Advocacy Paper: Grüne Museen, jetzt! von Stefan Charles

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Advocacy Paper

Grüne Museen, jetzt! von Stefan Charles 15. Dezember 2020

Vorwort Der Autor beabsichtigt mit diesem Dokument eine Initiative des Monopol Magazins von November 2019 aufzugreifen und einen Anstoss für das weitere Vorgehen zu geben. Bei dieser Initiative handelte es sich um einen offenen Brief an Frau Prof. Dr. Monika Grütters, Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, in welchem die DirektorInnen führender deutscher Kunstmuseen von Deutschland mehr Anstrengung zur Bewältigung klima-politischer Herausforderungen und einen ‘Green New Deal‘ für Museen fordern.1 Den Museumsbetrieb kennt der Autor aufgrund seiner Tätigkeit als Managing Director am Kunstmuseum Basel (2011 bis 2016).

Summary ‘Ecology will be at the heart of everything we do‘ Hans Ulrich Obrist, Artistic Director, Serpentine Galleries London

Die Logik des permanenten Wachstums und der Steigerung im Kunst- und Kulturbetrieb stösst immer mehr auf Kritik. Angesichts der drohenden, globalen Klimakatastrophe tragen die Museen mit ihren Inhalten gewiss zum öffentlichen Diskurs rund um den Umwelt- und Klimaschutz bei. Allerdings sind sie aufgrund ihrer eigenen, schädlichen Klimabilanz selbst Teil des Problems. Mit der Aussage der Tate Modern-Direktorin Frances Morris, dass die Gebäude 26‘000 Tonnen CO2 im Jahr verbrauchen, die anreisenden BesucherInnen dagegen 260‘000 Tonnen CO2 verursachen, weist sie deutlich auf das Dilemma hin, in welchem sich die Museen befinden. Seit der Initiative des Monopol Magazins vor einem Jahr sind einige Akteure im deutschen Kulturbetrieb aktiv geworden, haben Podien organisiert und Initiativen zum Klimaschutz gestartet. Und dann kam die Pandemie. Veranstaltungen mussten abgesagt und Museen während Monaten geschlossen werden. Im Sommer hat die Bundesregierung eilig das Rettungs- und Zukunftsprogramm ‘Neustart Kultur‘ in der Höhe von Euro 1 Milliarde aufgelegt, um den Kulturbetrieb und die kulturelle Infrastruktur zu erhalten. Allerdings sind dabei keine Ziele für die so dringliche ökologische Transformation der Kultureinrichtungen formuliert worden. Tatsache ist aber dennoch, der post-pandemische Kunst- und Kulturbetrieb wird ein anderer sein, als zuvor. Die Pandemie und globale Umweltkrise fordern die Museen produktiv heraus, neue Wege zu beschreiten. Doch um die wahrscheinlich grösste Herausforderung der letzten Jahrzehnte zu überwinden, brauchen die Museen Unterstützung, und zwar von vielen Seiten.

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‘Wir brauchen einen “Green New Deal” für Museen’, www.monopol-magazin.de (07. November 2019).

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Immer lauter fordern auch politische Kräfte, die Klimapolitik und den Klimaschutz in den Mittelpunkt der Kulturpolitik zu stellen. Was wiederum bedeuten könnte, dass ökologisches Handeln zum verpflichtenden Förderkriterium für Kultureinrichtungen wird. Andere kulturpolitische Instanzen setzen hingegen auf Anreize für mehr Nachhaltigkeit, indem bei Zuwendungen Klimaschutz-Ziele vereinbart werden. Doch wohin man auch blickt, bisher fehlt eine klare Vorstellung eines konkreten Klimaschutz- oder Nachhaltigkeits-Ziels für die Museen. Erstens, weil sämtliche kulturpolitischen Akteure die vielfältigen Kultureinrichtungen in ihrer Betrachtung nicht differenzieren und damit die spezifischen Bedingungen der Museen und Ausstellungshäuser nicht berücksichtigen. Zweitens, weil die Kulturpolitik die ökologische Transformation als Gesamtprozess versteht und diese nicht in Teilprozesse und Handlungsfelder zerlegt. In diesem Advocacy Paper wird anhand der Kampagne ‚Grüne Museen, jetzt!‘ aufgezeigt, welche Elemente die ökologische Transformation der Museen beinhaltet und welche Handlungsfelder sich daraus ableiten lassen (Kapitel I). In einem nächsten Schritt werden für drei Handlungsfelder explizite Ziele formuliert. Für die Herleitung dieser Ziele wird in Kapitel II jeweils der entsprechende Kontext mit den wichtigsten Fakten und Akteuren erläutert. In einigen Fällen gibt es bereits aus der Praxis vielversprechende Ansätze für einen ökologischen Museums- und Ausstellungsbetrieb, auch wenn sie manchmal aus dem internationalen Umfeld stammen. In Kapitel III folgen schliesslich die Grundlagen für den Aufbau der Kampagne. Aufgrund der Komplexität und der Interdepenzen ist sie auf drei politische Ebenen angelegt. Auf jeder Ebene, sei es auf der kulturpolitischen, der museumspolitischen oder gesellschaftspolitischen, sind die Themen, Massnahmen und Wirkungen unterschiedlich. Dies alles wird in diesem Teil des Advocacy Papers berücksichtigt, begründet und beschrieben. Auf der kulturpolitischen Ebene wurde zum Beispiel vor wenigen Wochen eine parteipolitische Forderung nach einem eigenen, hoch dotierten Fonds im Bundeshaushalt für den ökologischen Umbau der Kultureinrichtungen gestellt. Und auf der gesellschaftspolitischen Ebene gibt es mögliche Synergien mit dem neu lancierten Bildungsprogramm für nachhaltige Entwicklung ‚BNE 2030‘ der UNESCO-Kommission. Das Aufzeigen und Einordnen dieser, und weiterer relevanter Zusammenhänge ist ebenso Inhalt dieses Advocacy Papers. Im vierten und letzten Kapitel geht es schliesslich um die Dringlichkeit, die sich im engen Zeitplan und den vielen Tasks der Kampagne deutlich zeigt. Die Diskussion zum grünen Museum ist bereits 10 Jahre alt, doch bis zum 2030 und der Erreichung der wichtigsten Nachhaltigkeitsziele verbleiben gerade noch rund 3‘300 Tage! Deshalb muss der Titel der Kampagne zwingend Programm sein: ‘Grüne Museen, jetzt!’

