziale Aspekte Arbeitsbedingungen Soziale Sicherheit Aus- und Weiterbildung Arbeitsgesundheit Menschenrechte Einkommen Tierschutz Verbrauchergesundheit Produktqualität

Das analysierende Institut gewichtet „zu lösende Probleme" nach ihrer Relevanz und erstellt einen Vorschlagskatalog zur „Auflösung" oder „Verringerung" von Schwachstellen in der Wertschöpfungskette, unter Hinzuziehung des Beirats und von Mitarbeitern der REWE Group. Auf dieser Basis wird eine Machbarkeitsstudie für Vorschläge oder alternative Lösungswege erstellt. Kann ein Hotspot nicht aufgelöst werden, werden die Gründe hierfür ebenfalls dokumentiert. Diese Vorarbeit dient der REWE Group als Grundlage für eigene Vorschläge zur Verringerung oder Auflösung spezifischer Hotspots inklusive Priorisierung und Zielvorgaben. Diese werden mit Handelspartnern und Lieferanten abgestimmt.

Gewichtung der Probleme nach Relevanz Anschließend Machbarkeitsuntersuchung zur weiteren Reduktion der Problemfelder

Ein Projektpartner wird benannt, der die Umsetzung begleitet oder vornimmt; dieser hat ein Vetorecht für die Vergabe des PRO PLANETLabels. Über die letztliche Kennzeichenvergabe entscheidet der interne REWE Strategiekreis, dieser:  berücksichtigt Kommentare des Beirats,

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 verpflichtet sich, über zu kennzeichnende Produkte Einigung herbeizuführen,  vergibt das Label, wenn Hotspots verbessert werden. Bereits etablierte Label können anerkannt werden, sofern sie geeignete Maßnahmen gegen identifizierte Hotspots dokumentieren. Beispielsweise werden Papierprodukte von REWE, die das Blauer EngelUmweltzeichen tragen, mit dem PRO PLANET-Label ausgezeichnet, da sie keine neuen Holzfasern enthalten sondern aus 100 Prozent Altpapier hergestellt sind. Die Labelvergabe erfolgt auch hierbei in Zusammenarbeit mit einem zivilgesellschaftlichen Akteur.

Überprüfung der HotspotStudie auf Aktualität (alle 3 Jahre)

Alle drei Jahre erfolgt eine Überprüfung der Hotspot-Analyse und der identifizierten Maßnahmen auf Aktualität. Falls geplante Verbesserungen nicht erreicht werden, kann dem Produkt die Kennzeichnung wieder entzogen werden. Beispiel Molkereiprodukte (zuvor nicht ausgezeichnet): REWE Group verpflichtet Erzeuger von Molkereiprodukten dazu, keine gentechnisch veränderten Futtermittel einzusetzen und schrittweise, spätestens nach zwei Jahren, den Sojaanteil in den Futtermitteln zu eliminieren. Besonderheiten und Beobachtungen REWE PRO PLANET Da es sich bei der REWE Group PRO PLANET-Initiative um einen eigenständigen Ansatz handelt, ist für die vorliegende Studie vor allem interessant, inwiefern das Vorgehen der Initiative für die Umsetzung in gemeinschaftlichen Ansätzen relevant ist.

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5

Initiativenvergleich

Im Folgenden werden die vorgestellten gemeinschaftlichen Initiativen anhand der Kriterien 1. Ganzheitlichkeit, 2. Effizienz und Praktikabilität sowie 3. Transparenz und Offenheit miteinander verglichen. Der Food SCP Round Table wurde nicht mit in den Vergleich aufgenommen, da er zum aktuellen Stand vor allem eine Methodik für die Analyse zur Verfügung stellt und die letztliche Umsetzung im Rahmen der EU Initiative zum Environmental Footprint erfolgt. Die Initiative PRO PLANET der REWE Group wurde nicht in den direkten Vergleich aufgenommen, da es sich nicht um eine unternehmensübergreifende Initiative zur gemeinschaftlichen Definition von Hotspots handelt.

Vergleichskriterien: 1. Ganzheitlichkeit 2. Effizienz und Praktikabilität 3.Transparenz und Offenheit

Für alle Initiativen folgt anschließend eine Übersicht der wesentlichen Stärken und Schwächen sowie zukünftiger Perspektiven. 5.1

Ganzheitlichkeit

Für das Kriterium der Ganzheitlichkeit wurden die folgenden Fragen betrachtet:

Beurteilung anhand von Kernfragen

 Wird der gesamte Lebenszyklus von Produkten adäquat in Betracht gezogen?  Werden alle wichtigen Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigt?  Wie wird die Relevanz von Lebenszyklusphasen, Prozessen und Nachhaltigkeitsaspekten ermittelt?  Welche geografische Abdeckung wird erreicht?  Werden Stakeholdersichtweisen angemessen in der Identifikation der Hotspots berücksichtigt? Eine Ergebnisübersicht des Vergleichs findet sich in Tabelle 2. Tabelle 2: Vergleich der Initiativen: Kriterium Ganzheitlichkeit

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Alle betrachteten Initiativen legen den gesamten Lebenszyklus von der Rohstoffgewinnung bis zur Entsorgung zugrunde. TSC und EU PEF verfolgen hier den umfassendsten Ansatz zur Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten. TSC weist hier (zumindest perspektivisch) Stärken in der Berücksichtigung sozialer Aspekte auf, wobei die EU sehr klare Vorgaben für die zu berücksichtigenden Umweltwirkungen macht. A.I.S.E. strebt ebenfalls diesen Anspruch an, kommuniziert aber nicht umfassend zum Ziel und Untersuchungsrahmen der verwendeten Ökobilanzen. Für Externe ist beispielsweise die Auswahl der untersuchten Wirkungskategorien nicht nachvollziehbar.

Gesamter Lebenszyklus als Analyserahmen für Nachhaltigkeit etabliert

Bei der Sicherung der Relevanz weisen die ökobilanzbasierten Ansätze methodenbasiert Stärken auf, da einzelne Prozesse (und damit Hotspots) sehr genau hinsichtlich ihrer Relevanz über den gesamten Lebenszyklus verortet werden können. Bei den konsultations- und evidenzbasierten Ansätzen (TSC, WRAP PSF) ist nicht eindeutig nachvollziehbar, welche Relevanz die einzelnen Hotspots genau haben.

Bei der Sicherung der Relevanz weisen ökobilanzbasierte Methoden Vorteile auf

Die geografische Differenzierung ist bei fast allen Ansätzen unterentwickelt. Lediglich die methodischen Vorgaben der EU erfordern eine geografische Differenzierung (über die zugrunde liegende Datenqualität).

Geografische Differenzierung unterentwickelt

Bei der Berücksichtigung der Stakeholdersichtweisen bietet die Initiative der EU die größten Möglichkeiten der Beteiligung und schreibt in der Pilotphase sowohl physische als auch webbasierte Konsultationen für interessierte Stakeholder und deren Berücksichtigung vor. WRAP zeichnet sich durch große Offenheit (siehe Kapitel 5.3) aus und räumt jedem interessierten Akteur die Möglichkeit ein zu kommentieren. Die Berücksichtigung bei der Auswahl der Hotspots ist allerdings nicht festgeschrieben. Der TSC beschränkt die Einbringung von Stakeholdersichtweisen hauptsächlich auf die Mitglieder des TSC.

Berücksichtigung von Stakeholdersichtweisen ist definierter Teil des EU PEF-Pilotprozesses

Insgesamt weist die Initiative der EU in Bezug auf das Kriterium der Ganzheitlichkeit die größten Stärken auf. Im Gegensatz zum TSC werden soziale Aspekte jedoch bisher nicht berücksichtigt.

EU PEF weist größte Stärken auf (soziale Kriterien fehlen jedoch)

5.2

Soziale Aspekte noch unterbelichtet – auch in Bezug auf Bilanzierungsstandards

Effizienz und Praktikabilität

Für das Kriterium der Effizienz und Praktikabilität wurden die folgenden Fragen betrachtet:

Beurteilung anhand von Kernfragen

 Ist Effizienz der Implementierung eine wichtige Zielsetzung?  Sind praktische Erfahrungen angemessen in die Entwicklung eingeflossen?  Wird die Anwendung in der Praxis (unternehmensintern, B2B, B2C) unterstützt?  Ist Kompatibilität mit Ansätzen anderer Initiativen gewährleistet?

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Nachhaltigkeit für Produktkategorien gemeinsam definieren: Globale Hotspot-Initiativen im Überblick Tabelle 3: Vergleich der Initiativen: Kriterium Effizienz und Praktikabilität

Alle betrachteten Initiativen benennen Effizienz in der Implementierung als wichtiges Ziel. Auch fließen bei allen Initiativen praktische Erfahrungen aus Pilotprojekten beziehungsweise den Erfahrungen der beteiligten Unternehmen in die Entwicklung mit ein. Dies ist beim TSC am deutlichsten fortgeschritten. Bemerkenswert ist sicher das sehr umfassende von der EU geplante Pilotprojekt in verschiedenen Branchen und Unternehmen jeder Größe.

