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rory mciLroy
Auf dem Golfplatz lässt sich nichts rückgängig machen. Jeder Schlag zählt, jeder Fehlschlag ebenso. Und Desaster sind Desaster. So dürfte vom 75. US Masters in Augusta weniger der erste grosse Sieg des Südafrikaners Charl Schwartzel in Erinnerung bleiben als der golferische Kollaps des jungen Nordiren Rory McIlroy. Er war mit vier Schlägen Vorsprung in die Schlussrunde gestartet und verspielte alles innerhalb einer Dreiviertelstunde auf den Löchern 10 bis 12 – mit einem Triple-Bogey, einem Bogey und einem Doppel-Bogey.
Wann hat es am Schlusstag des bedeutendsten Golfturniers der Welt letztmals einen ähnlichen Umsturz gegeben? Die Chronisten gingen über die Bücher, obwohl sie es noch auswendig wussten: 1996 verwandelte der bedauernswerte
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Für ein paar tausend Schweizer Golffans bleibt der 7. September 2008 unvergesslich. Sie wurden an jenem strahlenden Sonntagnachmittag
Zeugen, wie der Genfer Julien Clément am European Masters in Crans-Montana inmitten von Weltklassespielern den dritten Platz herausspielte, die beste Klassierung aller Zeiten eines Schweizer Profis am Heimturnier. Gleichzeitig konnten sie Rory McIlroy verfolgen. Dieser hatte seinen ersten Sieg auf der Europa PGATour praktisch schon in der Tasche. Er wusste, dass ihm am 18. Loch ein Par mit grosser Wahrscheinlichkeit reichen würde. Statt auf ein sicheres Par zu spielen, attackierte er mit dem zweiten Schlag die in einem diffizilen Bereich des Greens gesteckte Fahne. Die Folge des groben taktischen Fehlers war ein Bogey. McIlroy liess sich dadurch in ein Stechen zwingen, das er gegen den namenlosen Franzosen Jean-François Lucquin verlor.
Die Fachleute unter den Beobachtern im Wallis wunderten sich. Viele von ihnen sagten sich auch, dass ein solches Missgeschick jedem passieren könne, dass McIlroy ja noch jung sei und dass er das Siegen schon bald gründlich nachholen werde. Seither sind gut zweieinhalb Jahre vergangen. Tatsächlich gehört McIlroy heute trotz seines geringen Alters zu den beständigsten Golfern. Der
Mit noch nicht einmal 22 Jahren gehört Rory McIlroy zu den Multimillionären unter den Golfprofis. Heute würde er liebend gerne einen schönen Teil des Vermögens gegen den grünen Kittel des US Masters-Champions eintauschen.
Von PETER LERCH
9. Rang in der Weltrangliste belegt dies. Aber mit dem Siegen hat er nach wie vor seine liebe Mühe. Er hat auf der Europa Tour (in Dubai, Februar 2009) und auf dem amerikanischen Circuit (in Charlotte, Mai 2010) je einmal gewonnen. In Anbetracht von McIlroys immensem Talent ist dies eine eher bescheidene Ausbeute. Die vielen Golfprofis sattsam bekannte Angst vor dem Sieg – Rory McIlroy muss sie besiegen. Am einzige positive Erkenntnis aus dem Debakel: «Ich habe dieses Turnier während 63 Löchern angeführt. Was geschehen ist, hat mich sehr enttäuscht. Aber ich werde darüber hinwegkommen. Es wird meinen Charakter stärken.»
Sieger Charl Schwartzel sagte über McIlroys Scheitern: «Golf ist ein wirklich merkwürdiges Spiel. In einem Moment bist du an der Spitze, im nächsten hasst es dich. Rory ist ein phänomenaler Spieler. Seine grossen Siege werden kommen.» letztjährigen British Open im «Home of Golf» im schottischen St. Andrews spielte er die Konkurrenz mit einer Startrunde von 63 Schlägen in Grund und Boden. Er war plötzlich in aller Munde, musste schon Fragen zum möglichen Sieg am ältesten Turnier beantworten. Das tat ihm nicht gut. Er schlief schlecht und benötigte anderntags 80 Schläge – die gleiche hässliche Anzahl, die er sich letzten Sonntag in der Schlussrunde in Augusta notieren lassen musste. In St. Andrews hatte Rory McIlroy nur eine Runde lang dem hohen mentalen Druck an einem Majorturnier standgehalten, in Augusta immerhin schon dreieinhalb. Daraus zieht er die
Rory McIlroy war dank lukrativen Werbeverträgen schon als Amateur Millionär. Als er im Herbst 2007 zu den Profis wechselte, wies er ein Handicap von plus 6,0 vor. Ein besserer Wert ist in Europa nie registriert worden. Der Spanier Sergio Garcia war 1999 mit 5,4 übergetreten, der derzeitige Weltranglisten-Erste Martin Kaymer aus Deutschland 2005 mit 4,8. McIlroys Talent ist in der Tat, wie Schwartzel es formuliert, phänomenal.

Rory McIlroy stammt aus dem mit nur einem L geschriebenen 12 000-Seelen-Städtchen Holywood bei Belfast. Er könnte dereinst Stoff für eine Verfilmung im «richtigen» Hollywood hergeben – in einem Streifen à la «Caddyshack», «Tin Cup» oder «The Legend of Bagger Vance». Ob er darin als Held oder als tragischer Held gefeiert wird, kann er in den nächsten Jahren selbst bestimmen. Nächste Chance auf Wiedergutmachung – British Open 2011.
Peter Lerch ist Chefredaktor der Schweizer Sportinformation mit Büros in Zürich und Genf und ist ein profunder Kenner der Schweizer Golfszene.
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