Inhalt

I. II. III. IV.

Summary Ökologische Transformation Kontext, Akteure und die 3 ‘E-Ziele‘ Aufbau der Kampagne Umsetzung der Kampagne Schlusswort

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Seite 01 Seite 03 Seite 04 Seite 09 Seite 13 Seite 14

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I Ökologische Transformation “Biennalen-Hopping, Leihverkehr, energieverschlingende Museen: Der Kunstbetrieb hat eine miese Umweltbilanz. Dabei kann die Kunst selbst den Weg weisen zu einer ökologischeren Zukunft. Um glaubhaft zu bleiben, müssen Politik, Museen, Markt und Publikum endlich ihren eigenen Ansprüchen gerecht werden.”2 Dagegen gibt es kaum Widerspruch, alle wollen grüne Museen. Doch es geht den Museen nicht nur um Glaubwürdigkeit, sondern sie wollen bei der ökologischen Transformation, entsprechend ihrem gesellschaftlichen Auftrag, eine Vorreiterrolle einnehmen. Das bedeutet, dass jetzt (!) gehandelt werden muss. Während die Umweltminister über die Verschärfung des EU-Klimazieles 2030 (auf neu 60 Prozent unter dem 1990-er Wert an Treibhausgas-Emissionen) diskutieren, fehlt aber bei den Museen bisher eine klare Vorstellung eines Nachhaltigkeitsziels. Wenig hilfreich ist dabei die Berichterstattung, die sich mit der Ökobilanz des Kulturbetriebs befasst, die - so die Behauptung in den Medien - spekulativ und faktenfrei sei.3 Es fehlt offenbar an Handlungsund Erfahrungswissen, um konkrete Ansätze zu Energie- und Ressourceneffizienz umzusetzen.4 Tatsächlich aber diskutieren die Experten seit zehn Jahren im Rahmen der Veranstaltungsreihe ‘Das grüne Museum‘ zur Frage der Nachhaltigkeit in den Museen. In ihrer Definition des grünen Museums finden sich Hinweise darauf, wie die ökologische Transformation aussehen könnte: ‘Das grüne Museum ist ein Museum, welches das Nachhaltigkeitskonzept in sein Programm, seine Aktivitäten und in seine physische Präsenz übernimmt.’5 Daraus lassen sich drei Handlungsfelder ableiten: • • •

Programm: umweltbezogene Inhalte, Konzepte > Engagement Aktivitäten: ressourcenschonender (Ausstellungs-) Betrieb > Ecology Physische Präsenz: energiereduzierte Infrastruktur/Bau > Efficiency

Wenn es gelingt, unverzüglich gemeinsame Ziele in den drei Feldern Engagement, Ecology und Efficiency zu formulieren und einen Aktionsplan für die Umsetzung zu erstellen, dann können die Museen die ökologische Transformation noch rechtzeitig schaffen. Mit der Kampagne ‘Grüne Museen, jetzt!’ könnte ein Akteur wie der Deutsche Museumsbund DMB, als Interessenvertreter der Museen, dafür die notwendigen Voraussetzungen schaffen und die Museen bei ihrer grössten Herausforderung der letzten Jahrzehnte unterstützen.

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Daniel Völzke, ‘Aufwachen!’, Monopol Magazin (November 2019). Till Briegleb, ‘Klima Killer Kunst‘, Art Kunstmagazin (September 2020). 4 www.aktionsnetzwerk-nachhaltigkeit.de 5 Prof. Dr. Stefan Simon, ‘Das grüne Museum’, 64 KM Kultur und Management im Dialog 29-32 (2012). 3

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II Kontext, Akteure und die drei ‚E-Ziele‘ 1 Das Efficiency-Ziel

Museen benötigen Energie, im Durchschnitt etwa fünf bis sechs Millionen kWh, in Einzelfällen bis zu 12 Millionen kWh pro Jahr.6 Allerdings sind diese Zahlen ungenau, denn in Deutschland existiert keine systematische Datenerhebung zum Energieverbrauch. Die Energie wird hauptsächlich für Klima (Wärme, Kälte, Feuchte) und Licht in den Ausstellungsräumen, aber auch für das Klima in den Archiven und Depots gebraucht. Der Verbrauch hängt jedoch stark von der Bausubstanz, der Grösse sowie der Klima- und Lichttechnik ab. Messen lässt sich der Verbrauch mit einem Benchmark pro Quadratmeter, wie es zum Beispiel das Arts Council in England tut: Museums and Galleries Benchmark 20157 Energy (per year/per m2)

Electricity 86 kWh Gas 132 kWh

Water (per year/per m2)

