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#Al_Hassake_Mädchen

«Weiter schreiben Schweiz» ist auch Publikationsplattform. Der abgedruckte Text von Lubna Abou Kheir ist auf Arabisch und Deutsch erschienen.

Guten Morgen, wenn du hörst oder liest diesen Text am Morgen.

Guten Abend, wenn du hörst oder liest diese Worte am Abend!

As-salamu alaykum passt immer und jederzeit.

Egal wann, kaum hat man’s gesagt, vermeidet man Schweigen und andere Turbulenzen.

Allgemein heisst as-salamu alaykum Hallo, wörtlich heisst es Frieden über dir oder Frieden für dich, peace on you or for you, und im Sinne meiner Poesie geniessen wir den Frieden.

Warum schreibe ich dieses Mal auf Mundart und nicht in Fus’ha? 1

Es ist sehr einfach, jemanden zu töten, aber die ganze Situation ist für mich zu komplex, um sie in Sätzen, Wörtern und Buchstaben in Fus’ha zu formulieren.

Aida ist ein Name, ein Mädchenname … oder der richtige komplette Name.

#Al_Hassake_Mädchen, ja, so heisst ein Hashtag.

Zwischen einer Nacht und einem Morgen ist sie ein Hashtag geworden.

Sie war ein Mädchen und jetzt ist sie ein Hashtag.

Ein dreizehn Jahre altes Mädchen wird von ihrer Familie oder ihrem Clan getötet.

Sie sagen, um ihre Ehre zu retten, weil sie ihren Cousin nicht heiraten will oder weil ihr Bruder gehört hat, wie sie mit dem anderen Mann telefoniert hat, oder weil … keine Ahnung, aus welchem blöden Grund sie getötet wurde.

Es ist wie immer: Ob es Gesetze gibt oder nicht, sie können nichts, ändern nichts, stoppen nichts.

Fast ihr ganzer Clan hat an ihrer Ermordung teilgenommen. Sie haben den Mord gefilmt und auf Facebook gepostet. Im Video sagen sie:

« », das heisst: «Allah …, Gott wird ihr und denen, die an ihrer Hand festhalten, keinen Erfolg schicken.»

Über welchen Erfolg reden sie? Erfolg nach dem Sterben? Aida hat niemanden gefunden, der ihre Hand festhalten will.

Ihre Familie hat sie ein Mal getötet, dann wurde sie in den Social Media tausend Male getötet.

Wir können weiter reden und reden: «Sei stark, bleib stark, steh alleine auf!» Wir können alle anderen feministischen Parolen dazu immer wieder aufsagen, aber: Das ist Unsinn!

Es gibt kein Aufstehen nach dem Sterben.

Wir Frauen sind nicht stark gegen die Waffe.

Das Thema ist einfacher, als wir denken: Wenn jemand eine Waffe trägt, darf er nach Belieben wen und wie er will erschiessen.

Und es gibt nichts Leckereres und Schöneres, als einen weichen und zarten Körper zu erschiessen.

Aida, ich weiss nicht, was soll ich dir sagen? Wenn ich dich vorher gekannt hätte, hätte ich dir gezeigt, wie du so tun kannst, als wärst du schon tot, bevor sie dich getötet haben.

Wie wir alle.

* (Lubna Abou Kheir schreibt ihre Texte parallel auf Deutsch und auf Arabisch.)

1 Fus’ha ist das Gegenstück zum Hochdeutschen, nur dass es auf Arabisch keine Einteilung in hoch und tief gibt.

Veranstaltungen

Zürich

«47. Schweizer Jugendfilmtage», Festival, Mi, 22. bis So, 26. März, blue Cinema Abaton und Zentralwäscherei. jugendfilmtage.ch eigentlich aus? Ist es das weit ausladende Dach? Sind es die Geranien vor den Fenstern? Die geschnitzten Dachbalken? Oder ist das Chalet einfach ein Sinnbild der Sehnsucht nach alpiner Natur und somit eine Erfindung, ein Mythos? Die Ausstellung «Chalet» geht diese Fragen gründlich an und nähert sich dem Phänomen über die drei Schwerpunkte Sehnsucht, Kitsch und Baukultur. Sie zeigt, wie das Chalet zum romantischen Sehnsuchtsbild wurde, verfolgt den Weg des «Laubsägeli-Chalets» im Kleinformat zum Souvenir und zeigt aktuelle Neuinterpretationen des Chalet-Baustils. DIF

Aarau konzipiert und an die Schweizer Gegebenheiten angepasst. Öffentliche Führungen am Sa, 25. März und So, 26. März. DIF

Lenzburg

«Natur. Und wir?», Ausstellung, bis So, 29. Okt., Di bis So, 9 bis 17 Uhr, Do bis 20 Uhr, Stapferhaus, Bahnhofstrasse 49. stapferhaus.ch