Effizienz als wichtiges Ziel bei allen Initiativen benannt

TSC, A.I.S.E. und WRAP PSF streben am deutlichsten eine praktische Unterstützung von Unternehmen in der Implementierung an.

Anbietung von Unterstützung zur Implementierung

Die Kompatibilität der einzelnen Ansätze untereinander ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht absehbar und hängt sehr von der weiteren Entwicklung ab. Sollten alle Initiativen ohne Veränderung fortfahren, sind Reibungsverluste absehbar.

Kompatibilität zwischen Initiativen bislang nicht absehbar

Insgesamt weist das TSC die größten Stärken in dem Kriterium der Praktikabilität und Effizienz auf. Das verwundert nicht, wenn man bedenkt, dass es von Walmart mit dem Ziel ins Leben gerufen worden ist, in möglichst kurzer Zeit einen Ansatz zum Management eines Großteils des Sortiments zu schaffen. Effizienz und Praktikabilität des EU Ansatzes hängen stark von der weiteren Umsetzung, insbesondere in den Pilotprojekten, ab. Hier scheinen unterschiedliche Entwicklungen denkbar.

Größte Stärken beim TSC

5.3

KMU-Anforderungen bei vielen Initiativen erkennbar im Fokus

Bei EU PEF abhängig von der Umsetzung

Partizipation und Offenheit

Für das Kriterium der Partizipation und Offenheit wurden folgende Fragestellungen betrachtet:

Beurteilung anhand von Kernfragen

 Ist eine Beteiligung für alle wichtigen Stakeholder möglich?  Sind Ergebnisse transparent oder zugänglich?  Ist der Prozess hinreichend transparent?

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Nachhaltigkeit für Produktkategorien gemeinsam definieren: Globale Hotspot-Initiativen im Überblick Tabelle 4: Vergleich der Initiativen: Kriterium Partizipation und Offenheit

Hinsichtlich der Beteiligungsmöglichkeiten sieht die EU-Initiative sicherlich die umfassendsten Möglichkeiten vor. WRAP PSF verfolgt einen sehr umfassenden Ansatz, wenn auch die genaue Berücksichtigung in der Erarbeitung der Methoden und Hotspots unklar bleibt (siehe Kriterium Ganzheitlichkeit). TSC berücksichtigt Stakeholderperspektiven, dies ist jedoch vornehmlich auf die Mitgliedsorganisationen begrenzt.

Umfassende Beteiligungsmöglichkeiten bei EU

Hinsichtlich der Transparenz und Zugänglichkeit der Arbeiten und Ergebnisse hat das WRAP PSF sehr weitreichende Pläne, indem es die Hotspot Slide Decks und weitere Erkenntnisse auf einer zentralen Plattform allen Interessierten zur Verfügung stellen will. Wie dies in der Initiative der EU gehandhabt wird ist unklar und hängt sicher maßgeblich von möglicherweise implementierten politischen Maßnahmen ab.

Hohe Transparenz und Zugänglichkeit der Arbeiten und Ergebnisse bei WRAP

Am transparentesten stellt sich der Prozess der EU dar, zu dem alle wesentlichen Informationen online zur Verfügung stehen. Zu den anderen Initiativen ist es deutlich schwieriger, die entsprechenden Dokumente aufzufinden. Auch bei der Berücksichtigung von Stakeholderperspektiven weist die EU durch ihre umfassenden (zum Teil geplanten) Konsultationsprozesse Vorteile gegenüber den anderen Initiativen auf. Bei der A.I.S.E. werden zahlreiche Dokumente und Tools der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Informationen, die wichtige Entscheidungsprozesse beeinflussen, wie zum Beispiel die Ökobilanzen, fehlen allerdings.

EU bietet größte Transparenz bei Prozessgestaltung

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6

Fallstudienvergleich

Anhand der zwei Produktkategorien Waschmittel und Milchprodukte wird exemplarisch dargestellt, inwiefern Ergebnisse und Schlussfolgerungen abhängig von der Wahl der Methodik und ihrer Zielstellungen sind. Für die Fallstudienvergleiche wurden Produktkategorien ausgewählt, die:  relevante schnelldrehende Konsumgüter sind,  exemplarisch für ein klassisches Food- beziehungsweise Non/Near-Food-Produkt stehen,  eine hohe Datenverfügbarkeit beziehungsweise einen hohen Reifegrad in der Umweltbilanzierung aufweisen und  unterschiedliche Anforderungen an die Bilanzierung stellen. Es soll dabei untersucht werden, wie die Initiativen mit verfügbaren Informationen umgehen – im Gegensatz zu Produktkategorien, bei denen sie Basisdaten zunächst selbst erheben müssen. Die gewählten Produktkategorien Universalwaschmittel und Milch gehören nach Ansicht der großen Initiativen zu den ökologisch sehr relevanten Produktkategorien mit hohem Ressourcendurchsatz. Grundlegend unterscheiden sich diese Kategorien in der Streuung der Ergebnisse. Bei Waschmitteln sind Produktionsverfahren und Zusammensetzung des Produkts sehr ähnlich und relativ standortunabhängig. Bei Milchprodukten hingegen können geografische Unterschiede oder Unterschiede in der Tierzucht zu signifikanten Abweichungen bei den Ergebnissen einer Lebenszyklusbetrachtung führen. Wie die Initiativen mit diesem Umstand umgehen, gehört in den Untersuchungsrahmen des Fallstudienvergleichs. Die Auswahl der hier im Fallstudienvergleich untersuchten Initiativen erfolgt maßgeblich auf Grundlage ihrer internationalen Relevanz. Zusätzlich wurden auch Initiativen oder Studien herangezogen, die aufgrund methodischer Qualitäten interessante Ansätze für die Weiterentwicklung der Hotspot-Analyse und der Ableitung von KPIs und Handlungsoptionen liefern können. Da in den gewählten Fallbeispielen nicht von allen Initiativen Studien vorlagen, ist die Auswahl nicht einheitlich. 6.1

Waschmittel

Die Waschmittelbranche gehört zu den Branchen, die, zumindest auf europäischer Ebene, einen hohen Organisationsgrad aufweisen. Der Verband der Wasch-, Pflege- und Reinigungsmittel A.I.S.E. vertritt dabei sowohl große Unternehmen als auch KMUs. Mit der A.I.S.E. Charter Nachhaltiges Waschen und Reinigen ist die Branche schon seit mehreren Jahren in der gemeinsamen Verbesserung der Unterneh-

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Hoher Organisationsgrad innerhalb der Branche, breite Basis an Erfahrungen/Ergebnissen

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mens- und Produktnachhaltigkeit aktiv und konnte die Ergebnisse und Erfahrungen von zahlreichen Unternehmen zusammenführen. Hotspot-Analyse Beim Fallstudienvergleich Waschmittel werden neben den vorliegenden Profilen von TSC, WRAP PSF und A.I.S.E. auch Ergebnisse aus zwei Carbon-Footprint-Initiativen herangezogen. Während das PCFPilotprojekt Deutschland26 das Ziel verfolgte, im Rahmen einer Vielzahl von Pilotstudien Erkenntnisse für die Erfassung und Kommunikation von Carbon Footprints zu gewinnen, verfolgt Climatop27 das Ziel, besonders klimafreundliche Produkte auszuzeichnen und mithilfe eines Labels an den Konsumenten zu kommunizieren. Bei den Nachhaltigkeitsinitiativen stehen die Ermittlung von KPIs oder Verbesserungsoptionen deutlich im Vordergrund.

Vergleich von Initiativen der Nachhaltigkeit und aus dem PCF-Bereich

Die unterschiedlichen Zielstellungen und die Auswahl an Methoden (evidenzbasierter Konsultationsprozess, Konsultationsprozess basierend auf der Ökobilanz oder reine Öko-/CO2-Bilanzierung) führen zu teilweise übereinstimmenden und teilweise sich ergänzenden Aussagen, jedoch zu keinen Widersprüchen. Die Hotspots „Rohstoffe“ und „Verbraucherverhalten in der Nutzungsphase“ können als grundlegend und robust angesehen werden. Es ist dabei natürlich nicht auszuschließen, dass bei den evidenzbasierten Methoden auf identische Studien oder möglicherweise auf die Carbon-Footprint-Studien selbst Bezug genommen wurde. Auch A.I.S.E. greift teilweise auf bereits existierende Studien zurück. Hierbei wird deutlich, dass im Bereich der Hotspot-Ermittlung eine Harmonisierung unter den Initiativen bereits weit fortgeschritten ist.

Übereinstimmende Erkenntnisse beim Hotspot Rohstoffe

In der Übersetzung der Ergebnisse in Handlungsempfehlungen und insbesondere bei der Entwicklung von KPIs zeigen sich jedoch zum Teil deutliche Unterschiede. Dies liegt daran, dass diese Prozesse nicht als Teil der Öko- oder Klimabilanz genormt sind, an der sich alle Studien orientieren. Für die Erarbeitung von brancheneinheitlichen Nachhaltigkeitsprofilen je Produktkategorie sind daher ergänzende Festlegungen entscheidend.

