Unsichtbare Daten
Mehrsprachigkeit in den Straßen Berlins
Vorwort von Dr. Jonas Wiedner Foreword
→ Karl-Marx-Straße p. 5.
Als Ergebnis einer Kooperation im Visual Society Pro
gram von Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung und Universität der Künste entstand Suki Sus Buch Unsichtbare Daten aus einer Zusammenarbeit denkbar unterschiedlicher ForscherInnen. Auf der einen Seite zwei Gestalterinnen (die andere ist Alisa Verzhbitskay) mit großer Sensibilität für die Implikationen des konkret Sichtbaren, auf der anderen Seite ein quantitativer Sozialwissenschaftler, dessen Arbeit Abstraktionen aller Art voraussetzt. Zwar sind die Fragen, die meine eigene wissenschaftliche Arbeit motivieren sehr konkret: Wann, warum und unter welchen Bedingungen fangen Menschen mit Migrationserfahrung an Vereine, Geschäfte und religiöse Stätten zu gründen, die sich an ein ethnisch definiertes Publikum richten? Welche Folgen hat die Existenz solcher Orte für Art und Weise wie MigrantInnen und ihre Nachkommen in deutschen Städten leben und wie sie sich fühlen? Um diese Fragen jedoch auf eine Weise zu beantworten, die den
Kriterien wissenschaftlicher Generalisierbarkeit, Nachvollziehbarkeit und Objektivität genügen, bleibt fast alles auf der Strecke, was das konkrete Erleben dieser Orte ausmacht.
Mit dem vorliegenden Band zeigt Suki Su, wie sich diese unterschiedlichen Arbeitsweisen und Sensibilitäten produktiv verbinden lassen. Ihre Arbeit geht von quantitativen Daten aus, wie sie auch SozialwissenschaftlerInnen verwenden. Statt diese Daten allerdings durch statistische Verfahren weiter zu kondensieren, nutzt sie visuelle Strategien, um Informationen konkret erfahrbar zu machen.
Drei Aspekte sind dabei besonders hervorzuheben. Zunächst der Aspekt der Kontextualisierung: In Suki Sus Arbeit bleiben anders als in einer sozialstatistischen Untersuchung die einzelnen Orte als Merkmalsträger und unit of analysis Teil ihrer sozialräumlichen Umgebung. Die Seiten dieses Buches erlauben es dem /der LeserIn sich als LehnsesselflaneurIn durch zwei mig-
rantisch geprägte Berliner Einkaufsstraßen, der KarlMarx-Straße und der Kantstraße, zu blättern. Anders als im echten Neukölln bzw. Charlottenburg können wir jedoch gleichzeitig hinter die Fassaden sehen und lernen wer wo welche Sprachen spricht, seit wann aktiv ist und welche Art von Kundschaft bedient. Die sozialen Muster hinter dem bloßen Erscheinungsbild werden so sichtbar.
Der zweite Aspekt, der Suki Sus Arbeit auszeichnet, ist das Insistieren auf der Mehrdimensionalität der sozialen und sozialräumlichen Welt. Jedes Geschäft in ihrem Buch zeichnet sich durch seine Relation zu anderen Geschäften in der Umgebung aus, weißt ein bestimmtes Sprachprofil aus, hat eine eigene Geschichte und einen konkreten Namen. Dies wird sinnfällig in den Flaggen, die Suki Su entwirft und die wie in der klassischen Heraldik die Einmaligkeit des durch sie bezeichneten als Schnittmenge verschiedener Zugehörigkeiten symbolisieren.
Zuletzt, und das kann von der quantitativen Sozialwissenschaft wirklich nicht immer behauptet werden, macht Suki Sus Buch großen Spaß. Wie in der echten Karl-Marx-Straße und der echten Kantstraße gibt es auch hier viel zu entdecken, was nicht auf den allerersten Blick sichtbar ist. Zum Glück haben wir eine Legende an unserer Seite, die uns dabei hilft. Unsichtbare Date lädt uns ein, vertraute Orte mit den Mitteln des Informationsdesigns neu zu entdecken. Ich wünsche ihm viele BetrachterInnen.
Konzept und Methode Concept und Method
→ Karl-Marx-Straße p. 11.
Der Begriff Superdiversität wird verwendet, um auf einige aktuelle Niveaus der Bevölkerungsvielfalt hinzuweisen, die deutlich höher sind als zuvor.
Berlin ist bekannt für seine Diversität. Aber was bedeutet es eigentlich für eine Nachbarschaft in Berlin, superdivers zu sein? Den Ausgangspunkt für dieses Buch bildet das mehrjährige Forschungsprojekt Ethnische Infrastrukturen des Wissenschaftszentrum Berlin (WZB). Die Forschungsgruppe setzt sich mit der Verbreitung von ethnischen Strukturen in ganz Deutschland auseinander. Als Gegenstück dazu beschäftigt sich dieses Buch mit der gleichen Thematik auf einem Mikrolevel. Das Projekt nimmt die ethnischen Strukturen und die daraus entstehende Mehrsprachigkeit von zwei Straßen in Berlin, der Kantstraße und der Karl-Marx-Straße, genauer unter die Lupe.
Dieses Buch ist einer von zwei Teilen einer kollektiven visuellen Forschungsarbeit. Der andere Teil ist von Alisa Verzhbitskaya, die sich auf Gebäudefassaden konzentriert und fotografisch arbeitet.
Ich konzentriere mich auf die verborgenen Daten, die mithilfe von Kurz-Interviews erhoben wurden. Die
Am Anfang der Recherche hatte ich noch die andere Frage Woher kommen Sie ursprünglich? gestellt. Die Reaktionen darauf waren sehr unterschiedlich. Einige befragte Personen fühlten sich beleidigt. Das Herkunftsland spielt daher in diesem Zusammenhang eine eher kleine Rolle, die gemeinsame Sprache ist hingegen relevanter.
Daten ermöglichen einen Blick hinter die Ladenfassade und ermöglichen die visuelle Darstellung von Informationen, die sonst verborgen geblieben wären. Zwei Fragen wurden gestellt:
1. Welche zusätzliche Sprache wird im Geschäft gesprochen?
2. In welchem Jahr wurde der Laden eröffnet?
Alle Interviews wurden zwischen Januar und April 2022 durchgeführt.
Wie können die Informationen dieser zwei Fragen interpretiert und dargestellt werden? Wie können die versteckten Daten in einer verständlichen und nichtklischeehaften Art und Weise vermittelt werden? Und wie kann so ein besserer Einblick in die gegenwärtigen ethnischen Strukturen der Straßen Berlins ermöglicht werden? Aus den in den Kurz-Interview gesammelten Materialien und den online recherchierten Informationen habe ich die drei Schlüsselfaktoren Sprache, Zeit, Kategorie des Ladens miteinander kombiniert, um die
Kritik an der Umfrage
Im Interview soll vor allem gefragt werden, ob die LadenbesitzerInnen oder VerkäuferInnen eine oder mehrere zusätzliche Sprachen sprechen. Erst wenn er / sie mit Ja antwortet, kann ich die darauf folgende Frage stellen: Welche zusätzliche Sprache wird im Geschäft gesprochen?