455 litres

Entscheidend für die Reduzierung des Energieverbrauchs sind die Klimawerte, die konservatorischen Richtlinien (für Temperatur und Feuchte) folgen. Internationale Abmachungen, hauptsächlich durch die Bizot-Group8 und das International Council of Museums (ICOM), verlangen eine konstante und ganzjährig stabile Klimakurve. Je enger dieser Klimakorridor ist, desto energieintensiver und exponentiell höher ist der klimatechnische Aufwand. Die konservatorischen Richtlinien sind allerdings vielmehr ein Ergebnis aus Verhandlungen, zum Beispiel dem ‘Bizot Green Protocol’ von 2008 oder der ‘Environmental Guidelines Declaration’ des ICOM Commitee for Conservation (ICOM-CC)9 von 2014, als durch wissenschaftliche Forschung belegte Erkenntnisse. Um den Energieverbrauch zu reduzieren gibt es hauptsächlich folgende Möglichkeiten: • • • •

Umstellung auf LED-Lichttechnik Anpassung der Vorgaben für die präventative Konservierung (Toleranzbereich für Normtemperatur- und Feuchte bzw. Klimakorridor) Umstellung auf effizientere Klimatechnik Energetische Verbesserung der Bausubstanz (Sanierung)

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Briegleb, Fussnote 03 oben. www.juliesbicycle.com 8 The International Group of Organizers of Major Exhibitions 9 www.icom-cc.org 7

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Mit geeigneten Massnahmen und Investitionen könnte einerseits folgendes Effizienz-Ziel, und andererseits langfristig signifikante finanzielle Einsparungen bei den jährlichen Energiekosten erreicht werden: ‘Reduktion des Energieverbrauchs um jährlich 5 Prozent bis 2025’10 Jährlich fünf Prozent ist auch der Wert, den die englische gemeinnützige Organisation Julie’s Bicycle mit ihrer Datenerfassung von über 3´000 Kunst- und Kulturorganisationen seit 2012 im Durchschnitt errechnet hat. Die grossen internationale Museen gehen aber einen Schritt weiter und haben ihre, teils noch ambitionierteren, Effizienz-Ziele im 2020 bereits öffentlich kommuniziert. Wie zum Beispiel das Centre Pompidou in Paris, das den Energieverbrauch bis 2030 um 25 Prozent senken will, oder die Tate Modern in London11 und die Reina Sofia in Madrid, die bis 2030 vollständig klimaneutral sein wollen.12 Neben dem Energieverbrauch spielt indessen auch die Energiequelle eine wesentliche Rolle. Ein grünes Museum bezieht Strom, aber auch Wärme und Kälte möglichst aus erneuerbaren Energien. 2019 lag der Anteil an Deutschlands Gesamtverbrauch beim Strom bei 42 Prozent und bei der Wärmeversorgung bei knapp 14 Prozent. Die deutsche Umweltministerkonferenz fordert aber einen Ökostrom-Anteil von mindestens 70 Prozent am Gesamtstromverbrauch bis 2030. Die Museen können hier eine Vorbildfunktion einnehmen, so wie es einzelne Institutionen in Deutschland bereits tun, mit dem Efficiency-Ziel: ‘100 Prozent Ökostrom bis 2030’

2 Das Ecology-Ziel

2019 hat das ICOM an der General Conference in Kyoto die ‘Resolution on sustainability and the implementation of Agenda 2030’ verabschiedet und die Working Group on Sustainability (WGS) eingesetzt, mit dem Ziel der CO2–Neutralität in den Museen bis 2050. Doch in Deutschland will man nicht so lange warten. Im 2020 hat die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) das Aktionsnetzwerk Nachhaltigkeit in Kultur und Medien (ANKM) geschaffen, eine zentrale Stelle für Betriebsökologie, um nachhaltige Pilotprojekte zu initiieren und zu begleiten. Ebenfalls im 2020 hat die Kulturstiftung des Bundes einen Leitfaden13 für nachhaltiges Produzieren im Kulturbereich veröffentlicht. Auch die Medien leisten ihren Beitrag zu einem klimafreundlicheren Kulturbetrieb, zum Beispiel das Monopol Magazin im November 2019-Heft mit einer To-do-Liste mit Sofortmassnahmen 10

Im aktuellen öffentlichen Diskurs wird in der gesamten Umweltbilanz von Museen vereinzelt auch die ‚Graue Energie‘ (Energieverbrauch für Neubauten) miteinbezogen. Der Autor fokussiert in diesem Advocacy Paper aber bewusst auf den Museumsbetrieb (und nicht den Bau von Museen). 11 Naomi Rea ‘5 Meaningful Ways the Art World Can Help Fight Climate Change, According to Experts in the Field‘, www.news.artnet.com (03. März 2020). 12 Elizabeth Fullerton, ‘England’s Tate Museum Network Declared a Climate Emergency’, www.artnews.com (9. März 2020). 13 Katja Schneider-von Deimling, ‘Einfach machen’, www.kulturstiftung-des-bundes.de (29. Januar 2020). Grüne Museen, jetzt!