Unterschiede bei der Übersetzung in Handlungsempfehlungen

KPIs und Verbesserungsoptionen Beim TSC steht nicht jeder der KPIs direkt mit einer Verbesserungsoption in Beziehung. Es werden beispielsweise Fragebögen kompiliert, die generelle Nachhaltigkeitsaspekte der Zulieferer untersuchen. Diese zielen unter anderem auf das Vorhandensein von Maßnahmen des Umweltmanagements ab (zum Beispiel „Hat Ihr Unternehmen Reduktionsziele für Treibhausgase definiert?“). Die KPIs werden innerhalb des TSC in einem konsultativen und genau definierten (jedoch nicht

26 27

TSC: keine direkte Verknüpfung von KPIs und Handlungsoptionen; individuelle Benchmarkingprozesse auf Unternehmensebene

Siehe www.pcf-projekt.de. Siehe www.climatop.ch/.

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Nachhaltigkeit für Produktkategorien gemeinsam definieren: Globale Hotspot-Initiativen im Überblick

öffentlich bekannten) Auswahlprozess in den jeweiligen Arbeitsgruppen (in diesem Fall “Laundry Detergent“) zusammengestellt. Ein Benchmarking auf Arbeitsgruppenebene findet nicht statt, sondern erfolgt optional auf der Ebene der Unternehmen, also insbesondere der Einzelhändler, die die TSC-Profile für ihren Einkauf nutzen. Da das TSC die Entwicklungen der EU-Environmental Footprint Initiative sehr genau beobachtet, könnten von der Pilotphase (2013–2017) Impulse für ein einheitlich geregeltes Benchmarking ausgehen. Zumindest in der vorliegenden Entwurfsfassung des Hotspot Slide Decks des WRAP PSF stehen Hotspots keine eindeutigen Verbesserungsoptionen gegenüber. Ein Vergleich mit den Empfehlungen bei anderen Produktkategorien zeigt, dass diese zum Zeitpunkt dieser Studie noch etwas unstrukturiert sind und einen teilweise generischen Charakter aufweisen.

WRAP: keine eindeutige Verknüpfung zu Verbesserungsoptionen

Einer der Haupt-KPIs der A.I.S.E. bezieht sich auf die Dosierung des Waschmittels. Hierbei muss das Waschmittel eine festgelegte Waschleistung pro Waschgang (WG) aufweisen (zum Beispiel maximale Dosierung 75 g/WG) und dieses an den Konsumenten kommunizieren. Kommunikation an den Konsumenten ist eine der wichtigsten Handlungsoptionen der Initiative. Diese Entscheidungen wurden in konsultativen Prozessen zwischen den Mitgliedern der Initiative vereinbart.

A.I.S.E.: Kommunikation an den Endkunden als wichtige Handlungsoption

Bei den untersuchten Carbon-Footprint-Initiativen PCF-Pilotprojekt Deutschland und Climatop gibt es keine einheitlichen Prozesse für die Erstellung von Handlungsoptionen und KPIs. Tabelle 5: Fallstudienvergleich Waschmittel: Goal and Scope

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Nachhaltigkeit für Produktkategorien gemeinsam definieren: Globale Hotspot-Initiativen im Überblick Tabelle 6: Fallstudienvergleich Waschmittel: Hotspots

Tabelle 7: Fallstudienvergleich Waschmittel: Handlungsoptionen/KPIs

Fazit Die grundlegenden Hotspots (Rohstoffe, Energieverbrauch Nutzungsphase) werden unabhängig von der gewählten Methodik identifiziert. Die Identifizierung weiterer Hotspots, deren spezifische Beschreibung (Phase, Prozess) und die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskategorien hängt sehr von der Zielsetzung, der gewählten Methodik und auch von der Umsetzung durch Studienersteller ab (die Umsetzung unterscheidet sich bei den betrachteten Fallstudien).

Grundlegende Hotspots entsprechen sich, weiterführende unterscheiden sich

Die identifizierten Verbesserungsmöglichkeiten und KPIs unterscheiden sich selbst für ein und denselben Hotspot zum Teil deutlich (vgl. nachfolgende Abbildung 17:) Dies dürfte darin begründet sein, dass die Prozesse für die Auswahl von Handlungsoptionen und KPIs meist konsultativ, aber nicht genau definiert beziehungsweise transparent

Verbesserungsmöglichkeiten und KPIs unterscheiden sich teilweise deutlich

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sind. Auch sind die Abläufe, die die Handlungsoptionen und KPIs nach ihrer Relevanz ordnen, wenig entwickelt. Um die Relevanz von identifizierten Verbesserungsoptionen und KPIs zukünftig besser beurteilen zu können, ist die kontinuierliche Anwendung der bestehenden Methoden unter Nutzung von Sensitivitätsanalysen, das heißt die Betrachtung verschiedener Szenarien, und deren Auswertung gemeinsam mit interessierten Stakeholdern unabdingbar. Sensitivitätsanalysen sind wegen ihres erhöhten Aufwands in den üblichen Methoden nicht vorgeschrieben. Für die Weiterentwicklung der Methoden zur Ableitung von relevanten Verbesserungsoptionen und KPIs bieten sich daher gemeinsame Pilot- und Forschungsprojekte an.

Sensitivitätsanalysen zur Bewertung der Relevanz von Handlungsoptionen/KPIs

Abbildung 17: Umsetzung des gleichen Hotspots (Rohstoffe) in KPIs sehr unterschiedlich

6.2

Milchprodukte

Auch in der Milchwirtschaft gibt es einen hohen Organisationsgrad innerhalb von Verbänden, allerdings ist dieser heterogener als in der Waschmittelbranche. Dementsprechend ist der Austausch zwischen Verbänden und Unternehmen weniger geregelt.

Austausch zwischen Unternehmen weniger geregelt

Anders als bei Waschmitteln können regionale Unterschiede und abweichende Produktionsprozesse bei Milchprodukten einen deutlichen Einfluss auf die Umweltwirkung und entsprechende Handlungsempfehlungen haben. Beispielsweise zeigt Abbildung 18: im Bereich Klimaschutz deutliche Unterschiede zwischen den Herkunftsländern des Grundproduktes Milch (beispielsweise beim Vergleich Europa und Afrika). Es soll daher untersucht werden, ob und wie unterschiedliche Initiativen auf diese Unterschiede eingehen beziehungsweise ob dadurch unterschiedliche Erkenntnisse gewonnen werden.

Regionale Unterschiede sind gegebenenfalls dominanter

Hotspot-Analyse Bei den verglichenen Hotspot-Studien handelt es sich um die der Nachhaltigkeitsinitiativen WRAP PSF und REWE PRO PLANET sowie

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Vergleich von Nachhaltigkeitsinitiativen und einer Ökobilanz

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um eine Ökobilanz, die mit dem Ziel erstellt wurde, eine Baseline für den US-amerikanischen Käsekonsum zu definieren. Fallstudien/Profile vom TSC oder dem Food SCP Round Table lagen zum Zeitpunkt der Erstellung der Studie nicht vor. Ähnlich wie beim Fallstudienvergleich Waschmittel hängen die Ergebnisse von der Zielstellung ab. Als Hotspot in der Kategorie Milchprodukte wurde jedoch bei allen drei Studien die Produktionsphase ausgemacht (Landwirtschaft und Molkerei). Die spezifischen Schwerpunkte fallen jedoch unterschiedlich aus. So adressiert etwa REWE PRO PLANET auch Artenvielfalt und soziale Verantwortung in seiner Zielstellung, sodass genetisch veränderte Futtermittel nur bei dieser Initiative in der Hotspot-Analyse explizit auftauchen. Durch die genau definierte und verpflichtende Einbindung zivilgesellschaftlicher Gruppen in den Analyseprozess ist die Initiative in der Lage auch auf Themen einzugehen, die auf Konsumentenebene (im Absatzland Deutschland) zurzeit einen hohen Stellenwert einnehmen. Hotspots hängen also teilweise auch von der gesellschaftlichen Debatte vor Ort ab – reine ökobilanzbasierte Methoden können dieses nur schwer leisten (nur durch anschließend werteorientierte Gewichtung möglich). Ein weiterer Unterschied in den identifizierten Hotspots: Nur beim WRAP PSF und in der Ökobilanz wird das Thema Foodwaste (in Herstellung und auf Konsumentenseite) als Hotspot explizit hervorgehoben. Auch das ist auf unterschiedliche Untersuchungsrahmen zurückzuführen. Beim WRAP PSF ist dies deutlich erkennbar organisationsgeschichtlich bedingt, da das Abfallthema lange Zeit im Mittelpunkt der Aktivitäten stand.

Ergebnisse deutlich abhängig von Zielstellung

Regionale Unterschiede in der Milchproduktion spielen bei der Hotspot-Analyse nur eine untergeordnete Rolle, da wie bei den Waschmitteln teilweise die gleichen (internationalen) Studien als Quelle dienen. Wichtig ist daher auch wieder die Wahl von Ziel und Untersuchungsrahmen.