Die Häufigkeit des Sprachgebrauchs kann für jeden Menschen unterschiedlich sein, und jede Person beherrscht die Sprachen auf einem unterschiedlichen Niveau. In der Recherche wurden bezüglich dieses Sachverhalts keine detaillierten Daten erhoben.
Straßen aus verschiedenen Blickwinkeln beobachten zu können.
Das Buchformat ist nach dem allgemeinen Flaggen-Verhältnis (3:2) aufgebaut. Die Idee dahinter ist, dass diese neue Flagge nicht mehr die Nation vertritt, sondern die Besonderheit Mehrsprachigkeit repräsentiert. Um den Unterschied zwischen Kantstraße und Karl-Marx-Straße besser vergleichen zu können, kann das Buch aufgeklappt werden.
Das Buch wird abwechselnd aus der Makro- und Mikroperspektive konstruiert. Zuerst wird ein kurzer Überblick über Berlin gegeben. Darüber hinaus wird der Hintergrund und die Geschichte der jeweiligen Straßen erklärt. Im Anschluss habe ich zusammenfassend die bedeutendsten Ereignisse Deutschlands und wichtigsten gesellschaftlichen Geschehen dargestellt. Im letzten Teil Flagge lasse ich den LeserInnen Raum, die visuellen Darstellungen und deren Thematik selbst zu erkunden.
Migrationshintergrund ist ein einfacher Begriff für eine hochkomplexe Verknüpfung, die auf der Annahme einer gemeinsamen Geschichte und eines gemeinsamen kulturellen Erbes beruht. Die Identität wird sowohl durch Zugehörigkeit als auch durch Zuschreibung geprägt. Die Zugehörigkeit be zieht sich auf das Gefühl des Einzelnen, einer Gruppe anzugehören, und auf die Merkmale der Gruppe, wie sie von ihren Mitgliedern definiert werden.
Dieses Buch soll Erfahrungen von Menschen mit Migrationshintergrund sichtbar machen und dabei unterschiedliche Aspekte beleuchten. In unserer Gesellschaft ist es auch heute noch wichtig, über Alltags-Klischees und die damit verbundenen Stereotypen aufzuklären. Dieses Buch versucht, mit seiner Forschung zu diesem Prozess einen kleinen Teil beizutragen und die unterschiedlichen Kulturen ohne rassistische Vorurteile zu zeigen. Idee des Projekts ist, die Stadt Berlin, am Beispiel von zwei Straßen, mit seiner Einwanderung, der ständigen Veränderung und der Diversität anhand von Mehrsprachigkeit zu begreifen.
Schlüssel Key
→ Karl-Marx-Straße p. 17.
In der Kantstraße liegen Russisch und Persisch gleichauf auf dem fünften Platz, so dass insgesamt sechs Sprachen vertreten sind.
Um die Grafiken des Buchs erfassen zu können, wird diese Schlüssel-Karte benötigt. Die verwendeten grafischen Elemente stellen die komplexen Zusammenhänge gestalterisch vollständig dar. Die angewandten Grundprinzipien bestehen aus unterschiedlichen visuellen Kodierungen und Abkürzungen.
Jedes Rechteck symbolisiert ein Geschäft. Die verschiedenen Darstellungen des Rechtecks beschreiben die verschiedenen Zustände des Ladens.
Jede Farbe steht für eine eigene Sprache. Die fünf Sprachen, die in jeder Straße am häufigsten verwendet werden, sind in verschiedenen Farben hervorgehoben.
Von diesen überschneiden sich Türkisch, Arabisch und Vietnamesisch. Die übrigen Sprachen sind als Sonstige klassifiziert. Die Farben wurden speziell so gewählt, dass sie sich nicht auf das Land selbst beziehen, um Fehlinterpretationen zu vermeiden.
In diesem Buch wird Englisch bei der Untersuchung nicht berücksichtigt. Es ist allgemein bekannt, dass
Die ISO 639 ist eine internationale Norm der Internationalen Organisa tion für Normung (ISO), die Kennungen für Namen von Sprachen (Sprach kürzel, Sprachcodes, Sprachencodes, englisch language codes) definiert.
Englisch weltweit als internationale Sprache gilt und deshalb spielt sie in dieser Betrachtung keine große Rolle.
Die Benennung der Sprachen wird nach ISO 639 verwendet. Anstelle des Begriffs Türkisch wird zum Beispiel die Abkürzung tr verwendet.
Mit Hilfe des ausgeschnitten Rechtecks auf der Schlüssel-Karte können die einzelnen Farbfelder isoliert betrachtet werden. Durch den Ausschnitt kann man die jeweilige Sprache direkt zuordnen.
Auf der zeitlichen Ebene gibt es zwei Darstellungsarten. Einerseits wird das Eröffnungsjahr durch eine Zeitleiste visualisiert. Andererseits wird die Anzahl der Jahre, die ein Geschäft geöffnet ist, durch Linien dargestellt. Die Stärke der Linie steht entweder für ein Jahr, zehn Jahre oder 50+ Jahre.
Icons stellen die Kategorien der Geschäfte dar, was LeserInnen hilft, sich ein Bild von der Vielfalt der Geschäfte zu machen. Es gibt 20 Icons, die in 11 Hauptkategorien eingeordnet sind. Die Unterkategorien kön-
nen durch einen kleinen visuellen Akzent unterschieden werden. Diese wurden durch persönliche Recherche kategorisiert und entsprechend gekennzeichnet.
Die wichtigen ausgewählten gesellschaftlichen Ereignisse sind in verschiedenen Mustern zusammen mit der Zeitlinie kodiert.
Die Kantstraße ist eine – zwischen dem Breitscheidplatz und der Suarezstraße verlaufende – rund 2,6 km lange Hauptverkehrsstraße im Berliner Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf. Sie wurde nach dem Philosophen Immanuel Kant benannt und trägt ihren Namen seit dem 23. Februar 1887. Als nahezu parallel nördlich zum Kurfürstendamm verlaufende Ausfallstraße durch die westliche City, verbindet sie zusammen mit der Neuen Kantstraße die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche mit dem Messegelände am Funkturm und ist dicht mit Wohnund Geschäftshäusern bebaut.1
Aufgrund der zahlreichen in der Kantstraße befindlichen asiatischen Geschäfte und Restaurants wird sie und ihre Umgebung auch als Chinatown bezeichnet.