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oder das Kunstmagazin Art im September 2020-Heft mit den Ergebnissen aus einer eigenen Umfrage bei rund 80 Kunstinstitutionen zu klima- und umweltrelevanten Faktoren im Ausstellungsbetrieb. Doch kennt offenbar keine einzige Institution vollumfänglich den Einfluss ihrer Arbeit auf die Umwelt.14 Aktuell hat nun die Kulturstiftung des Bundes ein viermonatiges Pilotprojekt gestartet, um in 19 Kulturinstitutionen (darunter auch einige Museen) eine Klimabilanz zu erstellen und den eigenen CO2-Fussabdruck zu ermitteln. Bis dahin fordert die BKM im aktuellen Nachhaltigkeitsbericht die bundesgeförderten Kulturinstitutionen auf, die Möglichkeit einer EMAS-Zertifizierung (EU-Umweltmanagement System, ISO 14001) stärker zu nutzen.15 Doch die ökologische Transformation ist für die Museen eine äusserst komplexe Herausforderung, denn sie betrifft sämtliche Prozesse des Betriebs. In der untenstehenden Graphik sind die wichtigsten Aspekte aufgeführt.

governance roles strategy

responsibility

exhibitionarchitecture

restauration conservation

leadership policy

catalogues

visitors

office

venue exhibitions

waste

exhibitionsystems

travel

air travel

water food waste

transport energy

electricity

plastics meat

packaging

catering

Das ICOM empfiehlt für die nachhaltige Entwicklung ein systematisches Vorgehen mit dem Framework ‘Sustainability Management in Museums‘ (SMM), welches von Studio klv16 entwickelt wurde und auf den Erfahrungen von ‘Corporate Social Responsibility‘ (CSR) und ‘Corporate Sustainability Management‘ (CSM) basiert. SSM ist ein entsprechend komplexes Management System, das allerdings nicht allein auf den ökologischen Betrieb ausgerichtet ist.

14

Briegleb, Fussnote 03 oben. Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, ‘Nachhaltigkeitsbericht 2020’, www.bundesregierung.de (6. November 2020). 16 Studio klv GmbH & Co. KG, Berlin 15

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SSM Matrix von Christopher Garthe und Studio klv:

Der eigentliche Prozess ist in sechs Phasen gegliedert: Commitment, Performance Analysis, Objectives (sowie die notwendigen Aktivitäten um diese Objectives zu erreichen), Implementation of outlined Measures, Monitoring, und Communication (intern und extern).17 So weit die Theorie. Was aber in der Praxis fehlt, ist ein einheitliches System, um den Ressourcenverbrauch messen und reduzieren zu können, wie zum Beispiel das MonitoringTool von Julie’s Bicycle in England. Ebenfalls fehlt ein gemeinsames, konkretes Ziel, zum Beispiel im Bereich Ausstellungen (vergleiche SMM-Matrix Exhibition/Planet). Ausstellungen würden sich für ein Monitoring besonders gut eignen, da sie zeitlich begrenzte Projekte sind, die sich vom Gesamtbetrieb als Prozess ohne allzu grossen Aufwand abgrenzen (und messen) lassen. Mit einer guten Beratung für die Analyse, einem geeigneten Tool für die Messung und den richtigen Massnahmen können die Emissionen für Ausstellungen signifikant eingespart oder vermieden werden. Nicht weiter reduzierbare Emissionen lassen sich durch den Erwerb von CO2-Zertifikaten kompensieren und werden dadurch klimaneutral. (Hierfür werden CO2-Zertifikate in der entsprechenden Menge gekauft und stillgelegt. Die Stilllegung bestätigt nachweislich, dass ihr Besitzer eine CO2-Kompensation erbracht hat.)18 Da Ausstellungen in den meisten Fällen mit Drittmitteln von Stiftungen, Sponsoren oder Mäzenen finanziert werden, müsste auch die Kompensation deutlich als Budgetanteil ausgewiesen sein, um nicht den bestehenden Ausstellungsetat zusätzlich zu belasten. Ausstellungen haben ausserdem die höchste Sichtbarkeit in der gesamten Museumsarbeit, was eine öffentlichkeitswirksame Kommunikation einmal erreichter EcologyZiele ermöglicht. Demzufolge ist dieses Ecology-Ziel ist ein erster, wirkungsvoller Schritt: ‘klimaneutrale Ausstellungen ab 2021’ Gleichzeitig gilt es Ecology-Ziele für weitere Museumsbereiche und Prozesse zu definieren, bis hin zum vollständig klimaneutralen Betrieb. Einige Häuser in Europa sind bereits so weit, und seit 2019 auch das Schokoladen Museum in Köln, das mit dem Partner Plant For The Planet19 rund 550 Tonnen CO2 pro Jahr kompensiert.

17

Dr. Christopher Garthe, ‘Sustainability Management in Museums: A new Approach to implementing the SDGs’, www.icom.museum (04. November 2020). 18 www.myclimate.org 19 www.plant-for-the-planet.org Grüne Museen, jetzt!

