GYMlive 2/2019 deutsch

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Lilo Kennel-Kobi, die Muki-Virus-Verbreiterin

«Jesses Gott …» Lilo Kennel startete 1948 als Schwimmerin an den Olympischen Spielen in London (GBR), 21 Jahre später, 1969, infizierte sie die Schweiz mit dem Muki-Turn-Virus. Nochmal 50 Jahre später, im Alter von 89 Jahren, tritt die gewesene Sportlehrerin zum GYMlive-Stafetteninterview an. – «Auf die Plätze. – Fertig. – Los.» Lilo Kennel, wie charakterisierst du dich als Mensch selber? Stelle dich doch bitte den GYMlive-Lesenden vor.

Lilo Kennel: Ich habe Freude am Leben, an der Freizeit, treffe mich gerne mit Verwandten und Bekannten und bin gesellig. Durch die Kontakte, die ich während all der Jahre gepflegt habe, bin ich nie allein. Es läuft immer etwas, was ich sehr schätze. Werfen wir einen Blick zurück auf die Anfänge des Muki-Turnens in der Schweiz, was ist dein erster Gedanke dazu?

Auf einen Blick: Lilo Kennel Vorname/Name: Lilo Kennel-Kobi Geburtsdatum/Sternzeichen: 15. Februar 1930 / Wassermann Grösse/Gewicht: «Das weiss ich nicht genau, etwa 160 cm / 52 Kilo.» Wohnort: Balsthal / ursprünglich aus Schaffhausen Beruf: Turn- und Sportlehrerin Zivilstand/Kinder: verheiratet mit Werner, zwei erwachsene Kinder, Thomas und Andrea Verein/Funktion: TV Schaffhausen, Leiterin TV Neumünster, FR Buchs (SG) / Verantwortliche «Randgebiete», also Schwimmen, Skifahren, OL und Sport für alle, im Schweiz. Frauenturnverband (SFTV) und SLS (heute Swiss Olympic), Schweiz. Kommission «Sport für alle» und ZV-Mitglied im SLS Aktive Sportarten: Skifahren (bis zum 80. Altersjahr), täglich therapeutische Turn- und Atemübungen, Schwimmen Erstes Turnelement: «Kein Turnelement, eine andere Erinnerung: Als ich für die erste Turnstunde neue Sportschuhe bekommen habe.» Bestzeit über 200 m Brustschwimmen: «Weiss ich nicht mehr genau, war aber Halterin sämtlicher Rekorde im Brustgleichschlag, weshalb ich 1948 an den Olympischen Spielen in London teilnehmen durfte.» Schönstes sportliches Erlebnis: «Die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele 1948 in London.» Hobbys: «Habe einen heiligen Wochentag, den Mittwoch. Da treffe ich mich mit Bekannten oder Verwandten und unternehme etwas.» Lieblingsessen: «Im Alltag ‹Züri-Gschnätzlets mit Röschti›, an Festtagen etwas Flambiertes, Meeresfrüchte oder Fleisch.» Lieblingsmusik: ab und zu ein klassisches Konzert (KKL), Unterhaltungsmusik im Alltag Literatur: Bücher von Schweizer Autoren wie Lukas Hartmann oder Alex Capus Zuletzt gesehener Kinofilm: «Die göttliche Ordnung» Kleiderstil: sportlich und bequem Das nervt: «Leute, die es nicht interessiert, was in der Schweiz und der Welt läuft, die das Privileg, mitbestimmen zu können, nicht nutzen.» Ein Wunsch: «Geistig und körperlich fit bleiben. Dann habe ich noch zwei andere Wünsche: Erstens, dass der Spitzensport nicht mehr überbewertet wird wie aktuell, und zweitens, dass die Personen, welche einen Rollator haben, lernen, aufrecht zu gehen.» «Freude und Begeisterung zu vermitteln, ist das Wichtigste.»

Ich musste die Angst überwinden, dieses Neuland zu betreten. Der damalige Präsident der Kommission ‹Sport für alle›, Marcel Meier, hat mir geholfen und gut zugeredet: Als Mutter und diplomierte Sportlehrerin ETH sei es doch kein Problem für mich, das Projekt aufzugleisen. Ich war skeptisch, wie das ohne Vorbilder und wissenschaftliche Unterlagen gehen soll, habe es aber dann einfach gewagt.

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Mit Müttern und Kinder zu arbeiten, ist ganz anders.

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Wie hast du das Projekt angepackt?

Ich bekam die Chance, bei kantonalen Konferenzen der SFTV-Technikerinnen Vorträge über die Ziele des Muki-Turnens zu halten. Gleichzeitig durfte ich begeisterungsfähige kantonale Verantwortliche einsetzen, die wir für einen Grundkurs zusammenzogen. Wir hatten das Glück, mit dem bekannten Wiener Sportprofessor Dr. Gerhard Schmidt zusammenzuarbeiten. Ihm verdanken wir den seriösen Aufbau von gezielten, kindgerechten Lektionen. Es entstand ein starkes Team mit hartem Kern, das dem Muki-Turnen den Stempel aufdrückte. Warum hat dich das Muki-Turnen damals so in seinen Bann gezogen?

Ich war selbst eine Mutter, die sich mit Sport auseinandergesetzt hat. Ich habe gesehen, wie Kinder Bewegung brauchen und Spass daran haben. Mit Müttern und deren Kindern zu arbeiten, ist ganz anders. Sie sind engagierter und interessiert, nicht nur im Turnbereich, sondern auch am ganzen Drum und Dran. Was waren damals die grössten Herausforderungen, gab es Widerstände?

Ja, natürlich. Der ETV war gegen das Öffnen der Vereine und wollte auch nicht auf die Turnhilfskasse verzichten. Wir haben harte Kämpfe ausgetragen, bis der ETV dem Sport-für-alle-Gedanken zustimmte. Weiter mussten sich unsere Frauen um die Turnhallenbelegung bemühen. Sportkleidung für Kinder lagen nicht in den Verkaufsregalen,


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