Die ersten ChinesInnen kamen Anfang des 20. Jahrhunderts nach Berlin, um hier an der nahegelegenen Technischen Hochschule Charlottenburg oder an der Hochschule für Politik zu studieren. Die chinesische Botschaft befand sich zu dieser Zeit am Kurfürstendamm 218.
Im Jahr 1923 eröffnete der ehemalige Koch der chinesischen Gesandtschaft das erste chinesische Restaurant in Berlin, das Tientsin in der Kantstraße 130b, benannt nach der nordchinesischen Hafenstadt Tianjin, die auch Tientsin genannt wird. Bald darauf folgte ein zweites Lokal in unmittelbarer Nähe.
In den frühen 1920er Jahren flohen viele Russinnen vor der Revolution in die deutsche Hauptstadt. Besonders gerne ließen sie sich im großbürgerlichen Charlottenburg nieder.
Die türkischen GastarbeiterInnen kamen in den 1960er Jahren in die Kantstraße. In den 1980er Jahren war die Kantstraße das kommerzielle Zentrum WestBerlins. Großhändler verkauften Elektrogeräte, Kleidung und Parfüm, viele Dinge wurden in den Osten Berlins geschmuggelt.2 Die Kantstraße ist ein Beispiel für die Integration verschiedener Gemeinschaften auf 2,6 km Länge, die Kulturen aus der ganzen Welt vereint.3 Bis heute hat sich die Kantstraße ihre Vielfalt bewahrt.


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6
Helligkeitswert des Quadrats = Anzahl der ethnische Infrastuktur in km²
Brightness value of the square = number of ethnic infrastructures in km²
Auf der Karte Berlins wurde ein Gitternetz erstellt. Der Maßstab der Karte beträgt 1 : 350.000, sodass Berlin in 1.017 Bereichen, die jeweiligs 1 km² darstellen, abgebildet wird. Jedes Quadrat enthält Informationen, die durch den Helligkeitswert ausgedrückt werden.
A grid was created on the map of Berlin. The scale of the maps is 1 : 350,000, so that Berlin is mapped in 1,017 areas, each representing 1 km². Each square contains information that is marked by the brightness value of the perceptibility.
Kantstraße is a main road in the borough of Charlottenburg in Berlin, between Breitscheidplatz and Suarezstraße, and is approximately 2.63 km long. It was named after the philosopher Immanuel Kant and has borne his name since 23rd February 1887. As an arterial road running almost parallel to and north of Kurfürstendamm through the western part of the city, together with Neue Kantstraße it connects the Kaiser Wilhelm Memorial Church with the exhibition grounds at the Funkturm and is densely built up with residential and commercial buildings.
Due to the high number of Asian shops and restaurants on Kantstraße, its surroundings are also known as Chinatown. The first Chinese came to Berlin at the beginning of the 20th century to study at the nearby Technische Hochschule Charlottenburg or the Hochschule für Politik. During this time, the Chinese embassy was located at Kurfürstendamm 218.
In 1923, the former chef of the Chinese legation opened the first Chinese restaurant in Berlin, the Tientsin at Kantstraße 130b, named after the northern Chinese port city of Tianjin, which is also called Tientsin. A second followed soon after in the immediate vicinity.
In the early 1920s, many Russians fled to Germany to escape the revolution. They particularly settled in the upper middle-class area of Charlottenburg.
The Turkish guest workers came to Kantstraße in the 1960s. In the 1980s, Kantstraße was the commercial centre of West Berlin. Wholesalers sold electrical appliances, clothes and perfumes, many things were smuggled into the east Berlin. Kantstraße is an example of integration, within different communities across 2.6 km of cultures from around the world. Even today, Kantstraße has retained its diversity.
Sprache Language
→ Karl-Marx-Straße p. 31.
In diesem Kapitel wird die Mehrsprachigkeit aus verschiedenen Perspektiven analysiert. Zunächst wird ein Strukturdiagramm gezeigt, um die verwendeten Fragen zu veranschaulichen. Die beiden Straßen sind sehr multikulturell, der Umfang der Geschäfte ist unterschiedlich. Daher wird in der Grafik nicht nur die absolute Zahl berechnet, sondern auch der Prozentsatz angegeben. Jede Antwort wird auf den nächsten Seiten visuell dargestellt, gefolgt von einem detaillierteren Plan der verwendeten Sprachen in einem exakt den Straßen entsprechenden Layout. Abschließend werden die am häufigsten verwendeten Sprachen im Zusammenhang mit einer Weltkarte vorgestellt.
Übersicht der Fragen
Auf der rechten Seite zeigt eine Übersicht der Fragen. Die ersten wurden von mir selbst analysiert, was mich dann dazu veranlasste, die Interviews mit weiteren detaillierten und spezifischeren Fragen an die Befragten zu ergänzen.
Overview of questions
This diagram shows an overview of questions. The first few have been analysed by myself which then led me to carry out the interviews with further detailed and more specific questions for the participants.
Wie viele Geschäfte gibt es in der Straße?
Ist das Geschäft derzeit aktiv?
Hat der / die VerkäuferIn die Fragen beantwortet?
Werden im Geschäft andere Sprachen gesprochen?
Wie viele andere Sprachen werden gesprochen?
Welche Sprachen werden gesprochen?
310 Läden
310 shops
Diese Grafik zeigt, wie viele Läden sich auf der Kantstraße befinden.
This chart shows how many shops are located on Kantstraße.
Läden
290 activ shops
Diese Grafik stellt dar, wie viele Geschäfte derzeit auf der Kantstraße aktiv sind und wie viele Läden dauerhaft geschlossen sind.
This chart represents how many shops are currently active on Kantstraße and how many shops are permanently closed.
befragte Läden
Diese Grafik zeigt, wie viele Geschäfte auf der Kanstraße die Frage über Sprache beantwortet haben.
277 shops answered
This graphic shows how many shops in Kantstraße have answered the question about language.
Mehrsprachigkeit
Diese Grafik gibt an, wie viele Läden auf der Kantstraße sind, in denen VerkäuferInnen oder LadenbesitzerInnen mindestens eine zusätzliche Sprache sprechen.
149 multilingualism
This graphic shows how many shops in Kantstraße where the participants speak at least one additional language.
eine
Sprache
one language 26 zwei Sprachen two languages
3 drei Sprachen three languages 5 vier Sprachen four languages
Diese Grafik zeigt, wie viele zusätzliche Sprachen im jeweiligen Geschäft auf der Kantstraße gesprochen werden. Dadurch wird die Mehrsprachigkeit in den Läden veranschaulicht.
This chart shows how many additional languages are spoken in each shop on Kantstraße. This illustrates the multilingualism in the shops.
Übersicht
Diese Übersicht über die Kantstraße bildet die bereits erwähnten Fragen in der Gesamtstruktur in Prozent ab. Die Prozentzahlen geben den Anteil der jeweiligen Ladenkategorie an allen Läden in der jeweiligen Zeile an.