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3 Das Engagement-Ziel

«Viele Protagonisten und Protagonistinnen des Kunstbetriebs engagieren sich für Umweltschutz und gegen den Klimawandel. Mit ihrer Innovationskraft kann die Kunst zu einer echten Ressource im Kampf gegen Umweltzerstörung werden».20 Vor allem die KünstlerInnen machen seit Jahrzehnten den Umweltschutz zum Thema. So zum Beispiel 1968 Nicolas Garcia Uriburu, der den Canal Grande zur Venedig-Biennale grün färbte, um auf das Problem der Wasserverschmutzung aufmerksam zu machen (‘Gran Canal Coloration‘). Oder Olafur Eliasson, der mit seiner fortlaufenden Foto-Arbeit ‘Tungnakvislarjökull Glacier‘ seit 1999 das Verschwinden isländischer Gletscher zeigt. Oder die aktuelle Initiative ‘Create Art for Earth‘ der Künstlerinnen Judy Chicago und Swoon, eine Antwort auf die Klimakrise, an der sich im 2020 weltweit 8´000 KünstlerInnen beteiligt haben21. Auch die Kuratorinnen und Kuratoren in den Museen sind aktiv und zeigen immer wieder einzelne Werke oder ganze Ausstellungen zum Thema. Doch fehlt in den Ausstellungsprogrammen und musemspädagogischen Konzepten bisher eine eigentliche Nachhaltigkeits-Strategie. Im 2020 hat die deutsche UNESCO-Kommission die Initiative ‘Education for Sustainable Development: Towards achieving the SDGs‘ (BNE 2030) lanciert. Jedoch ist die BNE nicht auf ökologische Themen fokussiert, sondern hat sich zum Ziel gesetzt auch über ökonomische und soziale Zusammenhänge zu informieren. Neben Auszeichnungen für eine vorbildliche Umsetzung von BNE, welche vom Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie der deutschen UNESCO-Kommission verliehen werden, lässt sich die Qualität der eigenen Bildungsarbeit auch BNE-zertifizieren, zum Beispiel durch die Natur- und Umweltschutzakademie NRW (NUA). Für die Museen wäre es möglich, auf den Grundlagen von BNE ein entsprechendes, spezifisches Konzept für Bildung und Vermittlung zu entwickeln. Allerdings wird das angesichts der globalen Umweltkrise kaum ausreichen. Vorschläge der Museen zum Kuratieren mit weniger Leihverkehr oder für verlängerte Laufzeiten ihrer Ausstellungen sind erste Punkte, die hinterfragen, ob die grosse, kurze Publikumsschau (mit höchstem Ressourcenverbrauch) wirklich das Kernziel ihrer Arbeit sein sollte.22 Diese BlockbusterAusstellungen gibt es eigentlich erst seit den Neunzigern, zum Beispiel 1997 die ‘Sensation’Ausstellung in der Royal Academy in London, die mehr als 350‘000 Besucherinnen und Besucher verzeichnete.23 Spätestens seit der Pandemie haben die Museen aber begonnen, ihre Ausstellungsplanung organischer und langfristiger (‘Slow Programming’) zu gestalten,

20

Fussnote 01 oben. www.serpentinegalleries.org 22 Briegleb, Fussnote 03 oben. 23 Jan Dörre, ‘Was bringen Blockbuster-Ausstellungen?‘, MDR Kultur, www.mdr.de (9. März 2020). 21

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teils aus Not, teils um die Ereigniskultur der letzten Jahre zu überwinden. Sie haben gelernt, dem Publikum den Zugang zu den Ausstellungen und Sammlungen auch auf virtuellem Weg zu ermöglichen und haben eine Vielzahl von neuen, meist digitalen Formaten geschaffen. Daraus können nun Ideen und Konzepte für ein ökologisches Kuratieren im Einklang mit der Umwelt entwickelt werden, um diese dann permanent in der zukünftigen Museumsarbeit zu verankern. Ökologisches Kuratieren bedeutet aber auch weg vom gegenseitigen Wettbewerb, und hin zur engeren Zusammenarbeit zwischen den Museen, zum Beispiel mit alternativen Modellen wie ‘Joint Ownership’ oder ‘Collaborative Commissioning’. Wichtig dabei ist auch die engere Zusammenarbeit mit den KünstlerInnen, zum Beispiel mit Produktionsmöglichkeiten vor Ort, so dass Ausstellungen lokal erzeugt werden können. Eco-Curating bedeutet aber in keinem Fall eine Einschränkung der künstlerischen und kreativen Freiheit der Museen. Mit zukunftsfähigen Konzepten und einer entsprechenden Vereinbarung unter den Museen könnte ein Engagement-Ziel wie dies erreicht werden: ‘Konzeptuelle Integration Eco-Curating und BNE 2030 ab 2021’ Handlungsfelder und die 3 ‘E-Ziele’:

2020!

!

!

2021!

!

!

!

!

!

!

2030

Efficiency!!

!

Energy consumption -5 %…-5%…-5%! !

!

!

100% green electricity

Ecology! !

!

Exhibitions other processes / areas!

!

!

!

climate-neutral

Engagement!

!

Initiatives, innovations, concepts…!

!

!

!

eco-curating ESD

III Aufbau der Kampagne “Numerous case studies show: by implementing a sustainability management, the museum assumes responsibility as a key player. For the future of our planet and society in general.”24 Glaubwürdigkeit und Reputation sind für Museen absolut zentrale Werte und deshalb müssen sie ihre Vorbildfunktion dringend wahrnehmen. Eigentlich sehen MuseumsdirektorInnen wie zum Beispiel Yilmaz Dziewior überall guten Willen zu einem umweltfreundlichen Handeln im Museumsbetrieb «aber es ist einfach schwierig».25 Offenbar können sie es alleine nicht schaffen, und sie brauchen Unterstützung, unter anderem vom DMB. Wie in Kapitel I hergeleitet, beinhaltet die ökologische Transformation die drei Handlungsfelder Efficiency, Ecology und Engagement. Mit den entsprechenden Zielsetzungen aus Kapitel II folgen an dieser Stelle die Grundlagen für die ‘Grüne Museen, jetzt!’ Kampagne. Die Kampagne beinhaltet drei Ebenen mit jeweils spezifischen Themen, Zielen, Massnahmen und Wirkungen (Impacts). Wichtig dabei ist die Gleichzeitigkeit des Ablaufs auf allen drei Ebenen (beschrieben in Kapitel IV). Kampagne ‘Grüne Museen, jetzt!’ 24 25

Garthe, Fussnote 17 oben. ‘Die Klimadebatte erreicht die Museen‘, www.monopol-magazin.de (9. November 2019)

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Ebene

Message (Ziel)

Massnahme

Wirkung

Kulturpolitische Ebene

‚Die Museen reduzieren signifikant ihren Energieverbrauch und beziehen Ökostrom’ ‚Die Museen zeigen klimaneutrale Ausstellungen und werden klimaneutral’ ‚Die Museen kuratieren im Einklang mit der Umwelt und integrieren BNE‘

