Zürcher Bote Nr. 8

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FREITAG, 22. FEBRUAR 2013 NR. 8 55. JAHRGANG

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FOLGENSCHWERE KOMPETENZÜBERSCHREITUNG DES BUNDESGERICHTS

Wenn der Richter zum Gesetzgeber wird In einem Bundesgerichtsurteil vom 12. Oktober 2012 geht es vordergründig um den Fall eines 25-jährigen Drogenhändlers aus dem Balkan, welchem gemäss Entscheid des Thurgauer Verwaltungsgerichts die Niederlassungsbewilligung hätte entzogen werden sollen. Die kürzlich publizierte Urteilsbegründung zeigt aber: Das Bundesgericht hat sich nicht nur zum Fall des Drogenhändlers geäussert, sondern gleichzeitig den generellen Vorrang von Völkerrecht gegenüber der Bundesverfassung behauptet. Diese irritierende Aussage würde nicht nur eine Kapitulation des Schweizer Rechtssystems bedeuten, sondern ist auch eine folgenschwere Kompetenzüberschreitung des höchsten Schweizer Gerichts.

Richter machen Politik Auch die Schweiz scheint sich diesen unglücklichen Entwicklungen nicht ganz entziehen zu können bzw. zu wollen: Politisch gefärbte Entscheide des Bundesgerichts treten immer öfter auf. Im Gegensatz zum Ausland sind solche Urteile in der Schweiz aber nicht von der Verfassungsordnung vorgesehen, sondern vielmehr als Kompetenzüberschreitung der Lausanner Richter zu werten. Die bekanntesten Beispiele für Entscheide, in welchen sich das Bundesgericht gesetzgeberische Kompetenzen anmasste, sind wohl die Urteile vom Juli 2003 in Sachen Bürgerrecht. Obwohl der Ständerat sich noch in der Sommersession vom Juni 2003 gegen ein materielles Rekursrecht in Einbürgerungsangelegenheiten ausge-

Feine Mechanik der direkten Demokratie Unsere direkte Demokratie sieht vor, dass Einzelne, aber auch Parteien oder andere Interessengruppen, ihre Anliegen zur staatlichen Grundordnung jederzeit anbringen und der Gesamtheit der Stimmbürger unterbreiten können. Die Bundesverfassung kann «jederzeit ganz oder teilweise revidiert» werden. In der Schweiz wird für eine Verfassungsänderung neben der Volksmehrheit auch die Mehrheit der Stände benötigt. Dies unterscheidet unsere Verfassungsordnung von der konstitutionellen Ordnung anderer Staaten, in welchen für eine Verfassungsänderung mehrheitlich keine Volksabstim-

mung erforderlich ist (in Deutschland zum Beispiel eine Zweidrittelsmehrheit in Bundesrat und Bundesrat). Entsprechend haben Verfassungsänderungen in der Schweiz eine hohe demokratische Legitimation und können auch grundsätzliche Fragen betreffen. Es ist eine Stärke der schweizerischen Demokratie, dass der Verfassungsgeber frei und nicht in eine übergeordnete Rechtsordnung eingebunden ist – dies etwa im Gegensatz zum Iran, welcher das islamische Recht der Politik überordnet, oder zur Türkei, welche einem laizistischen Prinzip nachlebt. Solche Ansätze sind der Schweiz fremd: Wir kennen kein «gottgegebenes» Recht, das Volksentscheiden vorgeht. Folgerichtig kannte die Bundesverfassung früher auch keine Bestimmung, welche gewisse Artikel als rechtlich unabänderlich qualifizierte. Diese Systematik war konsequent: Spricht man der verfassungsgebenden Instanz, also Volk und Ständen, die Möglichkeit zur Verfassungsänderung aus Gründen übergeordneten (oder gar übergesetzlichen) Rechts ab, unterläuft man letztlich die demokratische Ordnung und die demokratischen Entscheidungswege. Diese beiden grundlegenden Prinzipien – dass für jede Verfassungsänderung zwingend das Volks- und Ständemehr erforderlich ist und dass grundsätzlich über jede Frage demokratisch entschieden werden kann – geben der schweizerischen Demokratie ihre ausserordentlichen Qualitäten und ihre freiheitliche Kraft. Neue Tendenzen stellen Souveränität in Frage In jüngerer Zeit werden mitunter Stimmen laut, diesen offenen demokratischen Diskurs aus Gründen «politi-

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Jean-François Rime, Nationalrat SVP, Präsident Schweiz. Gewerbeverband, Bulle:

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«Die RPG-Revision bringt massive Eingriffe ins Privateigentum. Das lehne ich ab.» Am 3. März

RPG-Revision

Überparteiliches Komitee «Nein zur missratenen RPG-Revision» Postfach 8166, 3001 Bern