Overview
This overview of Kantstraße maps the previously mentioned questions in the summary structure in percentage. The percentages in the boxes refer to the share of the respective type of shop in the respective row.
Mehrsprachigkeiten
Diese Grafik basiert auf dem vorliegenden Diagramm (S. 43). Sie präsentiert die Informationen darüber, welche zusätzliche Sprachen im Geschäft gesprochen werden, aus einer anderen Perspektive.
Multilingualisms
This chart is based on the previous chart (p. 43). It presents information from a different perspective on which additional languages are spoken in the shop with colour.
50
Suarezstr. Windscheidstr. Suarezstr. Holtzendorffstr. Windscheidstr.
ru th fa pl hi si ko pt fr ru, ka
Fritschestr. Kaiser-Friedrich-Str. Kaiser-Friedrich-Str.
fa hy ko hi ja ru fa ku
th th ro, sq ku ru, bg
Wilmersdorfer Str. Wilmersdorfer Str. Krumme Str.
Krumme Str.
th es fr ku ru, nl, pl, fr es ko th fa ja ja ru uk th el
Weimarer Str. Leibnizstr. Leibnizstr.
Wielandstr. Schlüterstr. Wielandstr. Schlüterstr.
Bleibtreustr. Savignyplatz Uhlandstr.
ru fr th ru pl, fr pl, fr da es es, fr sv ku
Bleibtreustr. Savignyplatz Uhlandstr.
Straßenporträt der Mehrsprachigkeit
In dieser Straßenansicht wird die Mehrsprachigkeit der Läden gemeinsam dargestellt. Die Läden sind in der Reihenfolge abgebildet, wie sie auf der Kantstraße liegen und der jeweilige Straßenabschnitt ist wieder oben rechts zu sehen.
Street view of the multilingualism
This street view visualises the multilingualism of the shops. The order corresponds to the order of shops on Kantstraße and the location of the respective part of the street is shown in the top right hand corner of the page.
pl fa da arc fa fa
Joachimsthaler Str. Fasanenstr. Fasanenstr.
Joachimsthaler Str.


Überblick über
den Anteil der Mehrsprachigkeit
Dieses Diagram zeigt, in wieviel Prozent der Läden, in denen die Fragen beantwortet wurden, die jeweilige Sprache gesprochen wird. Dadurch, dass in einigen Läden mehr als eine zusätzliche Sprache gesprochen wird, addieren sich die Prozentwerte nicht zu 100 auf.
Overview of the proportion of multilingualism
This diagram shows the proportion of shops in which the respective language is spoken among all shops where the questions were answered. As there is more than one additional language spoken in some of the shops, the percentages do not add up to 100.
Aufteilung der ausgewählten Sprachen auf der Weltkarte
In dieser Grafik wird der ISO Code entsprechend der Region auf der Weltkarte verteilt. Dialekte wurden nicht berücksichtigt. Die Daten über Sprachen stam men aus Wikipedia.
World map of the selected languages
This graphic distributes the ISO Code according to the region within the worldmap. Dialect has not been taken into account. The spoken language data within regions has been used from wikipedia.
Diese Weltkarte zeigt die Regionen, in denen die sechs Sprachen, die am häufigsten in den Läden der Kantstraße vertreten sind, hauptsächlich gesprochen werden.
This world map shows in which regions the six most commonly spoken languages on Kantraße are spoken.
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Zeit Time
→ Karl-Marx-Straße p. 65.
In diesem Kapitel geht es um die Zeit. Wie bereits erwähnt, wird Zeit in zwei Formen dargestellt. Die Anzahl der Jahre wird durch die Dicke der Linie dargestellt, das Eröffnungsjahr wird in der Zeitleiste visualisiert. Darüber hinaus wird ein Überblick über historische und soziale Faktoren gegeben. Danach werden die zugeordneten Daten Sprache und Eröffnungsjahr nach Straßen geordnet dargestellt.
Schließlich wird die vergangene und aktuelle Anzahl der EinwohnerInnen mit Migrationshintergrund in den Straßen analysiert.
befragte Läden
Diese Grafik zeigt, wie viele Geschäfte auf der Kantstraße die Frage über das Eröffnungsjahr beantwortet haben.
265
Shops interviewed
This graph shows how many shops in Kantstraße answered the questions about the year they opened.
Übersicht über das Eröffnungsjahr
Diese Grafik zeigt das Eröffnungsjahr der Läden
auf der Kantstraße. Hier kann man sehen, wie lange die Geschäfte schon aktiv sind.
Overview of the year of opening
This chart represents the year the shop opened on Kantstraße. Here you can see how long shops have been active.
Verteilung der Gruppen nach Alter des Geschäfts
Diese Grafik zeigt, wie lange die Geschäfte auf der Kantstraße bereits bestehen.
Distribution of groups by age of shop
This graph shows how long the shops on Kantstraße have been in existence.
Probability: Median
Diese Grafik zeigt, was der Median der Geschäftsarten der Kantstraße ist.
This graph shows what the median shop on Kantstraße is.
Straßenporträt der Schildernamen
Diese chronologische Übersicht listet die Namen der Läden auf der Kantstraße auf. Vor den Schildernamen wird die visuelle Kodierung der Sprachen, die zusätzlich im Laden gesprochen werden, in entsprechenden Farben hervorgehoben. Die ausschließlich Deutsch sprechenden Läden werden in grau dargestellt. Die obige Zahl bezieht sich auf das Verhältnis zwischen der Anzahl der Läden, die andere Sprachen sprechen, und der Anzahl der Läden, die nur Deutsch sprechen.
Street view of the shop
This chronological overview lists the names of the shops on Kantstraße. Next to each name, visual coding of the languages additionally spoken in the shop is highlighted in its corresponding colours.
The shops that only speak German are presented in grey. The figure above refers to the ratio between the number of shops that speak other languages and the number of shops that only speak German.