Efficieny-Ziel institutionell in der Kulturpolitik verankern

Beitrag zur Einhaltung der Klimaziele in Deutschland

Transformationsprozess für die Erreichung des EcologyZiels einleiten Initiativen und Innovationen fördern, die zum Engagement-Ziel beitragen

Beitrag zur Einhaltung der internationalen ICOM-Ziele

Museumspolitische Ebene

Gesellschaftspolitische Ebene

Beitrag zur gesellschaftlichen KlimaDebatte in Deutschland

1 Kulturpolitische Ebene ‘Die Museen reduzieren signifikant ihren Energieverbrauch und beziehen Ökostrom’ Eine Vielzahl deutscher Museen befinden sich in staatlichem oder kommunalem Besitz und werden von öffentlichen Vereinen oder Stiftungen betrieben. Als öffentlich geförderte Kulturinstitutionen agieren sie innerhalb der politischen Rahmenbedingungen. Sie sind deshalb, aber auch aufgrund ihrer bestehenden angespannten finanziellen Situation, nicht in der Lage die Investitionen für die ökologische Transformation aus eigener Kraft zu erbringen, sondern benötigen zusätzliche öffentliche Mittel. Ende September 2020 hat die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen in einem Beschluss die Forderung für einen ‘Green Culture Fonds’, einen eigenen Fonds im Bundeshaushalt mit Euro 100 Millionen für drei Jahre, an den Bundestag gerichtet. Diese Mittel sollen vom Bund für ‘den ökologischen Umbau der Kultureinrichtungen und die Transformation hin zur ökologischen Kulturproduktion‘26 eingesetzt, und aus den Etats der Umwelt-, Wirtschafts- und Bauministerien sowie der Kulturstaatsministerin zur Verfügung gestellt werden. Beim Einsatz dieser Mittel müssen jedoch alle föderalen Ebenen eingebunden sein, entsprechend der Zuständigkeit für die Museen. Diese sollen die investiven Massnahmen der Museen nach Möglichkeit mitfinanzieren. Auch eine Einbindung der Privatwirtschaft über geeignete Investitionsmodelle ist denkbar. Wichtig für die Museen beim ‘Green Culture Fund’ ist, dass die Einsparungen an Energiekosten, die aus den energetischen Verbesserungen resultieren, letztlich bei den Kultureinrichtungen verbleiben. Neben der Forderung von Bündnis 90/Die Grünen gibt es weitere aktuelle, kulturpolitische Initiativen verschiedener Akteure, die für die Kampagne vorteilhaft genutzt werden können. Ausserdem könnte die Kulturministerkonferenz (KulturMK), die im 2019 ihre Arbeit aufgenommen hat, ein klares, politisches Bekenntnis zum Efficiency-Ziel der Museen herbeiführen. In der nachfolgenden Tabelle sind die relevanten Akteure der kulturpolitischen Ebene aufgeführt, zusammen mit den wichtigsten Ergebnissen (Outputs), die die Kampagne in diesem Feld erreichen will.

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Fraktionsbeschluss, ‘Green Culture Klimapolitik in den Mittelpunkt von Kulturpolitik stellen’, www.gruenebundestag.de (28. September 2020). Grüne Museen, jetzt!

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Massnahme

Akteure

Ergebnisse

Efficiency-Ziel institutionell in der Kulturpolitik verankern

Museums-Stiftungen/-Vereine VertreterInnen der Museen Kulturpolitische Institute (KSB27, DKR28, KuPoGe29) Kulturstaatsministerin Kultur-MK Kultus- und Wirtschafts-Ministerien Politische Parteien (Bündnis 90/Die Grünen) Verbände (eaD30, Klima-Allianz31, etc.) Wissenschaftl. Experten (z.B. Rathgen Forschungslabor32)

Klare Willenserklärung von Bund, Länder, Kommunen zur ökologischen Transformation Klares Bekenntnis zum Efficiency-Ziel der Museen Vereinbarung zwischen den zuständigen Ministerien auf allen föderalen Ebenen

2 Museumspolitische Ebene ‘Die Museen zeigen klimaneutrale Ausstellungen und werden klimaneutral’ Im Beschluss der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen werden neben der Finanzierung auch die Möglichkeiten und Instrumente für den ökologischen Kulturbetrieb thematisiert, zusammen mit der Forderung einer unabhängigen Einrichtung, dem ‘Green Culture Desk‘. Das ‘Green Culture Desk’ soll eine zentrale Anlaufstelle für Beratung und Vermittlung, den Aufbau eines Experten-Pools, die Entwicklung eines Monitoring- und Reporting-Tools sowie den Anstoss von öffentlichen Debatten mithilfe gebündelter Expertise sein. Um den Aufbau und die Aufgabenerfüllung institutionell sicherzustellen sollen im kommenden Haushaltsjahr Euro 5 Millionen vom Bund bereitgestellt werden. Allerdings könnten dabei Forderungen gegenüber den Museen entstehen, wie die der Kulturpolitischen Gesellschaft (KuPoGe), dass «sich Investitionen im Kulturbereich an Kriterien der ökologischen Nachhaltigkeit orientieren und die Kultureinrichtungen mit Blick auf ihre Ressourceneffizienz, Klimaschädlichkeit und Resilienz überprüft werden sollen».33 Auch die BKM möchte gezielt Anreize für mehr Nachhaltigkeit setzen, indem zukünftig bei jeder Zuwendung dem Umwelt- und Klimaschutz dienende Ziele im Rahmen der Erfolgskontrolle festgelegt werden.34 Einen Teil der Aufgaben des vorgeschlagenen ‘Green Culture Desks’ erledigen heute bereits Organisationen wie das im 2020 gegründete ANKM auf Bundes-Ebene oder die Energie Agentur NRW (EA.NRW) auf regionaler Ebene. Tatsache ist, dass ein ökologischer Ausstellungsbetrieb in den Museen sehr spezifischen Anforderungen gerecht werden muss. Deshalb muss die Kampagne die Bedürfnisse der Museen innerhalb der kulturpolitischen Debatte möglichst adäquat vertreten. Voraussetzung dafür ist ein klares, museumspolitisches Bekenntnis zum Ecology-Ziel auf nationaler und internationaler Ebene, zum Beispiel seitens Bizot-Group, ICOM oder DMB. Ein ökologischer Ausstellungsbetrieb kann 27