Regionale Unterschiede spielen in der HotspotAnalyse eine untergeordnete Rolle

Abbildung 18: Bedeutung regionaler Unterschiede: Carbon Footprint (cradle-to-retail) pro kg FPCM am Hoftor28

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Quelle: FAO (2010): Greenhouse Gas Emissions from the Dairy Sector. A Life Cycle Assessment, www.fao.org/docrep/012/k7930e/k7930e00.pdf

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Auswahl der Handlungsoptionen der Initiativen Für Externe erkennbar nutzt nur die REWE Group bei PRO PLANET einen definierten Prozess zur Auswahl von Handlungsoptionen. An diesem Prozess sind neben REWE-Vertretern auch wissenschaftliche Institutionen und NGOs beteiligt. Wichtiges Kriterium bei der Selektion ist die Umsetzbarkeit (vor allem unter marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten), was dazu führt, dass zunächst nur ein bis zwei Handlungsoptionen pro Produktkategorie als Kriterium gesetzt werden. Werden die Handlungsoptionen durch die Zulieferer umgesetzt, beginnt der Prozess für die Auswahl weiterer Handlungsoptionen. Beispielsweise hat ein Zulieferer zwei Jahre Zeit, um die Handlungsoption „Verzicht auf Futtermittel aus Übersee“ umzusetzen, nachdem das Produkt das erste Mal angeboten wurde.

Auswahl der Handlungsoptionen bei PRO PLANET definiert und auf die spezifische Produktkategorie zugeschnitten

In Ökobilanzen gibt es keinen standardisierten Weg für die Identifikation von Handlungsoptionen. Die Ableitung von Handlungsoptionen oder KPIs liegt in dem Ermessen der Auftraggeber und Autoren der Studie. Zu Informationen zum Selektionsprozess beim WRAP PSF siehe Kapitel 4.2. Tabelle 8: Fallstudienvergleich Milchprodukte: Goal and Scope

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Nachhaltigkeit für Produktkategorien gemeinsam definieren: Globale Hotspot-Initiativen im Überblick Tabelle 9: Fallstudienvergleich Milchprodukte: Hotspots

Tabelle 10: Fallstudienvergleich Milchprodukte: Handlungsoptionen

Fazit Die Produktion (umfasst Landwirtschaft und Verarbeitung) wird konsistent als wichtigste Lebenszyklusphase identifiziert. Die spezifischen Schwerpunkte (Methanemissionen, Futtermittel) fallen zum Teil unterschiedlich aus. Auch betrachtete Nachhaltigkeitsdimensionen unterscheiden sich teilweise deutlich, mit Auswirkungen auf die identifizierten Hotspots. Ähnlich wie bei den Waschmitteln determinieren die Ziele der Untersuchung die Ergebnisse. Lediglich der PRO PLANETProzess weist in seiner breiten Herangehensweise Stärken in der Hotspot-Identifikation jenseits spezifischer Zielsetzungen auf.

Übereinstimmungen finden sich bei der Benennung der wichtigsten Phasen. Spezifische Schwerpunkte unterscheiden sich teilweise deutlich

Hinsichtlich der Methodik wird deutlich, wie wichtig die konsequente Einbeziehung des gesamten Lebenszyklus eines Produktes ist. Ein Beispiel: Aufgrund des hohen Foodwaste-Aufkommens verderblicher Milchprodukte wird deutlich, dass die für die Nachhaltigkeitsbewertung relevante Größe nicht die verkaufte, sondern die letztlich konsumierte Menge ist. Genaue Kenntnisse über das Konsumverhalten sind für die Modellierung der Nutzungsphase daher äußerst relevant, werden aber in bestehenden Studien häufig unzureichend berücksichtigt.

Genaue Kenntnisse über die Nutzungsphase können hohe Bedeutung haben

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Nicht definiert (wie auch bereits bei der Produktkategorie Waschmittel) ist eine Sortierung der Handlungsoptionen hinsichtlich Relevanz und Umsetzbarkeit bei gleichzeitiger Beachtung von regionalen Unterschieden. Dem Anwender der Hotspot-Methoden werden keine quantitativ begründeten Vorgaben gemacht, welche Maßnahmen (unter Berücksichtigung der jeweiligen Bedingungen am Produktionsstandort) primär ergriffen werden sollen. Auch hier zeigt sich, dass ein weiterer Austausch zwischen den Initiativen und Ökobilanzpraktikern unerlässlich ist. Insgesamt zeigt der Vergleich aber auch, dass die Initiativen auf der gleichen Basis aufbauen und die Herausforderungen in der konsequenten und abgestimmten Weiterentwicklung liegen.

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Vorgaben zur Unterstützung bei der Priorisierung von Maßnahmen fehlen

Vergleich zeigt, dass unterschiedliche Initiativen auf gleichen Grundlagen aufbauen

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7 7.1

Stärken und Schwächen globaler Hotspot-Initiativen Stärken und Schwächen The Sustainability Consortium

Zu den größten Stärken der TSC-Initiative zählt die hohe Praxistauglichkeit der Methodik. In einem klar definierten mehrstufigen Prozess wurden bis zum Jahr 2012 bereits mehr als 100 Category Sustainability Profiles erstellt. Das Ziel, bis 2014 600 Produktkategorien abzudecken und damit die Grundlage für eine breite Umsetzung zu schaffen, ist daher durchaus realistisch. Die große Zahl an international relevanten Einzelhändlern lässt auf eine hohe potenzielle Marktabdeckung schließen und gibt der Initiative eine Relevanz, die eine weitere internationale Verbreitung ermöglichen könnte. Eine internationale Marktdurchdringung hätte den großen Vorteil, die Implementierbarkeit bei Zulieferern deutlich zu erleichtern. Zurzeit sehen sich diese mit einer Vielzahl von Reporting-Anforderungen konfrontiert, die je nach Exportland, individuellem Programm oder Kunden deutlich variieren können.

Hohe Praxistauglichkeit und erhöhte Chancen für internationale Marktdurchdringung (mit Einschränkungen)

Die TSC-Methodik ist wissenschaftlich fundiert und in Zusammenarbeit mit einer neutralen Institution – der Universität Arkansas – entstanden. Allerdings kann das nicht die mangelnde Transparenz ausgleichen, mit der sich Nichtmitglieder des Konsortiums konfrontiert sehen. Wichtige Entscheidungsprozesse, wie die Bestimmung von relevanten Umwelt- und Sozialauswirkungen sind nicht nachvollziehbar und können so nicht hinterfragt werden. Risiken gehen außerdem von existierenden proprietären (uneinheitlichen) Bewertungs- und Kommunikationsansätzen aus, die einige der TSC-Teilnehmer bereits umsetzen. Ein einheitliches Auftreten des Konsortiums wäre dadurch gefährdet.

Mangelnde Transparenz

Insbesondere im EU-Raum ist eine Verbreitung der TSC-Methodik zurzeit nicht wahrscheinlich, da zum einen ein zusätzlicher europäischer Konsultationsprozess als aufwendig und zum anderen die EU PEF-Initiative als sehr relevant eingeschätzt wird. Das derzeitige Geschäftsmodell der exklusiven Erkenntnisbereitstellung ausschließlich für Mitglieder behindert die weitere Marktdurchdringung (insbesondere in Europa) und stellt aktuell die größte strategische Herausforderung des TSC dar.

Verbreitung in EU Raum nicht wahrscheinlich

Abgesehen von diesen strukturellen Herausforderungen liegen große Potenziale zur Beseitigung der Schwächen in der laufenden Weiterentwicklung der Methodik, insbesondere durch die Berücksichtigung besonders relevanter staatlicher Vorgaben. Wichtig dürften hierbei auch Positionen und Erfahrungen von Marktteilnehmern aus Schwellenländern durch die Errichtung regionaler TSC-Standorte (zum Beispiel in China) sein. Auch die Zusammenarbeit mit wichtigen Initiativen wie der EU PEF wird dabei weiter intensiviert.

Laufende Weiterentwicklung als Chance

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Gefahr der uneinheitlichen Operationalisierung der Ergebnisse

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Nachhaltigkeit für Produktkategorien gemeinsam definieren: Globale Hotspot-Initiativen im Überblick

Abbildung 19: Stärken und Schwächen TSC

7.2

Stärken und Schwächen WRAP Product Sustainability Forum

Im Gegensatz zum privatwirtschaftlich finanzierten TSC genießt das WRAP PSF eine öffentliche Förderung und ermöglicht dadurch ein gleichwertiges gemeinschaftliches Handeln der Teilnehmer, unabhängig von ihrem finanziellen Beitrag. Das PSF bedient sich (beim Screening) zu einem großen Teil aus öffentlich zugänglichen Daten- und Informationsquellen und hat damit auch die Möglichkeit, die sich daraus ergebenden Ergebnisse ohne die Verletzung von Datenschutz öffentlich zur Verfügung zu stellen. In puncto Transparenz bedeutet dies große Vorteile.