NEIN

scher Korrektheit» und mit Blick auf die Übereinstimmung mit übergeordneten Rechtsnormen bzw. internationalen Abkommen einzuschränken. Eine solche Auffassung ist nicht nur gefährlich, sondern sie findet in der Bundesverfassung auch keinerlei Grundlage. In Artikel 139 hat der Verfassungsgeber festgelegt, dass wohl Volksinitiativen, welche gegen «zwingende Bestimmungen des Völkerrechts» verstossen, ungültig sind, nicht jedoch Volksbegehren, welche Spannungsfelder mit Bestimmungen des nicht zwingenden Völkerrechts eröffnen. Oder anders gesagt: Der Verfassungsgeber nimmt bewusst in Kauf, dass die Bundesverfassung dahingehend revidiert oder ergänzt werden kann, dass gegensätzliche Bestimmungen zu nicht zwingenden internationalen Normen Eingang finden. Logische Folge dieser Regelung ist: Jüngeres Verfassungsrecht muss Vorrang vor nicht zwingendem internationalem Recht haben (lex-posterior-Regel). Gefährlicher Bundesgerichtsentscheid Genau dieser Sachverhalt trifft auf die Ausschaffungsinitiative zu. Die Stimmbürger haben der Volksinitiative zugestimmt, um eine Praxisänderung im Bereich der Ausweisungen erwirken zu können. Nachdem der Bundesrat in seinen Erläuterungen (wenn auch pauschal) darauf hinwies, dass die Initiative im «Widerspruch zum Völkerrecht» stehe, erfolgte die Zustimmung genau in Kenntnis dieser Tatsache. Damit hat der Verfassungsgeber seinen bereits früher in Artikel 139 Abs. 3 zum Ausdruck gebrachten Willen bestätigt. Der vorliegende Entscheid des Bundesgerichts ist aus verfassungsrechtli-

cher Sicht unverständlich. Die Aussage des Bundesgerichts, dass Völkerrecht dem Bundesrecht selbst bei «Abkommen, die nicht Menschenoder Grundrechte zum Gegenstand haben», vorgehe und das Bundesgericht die sich «aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ergebenden Vorgaben» stets umzusetzen habe, hat geradezu subversives Potential. Die pauschale Behauptung, die lexposterior-Regel komme «im Verhältnis zwischen Völker- und Landesrecht nicht zur Anwendung» und eine «dem Völkerrecht entgegenstehende Bundesgesetzgebung» sei «regelmässig unanwendbar», stellt die schweizerische Verfassungsordnung letztlich auf den Kopf. Die Bundesverfassung sieht, wie erwähnt, vor, dass das Bundesgericht die Verfassungsmässigkeit von Bundesgesetzen nicht zu überprüfen hat. Diese Bestimmung ist ein Schutz der direkten Demokratie. Wenn nun die Bundesrichter davon ausgehen, dass Völkerrecht über dem Verfassungsrecht stehe und sie wiederum die zuständige Instanz dafür seien, die Vereinbarkeit des Gesetzes- und Verfassungsrechts mit dem internationalen Recht zu überprüfen, so bedeutet dies nichts weniger als die Ausserkraftsetzung der Grundregeln unserer direkten Demokratie. Es ist offensichtlich: Eine Klärung dieser Situation durch den Gesetz- und Verfassungsgeber scheint unumgänglich. Dass sich die SVP dieser Angelegenheit annehmen muss, ist selbstverständlich. Der Autor ist Vizepräsident der SVP des Kantons Zürich.

Willy Haderer Kantonsrat SVP Druckerei-Unternehmer

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In den parlamentarischen Demokratien Europas ist die Tendenz, dass die wichtigen politischen Entscheide letztlich von Gerichten gefällt werden, immer häufiger zu beobachten. Dass in Deutschland das Bundesverfassungsgericht – und nicht etwa Volk oder Parlament – das letzte Wort in Sachen Wiedervereinigung oder Einführung des Euro hatte, ist ein anschauliches Beispiel für diese Entwicklungen. Was in der Schweiz, wo selbst der Kantonswechsel einer kleinen Gemeinde eine ganze Kaskade von Urnengängen zur Folge hat, undenkbar wäre, ist im restlichen Europa gang und gäbe: Die zentralen Entscheide werden von den Verfassungsgerichten gefällt.

sprochen hatte, ging das Bundesgericht nicht einmal drei Wochen später vom Bestand eines solchen Rechts aus. Da fragt sich der geneigte Bürger mit Fug und Recht, wer denn nun für den Erlass von Gesetzen und wer für deren Anwendung zuständig sei. Gerade in der feinen Mechanik unserer direkten Demokratie ist die Gewaltenteilung ein wichtiger Ordnungsfaktor. Der letzte Entscheid über zentrale Fragen liegt in der Schweiz traditionell beim Souverän, also bei den Stimmbürgern. Daher sind insbesondere alle Fragen, welche mit den Grundsätzen, aber auch dem Verständnis der Verfassung zu tun haben, in den Händen der Stimmbürger. Genau dies ist auch der Grund, warum die Schweiz über kein Verfassungsgericht verfügt: Der Entscheid über die Frage, ob ein Bundesgesetz verfassungskonform ist oder nicht, obliegt dem Souverän, indem bei jedem Gesetzesbeschluss, welchen die Bundesversammlung trifft, innerhalb von 100 Tagen ein Referendum ergriffen werden kann.

www.rpg-revision-nein.ch

GREGOR A. RUTZ NATIONALRAT KÜSNACHT


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