BRIEFMARKEN & MÜNZEN
C.ADOLPH FOTO Schilling Galerie of Modern Art Goldankauf Grundbuchamt Charlottenburg HINTERSEER
Restaurant Portofino Gebr. Tonsor OHG Paris Bar Mandalina 77
Restaurant Portofino
78
schwarzes Cafe Heidi’s spielzeugladen QUASIMODO BAR Blume 2000
Cafe au Lait JAPAN BONSAI AQUI ESPAÑ A
Kourosh Iran Shop
PeMo Pemo Rollladen & Markisen
Udagawa Thoben Musictrain Records GOLDENER LÖFFEL
BW Best Western Hotel kantstrasse Caprice schlaflust Liegelaune
Matratzen Harry 81
Luftfahrtshop Kant Friseursalon NATURO
BODENBELÄGE
Good Friends 老友記
Pension Peters
Das andere Hotel CHINA SNACK KANT FLORISTIK Zaim Falafel
China Restaurant DoDeLi lalaine Bauwerk Parkett FMK EINBAUKÜCHE Minh-Trang Next to KUCHI
auto-elegance Brillenladen Wessel GmbH
Jalou City Glaserei Pegasus hefner Hotel Cityblick Pension Parfümerie Layal Jextifien
Hedayat persische Buchhandlung
C’yah
Bridges Hair J-STORE
LON-MEN’S NOODLE HOUSE Zentrum für chinesische Massagen
TUS REISEBÜRO marcmelzer
SAWADDIE THAI FOOD COFFEE BAR BAGCO Tchibo PROZENTE
China Möbel Galerie CHNIA MASSAGE FITNESS OASE Kumasch
STIL Hair by Randa N.
SY Sushi & Vietnamesisches Restaurant
Stern Apotheke KATHARINENHOF
Mitte Meer Hotel Motel One
Die Große Mauer Hotel Spreewitz
SCHLOSS AHLDEN Sun Massage
100 Kantstrasse
Änderungsschneiderei Der Kuchenladen
GRIENEISEN BESTATTUNGEN
Langer blomqvist McDonald's
Berlin Burrito Company Gelikon Europe GmbH Russische Bücher Go Asien supermarkt 東方超市 marmo e terracotta
Qualitätsreinigung TRATTORIA CAFE TATOU
Ottenthal Salon Hamid Nosrati
Antik & Trödel ARTWERK. BERLIN
Cafe Kredenz
Bassal Shop i Point okkasioni Mode aus Italien vegang Defcon konsolenwelt
PHO NGUYEN 68
Denk mal an Berlin!
Beauty nails City Pizza Flamingo Friseur McRahmen Nails Spa Simela Star Nails Vietnamesisches Café Restaurant
Accentro BUTCHER Sir Savigny Hotel totobet.com
Polat Store Superhahn WARTESA
Bier’s Mini 7 GOLDSCHMIDE
DAO THAI RESTAURANT Green Flavor Hairkules Heeren Friseur India Express Indische Restaurant MINAKAMI
Ben Thanh Restaurant Zen Hause Lotus Indisches Restaurant PHO Kim’s Ha DADA KÜNSTLERCAFÉ
BEAUTY BY NURA By Ali DESIGNOUTLET
DUMAN BERLIN HOOFERS IMMOBILIEN CHIRRG Jeab Haarsalon
rechebobois
Laetitia Coiffeur smeg
Küche & Co Berlin Charlottenburg Librileo Lichthausmösch
OPEN MASKEN KIOS Waffle Brothers WAX-SUGAR FLOWER ME UP Elemente Spezialbau 1A GmbH Passion Kosmetiksalon KTV BAR ...just bike
Korea Restaurant Buch Cafe Spätshop papaya Thailändisch 893 料亭
KIANS GARDEN LIPARI design my son Nails & more Poliform tipster Vadoli
Cafe Pelmeni, Kaukasische & Russische Spezialitäten Funky Fisch Leibniz Apotheke NEW WEST CLUB OSCAR FRISEUR
Chon Thong–Orginal Thai
CLASSIC BARBER
HANOI
Havin Flammig Gegrillt ONYX NAILS Shiso Burger
STAVROS GRILL & MORE
TOAST BROTHERS
Traditionelle Chinesische & Massage VapeOne
Apotheke am Amtsgericht
Classic & Stone
Friseur Salon
GORTZ
PearlDent Ihre Zahnarztpraxis
XXX RAMEN
Falafel
Good Friends too 老友記
Hollywood Nails Janpanese Kitchen KANT Kosmetik Kantshop
Korean chicken & Bowls Chibo
Luxury NAILS & SPA MALOA Poke Bowl Pizza bro Soopri
UL TEA MATE
Porjai Thaimassage
Radkunst Café
The Cut
Viola Second Hand
WesternUnion Wu Exchange by UCAMBI
Blumen & Pflanzen Gamarjoba Home Store Kant Juwelier La Gioia in Pentola NIKKE 125 Noodle Village Saigon Cuisine Späti bull THE PINK
Feuersozietät Versicherung Rainer Gösmann Salon Bejou Always Coffee O'Clock Insider Apartments tipico Kant 123 LOKMA COMPANY BEAUTY AND THE BOX Ø27 Not Your Ordinary Kebab ORHOPÄDE BOEHLAND
Beirut Grill BODHICITTA VEGAN BOWL CHANCE CAFE & BAR Coffee Time Bäckerei Davincl Phone Han BBQ ROYAL SHISHA SHOP STICKS N SUSHI Thai-Art
Confaktum EISSALON Flink HOUSE OF GREENS COVID-19 CENTER Teststation Kantstraße Wonder Waffel
COVID-19 TESTSTATION DOYS / COFFEE FREQNCE
J-STORE KONZEPT WEISS BERLIN Zahnaufhellung
SEOULSTATION berlin TURNUP Vermont Werbung

Deutsche Chronik und Migrationsbewegungen Diese folgende chronologische Übersicht listet die wichtigsten deutschen gesellschaftlich relevanten Geschehnisse und Migrationsbewegungen auf. Die Zeitskala ist auf den Zeitraum von 1949 bis 2022 begrenzt. Am Anfangszeitpunkt 1949 wurde Deutschland in die Bundesrepublik Deutschland (BRD) und die Deutsche Demokratische Republik (DDR) geteilt. Die Zeitachse wird auch mit den Daten von Zuzügen aus dem Ausland verglichen.
1949–1989
Geteiltes Deutschland
Über vierzig Jahre lang war Deutschland in zwei Staaten geteilt: die BRD im Westen und die DDR im Osten. Berlin wurde in zwei Stadthälften geteilt, deren Status bis zur Wiedervereinigung umstritten blieb.4
1950er–1980er GasterarbeiterInnen VertragsarbeiterInnen
Seit 1955 wurden GastarbeiterInnen angeworben, um den Mangel an Arbeitskräften in der westdeutschen Wirtschaft auszugleichen. 1961 kamen GastarbeiterInnen aus der Türkei, 1963 aus Marokko, 1965 aus Tunesien, 1968 aus Jugoslawien. Bis Mitte der 1960er Jahre kamen die meisten GastarbeiterInnen aus Italien, danach steigt besonders die Zahl der türkischen ArbeitnehmerInnen.5 Bis 1973 reisten alleine 867.000 ArbeitnehmerInnen aus der Türkei nach Westdeutschland. Rund 500.000 Rückwanderungen wurden im gleichen Zeitraum registriert, was auf eine starke Pendelmigration hindeutet.
Zuzüge aus dem Ausland 1964 –2021
1,04 Mio.