Öffentlich gefördert

Der gemeinschaftliche Gedanke findet sich ebenfalls in dem Bestreben wieder, internationale und in gewisser Weise auch im Wettbewerb stehende Initiativen zu vernetzen und dadurch die Weiterentwicklung der Ansätze und Methoden durch Annäherung effizienter und effektiver zu gestalten. Die aus Unternehmensperspektive bisher wenig sichtbare Initiative genießt daher im Bereich der international agierenden Nachhaltigkeitsinitiativen einen hohen Stellenwert.

Gemeinschaftlicher Ansatz als größte Stärke

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Hohes Maß an Transparenz

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Bislang stellt die Methodik nur ein eingeschränktes Bild der Nachhaltigkeit dar. Mit den Themen Klimawandel, Energiekrise, Endlichkeit der Ressourcen, Abfall und Wasser werden wichtige Themen des internationalen Umweltdiskurses abgedeckt, allerdings in aggregierter und teilweise redundanter Form (zum Beispiel Energie und Klima). Die methodische Inkonsistenz stellt somit das größte Risiko für die Annahme der Methode dar. Die Methodik und die Instrumente für die Bewertung befinden sich allerdings noch in der Entwicklungsphase. Die genaue Beobachtung und der Dialog mit anderen Initiativen ermöglichen schnelle Lern- und entsprechende Revisionsprozesse.

Limitierte Darstellung der Nachhaltigkeit

Abbildung 20: Stärken und Schwächen WRAP Product Sustainability Forum

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Nachhaltigkeit für Produktkategorien gemeinsam definieren: Globale Hotspot-Initiativen im Überblick

7.3

Stärken und Schwächen EU Product Environmental Footprint

Die Durchführung einer PEF-Studie folgt einer festgelegten und öffentlich zugänglichen Methodik, basierend auf der Analyse der wichtigsten Initiativen, und betrachtet ein äußerst breites Spektrum an Umweltwirkungen. Im Gegensatz zur Ökobilanz wird Vergleichbarkeit über Flexibilität gestellt, wodurch perspektivisch direkte Produktvergleiche und Benchmarking möglich werden. Zudem wird die B2B-Kommunikation vereinfacht (robuste Auswahlkriterien für Zulieferer), gegebenenfalls Umweltvor- oder -nachteile gegenüber Endkunden ausgewiesen und durch all dies der Markt für grüne Produkte dynamisiert. Bis dahin braucht es jedoch weitere Grundlagen, die erst in der ergebnisoffenen Pilotphase erprobt werden. Eine Beschreibung der genauen Vorgaben für diese Phase, insbesondere für die Erstellung von Regeln für Produktgruppen (PEFCRs), liegt bereits vor. Die Methodik kann daher auch als Grundlage für andere Initiativen dienen. Durch die Einführung von Normierungs- und Gewichtungsverfahren – ebenfalls erst in der Entwicklung – lassen sich einheitlich Informationen für die Umweltrelevanz der einzelnen Kategorien, Hotspots und gezielte Reduktionsmaßnahmen ableiten. Soziale Indikatoren finden in der Methodik aufgrund fehlender Bilanzierungsstandards keine Berücksichtigung, wodurch sich ein mögliches „Burden Shifting“ von der ökologischen in die soziale Dimension nicht nachverfolgen lässt.

Ermöglicht perspektivisch Produktvergleich und Benchmarking

Soziale Indikatoren fehlen

Der PEF Guide setzt nach eigener Aussage für die Durchführung der Methodik keine Vorkenntnisse voraus. Für Anwender, die nicht mit Lebenszyklusanalysen (zum Beispiel Öko- oder CO2-Bilanzen) vertraut sind, stellt die Erhebung eines Environmental Footprints jedoch eine große Herausforderung dar. Die Komplexität und der hohe Aufwand bergen das Risiko, dass beispielsweise Unternehmen mit einem umfangreichen Produktportfolio oder Produkten mit komplexer Lieferkette von einer Bilanzierung gemäß PEF Guide absehen.

Komplexität der Methode als Hindernis

Die Entwicklung von PCRs, die komplementär zum PEF Guide zu sehen sind, kann zur Vereinfachung beitragen, doch birgt sie auch das Risiko der Überregulierung. Eine Kompatibilität mit anderen Initiativen (insbesondere TSC und proprietären Systemen) wäre dadurch gegebenenfalls nur in eine Richtung möglich. Die EU-Kommission befindet sich jedoch im Dialog mit internationalen Initiativen. So hat beispielsweise das TSC auf der PEF Policy Conference 2013 bereits angekündigt, in einer vergleichenden Studie Unterschiede und Gemeinsamkeiten bei den Ergebnissen zu untersuchen.

Chancen durch die Entwicklung von Regeln für Produktkategorien

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Nachhaltigkeit für Produktkategorien gemeinsam definieren: Globale Hotspot-Initiativen im Überblick

Abbildung 21: Stärken und Schwächen EU Product Environmental Footprint

7.4

Stärken und Schwächen A.I.S.E. Advanced Sustainability Profiles

Bei den ASPs der A.I.S.E. handelt es sich um einen einheitlichen, über viele Jahre etablierten Branchenansatz mit klar definierten Prozessen zur Identifikation von Hotspots und Handlungsempfehlungen/KPIs. Die ASPs sind Teil der Charter Nachhaltiges Waschen und Reinigen und ergänzen die unternehmensbezogenen Charter Sustainability Profiles. Gemeinsam bilden diese den Input für das jährliche Reporting von ebenfalls klar definierten KPIs. Diese werden veröffentlicht und mit dem Basisjahr 2005 verglichen. Eine Verfolgung der Branchenentwicklung ist damit auch für Stakeholder außerhalb der A.I.S.E. möglich. Eine weitere Stärke ist, dass eine regelmäßige Überarbeitung und Aktualisierung der ASP-Kriterien und -Tools für die jeweilige Produktkategorie stattfindet.29 Eine Stakeholderbeteiligung ist allerdings bei der Entwicklung und Überarbeitung nur eingeschränkt möglich.

Klare Prozessregeln für Definition von Hotspots und Handlungsempfehlungen

Eine Schwäche der Initiative ist die eingeschränkte Transparenz bei der Entwicklung der ASP-Kriterien und der Herleitung der KPIs. Diese Prozesse basieren auf Ökobilanzen, die teilweise intern, teilweise durch externe Dienstleister erstellt werden. Die Ergebnisse werden

Mangelnde Transparenz bei Kriterienentwicklung und Herleitung von KPIs

29

Regelmäßige Aktualisierungen der Kriterien und Tools

www.sustainable-cleaning.com/en.companyarea_documentation.orb

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jedoch nur ausschnittsweise veröffentlicht, beziehungsweise werden Vorentscheidungen für die Auswahl der betrachteten Wirkungskategorien nicht erläutert. Auch die Wahl der Nachhaltigkeitsaspekte ist nur eingeschränkt nachvollziehbar. Der unternehmensbezogene Ansatz beinhaltet dabei weitaus mehr ökologische und darüber hinaus auch soziale Dimensionen. Trotz verbesserungswürdiger Transparenz, die zum Teil auch wettbewerblichen Herausforderungen geschuldet ist, hat der A.I.S.E.-Ansatz das Potenzial, als Vorbild und Referenzprojekt für andere Branchen zu dienen und diese zu einem konsistenten Handeln in der Identifizierung und Adressierung von Hotspots zu bewegen. Als Grundlage für die Erstellung generischer Ökobilanzen wäre ein Zurückgreifen auf die EU PEF-Methodik denkbar, wodurch eine Kompatibilität zwischen diesen beiden Systemen gefördert würde. Auch die kurzen Revisionszyklen bieten die notwendige Dynamik für weitere Harmonisierungsprozesse mit anderen Initiativen.

Kompatibilität mit EU PEF denkbar

Abbildung 22: Stärken und Schwächen A.I.S.E. Advanced Sustainability Profiles

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7.5

Stärken und Schwächen ausschließlicher PCR-Ansatz

Die Entwicklung von PCRs, also produktgruppenspezifischen Regeln für die Ökobilanz, ist auch außerhalb bestehender Initiativen möglich und notwendiger Bestandteil bei der Entwicklung von EPDs. Eine große Stärke ist, dass hier die Initiative von einzelnen Akteuren der Industrie ausgeht und PCRs unter Beachtung festgelegter Rahmenbedingungen vergleichsweise pragmatisch umgesetzt werden können. Die Bestimmung einer Produktkategorie erfolgt jedoch weder einheitlich (unterschiedliche Produkttypenbreite) noch aufgrund von Relevanzkriterien (fehlende Priorisierung) und ist dadurch wenig gesteuert. Sektorenabhängige Zielsetzungen führen außerdem zu einer Inkompatibilität von PCRs unterschiedlicher Branchen. Aufgrund der identifizierten Inkonsistenzen werden Prozesse zur Vereinheitlichung initiiert. Einerseits sorgen Initiativen wie die PCR Taskforce30 oder die PCR Guidance Development Initiative31 für eine Vereinheitlichung der Prozesse in Entwicklung und Überarbeitung von PCRs. Andererseits sind Beispiele wie das ENVIFOOD Protocol zu beobachten, in denen der PCR-Ansatz die Grundlage für produktkategorieübergreifende Lösungen darstellt und branchengetrieben (sowie durch die EU PEFInitiative) weiteren Harmonisierungsprozessen unterliegt. In der Entwicklung von PCRs im Rahmen eines umfassend anerkannten Programms liegt auch das größte Potenzial für diesen Ansatz.

