Südtirol Magazin Schweiz Sommer 2014

Page 16

16

U N T E RW E GS N AC H H A LTIGK E IT

Ist das Essen entscheidend in Sachen Nachhaltigkeit? Reifer: Nachhaltigkeit basiert auf mehreren Faktoren. Die Regionalität und Saisonalität der Produkte in der Küche sind zwei davon. Andere Faktoren sind die Herkunft und der Verbrauch der Energie. Die Bauweise eines Gebäudes ist wichtig, auch die Herkunft der Baumaterialien – kommt das Holz aus der Gegend? Schliesslich zählt auch der Umgang mit den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen zur Nachhaltigkeit, die soziale Verantwortung also. Alle sollen Freude haben. Darum geht es ja. Südtirol ist schon heute eine vorbildliche Region: Der Verbrauch an Energie ist vergleichsweise niedrig, und diese stammt überdurchschnittlich aus erneuerbaren Quellen. Wieso? Reifer: Gewisse Vorkehrungen wurden hier schon vor langem getroffen. Nicht zuletzt ist der Energieverbrauch auch eine Kostenfrage. Trotzdem ist noch sehr viel Potenzial da. Was kann noch verbessert werden? Reifer: Generell muss die Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und Tourismus besser werden. Noch kommt der Grossteil des Lammfleisches aus Neuseeland. Da sollte man mehr auf die Regionalität achten. Einheimische Produkte mögen teurer sein – aber sie sind auch besser. Man kann sich auch fragen, ob es wirklich so viele Bergbahnen braucht. Manchmal wäre weniger mehr. Ich wünschte mir, der Slow-Food-Gedanke spielte im Tourismus eine wichtigere Rolle. Inwiefern? Reifer: Ein Beispiel: Die sogenannten Gemeinwohlhotels in Südtirol haben einen fleischlosen Freitag eingeführt. Da fehlt dann auch der Speck auf dem Frühstücksbuffet. Auf diese Weise wird die Ernährung auch zum Gesprächsthema unter den Gästen. Das finde ich gut.

«Alle sollen Freude haben» DER NACHHALTIGKEITSEXPERTE GÜNTHER REIFER ÜBER DAS, WAS ÖKOLOGISCHE FERIEN AUSMACHT. Umweltschützer kritisieren den Tourismus als generell nicht besonders ökologisch. Sollen wir alle zu Hause bleiben? Reifer: Auf keinen Fall. Man soll einfach ökologisch reisen – zu uns am besten per Bahn. Südtirol verfügt über ein gut ausgebautes öffentliches Verkehrsnetz. Wichtig ist auch, wie man sich am Urlaubsziel selbst bewegt – am besten zu Fuss oder mit dem Velo. Was raten Sie Gästen, die nachhaltige Ferien im Grödnertal machen wollen? Reifer: Gröden ist jene Gegend Südtirols, die touristisch am stärksten industrialisiert ist. Aber auch hier gibt es Hoteliers, die umdenken. Die auf Produkte mit regionalem und saisonalem Charakter setzen. Die Kürbissuppe im Oktober und Spargelcrème im Juni servieren und nicht umgekehrt.

Wo haben Sie Ihre letzten Sommerferien verbracht? Reifer: Auf einem Berg, 25 Kilometer von Brixen weg. Wir sind mit dem ÖV dorthin gefahren, zumindest bis an den Fuss des Berges. Dann hat uns ein Auto hinaufgebracht – wir hatten einfach zu viel Gepäck zum Schleppen. BIOGRAFIE Günther Reifer ist Mitbegründer des Terra-Institutes in Brixen, das Unternehmen in Sachen Nachhaltigkeit berät und den Kongress «Think More About» im Kloster Neustift mitorganisiert.


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.