Anwerbestopp
Familiennachzug 1973
BRD: GasterarbeiterInnen, DDR: VertragsarbeiterInnen 1950er–1980er
Geteiltes Deutschland
1973–bis heute 1949–1989
0,40 Mio.
1950 1960 1970 1980
Russischukrainischer Krieg
2,14 Mio.
Brexit 2020
1,56 Mio.
Geflüchtete aus dem zerfallenden Jugoslawien 1987-1999
EU-Freizügigkeit Seit 2005
1990e
2022 1990er Deutsche Einheit Höhepunkt (Spät-)AussiedlerInnen
Corona Pandemie Seit 2020 1989
Flüchtlingskrise 2015 / 2016
1990 2000 2010 2022 2020
1973
Anwerbestopp
In der DDR, wo Ausländerbeschäftigung ein wesentlich niedrigeres Niveau hatte, wurde demgegenüber dauerhafte Zuwanderung und Integration in der Regel verhindert.6
Im November 1973 beschloss der Staat einen Anwerbestopp. Ausländer aus Nicht-EG Staaten, wie zum Beispiel der Türkei, erhielten damit nur noch in wenigen Ausnahmefällen und unter strengen Beschränkungen eine Arbeitserlaubnis in Deutschland. Man versprach sich dadurch nicht nur ein Ende des Zuzugs, sondern auch einen Rückgang der Ausländerzahlen, weil man damit hoffte, dass, wie bisher, ungefähr 200.000 bis 300.000 ausländische ArbeitnehmerInnen im Jahr freiwillig in ihre Heimatländer zurückkehren würden.7 Das passierte aber nicht: die Ausländerzahlen stiegen stattdessen weiter.
1973–bis heute
Familiennachzug 1989 Deutsche Einheit
Nach dem Anwerbestopp im November 1973 gewann der Familiennachzug immer stärker an Bedeutung, 53 Prozent der türkischstämmigen EinwohnerInnen sind auf diesem Weg nach Deutschland gekommen.8
Nach dem Fall der Mauer waren Osten und Westen noch sehr verschieden, wenn es um die Themen Einwanderung und Integration geht: Während man im Westen bei Einwanderern eher an GastarbeiterInnen denkt, ist Migrant im Osten meist ein Synonym für AsylbewerberIn.9
1990er Geflüchtete aus dem zerfallenden Jugoslawien
Der erste Höhepunkt fällt auf den Beginn der 1990er Jahre und hängt mit der Krise auf dem Balkan und den Kriegen in den ehemals jugoslawischen Staaten zusammen. Mit mehr als 291.000 Flüchtlingen aus den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien stammen fast 30 Prozent aller
96
1987–1999
Höhepunkt
(Spät-)AussiedlerInnen
Als AussiedlerInnen und SpätaussiedlerInnen versteht man Zuwandernde deutscher Abstammung, die aus einem Staat des Ostblocks bzw. des ehemaligen Ostblocks in die BRD kamen, um dort ansässig zu werden.
zwischen 1991 und 1993 gestellten Asylanträge von dieser Personengruppe.10
Größere inner- und außereuropäische Fluchtbewegungen werden umgangssprachlich seit langem als Flüchtlingskrise bezeichnet, so die Ausreisewelle aus der DDR während der Wende im Sommer und Herbst 1989, die Fluchten aus dem zerfallenden Jugoslawien in den 1990er Jahren und andere.11
In den Jahren 1950 bis 1959 kamen noch zwei Drittel aller AussiedlerInnen aus Polen (66,7 Prozent der 438.000 AussiedlerInnen) und auch in den drei folgenden Jahrzehnten war es mindestens die Hälfte.
Zudem stammte im Zeitraum 1960 und 1969 jeder vierte Aussiedler aus der ehemaligen Tschechoslowakei (25,2 Prozent der 222.000 AussiedlerInnen) und in den Jahren 1970 bis 1979 jeder Fünfte aus Rumänien (20,1 Prozent der 355.000 AussiedlerInnen).
Seit 2005
EU-Freizügigkeit
Kamen im Zeitraum 1980 bis 1989 noch 633.000 der 984.000 AussiedlerInnen aus Polen (64,3 Prozent), stammen seit 1990 die meisten (Spät-) AussiedlerInnen aus Staaten der ehemaligen Sowjetunion: 1990 bis 1999 lag ihr Anteil bei 80,3 Prozent.1²
Das Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern–Freizügigkeitsgesetz / EU – regelt als Artikel 2 des am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Zuwanderungsgesetzes den Aufenthalt der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen neu. Das Freizügigkeitsrecht von Unionsbürgern ist in der Richtlinie 2004 / 38 / EG vom 29. April 2004 neu geregelt. Es regelt die Einreise und den Aufenthalt von Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union (UnionsbürgerInnen) und ihrer Familienangehörigen (§ 1 FreizügG / EU).13
98
2015 / 2016
Flüchtlingskrise
Die Flüchtlingskrise in Deutschland ist Teil der europaweiten Flüchtlingskrise und erreichte ihren Höhepunkt im Herbst 2015. Im Gesamtjahr 2015 erfolgte die Erstregistrierung von ca. 890.000 Schutzsuchenden beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.14
Der Bürgerkrieg in Syrien war einer der Hauptgründe für die Flucht vieler Menschen nach Deutschland. Die Hauptherkunftsländer sind Syrien, Irak, Eritrea und Afghanistan.
2020 Corona Pandemie Brexit
Die Migration von und nach Deutschland stand im Jahr 2020 im Zeichen der Corona-Pandemie: Bei allen Wanderungsbewegungen wurde ab März ein Rückgang verzeichnet, auch verursacht durch die eingeschränkte internationale Mobilität durch die sich ausbreitende Covid-19-Pandemie. Auch das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz und der Brexit prägten das Migrationsge-
2022
Russisch-Ukrainischer Krieg
schehen. Insgesamt wurden für 2020 knapp 24 Prozent weniger ZuwanderInnen und über 21 Prozent weniger Abwanderer als im Vorjahr verzeichnet.15
Zwischen Ende Februar und dem 23. August 2022 wurden 967.546 Geflüchteten aus der Ukraine im deutschen Ausländerzentralregister (AZR) registriert. Etwa 97 Prozent von ihnen sind ukrainische StaatsbürgerInnen.16
104
ku ru, nl, pl, fr el, es es, pt es, sr
Straßenporträt der Mehrsprachigkeit und des Eröffnungsjahres Street view of the multilingualism and year the shop opened
In dieser Straßenansicht werden die Mehrsprachigkeit und das Eröffnungsjahr der Läden gemeinsam dargestellt. Dabei steht die Farbe wieder für die gesprochenen Sprachen und die Höhe der Fahnen für das Eröffnungsjahr. Die Läden sind in der Reihenfolge abgebildet, wie sie auf der Kantstraße liegen und der jeweilige Straßenabschnitt ist wieder oben rechts zu sehen. This street view visualises both, the multilingualism and the opening years of the shops. The color represents the languages that are spoken and the height of the flags represents the year the respective shop was opened. The order of the flags corresponds to the order of shops on Kantstraße and the location of the respective part of the street is shown in the top right hand corner of the page.