30 31

Inkompatibilität von PCRs aufgrund unterschiedlicher Zielsetzungen

Entwicklung von PCRs im Rahmen eines anerkannten Programms birgt großes Potenzial

Eine Initiative des PEF World Forums. www.pcrguidance.org/.

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Abbildung 23: Stärken und Schwächen eines ausschließlichen PCR basierten Ansatzes

7.6

Stärken und Schwächen Einzelhändlerinitiative REWE PRO PLANET

PRO PLANET gehört neben dem TSC (und eingeschränkt auch A.I.S.E.) zu den wenigen Initiativen, die zusätzlich zu einer breiten Palette von Umweltaspekten auch systematisch die soziale Dimension der Nachhaltigkeit im Rahmen ihrer Hotspot-Analysen betrachten. Die Verbindung quantitativer (Desktop-Screening) als auch qualitativer (Stakeholderkonsultation) Analyseelemente hat das Potenzial, auch Eingang in gemeinschaftlichen Ansätzen zu finden. Stakeholderbeteiligung ist dabei ein fester Bestandteil der Methodik und eine weitere große Stärke des Ansatzes.

Betrachtung sozialer Nachhaltigkeitsaspekte

Verbindung aus quantitativer und qualitativer Analyse Klar definierte Stakeholderbeteiligung

Nachteilig ist, dass sich die Nachvollziehbarkeit des Prozesses nicht im gleichen Maße auch im Umgang mit den Ergebnissen wiederfindet; diese sind nur in Teilen einsehbar. Veröffentlicht werden nur Informationen, die im Zusammenhang mit den aktuell eingeleiteten Maßnahmen stehen. Wie auch in den Methoden anderer Initiativen werden regionale Auswirkungen der spezifischen Produktionsstandorte nur in

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Ausnahmen (beispielsweise bei sozialen Kategorien) berücksichtigt und die Bewertungen innerhalb der Hotspot-Studie für ganze Produktkategorien getroffen. Die Auswahl, also die Priorisierung von Handlungsfeldern erfolgt in einem mehrstufigen Prozess. Der semiquantitativen Gewichtung der einzelnen Nachhaltigkeitsfelder wird ein Konsultationsprozess angeschlossen. In diesem Schritt findet eine deutliche Reduktion der vorher identifizierten Handlungsfelder statt. Die Auswahl, die sich erheblich nach der Umsetzbarkeit richtet, ist jedoch für den Endkunden nicht immer nachvollziehbar.

Intransparenz bei der Auswahl der Handlungsoptionen

Unklar bleibt für Außenstehende (wie etwa den Konsumenten) die Relation zu anderen etablierten unabhängig vergebenen Labels wie zum Beispiel Bio- oder Fairtrade-Siegel. Durch die Beschränkung auf Eigenmarken werden Produkte von Dritten, auch wenn sie die für die Produktkategorie gesetzten Nachhaltigkeitskriterien erfüllen, bisher nicht mit dem PRO PLANET-Label ausgezeichnet. Die größten Risiken bestehen daher in der Kommunikation B2C, aber auch B2B. Während an Zulieferer divergierende Anforderungen gestellt werden (falls sie nicht ausschließlich für REWE produzieren), sieht sich der Endverbraucher mit einer erhöhten Labelvielfalt konfrontiert.

Gefahr Labelvielfalt

Abbildung 24: Stärken und Schwächen Einzelhändlerinitiative REWE PRO PLANET

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7.7

Zusammenfassung der Stärken und Schwächen globaler Hotspot-Initiativen

Der Vergleich zeigt, dass keine der untersuchten Initiativen sämtliche der gestellten Anforderungen nach Ganzheitlichkeit, Effizienz und Praktikabilität sowie Partizipation und Offenheit erfüllen kann. Weiterhin zeigen die Initiativen unterschiedliche Stärken und Schwächen auf:

Sämtliche Initiativen bieten interessante Aspekte Keine erfüllt alle gestellten Anforderungen

 TSC und A.I.S.E. weisen eine hohe Praktikabilität auf.  Die EU PEF-Initiative bietet den Ansatz, der einer ganzheitlichen Betrachtung am nächsten kommt (zumindest in der ökologischen Nachhaltigkeitsdimension).  Das umfassende Analyseraster von PRO PLANET ist geeignet, eine Optimierung von Hotspots zulasten nicht betrachteter Auswirkungen (Burden Shifting) zu vermeiden.  Die EU PEF-Initiative sieht zukünftig den umfassendsten Konsultationsprozess vor.  Aktuell verfolgt das WRAP PSF den offensten Ansatz und ermöglicht so ein hohes Maß an Nachvollziehbarkeit und Glaubwürdigkeit.  A.I.S.E. kann als Referenzprojekt für vorbildliche Kooperation innerhalb einer Branche dienen. Der TSC-Prozess befindet sich in seiner Entwicklungsphase am weitesten. Er ist bereits jetzt für ein breites Spektrum an Produkten anwendbar ,und dies, ohne große Abstriche hinsichtlich der Ganzheitlichkeit hinnehmen zu müssen. Die Methodik beinhaltet jedoch zwei wesentliche Schwachpunkte:  Intransparenz für Nichtmitglieder (bedingt durch das aktuelle Geschäftsmodell)  Gefahr der divergierenden Umsetzung durch Einzelhändler, da kein einheitliches Benchmarking vorgesehen ist (eigene Gewichtung) Eine erfolgreiche Umsetzung der EU PEF Pilotphase und eine dementsprechend dynamische Weiterentwicklung von PEFCRs hätte das Potenzial diese Schwachpunkte abzumildern. Da sich das TSC auf öffentlich zugängliche Daten bezieht, ist anzunehmen, dass die unter hohem methodischem Aufwand im Rahmen des PEF-Pilotprojekts erstellten Benchmarks auch durch das TSC adaptiert werden und eine gewisse Transparenz ermöglichen. Dies gilt dementsprechend auch für andere Hotspot-Initiativen.

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Erfolgreiche EU PEF-Pilotphase kann Annäherung zwischen Initiativen fördern

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Abbildung 25: Zusammenführung der Stärken der großen branchenübergreifenden Initiativen

Der Initiativenvergleich lässt keine allgemein anerkannte Systematik erkennen, um Ökobilanz-Erkenntnisse in Hotspots, Handlungsempfehlungen und KPIs überführen zu können. Es besteht keine prinzipielle Einigkeit darüber, ob ein Hotspot eine Lebenszyklusphase, ein Prozess oder eine Nachhaltigkeitskategorie ist. Weiterhin sind die Prozesse zur Begründung der Relevanz spezifischer Indikatoren nicht klar nachvollziehbar. Auch die Gewichtung von verschiedenen Nachhaltigkeitsdimensionen wird sehr eingeschränkt oder gar nicht vorgenommen und unterliegt Werteentscheidungen einiger weniger Akteure. Es sind daher bis auf Weiteres Konsultationsprozesse unter Einbindung eines breiten Spektrums an Stakeholdern zwingend notwendig.

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Weiterhin Bedarf nach anerkannter Systematik zur Entwicklung von Handlungsoptionen/KPIs

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8

Schlussfolgerungen

8.1

Grundsätzlich: Stärken stärken

Auch wenn häufig die eine Lösung für alles herbeigewünscht wird, belebt Wettbewerb immer noch das Geschäft. Dies gilt adaptiert ebenfalls für den hochdynamischen Bereich der Produktnachhaltigkeit. Verschiedene Initiativen inspirieren sich gegenseitig, kommen zu gemeinsamen Erkenntnissen oder eifern nach intensivem Studium des Für und Wider um die tragfähigste Lösung. Redundanz wird zu Fortschritt, Übereinstimmung zum Standard. Das aufgespannte Spannungsfeld dieser Studie von Ganzheitlichkeit – Praktikabilität – Offenheit stellt einzelne Nachhaltigkeitsinitiativen vor ähnlich große Herausforderungen, wie klassische Marktteilnehmer vor die scheinbare Forderung des stereotypen Massenkonsumenten nach gut, schnell und günstig gestellt werden. In den meisten Fällen geht die Übererfüllung einer Qualität zulasten einer anderen. Es gilt daher wie in der Genetik, die Stärken durch Rekombination zu stärken und anfängliche Schwächen durch kontinuierliche Optimierung zu überwinden.

