Snowactive November 2019 | Deutsch

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Aktiv // Weltcup-Auftakt

Cédric Noger: Habe jeden Stein umgedreht

Cédric Noger ist das, was man gemeinhin als «Spätzünder» bezeichnet. Mit 26 Jahren gelang dem St. Galler im vergangenen Winter der Durchbruch im Weltcup. Für den RiesenslalomSpezialisten folgte ein Highlight auf das andere: Erster Europacupsieg, Weltcup-Debüt, 4. Rang in Kranjska Gora, Qualifikation für das Weltcup-Finale in Andorra und schliesslich der Schweizer Meistertitel in seiner Paradedisziplin.

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m Interview äussert sich Cédric Noger über seinen steinigen Weg bis zum Debüt im Weltcup, die gestiegenen Erwartungen sowie seine Ziele in der neuen Saison – und der A-Kader-Athlet aus Wil SG erklärt, wieso der Weltcup-Auftakt in Sölden für ihn eine Art Heimrennen ist.

Cédric, du warst im vergangenen Winter DER Aufsteiger innerhalb des Schweizer Teams. Welches der zahlreichen Highlights bezeichnest du rückblickend als den wichtigsten Moment? Cédric Noger: Es war der Moment, als ich in Saas-Fee teamintern die Qualifikation für das erste Saisonrennen, den Weltcup-Riesenslalom von Sölden, geschafft habe. Ich war schon im Jahr zuvor vor diesem Qualifikationsrennen gut drauf gewesen, dann aber auch so dermassen nervös, dass ich den Lauf verhauen habe und keine Chance auf einen Startplatz in 36

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NOVEMBER 2019

Sölden hatte. Vor der letzten Saison hatte ich nun wiederum einen guten Sommer und Herbst. Ich habe mich technisch und auch bezüglich Material verbessert und wusste deshalb, dass ich das Zeug habe, die Qualifikation zu schaffen. Aber ich wusste nicht, wie es im mentalen Bereich aussieht. Schliesslich war ich zwar wiederum nervös, aber ich habe zwischen Oktober 2017 und Oktober 2018 gelernt, richtig damit umzugehen. Leider wurde das Rennen dann wegen des schlechten Wetters abgesagt. Ich wusste damals natürlich nicht, wann die nächste Chance kommt, endlich einmal auf Stufe Weltcup das Starttor auslösen zu können. Schliesslich war dies dann in Alta Badia, kurz vor Weihnachten, mit zwei Monaten Verzögerung der Fall. Das war ein weiterer wichtiger Moment für mich. Ich erreichte zwar «nur» Rang 36. Doch mit diesem Rennen wuchs in mir das Bewusstsein, dass es durchaus möglich ist, im Weltcup in die Top 30 zu fahren. In diesem Sinn war es ein wichtiger Mosaikstein für den weiteren positiven Verlauf der Saison. Wie lebt es sich damit, als «Spätzünder» bezeichnet zu werden? Grundsätzlich stimmt die Bezeichnung natürlich, es ist die Wahrheit. Und der Ausdruck hat ja auch eine positive Komponente, da aus ihm hervorgeht, dass ich «gezündet» habe. Es hat sich in meinem Fall gezeigt, dass man Athleten nicht zu früh abschreiben soll. Es gibt Gründe, warum ich so spät gezündet habe – bei den einen liegt die Ursache bei mir, bei anderen nicht.

Auf was führst du die markante Leistungssteigerung in der vergangenen Saison zurück? Es gibt nicht den einen Punkt, den ich hierfür ausmachen kann. Vielmehr waren es verschiedene Faktoren, die eine Rolle gespielt haben. So hatte ich beispielsweise eine hervorragende physiotherapeutische Betreuung im Europacup, die sehr viel bewirkt hat. Früher machten mir Probleme mit der Hüfte zu schaffen, ich zog sogar eine Operation in Betracht. Heute denke ich überhaupt nicht mehr daran. Ich konnte meine Technik verbessern, indem ich den Linksschwung an meinen guten Rechtsschwung anpassen konnte. Noch heute liegt zwar die Ursache von Fehlern oft im Linksschwung, aber das hat sich markant reduziert. Zudem gab es – wie bereits erwähnt – Änderungen beim Material. All dies führte dazu, dass ich mit mehr Sicherheit und dadurch mit grösserem Selbstvertrauen fahren konnte. Nicht wenige in deinem Umfeld dürften sich bis im vergangenen Dezember gefragt haben, warum du dir den grossen Aufwand trotz der

Nach meiner Zeit im Sportgymnasium Davos habe ich privat trainiert und einen grossen Leistungssprung gemacht.


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