ko th fa ja ja ru
fa ru, pl pl, fr da
1980
1990
2000
2010
2022
es, fr sv ku es pl, fr fa da arc fa fa


Drei ausgewählte ethnische Minderheiten
EU15 ohne Deutschland: Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Portugal, Schweden, Spanien und Vereinigtes Königreich.
Arabische Staaten (d.h. Mitglieder der Arabischen Liga): Ägypten, Algerien, Bahrain, Dschibuti, Irak, Jemen, Jordanien, Katar, Komoren, Kuwait, Libanon, Libyen, Marokko, Mauretanien, Oman, Sudan, Saudi-Arabien, Somalia, Syrien, Tunesien, Vereinigte Arabische Emirate.
In den folgenden drei Grafiken wird für die Jahre 2007, 2016 und 2020 dargestellt, wie viele EinwanderInnen und Kinder von EinwanderInnen rund um die Kantstraße wohnen. Die dafür verwendeten Daten nutzen als räumliche Einheiten die Planungsräume Berlins (PLR). Für die Darstellung wurden innerhalb jedes PLR die Punkte zufällig verteilt. Die Farbe der Punkte gibt an, aus welchem Land die Personen, bzw. deren Eltern, eingewandert sind.
Three selected ethnic minorities
EU15 excluding Germany: Austria, Belgium, Denmark, Finland, France, Greece, Ireland, Italy, Luxembourg, Netherlands, Portugal, Spain, Sweden and the United Kingdom.
Arab League: Algeria, Bahrain, Comoros, Djibouti, Egypt, Iraq, Jordan, Kuwait, Libya, Lebanon, Morocco, Mauritania, Oman, Saudi Arabia, Somalia, Sudan, Tunisia, Syria, United Arab Emirates, Yemen.
The following three graphs visualise for the years 2007, 2016 and 2020 the number of immigrants and children of immigrants who live around Kantstraße. The data which is underlying these images uses Planungsräume (PLR) as its spatial units. For the visualisation, the dots are randomly located within each PLR. The color of the dots represents the country of origin of the respective person or their parents.
EU15
Schloss Charlottenburg
Suarezstraße Suarezstraße
2007 N 1 : 30.000 Jahr / year Maßstab / scale
Zoologischer Garten Berlin
Joachimsthaler Straße
13.714 9.152 5.158 121
48,9 % 32,7 % 18,4 % Kantstraße
Preußenpark
2016 Jahr / year N Maßstab / scale 1 : 30.000
Schloss Charlottenburg Charlottenburg
Suarezstraße
EU15
Türkei Turkey Arabische Staaten Arab League
49,1 % 24,2 % 26,7 %
17.488 8.633 9.501
Zoologischer Garten Berlin
Joachimsthaler Straße
Preußenpark
Jahr / year N Maßstab / scale 1 : 30.000
Schloss Charlottenburg Charlottenburg
Suarezstraße
Preußenpark
Zoologischer Garten Berlin
Joachimsthaler Straße
Flagge Flag
→ Karl-Marx-Straße p. 123.
In diesem Kapitel werden die drei Schlüsselfaktoren Sprache, Eröffnungsjahr und Kategorie des Ladens zusammengeführt und es ergibt sich eine neue Flagge.
Diese moderne Flagge vertritt nicht mehr die Nation, sondern repräsentiert die Besonderheit: (die) Mehrsprachigkeit.
Hierbei liegt der Fokus auf den drei sich überschneidenden Sprachen der Top Sechs, nämlich Arabisch, Türkisch und Vietnamesisch. Am Anfang sind die Läden, in denen nur eine Sprache gesprochen wird, vertreten und die Läden, in denen mehr Sprachen gesprochen werden, folgen dann nacheinander. Dies wird umso deutlicher, weil mehr Farben für die gesprochenen Sprachen verwendet werden. Zusätzlich wird der entsprechende Name angezeigt.
Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede sind in der Sprachen-Flagge zu entdecken? LeserInnen werden dazu eingeladen, dies selbst zu entdecken.


1972 Günes, Naciye KANT TELECAFE RAHAUS LIVING i Point
Mandalina
2002
2014 2013
Laetitia Coiffeur Polat Store Superhahn
LIPARI design
2018
2017 2015 Havin Flammig Gegrillt
Waffle Brothers tipster
2019 2020
2010 Pizza bro Kantshop Home Store



GOLDENER LÖFFEL BW Best Western Hotel kantstrasse Good Friends 老友記 SAWADDIE THAI FOOD COFFEE BAR BAGCO



Next to KUCHI STAR HEEREN FRISEUR
Fazit Conclusion
→ Karl-Marx-Straße p. 151.
Wenn du mit einem Menschen in einer Sprache sprichst, die er versteht, geht es in seinen Kopf. Wenn du in seiner Sprache sprichst, geht es in sein Herz.
– Nelson Mandela
Für die Durchführung dieser Untersuchung beschloss ich, kurze Interviews mit den Leuten aus den Geschäften in beiden Straßen zu führen. Um genaue Daten zu erhalten, habe ich fast 600 Personen Fragen gestellt. Diese Vorgehensweise war nicht so einfach, wie ich es mir vorgestellt hatte.
Die meisten Leute brauchten viel Überredung, und obwohl 80 Prozent fließend Deutsch sprachen, wurden die Fragen nicht verstanden oder die Idee des Projekts nicht nachvollzogen. Allerdings konnten diejenigen, die nicht fließend Deutsch sprachen, die Fragen mit Hilfe von Google Translate beantworten.
Einer der wichtigsten Faktoren, der die Befragten dazu ermutigte, an der Befragung teilzunehmen, war
die einfache Begrüßung oder das Aussprechen einiger Worte in ihrer Sprache. Dies half, das Eis zu brechen, so dass ein freieres und angenehmes Gespräch entstehen konnte. Was mir später klar machte, dass das Sprachniveau keine große Rolle spielte.
In diesem Projekt habe ich die beiden multikulturellen Straßen mit detaillierten Perspektiven unter Berücksichtigung von Zeit und sozialem Hintergrund dargestellt. Das Ergebnis sind verschiedene Flaggen, die die deutsche Gesellschaft widerspiegeln, sei es die Sprache, Anzahl der Jahre oder Kategorie.