Kulturstiftung des Bundes Deutscher Kulturrat e.V. mit dem Deutschen Kunstrat und dem Projektbüro für nachhaltige Entwicklung 29 Kulturpolitische Gesellschaft e.V. 30 Bundesverband der Energie- und Klimaschutzagenturen Deutschlands e.V. 31 www.klima-allianz.de 32 www.smb.museum 33 Dr. Tobias J. Knoblich, ‘Erklärung der Kulturpolitischen Gesellschaft: Die Zukunft der Kultur muss nachhaltig sein‘, www.stadtkultur-hh.de (26. November 2019). 34 Fussnote 15 oben. 28

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für Stiftungen, Partner und Sponsoren neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit bieten, deshalb ist deren Einbezug besonders wichtig. Für die Entwicklung (und Finanzierung) eines Monitoring-Tools/App ist zum Beispiel eine Kooperation mit der E.ON Stiftung35 oder der Art Basel36 denkbar. Mit Partnerschaften lassen sich neue Projekte oft leichter anstossen und Ergebnisse in kürzerer Zeit erreichen, als auf dem politischen Weg. Erste partnerschaftliche Erfolge im Transformationsprozess zur Erreichung des Ecology-Ziels können wiederum als positives Signal im politischen Prozess wirken. Ausserdem verschaffen sich die Museen damit eine glaubhaftere und stärkere Position in der zukünftigen Debatte um ökologische Kriterien bei der Vergabe öffentlicher Mittel. In der nachfolgenden Tabelle sind die relevanten Akteure der museumspolitischen Ebene aufgeführt, zusammen mit den wichtigsten Ergebnissen (Outputs), die die Kampagne in diesem Feld erreichen will. Massnahme

Akteure

Ergebnisse

Transformationsprozess zur Erreichung des Ecology-Ziels einleiten

Museums-Stiftungen/-Vereine VertreterInnen der Museen ICOM Bizot-Group Private Stiftungen/Organisationen (E.ON, Art Basel, Plant-for-Planet, etc.) Consulting Agenturen/Organsiationen (z.B. EA.NRW) Netzwerk Organisationen (z.B. ANKM) Sponsoren und Mäzene

Klares Bekenntnis zum Ecology-Ziel (national und international) Vereinbarungen für Pilotprojekte (klimaneutrale Ausstellung & Kompensation) Zusagen für Entwicklung und Finanzierung Monitoring-Tool/App

3 Gesellschaftspolitische Ebene ‘Die Museen kuratieren im Einklang mit der Umwelt und integrieren konzeptuell die Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE)’ «Bildungs- und Vermittlungsarbeit ist eine Kernaufgabe der Museen. Sie ist der treibende Motor, die Institution Museum für ein diverses Publikum zu öffnen und zu demokratisieren.» Mit der Veränderung der Gesellschaft und dem Streben der Menschen nach Teilhabe und Mitbestimmung werden auch neue gesellschaftliche und politische Erwartungen an die Museen herangetragen. Wollen sie relevant bleiben, so greifen sie diese Impulse auf.37 Dies trifft mit immer höherer Dringlichkeit auf den Umwelt- und Klimaschutz zu. Die Museen sind dabei besonders herausgefordert, weil sie mit ihrer Klimabilanz selbst Teil des Problems sind. Sie wissen genau, dass die BesucherInnen zunehmend nicht nur das Ausstellungsprogramm kritisch hinterfragen, sondern auch die Anstrengungen, die das Haus in Bezug auf den Klimaschutz unternimmt.38 Ebenso die KünstlerInnen, die teilweise selbst aktiv werden und ihre Werke mit nachhaltigen Materialien kreieren, wie zum Beispiel Kara Walker mit ‘Fons Americanus‘, einer 13 Meter-Skulptur, hergestellt aus wiederverwendbarem Kork, Holz und Metall, und einer Oberfläche aus nicht toxischem Acryl-Zement. Anlässlich der UNESCO Weltkonferenz im Mai 2021 will die deutsche UNESCO-Kommission, zusammen mit dem 35

www.eon-stiftung.com www.artbasel.com 37 Deutscher Museumsbund & Bundesverband für Museumspädagogik, Leitfaden ‚Bildung und Vermittlung im Museum gestalten‘, www.museumsbund.de (Dezember 2020). 38 Catrin Lorch, ‚Kunst hat eine schlechte Klimabilanz‘ www.sueddeutsche.de (05. Juli 2020). 36