Initiativen inspirieren sich gegenseitig und eifern nach tragfähigen Lösungen

Die PEF-Initiative der Europäischen Kommission wird mit hoher Wahrscheinlichkeit die solideste methodische Grundlage für die ökologische Seite der Produktnachhaltigkeit liefern. Ob das ambitionierte Ziel eines tatsächlichen Produktvergleichs (Benchmarking) erreicht wird, bleibt zu demonstrieren. Bei konsequenter politischer Umsetzung und entsprechender Regulierung hat diese Initiative sicher auch das höchste Potenzial einer langfristigen und möglicherweise globalen Marktdurchdringung. Die Etablierung der PEF-Methodik wird aber nur funktionieren und ihre inhärenten Potenziale entfalten können, wenn

EU PEF methodisch solideste Grundlage und Potenzial zu größter Marktdurchdringung

1. sich die weitere (sehr aufwendige) Entwicklung der Produktkategorien-Spezifizierungen PEFCR auf einen ähnlich erfolgreichen (Teil)-Branchenansatz stützt wie zum Beispiel das dargestellte Referenzprojekt der A.I.S.E.,

Einbeziehung der Erfahrungen erfolgreicher (Teil-) Branchenansätze, wie A.I.S.E.

2. die Ergebnisse der PEFCRs zu ähnlich pragmatischen Leistungsindikatoren/KPIs/Hotspots (insbesondere auch für KMUs oder Handelsunternehmen mit großen Portfolios) führen wie die Ergebnisse des TSC, die sowohl eine kosteneffiziente Erhebung als auch eine einfache datentechnische Integrierung in bestehende Management- und Supply-Chain-Prozesse anstreben,

Orientierung am Pragmatismus des TSC

3. die vielversprechende intensive Diskussion mit anderen Initiativen (WRAP PSF, TSC, PEF World Forum, UNEP Life Cycle Initiative, GS1 etc.) fortgesetzt wird, um proprietäre und stark divergierende Ansätze zu vermeiden beziehungsweise abzumildern.

Fortsetzung des intensiven Dialogs mit anderen Initiativen, wie PEF World Forum, WRAP PSF, TSC

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Erfolgsfaktoren für Etablierung:

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8.2

Für Unternehmen: Dynamik proaktiv begleiten

Da sich alle dargestellten Initiativen noch in einer sehr dynamischen Entwicklung befinden, bestehen allseits gute Chancen und offene Türen, sich pro aktiv an der weiteren Ausgestaltung zu beteiligen. Das TSC sucht nach einem neuen Geschäftsmodell und einer stärkeren europäischen Präsenz. EU PEF startet in der zweiten Jahreshälfte 2013 in eine wichtige Pilotphase, um die methodischen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Implementierung zu schaffen. Die Kommunikation von Produktnachhaltigkeitsattributen (Green Claims) bleibt eine zu gestaltende Herausforderung. Der scheinbare Widerspruch aus einerseits einer abwartenden Haltung bis zu einem international akzeptierten Konsens und andererseits einer proaktiven Herangehensweise mit Gestaltungsanspruch verschwindet meist, sobald der eigene Pfad zu einer nachhaltigeren Produktgestaltung mit der richtigen Motivation konsequent beschritten wird.

Initiativen befinden sich weiterhin im Wandel und eröffnen die Möglichkeit zum internationalen Konsens beziehungsweise kompatiblen Systemen

Aus den genannten Gründen lassen sich konkrete handlungsrelevante Empfehlungen für Unternehmen ableiten:

Empfehlungen für Unternehmen:

1. Alle Initiativen nutzen den Lebenszyklusansatz. Ein solides Lebenszyklusverständnis der eigenen Wertschöpfungskette (Lieferkettentransparenz) stellt die wichtigste Voraussetzung für alle nachfolgenden Schritte einer nachhaltigen Produkttransparenz dar.

Transparenz über die Lieferkette

2. Alle Initiativen bauen auf verstärkte Kooperation in der Wertschöpfungskette. Das Versenden einer Vielzahl von Fragebogen und die Definition von proprietären Leistungsindikatoren (und Kommunikationsinhalten) führt zunächst zu einer Verwirrung und Verärgerung der Partner und daraus resultierend zu einer Verzögerung der gemeinsamen Bemühungen um ein globales standardisiertes Nachhaltigkeitsbewertungssystem.

Kooperieren und Verständigung auf gemeinsames Nachhaltigkeitsbewertungssystem

3. Das demonstrierte Referenzprojekt der A.I.S.E. zeigt eindrucksvoll die Stärke einer branchenweiten Kooperation, die im Rahmen der PEF-Pilotphase für die eigenen Produktgruppen getestet und entwickelt werden könnte. Die proaktive Begleitung oder möglicherweise die direkte Beteiligung an der PEF-Pilotphase bietet aktuell vermutlich das größte Potential, die eigenen Nachhaltigkeitsbemühungen methodisch fundiert, organisatorisch strukturiert und stakeholderrelevant kommunizierbar voranzutreiben.

Proaktive Begleitung der A.I.S.E. an der EU PEFPilotphase

8.3

Für GS1: Steuerung übernehmen

Das internationale GS1 Netzwerk ist aufgrund der einmaligen HandelHersteller-Kooperation gut aufgestellt, um die Implementierung einer nachhaltigkeitsfördernden Produkttransparenz global zu unterstützen. Als Standardisierungsexperte kann und sollte aus Sicht von Konsum-

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GS1 als Partner zur Implementierung

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güterhandel und -industrie GS1 eine führende Rolle auf dem Pfad zu einer gelebten Produktnachhaltigkeit übernehmen. Unter Berücksichtigung der vorbildlichen Branchenlösung der A.I.S.E. scheint eine aktive und direkte Beteiligung am TSC und EU PEFPilotprojekt mit folgenden Zielen wichtig und richtig: 1. Sicherstellung der Operationalisierbarkeit der Ansätze durch konkrete Praxistests mit Lieferkettenpartnern (Handel, Hersteller, Zulieferer) und unterschiedlichen Dienstleistern (zum Beispiel im Bereich Software, Logistik, Verpackung)

Operationalisierbarkeit sicherstellen

2. Gewährleistung der Übertragbarkeit auf andere Produktkategorien/Branchen der Konsumgüterindustrie – insbesondere Vorbereitung der Lebensmittelbranche auf die EU PEF-Pilotphase 232 – und Herausarbeitung einer konsistenten Rolle des Handels in der Produktnachhaltigkeit

Gewährleistung der Übertragbarkeit von spezifischen Erkenntnissen auf weitere Branchen und Produktkategorien

3. Gewährleistung einer internationalen Einbindung aller relevanten Stakeholder zur Sicherung einer breiten globalen Akzeptanz der Ergebnisse und Prozesse

Sicherung globaler Akzeptanz durch breite Stakeholdereinbindung

4. Implementierung nachhaltigkeitsrelevanter Produktattribute in etablierte Standards und Prozesse

Implementierung in etablierte Standards und Prozesse

Die (Teil-)Umsetzung dieser Schlussfolgerungen wird signifikante Fortschritte auf dem gemeinsamen Pfad zu einer dringend erforderlichen nachhaltigeren Lebens- und Arbeitsweise hervorbringen. Möglicherweise erweist sich der schnelldrehende und konsumentennahe Charakter der Konsumgüterbranche und ihrer Produkte als katalysierender Faktor, der die Nachhaltigkeit ganzheitlich und global in eine neue Ära führt.

32

Der zweite Teil der EU PEF-Pilotphase hat den Schwerpunkt Lebensmittelprodukte und startet im Frühjahr 2014.

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Anhang 1: Glossar A.I.S.E.

Association Internationale de la Savonnerie, de la Détergence et des Produits d’Entretien, der internationale Verband der Hersteller von Wasch-, Reinigungs- und Pflegemitteln, Urheber der Charter Nachhaltiges Waschen und Reinigen und der Advanced Sustainability Profiles

ASP

Advanced Sustainability Profile, Definition der Hotspots von Wasch-, Reinigungs- und Pflegemitteln im Rahmen der A.I.S.E. Charter Nachhaltiges Waschen und Reinigen. Ein ASP beinhaltet Anforderungen zu Umweltsicherheitsprüfungen, Ressourceneffizienz und Konsumenteninformation

B2B

Business to Business

B2C

Business to Consumer

Benchmark

Definierter Bezugswert bei der vergleichenden Analyse von Prozessen oder Leistungsmessungen

climatop

Privatwirtschaftliche Schweizer Initiative für die Erstellung von Klimazertifikaten

cradle-to-grave

Umfasst sämtliche Produktlebenszyklusphasen, zum Beispiel bei einer produktbezogenen Ökobilanz: Rohstoffgewinnung, Produktion, Distribution, Nutzung und Entsorgung

cradle-to-retail

Umfasst sämtliche Produktlebenszyklusphasen, zum Beispiel bei einer produktbezogenen Ökobilanz, bis zum Verkauf: Rohstoffgewinnung, Produktion, Distribution

CSCP

Collaborating Centre on Sustainable Consumption and Production, eine als Think-Tank und Do-Tank gegründete Kollaboration zwischen dem United Nations Environmental Programme (UNEP) und dem Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie

CSP

Category Sustainability Profile, gebündelte Übersicht über die Hotspots einer Produktkategorie, erstellt durch The Sustainability Consortium. (Die Charter Sustainability Profiles der A.I.S.E. werden in diesem Dokument nicht abgekürzt, um eine Verwechslung zu vermeiden.)