Durch Sekundärforschung konnte ich herausfinden, dass die Straßen stark von politischen Entscheidungen, historischen Ereignissen und Migrationsbewegungen beeinflusst wurden. Mein Hauptanliegen war es, ein tieferes Verständnis und mehr Toleranz für die Minderheiten zu erreichen. Durch meine Interviews waren viele Befragte bereit, mehr über ihre Geschichte zu erzählen. Ich kam zu dem Schluss, dass diese Ver-
änderungen nicht einfach über Nacht, sondern über viele Jahre hinweg stattgefunden haben.
Literaturverzeichnis
1 Kantstraße. In: Wikipedia. https://de.wiki pedia.org/wiki/Kantstraße (08.09.2022)
2 Vgl. Hoffmann, Clemens: Der Boulevard der Einwanderer. https://www.deutschlandfunkkultur.de/berliner-kantstrasseder-boulevard-der-einwanderer-100.html (09.09.2022)
3 Vgl. Mrkaja, Deana: Der Boulevard der Migranten: In dieser Berliner Straße reisen Sie einmal um die Welt. https://www.focus. de/regional/berlin/berliner-geschichten/ integration-in-berlin-die-kantstrasse-derboulevard-der-migranten_id_5449925.html (09.09.2022)
4 Genten, Julian / Thaa,Lotte Thaa: Die Geschichte Berlins. https://www.berlin.de/ aufarbeitung/veranstaltungen/geschichteder-teilung-berlins.pdf (15.09.2022)
5 Hinz-Wessels, Annette: Gastarbeiter, in: Lebendiges Museum Online, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.https://www.hdg.de/lemo/kapitel/geteiltes-deutschland-modernisierung/ bundesrepublik-im-wandel/gastarbeiter. html (15.09.2022)
6 Oltmer, Jochen:Migration. https://www. bpb.de/kurz-knapp/zahlen-und-fakten/ deutschland-in-daten/219999/migration/ (15.09.2022)
7 Rehbein, Ulla: Gastarbeiter im Westen - Das Wirtschaftswunder. https://www. planet-schule.de/wissenspool/zu-hause-in-
deutschland/inhalt/hintergrund/gastarbei ter-im-westen-das-wirtschaftswunder.html (15.09.2022)
8 Luft, Stefan: Die Anwerbung türkischer Arbeitnehmer und ihre Folgen. https://www. bpb.de/themen/europa/tuerkei/184981/dieanwerbung-tuerkischer-arbeitnehmer-undihre-folgen/ (18.09.2022)
9 Oltmer, Jochen: Ein Land, zwei Einwanderungs-Kulturen. https://mediendienst-integ ration.de/artikel/interview-oltmer-25-jahremauerfall-einwanderung-integration.html (19.09.2022)
10 https://www.bib.bund.de/DE/Fakten/Fakt/ M21-Registrierte-Asylantraege-ab-1990. html (20.09.2022)
11 Stefan Luft: Die Flüchtlingskrise, München 2017, S. 9; Karl Steinacker: Flüchtlingskrisen: Möglichkeiten und Grenzen von Entwicklungszusammenarbeit. Weltforum, 1992, S. 149.
12 (Spät-)Aussiedler. https://www.bpb.de/ kurz-knapp/zahlen-und-fakten/sozialesituation-in-deutschland/61643/spaet-aussiedler/#:~:text=Im%20Jahr%202020%20 lebten%20rund,397.000%20Zuzügen%20 ihren%20Höhepunkt. (20.09.2022)
13 Freizügigkeitsgesetz/EU. In: Wikipedia. Bearbeitungsstand: 2. September 2021, 20:34 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/ index.php?title=Freiz%C3%BCgigkeitsgesetz/EU&oldid=215275547 (20.09.2022)
14 Flüchtlingskrise in Deutschland 2015/2016. In: Wikipedia. https://de.wikipedia.org/w/ index.php?title=Fl%C3%BCchtlingskrise_in_Deutschland_2015/2016&oldid=226186840 (20.09.2022)
15 Pandemie bremst Migration. https://www. bundesregierung.de/breg-de/suche/migra tionsbericht-2020-1995954 (22.09.2022)
16 https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/pressemitteilungen/DE/2022/08/ukraine_geflu echtete.html (22.09.2022)
Biografie
Biography
→ Karl-Marx-Straße p. 157.
Suki Su ist eine Grafikdesignerin und fokussiert sich auf Infografik, Buchgestaltung und Typografie.
Sie ist in China geboren und aufgewachsen. Sie hat ihr Bachelorstudium im Fach Grafikdesign an der Guangzhou Academy of Fine Arts absolviert. Seit 2017 lebt Suki in Berlin und hat 2019 ein Semester im Fach Visuelle Kommunikation an der Zürcher Hochschule der Künste studiert. Anschließend studierte sie ihren Master in der Klasse Informationsgestaltung an der Universität der Künste Berlin.
Sie ist Preisträgerin vom Förderpreis für junge Buchgestaltung 2020 der Deutschen Stiftung für Buchkunst.
Dank Acknowledgments
→ Karl-Marx-Straße p. 156.
Das Buch wäre ohne die Bereitschaft der befragten Personen nicht möglich gewesen. Ich bedanke mich für ihre Zeit, die interessanten Gespräche und für die Offenheit und Einblicke, die ich dadurch in diesem Bucherschaffen konnte. Als zweites möchte ich meinen Betreuerinnen und Betreuern Nina Bender, Prof. David Skopec, Roman Wilhelm und Dr. Jonas Wiedner danken. Ich danke Alisa für ihre Fotografien. Ein weiteres Merci geht an das Polygraph Design Team, Nina Arndt, Martin S. Müller, Jochen Schieborn und Matthias J. Richter und an Annick Rietz, Miriam Seith, Isabel Kiefaber und Saira Begum für das Korrekturlesen. Ich bin sehr dankbar für Susanne Böllers Unterstützung. Für die Hilfe bei der Realisierung dieses Buches bin ich dem WZB sehr dankbar. Ich danke meiner Familie für ihre Unterstützung bei all meinen Vorhaben. Nicht zuletzt, ein besonderer Dank Pavel Colesnicenco, der mich bedingungslos unterstützt hat.
Impressum Imprint
→ Karl-Marx-Straße p. 159.
Gestaltung / Satz: Suki Su Text: Suki Su Susanne Böller Lektorat: Annick Rietz Miriam Seith Isabel Kiefaber Saira Begum Fotografie: Alisa Verzhbitskay
Schriften: Suisse Int’l Suisse Works Heiti Kohinoor Arabic Papier: Metapaper Extramatt 130 g Druck: AusDruck, Berlin
Bildbearbeitung: Suki Su
© 2022 für die abgebildeten Werke von Suki Su. Die Publikation ist im Rahmen des Visual Society Program (ViSoP) entstanden und durch die Universität der Künste Berlin und das Wissenschaftszentrum Berlin gefördert.