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Bundesministerium für Bildung und Forschung, mit einer nationalen Konferenz ‘Mit BNE in die Zukunft – BNE 2030‘ Impulse für die Umsetzung ihres Programmes in Deutschland generieren. Eine Zusammenarbeit an der Schnittstelle mit der musealen Bildung und Vermittlung könnte unmittelbar zu einer Win-win-Situation führen. Mit neuen Konzepten und Programmvorhaben sowie mit ersten Erfahrungen und Learnings aus dem ökologischen Kuratieren hätten die Kommunikations-Teams der Museen die nötigen Voraussetzungen, um ein entsprechendes Storytelling zu ihrem Engagement-Ziel, mittels Social Media und Medienpartnerschaften, aufzubauen. Sie würden damit ihre Institution besser für die Herausforderungen der Zukunft positionieren sowie einen massgeblichen Beitrag zur gesellschaftlichen Klimadebatte leisten. Unerlässlich in diesem Prozess ist aber auf jeden Fall der Einbezug der KünstlerInnen und der breiten Öffentlichkeit. Diese Kampagne soll indessen hauptsächlich den nationalen Austausch von innovativen Initiativen fördern sowie Projektfinanzierungen ermöglichen. In der nachfolgenden Tabelle sind die relevanten Akteure der gesellschafts-politischen Ebene aufgeführt, zusammen mit den wichtigsten Ergebnissen (Outputs), die die Kampagne in diesem Feld erreichen will. Massnahme

Akteure

Ergebnisse

Initiativen und Innovationen fördern, die zum EngagementZiel beitragen

VertreterInnen der Museen KünstlerInnen Bundesverband für Museumspädagogik Bildungs-Ministerien ICOM UNESCO-Kommission Medien (Monopol Magazin, Art Kunstmagazin, Deutschlandfunk39, etc.) Netzwerk Organisationen (z.B. ANKM) Sponsoren und Mäzene

Konzepte für Eco-Curating Vereinbarungen für Pilotprojekte (Eco-Curating, national und international), inkl. Finanzierung Konzepte für Bildung & Vermittlung mit konzeptueller Integration BNE 2030 Agenda Setting nationale Medien

IV Umsetzung der Kampage Die BKM hat kürzlich angekündigt mit dem DMB einen runden Tisch ’Museen und Klimaschutz’ durchzuführen. Damit will die BKM nun konkret die Initiative für einen ökologischen Betrieb von Museumseinrichtungen unterstützen, die von Leitungen zahlreicher Museen ausgeht. Dies kann der entscheidende Anstoss für diese Kampagne sein. Die nächsten Monate müssen unbedingt genutzt werden, um die nationalen und internationalen Konferenzen 2021 vorzubereiten, wie zum Beispiel die Kultur-MK am 18./19. März, den Kulturpolitischen Bundeskongress am 26. Mai, die UNESCO Weltkonferenz ‚ESD for 2030‘ am 17.-19. Mai oder auch die ICOM-CC Triennial Conference am 17.-22. Mai. Die Kräfte der zahlreichen kulturpolitischen Akteure, die sich mit der Nachhaltigkeit im Kulturbetrieb beschäftigen, müssen gebündelt und konkrete Projekte lanciert werden. Der regelmässige Austausch mit den Medien zu den aktuellen Entwicklungen ist ebenfalls ein wichtiger Aspekt. Ausserdem muss es dem DMB gelingen, möglichst viele der 6‘500 Museen in Deutschland einzubinden und ein klares Bekenntnis zu den drei ‚E-Zielen‘ zu erwirken. Für die erfolgreiche Umsetzung der Kampagne braucht es deshalb eine qualifizierte Projektleitung, einen detaillierten Aktionsplan sowie die notwendigen finanziellen Mittel.

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www.deutschlandfunkkultur.de

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Die Kampagne beinhaltet im Weiteren die Messung der Ziele anhand von ‘Result Indicators’ sowie eine Evaluierung und abschliessendem Report. Nachfolgende Übersicht zeigt die wesentlichen Tasks, den Zeitraum und eine Auswahl von möglichen ‘Result Indicators’ der Kampagne. E-Ziele Efficiency

Economy

Engagement

Ebene Kulturpolitisch Museumspolitisch

Gesellschaftspolitisch

Tasks/Channels Stakeholder Engagement Lobbying Publikationen Stakeholder Engagement Lobbying Email Online Portal/App Events Stakeholder Engagement Media Relations Web/Social Media Events

Zeitraum

Milestones Nationale Konferenzen

Januar – Juni 2021

BundesKongresse Green Culture Events

Result Indicators

Anzahl beteiligte Museen Medienpräsenz/Anzahl Publikationen Anzahl Vereinbarungen Anzahl finanzierte Projekte Anzahl neue Initiativen (in Zusammenarbeit mit Museen, KünstlerInnen oder Öffentlichkeit)

Schlusswort Seit der Initiative des Monopol Magazins ist ein volles Jahr vergangen. Unglücklicherweise wurden durch die Pandemie viele Bestrebungen für eine ökologische Umgestaltung des Kunstbetriebs gebremst. Doch inzwischen ist die Energie wieder da. In der Recherche für dieses Advocacy Paper hat der Autor mit zahlreichen Akteuren gesprochen und dabei erlebt, mit welch grossem Engagement sich alle für die Klimaziele einsetzen wollen. Der Zeitpunkt ist zweifellos der richtige, um die Kampagne jetzt, bzw. zu Beginn des neuen Jahres 2021 zu starten. Für die Museen ergibt sich damit die einzigartige Gelegenheit, ihre Glaubwürdigkeit und Legitimität erneut beweisen und ihre Vorbildfunktion im Sinne ihres gesellschaftlichen Auftrags noch besser wahrnehmen zu können. Der Autor dankt allen Beteiligten für die engagierten Gespräche und wertvollen Inputs zu diesem Advocacy Paper.

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