EPD

Environmental Product Declaration, die ökobilanzbasierte Umweltdeklaration beschreibt die Umweltleistung von Waren und Dienstleistungen (basiert auf PCRs)

EU

Europäische Union

EU PEF

siehe PEF

EU PEF Pilotprojekt

Pilotprojekt zur Untersuchung der Implementierbarkeit der PEF-Methodik

Food SCP Round Table

Food Sustainable Consumption and Production Round Table, Initiative der Lebensmittelbranche zur Schaffung einheitlicher Grundlagen für die freiwillige Quantifizierung, Reduktion und

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Nachhaltigkeit für Produktkategorien gemeinsam definieren: Globale Hotspot-Initiativen im Überblick Kommunikation der Umweltauswirkungen von Lebensmitteln GPC

Global Product Classification ist ein Klassifizierungssystem zur einheitlichen Einstufung von Produkten und relevant zur Schaffung einer einheitlichen Sprache zwischen Handelspartnern. Ein GPC-Baustein (engl. Brick) bezeichnet eine Kategorie mit Produkten, die über Ähnlichkeiten in Zweck, Form und Material verfügen.

Handlungsoptionen

Zusammenstellung von konkreten Verbesserungsoptionen in einer Produktkategorie für die signifikante Verbesserung der Produktnachhaltigkeit

Hotspot

Zentrale Nachhaltigkeitsherausforderungen einer Produktkategorie mit dem dringlichsten Handlungsbedarf über den gesamten Lebenszyklus

KMU

Kleine und mittelständische Unternehmen

KPI

Key-Performance-Indikator der Produktnachhaltigkeit; Parameter und Indikator, der einen besonderen Einfluss auf die Gesamt-Nachhaltigkeit in einer Produktkategorie hat und sich für das praktische Management der Produktnachhaltigkeit eignet

NGO

Nichtregierungsorganisation

Ökobilanz

Methodik des Umweltmanagements zur Erfassung aller umweltrelevanten In- und Outputströme eines Unternehmens oder eines Produktes

PCF

Product Carbon Footprint, Methode zur Quantifizierung klimarelevanter Emissionen (unter anderem Kohlendioxid, Methan, Lachgas) über den gesamten Lebenszyklus eines Produktes

PCF-Projekt Deutschland

Pilotprojekt zur Schaffung von Grundlagen für einheitliche internationale Standards in der Berechnung von produktbezogenen Treibhausgasemissionen

PCF World Forum

siehe PEF World Forum

PCR

Product Category Rule; Spezifizierung für Produktkategorien, die komplementär zu Methodiken der CO2- oder Umweltbilanzierung (zum Beispiel PEF) verwendet werden. Durch die Schaffung dieser Spezifizierung kann Vergleichbarkeit in der Umweltperformance von Produkten ermöglicht werden.

PEF

Product Environmental Footprint; Methodik der EUKommission zur Ermittlung und Kommunikation der Umweltwirkung von Produkten

PEFCR

Product Environmental Footprint Category Rule; Spezifizierung für Produktkategorien, die im Rahmen der EU PEFMethodik verwendet werden (siehe auch PCR und PEF)

PEF World Forum

Product Environmental Footprint World Forum; neutrale internationale Plattform für Dialog und Austausch im Bereich der Umweltbilanzierung zur Förderung nachhaltiger Produktions-

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Nachhaltigkeit für Produktkategorien gemeinsam definieren: Globale Hotspot-Initiativen im Überblick methoden REWE PRO PLANET

Einzelhändlerinitiative der REWE Group zur Kennzeichnung von Produkten mit Nachhaltigkeitsattributen

SMRS

TM

Sustainability Measurement and Reporting System. Das durch das TSC initiierte System dient der Nachhaltigkeitsbewertung von Produktkategorien (Level 1) und zukünftig auch von Produkten (Level 2).

Substantiation Dossier

Mithilfe von Ökobilanzen erstelltes Dossier für die Definition von Hotspots (als Teil des A.I.S.E.-Prozesses)

TSC

The Sustainability Consortium ist eine internationale Initiative für die Förderung nachhaltigen Konsums

UNEP/SETAC Life Cycle Initiative

Initiative des United Nations Environmental Programme und der Society of Environmental Toxicology and Chemistry zur Umsetzung des Lebenszyklusdenkens in Produktionsprozessen

WRAP

Ursprünglich: Waste & Resources Action Programme (siehe auch WRAP PSF)

WRAP PSF

Das WRAP Product Sustainability Forum ist eine internationale Initiative zur Bewertung von Hotspots und Entwicklung von Verbesserungsoptionen in Produktionsprozessen

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Anhang 2: Über die Autoren und Herausgeber der Studie GS1 Germany GmbH GS1 Germany hilft Unternehmen aller Branchen dabei, moderne Kommunikations- und Prozessstandards in der Praxis anzuwenden und damit die Effizienz ihrer Geschäftsabläufe zu verbessern. Unter anderem ist das Unternehmen in Deutschland für das weltweit überschneidungsfreie GS1-Artikelnummernsystem zuständig – die Grundlage des Barcodes. Darüber hinaus fördert GS1 Germany die Anwendung neuer Technologien zur vollautomatischen Identifikation von Objekten (EPC/RFID) und bietet Lösungen für mehr Kundenorientierung (ECR – Efficient Consumer Response). Das privatwirtschaftlich organisierte Unternehmen mit Sitz in Köln gehört zum internationalen Netzwerk „Global Standards One“ (GS1) und ist eine der größten von mehr als 100 GS1-Länderorganisationen. Paritätische Gesellschafter von GS1 Germany sind der Markenverband und das EHI Retail Institute. Das GS1 Germany Advisory Board Nachhaltigkeit setzt sich aus Vertretern aus Handel, Herstellern, Forschungseinrichtungen und Logistikunternehmen zusammen. Die Mitglieder arbeiten an einer gemeinsamen Lösung, um nachhaltigkeitsrelevante Themen entlang der Supply Chain effizient zu managen. Um dies zu ermöglichen, werden globale Strategien auf die spezifischen Bedürfnisse des deutschen Marktes angepasst. Das Hauptziel der Arbeit ist die Steigerung der Transparenz in Bezug auf Produktnachhaltigkeit, um sowohl die Zusammenarbeit entlang der Supply Chain zu verbessern als auch eine nachhaltige Kaufentscheidung der Endverbraucher auf Grundlage konkreter und nachvollziehbarer Produktinformationen zu ermöglichen und zu fördern. Die Autoren Stephan Schaller (Senior Projektmanager Nachhaltigkeit) und Dr. Bahar Cat-Krause (Senior Projektmanagerin Nachhaltigkeit) sind verantwortlich für die Leitung der Gremienarbeit und Projekte.

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THEMA1 GmbH THEMA1 ist ein unabhängiger Think-Do-Tank mit dem einzigen Ziel, unsere Entwicklung zu einer nachhaltigen Gesellschaft zu beschleunigen. THEMA1 wurde im Jahr 2006 von Guido Axmann, Jacob Bilabel und Rasmus Prieß in Berlin gegründet und ist mit zahlreichen Projekten, Initiativen und Plattformen in drei Themenschwerpunkten aktiv: 1. Nachhaltiger Konsum und Product Carbon Footprint 2. Erneuerbare Energien und Netzausbau 3. Nachhaltige Musik-/Entertainmentbranche und Mainstreaming von grünen Handlungs- und Lifestyle-Alternativen Im Kompetenzbereich „Nachhaltiger Konsum“ hat THEMA1 im Jahr 2008 gemeinsam mit Öko-Institut, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, WWF und zehn Unternehmen (BASF, dm-Drogeriemarkt, Deutsche Telekom, DSM, Frosta, Henkel, REWE Group, Tchibo, Tengelmann Unternehmensgruppe, Tetra Pak) das international vielbeachtete Product Carbon Footprint-Pilotprojekt33 initiiert und durchgeführt. Parallel wurde das PEF World Forum34 (damals PCF World Forum) ins Leben gerufen, um den Austausch praktischer Erfahrungen in der Messung und Kommunikation von Umweltfußabdrücken zu fördern und eine Harmonisierung divergierender Ansätze zu ermöglichen. Die Autoren Rasmus Prieß (Hauptautor), Jan Christian Polanía Giese und Guido Axmann haben in unterschiedlichen Funktionen und Gremien die Entwicklung von Nachhaltigkeitsstandards (zum Beispiel Greenhouse Gas Protocol) begleitet, zahlreiche Harmonisierungsprozesse und Stakeholderkonsultationen moderiert und unterstützen GS1 Germany aktiv im Advisory Board Sustainability mit persönlicher Expertise und etabliertem Netzwerk.

33 34

PCF-Projekt Deutschland: www.pcf-projekt.de. PEF World Forum: www.pef-world-forum.org/.

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