Kernstück des Festivals ist der Wettbewerb: In fünf Kategorien werden insgesamt 43 Kurzfilme aus der Deutschschweiz, der Romandie und dem Tessin gezeigt. Junge Menschen eröffnen neue Perspektiven und erzählen von Hoffnungen und Sorgen, von Identitätsfindung, zwischenmenschlichen Beziehungen und dem Erwachsenwerden. Eröffnungsfilm ist «Wenn die Möven wieder weiterziehen» von Ladina Staehelin Türkog lu und Larissa Bürgi, den Gewinnerinnen des «Klappe Auf!»-Pitchingwettbewerbs 2022. Der Fokus Griechenland zeigt soziopolitisches Kino aus junger Sicht, hier wird Coming of Age interpretiert als Prozess, seine Stimme zu finden und sie zu erheben. In der Jury sitzen Leute wie der Regisseur Christian Johannes Koch («Spagat») und die Tsüri-Redaktionsleiterin Rahel Bains, Workshops gibt es z. B. mit der Basler Filmemacherin Arami Ullón. DIF

Bern

«Rausch – Extase – Rush», Ausstellung, bis So, 13. August, Di bis So, 10 bis 17 Uhr, Bernisches Historisches Museum, Helvetiaplatz 5. bhm.ch

Sich zu berauschen ist ein menschliches Urbedürfnis. Aber das Historische Museum meint nicht nur Alkohol und andere Drogen. Bereits Kinder versetzen sich im Spiel auf der Drehschaukel in einen berauschenden Zustand, den Rausch kann man auch im Sport finden, in Musik, im Tanz oder in der Liebe. In der Spiritualität, der Kunst oder, ja klar, mithilfe psychoaktiver Substanzen. Die Faszination für euphorisierende Zustände ist ein Phänomen, das alle Epochen und Gesellschaften durchdringt. Die Ausstellung entstand unter anderem in Zusammenarbeit mit dem Tabakpräventionsfonds, dem Bun- desamt für Gesundheit und «Jugend und Medien», einem Board von 30 ausgewiesenen Fachpersonen sowie unter Einbezug von Jugendlichen. Letztere haben während eines Jahres wöchentlich die Ausstellungsinhalte und die Umsetzungen beurteilt. Jugendliche und Jugendgruppen sind denn auch an ausgewählten Freitagabenden während der «Rush Hour» eingeladen, bis 21 Uhr die Ausstellung zu besuchen und dabei mit Peers und Expert*innen ins Gespräch zu kommen. Es soll aufgeklärt, aber auch berauscht werden (ohne die Gesundheit zu schädigen). DIF

Bern

«Chalet. Sehnsucht, Kitsch und Baukultur», Ausstellung, bis Fr, 30. Juni, Mo bis Fr, 9 bis 18 Uhr, Eintritt frei, Schweizerische Nationalbibliothek, Hallwylstrasse 15, Bern.

Die Schweiz liebt ihre Chalets. Auch Tourist*innen (und die Schweizer TV-Werbung in der Weihnachtszeit) verbinden Feriennächte im Ski- und Wanderurlaub mit dem einladenden Charme dieser Gebäude. Nun, was macht ein Chalet

«Wir und die Andern. Vom Vorurteil zum Rassismus», Aktionswoche Aargau gegen Rassismus», Di, 21. März bis So, 2. Apr.2023, Di bis Fr, 11 bis 18 Uhr, Do bis 20 Uhr, Sa/ So 11 bis 17 Uhr, Stadtmuseum Aarau, Schlossplatz. stadtmuseum.ch/ wirunddieandern

Wer sind wir? Wer sind die Anderen? Was sind Stereotype und Vorurteile, was ist struktureller Rassismus? Was sagen Wissenschaft und Rechtsprechung dazu? Weil wir längst in einer postmigrantischen Gesellschaft leben, diese aber häufig genug ausblenden, regt diese Aktionswoche dazu an, uns mit dem auseinanderzusetzen, was wir als «Wir» bezeichnen und auf unterschiedliche Weise von den «Andern» abgrenzen. Es geht darum, Denkmuster zu hinterfragen und das Bewusstsein für die eigenen verinnerlichten Vorurteile zu schärfen. Die Ausstellung wurde vom Pariser Musée de l’Homme

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Wir finden Erholung in der Natur und uns selbst in der Wildnis. Wir verehren das Natürliche und sehnen uns nach unberührten Landschaften. Gleichzeitig suchen wir mit allen Mitteln der Technik nach Lösungen, um Viren, Wasser und Flammen in den Griff zu bekommen. Wir streiten darüber, wie dringend und auf welche Weise es die Natur zu retten gilt. Die Ausstellung geht vom kritischen Zustand der Natur aus und will zu einem neuen Blick auf sie führen. Sie fordert dazu auf, das eigene Verhältnis zur Natur zu entdecken und mitzureden, wohin die Reise gehen soll. Das könnte man vielleicht auch auf einem Spaziergang entlang der Aare oder beim Wandern in den Tessiner Hügeln tun; im Stapferhaus geschieht es, indem man in poetisch-verspielte Welten eintaucht. Und mit Spaziergängen, Konzert und Kräutersammeln: Programm online. DIF hat es Platz für Sie. Inserieren Sie bereits ab CHF 550.– anzeigen@surprise.ngo, +41 79 797 94 10